Der Wunderhund - Renate Baum - E-Book

Der Wunderhund E-Book

Renate Baum

0,0

Beschreibung

Ein kleiner schwarzer Hund erscheint wie aus dem Nichts. Auf dem Balkon im 4. Stock! Er kommt aus einem Land, in dem alles wunderbar ist. Mit Biggi, dem Mädchen, das ihn entdeckt, schließt er Freundschaft. Nach und nach entdeckt er Biggis Welt, hat viel zu kritisieren und bewirkt ganz nebenbei auch Wunder. Aber er hat einen Auftrag bekommen: Er soll lernen, dass es auch etwas anderes gibt als sein Land, und von seinem hohen Ross herunterkommen. Wird er das schaffen?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 68

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Eine Geschichte für Kinder

mit 5 Bildern von Melina Baum (10) und 1 Bild von Sylvia Zeeck

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

1

"Ganz schön windig heute", dachte Biggi, während sie aus dem Fenster hinausträumte und sah, wie die Bäume im Park drüben sich bogen. Eigentlich hätte sie Schularbeiten machen sollen. Die Aufgaben, die ihr leicht fielen, hatte sie längst erledigt. Nun blieben nur noch die Matheaufgaben. Ausgerechnet Mathe!

Biggi seufzte leise und überlegte, wie schön es wäre, jetzt die tanzenden Bäume zu zeichnen.

"Warum eigentlich nicht?", fragte sie sich plötzlich laut. Und schon lag der große Zeichenblock vor ihr, obwohl sie wusste, wenn die Mutter jetzt hereinkam und sie zeichnen sah, kam garantiert die Frage nach den Schularbeiten.

Aber ihr wisst ja noch gar nicht, wer Biggi ist. Sie ist gerade 8 Jahre alt geworden und wohnt drüben, am anderen Ende des Parks, in dem ihr immer spielt. Dort in dem großen, alten, gelben Haus, das so ehrwürdig tut. Dort im 4. Stock wohnt Biggi. Ihr könnt sie an den frechen braunen Haarschwänzchen erkennen, die bei jedem Schritt lustig über ihren Ohren wippen. Außerdem hat sie ganz helle blaue Augen und ein paar verstohlene Sommersprossen auf der kleinen Nase.

Biggi war also ganz vertieft ins Zeichnen. Die Konturen der Pappeln, im Schwanken festgehalten, waren schon zu erkennen. Rasch skizzierte sie die Büsche, die der Wind ordentlich aufplusterte.

Zeichnen war ihre Lieblingsbeschäftigung, es machte ihr mehr Spaß als die meisten Spiele.

Nun fehlte nur noch der Weg, der zum großen Spielplatz führte...

Da - Biggi fuhr hoch! Was war denn das gewesen? Ein seltsames Geräusch draußen auf dem Balkon - wie ein hohes dünnes Stimmchen. Sie lauschte. Aber nichts war zu hören außer dem gedämpften Rauschen des Windes. Sie musste sich getäuscht haben. Vielleicht hatten nur die Scharniere der Markise im Wind gequietscht.

Biggi wandte sich wieder ihrer Zeichnung zu.

Da - schon wieder das merkwürdige Geräusch! Biggi sprang auf, und da sah sie, dass es die Markise gar nicht gewesen sein konnte, denn die war heute - wohl wegen des Windes - ganz heraufgekurbelt. Wieder erklang das Jaulen - oder nein, es war viel leiser, eher ein zaghaftes Winseln. Biggi machte vorsichtig und klopfenden Herzens die Balkontür einen Spalt weit auf. Sie war auf einen bösen Spuk gefasst ebenso wie auf eine harmlose Erklärung, aber nicht auf das, was da mit einer kleinen viereckigen Schnauze den Türspalt vergrößerte und sich nach und nach ganz ins Zimmer drängte: ein Hund! Ein kleiner, schwarzer, struppiger Hund. Ein Hund auf dem Balkon im 4. Stock eines Mietshauses!

Aber das fiel Biggi zunächst noch gar nicht auf. Sie war viel zu verblüfft, um sich Gedanken darüber zu machen, wie der Hund wohl hierher gekommen war.

Der Hund blieb vor Biggi stehen, schaute sie aus großen Augen an, wedelte mit seinem buschigen Schwänzchen - und rollte sich dann gemütlich auf dem Teppich zusammen.

Biggi setzte sich neben das schwarze Knäuel auf den Teppich. Während sie ihm ganz sanft über Kopf und Rücken strich, klopfte sein Schwänzchen munter gegen den Boden. Dann schloss der kleine Hund die Augen und - schlief ein.

Sie hätte nun wohl der Mutter den schwarzen Eindringling vorstellen sollen. Eigentlich wollte Biggi das auch tun. Aber dann überlegte sie sich, dass die Mama ihn sicher wieder fortschicken würde, weil er ihnen ja nicht gehörte. Nein, erst wollte sie ihn zeichnen. Dann konnte er - wenn es sein musste - gehen. Aber sie würde wenigstens ein Stückchen von ihm behalten und sich immer an ihn erinnern.

Eilig riss sie das Blatt mit der begonnenen Parklandschaft vom Block. Die konnte sie immer noch zu Ende zeichnen.

Als sie beinahe fertig war mit dem Hundeportrait, rief es plötzlich vom Flur her: „Biggi!“ - und da Biggi sich beeilte, die letzten Striche zu setzen, und deshalb lieber nicht antwortete, noch einmal: „Biggi!“

Da stand die Mutter auch schon in der Tür.

„Biggi, was machst du d---“, die Mutter bekam große Augen. Sie hatte das schwarze Knäuel auf dem Teppich entdeckt.

„Oh, wir haben Besuch“, lächelte sie dann. „Aber ein recht unhöflicher Gast, der schläft, wenn er vorgestellt werden soll!“

Sie beugte sich zu dem kleinen Hund hinunter und streichelte ganz behutsam das struppige Fell.

Der kleine Hund erwachte, legte den Kopf schief, schaute die Mutter prüfend an und leckte ihr die Hand.

„Ein lieber, kleiner Kerl“, sagte die Mutter und richtete sich wieder auf, „aber er gehört uns nicht, Biggi. Vielleicht wird er schon von seinem Herrchen oder Frauchen vermisst. Wo hast du den denn wieder aufgestöbert? Und wann hast du ihn reingebracht? Ich hab ihn vorhin gar nicht gesehen, als du aus der Schule gekommen bist.“

Die Mutter sagte „Wo hast du den denn wieder aufgestöbert“, weil Biggi schon öfter Hunde mitgebracht hatte, die ihr auf der Straße zugelaufen waren.

„Ich habe ihn nicht mitgebracht, Mama. Er hat auf dem Balkon vor der Tür gestanden und gejault. Und als ich nachsehen wollte, woher das Geräusch kommt, da stand er plötzlich im Zimmer.“

In diesem Augenblick erst ging Biggi auf, wie unwahrscheinlich diese Geschichte klang. Wie konnte denn ein Hund auf den Balkon einer Wohnung im 4. Stock gelangen, ohne durch die Wohnung zu gehen? Hunde konnten ja schließlich nicht fliegen. Das würde die Mutter ihr nie glauben.

„Aber Biggi", meinte die Mutter dann auch vorwurfsvoll, „was ist das denn für eine Geschichte, die du da erzählst. Du brauchst mir doch nicht so ein Märchen aufzutischen. Es ist doch kein Verbrechen, einen kleinen Hund, der sich verirrt hat, mitzunehmen. Im Gegenteil, es ist sehr lieb von dir, dass du dich um so ein armes Kerlchen kümmerst. Aber wir müssen erst mal sehen, wem er gehört. Denn wenn er gesucht wird, dürfen wir ihn nicht behalten.“

„Ich habe kein Märchen erzählt, Mama, es ist wahr. Er stand hier vor der Balkontür, einfach so. Ich habe selbst gestaunt.“

„Aber Biggi!“, sagte die Mutter nur.

Der kleine Hund war inzwischen aufgestanden. Er reckte sich vorwärts, rückwärts, wieder vorwärts... Dann sagte er:

„Das stimmt, sie sagt die Wahrheit. Ich stand wirklich auf dem Balkon und wartete darauf, dass mich jemand reinlässt. Und als mir das zu lange dauerte, als ich schon ganz müde und hungrig war, habe ich gerufen. Da hat Biggi endlich die Tür aufgemacht.“

Biggis Augen glänzten. Nicht zu fassen! Das war ja ein sprechender Hund. Dass sie so etwas Aufregendes erlebte!

Sie blickte die Mutter von der Seite an. Hatte die es auch gehört? Am Gesicht der Mutter konnte sie ablesen, dass sie rein gar nichts mitgekriegt hatte. Schade eigentlich. Vielleicht würde die Mutter dann Biggis Geschichte glauben. Aber so...

„Mama, ich weiß, das klingt total verrückt, aber es war so, glaub mir bitte!“, versuchte Biggi die Mutter ein letztes Mal zu überzeugen. Die schaute aus den Augenwinkeln prüfend auf ihre Tochter. Phantasie hatte Biggi ja schon immer gehabt. Aber dass das jetzt solche Ausmaße annahm - - sie wusste noch nicht, was sie davon halten sollte. Im Augenblick aber ließ sie die Sache auf sich beruhen.

„Ich nehme an, dein kleiner Gast könnte ein bisschen Futter vertragen“, wechselte sie das Thema.

„Ja, wenn ihr einen Knochen hättet...“, bestätigte der Hund bescheiden.

„Er meint, er würde sich über einen Knochen freuen“, übersetzte Biggi, da sie merkte, dass die Mutter wieder nichts gehört hatte.

„Aber natürlich“, sagte die Mutter und ging mit keiner Silbe darauf ein, dass Biggi gerade von einem sprechenden Hund geredet hatte. Sie musste sich heute Abend mit dem Vater über Biggis Zustand beraten. „Ja, ich habe noch einen Knochen von unserem Braten gestern, mit einer Menge Fleisch dran. Später kannst du dann noch Futter holen, Biggi.“ Biggi nickte.

„Danke schön, Frau Mama“, sagte höflich der kleine Hund. „Aber mach dir meinetwegen keine Umstände. Ich fresse eigentlich alles.“