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Als Hollywood ein Auge auf das Pferderennsport-Imperium der Barrington-Familie wirft, werden nicht nur Geheimnisse aufgedeckt, sondern auch Herzen entflammt. EINE ALLZU VERLOCKENDE HERAUSFORDERUNG Sexy, selbstbewusst und scharfzüngig: Tessa Barrington ist die größte Herausforderung, der Grant Carter jemals begegnet ist! Und einer Herausforderung konnte der erfolgreiche Hollywood-Regisseur noch nie widerstehen. Solange er über diese zierliche Schönheit, ihre aufregende Karriere als Jockey und ihre einflussreiche Familie eine Doku dreht, hat er Zeit, sie von sich zu überzeugen. Ihr zu zeigen, dass er perfekt zu ihr passt - Gegensätze ziehen sich schließlich an! Und wenn alles nach Plan geht, wird er sie in diesem einen Monat in Virginia verführen … HALT MICH, WENN ICH FALLE Ein Sturz, ein Schrei - eine Traumfrau in seinen Armen! Was für ein Glück, dass Ian gerade zur Stelle ist, als die schöne Cassie Barrington in der Scheune von der Leiter fällt. Oder vielleicht ist es ja auch das Schicksal, das sie ihm in die Arme getrieben hat? Denn auf den ersten Blick ist Ian von ihrem natürlichen Sex-Appeal verzaubert. Dabei steht Cassie für alles, was für den Hollywood-Agenten niemals infrage kommt: Sie lebt auf dem Land, auf einem Gestüt. Sie ist alleinerziehende Mutter. Und sie glaubt tatsächlich an die Liebe für ein ganzes Leben … NUR DIR BIN ICH VERFALLEN Der Liebe verfallen! Ein neuer Filmtitel? Nein, diesmal muss Hollywood-Star Lily Beaumont ihre Gefühle nicht spielen. Denn während der Dreharbeiten auf einem Gestüt wird sie von dem gutaussehenden Pferdepfleger Nash in eine sinnliche Welt entführt, in der nur eines zählt: echte Gefühle und pures Verlangen! Für ihr Image als Mädchen von nebenan auf seine Küsse verzichten? Niemals! Als ihre geheime Romanze süße Folgen hat, ist Lily überwältigt von seiner liebevollen Fürsorge … Doch dann gibt Nashs Großzügigkeit ihr Rätsel auf: Wem hat Lily wirklich ihr Herz geschenkt?
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Seitenzahl: 615
Jules Bennett
Die Barringtons (3-teilige Serie)
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2014 by Jules Bennett Originaltitel: „When Opposites Attract“ erschienen bei: Harlequin Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1910 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Anja Weiligmann
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733721060
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Als Grant Carter die edlen Stallungen betrat und von einer knackigen, runden Kehrseite begrüßt wurde, war er überzeugter denn je: Dieses Filmprojekt war nicht nur die Chance seines Lebens, sondern auch ein Geschenk Gottes.
Eigentlich sehnte er sich insgeheim danach, kürzerzutreten und zur Ruhe zu kommen. Trotzdem wäre es eine Todsünde, diese perfekte Augenweide einfach zu ignorieren. Aber Grant hatte nicht so hart gearbeitet, um jetzt alles zu versauen, nur weil ihm die Verlockung buchstäblich ins Gesicht lachte.
Die Verlockung würde jedoch warten müssen. Die Chance, einen Film über die Reitsport-Legende Damon Barrington zu produzieren, konnte und wollte er sich nicht entgehen lassen – ganz egal, welche Albträume ihm hierher gefolgt waren.
Die gut gebaute Frau vor seiner Nase mochte eine kleine Ablenkung sein, mehr aber auch nicht. Die neue Klausel in seinem Vertrag war noch vor seiner Ankunft auf Stony Ridge verschärft worden: Ein Techtelmechtel mit irgendjemandem vom Set war strengstens untersagt.
Auch ohne diese Klausel war es für ihn schlimm genug, wieder von Pferden umgeben zu sein. Aber er war Profi; er konnte sich am Set zusammenreißen.
Grant beäugte den runden Hintern, der sich unter dem Stoff der hautengen schwarzen Reithose haargenau abzeichnete. Scheiß auf Klauseln und persönliche Dämonen.
Der wohlbekannte Geruch nach Stroh, Hafer und Ledersätteln, der Anblick der Vollblüter … All das rief Erinnerungen in ihm wach, die keinen Platz mehr in seinem Leben hatten. Ganz besonders jetzt nicht.
Konzentrier dich auf den Hintern. Ein Körper wie dieser heilt alle Wunden. Sie war zwar offiziell tabu, doch das galt ja nicht für seine Fantasie.
„Entschuldigung? Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich Tessa Barrington finde?“, fragte er, während er sich einen Schritt weiter in den Stall wagte.
Die kleine, aber dennoch gut proportionierte Frau richtete sich auf und drehte sich um. Mit einer schwungvollen Kopfbewegung warf sie sich den roten Pferdeschwanz über die Schulter. Ihre saphirblauen Augen ließen ihn keineswegs kalt. Er hätte lügen müssen, wenn er das behauptet hätte. Im gleichen Moment fragte er sich, wie oft sie schon einen Mann mit diesen Augen in ihre Fänge gelockt hatte.
Sie war wirklich atemberaubend schön, ein absoluter Hingucker. Zweifellos gab es mehr als genug Männer, die ihr zu Füßen lagen. Er dagegen wollte sich nicht so offensichtlich einwickeln lassen.
„Sind Sie der Produzent?“, entgegnete sie und legte den Striegel beiseite, mit dem sie gerade das Pferd geputzt hatte.
„Einer der Produzenten. Grant Carter.“ Er ging auf sie zu und streckte ihr die Hand entgegen.
„Ich bin Tessa.“
Dann hatte er also den wunderschönen Jockey angehimmelt, von dem alle Welt sprach. Interessant.
Als sie die Hände in ihre gertenschlanke Taille stemmte, hätte er fast seine Zunge verschluckt. Sie sah in der Reithose und dem groben Karohemd unverschämt sexy aus. Wer hätte gedacht, dass er eine Schwäche für Mädchen vom Lande hatte? Wobei Tessa Barrington natürlich alles andere als das war. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, lehrte sie die meisten männlichen Jockeys, Trainer und Pferdebesitzer das Fürchten.
„Mein Vater hat mir erzählt, dass Sie heute ankommen.“ Während sie seine Hand ergriff, ließ sie den Blick zu seinen Füßen wandern. „Hübsche Stiefel haben Sie da. Allerdings glänzen sie für meinen Geschmack noch etwas zu sehr.“
Er konnte nicht anders, als über ihre strenge Miene und ihre abschätzige Bemerkung zu schmunzeln. Eine Frau, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hielt und sich ihm nicht gleich an den Hals warf – er fing an, sie zu mögen.
Als sie ihm ihre Hand wieder entzog, spürte Grant, wie rau sie war. Es tat ihm in der Seele weh, dass ein so zartes Persönchen Schwielen an den Händen hatte. Andererseits wusste er, dass sie ihren Beruf todernst nahm. Man konnte eben nicht der beste Jockey des Landes werden, wenn man neben der Rennbahn saß, Sekt schlürfte und überdimensionale Hüte trug.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen“, meinte er und lächelte sie an. „Sie sind ziemlich beeindruckend, das muss man Ihnen lassen.“
Während sie die Arme vor der Brust verschränkte, zog sie eine ihrer perfekt geschwungenen Brauen hoch.
Grant lachte. „Das kam jetzt falsch rüber.“
Was war denn bloß los mit ihm? War er urplötzlich wieder ein pubertierender Teenager, der keinen intelligenten Satz herausbrachte?
„Eigentlich wollte ich sagen, dass mich Ihre Talente sehr beeindrucken.“ Verdammt. Im Moment schien alles gegen ihn zu arbeiten …
„Ich gehe mal davon aus, dass Sie vom Reiten sprechen, oder?“, erwiderte sie, die Augenbraue noch immer hochgezogen.
Offensichtlich nahm sie ihm seinen Patzer nicht übel. Erleichtert gab er zurück: „Ich weiß, dass Ihr Terminkalender sehr voll ist …“
„Mehr als voll, Mr Carter“, unterbrach sie ihn barsch.
„Nennen Sie mich doch bitte Grant“, schlug er vor, um sie zu beschwichtigen. „Wir werden in den nächsten Wochen viel Zeit miteinander verbringen.“
Tessa drehte sich um und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Hengst zu. „Mr Carter …“
„Grant“, erinnerte er sie lächelnd.
Sie warf ihm einen stechenden Blick zu und widmete sich dann wieder ihrem Pferd. „Mr Carter, wie ich schon sagte, mein Terminkalender ist sehr voll. Darum habe ich eine Excel-Tabelle angelegt und darin festgehalten, wann ich trainiere, wann ich im Stall bin und wann ich Zeit für Sie geblockt habe. Die für Sie vorgesehenen Termine sind in der Tabelle grün markiert. Ich würde mich gern an diesen Plan halten. Wenn Sie allerdings noch andere Verpflichtungen haben, kann ich eventuell etwas verschieben.“
Grant musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Sie klang genau wie seine ach so organisierte Zwillingsschwester … Oder zumindest so, wie er sich an sie vor ihrem Unfall erinnerte.
Tessa ließ allerdings nicht mal den Anflug eines Lächelns erkennen. Offenbar meinte sie es todernst. Okay, diese Frau würde hart zu knacken sein. Grant liebte Herausforderungen. Irgendetwas sagte ihm jedoch, dass sie nichts mit dem Film zu tun haben wollte. Die meisten Leute wären völlig aus dem Häuschen, wenn auf ihrem Grundstück ein Hollywoodfilm über ihr Leben gedreht wurde. Und die Frauen, die er kannte, würden vermutlich alle bereitwillig ihre Schuhsammlung hergeben, wenn sie dafür in einem Bronson-Dane-Film mit Max Ford in der Hauptrolle mitspielen durften.
Grant beobachtete, wie Tessa ebenso sorgfältig wie hingebungsvoll die Mähne des Pferdes bürstete. Diese Frau war offensichtlich weder von ihm noch von diesem Film beeindruckt. Sie schien ganz in ihrer eigenen Welt der feinen Details und Strukturen zu leben – von der Excel-Tabelle bis zu ihrem im Nacken perfekt zusammengebundenen Zopf. Er hatte den Eindruck, dass die wunderschöne Tessa Barrington sich nie die Haare raufte und immer wie aus dem Ei gepellt aussah. Dabei hätte er so gern seine Finger in ihrer Mähne vergraben …
Doch auch wenn er Koproduzent dieses Films war: Er durfte sich nicht wieder in diese Welt hineinziehen lassen, die seine Familie zugrunde gerichtet hatte. Es war absolut wichtig, dass er all seine Emotionen vom Set aussperrte. Sein nächstes Ziel, eine eigene Produktionsfirma zu gründen, war in Reichweite. Er würde nicht zulassen, dass seine Schuldgefühle und seine Ängste ihm dabei in die Quere kamen.
„Wann ist denn der erste Termin für mich frei, Tess?“, erkundigte er sich und trat einen Schritt von der offenen Box zurück. „Mein Team wird in einem Monat hier eintreffen. Bis dahin würde ich gerne alle Drehorte besichtigen und einen Ablaufplan für die Dreharbeiten erstellen. Aber ich bin flexibel und kann mich nach Ihnen richten.“
Sie drehte sich zu ihm um und klopfte die Bürste in ihrer Handfläche aus. „Ich weiß, dass mein Vater Ihnen meine Unterstützung zugesichert hat. Aber die Pferde und mein Training kommen immer an erster Stelle. Ich sollte Ihnen vielleicht sagen, dass ich nicht sonderlich glücklich über diesen Film bin.“
Grant konnte sich ein breites Lächeln nicht verkneifen. Anscheinend ließ Tessa sich bei ihrer Arbeit nicht gern unterbrechen. Genau genommen war sie eine erfrischende Abwechslung: All die anderen Frauen taten alles dafür, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – schließlich war er berühmt und hatte ein pralles Bankkonto. Tessa dagegen schien sich für keines von beidem zu interessieren, und das machte sie in seinen Augen nur noch anziehender.
„Mir ist klar, dass Sie sehr beschäftigt sind“, erklärte er und hoffte, sich so bei ihr einzuschmeicheln, „und deshalb werde ich Ihre Zeit auch nicht mehr als nötig beanspruchen.“
„Ich habe dem Ganzen bloß zugestimmt, damit die Fakten in diesem Film stimmen. Nur deshalb lasse ich mich von Ihnen begleiten. Ich will nicht, dass das Leben meines Vaters falsch dargestellt und sein Ruf in den Dreck gezogen wird.“
Interessant. Offenbar hatte sie schlechte Erfahrungen gemacht, und in diesem Augenblick war er die Zielscheibe ihres Ärgers. Wie nett. Gab es schönere Aussichten, als den nächsten Monat eng mit einer unterkühlten Frau zusammenzuarbeiten?
„Ich werde dafür sorgen, dass die Dreharbeiten alle zufriedenstellen und der Film ein voller Erfolg wird“, versprach er.
„Also sieht es aus, als würden wir beide unseren Willen bekommen“, erwiderte sie mit einem verkniffenen Lächeln.
Als bekämen sie beide ihren Willen? Er musterte ihren zierlichen Körper. Oh, wenn es tatsächlich nach seinem Willen ginge … Zuerst würde er ihr Haarband lösen, dann ihr Hemd aufknöpfen und sie anschließend in der nächsten leeren Box vernaschen.
Ja, der Monat versprach, lang zu werden.
Tessa merkte, wenn ein Mann auf sie stand. Sie war ja nicht blöd. Und wenn sie ganz ehrlich war, fand sie diesen forschen Produzenten auch recht sexy. Doch gegen gut aussehende Süßholzraspler war sie inzwischen gewappnet.
Außerdem war der letzte Mann, der sie wirklich interessiert hatte, durch und durch ein Stadtmensch gewesen. Seine polierten Schuhe, die Designeranzüge und sein perfekter Haarschnitt – all das hatte sie nicht gestört. Sehr wohl hatte es sie allerdings gestört, als er ihren Namen und ihre Finanzstärke für sein eigenes kleines Unternehmen eingesetzt hatte.
Nie im Leben würde sie sich von einem charmanten, gut aussehenden Fremden aus Hollywood ausnutzen lassen, nur weil sein verschmitztes Lächeln und sein Schlafzimmerblick ihr Herz schneller schlagen ließen.
Mit fünfundzwanzig dachten die meisten Frauen ans Heiraten und Kinderkriegen. Tessa hingegen hatte ihren eigenen Traum: die drei wichtigsten Rennen des Landes zu gewinnen und damit die Triple Crown zu holen.
Wenn sie nicht gerade trainierte, war sie ständig im Stall bei den Pferden. Sie hatte einfach keine Zeit für eine ernste Beziehung. Dazu kam, dass sie sich zu schade war, ihre Unschuld bei einem Quickie zu verlieren.
Sie hatte auf die harte Tour gelernt, wie grausam Beziehungen sein konnten und dass Menschen das Wort „Vertrauen“ unterschiedlich interpretierten.
„Ich muss jetzt Oliver ausreiten“, sagte sie und hoffte insgeheim, dass er und seine sinnlichen Augen sich fürs Erste verziehen würden. „Dad hat Sie zwar für heute angekündigt, aber so früh hatte ich nicht mit Ihnen gerechnet. Ich habe erst nach dem Mittagessen zwei Stunden für Sie geblockt.“
Er schaute auf seine Armbanduhr. „Ich komme dann wieder. Für die Zukunft wär’s allerdings gut, wenn ich diese Tabelle hätte. Damit wüsste ich genau, wann ich Sie nicht störe.“
Tessa seufzte. Er machte sich über sie lustig. Das war okay; sie war es gewohnt. Aber der letzte Mann, der sie zum Gespött machen wollte, hatte dabei eine Freundin und eine gehörige Portion Stolz verloren. Seine Spötteleien waren jedoch deutlich verletzender und nachhaltiger gewesen.
Sie ging zur nächsten Box, in der ihr wunderschönes Vollblut Oliver schon auf sie wartete. Oliver war nicht ihr Rennpferd, sondern so etwas wie ihr Baby. Zumindest liebte sie ihn wie ein eigenes Kind. Er war sensibel – einige würden ihn vielleicht als hyperaktiv bezeichnen –, aber Tessa und er verstanden sich blind. Außerdem waren sie beide Fremden gegenüber eher reserviert.
„Ich bringe die Tabelle mit zu unserem Meeting“, erklärte sie Grant, während sie die Stalltür aufschob. Oliver war unruhig wie immer und bockte sofort. Auf diese Art zeigte er ihr, dass er mehr als bereit war. „Wir können uns in zwei Stunden wieder hier treffen …“
Gerade noch hatte sie geredet, jetzt fand sie sich in Grants Armen wieder. Sie hatte nicht mitbekommen, dass er sich überhaupt bewegt hatte. Doch jetzt zog er sie weg von der Box.
„Was machen Sie denn da?“, fragte sie und blickte hoch in die beeindruckendsten dunklen Augen, die sie je gesehen hatte.
Grant stand wie versteinert da. Seine Augen waren weit aufgerissen und auf Oliver gerichtet. Da er abgelenkt war, nutzte sie die Gelegenheit und schaute sich ihn genauer an – das markante Kinn unter den dunklen Bartstoppeln, die gebräunte Haut … Dank seiner Umarmung konnte sie sogar seine starken Muskeln unter dem grauen Flanellhemd spüren.
Und er roch auch noch so verdammt gut! Vielleicht war sie bloß froh, mal etwas anderes als das Aroma von Heu und Pferdemist einzuatmen. Aber Grant Carters Aftershave war maskulin, kraftvoll und sexy … Genau wie er selbst.
„Grant?“ Allmählich löste sie sich aus seinen Armen.
Endlich ließ er den Blick von dem Hengst zu ihr wandern. Grant hielt inne und schüttelte dann den Kopf, als wäre er aus einem Traum aufgewacht.
„Er fing an zu bocken, als Sie in die Box gegangen sind“, erklärte er, während er einige Schritte zurücktrat und sich durch das kurze störrische Haar fuhr. „Ich wollte nicht, dass Ihnen etwas passiert.“
Seine Überreaktion hatte Tessa überrumpelt, wenngleich sie von seinem Rettungsversuch gerührt war. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Was hätte denn passieren sollen? Oliver ist immer so. Deswegen bin ich die Einzige, die ihn reitet.“
Grant zuckte mit den Schultern. „Dann entschuldige ich mich. Mit Pferden habe ich nie viel zu tun gehabt.“
Sie musterte ihn und versuchte weiterhin, ihn einzuschätzen. „Werden Sie an diesem Set auch klarkommen?“
„Natürlich.“ Er bedachte sie mit einem weiteren Lächeln, das ihr die Knie weich werden ließ.
So wie er sie mit seinen dunklen Augen ansah … Das war gefährlich. Sie wollte für diesen Mann nichts empfinden. Doch dieser Beschützerinstinkt und seine unterschwellige Verletzbarkeit machten ihn für sie nur noch attraktiver.
„Das bezweifle ich“, bemerkte sie. „Ich will ja nicht unhöflich sein, aber Sie drehen einen Film über Pferde. Sollten Sie da nicht das eine oder andere über sie wissen?“
Das sexy Lächeln breitete sich jetzt über sein ganzes Gesicht aus, während er langsam auf sie zukam.
Er blieb erst stehen, als sich die Spitzen ihrer Stiefel fast berührten. Ihr blieb keine andere Wahl, als entweder seine breite Brust unter dem engen grauen Flanell zu bewundern oder ihm direkt in die Augen zu sehen. Sein Körper hätte selbst eine Nonne in Versuchung geführt … Was hatte sie eigentlich sagen wollen? Tessa hatte arge Probleme, sich daran zu erinnern, als er so vor ihr stand und sie anschaute. Es kam ihr vor, als könnte er ihre intimsten Geheimnisse lesen.
Sie war fünfundzwanzig und nicht zum ersten Mal erregt, doch nie zuvor hatte dieses Gefühl sie so plötzlich und so überwältigend erfasst. Sie hatte Angst, sich Hals über Kopf in Grant Carter zu verlieben.
„Dafür habe ich ja Sie, damit Sie mir alles über Pferde beibringen. Ich habe Jahre gewartet, ein Projekt dieses Kalibers zu bekommen.“ Eindringlich sah er sie an, musterte für einen kurzen Moment ihre Lippen. „Und wenn ich etwas will, finde ich einen Weg, um es zu bekommen.“
Warum hörte sie aus seiner arroganten Bemerkung ein Versprechen heraus? Und warum genoss sie es so sehr, dass heiße Schauer durch ihren Körper liefen?
Hatte sie ihre Lektion denn nicht gelernt? Hübsche Worte und attraktive Männer waren in dieser Branche keine Seltenheit. Sie war schon einmal so naiv gewesen, auf einen Charmeur hereinzufallen und von einer gemeinsamen Zukunft zu träumen. Beinahe hätte sie ihn sogar geheiratet. Diesen Fehler würde sie kein zweites Mal machen.
Und ganz sicher gab es in ihrem Leben keinen Platz für Hormone, die verrücktspielten. Sie musste Rennen gewinnen und Titel holen – nichts durfte sich zwischen sie und ihr Ziel stellen … Nicht einmal, wenn es mit stahlharten Muskeln und einer ritterlichen Gesinnung daherkam.
Dennoch konnte sie es nicht leugnen: Dieser Mann reizte sie in diesen wenigen Augenblicken mehr als ihr Ex während der gemeinsamen Monate.
Tessa war stolz darauf, noch Jungfrau zu sein. Manche Frauen hätten sich vielleicht dafür geschämt. Sie fand jedoch, dass das lediglich ihren starken Willen bewies. Außerdem war es ein Versprechen, dass sie ihrer verstorbenen Mutter gegeben hatte.
Aber Grant … Grant weckte in ihr ein Verlangen, dem sie sich bisher nie hingegeben hatte.
Himmel, warum konnte sie an nichts anderes als an Sex denken? Sie hatte diesen Mann eben erst kennengelernt! Doch seine breiten Schultern und sein hypnotisierender Blick gepaart mit seinem Beschützerinstinkt weckten ihre Weiblichkeit. Unwillkürlich überlegte sie, was ihr als Jungfrau alles entging.
„Mich interessieren bloß meine Rennen und die Pferde“, erklärte sie und ärgerte sich im gleichen Moment darüber, dass ihre Stimme nicht so fest wie beabsichtigt klang. „Bei mir verschwenden Sie Ihre Flirtkünste nur.“
Grants Mundwinkel hoben sich zu einem spöttischen Lächeln. „Oh, nichts ist verschwendet, Tessa. Sie fühlen sich genauso zu mir hingezogen wie ich mich zu Ihnen. Es ist natürlich, dass man Fantasien hat, wenn man einem attraktiven Menschen begegnet. Es gibt keinen Grund, das zu leugnen.“
Tessa lachte auf. Sie trat einen Schritt zurück und verschränkte erneut die Arme vor der Brust. „Wenn Ihr Ego auch dabei sein will, muss ich die Tabelle wohl überarbeiten und den Zeitplan anpassen. Ich befürchte allerdings, dass meine Zeit das nicht zulässt. Daher sollten Sie es lieber zu Hause lassen.“
Grant lachte nun ebenfalls. Im selben Moment wurde Tessa eins klar: Sie würde überzeugender sein müssen, wenn sie ihn noch einmal anschwindeln wollte.
Die breite, geschwungene Treppe, die zu der Galerie im ersten Stock mit Blick auf den Eingang führte, war der perfekte Hintergrund für die Eröffnungsszene. Grant wollte den Film mit den frühen Jahren von Damon und Rose Barrington beginnen. Da dieses Haus der Dreh- und Angelpunkt ihrer Familie war, sollte es auch den Beginn des Films darstellen.
Langsam schritt Grant durch das Haupthaus von Stony Ridge. Er konnte sich bereits bildlich vorstellen, wie der Hauptdarsteller Max Ford sich über die Brüstung lehnte und zwei kleinen Mädchen beim Spielen im Flur zusah.
Natürlich sollte Max den jungen Damon Barrington darstellen, der sich gerade einen Namen in der Rennsportszene machte.
Mit einem Mal stellte Grant sich vor, wie die junge Tessa durch das Haus rannte, das Damon von seinem Vater geerbt hatte. Grant musste unwillkürlich schmunzeln. Sicher hatte sie bereits als Kind die gesamte Familie mit ihrem straffen Zeitplan im Griff gehabt – von der Mittagspause bis zu den Reitzeiten.
„Grant.“
Beim Klang seines Namens drehte er sich um und ging lächelnd durch die offene Eingangshalle auf Damon zu. Der große, schlanke Mann mit dem silberfarbenen Haar strahlte eine Präsenz aus, die Aufmerksamkeit und Respekt forderte. Grant brachte ihm beides nur zu gern entgegen. Schließlich war er davon überzeugt, dass dieser Film ihn auf der Karriereleiter eine Sprosse höher bringen würde.
Sein Herz hatte schon immer für das Regieführen geschlagen. Grant liebte den engen Kontakt mit den Schauspielern, das Vertrauen, das sie sich gegenseitig entgegenbrachten.
Jetzt war er bereit, den nächsten Schritt zu wagen. Die Koproduktion dieses Films würde ihm dabei helfen.
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich bei Ihrer Ankunft nicht hier war“, meinte Damon und gab Grant einen jovialen Klaps auf den Rücken. „Tessa haben Sie wahrscheinlich schon im Stall getroffen, oder?“
Darauf kannst du dich verlassen. Und sie hat mehr Eindruck hinterlassen, als mir lieb ist.
„Ja“, bestätigte Grant und behielt seine anzüglichen Gedanken lieber für sich. „Ich treffe sie gleich noch mal, dann gehen wir ein paar Fragen durch. Sie hat einen Zeitplan für mich erstellt.“
Damons kerniges Lachen hallte durch den Eingangsbereich. „Das überrascht mich nicht. Wenn sie nicht gerade reitet, sitzt sie vor ihrem Computer und arbeitet Tabellen mit verschiedenen Farbschemata aus.“
Sie muss sich dringend mal entspannen, dachte Grant. Er würde die kommenden vier Wochen hier verbringen und alles für seine Crew vorbereiten. Und bei der Gelegenheit würde er ihr dabei helfen. Natürlich musste er sich wegen dieser verdammten Vertragsklausel, die er mit jeder Sekunde mehr hasste, sehr zusammenreißen.
Und das ganze Tamtam bloß wegen eines kleinen Ausrutschers, der schon einige Jahre zurücklag. Okay, die Maskenbildnerin und er hatten einen (oder auch zwei) über den Durst getrunken – und waren prompt in den Schlagzeilen gelandet. Obwohl das inzwischen so lange her war, musste er für seinen Fehltritt von damals immer noch büßen.
Er weigerte sich aber auch, mehr als nur eine mögliche heiße Affäre in Tessa zu sehen. Dafür waren ihre Welten zu verschieden.
Und überhaupt war er noch gar nicht bereit, sesshaft zu werden. Klar wollte er eine Familie. Irgendwann. Doch im Moment hatte er einfach keine Zeit dazu. Was aber kein Grund war, Tessa nicht dabei zu helfen, etwas lockerer zu werden … und dabei ein bisschen Spaß mit ihr zu haben. Sie würden die nächsten Wochen miteinander verbringen. Er würde ganz bestimmt nicht seine Zeit damit verplempern, in einer dämlichen Tabelle nachzusehen, wann er mal pinkeln gehen konnte.
„Sie sagte, meine Termine seien grün markiert. Den Gesamtplan habe ich bisher allerdings nicht zu sehen bekommen.“
Damon seufzte und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Sie ist genau wie ihre Mutter. Meine verstorbene Frau hat jeden Tag bis zur letzten Sekunde durchgeplant. Mich hat das wahnsinnig gemacht.“
„Ich hoffe, dass Sie etwas Zeit haben werden, um sich mit Lily zu unterhalten, sobald sie zum Filmen hier eintrifft“, gab Grant zurück. Lily war die weltberühmte Schauspielerin, die für die Rolle der jungen Rose Barrington verpflichtet worden war. „Sie hat sich intensiv mit der Biografie Ihrer Frau auseinandergesetzt und sich alle Fotos eingeprägt, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben. Es wird ihr jedoch sicher helfen, mit Ihnen persönlich über sie zu sprechen.“
„Natürlich, sehr gerne“, erwiderte Damon strahlend. „Ich kann es immer noch nicht wirklich fassen, dass ein Film über mein Leben und meine Karriere gedreht wird.“
„Sie sind ein bemerkenswerter Mann, Damon. Sie haben die Triple Crown gewonnen und daneben zwei Töchter großgezogen, von denen eine ein erfolgreicher Jockey und die andere eine bekannte Trainerin ist. Manche würden Sie sicher als den glücklichsten Mann der Branche bezeichnen.“
„Mit Glück hat das nichts zu tun“, wandte Damon mit einem dünnen Lächeln ein. „Im Leben geht es um Talent und Geduld. Wenn Sie das verinnerlichen, kann nichts in der Welt Sie aufhalten.“
Grant wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Mann mehr zu bieten hatte als Erinnerungen aus dem Rennsport und ein angesehenes Gestüt. Zwar waren diese beiden Sachen wichtige Eckpfeiler im Leben von Damon Barrington, doch Grant spürte auch einen engen Zusammenhalt innerhalb der Familie.
Teil dieses Filmprojekts zu sein begeisterte Grant inzwischen mehr, als er ursprünglich gedacht hatte. Familie bedeutete ihm alles. Weshalb er seiner Schwester auch nicht mehr gegenübertreten konnte, seit er ihr Leben ruiniert hatte …
Grant wischte die bedrückenden Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Als Anthony Price und Bronson Dane ihn wegen dieses Projekts kontaktiert hatten, hatte er gar nicht schnell genug zusagen können. Möglicherweise würde der Film ihm zum großen Durchbruch verhelfen, für den er so lange gearbeitet und gekämpft hatte. Er würde nicht zulassen, dass sich ihm etwas in den Weg stellte – auch kein Jockey in der Gestalt einer wunderschönen, heißen Frau.
Natürlich konnte sie es ihm in den nächsten Wochen schwer machen. Doch er würde schon einen Weg finden, ihre harte Schale zu knacken. Möglicherweise war sie immun gegen seinen Charme, aber sie fühlte sich definitiv zu ihm hingezogen. Er hatte beobachtet, wie ihre Augen sich geweitet hatten, wie der Pulsschlag an ihrem Hals schneller gegangen war. Und mehr als einmal war ihm aufgefallen, dass sie seine Lippen angestarrt hatte.
Doch, doch, ihre harte Schale bekam die ersten Risse.
„Ich muss jetzt leider los und mich mit jemandem treffen, den ich als Stallburschen engagieren möchte. Ich werde jedoch nicht allzu lange weg sein.“ Damon warf einen Blick auf sein Handy und schob es gleich zurück in seine Hosentasche. „Fühlen Sie sich hier bitte wie zu Hause. Ist Ihr Gepäck bereits im Gästehaus untergebracht?“
„Ja“, erwiderte Grant. „Vielen Dank, dass ich es nutzen darf. Ich hätte aber auch mit einem Hotelzimmer vorliebgenommen, bis unsere Wohnwagen hier eintreffen.“
Damon wischte Grants Einwand beiseite. „Papperlapapp. Wir haben zwei weitere Gästehäuser neben dem, in dem meine älteste Tochter Cassie mit ihrem Baby lebt. Sie sind nicht sonderlich groß, aber besser als jedes Hotelzimmer oder jeder Wohnwagen. Melden Sie sich ruhig bei mir, wenn Sie noch Fragen haben. Ich bin mir allerdings sicher, dass Tessa Ihnen in jeder Hinsicht weiterhelfen kann.“
Lachend nickte Grant. „Ich mir auch.“
Nachdem Damon durch die Eingangstür hinausgegangen war, sah Grant sich weiter im Haus um.
Einige Szenen würden in diversen Stallungen vor und während der Rennen gedreht werden, doch er würde die meiste Zeit hierbleiben und bei den Szenen auf der Ranch Regie führen. Bronson und Anthony würden zu den verschiedenen Drehorten reisen.
Bronson Dane und Anthony Price waren Halbbrüder, an denen man in der Filmbranche nicht vorbeikam. Grant war mehr als begeistert von ihrem Angebot gewesen, den Film über die Barrington-Dynastie koproduzieren zu dürfen.
Er schaute auf seine Uhr. Noch gut fünf Minuten bis zu seinem Termin mit Tessa. Da er nicht zu spät kommen und auf keinen Fall in den gelben Slot verschoben werden wollte, begab er sich langsam in Richtung der Ställe.
Gerade als er den Eingang erreichte, kam Tessa aus einer Box. Sie schob die Hände in die Taschen ihrer unverschämt engen Reithose und kam auf ihn zu.
„Sie sind pünktlich“, sagte sie. „Ich denke, wir werden gut miteinander klarkommen.“
Ein dünner Schweißfilm überzog ihre leicht gerötete Haut. Nasse Strähnen klebten an ihrer Stirn, wo eben noch ihre Reitkappe gesessen hatte.
„Sollen wir vielleicht reingehen? Ein Wasser trinken und reden?“, schlug er vor.
Tessa schenkte ihm ein Lächeln, bei dem sich ein Grübchen neben ihren vollen Lippen bildete. „Kommt der Städter nicht mit der Hitze zurecht?“
Er lachte. „Eigentlich dachte ich eher, Sie bräuchten eine kleine Pause.“
„Ich mache keine Pausen“, hielt sie dagegen und hob trotzig ihr Kinn. „Und das bisschen Hitze macht mir nichts aus.“
„Gut zu wissen, dass Sie kein Problem mit schweißtreibenden Aktivitäten haben“, murmelte er und verfluchte sich insgeheim für seine erotischen Fantasien.
Tessa lächelte. „Da müssen Sie sich schon etwas mehr anstrengen, Hollywood. Anzüglichkeiten ziehen bei mir nicht.“
Unweigerlich musste Grant grinsen. „Oh, ich bin noch in der Aufwärmphase, Cowgirl. Sie in Verlegenheit zu bringen ist mein Hauptziel hier.“
„Ich dachte, Ihr Hauptziel wäre die Produktion und Regie dieses Films“, konterte sie.
Er beugte sich vor – nahe genug, um ihren sinnlichen Duft zu riechen und ihren warmen Atem auf seinem Gesicht zu spüren. „Ich bin ein Multitasking-Genie.“
Sie tätschelte ihm die Wange, als wäre er ein kleiner Junge, und lachte laut. „Es ist gut, Ziele zu haben. Wie wäre es mit einem Lunch? Ihr Zeitfenster von zwei Stunden ist soeben auf eine Stunde fünfzig Minuten geschrumpft.“
Damit ging Tessa um ihn herum. Grant stand einfach da und kam sich vor wie ein Volltrottel, während er ihrem sexy Hüftschwung in der strammen Reithose nachschaute.
Sein Projekt war gerade um einiges interessanter geworden.
Tessa betrat das Haus ihres Vaters durch die Hintertür. Fast zuckte sie zusammen, als die erfrischende, kühle Luft der Klimaanlage sie umgab.
Sie war total überhitzt – obwohl ihre steigende Körpertemperatur nichts mit dem ungewöhnlich warmen Frühlingstag draußen zu tun hatte. Vielmehr lag es an dem Heißsporn aus der Stadt, der glaubte, sie rumkriegen zu können. Und wenn sie nicht etwas auf Abstand ging, würde er vielleicht sogar recht behalten.
Das Letzte, was sie wollte, war … na ja … ihn zu wollen.
Wenn sie an diesen Film dachte, der ihr Leben an die Öffentlichkeit zerren würde, drehte sich ihr der Magen um. Nein, sie würde sich nicht überrumpeln lassen. Schon gar nicht von so einem Schwerenöter, der es höchstwahrscheinlich gewohnt war, dass die Frauen ihm in Scharen nachliefen.
Als weiblicher Jockey und noch dazu Damon Barringtons Tochter hatte sie oft genug im Rampenlicht gestanden. Ein Film bedeutete jedoch mehr Medienaufmerksamkeit, als sie je haben wollte.
Während Tessa sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nahm, hörte sie die Tür hinter sich. Sie drehte sich um und sah Grant. Mit vor der breiten Brust verschränkten Armen stand er am Küchentresen und beobachtete sie nicht nur, sondern musterte sie förmlich. Tessa kämpfte gegen den wohligen Schauer an, der durch ihren Körper lief.
„Wasser?“, fragte sie und hielt ihm die Flasche hin.
„Nein, vielen Dank. Wie viele Stunden pro Tag reiten Sie?“
Er wollte also über Pferde reden. Gut, das war ihr ohnehin lieber.
Sie öffnete die Flasche und trank einen großen Schluck. „Jede Stunde, die ich wach bin. Zurzeit kümmere ich mich außerdem um alle Pferde und miste die Boxen aus, bis Dad einen neuen Stallburschen gefunden hat. Ich bin von morgens bis abends in den Ställen. Und wenn ich nachts nicht schlafen kann, komme ich her und reite, um mich zu entspannen.“
„Dann leben Sie hier ganz in der Nähe?“, wollte er wissen.
Tessa nickte. „Mir gehört das Nachbargrundstück. Es ist aber bei Weitem nicht so groß wie dieses. Alle meine Pferde stehen deshalb hier.“
„Ihr Dad erwähnte, dass Ihre Schwester in einem der Gästehäuser lebt.“
„Ja.“ Tessa lehnte sich in sicherer Entfernung zu Grant an die Kochinsel und quetschte die Flasche in ihrer Hand. „Sie zog wieder hierher, als der Mistkerl von einem Ex sie gleich nach der Geburt von Emily verlassen hatte.“
Grant verzog den Mund. „Frau und Kind zu verlassen ist nicht sehr männlich.“
Bei dieser Bemerkung wurde Tessa warm ums Herz. „Zumindest in dieser Beziehung sind wir uns einig. Und da ihr Ex unser Stallbursche gewesen ist, brauchen wir jetzt natürlich einen neuen.“
„Ein weiblicher Jockey und eine Trainerin“, murmelte Grant. Er hielt ihrem Blick stand und lächelte. „Ist das nicht sehr ungewöhnlich?“
Die Frage hörte sie häufig, besonders von Leuten, die nichts mit dem Reitsport zu tun hatten. „Doch, aber wir sind beide gut in unserem Job. Es ist gar nicht so lange her, da durften Frauen noch nicht als Trainerinnen arbeiten. Mein Dad hat uns früher die Geschichten erzählt: Im Morgengrauen hat er die Frauen in seine Ställe geschmuggelt, damit sie ihm beim Training seiner Pferde helfen konnten. Er schwor, sie könnten besser mit Pferden umgehen. Männer sind da viel zu schroff und ehrgeizig.“
„Das habe ich in seiner Biografie gelesen. Sehr faszinierend.“
Faszinierend? Tessa wollte nicht, dass er das Wort verwendete. Jedenfalls nicht, solange er sie derart durchdringend anstarrte. Blinzelte der Mann denn nie? Oder hypnotisierte er die Frauen einfach mit seinem Schlafzimmerblick?
„Cassie ist die beste Trainerin, die mir je begegnet ist“, erklärte sie.
„Sie ist älter als Sie, oder?“, fragte Grant.
„Drei Jahre älter.“
„Hatte sie nie den Wunsch, Jockey zu werden?“
Fast hätte Tessa laut gelacht. Cassie war ein sanfter, fürsorglicher Mensch. Sie war besser in den Ställen aufgehoben, wo sie sich um die Pferde kümmern konnte. „Nein, sie arbeitet lieber im Hintergrund.“ Tessa nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche und verschloss sie wieder. „Cassie ist viel feinfühliger als ich, die perfekte Trainerin. Ich bevorzuge den Adrenalinrausch während eines Rennens.“
Grant schmunzelte. Er machte einen Schritt auf sie zu, dann blieb er stehen und stützte seinen Ellbogen auf den Tresen neben ihr. „Ich hätte nicht gedacht, dass ein solcher Perfektionist und Kontrollfreak wie Sie eine Vorliebe für Adrenalin hat.“
Tessa wandte sich ihm zu und verfluchte sich im gleichen Moment, als seine dunklen Augen einen Schauer der Erregung in ihr auslösten. „Ich bin vielschichtig, Hollywood. Versuchen Sie nicht, zu viele Schichten auf einmal aufzudecken.“
Grant zog einen Mundwinkel leicht in die Höhe. Sie ertappte sich dabei, dass sie seine dunklen Bartstoppeln anstarrte. Wie die sich wohl unter ihrer Hand anfühlten … oder unter ihren Lippen? Warum ließ sie es zu, dass er sie umgarnte? Im Moment gab es so vieles, auf das sie sich konzentrieren musste. Die Gesichtsbehaarung irgendeines Typen stand dabei ganz sicher nicht auf ihrer Liste.
„Ich möchte so viele Schichten wie möglich aufdecken“, murmelte er.
Sie hatte diesen Mann erst vor Stunden kennengelernt. Wie konnte es sein, dass er schon jetzt so eine Macht über ihren Puls hatte?
„Irgendwie habe ich das Gefühl, als würden Sie nur bluffen“, sagte sie und sah in fest an.
Grant lachte. „In meinem Vertrag gibt es einen kleinen Stolperstein.“
„Und was genau steht da? Flirten oder Süßholzraspeln während der Dreharbeiten streng verboten?“, zog sie ihn auf.
„Eher: Verführen während der Dreharbeiten streng verboten“, korrigierte er sie amüsiert.
Tessa musste schlucken. „Verführen? Ist es das, was Sie vorhaben?“
Er ließ den Blick für eine Sekunde zu ihrem Mund wandern. „Oh, wenn ich Sie verführen wollte, würden Sie es wissen. Aber ein bisschen Flirten ist doch harmlos, oder?“
War es das? Sie war sich nicht sicher, ob überhaupt irgendetwas an Grant Carter harmlos war. Weder seine dunklen Augen noch sein anzügliches Grinsen und bestimmt nicht seine schmeichelnden Worte.
Warum zum Teufel fühlte sie sich zu jemandem hingezogen, der genau dieselben Eigenschaften hatte wie der Mistkerl, den sie vor ein paar Monaten verlassen hatte? Hatte sie ihre Lektion denn nicht gelernt? Er hatte versucht, sie auszunutzen. Als ihm das nicht gelungen war, hatte er ihre Karriere zerstören wollen. Dadurch hatte er sie in die Ecke drängen wollen, damit sie ihn heiratete und mit ihm in irgendeine völlig überfüllte Stadt zog.
Hatte er tatsächlich gedacht, sie würde ihm Geld geben und so sein neu gegründetes Unternehmen in Schwung bringen? Hätte er sie wirklich geliebt und ihre Karriere respektiert, hätte sie ihn nur zu gerne in jeder Hinsicht unterstützt. Doch er hatte ihr wieder und wieder Ultimaten gestellt. Am Ende hatte Tessa ihn in die Stadt zurückgeschickt, die er so sehr liebte.
Jeden Tag dankte sie Gott dafür, dass sie sich von ihm nicht ins Bett hatte zerren lassen. Sie hatte vorgehabt, ihn zu heiraten. Deshalb hatte sie ihre Hochzeitsnacht zu etwas ganz Besonderem machen wollen.
Glücklicherweise hatte sie ihrer Mutter versprochen, auf die wahre Liebe und bis zur Ehe zu warten.
„Müssen wir das Ihrer Excel-Tabelle hinzufügen?“, fragte Grant nun.
Tessa blendete die Gedanken an ihren Ex aus und hielt seinem bohrenden Blick stand. „Was genau meinen Sie?“
Sein anzügliches Grinsen wurde breiter, wodurch seine Grübchen noch tiefer wurden. „Das Flirten. Wollen Sie das ergänzen, oder soll ich es in meinen zweistündigen Slot einfügen? Ich bin ein Multitasking-Genie, müssen Sie wissen.“
„Das erwähnten Sie bereits.“
„Ich glaube, ich werde die zwei Stunden der Arbeit widmen und hier und da einen kleinen Flirt einstreuen – dann, wenn Sie es am wenigsten erwarten.“
„Also muss ich für Sie allzeit bereit sein?“, konterte sie und zwang sich, ihn anzusehen.
„Bereit? Für mich können Sie gar nicht bereit sein. Glauben Sie mir, Cowgirl.“
Sie musterte sein gebräuntes Gesicht und die schokoladenbraunen Augen unter den buschigen Brauen. „Warum werde ich den Eindruck nicht los, dass Sie Ihre Hormone nur schwer kontrollieren können?“
„Oh, ich kann sie durchaus kontrollieren“, versicherte er ihr. „Wenn ich es nicht könnte, hätte ich Sie längst geküsst.“
„Dann bin ich ja froh, dass Sie sie unter Kontrolle haben. Es wäre ein Fehler, mich zu küssen.“
Die Herausforderung würde er annehmen, da war sie sich ganz sicher. Aber warum flirtete sie überhaupt mit ihm und provozierte ihn absichtlich?
„Ach ja?“ Er kam noch näher auf sie zu und flüsterte: „Und warum wäre es ein Fehler?“
„Zum einen, weil ich den Film nicht unterstütze.“
Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. „Und zum anderen?“
„Ich habe keine Zeit. Sie haben ja keine Ahnung, wie eine Saison verläuft. Ich trainiere gerade hart für das erste von vielen Rennen, die mir hoffentlich den Sieg der Triple Crown einbringen werden.“
„Ich bezweifle, dass ein Kuss Ihr strenges Training durcheinanderbringen würde.“ Jetzt stand er direkt vor ihr. „Ich weiß sehr wohl, wie eine Saison verläuft. Ich habe nämlich gründlich für diesen Film recherchiert.“
„Sie kommen mir nicht wie der Typ Mann vor, der irgendetwas gründlich recherchiert“, gab sie zurück.
Im Bruchteil einer Sekunde hatte er die Hände um Tessas Gesicht gelegt und beugte sie nach hinten über die Kochinsel. Die harten Konturen seines Körpers pressten sich gegen ihre Rundungen. Schweiß rann zwischen ihren Schulterblättern hinunter. Währenddessen wartete sie, was er als Nächstes machte. Als sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war, hielt sie unwillkürlich den Atem an.
„Ich bin in allem gründlich.“ Seine Lippen berührten ihre, und Tessa war froh, dass sie zwischen seinem harten Körper und dem Tresen eingeklemmt war – ansonsten wäre sie sicher zu Boden gesackt. Sein Überraschungsangriff brachte ihren Körper zum Zittern, sogar an Stellen, die noch nie berührt worden waren.
Mit der Zunge erforschte Grant ihren Mund und ließ ihr keine andere Wahl, als sich zu fügen. Wie konnte es sein, dass sie einen Kuss am ganzen Körper spürte?
Ein leises Stöhnen entwich ihrer Kehle, als sie seinen prallen Bizeps umfasste.
Bevor sie sich ihren heißen Empfindungen hingeben konnte, hob Grant den Kopf und erklärte lächelnd: „Sorry, offensichtlich kann ich meine Hormone doch nicht kontrollieren.“
„Was ist mit dieser Klausel?“, fragte sie und verfluchte sich, dass sie so atemlos klang.
Wieder breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Die habe ich in keinster Weise verletzt“, sagte er und verschwand durch die Hintertür.
Tessa brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Sie stellte fest, dass in seinem Zeit-Slot noch immer eine halbe Stunde übrig war. Und sie hatte vergessen, ihm seine Kopie der Tabelle zu geben.
Seufzend sank sie auf den nächsten Barhocker. Grant Carter hatte sie überrumpelt – und er hatte recht: Sie wäre niemals bereit für ihn.
Grant schaute zu der Excel-Tabelle, die ausgedruckt auf dem Küchentresen in seinem Gästehaus lag.
Während er den farbenfrohen Ausdruck überflog, nahm er einen Schluck von dem starken Kaffee, den er sich gerade gemacht hatte. Die kleine Miss Durchgeplant war inzwischen bestimmt schon stinksauer: Er war bereits fünf Minuten zu spät … was vielleicht Absicht war. Vielleicht aber auch nicht.
Sie hatte ihm die Tabelle einen Tag zu spät gegeben und hatte deshalb schlechte Karten, wenn sie sich beschwerte.
Nachdem er gestern die Kontrolle verloren und sie geküsst hatte, war er allein auf Entdeckungstour gegangen. Als er zu seinem Gästehaus zurückgekehrt war, hatte sie ihm den Ausdruck an die Vordertür geklebt.
Als Ausrede für seine Unpünktlichkeit konnte er zur Not einen Anruf anbringen. Am frühen Morgen hatte Bronson Dane ihn telefonisch darüber informiert, dass die Crew verspätet eintreffen würde – was Grants Pläne völlig durcheinanderbrachte. Nach einem weiteren Schluck stellte er nun die halb volle Tasse wieder auf den Tresen. Er hatte keine Zeit, den Kaffee auszutrinken. Irgendetwas sagte ihm, dass Tessa seine Entschuldigung nicht gelten lassen würde.
Als Grant den Stall betrat, steuerte Tessa auf dem Rücken eines Vollblüters auf die Stalltore zu. Ohne ein Wort zu sagen, blieb er stehen und bewunderte die Szene – sowohl als Produzent als auch als Mann.
Sie hatte ihr rotes Haar im Nacken wieder zu einem Zopf gebunden. Ihre schlichte weiße Bluse steckte in Jeans, die an genau den richtigen Stellen abgewetzt waren. Grants Handflächen juckten vor lauter Begierde, diese schmalen Hüften zu berühren. Für eine so zierliche Person besaß Tessa Kurven, vor denen jeder Mann in die Knie ging und um alles bettelte, was sie zu geben bereit war.
„Willst du weiter da rumstehen oder reinkommen?“, fragte sie, ohne sich umzudrehen.
Er musste unwillkürlich lächeln. „Momentan beobachte ich.“
Tessa warf ihm einen Blick über die Schulter zu und zog eine Braue hoch. „Was beobachtest du denn? Die Architektur oder meinen Hintern?“
Grant lachte. „Ich habe alle Ansichten auf mich wirken lassen.“
„Höre ich noch eine Entschuldigung, warum du so spät bist?“
Grant hatte weder Lust zu reden noch Fragen zu stellen. Er wollte ihr einfach nur bei der Arbeit zuschauen. Er wollte sehen, wie anmutig und effizient sie sich bewegte. Diese Frau hatte ein seltenes Talent und war obendrein bildschön. Hübsche Frauen gab es in L. A. an jeder Straßenecke. Der Großteil von denen, die sich in seinen Kreisen bewegten, hatte jedoch schon diverse Schönheitsoperationen hinter sich. Keine von ihnen hatte diesen Porzellanteint, tiefblaue Augen, ein süßes Grübchen und dunkelrotes Haar. Keine von ihnen trug Cowboystiefel zu hautengen Jeans und Westernhemden. Und keine von ihnen reizte ihn so sehr wie Tessa.
„Meinetwegen können wir mit der Arbeit anfangen“, teilte er ihr mit.
Sie stieg ab und führte ihr Pferd zurück in die Box.
Nachdem der Sattel wieder an der Wand hing, nahm sie eine Bürste und striegelte das Tier mit großen, ausladenden Kreisbewegungen. „Romeo soll mal Rennen laufen. Sein Vater war ein Champion, und ich kann es kaum erwarten, ihn auf der Bahn zu sehen.“
Grant fiel der liebevolle Ton in ihrer Stimme auf. „Wie lange muss er trainieren, bis er Rennen laufen kann?“
„Cassie wird ihn nächstes Jahr so weit haben.“
Ihre grazilen Hände waren so sanft. Wenn er bloß endlich damit aufhören könnte, sich diese Hände auf seinem Körper vorzustellen … Vielleicht wäre er dann in der Lage, seine Aufgaben wahrzunehmen.
„Hast du eine Lieblingsbahn?“, erkundigte er sich.
Sie sah ihn über den Rücken des Pferdes hinweg an. Mit einem breiten Lächeln erwiderte sie: „Ja. Die, auf der ich gewinne.“
Grant machte einen Schritt auf sie zu, blieb jedoch außerhalb der Box. „Wie alt warst du, als du die ersten Rennen geritten bist?“
„Offiziell? Achtzehn. Aber ich habe mein ganzes Leben mit Pferden verbracht.“ Mit präzisen Gesten führte sie den Striegel über die Seite des Pferdes zu seiner Flanke hin. „Ich war in keiner Sportmannschaft und bin nicht mal zum Abschlussball gegangen. Stattdessen habe ich meine Zeit lieber hier im Stall verbracht.“
Grant hakte seine Daumen in die Gürtelschlaufen. „Wahrscheinlich gibt es keinen Quadratzentimeter auf dieser Farm, über den du noch nicht geritten bist.“
„Da könntest du recht haben. Wenn ich nicht gerade trainiere, reite ich. Es macht mir eben Spaß.“
Grant lächelte. „Hättest du Lust, mich ein wenig herumzuführen?“
„Gerne, aber da du dich verspätet hast, geht das von der Zeit ab. Wir werden also nicht viel von der Ranch schaffen.“
„Du warst doch auch nicht fertig, als ich in den Stall gekommen bin.“
„Weil ich dachte, du würdest gar nicht auftauchen.“
Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. „Es gibt Leute, die nicht nach strengen Plänen leben.“
Für einen Moment starrte Tessa ihn an. Schließlich drehte sie sich um und legte den Striegel weg. „Komm mit“, wies sie ihn an, während sie aus der Box kam und in Richtung Stalleingang ging.
Grant folgte ihren schwingenden Hüften nur allzu gerne. „Auf welchen Pferden reiten wir aus?“, wollte er wissen. Ihm graute vor ihrer Antwort. Allerdings hatte er nicht vor, ihr diese Genugtuung zu bereiten.
„Auf gar keinen Pferden!“, rief sie ihm über die Schulter zu.
Grant atmete tief aus. Erleichtert bemerkte er, dass sie den Stall hinter sich ließen. Tessa führte ihn kurz darauf in eine zweistöckige Scheune und lächelte ihn an.
„Ein Quad?“, fragte er.
„Halt dich an mich, Hollywood. Ich werde dir all die coolen Spielzeuge schon zeigen, die wir auf dem Land so kennen.“
Ihm lagen zahlreiche zweideutige Antworten auf der Zunge. Doch Grant war klar, dass er sie besser für sich behielt.
Tessa nahm übertrieben lasziv Platz und musterte ihn herausfordernd. Verdammtes Frauenzimmer. Vielleicht wären Pferde doch keine so schlechte Idee gewesen.
„Du hast sicher kein Problem damit, wenn ich fahre, oder?“, fragte sie mit einem frechen Lächeln.
Grant beobachtete, wie sie so dasaß – mit weit gespreizten Beinen und nach vorne über den Lenker gelehnt. Es würde ihn viel Kraft kosten, sich zusammenzureißen, damit dieses Teufelsweib ihn nicht komplett lächerlich machte. Sie wusste nur zu gut, dass er scharf auf sie war. Und sie spielte damit.
Er verdiente das, keine Frage. Allerdings konnte er den Spieß auch umdrehen.
Grant setzte sich hinter sie. Er rutschte eng an sie heran, presste seine Oberschenkel gegen ihre und umschlang ihre Taille mit beiden Armen. Dann flüsterte er ihr ins Ohr: „Tu dir keinen Zwang an.“ Er konnte spüren, wie ihr Körper bebte.
Tessa wandte den Kopf so weit, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. Ihre Lippen berührten fast seinen Mund. „Reiß dich zusammen, Hollywood.“
Unter seiner Handfläche fühlte er ihren straffen Bauch. „Genau das fällt mir schwer.“
Tessa startete den Motor des Quads, gab Gas und steuerte auf das Scheunentor zu. Bei ihrem schwungvollen Anfahren musste Grant sich tatsächlich an ihr festhalten, um nicht vom Sitz zu kippen … was er tunlichst vermeiden wollte.
Oh, diese kleine Spritztour versprach, amüsant zu werden.
Musste Grant sich denn so fest an sie klammern? Er hatte sich praktisch einmal um sie gewickelt. Anstatt sich bedrängt zu fühlen, war Tessa … erregt.
Dieser Mann hielt sie auf Trab. Sie wusste nie, was er als Nächstes sagen oder tun würde. Eines wusste sie jedoch ganz genau: Sie würde um keinen Preis auf seine Schmeicheleien hereinfallen oder sich von ihren Hormonen lenken lassen.
Sie würde sich nicht noch mal von einem Städter von ihren Zielen abbringen lassen. Und die waren: die bevorstehenden Rennen zu gewinnen und sicherzustellen, dass Hollywood ihre Familie nicht ausnutzte oder Gerüchte über sie verbreitete.
Daran musste sie sich auch jetzt ständig erinnern, während sie seine muskulöse Brust an ihrem Rücken und seine starken Oberschenkel an ihren Beinen spürte.
Als sie das Hauptgebäude hinter sich ließen und am Gästehaus ihrer Schwester vorbeikamen, fiel Tessa auf, dass der Parkplatz davor leer war. Cassie hatte ihr vor einiger Zeit eine Nachricht geschrieben, dass Emily hohes Fieber hatte und sie ihre Tochter zum Arzt bringen wollte. Hoffentlich war es nichts Ernstes.
Cassie hatte als Trainerin von Stony Ridge und als alleinerziehende Mutter allerhand um die Ohren. Deswegen war es umso wichtiger, dass sie endlich einen neuen Stallburschen einstellten.
Tessa beschleunigte das Quad und steuerte auf das herrlichste Fleckchen auf dem gesamten Grundstück zu. Grant würde es mit Sicherheit gefallen. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass zumindest ein Teil des Films an dieser Stelle gedreht werden würde. So viele Erinnerungen lagen dort in der Luft.
Obwohl ihre Mom schon vor einiger Zeit gestorben war, fehlte sie Tessa jeden Tag. Sie und ihre Mutter waren sich sehr ähnlich gewesen. Tessa hatte ihr versprochen, auf den richtigen Mann zu warten – nur war ihr derjenige noch nicht über den Weg gelaufen.
Der Mann, der sich gerade an sie presste, war höchstwahrscheinlich nicht „der Richtige“. Obwohl er verführerischer war als alle anderen, die Tessa je kennengelernt hatte.
Sie fuhr eine Anhöhe hoch und hielt oben an, damit Grant den Ausblick bewundern konnte.
„Oh … das ist … Wow“, staunte er. „Tessa, das ist wunderschön.“
Vor ihnen erstreckte sich ein Talkessel, in dem ein von Nadelbäumen umgebener Weiher lag. Das Wasser glitzerte im Sonnenlicht. Ein Teil von ihr freute sich unbändig, dass er genauso reagierte, wie sie es sich erhofft hatte.
„Wenn ich mich entspannen will, komme ich immer hierher“, erklärte sie. „Hier ist es so friedlich.“
Sie drehte ihren Kopf leicht, damit sie ihn besser beobachten konnte. Sie wollte sich jedes Detail seines Gesichts, seines Ausdrucks einprägen – aber welchen Zweck hatte das? Er würde nicht bleiben, und selbst wenn er es täte … Sie hatte keine Zeit für eine Beziehung.
Darüber hinaus glaubte Tessa kaum, dass sie Grants Typ war. Er stand sicher nicht auf Jungfrauen. Über Küsse würde es bei ihr erst hinausgehen, wenn sie zu demjenigen eine innige, tiefe Bindung spürte.
„Sollen wir runterfahren?“, fragte sie.
„Ja, bitte.“
Daraufhin gab sie Gas und fuhr über den schmalen Pfad zum Weiher. Am Ufer angekommen, waren sie vom Haupthaus nicht mehr zu sehen.
Grant stieg zuerst ab und wollte ihr vom Quad herunterhelfen. Obwohl sie seine Hand eigentlich wegschlagen wollte, nahm sie sie schließlich an.
Sobald sie auf festem Boden stand, ließ er sie los. Tessa lächelte, als er über das Wasser blickte.
„Meine Eltern waren früher oft hier und haben gepicknickt“, meinte sie. „Ich weiß noch, wie meine Mutter Cassie und mir davon erzählt hat.“
Tessa seufzte und schaute ebenfalls aufs Wasser, ehe sie hinzufügte: „Ich konnte nie genug von den Geschichten über ihre Romanze bekommen. Für Kinder ist es wichtig, dass sie die Liebe zwischen ihren Eltern erleben. Sie müssen ja wissen, wonach sie Ausschau halten sollen – und dass sie sich nie mit weniger zufriedengeben dürfen.“
„Ist das der Grund, warum du noch Single bist?“, fragte Grant. „Willst du keine Familie haben?“
Tessa wandte sich ihm zu und zog eine Braue hoch. „Nein, zumindest nicht im Moment. Dazu habe ich viel zu viel um die Ohren. Was ist mit dir, Hollywood?“
Grant lachte. „Ich würde gern sesshaft werden. Meine Eltern sind ähnlich wie deine. Und ich bin auch der Meinung, dass Eltern ihren Kindern zeigen sollten, wie sehr sie einander lieben. Ich möchte Kinder haben, und sie sollen sehen, wie sehr ich ihre Mutter liebe.“
Verblüfft starrte Tessa ihn an.
„Was ist los?“ Er kam einen Schritt näher, sodass er die dunkelblauen Sprenkel in ihren Augen sehen konnte. „Hast du nicht damit gerechnet, dass in mir ein Spießer steckt?“
„Ehrlich gesagt, nein, das habe ich nicht.“ Sie schaute ihn noch einen Augenblick lang an, bevor sie sich wieder zum Weiher umdrehte. „Ich reite Oliver, wenn ich eine Pause brauche. Ich steige auf, und er schlägt automatisch den Weg hierher ein. In letzter Zeit …“ Sie brach ab und schüttelte den Kopf.
Grant wartete, dass sie fortfuhr, doch sie schwieg. Ihm gefiel der traurige Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht. „Fühlst du dich wegen der Rennen unter Druck gesetzt?“, erkundigte er sich.
„Nicht mehr als sonst. Aber ich liebe meinen Beruf, der Druck ist also eher hausgemacht.“ Tessa setzte sich auf den Boden, zog die Beine an und umschlang sie mit den Armen. „Setz dich zu mir, Hollywood. Oder hast du Angst, du könntest deine Designerjeans mit Grasflecken versauen?“
Er erklärte ihr nicht, dass seine Jeans von keinem Designerlabel waren. Stattdessen nahm er wortlos neben ihr Platz, vermutlich ein bisschen zu nahe für ihren Geschmack. Aber sie wollte ihm ja offenbar auf den Zahn fühlen. Auch er wollte sie besser kennenlernen, und das ging nun mal nicht aus der Distanz.
Ein Lächeln breitete sich auf Tessas Gesicht aus. „Kann es sein, dass du viel Zeit auf dem Land verbracht hast?“
Er war im Herzen von Kentucky aufgewachsen, in einem bescheidenen Haus inmitten von Feldern und Wildblumen. Doch das musste sie nicht unbedingt erfahren. Sie hatte sich schon eine Meinung über ihn gebildet, und die wollte er mit Taten und nicht mit Worten widerlegen.
„Genug Zeit“, antwortete Grant. „Dort ist es viel friedlicher als in der Stadt. Trotzdem hat auch die Stadt ihre Vorteile, und nicht alle Menschen sind für beides gemacht.“
„Was ist mit dir?“, fragte sie. „Du bist doch ein typischer Städter. Wirst du die nächsten Wochen mit mir hier aushalten?“
„Ich denke, schon“, flüsterte er und starrte dabei unumwunden auf ihren Mund.
Ihre Pupillen weiteten sich, als sie es bemerkte. Dann richtete sie den Blick wieder auf den Weiher.
„Hast du noch andere Lieblingsplätze auf der Ranch?“, erkundigte er sich. Seine Frage erinnerte sie beide daran, dass er beruflich hier war – und nicht, um sie zu verführen.
„Alles auf der Ranch ist schön“, gab sie zurück. „An einem Rand des Grundstücks befindet sich ein Wäldchen mit einer alten Holzhütte. Es war das erste Haus auf diesem Land und wurde gebaut, lange bevor mein Dad geboren war. Er hat die Hütte nie abreißen lassen, und Cassie und ich haben als Kinder oft dort gespielt. Mein Dad hat meiner Mom dort einen Heiratsantrag gemacht.“
„Zeig sie mir.“ Grant sprang auf die Füße und streckte Tessa die Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
Nach kurzem Zögern ergriff sie sie mit ihren zierlichen Fingern. Er zog sie hoch, und bevor sie ihr Gleichgewicht zurückerlangt hatte, drückte er sie schon an seine Brust.
Was zum Henker machte er da? Grant hatte selbst keine Ahnung. Auch Tessa stockte der Atem, doch sie hielt seinem Blick stand. Er presste sie an sich und wusste nicht recht, was er als Nächstes machen sollte. Oder anders ausgedrückt: Natürlich wusste er, was er nun machen könnte. Aber er war in seiner Funktion als Koproduzent hier und wollte Privates nicht mit Beruflichem vermischen.
„Was ist mit dir, Tessa?“, fragte er nun und musterte ihre Lippen. „Bist du ausschließlich Landkind, oder würdest du auch in der großen Stadt zurechtkommen?“
Kälte blitzte in ihren Augen auf, dann löste sie sich abrupt von ihm und schaute auf ihre Uhr. „Du hast nur noch zwanzig Minuten, Hollywood. Wenn du die Hütte sehen willst, sollten wir jetzt aufbrechen.“
Welchen Nerv er auch soeben bei ihr getroffen hatte, eins war ihm klar: Es hatte keinen Zweck, weiter nachzubohren.
Grant folgte Tessa zum Quad und setzte sich wie zuvor hinter sie. Diesmal hielt er sich jedoch am Gepäckträger und nicht an ihr fest. Er wusste, dass er sich gerade auf dünnem Eis bewegte.
Sie ritt ohne jede Anstrengung, aber voller Anmut. Wie ihr Körper den Hengst unter Kontrolle hatte, welche Stärke sie besaß, die Entschlossenheit auf ihrem geröteten Gesicht … Grant konnte Tessa Barrington stundenlang zusehen.
„Ist sie nicht großartig?“
Grant drehte sich um und sah in ein Paar blauer Augen, die Tessas sehr ähnelten. „Ja. Sie müssen Cassie sein.“ Er deutete auf das Baby, das an ihrer Schulter schlief. „Und wer ist das?“
Cassies Lächeln wurde breiter. „Emily.“
Unter dem hellgrünen Mützchen lugten hellblonde Locken hervor. Grant fragte sich unwillkürlich, ob auch Emily die blauen Augen der Barringtons hatte.
„Wie alt ist sie?“, wollte er wissen.
„Letzten Monat ein Jahr.“
Cassie drehte sich um, und während sie Tessa beim Reiten zusah, musterte Grant ihr Profil. Sie war ebenso schön wie ihre Schwester, hatte das gleiche rote Haar. Doch Cassie wirkte zerbrechlicher als Tessa, fast schon traurig. Er wusste bereits, dass ihr Ex im Stall gearbeitet und sie kurz nach der Geburt des Babys verlassen hatte. Beim Gedanken an einen Vater, der sein Kind im Stich ließ, kochte Wut in ihm hoch.
Aber er entdeckte noch eine weitere Emotion in ihren Augen. „Sie machen sich Sorgen um sie“, sagte er unumwunden.
„Ja.“ Cassie nahm das schlafende Baby auf den anderen Arm. „Manchmal setzt sie sich selbst zu sehr unter Druck. Eigentlich seltsam, dass ich das als ihre Trainerin sage. Wir haben heute schon trainiert, aber sie und Don Pedro sind am glücklichsten, wenn sie zusammen auf der Bahn sind. Natürlich ist es diese Leidenschaft, die Sieger ausmacht. Doch sie steht sich oft selbst im Weg.“
Grant verstand, was sie meinte. In den wenigen Tagen seit seiner Ankunft hatte er Tessa nur bei ihren gemeinsamen Terminen mal außerhalb der Ställe gesehen.
„Macht sie je etwas bloß zum Spaß?“, fragte er.
„Sie sehen ihr soeben dabei zu. Dafür lebt sie.“
„Hat sie keinen Freund?“, erkundigte er sich, bevor er es sich anders überlegen konnte.
Cassie sah ihn amüsiert an. „Sie hat sich gerade getrennt. Was auch einer der Gründe ist, warum sie sich so unter Druck setzt.“
Eine unangenehme Trennung? Cassie hatte es zwar nicht ausgesprochen, aber Grant witterte da eine Geschichte – und er ignorierte interessante Geschichten nicht einfach …
„Wann kommt denn der Rest der Crew?“, fragte Cassie.
„In ein paar Wochen.“ Er bemerkte ihr Lächeln und erwiderte es. „Das scheint Sie zu freuen.“
Sie zuckte mit der freien Schulter. „Warum sollte ich mich nicht freuen? Mein Vater ist ein großartiger Mann, ein preisgekrönter Züchter und Champion. Ein Film über sein Leben wird ein Blockbuster.“
„Sie vergessen, dass Sie und Tessa ein großer Teil seines Erfolgs sind und die Barrington-Tradition fortsetzen.“ Grant warf einen Blick auf den Reitplatz, als Tessa an ihm vorbeiritt. „Ich glaube nicht, dass Ihre Schwester Ihre Begeisterung teilt.“
Cassie nickte. „Tessa und ich sind nicht immer einer Meinung. Außerdem hat meine Schwester ihre Gründe, die gegen diesen Film sprechen.“
„Und ich vermute, dass Sie mir diese Gründe nicht mitteilen werden, richtig?“
Cassie lachte. „Richtig.“
Emily bewegte sich an ihrer Schulter, und Cassie rieb ihren Rücken. „Ich sollte reingehen und mit dem Kochen anfangen. Es war nett, Sie offiziell kennenzulernen, Grant.“
„Wir werden uns in nächster Zeit sicher noch besser kennenlernen.“
Als sie wegging, wandte Grant sich wieder dem Reitplatz zu. Tessa war jedoch nirgends zu sehen. Er nahm seinen Fuß von der Zaunsprosse und ging in Richtung Stall.
Er fand sie in der letzten Box, wo sie Don Pedro absattelte. Er wusste, dass Don Pedro ein Prinz aus Shakespeares Viel Lärm um nichts war. Der Name ihres „Freizeit“-Pferds Oliver stammte wiederum von einem Schurken aus Wie es euch gefällt, der sich im Laufe des Stücks wandelte.
Zweifellos hatte Miss Barrington eine romantische Ader. Warum also kämpfte sie so vehement gegen diese offensichtliche Anziehung zwischen ihnen beiden an?
Stroh raschelte unter seinen Stiefeln, als er sich ihr näherte. Oliver bewegte sich in seiner Box, und Grant blieb einen Sekundenbruchteil wie angewurzelt stehen. Schließlich zwang er sich, weiterzugehen.
„Ich habe vorhin deine Schwester kennengelernt“, meinte er, während er näher kam.
Tessa hielt nicht inne oder schaute zu ihm, sondern nahm einen Striegel und widmete sich der Fellpflege des Pferdes.
„Emily ist zuckersüß, aber sie hat unser erstes Treffen komplett verschlafen.“ Grant hakte die Daumen in seine Hosentaschen ein. „Cassie scheint sich auf den Film zu freuen.“
Er vernahm ein leises Schnauben. Allerdings war er sich nicht sicher: Bezog sich dieser Laut auf seinen letzten Kommentar oder auf die Anstrengung, weil sie den Rücken des großen Tieres bürstete?
„Was machst du hier?“, fragte sie und warf den Striegel so heftig in die Putzkiste, dass er wieder herausflog.
Grant blieb stehen. „Arbeiten.“
„Nein, hier im Stall, meine ich. Gerade jetzt. Was willst du?“
Er bemerkte, wie ihre Augen vor Wut funkelten. Okay, irgendetwas hatte sie wütend gemacht. Ihn beschlich die leise Ahnung, dass er das gewesen war.
„Ich habe dich beim Training beobachtet“, erklärte er ehrlich. „Dein Talent beeindruckt mich.“
Tessa ging um Don Pedro herum und baute sich vor Grant auf. Sie stemmte die Hände fest in die Taille, wodurch sich der Stoff ihrer Bluse straffte. Grant musste seine ganze Willenskraft bündeln, um nicht auf die Knöpfe zu starren, die jetzt unter immenser Spannung standen.
„Hast du keinen Film vorzubereiten statt meiner Schwester schöne Augen zu machen?“
„Eigentlich habe ich dich beobachtet und dabei gearbeitet.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und hielt ihrem eisigen Blick stand. „Wir werden hier drehen. Deshalb habe ich geprüft, welche Schatten die Sonne auf dem Weg über den Himmel auf den Reitplatz wirft. Deine Schwester stieß dazu und hat sich mir vorgestellt.“
Tessas Miene wurde etwas weicher, dennoch konnte Grant nicht widerstehen. Er trat näher an sie heran und beugte sich vor. Sofort weiteten sich ihre Pupillen, und ihr warmer Atem strich über sein Gesicht.
„Und da du ja nicht an mir interessiert bist, Cowgirl“, fuhr er fort, „kann es dir doch egal sein, ob ich mit deiner Schwester flirte. Nicht wahr?“
Damit machte Grant auf dem Absatz kehrt, verließ den Stall und blieb erst stehen, als er wieder in seinem Gästehaus war.
Da ihr gute Manieren beigebracht worden waren, fand Tessa sich später am Tag vor Grants Gästehaus wieder.
Nachdem sie leise an die zweigeteilte Haustür geklopft hatte, trat sie zurück und wartete. Wenn er es nicht gehört hatte, würde sie gehen. Zumindest konnte sie dann behaupten, dass sie es versucht hatte.
Doch schon einen Moment später wurde die obere Türhälfte geöffnet, und Grant stand da – mit nichts als einem Handtuch bekleidet. Wassertropfen glitzerten in seiner Brustbehaarung.