Die bedeutendsten Staatsmänner - Isabella Ackerl - E-Book

Die bedeutendsten Staatsmänner E-Book

Isabella Ackerl

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Beschreibung

Von ihnen erwarten wir alles – doch was zeichnet einen Staatsmann aus, was sind seine Absichten und Leitgedanken, welcher Mittel bedient er sich zur Erreichung seiner Ziele und wie kann er sich der Unterstützung sicher sein?Das Buch der "berühmtesten Staatsmänner" vermittelt einen spannenden und klar formulierten Einblick in ihr tatsächliches Leben und Wirken – seien es auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Antonius, Caesar und Cicero in der Antike oder Tito, Charles de Gaulle und Helmut Kohl im 20. Jahrhundert.Mit Lebensdaten, Abbildungen und Register mit Begriffserklärungen.

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Dr. ISABELLA ACKERL, geb. 1940 in Wien, Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien, Promotion zum Dr. phil.; seit 1971 wissenschaftliche Sekretärin der »Wissenschaftlichen Kommission des Theodor-Körner-Stiftungsfonds und des Leopold-Kuntschak-Preises zur Erforschung der Geschichte der Ersten Republik«. Seit Dezember 1981 Bundespressedienst in Wien. Zahlreiche Publikationen und Lexikonartikel.

Zum Buch

Die bedeutendsten Staatsmänner

“Der Staatsmann kann nie selbst etwas schaffen, er kann warten und lauschen, bis er den Schritt Gottes durch die Ereignisse hallen hört - dann vorspringen und den Zipfel des Mantels fassen, das ist alles.”

Von ihnen erwarten wir alles – doch was zeichnet einen Staatsmann aus, was sind seine Absichten und Leitgedanken, welcher Mittel bedient er sich zur Erreichung seiner Ziele und wie kann er sich der Unterstützung sicher sein?

Das Buch »Die bedeutendsten Staatsmänner« vermittelt einen spannenden und klar formulierten Einblick in ihr tatsächliches Leben und Wirken - seien es auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Thomas Morus, Albrecht Wenzel Eusebius Wallenstein, Armand-Jean du Plessis Herzog von Richelieu oder Tito, Charles de Gaulle und Helmut Kohl.

Isabella AckerlDie bedeutendsten Staatsmänner

Isabella Ackerl

Die bedeutendstenStaatsmänner

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012Projektbetreuung:Verlagsagentur Mag. Michael Hlatky, A-8071 VasoldsbergCovergestaltung: Thomas Jarzina, KölnBildnachweis: akg-images GmbH, BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0209-3

www.marixverlag.de

INHALT

EINLEITUNG

JOHN ADAMS

JOHN QUINCY ADAMS

KONRAD ADENAUER

ARTHUR JAMES BALFOUR

DAVID BEN GURION

OTTO VON BISMARCK

LÉON BLUM

SIMÓN BOLÍVAR

WILLY BRANDT

ARISTIDE BRIAND

LÁZARAO CÁRDENAS DEL RÍO

ROBERT STEWART VISCOUNT CASTLEREAGH

CAMILLO GRAF BENSO DI CAVOUR

CHIANG KAI-SHEK

CHOU EN-LAI

NIKITA SERGEJEWITSCH CHRUSCHTSCHOW

SIR WINSTON LEONHARD SPENCER CHURCHILL

GEORGES CLEMENCEAU

ALCIDE DE GASPERI

CHARLES DE GAULLE

JOHN FOSTER DULLES

ROBERT ANTHONY EDEN EARL OF AVON

LUDWIG ERHARD

LEOPOLD FIGL

LÉON MICHEL GAMBETTA

MOHANDAS KARAMCHAND GANDHI (MAHATMA)

GIUSEPPE GARIBALDI

MICHAIL SERGEJEWITSCH GORBATSCHOW

DAG HJALMAR AGNE CARL HAMMARSKJÖLD

ÉDOUARD HERRIOT

THEODOR HEUSS

BENITO GARCÍA JUÁREZ

WENZEL ANTON DOMINIK GRAF KAUNITZ-RIETBERG

MUSTAFA KEMAL (ATATÜRK)

JOHN FITZGERALD KENNEDY

JOMO KENYATTA

HELMUT KOHL

DAVID LLOYD GEORGE EARL OF DWYFOR AND VISCOUNTGWYNEED OF DWYFOR

ROLIHLAHLA NELSON MANDELA

GEORGE CATLETT MARSHALL

JULES MAZARIN

KLEMENS WENZEL NEPOMUK LOTHAR FÜRST METTERNICH-WINNEBURG

FRANÇOIS MITTERRAND

JAMES MONROE

THOMAS MORUS

GAMAL ABDEL NASSER

JAWAHARLAL NEHRU

RAYMOND POINCARÉ

GEORGES JEAN-RAYMOND POMPIDOU

JULIUS RAAB

WALTER RATHENAU

ARMAND-JEAN DU PLESSIS HERZOG VON RICHELIEU

FRANKLIN DELANO ROOSEVELT

MUHAMMAD ANWAR AS SADAT

ROBERT ARTHUR TALBOT GASCOYNE-CECIL EARL OF SALISBURY

CARLO SCHMID

JEAN BAPTISTE NICOLAS ROBERT SCHUMAN

FELIX FÜRST SCHWARZENBERG

LÉOPOLD SÉDAR SENGHOR

GEORG KASTRIOTA (SKANDERBEG)

HEINRICH FRIEDRICH KARL VON UND ZUM STEIN

GUSTAV STRESEMANN

CHARLES MAURICE TALLEYRAND-PÉRIGORD

JOSIP BROSZ (TITO)

SITHU U THANT

ALBRECHT WENZEL EUSEBIUS WALLENSTEIN

GEORGE WASHINGTON

THOMAS WOODROW WILSON

EINLEITUNG

Das vorliegende Buch enthält 68 Biografien von Staatsmännern, vom 15. Jahrhundert beginnend bis zur Gegenwart. Es sind fast nur Männer, die das heutige Aussehen unserer Welt geformt haben. Mit Absicht wurden die führenden Gestalten der Antike weggelassen, denn von ihren Staatsgründungen bzw. von ihrem politischen Wirken hat nichts bis heute Bestand. Die großen Philosophen zu Staat und Gesellschaft in der Antike haben wohl alles schon einmal durchgedacht und auch wie in einem Labor der Geschichte erprobt, ob das eine Diktatur, eine Demokratie oder eine Oligarchie war – die Antike fand für alle Staatsformen eine theoretische Basis und hat diese auch der praktischen Erfahrung ausgesetzt. Für dieses Buch wurden jedoch bewusst jene Persönlichkeiten ausgewählt, deren Wirken noch Spuren in der Gegenwart hinterlassen hat bzw. solche, die unsere Gegenwart nachdrücklich gestaltet haben.

Als Staatsmänner wurden jene Persönlichkeiten definiert, die nicht durch Erbschaft, sondern durch Auswahl eines Herrschers oder einer Volksvertretung in ein Amt berufen wurden, das sie mit all ihrem Können, ihren Begabungen und Leistungen bestmöglich ausgefüllt haben. Natürlich sind Staatsmänner keine Heiligen, nicht jeder wurde mit dem Marschallstab im Tornister geboren, so mancher konnte eine führende Position nur nach langen Kraftanstrengungen erreichen. Doch jeder Einzelne von ihnen hat in der Geschichte seines Landes einen herausragenden Platz eingenommen, und nur von diesem Standpunkt aus erfolgt seine grundsätzliche Würdigung. Menschen, die ihrem Land zur Unabhängigkeit von einer Kolonialmacht verholfen haben, werden im eigenen Land eine andere Wertung erfahren als im Mutterland der einstigen Kolonie. Daher steht primär der nationale Blickwinkel im Vordergrund. Viele der Dargestellten haben weit über die nationale Ebene hinaus eine Wirkungsmächtigkeit entfaltet, die sie zum Symbol für eine bestimmte Politik werden ließ.

Nicht immer gehörten Wahl der Mittel und eingesetzte Methoden zum moralischen Kodex der herrschenden Gesellschaft, doch das Erkennen von neuen Wegen und die innovative Fantasie haben nicht selten einen durchschlagenden Erfolg erzielt.

Welche Begabungen und Eigenschaften einen Staatsmann ausmachen, wird sich kaum abgrenzen lassen. Was er vom Start weg mitbringen muss, sind sicherlich eine gute Ausbildung und der unbändige Wille nach Wissen und Verstehen. Manche von ihnen wurden systematisch für eine künftige Funktion erzogen, der eine oder andere stolperte in ein Metier, das er sich erst erobern musste. Neugier auf menschliche Verhaltensweisen, der Wunsch zu gestalten und Menschen in gewisse Richtungen zu lenken, die Leidenschaft für eine Idee, Ausdauer und Geduld, ein subtiles und dezentes Feingefühl bei der Einschätzung von Freund und Feind waren immer wieder hilfreich. Ein entspanntes Verhältnis zu Macht und Machtausübung gehörte oft dazu, und die viel zitierte Fortune, die auch darin besteht, dass der rechte Mann zur rechten Stunde bereitsteht. Es bedurfte manchmal auch der Führungspersönlichkeiten, die den Mut aufbringen, ein Land oder einen Staat aus einer gescheiterten Situation herauszuführen. Zuletzt muss ein guter und sich immer auch der Möglichkeit des plötzlichen Scheiterns bewusster Staatsmann jene Demut aufbringen, die ihn dazu befähigt einzusehen, dass Erfolg oder Misserfolg nicht mathematisch steuerbare Vorgänge, sondern schicksalsbestimmte Geschehnisse sind, die auch mit grundsätzlichen Weltanschauungen beantwortet werden können.

Ein gewisser Mut zur Wahrhaftigkeit gehört dazu, ob er sich darin äußert, dass Tatsachen verbalisiert werden, die sich keiner auszusprechen traut, oder in der allen vertrauten Verlässlichkeit des gegebenen Wortes.

Eine Eigenschaft eines Staatsmannes, die dem Charakter der Demokratie sehr entspricht, ist die Teamfähigkeit. Die Bereitschaft, warten zu können und den richtigen Augenblick abzuwarten, wann ein Schritt öffentlichkeitsverträglich wird, erfordern viel Geduld und Vertrauen in die gefasste Meinung.

Im Übrigen – jede Zeit hat ihre Mittel und ihre Werte. Gab es Phasen in der Geschichte, da nur der Sieg auf dem Schlachtfeld es erst ermöglichte, eine Lösung eines Problems zu finden, so leben wir heute in einer Zeit, in der als beste Tugend gilt, Konflikte ohne Waffen auszutragen. Der in der Antike geprägte Grundsatz »do ut des« (Ich gebe, damit du gibst), der den Grundsatz des Kompromisses in wenigen Buchstaben umschreibt, ist heute gültiger denn je.

So berichtet jede dieser Biografien über ein Leben der Erfolge und Misserfolge, der großen Visionen und billigen Untaten, der persönlichen Tragödien und der Veränderungen, die eine Zeit auf den Kopf stellten. Geschichte in ihrer lebendigsten Form.

Isabella Ackerl

JOHN ADAMS

Da der älteste von drei Söhnen eines Farmers und Stadtrates (select man) schon als Kind einen wachen Geist verriet, wurde er mit Blick auf College und nachfolgendes Studium erzogen. Adams begann in Worcester bei einem sehr gebildeten Juristen zu studieren, unterrichtete gleichzeitig an einer Mittelschule und machte seinen Abschluss in Jura schließlich in Harvard.

Als junger Anwalt erwies sich Adams als sehr ehrgeizig und politisch äußerst zielstrebig. Es war jene Zeit in der amerikanischen Politik, in der Befürworter und Gegner des Kolonialstatus Position bezogen. Adams nahm sehr bald eindeutig Stellung – gegen das britische Mutterland. Heftigst griff er den Erlass »Writs of Assistance case« aus dem Jahr 1761 an, der Hausdurchsuchungen durch Zollbeamte nach Schmuggelgut auch ohne das Vorliegen von Beweisen ermöglichte. Adams sah darin eine Verfassungswidrigkeit. Ebenso bekämpfte er den »Stamp Act«, der besagte, dass jedes Dokument eine Stempelmarke tragen müsse.

1764 heiratete er die Pfarrerstochter Abigail Smith aus dem nahen Weymouth, die über gute Beziehungen zu politischen Kreisen verfügte, was sich für Adams als sehr hilfreich erwies. Abigail hinterließ einen reichen, sehr lebhaft verfassten Briefwechsel, Adams selbst schrieb Tagebuch – Dokumente, die die Turbulenzen ihrer Zeit hervorragend widerspiegeln. In seinem Tagebuch zeigt Adams sich als widersprüchlicher und sehr eifersüchtiger Mensch, misstrauisch und zornig, aber auch verspielt und äußerst zart, wenn es um seine Familie geht.

Ab 1763 veröffentlichte er regelmäßig Beiträge für verschiedene Tageszeitungen in Boston, in denen er wie in einem Selbstgespräch die Probleme der Zeit diskutierte. Er nahm grundsätzlich einen Rechtsstandpunkt ein und wandte sich gegen alle aus Großbritannien gleichsam aus der Ferne diktierten Erlasse, denen die Bewohner der Kolonien nicht zugestimmt hatten.

1768 erschienen seine in der »Boston Gazette« publizierten Artikel in London als Buch unter dem Titel »A Dissertation on the Canon and Feudal Law«. Grundtenor des Werkes ist der Protest der Neuen Welt gegen die Autorität und das Feudalrecht der Alten Welt.

Im Jahr 1770 übernahm Adams die Verteidigung von fünf britischen Soldaten in einem Sensationsprozess: Die fünf Soldaten waren im Zuge des »Boston Massacre« wegen Mordes angeklagt worden – ausgelöst durch ihr Einschreiten bei der Vollziehung der »Townshend Acts«, als sie die Einfuhrsteuer auf Glas, Tee bzw. Papier einbeziehen sollten. Dabei waren fünf Menschen zu Tode gekommen. Die öffentliche Meinung war gegen die Soldaten aufgebracht, doch Adams erzielte einen Freispruch.

Seine Anwaltspraxis war nun gefragt, er konnte zwei Angestellte aufnehmen. Allerdings erlitt er auch einen schweren gesundheitlichen Rückschlag, der ihn nötigte, für eine Weile Erholung zu suchen. Ein Jahr später war er wieder auf dem Posten und wurde in das House of Representatives von Massachusetts gewählt. Zwei Jahre später nahm er am Continental Congress, der gesetzgebenden Körperschaft, als Mitglied der Delegation von Massachusetts teil. Es war dies die erste Konstituante der 13 US-Gründerstaaten. Damals galt seine Sympathie, wie sein Tagebuch beweist, den radikalen, absoluten Gegnern Englands. Vor allem die britische Steuer- und Handelspolitik fand in ihm einen erklärten Kontrahenten. Es war Adams, der 1775 die Ernennung George Washingtons zum Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen vorschlug.

Ab Mitte der 1780er-Jahre profilierte er sich als Befürworter einer völligen Trennung der nordamerikanischen Staaten vom britischen Mutterland. Daher war er auch – ebenso wie Thomas Jefferson – an der Abfassung der Unabhängigkeitserklärung beteiligt. 1777 entsandte man ihn mit Benjamin Franklin nach Frankreich, um die Anliegen der unabhängigen Vereinigten Staaten zu vertreten. Auf dieser Reise begleitete ihn sein zehnjähriger Sohn John Quincy, welcher der sechste Präsident der Vereinigten Staaten wurde. So war es nur logisch, dass Adams im September 1783 auch zu den Unterhändlern des Vertrages von Paris gehörte, der die 13 Gründerstaaten in die Unabhängigkeit entließ.

Die nächsten Jahre verbrachte Adams als Gesandter in Holland und als Amerikas Erster Botschafter am Hof von St. James in London. Nach seiner Rückkehr nach Amerika stand er acht Jahre an der Seite George Washingtons als Vizepräsident.

Nach Ablauf von Washingtons Amtszeit wurde Adams zum zweiten Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Seine Ära wurde von außenpolitischen Schwierigkeiten und innenpolitischen Spannungen überschattet, vor allem in seiner Föderalistischen Partei kam es zu Auseinandersetzungen. Selbst ein gemäßigter Politiker, vermochte er den radikalen Flügel seiner Partei nicht zu zähmen, der wegen des Jay-Vertrages, der die Nord- und Nordwestgrenze der Vereinigten Staaten zu Großbritannien und vor allem die gegenseitigen Handelsinteressen regelte, fast einen Krieg provoziert hätte. Schließlich kam es zur Spaltung der Partei. Adams’ Gegner, Thomas Jefferson, erreichte einen glanzvollen Wahlsieg.

Als Anhänger der Lehren Charles Montesquieus trat Adams grundsätzlich für ein Zweikammersystem und eine strenge Trennung von Legislative und Exekutive ein. Auch die persönliche Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat und der Regierung hielt er hoch. Probleme hatte er mit enragierten Anhängern der Französischen Revolution, die ihm in ihren Forderungen zu weit gingen.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt war er nicht mehr politisch tätig, blieb aber an allen Vorgängen äußerst interessiert. Seine letzte große Freude war 1825 die Wahl seines Sohnes John Quincy zum Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Adams publizierte auch grundsätzliche, theoretische Werke wie »Thoughts on Government« (1776) und »Defense of the Constitutions of Government of the United States of America« (1787). Bereits im Ruhestand verfasste er Teile einer »Autobiography«.

JOHN QUINCY ADAMS

Der älteste Sohn des zweiten Präsidenten der Vereinigten Staaten wuchs in einer von Intellektualität und politischem Diskurs bestimmten Atmosphäre auf. Schon als Teenager wurde er Zeuge von bedeutenden politischen Ereignissen wie der Schlacht von Bunker Hill 1775. In den Jahren 1778 und 1780 begleitete er seinen Vater auf Reisen nach Europa. Er bekam die Gelegenheit, an einer privaten Schule in Paris zu studieren. Als sein Vater Botschafter in Holland war, schrieb er sich an der Universität in Leiden ein. Daher sprach er sehr gut Französisch und auch ein wenig Holländisch. Er dürfte sich schon sehr früh der Bedeutung seines Umfelds bewusst geworden sein, was sein ab 1780 geführtes Tagebuch erkennen lässt. Es stellt in seiner geradezu brutalen Offenheit ein großartiges Zeitdokument dar.

1781, als 14-Jähriger, begleitete er den amerikanischen Gesandten Francis Dana als Sekretär und Dolmetscher für Französisch nach Russland. Dana sollte den Hof in St. Petersburg für eine offizielle Anerkennung der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten gewinnen, doch trotz eines fast zweijährigen Aufenthalts wurde Dana von Zarin Katharina II. nicht ein Mal empfangen. Auf der Rückreise traf John Quincy Adams seinen Vater in Paris, begleitete ihn aber nicht nach London, wo der Vater am Hof von St. James akkreditiert war, sondern kehrte nach Massachusetts zurück.

Adams begann ein Jurastudium in Harvard, das er 1787 abschloss. Drei Jahre später erhielt er die Zulassung für das Gericht in Boston. In diesen Jahren schrieb Adams zahlreiche politische Artikel, welche die Aufmerksamkeit von Präsident Washington erregten, der ihn 1794 als amerikanischen Vertreter nach Holland schickte. Damals galt Den Haag als ein wichtiger Beobachtungspunkt für die europäischen Koalitionskriege gegen das revolutionäre und postrevolutionäre Frankreich. Seine offiziellen Depeschen und die privaten Briefe an den Vater, zu dieser Zeit Vizepräsident, informierten die amerikanische Regierung bestens über die Vorgänge in Europa. Zwei Jahre später entsandte ihn Washington, der ihn für einen seiner fähigsten Beamten hielt, nach Portugal.

1797 wurde Adams’ Vater Präsident der Vereinigten Staaten und entsandte den Sohn nach Preußen. Im selben Jahr ging John Quincy Adams die Ehe mit Louisa Catherine Johnson ein. Es gelang ihm, mit Preußen einen Freundschafts- und Handelsvertrag abzuschließen. Derartige Verträge waren für das noch junge und daher kaum diplomatisch anerkannte Staatswesen der Vereinigten Staaten wichtige Schritte auf dem Weg zur internationalen Akzeptanz. Nach seiner Abberufung aus Berlin 1800 wurde er 1801 in den Senat von Massachusetts, zwei Jahre später in den Senat der Vereinigten Staaten gewählt. Sofort wurde er mit Fraktionen, Gruppierungen und den damit verbundenen Feindschaften, die teilweise seinem Vater galten, konfrontiert. Ursprünglich Mitglied der Föderalistischen Partei, ergab sich bei ihm eine zunehmende Unzufriedenheit mit deren Politik, die ihn schließlich zwang, seinen Sitz im Senat aufzugeben. Er selbst sah sich nie nur als einen Vertreter einer Partei, sondern betrachtete immer das Interesse des gesamten Landes als seine Aufgabe. So unterstützte er Präsident Thomas Jefferson in der Verhängung eines totalen Außenhandelsembargos, um Großbritannien zu zwingen, die Rechte der Vereinigten Staaten anzuerkennen. Zwischen 1806 und 1809 lehrte Adams als Professor in Harvard. Mittlerweile war er zur Partei der Republikaner gewechselt, die eher seinem Standpunkt entsprach.

Der seit 1809 amtierende Präsident James Madison schätzte Adams’ große Begabung, vor allem auf dem außenpolitischen Feld, und ernannte ihn zum Botschafter der USA in Russland, just in jener Phase, als Zar Alexander I. sich entschloss, mit Napoleon zu brechen. Die Situation zeigte sich nun für den amerikanischen Botschafter überaus offen, ganz anders als er sie seinerzeit erlebt hatte. Die Anbahnung von Handelsbeziehungen begegnete keinerlei Widerständen. Adams berichtete sehr detailliert aus St. Petersburg über Napoleons Russlandfeldzug und über das Desaster der Grande Armée.

Im Jahr 1814 verhandelte der Diplomat mit den Briten in Gent monatelang über einen Friedensvertrag, der den seit 1812 schwelenden Krieg beendete. Dabei waren die guten Beziehungen zu Russland durchaus hilfreich. Man einigte sich auf den Status quo ante – es blieb alles so, wie es war. Die Grenzziehung zu Kanada wurde einer eigenen Schiedskommission anvertraut.

Anschließend ging Adams nach Paris, wo er Napoleons Rückkehr aus Elba erlebte, und dann an den Hof von St. James als Botschafter – eine Position, die schon sein Vater innegehabt hatte. In London verhandelte er eine Handels- und Seefahrt-Konvention, erzielte aber weiter keine spektakulären Erfolge.

Als James Monroe 1817 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, berief er Adams als Außenminister in seine Administration. Als solcher hatte Adams ganz wesentlichen Anteil an der Formulierung der Monroe-Doktrin (Amerika den Amerikanern), welche die Ausschaltung aller europäischen Kolonialmächte aus dem amerikanischen Kontinent forderte. Weiterhin spielte er eine wichtige Rolle bei der Erwerbung Floridas, das von Spanien gekauft wurde. Adams verfolgte sehr konsequent diesen politischen Ansatz, auch gegenüber Russland, dem er sich seit seiner Zeit als Botschafter sehr verbunden fühlte. Als das Zarenreich versuchte, in Kalifornien Fuß zu fassen, lehnte er dies in einer scharf formulierten Note ab. Adams nährte auch ein gewisses Misstrauen gegenüber der Heiligen Allianz in Europa, insbesondere gegen die Pläne Großbritanniens in Südamerika.

Nach der Amtszeit Monroes wurde Adams 1825 zum sechsten Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. So erfolgreich und akzeptiert er als Außenminister gewirkt hatte, so wenig glücklich verlief seine Präsidentschaft, auch wegen der Feindschaft mit seinem Gegenkandidaten Andrew Jackson. Ob es die Frage der Ausdehnung der Exekutivgewalt war, die Förderung der Künste und Wissenschaften zur Hebung der allgemeinen Bildung – Adams stieß auf den erbitterten Widerstand des Kongresses. Trotzdem entwickelte sich seine Präsidentschaft zu einer wirtschaftlich höchst erfolgreichen Phase für die Vereinigten Staaten. An eine Verlängerung seiner Amtszeit war aber nicht zu denken, Adams unterlag Andrew Jackson.

Eine Zeit lang zog sich Adams aus der Politik zurück, kehrte aber 1831 wieder in den Kongress zurück, dem er bis zu seinem Tode angehörte. Er war ein gefürchteter Redner und profilierte sich als entschiedener Gegner der Sklaverei. Immer wieder beantragte er, dass jedes in den USA geborene Kind frei sein sollte, dass kein Staat in die Vereinigten Staaten aufgenommen werde, in dem die Sklaverei herrsche, und dass es keine Sklaven und keinen Sklavenhandel im District of Columbia geben dürfe. Jahrelang wurden seine Vorlagen von den Sklavenhalterstaaten bzw. ihren Vertretern blockiert, doch langsam gewannen seine Ansichten mehr Zustimmung. 1844 konnte er seine Anträge endlich durchbringen. Er vertrat als Anwalt die Sklaven des Schiffes »Amistad«, die revoltiert hatten, und konnte die Freiheit für sie gewinnen.

Adams war ein großer, aber schwieriger Geist, ein unabhängiger Denker, dem die Sache der Res publica über alles ging. Persönlich ein zurückhaltender Mensch, der nur wenige Freundschaften pflog, dafür über die Zahl seiner Feinde nicht klagen musste. Er war ein Politiker, dem die Vereinigten Staaten sehr viel verdanken – formte er doch mit der Monroe-Doktrin, mit den Verträgen mit Großbritannien und den Gebietserwerbungen von Spanien die künftigen Grenzen dieser Großmacht.

KONRAD ADENAUER

Der aus dem katholischen Rheinland stammende Adenauer war schon durch seine Herkunft für eine Karriere in einer christlichen Rechtspartei bestimmt. Der Sohn aus einer Beamtenfamilie, die einen sehr bescheidenen Lebensstil pflegte sowie Pflichterfüllung und religiöse Werte als Lebensleitlinien hochhielt, besuchte das humanistische Gymnasium in Köln. Er hatte zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Nach dem Abitur 1894 begann er eine Banklehre, brach diese aber ab, als er ein Kölner Bürgerstipendium erhielt. Er studierte Jura und Politikwissenschaft in Freiburg, München und Bonn. Sein Interesse für Politik äußerte sich nicht nur ideell durch sein Studium, er wandte sich auch früh der praktischen politischen Arbeit zu. Seine Partei war das Zentrum – die einzig wählbare Partei für einen Katholiken aus dem Rheinland. Bereits 1906 wurde er in den Kölner Stadtrat gewählt, noch während des Ersten Weltkrieges wurde Adenauer zum Oberbürgermeister von Köln bestellt, eine Funktion, die er bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten unangefochten und höchst anerkannt ausübte. Als Kommunalpolitiker war Adenauer ein hervorragendes Beispiel, wie man bereits in den 20er- und 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts moderne Kommunalpolitik machen konnte. Durch den Ausbau des Rheinhafens verbreiterte er die wirtschaftliche Grundlage der Stadt, gleichzeitig schuf er rund um Köln an Stelle des Festungsgürtels einen Grüngürtel, um es auch für die Bevölkerung attraktiv und lebenswert zu machen. Er förderte die Ansiedlung von Industriebetrieben, unter anderem der Ford-Werke, er investierte in Kultur- und Freizeitanlagen und betrieb die Wiedergründung der Kölner Universität, die 1798 aufgelassen worden war.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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