Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Nur wenige religiös-mythologische Gestalten rufen derart heftige Gefühle hervor wie der Teufel - es lohnt sich schon deshalb, ihn einmal näher anzuschauen. Er ist alles andere als eine einheitliche Gestalt: Er ist der Gott der Wildnisgott, das Urbild der Toten bei ihrer Wiederzeugung, die Erklärung der Ungerechtigkeit in einer Welt, die ein gerechter Gott erschaffen haben soll, der Ankläger und Henker beim Jenseitsgericht, der Gott der Heiden, der Rebell, der Sex-Dämon, der Schatten einer ganzen Zivilisation und noch mehr ... Er ist der Herr der Toten, seine Hölle ist einst die Grabkammer der Hügelgräber gewesen, aus dem Feuer der Brandbestattung ist das Höllenfeuer geworden und des Teufels Großmutter ist vor langer Zeit die Jenseitsgöttin gewesen. Der Teufel ist das, was die Mehrheit fürchtet - und er ist der Schatten, das Verdrängte, das, was fehlt - und somit auch das, was heimlich am meisten ersehnt wird. Im Christentum ist der Teufel der bestrafte Täter in der Hölle und Christus das erlöste Opfer im Himmel - aber wer ist derjenige, der heil ist? Wer verkörpert nicht die Macht-geprägte Täter-Rolle wie der Teufels und auch nicht die Ohnmacht-geprägte Opfer-Rolle wie Christus? Wer ist derjenige, der die eigenständige, souveräne, in sich ruhende und schöpferische Kraft verkörpert?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 221
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
für Axel Büdenbender
Wer oder was ist der Teufel?
Ziegenhörner und Pferdefuß
Tod und Teufel
Die Hölle
Die böse Schlange
Gott und Teufel
Ordnung und Chaos
Der Gott der Wildnis
Der Gott der Hexen
Christi Konkurrenten
Der Ankläger
Der Name des Teufels
Gott Vater und die Väter
Der lüsterne Gott
Der Rebell
Der kollektive Schatten
Der persönliche Schatten
Teufel und Trauma
Globalisierung
Narr und Teufel
Der Teufel in den vier Elementen
Der Teufel in den zehn Planeten
Der Teufel in den zwölf Tierkreiszeichen
Der Teufel und die Qliphoth
Der Teufel im Tarot
Der Teufel und die Schwarze Magie
Die Schwarze Messe
Das Dschöd-Ritual
Tabellarischer Lebenslauf des Teufels
Sympathy for the Devil
Bücher-Übersicht
Zunächst einmal kann man viele verschiedene Meinungen dazu finden, ob es den Teufel überhaupt gibt – und im Grunde läßt sich keine dieser Meinungen wirklich belegen. Aber das Wort „Teufel“ löst bei fast allen Menschen allerlei Gefühle aus.
Die Frage, wer oder was der Teufel ist, ist schon allein wegen der emotionalen Besetzung dieses Themas von Bedeutung, aber auch, weil auch noch heute viele Menschen an die Existenz des Teufels glauben:
2002 glaubten in Deutschland 23% der Menschen an den Teufel; 2019 waren 20% bzw. bei einer andern Umfrage 25%; 2021 waren es 20%.
1997 glaubten in den USA ca. 25% der Menschen an den Teufel; 2009 waren es 26%; 2013 waren es bei einer Umfrage sogar 57%.
Man kann also sagen, daß ungefähr ein Viertel der Menschen in der westlichchristlichen Zivilisation an die Existenz des Teufels glaubt.
Das wirft viele Fragen auf:
Ist er ein Überbleibsel aus dem jungsteinzeitlichen Weltbild?
Ist er schlichtweg Pan?
Ist er eine mythologische Gestalt aus den monotheistischen Religionen?
Ist er der Gott der Heiden?
Ist er der Antichrist?
Ist er das Urbild des Rebells?
Ist er der Verführer zu bösen Taten?
Ist er ein reales Wesen?
Ist er der heimliche Lenker der Ereignisse auf der Erde?
Warum wird er nirgendwo als Frau dargestellt?
Da die Geschichten über den Teufel jedoch zum einen sehr vielfältig sind und zum anderen sich im Laufe der Jahrtausende deutlich verändert haben, läßt sich eine „Geschichte des Teufels“ schreiben – oder etwas persönlicher formuliert, eine „Biographie des Teufels“.
Es gibt auch noch die Möglichkeit, eine Traumreise zum Teufel zu unternehmen und zu schauen, was man dabei erlebt. Da Traumreisen in das Unterbewußtsein führen und Telepathie sowie Telekinese das „Auge“ und die „Hand“ des Unterbewußtseins sind, könnte es sein, daß man durch solche Traumreisen Dinge entdeckt, die man sonst nicht herausgefunden hätte.
Natürlich sollte man das, was man auf Traumreisen erlebt, nicht einfach als „Realität“ glauben, sondern das Erlebte auf seine Plausibilität hin überprüfen – aber fast jede Traumreise lohnt sich, da man so gut wie immer auch etwas Unerwartetes findet, was den eigenen Horizont erweitert.
Man kann auch darüber streiten, ob man auf solchen Traumreisen tatsächlich mit dem Teufel spricht oder nicht. Die Antwort auf diese Frage ist aber eigentlich von allzu großer Bedeutung, denn die wesentliche Frage ist, ob man auf diesen Traumreisen sinnvolle Informationen erhält und ob man sich durch sie weiterentwickln und heiler werden kann. Diese Wirkung haben sie auf jeden Fall … und wenn auch der Teufel bei der eigenen Heilung helfen kann – warum nicht?
Daher folgt jetzt das erste „Interview“ mit dem Teufel:
„Hallo Teufel …“
„Hallo Harry.“
„Ich möchte ein Buch über Dich schreiben, also zunächst mal über das, was ich im Laufe der Jahrzehnte über Deine Geschichte herausgefunden habe. Ich würde gerne auch Dich zu Wort kommen lassen – zumal ich ja mit Sicherheit nicht alles über Dich weiß. Was hältst Du davon?“
„Mal schaun …“
„Gibt es etwas, was Du über Dich erzählen möchtest?“
„Arschloch!“
„Ähm … wieso?“
„Du willst mich ja gar nicht wirklich sehen! Du fürchtest Dich heimlich vor mir!“
„Hm … ist das eine Anspielung auf die Beschwörung, die ich vor gut 40 Jahren zusammen mit Axel an einem nächtlichen Kreuzweg im Wald gemacht habe?“
„Das alleine würde schon reichen.“
„Na gut – dann erzähle ich mal das mal: Nachdem ich Axel getroffen habe, hat er mich als Zauberlehrling angenommen …“
„Quatsch nicht so langatmig – erzähl die eigentliche Sache und fertig!“
„Na gut, wenn Du willst – das sollte ja auch schon eine kurze Fassung werden … Also ich habe auf die Kreuzung mit Kreide die vorgeschriebenen Kreise und Symbole gemalt, dann meine Wünschelrute genommen (und sie falsch herum gehalten) und dann um Mitternacht den Dämon Astaroth gerufen – einen der Teufel aus der Hölle. Erst passierte nichts, dann schwebten rechts von uns rote Lichter über den Weg, danach krachte links über uns in dem Baum eine hellblauer Lichtblitz, jemand hüstelte immer wieder jemand zwischen Axel und mir und es begann nach Schwefel zu riechen, und es war vor dem Kreis deutlich die Anwesenheit von jemandem zu spüren.
Da wurde mir das alles zuviel und ich habe gesagt, daß ich aufhören will. Dann habe ich den Bannspruch gesprochen und wir sind durch den Wald zurückgegangen, aber der Schwefelgeruch blieb und das Hüsteln des Unsichtbaren zwischen Axel und mir ebenfalls. Dann haben wir noch mal den Bannspruch gesprochen, woraufhin der Schwefelgeruch und das Hüsteln aufgehört haben.
Als Axel und ich uns dann in der Stadt getrennt haben, wußte ich kaum noch wohin vor lauter Angst. Zuhause habe ich dann mein Zimmer abgeschlossen, das Licht angelassen und mich unter meine Bettdecke verkrochen.
Da habe ich erkannt, daß entweder die Angst mich kriegt und ich die Angst. Daher bin ich solange jeden Tag an den Kreuzweg im Wald gegangen, bis ich dort ganz entspannt im Gras liegen und an was ganz anderes denken konnte.“
„Schau – da habe ich Dir ein Geschenk gemacht: Du hast Deine Angst getroffen und Du hast gelernt mit ihr umzugehen. Wenn Du das damals nicht gelernt hättest, wäre Deine Psyche anschließend im Eimer gewesen.“
„Eine ziemlich skorpionische Methode …“
„Hat doch funktioniert – was willst Du mehr?“
„Viel später habe ich herausgefunden, daß der Name 'Astaroth' eine Weiterentwicklung des Göttinnennamens 'Astarte' ist. Dieser Name stammt wie der Name 'Isis' von dem jungsteinzeitlichen 'Aset' in Göbekli Tepe ab, was 'Sitzende' bedeutet. Aset ist die damalige Muttergöttin gewesen, die in den frühjungsteinzeitlichen Tempeln auf dem Pantherthron gesessen hat. Daß Axel und ich gerade Astaroth beschworen haben, ist vermutlich kein Zufall gewesen, da ich mein größtes Trauma durch ein Erlebnis mit meiner Mutter bekommen habe.“
„Ich bin die Angst,
ich bin die Panik,
ich bin das Trauma,
ich bin der Wahnsinn,
ich bin der Selbstverlust …
ich bin die Dunkelheit,
ich bin das, was Du fürchtest,
ich bin Dein Schatten,
ich bin die Gestalt mit dem wehenden schwarzen Umhang,
ich bin das Urbild der Schwarzen Reiter und der Dementoren –
ich bin das Verdrängte,
ich bin das, was aus dem Jenseits kommt,
ich bringe den Tod und das Verderben
… zumindestens ist das euer Bild von mir …“
„Und das stimmt so nicht so ganz?“
„Nein … wirklich nicht … auch wenn ich durchaus auch das bin, wozu ihr mich gemacht habt.“
„Hm … willst Du noch mehr dazu sagen?“
„Später …“
„Danke.“
„Schon recht … ist mal ganz nett, mit jemandem zu reden, der sich nicht vor mir fürchtet …“
„Ho!“
Die Abbildungen des Teufels sind alle ziemlich ähnlich:
er ist ein Mann,
er hat Ziegenhörner,
er hat Ziegenbocks-Beine oder einen Pferdefuß,
manchmal hat er auch zottelige Ziegenbock-Beine,
er hat oft dicke Augenbrauen, eine spitze Oberlippe und markante Gesichtszüge, was vermuten läßt, daß er einen Skorpion-Aszendenten hat, und
er verbreitet Schwefelgeruch, was ebenfalls für einen Skorpion-Aszendenten spricht, da Menschen mit Skorpion-Aszendent diesen Geruch zu mögen scheinen.
Um diese Tier-Symbolik zu erfassen, muß man sehr weit zurück gehen – bis mindestens in die späte Altsteinzeit, d.h. in die letzte Phase der Eiszeit zwischen 50.000 und 10.000 v.Chr.. In dieser Zeit ist der Homo sapiens aus Afrika in Eurasien eingewandert und hat dort den Homo erectus und den Neandertaler getroffen – was zu einem interkulturellen Austausch geführt hat, der viele neue Entwicklungen in Gang gebracht hat.
Möglicherweise gehen die Ursprünge der Teufels-Symbolik jedoch noch viel weiter zurück in die Altsteinzeit bis möglicherweise vor einer Millionen Jahre. Das genaue Alter dieser Wurzeln ist jedoch für das Verständnis der Geschichte des Teufels nicht so wichtig.
Die Namen von Tieren sind vermutlich in der frühen Sprache der Menschen so etwas wie Adjektive gewesen. So war z.B. ein schneller, starker und erfolgreicher Jäger „wie ein Panther“, also ein „Panther“. Dies konnte der Betreffende auch darstellen und zugleich magisch verstärken, indem er das Fell eines Panthers trug. Auch die Höhlenmalereien aus der späten Altsteinzeit kann man auf diese Weise „lesen“.
Die wichtigsten „Adjektive“, die sich dann auch später mit derselben Bedeutung in der Mythologie finden, sind in der folgenden Liste aufgeführt. Unter ihnen sind auch einige „Adjektive“, die keine Tiere sind:
Für die Geschichte des Teufels ist offensichtlich die Symbolik der Herdentiere wichtig – schließlich hat er Ziegenhörner und Ziegenbeine oder einen Pferdefuß.
Es hat schon früh ein weiteres Gleichnis, also eine weitere Symbolik gegeben: Die Ankunft der Menschen im Diesseits ist eine Geburt, also sollte die Ankunft der Toten im Jenseits eine zweite Geburt, also eine Wiedergeburt sein. Wie allgemein bekannt ist, geht der Geburt eine Zeugung voraus und ihr folgt das Stillen – das haben auch schon die Menschen in der Altsteinzeit gewußt.
Der Tote mußte sich also selber im Jenseits wiederzeugen. Mit wem? Offenbar mit dem größten Urbild der Menschen (und der Säugetiere allgemein): mit der „Großen Mutter“. Sie ist, bevor sie zur Wiedergeburts-Mutter wird, die Wiederzeugungs-Geliebte des Toten gewesen, und danach dann seine Wiederstillens-Amme.
Aus diesem Stillen haben sich im Laufe der Zeit der Ritualtrank entwickelt: die Milch der ägyptischen Göttin Hathor im Jenseits, der Soma amrita („Untersterblichkeits-Trank“) der Inder, der Haoma der Perser, der Nektar amrita („Unsterblichkeits-Honigtrank“) der Griechen, der Göttermet der Germanen und Kelten, der Balché der Mayas, das Lebenselixier der Alchemisten in Europa und Indien usw.
Aufgrund der Wiederzeugungssymbolik tauchte nach einer Weile natürlich auch die Angst auf, daß man nach seinem Tod möglicherweise Potenzprobleme haben könnte und sich dann nicht wiederzeugen könnte. Was tun? Nun, die Lebewesen mit der größten Zeugungskraft waren offensichtlich die Herdentiere, die ja stets in großen Scharen erscheinen. Also hat man für den Toten zur Absicherung seiner Zeugungskraft ein männliches Herdentier getötet und den Toten bei seiner Bestattung in das Fell dieses Tieres gewickelt, um ihm dessen Potenz zu übertragen – sozusagen ein „magisches Viagra“.
Diese Identifikation führte zu der Vorstellung von Tier/Mensch-Mischformen, d.h. genau genommen Mann/Tier-Mischformen. Diese ganze Symbolik trifft ja nur auf Männer zu – zu der Wiedergeburt der Frauen scheint es keine Symbolik gegeben zu haben.
Bei der Wiederzeugung des Toten mußte die Große Mutter, d.h. die Jenseitsgöttin natürlich dieselbe Tier-Gestalt annehmen wie der Tote, denn sonst wäre eine Vereinigung schwierig gewesen. Diese Motive finden sich auch noch in der Mythologie der späteren Zeit, in der es schon eine schriftliche Überlieferung gegeben hat.
Die folgenden Mythen sind nur eine kleine Auswahl insbesondere von den Indogermanen und den Völkern im Mittelmeerraum, da die Gestalt des Teufels in diesem Bereich entstanden ist.
Mammut: Es ist ungewiß, aber gut denkbar, daß man die Hütten aus der Altsteinzeit, die vollständig aus Mammutschädeln errichtet worden sind, wie bei der Schwitzhütte als den Bauch der Mammut-Göttin aufgefaßt hat, also als den Bauch der Großen Mutter in der Gestalt eines Mammuts.
Rind: Schon aus der Altsteinzeit sind Darstellungen von Männern mit Stierkopf und von Frauen, die ein Rinderhorn in der Hand halten und darauf schauen, sowie viele Gestalten, die fließende Übergänge von Kuh zu Frau darstellen, bekannt.
In Sumer vereinte sich der Himmelsgott An in Stiergestalt mit der Erdgöttin Inanna in Kuhgestalt, woraufhin sie ein Kalb gebar. In Babylon erhielt Inanna den Namen „Ishtar“ – auch sie war eine Kuhgöttin. Im benachbarten Elam wurde eine Frau mit Kuhkopf verehrt.
In Ägypten hatten die Himmelsgöttinen Hathor und Nut oft die Gestalt einer Kuh – Hathor war auch die Wiedergeburtsgöttin. Der Korngott und Wiedergeburtsgott Osiris nahm bei seiner Jenseitsreise die Gestalt des Stiergottes Apis an. Man nannte einen Toten, der sich erfolgreich wiedergezeugt hatte „Ka-mut-ef“, d.h. „Stier seiner Mutter“, also „der sich mit seiner Mutter vereint hat“.
Von Kreta ist der Minotaurus gut bekannt: ein Mann mit Stierkopf.
Bei den Hethitern in der heutigen Zentral-Türkei vereinte sich der Sonnengott in Stiergestalt mit der Kuhgöttin Pinkir und wurde als Kalb wiedergeboren. Bei den ihnen benachbarten Lydern war Artemis die Kuhgöttin.
Von den Griechen ist Zeus als Stier und Io als Kuh bekannt. Das Motiv der Vereinigung des Toten mit der Muttergöttin („mit seiner Mutter“) hat bei ihnen zu dem Ödipus-Thema geführt.
Die heiligen Kühe aus Indien sind fast jedem bekannt.
Bei den Persern ist der Sonnengott Mithras auch der Stiergott. Der Sonnengott-Göttervater hatte bei fast allen indogermanischen Völkern bei seiner nächtlichen Wiederzeugung, die seiner Wiedergeburt am Morgen vorausging, die Gestalt eines Stieres. Bei den Slawen hieß der Stiergott „Veles“.
Bei den Balten war Mara die Kuhgöttin und bei den Römern Juno. Bei den Kelten heißt der Stiergott „Tarvus Trigaranus“ und die Kuhgöttin „Damona“. Bei den Germanen heißt er „Jörmunrek“ und sie „Audhumbla“.
Die Rinder-Symbolik ist im Mittelmeerraum und in Europa weit verbreitet, da das Rind in historischer Zeit dort das größte Herdentier gewesen ist.
Schließlich ist noch Pte-san-win, d.h. die „Weiße Büffelfrau“ die wichtigste Göttin der Dakota-Indianer.
Pferd: Die Pferde-Symbolik hat sich bei den Indogermanen sehr stark weiterverwandelt, da die Pferde in ihrem kriegerischen Alltag eine große Rolle gespielt haben. Der indogermanische Sonnengott-Göttervater Dhyaus nimmt bei der Wiederzeugung die Gestalt eines Hengstes an und die Muttergöttin die Gestalt einer Stute. Ihre beiden Kinder erscheinen bei den meisten Indogermanen als die Pferde-Zwillinge, die den Wagen ihres Vaters, d.h. des Sonnengottes, über den Himmel ziehen.
Am deutlichsten ist die Wiederzeugungs-Symbolik bei Demeter und Poseidon, die in der Gestalt einer Stute und eines Hengstes ein Flügelpferd zeugen. Das Flügelpferd ist eine Kombination von Pferd und Seelenvogel, also die wiedergeborene Seele. Bei den Griechen erscheint die Pferde-gestaltigen Toten zudem als Zentauren, Satyrn und Silenen und die Stutengöttin auch als Selene.
Bei den Kelten ist Belenus der Pferde-gestaltige Sonnengott – Rhiannon, Epona, Etain, Boann und Damona sind die Pferdegöttin. Bei den Germanen heißt die Pferdegöttin Sinmara und Huldar und der Pferde-gestaltige wiedergeborene Sonnengott Sleipnir.
Im alten indischen Krönungsritual vereinte sich die Königin als Stellvertreterin der Muttergöttin mit dem für den angehenden König geopferten Hengst, während der König symbolisch im Jenseits weilte und auf seine Wiedergeburt nach dieser rituell-symbolischen Wiederzeugung wartete.
Esel: Vermutlich ist die Esel-Verwandlung in dem Roman „Metamorphosen“ des Griechen Ovid lediglich eine humorvolle Variante der Pferde- und Rinderverwandlung, aber kein Bericht über eine alte Symbolik.
Hirsch: Aus der Altsteinzeit ist das Gemälde eines Mannes mit Hirschgeweih bekannt und aus der Jungsteinzeit eine Hirschmaske. Diese Hirschmasken sind weit verbreitet gewesen und finden sich in u.a. Butan, in Mittelamerika und in Nordamerika.
Bei den Kelten hieß die Hirschgöttin Sirona. Bei den Germanen trägt die Hindin keinen Namen, aber sie ist die Amme des Sigurd (Siegfried), der der in die Sage übertragene Sonnengott ist. Von den Germanen ist auch der Sonnenhirsch und seine beiden Hirschsöhne bekannt. Bei den Hethiter war das Motiv des Sonnengottes als Hirsch sehr beliebt.
Das Hirsch-Motiv ist vor allem durch den Sonnenhirsch des Hl. Hubertus erhalten geblieben. Hier ist diese Symbolik auf Christus übertragen worden: Der Sonnengott Tyr der Germanen ist oft Christus als Sonne gleichgesetzt worden – und Christus ist der damalige Wiedergeburts-Gott gewesen.
Schwein: Auch die Schweine-Symbolik ist im Zusammenhang mit der Wiederzeugung weit verbreitet gewesen. Am deutlichsten zeigt sie sich bei den Germanen als Freyr und Freya sowie bei den Kelten als Lugh und Brigid.
Schaf: Das Schaf ist als „arme-Leute-Opfertier“ in den Mythen vermutlich stark unterrepräsentiert und wird in den Bestattungsritualen deutlich weiter verbreitet gewesen sein als es die Mythen vermuten lassen.
Bei den Germanen finden sich der ehemalige Sonnengott Heimdall und auch sein Gegenspieler Loki in Widdergestalt – die Schafgöttin hieß „Guma“.
Von den Ägyptern ist der Widdergott Chnum gut bekannt.
Ziege: Der Tote als Ziegenmann ist aus Sumer als „Enki“, von den Griechen als „Pan“, von den Kelten als „Bugius“, von den Slawen als „Porewit“ und von den Römern als „Faunus“ bekannt. Die Ziegengöttin findet sich nur bei den Germanen als Heidrun und als Freya.
Vermutlich ist auch die Ziege wie das Schaf als das „arme-Leute-Opfertier“ in den Mythen deutlich unterrepräsentiert.
Steinbock: In Sumer erscheint der Gott Enki auch als Steinbock.
Gazelle und Antilope: In Ägypten wurde die Gazellengöttin Anuket und die Antilopengöttin Satet verehrt.
Astrologie: Von diesen Herdentier-Motiven stammen die Namen der drei Tierkreiszeichen Widder, Stier und Steinbock ab.
Es zeigt sich somit, daß der Ursprung der Ziegenhörner und der Ziegenbeine bzw. des Pferdefußes des Teufels in dieser Wiederzeugungs-Symbolik liegen. Genau genommen war der Anfang der Teufels-Symbolik somit die Potenz-Versagensängste der Männer bei der Wiederzeugung im Jenseits – ohne erfolgreiche Wiederzeugung keine Wiedergeburt im Jenseits … das absolute Ende. Diese Potenz-Versagensangst war also zugleich eine Todesangst …
Eine heftige Kombination – und dagegen sollte die Tierverwandlung helfen. Der Teufel ist also ursprünglich einmal der magische Helfer gegen die Versagensängste bei der Wiederzeugung gewesen. Daher ist der Teufel immer männlich.
„Was sagst Du zu dem, was ich geschrieben habe, Teufel?“
„Willst Du mich als Lektor oder Rezensent anheuern? Das kannst Du Dir abschminken!“
„Ist die Entwicklung denn richtig, das ich beschrieben habe?“
„Warum fragst Du?! Du bist doch schon davon überzeugt, daß es richtig ist.“
„Hm, ja, bin ich … ich habe viel darüber nachgedacht und geforscht … aber Deine eigene Meinung dazu wäre mir doch ganz lieb, denn ich bin nicht so vermessen zu glauben, daß ich schon alles verstanden hätte.“
„Fick Dich!“
„Ist das jetzt als Zustimmung zu der Wiederzeugung zu verstehen?“
„Quatsch! Wenn Du kein wirkliches Anliegen hast, dann hör auf mich zu belästigen!“
„Gut – ich will wissen, ob Du das Böse bist.“
„Natürlich! Was denn sonst? Das Böse ist immer das, was ihr nicht wollt, was ihr fürchtet, was euch Angst macht. Warum bin ich wohl eine Gestalt des Todes und des Schmerzes und der Folter? Das ist das, was ihr fürchtet. Ich bin euer Schatten, ich bin das, wovor ihr fortrennt, wogegen ihr kämpft, was ihr zu vermeiden versucht, was ihr verbannt anstatt es euch anzusehen. Gibt es denn einen Unterschied zwischen 'böse' und 'Angst'? Das ist doch dasselbe: Ihr fürchtet etwas und wollt es nicht haben und nennt es daher 'böse'. Was heißt denn 'böse'? Das heißt doch nur, daß ihr es nicht wollt.“
„Und das ändert sich im Laufe der Zeit …“
„Für die Indianer, die Germanen und viele andere als Stamm organisierte Völker war es eine Auszeichnung, wenn ein Mann einen anderen Mann oder besser noch viele andere Männer im Kampf getötet hat – heute ist Mord die schlimmste Tat. Früher war Sklaverei normal – heute ist sie geächtet. Für manche Völker ist Sex mit mehreren Partnern völlig normal – bei anderen steht darauf die Todesstrafe. Was ist böse? Es gibt kein 'böse' außer dem, was ihr so nennt, was ihr erschafft, was ihr nicht wollt. Euer Wille ist das, was das Böse erschafft – das Böse ist schlicht das, was ihr nicht wollt. Ich bin euer Anti-Wille, euer Anti-Wunsch, euer Anti-Bedürfnis. Ohne euch gäbe es mich nicht.“
„Hm … ja … das war jetzt ja sehr deutlich … Danke.“
Ich höre den Teufel nur vor sich hin grummeln …
Es ist komisch, mich beim Teufel zu bedanken.
„Ho!“
„Tod und Teufel“ sind die beiden gefürchteten Urbilder. Auch im Tarot sind sie die beiden gefürchtesten Karten – evtl. zusammen mit dem „Turm“, der die Zerstörung und den Zusammenbruch symbolisieren, der eintritt, wenn man etwas auf falschen Annahmen fußend errichtet hat.
Der Tod als Ziegen-Mann und allgemein als Herdentier-Mann ist im Zusammenhang mit dem Tod entstanden – und der Teufel wohnt im Jenseits. Der Teufel ist also mit dem Tod eng verwandt.
Unser Bild des Sensenmannes für den Tod stammt aus einem alten Gleichnis aus der frühen Jungsteinzeit. Nachdem um ca. 8500 v.Chr. in Nord-Mesopotamien der Ackerbau entwickelt worden ist, begann man den Getreidebau mit einem Gleichnis zum Menschen zu beschreiben:
Dadurch, daß dieses Gleichnis auf bildhafte Weise dargestellt wurde, verband sich das Motiv des Ahnen mit dem Motiv des Getreides zu dem „Korn-Mann“. Aus ihm wurde dann der Korngott-Totengott wie z.B. der ägyptische Osiris.
Durch die alljährliche Wiederholung wurden Zeugung und Geburt zu einem Wiederzeugen und zu einer Wiedergeburt. Das legte die Vermutung nahe, daß auch die Menschen wiedergeboren werden – nicht nur im Jenseits als Seele, sondern im Diesseits als physische Menschen. Dieses Bild für die Reinkarnation zeigt natürlich nicht, daß die Reinkarnation nicht wahr ist, sondern nur, wie das Bild für sie entstanden ist.
Dieses Gleichnis wurde noch durch die Analogie zum Sonnenlauf ergänzt:
Hier zeigt sich unter anderem, daß das Jenseits der Nacht zugeordnet ist – passenderweise wird der Teufel ja üblicherweise um Mitternacht beschworen.
Bei genauerer Betrachtung dieser alten Vorstellungen über das „Leben nach dem Tod“ zeigt sich, daß es dort einen Irrtum gibt:
Mit dem Bild der Wiedergeburt wurde zunächst lediglich die Ankunft der Seele im Jenseits beschrieben – als Bild ist das so in Ordnung. Wenn man daraus jedoch schließt, daß dieser Wiedergeburt eine Wiederzeugung vorgehen muß, ist das nicht eine Schlußfolgerung aus einer konkreten Beobachtung, sondern eine Schlußfolgerung aus einem Bild. Die Wiederzeugung ist eine Erweiterung einer bildhaften Beschreibung, die jeder konkreten Grundlage entbehrt.
Eine Mythe sollte immer eine möglichst zutreffende und genaue Beschreibung der Erlebnisse und Beobachtungen sein – nur dann kann sie zutreffend und hilfreich sein.
An der Wurzel der Entstehung des Teufels liegt also auch noch ein Irrtum: Der Herdentier-Mann ist erschaffen worden, um ein Problem zu lösen, das real gar nicht vorhanden ist – es gibt gar keine Wiederzeugung …
Das ist nicht der einzige Irrtum im Zusammenhang mit dem Tod gewesen, der in den Mythen auftritt.
Man frug sich, wo die Seelen nach dem Tod sein mögen, da man ihnen ja in der Regel nicht mehr begegnet ist. So wie man die Ankunft im Jenseits nach dem Tod einer zweiten Geburt verglich, also einer Wiedergeburt, so stellte man sich auch vor, daß die Seelen nach ihrem Tod in ein fruchtbares Land (Ägypter), in ein Paradies (Bibel), in einen Palast unter der Erde (Sumer), in die ewigen Jagdgründe (Indianer), in eine Art zweite Welt (Kelten), nach Walhalla zu Odin und den Asen (Germanen) usw. gelangte.
Wenn man es jedoch genau nimmt, kann man lediglich sicher sagen, daß die Seelen nach dem Tod keinen Körper mehr haben. Das Motiv des Jenseits als eines Ortes dient lediglich der bildhaften Orientierung.
Die Seele im Körper eines lebenden Menschen und die Seele eines toten Menschen befinden sich nicht an zwei verschiedenen Orten – der einzige Unterschied ist, daß die Seele in dem einen Fall einen Körper hat und in dem anderen Fall nicht. Wenn man als Lebender zu seiner eigenen Seele reist, reist man daher sozusagen ins Jenseits.
Aus diesem Grund ist auch die Reise eines Schamanen in das Jenseits letztlich nur eine bildhafte Umschreibung dafür, daß er bzw. sie zu einer Seele reist, d.h. mit ihr Kontakt aufnimmt. Dasselbe gilt auch für den Ahnenkult und Meditationen. Aus diesem Grund ist das tibetische Totenbuch auch zugleich eine Anleitung für die Jenseitsreise, auf der der Schamane den Sterbenden begleitet, und für die Meditation, mit deren Hilfe der Yogi u.a. seine eigene Seele findet.
Das Jenseits, in dem der Teufel wohnt, ist also gar kein realer Ort, sondern nur der „körperlose Zustand“ der Seele.
Es ist interessant, daß hier auch der Irrtum als eine der Wurzeln des Teufels erscheint – Buddha hat Haß, Gier und Irrtum als die drei Grundübel im Leben beschrieben und der Teufel ist das Grundübel in den monotheistischen Religionen, also vor allem im Judentum, im Christentum und im Islam.
Der Irrtum ist eine der Wurzeln des Teufels – wie steht es nun mit Haß und Gier? Auch sie lassen sich recht einfach finden …
Der normale Zustand des Menschen ist der Selbstausdruck, d.h. ein Strahlen. Wenn dieses Strahlen auf ein Hindernis trifft, wird dieses Strahlen stärker, um das Hindernis zu beseitigen: Anstrengung. Wenn das Hindernis jedoch nicht weicht, gibt es zunächst einmal zwei Reaktionsmöglichkeiten:
1. Man gibt auf. Dadurch beginnt sich das Strahlen, die Kraft, die Lebenskraft im Kreis zu drehen – das wird als Trauer erlebt. Die Trauer ist ein Kreislauf von Wünschen, Hoffen, Versuchen, Scheitern, Wünschen, Hoffen usw.
Schließlich wird diese Kreisbewegung in der Psyche immer schneller und ihre Kreise werden immer enger bis die Bewegung schließlich zusammenbricht und punktförmig wird – das ist dann eine Depression.
2. Man vermehrt das Strahlen und Streben immer mehr – das wird als Wut erlebt. Die Druck der eigenen Lebenskraft gegen das Hindernis erhöht sich.