Die Chroniken der Lichtkrieger Legacy - Jeanny O'Malley - E-Book

Die Chroniken der Lichtkrieger Legacy E-Book

Jeanny O'Malley

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Beschreibung

Gut in der Schule, ein liebevolles und behütetes Zuhause und eine tolle Pflegefamilie, konnte Sam über sein Leben berichten. Endlich bekommt er ein Date mit dem Mädchen, von dem er schon lange schwärmt. Doch unmittelbar davor erfährt er, dass er der Sohn zweier Lichtkrieger ist. Eben diesen Helden, von denen er bereits als Kind vorgelesen bekommen hat. Es gibt einen guten Grund, warum er keinen Kontakt zu seinen Eltern haben darf. Doch auf einmal läuft alles aus dem Ruder. Sein Leben geht den Bach herunter. Sam schmiedet den Plan, die Lichtkrieger zu finden. Gerade in einem neuen Job in einem schlimmen Viertel, begegnet er einem Mann, der mit Ratten spricht. Ist es sein Vater?

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Seitenzahl: 404

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Jeanny O‘Malley

Die Chroniken der Lichtkrieger - Legacy

Band 1 Sam

Roman Fantasy Liebe Erotik

Impressum

Texte: © 2023 Copyright by Jeanny O’Malley

Umschlag:© 2023 Copyright by Jeanny O’Malley

Verantwortlich

für den Inhalt:Jeanny O’Malley

Postfach 1105

53805 Ruppichteroth

E-Mail: [email protected]

Facebook: @JeannyOMalley

Instagram: @Jeannyomalley

Twitter: @JeannyMalley

Druck:epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Prolog

Einige Monate nach der Rückkehr der Lichtkrieger (April)

„Tiffany meine Liebste, du schaffst das schon. Noch ein paar Mal pressen und dann hast du es überstanden.“ sagte Daniel zu seiner Frau, die auf dem Bett lag und krampfhaft seine Hand drückte. Jasmin stand am Fußende und meinte aufgeregt: „Ich sehe bereits den Kopf. Bald ist es geschafft. Du musst nur noch ein wenig mitarbeiten, dann kann ich das Baby holen.“ Tiffanys ganzer Körper war angespannt und sie ertrug die Schmerzen wie eine Kriegerin. Immerhin war sie eine der Lichtkrieger, dazu einigermaßen unsterblich und außerdem sehr widerstandsfähig. Aber die Geburt ihres ersten Kindes kostete sie doch mehr Kraft, als sie es jemals gedacht hatte.

Vor dem Zimmer standen oder saßen alle anderen Lichtkrieger, gingen auf und ab und warteten auf die frohe Botschaft, dass das Baby bald auf der Welt war. Ronald schaute auf sein Handy und sagte leise: „Ronja hat mir eine Mail geschrieben. Wir werden sie am Steinkreis treffen, um das Neugeborene zu übergeben.“ „Weißt du auch, wo sie es hinbringt?“ wollte Christine wissen. Ronald schüttelte den Kopf und antwortete: „Wenn du glaubst ich weiß, wo Ronja nun mit Bob wohnt, nur, weil sie meine Tochter ist, dann irrst du dich. Ich sagte ihr, dass wir nur in Situationen wie diese miteinander Kontakt haben werden. Alles, was ich weiß ist, dass sie mit Bob zusammen ein Haus gekauft hat.“ „Ja, in das wir alle unser Geld hinein investiert haben.“ bemerkte Steve. William meinte: „Genau, der letzte Auftrag vor Beendigung unserer Modelkarriere war echt lohnenswert. Aber was tut man nicht alles, damit unsere zukünftigen Kinder es guthaben werden.“ Portia ging nervös im Zimmer umher und fragte: „Glaubt ihr wirklich, dass es eine gute Idee ist, wenn wir unseren Nachwuchs niemals mehr sehen werden?“ Seth antwortete: „Du hast doch live mitbekommen, dass ich selbst Bob nicht sterben lassen wollte, weil ich nicht mochte, dass Ronja Schmerzen erdulden muss. Obwohl sie nicht einmal meine Tochter ist und ich sie nur ein paar Tage kannte, habe ich schon solche väterlichen Gefühle entwickelt. Es muss sein.“

Ein Schrei vom Nebenzimmer unterbrach die Unterhaltung der Lichtkrieger. Schockiert, aber ebenso erwartungsvoll schauten plötzlich alle auf die Türe, hinter der sich die Geburt abspielte. Heather meinte leise: „Ich werde das Kind heute zum Steinkreis bringen. Immerhin kann ich besser mit dem Verlust umgehen, als jeder andere von euch.“ „Aber du stehst Ronja auch ziemlich nah, als ihre Ziehmutter. Das kannst du nicht machen. Wir sagten, dass wir keinen Kontakt mehr haben werden.“ bemerkte Bella und funkelte sie etwas böse an. Steve ergriff ihre Hand und sagte in ruhigem Ton: „Ich weiß, du stehst genauso unter Hochspannung wegen der Geburt, aber es ist kein Grund für Ärger zwischen uns. Vielleicht kann ich mich ja auch mit Bob treffen. Das ist eventuell weniger verfänglich.“ „Oder ich gehe hin. Egal ob mit Ronja oder Bob. Ich stehe beiden nicht ganz so nah, wie ihr anderen.“ schlug Andy vor. Viktoria nahm ein Buch aus ihrer Tasche und erklärte: „Egal wer hingeht, aber ich habe mein erstes Kinderbuch über uns Lichtkrieger geschrieben. Und dies sollte in Ronjas Obhut kommen, damit sie unserem Nachwuchs wenigstens von uns erzählen kann.“ Wieder ertönte ein Schrei aus dem Nebenzimmer und Toni, der sich als Einziger nicht an der Unterhaltung beteiligt hatte, verzog das Gesicht, als hätte er selbst unerträgliche Schmerzen. Heather setzte sich zu ihrem Zwillingsbruder und fragte: „Leidest du so mit ihr mit?“ Nickend bestätigte er es, bevor er erklärte: „Sie ist so eine gute Freundin für mich geworden und ich hoffe, sie muss nicht so viele Schmerzen erdulden.“

Daniel schaute seine Frau an, wie diese mit einer letzten Presswehe und der Unterstützung von Jasmin sein Kind auf die Welt brachte. Dass dabei seine Hand zerquetscht wurde, störte ihn kaum. Er war viel zu abgelenkt von dem Wunder, dem er beiwohnen durfte. Jasmin sah ihn an, hob das Baby auf ihre Arme, wickelte es vorsichtig in ein Tuch und sagte zu den Eltern: „Herzlichen Glückwunsch. Es ist ein wunderhübscher Junge.“

Toni schaute erwartungsvoll auf die Türe und wippte nervös mit dem Fuß. Seine Schwester saß immer noch neben ihm und tätschelte liebevoll seinen Arm. Plötzlich trat Jasmin aus dem Zimmer und verkündete: „Es ist ein Junge. Ich lasse den beiden etwas mehr Zeit mit ihm. Wir gönnen ihnen noch ein bisschen Ruhe.“ „Sie sollten sich aber nicht zu sehr an das Baby gewöhnen. Darüber waren wir uns doch einig.“ bemerkte Seth und blickte daraufhin zu Heather, die ihm einen strengen Blick zuwarf. Er seufzte und sagte leiser: „In Ordnung. Bloß jede Minute länger wird es ihnen schwerer fallen. Ich sage nur, wie es ist.“ Ronald schaute auf die Uhr und meinte: „Es ist bald dunkel. Ronja wird nicht die ganze Nacht am Steinkreis stehen wollen. Bis Mitternacht geben wir den Beiden noch Zeit.“

Daniel überreichte Tiffany ihren Sohn, der gerade frisch gewaschen war und in eine warme Decke gewickelt. Mit einem Lächeln und Tränen in den Augen fragte sie: „Hast du bereits einen Namen ausgesucht?“ „Ich dachte mir, dass Sam ein schöner Name für einen kleinen Krieger ist. Was denkst du?“ antwortete er und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Stirn. Tiffany schaute das Baby an und sagte: „Hallo mein kleiner Sam. Wir sind deine Eltern.“ Danach seufzte sie leise und meinte: „Es wäre doch zu schön, wenn wir jetzt mit ihm reden könnten, bevor wir ihn gehen lassen müssen.“ Da kam Daniel auf eine Idee. Er fasste seinen Wolfszahn an der Kette an und konzentrierte sich. Mit einem Lächeln bemerkte er: „Hey, es klappt. Ich kann sogar verstehen, was Babys sagen. Und Sam sagte gerade, dass er sich freut, dich auch mal zu sehen, aber er hat nun Hunger und möchte daher gerne etwas trinken.“ Tiffany lachte ein wenig und legte den kleinen Kerl vorsichtig an ihre Brust, um seinen Hunger zu stillen.

Es war bereits kurz vor Mitternacht, als Daniel mit seinem Sohn auf dem Arm zu den anderen Lichtkriegern ging. Er hielt ihn hoch, dass alle ihn betrachten konnten. Portia fragte: „Was hat er denn da auf seinem Arm für einen Fleck?“ Daniel erklärte: „Er heißt Sam und ich habe ihm ein Zeichen aufgemalt. Zwar nur mit Kugelschreiber, aber vielleicht kann Ronja das Zeichen später auf seine Haut tätowieren. Das sind die Anfangsbuchstaben von Tiffany und mir im Hexenalphabet.“ „Das ist eine gute Idee. Sind das eure jetzigen Namen oder die von damals?“ fragte Toni. Daniel lachte und antwortete: „Du bist echt geschaffter als ich, mein Freund. Bei uns ist es egal. Talesia oder Tiffany, und Daleinth oder Daniel machen zumindest da keinen Unterschied. Wenn es allerdings anders wäre, dann hätte ich sehr wahrscheinlich die alten Namen gewählt.“ Toni grinste ihn an und meinte: „Er sieht wirklich hübsch aus, der kleine Mann.“ Andy stellte sich vor Daniel und informierte ihn: „Ich bringe Sam nun zu Ronja. Sie wartet am Steinkreis.“ „Tut mir leid, aber ich werde meinen Sohn persönlich dort hinbringen. Und niemand sollte versuchen mich aufzuhalten.“ verkündete Daniel und ging langsam auf die Haustüre zu. Viktoria stellte sich ihm in den Weg und sagte: „Warte einen Augenblick. Gib Ronja bitte dies von mir. Sie wird es deinem Sohn vorlesen können.“ Vorsichtig drückte sie ihm ihr Kinderbuch in die Hand und lächelte nebenbei.

Am Steinkreis wartete Ronja mit einem leeren Kinderwagen auf ihr erstes Kind. Was hatte sie sich dabei gedacht, als sie den Vorschlag machte, quasi ein Kinderheim für Lichtkriegerkinder zu betreiben. Geld hatte sie genug von allen bekommen und gemeinsam mit Bob suchte sie sich zu diesem Zweck ein Haus in Bridport aus. Zum Strand war es nicht allzu weit entfernt. Dafür blieb ihnen nur ein paar Monate Zeit, denn Tiffany war schon schwanger, bevor Bob zu einem verdammt langen Leben verzaubert wurde. Ansonsten hätte sie ihn schneller verloren, als es ihr lieb gewesen ist. Dabei hätte sie ihn ohnehin verloren, wenn Seth ihnen nicht geholfen hätte. Da Ronja selbst bereits hundert Jahre lebte, bevor sie von Heather in den Sarg gesteckt wurde, damit sie in der Zukunft wiederbelebt werden konnte, wäre Bob so oder so vor ihr gestorben. Und nun lebten sie beide wahrscheinlich gleich lange, sofern nicht ein Unfall oder Mord ihr Leben beenden würde. Dies schweißte sie noch enger aneinander, als es eh schon der Fall gewesen war. Nachdem die Lichtkrieger beschlossen hatten, ihre eigenen Kinder nie wiederzusehen, da sie sonst nicht mehr objektiv genug gegen alles Unrecht auf der Welt kämpfen könnten, kam Bob tatsächlich auf diese Idee. Und das brachte ihm jede Menge Respekt unter den anderen Kriegern ein. Nun wartete Ronja auf das erste Kind der Lichtkrieger in dieser neuen Zeit, denn sie war die Erste, die geboren wurde. Nur waren seitdem zweitausendfünfhundert Jahre vergangen. Daher zählte sie sich nicht mehr zu den neuen Kindern der Lichtkrieger. Außerdem kannte sie ihre Eltern und die übrigen Freunde. Diese Möglichkeit würden die nachfolgenden Abkömmlinge nicht haben. Quasi war Ronja ein Zwischenschritt. Eine Grauzone. Genauso fühlte sie sich auch. Sie war die Vermittlerin und diejenige, die wie eine Mutter und gleichzeitig Schwester auf die anderen aufpassen und sie erziehen musste. So langsam verließ sie der Mut. Zwar war das Kinderzimmer vorbereitet, Bob war arbeiten und sie wollte alles dafür tun, damit aus den Kleinen großartige Krieger des Herzens werden.

Auf einmal vernahm sie hinter sich ein Geräusch. Es war ein Baby, was sich bemerkbar machte. Ronja schaute in die Richtung und sah Daniel den Bestienreiter, wie er damals genannt wurde. Was hatte sie ihn die letzten Monate vermisst. Ihn und die anderen alle. Es war schön in diese vertrauten Augen zu blicken. Langsam kam dieser Mann näher auf sie zu und lächelte. Als er direkt vor ihr stand, sagte er leise: „Das ist Sam. Er ist gerade eingeschlafen. Sein erster Hunger wurde gestillt und nun muss ich mich von meinem Sohn verabschieden.“ „Ist es Tiffany schwergefallen? Ich meine, erstens die Geburt und zweitens der Abschied?“ wollte Ronja wissen und schob den Kinderwagen zu ihm hin. Daniel legte vorsichtig diesen kleinen Zwerg in der Decke, in den Kinderwagen hinein, streichelte einmal zärtlich über die kleine Wange und antwortete: „Sie war tapfer. Bei der Geburt und ebenfalls danach. Ich hoffe sie bleibt es auch. Und falls nicht, werde ich für sie da sein und versuchen ihr Kraft zu geben. Ronja, ich würde meinen Sam sonst niemandem anvertrauen. Aber ich weiß, dass du alles in deiner Macht Stehende tun wirst, um ihn zu einem guten Mann zu machen. Versprich es mir.“ „Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist.“ antwortete sie. Der große Mann neben ihr drückte ihr etwas in die Hand und erklärte: „Das ist ein Kinderbuch von Viktoria. Damit kannst du Sam von uns vorlesen. Somit sind wir als kleiner Teil in seinem Leben drin. Auch wenn er denkt, dass es nur eine Erfindung ist. Aber vielleicht kommt irgendwann die Zeit, an der er es erfahren muss. Und noch eine Bitte habe ich an dich. Siehst du das Zeichen, was ich auf seinen Arm gemalt habe?“ Ronja schaute es sich an und bestätigte dies. „Bitte lass es ihn dauerhaft bekommen. Es wird ihn als meinen Sohn kennzeichnen. Und den Sohn von Tiffany. Unseren Sohn halt. Es ist uns wichtig, dass er es behält. Sorge bitte dafür und kümmere dich gut um Sam.“

Kapitel 1

18 Jahre später

„Sam, würdest du mir bitte kurz helfen? Ich komme oben an den Schrank nicht so richtig heran. Mein Bauch ist mir doch schon ziemlich im Weg. Außerdem sollte ich mich nicht mehr so sehr anstrengen.“ hörte der junge Mann seine Ziehmutter Ronja fragen. Sie war bereits im achten Monat schwanger und Sam war selbst tierisch aufgeregt. Immerhin hatte er so eine Schwangerschaft nie miterlebt. Die Kinder, die außer ihm noch bei Ronja und Bob lebten, waren nicht seine Geschwister. Daher konnte er zwar mit den Kleinen umgehen, aber trotzdem wusste er nicht, wie er Ronja am besten behandeln sollte, damit er ihr helfen konnte.

Hastig stürmte er zu ihr in die Küche und fragte: „Was kann ich dir denn vom Schrank holen? Was brauchst du?“ Sie lächelte ihn an und er bemerkte so einen seltsamen Glanz in ihren blauen Augen, als sie antwortete: „Bitte einmal die Keksdose runterholen. Ich werde heute noch was backen. Die Kleinen wollen wieder mal etwas zum Naschen haben.“ Sam streckte seinen Arm aus und er musste sich nicht einmal großartig dafür größer machen. Danach stellte er die Dose auf den Küchentresen und fragte ein bisschen kleinlaut: „Solltest du nicht mal langsam ein wenig ruhiger machen?“ Scheinbar verwirrt schaute sie ihn an und fragte: „Wieso glaubst du, dass ich das sollte? Ich bin schwanger und nicht krank. Außerdem kann mir nichts passieren.“

Sam dachte, dass sie nach dem letzten Satz irgendwie so aussah, als hätte sie sich verplappert. Doch er vergaß dieses seltsame Gefühl, als sie erklärte: „Der Arzt hat gesagt, dass es mir gutgeht und ich noch leichte Sachen machen kann. Ein paar Kekse mit den Kindern zu backen, wird schon nicht zu anstrengend sein. Außerdem kennst du doch die fleißigen Hände der Mädchen. Und die anderen Jungs lieben es auch, im Teig zu matschen. Es ist immer wieder toll für mich und sie haben ihren Spaß und können nachher naschen. Aber danke Sam, dass du dir Sorgen machst. Ich weiß es zu schätzen und ich bin so stolz auf dich, dass du so ein liebevoller Mann geworden bist. Ohne dich hätte ich auch nicht so gut auf die anderen Kinder aufpassen können. Du bist und warst mir immer eine große Hilfe. Ich habe dich lieb Sam.“ „Ich habe dich auch lieb Ronja. Aber du sagst mir auf jeden Fall immer, sobald du meine Hilfe brauchst. Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn dir etwas passiert, was ich hätte verhindern können.“ meinte Sam und sah dabei wieder dieses Funkeln in ihren Augen. Schnell blinzelte sie aufkommende Tränen weg und sagte leise: „Ich habe ja auch noch Bob, der mir bei vielen Sachen helfen kann. Und glaube mir, dass er genauso um mich besorgt ist, wie du. Ihr seid halt meine beiden richtigen Männer im Haus. Und nun geh zurück an deinen Schreibtisch und steck die Nase in deine Aufgaben. Ich rufe dich, wenn ich was brauche.“

Als Sam auf dem Weg in sein Zimmer war, wurde er fast von den beiden achtjährigen blonden Mädchen umgerannt, die zehn Jahre nach ihm in dieses Haus gekommen waren. Leslie und Serafina hatten lange blonde Haare, jedoch waren Leslies Augen grün und Serafinas blau. Er konnte es kaum glauben, dass sie beide vom Aussehen her sehr ähnlich waren, aber vom Charakter so unterschiedlich. Leslie war eher verträumt und schüchtern, trotzdem auch loyal ihrer Freundin gegenüber. Somit deckte sie meistens die Lügen von Serafina, die zwar aussah wie ein Engel, aber wohl eher den Teufel selbst in sich stecken hatte. Sam lächelte, als die beiden Mädchen in die Küche stürmten, um Ronja beim Backen zu helfen. Direkt dahinter kam Sean, dessen rotblonde Haare in Verbindung mit den großen, dunkelbraunen Augen, ihn eher an eine Figur aus einem Manga erinnerten, als an jemanden, der tatsächlich so aussah. Dieser Wirbelwind war gerade mal zehn Jahre alt und Sam erinnerte sich noch an den Tag, an dem er ankam. Ein winziges Bündel, was er selbst als Achtjähriger auf dem Arm halten konnte. Er war damals richtig stolz, endlich eine Art Bruder bei sich im Haus zu haben. Auch Sean wollte beim Backen helfen. Dies ließ er sich nicht nehmen.

Sam erreichte sein Zimmer und wollte in dem Moment an seinen Schreibtisch gehen, da sah er aus seinem Augenwinkel das jüngste Mitglied der kleinen Familie sitzen. Nicholas mit seinen winzig braunen Locken sah ihn mit seinen großen, blauen Augen an und grinste schüchtern. Sam wunderte sich, dass der Kleine diesmal nicht seinen Daumen im Mund hatte. Aber mit seinen drei Jahren war er wohl gerade dabei, es sich abzugewöhnen. „Kannst du mir bitte eine Geschichte vorlesen?“ bat Nicholas. Sam setzte sich zu ihm auf das Bett und fragte: „Warum willst du nicht mit den anderen Kekse backen?“ „Keine Lust. Die Kekse bekomme ich doch trotzdem. Ich will lieber von dir vorgelesen bekommen.“ meinte der kleine Kerl neben Sam, der am liebsten über diese Bemerkung laut losgelacht hätte. Er war schon ein kleines Schlitzohr, dachte er und schaute auf das Buch, was der Zwerg mitgebracht hatte. Es war ein Kinderbuch über die Lichtkrieger von der Autorin Viktoria Wilkes. Sam selbst liebte diese Bücher, aber dieses war das Erste, was er damals in den Händen halten konnte.

Schließlich nahm er es Nicholas aus der Hand und sagte: „Allerdings nur die erste Geschichte. Ich muss gleich noch weiter an meine Arbeit gehen. Ansonsten würde ich auch lieber Kekse backen wollen. Nur wegen dir mache ich eine Ausnahme. Aber es wird nicht Ronja verraten, dass du dich vor dem Backen drückst und ich mich vor der Arbeit. Abgemacht?“ Nicholas blaue Augen leuchteten freudig auf und er nickte eifrig, bevor er sich an Sams Hüfte lehnte und doch wieder anfing, am Daumen zu lutschen.

Sam öffnete das Buch und las daraus vor: „Vor langer Zeit lebten an einem Steinkreis vierzehn große Krieger des Lichts. Sieben von ihnen hatten ihre besonderen Kräfte nur im Sonnenlicht, die anderen sieben nur in der Nacht. Da gab es den Schwertkämpfer Maliwilth, der ein großes Schwert aus Licht zaubern konnte. Mit diesem konnte er mächtig angeben und allen zeigen, was er so kann. Die meisten Leute staunten und wollten auch so ein Schwert haben. Seine Frau Vegomentorgia besaß die Kraft, sich in andere Frauen zu verwandeln. Gemeinsam lebten sie in einer kleinen Hütte am Rande eines Waldes. Ihre direkten Nachbarn und engste Freunde waren Daleinth der Bestienreiter, der mit Tieren sprechen konnte und Talesia, die mit Elfen und Zwergen sprach. Ein wenig weiter von ihnen entfernt, lebte Drawolleiseth, der die Fähigkeit besaß zu zaubern, und seine Naletia, die Banne brechen und ein Kraftfeld erzeugen konnte, was sie auch oft genug gebrauchten. Zum Beispiel, um sich vor einem Schneesturm zu schützen. Ihr Zwillingsbruder Naynoth konnte unter Wasser atmen. Liebe Kinder, versucht es nicht nachzumachen, denn dies kann wirklich nur er. Seine Frau Princevenetia war in der Lage, Geister zu rufen. Diese waren freundlich zu den Kriegern und keiner musste Angst vor ihnen haben, denn sie halfen ihnen und blieben nett. Die jüngsten waren Naxaderleth, der Schatten zum Leben erwecken konnte und seine Frau Sterchphoria, die weit in die Ferne sehen und hören konnte. Sein bester Freund war Speneth, genannt der Narr oder auch Mondmagier, denn er konnte den Mond verschwinden lassen, wenn er es wollte. Die Kraft der Sonne hingegen vermochte seine Frau Aliebalsia zu nutzen, denn sie sammelte das Licht in ihrer Flöte und konnte damit in der Nacht den Freunden den Weg leuchten. Und etwas weiter von den anderen entfernt, gab es noch Warrdaloonth den Spurensucher, der alles finden konnte und der vieles wusste. Seine Frau Nanjia konnte in die Vergangenheit und die Zukunft schauen. Diese beiden waren die Ältesten unter den Kriegern, obwohl sie mitten im Leben standen. Und dann gab es auch noch die enge Freundschaft zwischen den Kriegern. Und welche Abenteuer sie alle zusammen erlebten, davon will ich in der nächsten Geschichte erzählen.“

Nicholas nahm den Daumen aus dem Mund und fragte: „Was ist Vergangenheit und Zukunft? Und ein Kraftfeld?“ Sam überlegte einen kurzen Moment und antwortete: „Vergangenheit ist zum Beispiel das, was gestern war oder davor. Alles was du erlebt hast, als du noch kleiner warst. Und auch als ich dir eben vorgelesen habe, das ist schon passiert und gehört somit zur Vergangenheit. Zukunft ist das, was morgen ist oder danach die Zeit. Zukunft ist auch, wenn du nachher Kekse essen wirst. Und sobald du den Keks gerade isst, dann ist es Gegenwart und passiert jetzt. Und sowie der Keks in deinem Bauch verschwunden ist, dann ist es Vergangenheit, dass du den Keks gegessen hast.“ Dabei zeigte Sam auf den kleinen Bauch von Nicholas, der bei dieser Geste lachen musste. Und schließlich erklärte er weiter: „Und ein Kraftfeld ist ..., nun ja, es ist etwas schwieriger zu erklären. Stell dir einen durchsichtigen Wackelpudding vor. Wir haben da doch auch mal ein Stück Schokolade reingedrückt. Du konntest das Stück in dem Pudding sehen, aber nicht direkt herankommen. Oder wenn du in einer Kiste aus Glas sitzen würdest. Man kann dich sehen, doch nicht anfassen. Du bist also geschützt um dich herum. Und Naletia konnte es so machen, dass sie einfach einen Zauber wirkte, und schon war eine Schicht harte Luft, so nenne ich das jetzt mal, um sie herum, dass sie in Sicherheit war. Hast du das nun verstanden?“ Nicholas nickte und fragte leise: „Kann ich mir auch so einen Wackelpudding um mich zaubern?“ Sam lachte ein wenig und antwortete: „Das können nur die Lichtkrieger, aber nicht wir. Die haben nicht umsonst ihre Kräfte bekommen, sondern sie müssen für das Gute in der Welt kämpfen. Dafür sind sie da und genau für diesen Zweck brauchen sie ihre Kräfte. Allerdings wirst du das verstehen, wenn du noch etwas älter geworden bist. Und nun geh zu den anderen und bringe mir einen Keks mit, sobald sie fertig sind.“ Dabei zwinkerte Sam dem kleinen Kerl neben sich zu, der grinsend das Buch wieder in die Hand nahm, vom Bett herunterrutschte und dann aus dem Zimmer verschwand.

Lächelnd setzte sich Sam an seinen Schreibtisch und nahm eines der Bücher zur Hand, welches er durchlesen musste. Der Schulkram erledigte sich leider nicht durch einen Zauber.

Plötzlich hörte er Schritte im Raum und seine Augen wurden von hinten zugehalten. Er grinste und fragte: „Bob? Sean? Nicholas?“ Natürlich wusste er die Antwort, aber er spielte gerne das Spiel mit und freute sich, wenn seine kleine Freundin Spaß daran hatte. Die Hände gaben seine Sicht wieder frei und er drehte sich mit seinem Stuhl zu dem blonden Mädchen mit den grünen Augen um. Leslie lächelte ihn an und hob vom Boden eine Tasse auf, in der ein Löffel steckte. Vorsichtig holte sie ihn heraus und hielt ihm diesen vor den Mund. „Probiere mal bitte, ob der Teig genauso schmeckt, wie du es gerne magst.“ Sam leckte das süße Zeug ab und antwortete: „Er ist perfekt. Ich hoffe, dass du ihn alleine gemacht hast.“ „Natürlich. Ronja ist stolz auf mich. Serafina ärgerte es, dass ich mal in etwas besser bin als sie, aber ich wollte den Teig so hinbekommen, dass er dir gefällt. Du arbeitest sehr viel in letzter Zeit. Daher wollte ich dir eine Freude machen.“ erklärte Leslie und ihre grünen Augen funkelten dabei.

Sam wusste, dass sie ihn überall als ihren großen Bruder vorgestellt hat. Er war es zwar nicht, trotzdem war Leslie ziemlich froh darüber, dass er ihr notfalls helfen konnte. Und dies machte ihn glücklich. „Du wirst bestimmt mal eine gute Köchin werden. Oder aber du bekommst deine eigene Keksfabrik.“ lobte Sam sie, denn er wollte, dass sie aus ihrem Leben etwas Gutes machen sollte. Doch Leslie strahlte ihn übers ganz Gesicht an und meinte: „Versprich mir nur, dass du mich eines Tages heiraten wirst.“ Da musste Sam plötzlich husten und fragte: „Was?“ „Wenn wir verheiratet sind, dann werde ich dir jeden Tag Kekse backen.“ erklärte das kleine Mädchen, als ob es das normalste auf der Welt wäre. Sam stand von seinem Stuhl auf, legte seine Hand auf ihren Kopf und sagte in ruhigem Ton: „Weißt du, ich fühle mich geehrt, aber erstens werde ich kaum jeden Tag Kekse essen wollen. Zweitens solltest du noch einige Jahre älter werden, um solch eine Entscheidung treffen zu können. Und drittens kannst du mir auch als meine kleine Schwester Kekse backen. Dafür müssen wir nicht verheiratet sein. Und ich verspreche dir, dass ich deine Kekse immer essen werde.“ „Na gut, dann heiraten wir eben nicht. Aber ich mag dich trotzdem.“ meinte sie und wollte wieder gehen, als er sie an der Hand festhielt und sagte: „Ich mag dich doch auch. Du bist mir die Liebste. Aber ich muss nun weiterarbeiten.“ Sie lächelte verzückt und ging zurück in die Küche.

Seufzend überlegte Sam, ob er in diesem Haus auch irgendwann etwas mehr Zeit bekommen sollte, um wirklich mal den Stoff für die Schule zu schaffen. Irgendwie wurde ihm alles zu viel. Ronja war schwanger, Bob arbeitete den ganzen Tag und war erst am Abend eine Hilfe bei den vielen Kindern. Und dann noch die vier Kinder selbst, die er zwar alle liebte, aber ihm unter anderem ziemlich die Zeit rauben konnten. Manchmal auch die Nerven. Dazu musste er ebenfalls zusehen, dass er gute Noten bekam und sich somit auf das zukünftige Leben vorbereiten konnte.

Ein nächster Versuch begann, sich endlich mal auf das Buch zu konzentrieren, was er für die Schule lesen musste, als Sams Blick auf die seltsame Tätowierung fiel, die er am Arm hatte. Sie war zwar winzig und überhaupt nicht auffällig, aber er hatte dies schon, seit er denken konnte. Wahrscheinlich wurde sie ihm gemacht, als er noch sehr klein war. Dann dachte er daran, dass die anderen Kinder auch eine ähnliche Kennzeichnung hatten. Zwar sahen die Zeichen anders aus, aber sie waren ebenso unauffällig vorhanden, wie sein eigenes. Nur konnte er sich keinen Reim darauf machen, wozu diese Zeichen dienen sollten und ob Ronja diese hat machen lassen. Doch warum nur? Und was bedeuteten sie? Ronja selbst hatte ihm nie auf diese Frage eine Antwort gegeben. Auch Bob hüllte sich in Schweigen. Vielleicht war das ein Code von einem Kinderheim oder so. Eine Art Kennzahl von jemandem. Eine Verschlüsselung, die nur von einem gelesen werden kann, der weiß, wie es zu lesen ist.

Augenblicklich wollte er sich wieder auf die Zeilen vor sich konzentrieren, da hörte er aus der Küche ein schepperndes Geräusch, gefolgt von einem entsetzten Schrei und Ronjas erschrockener Stimme: „Nicholas, was hast du gemacht? Jetzt ist der ganze Teig auf dem Boden.“ Sofort sprang Sam von seinem Stuhl auf und lief in die Küche. Ronja wollte sich gerade nach den Überresten auf dem Boden bücken, da sagte er hastig: „Ich werde das machen. Setz du dich hin und erhole dich von dem Schreck. Und Serafina, Leslie, Sean und Nicholas, ihr geht erst einmal ab in eure Zimmer. Hier könnten noch Scherben sein, an denen ihr euch verletzen könnt.“ Die beiden Mädchen hörten sofort auf ihn und zogen Sean mit sich fort. Nicholas blieb noch einen kleinen Moment länger stehen und sagte beschämt: „Es tut mir leid. Ich kann helfen. Mir passiert schon nichts. Ich habe Pudding um mich herum.“ Da musste Sam lachen, schnappte sich den kleinen Kerl und trug ihn aus der Küche, während er sagte: „Ich habe es dir doch erklärt, das kann nur Naletia. Geh in deinem Zimmer spielen. Sobald ich fertig bin, werde ich dich rufen. Versprochen.“

Kapitel 2

Ronja saß in der Küche und schaute Sam an, wie er die Scherben vom Boden aufsammelte und den Teig wegwischte. Sie war ziemlich gerührt über seine Hilfe. Dieser junge Mann sah seinem Vater so ähnlich. Die markanten Gesichtszüge und die Körperstatur erinnerten sie wirklich sehr an Daniel. Die Augen und den Blick hatte er aber eindeutig von der Mutter. Obwohl beide Elternteile blaue Augen haben, so glichen sie bei der Form eher Tiffanys. Die Haare haben beide an ihren Jungen weitergegeben. Das Braune von dem Vater und das blonde Haar von der Mutter waren jeweils vertreten. Und ein winziger Flaum an Bart zierte schon Sams Kinn. Ronja dachte daran, was man ihr über Daniel erzählt hatte, dass er vor Tiffany immerzu verärgert gewesen war und zornig, wovon man aber später nichts mehr merkte. Danach war er ein gefühlvoller und ruhiger Mann, und dies sah sie nun auch in seinem Sohn. Immerzu liebevoll und hilfsbereit. Am liebsten wäre sie zu Daniel und Tiffany gegangen und hätte ihnen alles über Sam erzählt oder wenigstens Fotos geschickt. Aber die neuen Regeln sprachen leider dagegen. Ronja fühlte sich traurig, dass sie diese tollen Erfahrungen mit den Kindern nur noch mit Bob teilen konnte. Das war immerhin etwas, jedoch wollte sie es in die Welt hinausschreien, dass die Kinder der Lichtkrieger einmalig toll sind.

Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie voller Stolz auf Sam schaute, der gerade fertig war, die Sauerei von Nicholas und dem Teig verschwinden zu lassen. Sam sah sie direkt an und fragte: „Was ist mit dir los? Sitzt der Schreck so tief, hast du Schmerzen oder war das deine Lieblingsschüssel?“ Schnell wischte sie sich übers Gesicht und antwortete leise: „Ach, das sind diese verdammten Hormone. In der Schwangerschaft haben viele Frauen manchmal solche Gefühlsausbrüche und wissen nicht einmal woher. Es kommt einfach und geht auch wieder. Es bedeutet nichts. Danke dir, dass du mir geholfen hast.“ Der junge Mann stellte sich vor sie, drückte Ronja zunächst an sich und murmelte leise: „Keine Ursache. Aber so langsam sollte ich mal etwas mehr Ruhe haben. Das Gleiche gilt außerdem für dich.“ „Ach ja, du musst ja noch lernen. Es tut mir leid, dass ich dich zudem belasten muss. Ich hätte ja nicht damit gerechnet, dass ich schwanger werde, solange nach wie vor so viele Kinder im Haus sind.“ sagte sie, ohne nachzudenken. Dabei überlegte sie, dass ihre zwanzig Jahre noch nicht um waren, in denen sie nur einmal schwanger werden konnte. Vielleicht waren es auch mehrere Jahre gewesen. Niemand konnte das so genau sagen. Fakt war, dass die Kriegerinnen nicht so oft Kinder kriegen konnten, wie es bei normalen Frauen der Fall war. Das lag an der Unsterblichkeit.

Sam riss sie aus den Gedanken, indem er fragte: „Wie meinst du das? Du wolltest mit der Schwangerschaft warten, bis wir alle das Haus verlassen haben, weil wir dann aus dem Gröbsten raus sind? Wie lange wolltest du denn damit warten? Du wirst ja auch nicht jünger und das Risiko steigt.“ Verdammt, dachte sie, hatte sie das wirklich so gesagt? Daraufhin erklärte sie: „Nun ja, wir haben es schon so lange probiert, dass ich nicht damit gerechnet habe, dass es überhaupt klappt.“

Mit dieser Erklärung sollte er sich erst einmal zufriedengeben. Zum Glück war er nicht mit ihrem Vater verwand, denn Ronald hätte es direkt gesehen, dass sie ihn anlog. Doch sehr viel länger konnte sie es nicht durchziehen, denn sie sah immer noch aus, wie etwas zwischen zwanzig und dreißig Jahren. Dies würde auch irgendwann Sam mal merken. Und das, ohne das Superhirn von Ronald zu besitzen. Jemand müsste schon verdammt doof sein, der nicht merken würde, dass etwas nicht mit ihnen stimmte.

„Willst du auch noch einen Tee?“ wollte Sam von ihr wissen und füllte Wasser in die Maschine. Ronja nickte und fragte sich, wie sie dem Jungen alles erklären konnte. War jetzt schon die Zeit gekommen? Während das Wasser anfing zu kochen, erzählte Sam: „Vorhin hat Leslie gesagt, dass sie mich heiraten will, damit sie mir immer Kekse backen kann. Das war lustig gewesen. Sie ist echt niedlich. Ich habe es ihr ausgeredet. Sie weiß ja nicht einmal richtig, wovon sie da spricht.“ Da wurde Ronja hellhörig und fragte: „Hast du denn schon eine Freundin, von der ich nichts weiß?“ Sam lächelte und antwortete: „Nein, die habe ich noch nicht. Aber es gibt da so ein paar Mädchen, die ich toll finde. Eine von ihnen ist immer nett zu mir. Ich denke, ich werde sie mal zu einem Eis einladen oder so.“ Ronja musste schmunzeln. Der erste Kontakt mit anderen Mädchen. Und schon wieder wollte sie Daniel und Tiffany anrufen und alles verraten. Sie hatte das Gefühl zu platzen. Das Schlimmste an Geheimnissen ist, dass sie nicht mit anderen geteilt werden dürfen.

Später am Nachmittag schaute Ronja auf die Uhr. Pünktlich ging die Türe auf und Bob kam mit seinem unwiderstehlichen Lächeln herein. Verspielt zog er bei seinem Grinsen eine Augenbraue hoch und fragte: „Wie geht es denn meiner süßen Frau heute? Sind die Kinder noch wach?“ Ronjas Herz machte einen Sprung. Bob sah immer wieder zum Anbeißen aus. Dieses blonde, kurze Haar, dazu der Dreitagebart und die blauen Augen. Sein durchtrainierter Körper war zudem die Krönung seiner Anziehungskraft auf sie. Genau solch einen Mann wollte sie immer haben. Ein Krieger, obwohl er keiner war. Sie ging auf ihn zu, beugte ihren Körper so hin, dass sie ihm einen Kuss geben konnte, ohne ihn mit ihrem dicken Bauch von sich wegzuschieben, bevor sie antwortete: „Die Kinder sind noch wach. Nicholas wollte dich unbedingt sehen, ehe er ins Bett geht. Er hat dir etwas zu sagen.“ „Ist das so? Was kann denn der Kleine zu sagen haben?“ wollte Bob wissen und grinste wieder dabei. Ronja ergriff seine Hand und zog ihn mit in das Zimmer von Nicholas.

Dieser kleine Lockenkopf saß auf seinem Bett und schaute sich die Bilder der Lichtkrieger an, die in den Kinderbüchern enthalten waren. Ronja fand, dass die doch tatsächlich von der Realität abwichen, aber sie sollten ja nicht direkt erkannt werden. Zumal auch zwei von den Männern Models gewesen waren. Als Nicholas Bob erblickte, riss er seine kleinen Arme nach oben und sagte: „Bob, ich habe Mist gebaut. Kannst du morgen mit mir einen Strauß Blumen pflücken gehen für Ronja? Ich habe den Teig auf den Boden geworfen. Sie war traurig darüber. Kannst du mir helfen, Bob? Bitte!“ Bei diesem Anblick und der rührenden Geste von ihrem Schützling machte ihr Herz einen kurzen Aussetzer. Bob schaute sie flüchtig an, zwinkerte ihr zu und meinte: „In Ordnung. Ich werde den größten Strauß mit dir pflücken, den sie jemals gesehen hat. Und weißt du, was noch viel besser wäre?“ Nicholas schüttelte den Kopf und Bob erzählte weiter: „Wenn du ihr ein Bild davon malst, wie wir beide Blumen pflücken. Damit wird sie immer daran erinnert, auch wenn die Blumen längst verwelkt sind. Was sagst du dazu?“ „Au ja, das ist eine super Idee. Dann wird Ronja nicht mehr böse auf mich sein.“ sagte der Kleine, doch Bob drücke ihn feste an seine Brust und meinte leise: „Ronja war dir nie böse. Sie hat sich nur erschreckt. Das ist alles. Sie hat dich doch lieb. Genauso, wie ich auch.“ Und schon wieder drängte sich eine Träne aus ihren Augen. Diese Hormone waren echt das Letzte.

Zusammen mit Bob ging Ronja in das große Spielezimmer. Da saßen die beiden Mädchen und die zwei älteren Jungs. Gemeinsam spielten sie ein Videospiel und beachteten die Ankömmlinge kaum. Nur Sean und Sam sahen die beiden kommen, denn sie waren nicht mit dem Rücken der Türe zugewandt, so wie die Mädchen. Bob zeigte den Jungs an, dass sie leise sein sollten, indem er mit dem Zeigefinger über den Mund fuhr. Sean grinste und nickte wenig. Er war echt ein Meister der Mimik. Und diese großen braunen Augen verrieten kaum etwas über seinen Gefühlszustand. Bob schlich sich von hinten leise an die Mädchen heran und fasste ihnen hastig auf die Schulter, um sie zu erschrecken. Leslie sprang fast einen Meter im Sitzen vom Boden hoch und drehte sich dann aber lächelnd zu Bob herum um ihn zu begrüßen, doch Serafina blieb unbeeindruckt hocken und motzte: „Mensch Bob, ausgerechnet jetzt, wo ich Sean schlagen kann. Immer ist er besser als wir anderen alle. Und gerade jetzt musst du mich aus meiner Konzentration bringen.“ „Entschuldige bitte. Ich wusste nicht, dass du genau am heutigen Tag den Pokal gewinnen könntest.“ sagte Bob lachend, denn Leslie hatte sich an ihn gekuschelt und erklärte: „Ich konnte dir leider keine Kekse aufheben, denn wir haben es bedauerlicherweise nicht mehr geschafft neue zu machen. Aber morgen bestimmt.“ Sean lachte und meinte triumphierend: „Und schon wieder gewonnen. Danke Bob. Es hätte doch sehr an meiner Ehre gekratzt, wenn ich diesmal als Verlierer dastehen würde.“ Sam bemerkte: „Das ist nur dein Ehrgeiz. Das hat nichts mit Ehre zu tun. Du willst halt immer gewinnen. Dabei ist es eher ehrenvoll, falls du auch mal die anderen siegen lässt, damit die sich darüber freuen.“ „Aber es ist ein Wettbewerb. Und nur derjenige, der am besten ist, sollte auch Erster sein. Und der bin nun einmal ich.“ verteidigte sich Sean. Serafina warf die Steuerung des Spieles auf den Boden und sagte wütend: „Sam, mich muss man nicht gewinnen lassen, weil ich sonst traurig bin. Ich will gewinnen, weil ich es kann. Und Sean, dich hätte ich locker fertiggemacht, wenn Bob mich nicht gestört hätte.“

Ronja konnte nicht glauben, wie die Kleine mit ihren acht Jahren so sprechen konnte. Aber manchmal redeten Kinder wie Erwachsene, meistens um sie zu imitieren oder da sie tatsächlich teilweise so eine Ansicht hatten. Auf jeden Fall war Ronja ziemlich beeindruckt gewesen. Normalerweise steckte in Serafina ein kleiner Dämon. Seit man Ronja erklärt hatte, was ein Dämon ist, gegen den die Krieger damals gekämpft hatten, glaubte sie, dass vielleicht doch noch ein Teil dieses Wesens in dem Vater von Serafina steckengeblieben war. Oder aber es lag an dieser Vollmondnacht, in der sie geboren wurde. Und das mit beiden Eltern als Werwölfe. Irgendwas musste dieses Verhalten ja ausgelöst haben. Bob meinte: „In Ordnung. Beide Mädchen gehen jetzt sofort Zähne putzen und hinterher schlafen. Sean, du darfst noch eine halbe Stunde üben, und dann ist für dich auch Schluss. Und Sam, wenn du möchtest, kannst du mir von deinen Plänen erzählen.“

Als Ronja mit Bob im Bett lag, fragte sie leise: „Was hat Sam mit dir bereden wollen?“ Er küsste sie zärtlich und antwortete anschließend: „Er mochte halt mal mit einem Mann sprechen. Wie er am besten mit einer jungen Frau umgehen soll. Und da wollte er von mir einen Rat haben. Dann hat er mir noch erzählt, dass er sich Sorgen um dich macht, weil du so oft weinen musst. Und er glaubt, dass du Schmerzen hast oder es dir zu viel wird.“ „Er ist so ein guter Mann geworden. Mir hat er heute verraten, dass Leslie ihn heiraten wollte. Wäre das nicht hinreißend? Ich meine, immerhin sind die Beiden ja nicht verwandt. Es könnte die Möglichkeit bestehen.“ überlegte Ronja. Doch Bob setzte sich aufrecht ins Bett und meinte: „Ich glaube, wir müssen es ihm sagen. Wer seine Eltern sind und was es für ihn und sein Leben bedeutet. Wir können nicht mehr länger warten. Jetzt denkt er schon an Mädchen.“ Ronja verstand nicht, warum das nun eine Rolle spielte und daher überlegte sie leise: „Aber wo ist das Problem? Noch ist er jung. Soll er doch eine Freundin finden. Die anderen Krieger hatten auch keine Ahnung wie viele Frauen gehabt, bis sie dann die einzige Liebe gefunden haben. Immerhin sollte Sam doch ebenso Erfahrung sammeln können.“ Bob strich sich durch die Haare und erklärte: „In Ordnung! Wie soll ich das am besten ausdrücken? Der Junge wird Sex haben. Wenn wir ihn gut erzogen haben, dann wird er es nie ohne Kondom machen, bis er sich tatsächlich an eine Frau wagt, mit der er Kinder haben möchte. Wenn ich daran denke, wie die beiden Mädchen mal mit einem Kerl nach Hause kommen werden, wird mir auch anders. Aber bei denen sehe ich kein Problem, denn es sind Mädchen.“ „Und warum sollte das bei Frauen weniger ein Problem sein, als bei Männern? Warum sollte Sam sich nicht austoben können?“ fragte Ronja nach und verstand es wohl immer noch nicht. Bob deutete auf ihren Bauch und sagte: „Seit achtzehn Jahren haben wir ohne Kondom miteinander geschlafen. Das ist der Unterschied. Du bist erst jetzt schwanger, genauso wie es bei den Lichtkriegern auch sehr spät geklappt hat. Dies ist der beschissene Unterschied. Unsere Kinder werden nicht krank. Das ist das Einzige, weshalb es mir egal wäre, wenn sie ohne Kondom Sex haben. Aber schwanger könnten sie werden. Und sehr wahrscheinlich wird es bei Serafina und Leslie auch erst nach zwanzig Jahren klappen. Oder noch länger. Je nachdem ob sie gerade einen Partner haben oder nicht. Aber stell dir mal vor, wenn einer der Jungs mit unzähligen Frauen ohne Kondom schlafen würde. Und daraus würden mit normalen Frauen Schwangerschaften entstehen. Dann sind alle Kinder, die in kürzester Zeit gezeugt werden könnten, vielleicht auch so wie wir. Und wir können es uns nicht leisten, dass bald die halbe Welt unsterblich ist. Das heißt also, wir müssen es ihnen sagen, bevor sie das erste Mal Sex haben. Oder wie willst du es ihnen sonst erklären?“ „Scheiße. Das ist in der Tat etwas, was wir nicht bedacht haben. Verflucht noch einmal. In Ordnung. Wie sagen wir es unserem Jungen?“ überlegte Ronja und dann wurde ihr heiß und kalt gleichzeitig. Der Tag der Wahrheit stand also unmittelbar bevor. Achtzehn Jahre hatte sie es vor sich hergeschoben, und sich nicht einmal Gedanken darüber gemacht, wie man es am besten erklären konnte. Und nun ging es ihr etwas zu schnell und sie hatte keinen Schimmer, wie Sam es auffassen würde, dass er der Sohn der Lichtkrieger war. Eben jene Krieger, über die er schon als Kind gelesen hatte. Und er würde sie zudem sehen wollen, aber dies war gegen die Regeln. Ohne diese bekloppten Maßnahmen hätte sie auch nicht mit Bob für alle Kinder da sein müssen. Dann wäre jedes Kind bei seinen Eltern aufgewachsen und alles wäre anders gekommen. Nun musste sie es Sam erklären und hoffen, dass er die Beweggründe verstehen mochte. Ihr war auf einmal übel und sie sagte: „Ich glaube, ich muss mich gerade übergeben gehen. Die aufgestauten Emotionen müssen raus.“

Kapitel 3

Sam wurde, gemeinsam mit Sean, Leslie und Serafina, von Bob zur Schule gefahren. Die jüngeren Kinder mussten an einer anderen Schule herausgelassen werden, daher saß Sam später mit Bob alleine im Auto. Es war ein Tag wie jeder andere, und doch war eine gewisse Anspannung im Wagen erkennbar. Zumindest glaubte Sam dies, denn sein Ziehvater sah irgendwie sehr nachdenklich aus. Besorgt fragte Sam: „Stimmt etwas nicht mit Ronja? Geht es ihr heute nicht gut?“ „Oh doch, ihr geht es zumindest mit der Schwangerschaft gut. Aber sie hat andere Sorgen.“ antwortete Bob und konzentrierte sich immer noch auf die Straße. „Aber was ist es denn? Ich sehe dir doch an, dass dich etwas bedrückt. Und wenn Ronja auch Sorgen hat, dann solltest du mir etwas darüber sagen. Vielleicht kann ich irgendwie helfen.“ hakte Sam nach und hoffte, dass es sich nicht um einen Ehestreit handeln würde, denn da war er nicht gerade der perfekte Berater. Mit einem knappen Blick zu ihm hinüber lächelte Bob und erklärte: „Das ist wirklich sehr nett von dir. Ich weiß es zu schätzen. Aber das Problem liegt sehr tief verwurzelt. Ronja und ich müssen uns Gedanken um die Zukunft machen. Allerdings ist das nicht so einfach, weil etwas aus der Vergangenheit dies belastet. Dich wird das Problem früher oder später auch betreffen, aber bis wir wissen, wie wir am besten an die Problemlösung herangehen wollen, lassen wir dich am besten außen vor.“ „Das verstehe ich nicht wirklich. Was kann das denn für ein Problem sein, was mich betreffen könnte, ich aber nicht helfen soll? Warum willst du es mir nicht verraten?“ wollte Sam wissen. Es nervte ihn sichtlich, dass die beiden Zieheltern offenbar große Sorgen hatten und er ihnen nicht helfen sollte. Bob hielt den Wagen vor der Schule an und Sam meinte: „Wir haben noch zwei Minuten. Los! Sage mir kurz, worum es geht.“ Sein Ziehvater zog die Augenbrauen hoch, lächelte und antwortete: „Es geht um uns alle. Die Situation mit euch Kindern. Warum wir euch alle zu uns genommen haben. Der Grund dafür liegt in unserer Vergangenheit. Und wir können nicht so wie bisher in Zukunft weitermachen. Es geht einfach nicht. Versteh das bitte nicht falsch. Wir lieben euch alle, keinen Einzigen wollen wir wieder hergeben. Und wir werden immer wieder Kinder zu uns ins Haus holen. Das ist unsere Aufgabe. Aber ihr werdet älter und ihr müsst lernen für euer Leben. Und alles, was damit zusammenhängt, belastet uns sehr. Wenn Ronja bereit ist, wird sie mit dir darüber reden. Und nun ab mit dir in den Unterricht. Aber bitte denk nicht mehr an die jetzige Unterhaltung. Konzentriere dich lieber auf die Schule.“ Sam drückte Bob flüchtig an sich und stieg hiernach aus dem Auto aus.

Als Sam vor dem Eingang stand, drehte er sich noch einmal nach Bob um, jedoch war der schon weitergefahren. Einen kurzen Moment überlegte er tatsächlich, den Unterricht zu schwänzen, um über alles nachzudenken, was mit ihm und den anderen Kindern zu tun haben könnte. Aber dann dachte er daran, dass Ronja es nicht gut finden würde. Immerhin bereitete ihr seine Zukunft Sorgen. Also sollte er doch besser fleißig lernen, damit seine Zukunft zumindest in der Hinsicht aussichtsreicher sein würde. Schweren Herzens betrat er den Eingangsbereich und sah, dass nur noch wenige Schüler dort herumstanden. Die anderen schienen bereits in den Räumen zu sein. Und dann hüpfte sein Herz auf einmal, als er das Mädchen sah, was er sehr toll fand. Susan hatte langes, blondes Haar und einen Körper, an den er sich gerne anlehnen würde. Jeder Junge aus der Klasse war hinter ihr her. Ein Blickfang für alle Jungenträume. Sie stand dort zusammen mit einer Freundin und unterhielt sich. Sam wusste echt nicht, wie er jemals an diese tolle Frau herankommen sollte.

Auf einmal wurde er unsanft aus seinen Träumen gerissen, als jemand in sein Ohr flüsterte: „Du weißt schon, dass sie eine ziemliche Zicke ist, oder?“ Sam drehte seinen Kopf herum und sah einen Kerl neben sich stehen mit braunen Haaren und blauen Augen. Es war Dean. Sein bester Freund seit der ersten Klasse. Mit einem Handschlag begrüßten sich die beiden und Sam sagte: „Vielleicht ist sie zu allen Jungs so, damit sie ihre Ruhe hat. Und die Wahrheit versteckt sie hinter einer Fassade, um ihren weichen liebevollen Kern zu verbergen. Sie ist bestimmt zu ihrem zukünftigen Mann sehr sanft.“ „Um Himmels willen bloß nicht. Brave Frauen sind langweilig. Die können schon etwas Biss haben und äußerst unartig sein. Aber zickig braucht kein Mann. Und Susan ist zickig. Glaub mir das.“ meinte Dean. Das klirrende Geräusch der Schulglocke ertönte, und die Schüler gingen in ihre Klassenräume.

Leider konnte Sam den Tag über keinen klaren Gedanken fassen. In seinem Hirn spukte die ganze Zeit Susan herum und die Sorgen, die Ronja und Bob bedrückten. Es war echt nicht so einfach, erwachsen zu werden. Die Schule zu erledigen war ja schon immer so ein Thema für sich gewesen. Und wenn er nun ein Teenager ist, der sich für Frauen interessiert, eine schwangere Ziehmutter mit Problemen hat und dann auch noch massig Kinder im gleichen Haus wohnen, dann war er richtig am Arsch. Nicholas mit seinen drei Jahren hatte wohl das bessere Leben, dachte Sam. Keine Schule, konnte den ganzen Tag spielen und Kekse essen und er hatte mit den Problemen der Erwachsenen nichts am Hut. Tja, dachte Sam, noch einmal drei sein, wäre schön.

Am späten Nachmittag war der Unterricht vorbei. Sam musste mit dem Bus nach Hause fahren, denn Bob war noch auf der Arbeit und Ronja hatte die anderen Kinder bereits früher von der Schule abgeholt. Aber es war in Ordnung für ihn. An der Bushaltestelle passierte für ihn ein kleines Wunder. Das erste Mal stand er dort fast alleine. Einige Schüler waren krank, wurden abgeholt oder mussten aus irgendwelchen Gründen was anderes erledigen. Daher kam es, dass er ausgerechnet mit Susan ebendort wartete und selbst sie ohne ihre Freundin unterwegs war. Es war für ihn wie ein Geschenk des Himmels.