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Eine ganze Ferienwoche ohne Smartphone? Unmöglich! Für Kim, Franzi und Marie werden die Tage im Internat zu einer echten Herausforderung. Doch schon bald haben sie keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen. Sie stecken mittendrin in spannenden Ermittlungen: Auf dem alten Gutshof geschehen nämlich seltsame Dinge. Einige Schüler scheinen einem Geheimbund anzugehören und verhalten sich verdächtig. Im stillgelegten Schwimmbad spukt es und im Mode-Outlet laufen krumme Geschäfte. Zusammen suchen die drei !!! nach Spuren und sichern Beweise. Gelingt es ihnen, den Fall ohne digitale Hilfe zu lösen? Großer Krimispaß!
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Seitenzahl: 152
Die drei !!!Verrat im Internat
Kari Erlhoff
KOSMOS
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Umschlagsabbildung: © Ina Biber, Gilching
© 2024, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-50897-8
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Cover
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Hauptteil
Urlaub wider Willen
Auftrag mit Hindernissen
Schrecken in der Nacht
Kötel und ein Labyrinth
Ronnys bunter Abend
Eulen auf Abwegen
Gefahr in der Dunkelheit
Ein neues Rätsel
Das Geheimnis in der Heide
Im Netz der Widder-Spinne
Eine eigenartige Verabredung
Hängepartie um Mitternacht
Plan B wird gezündet
Abschied von Unkentorf
Katastrophe!!!
Franzi Winkler sah blinzelnd auf das Display ihres Smartphones.
»Was ist?«, fragte Marie Grevenbroich, als sie Franzis Gesichtsausdruck bemerkte.
»Kim verspätet sich.«
»Normalerweise ist sie bei unseren Verabredungen im Café Lomo doch die Erste.«
»Stimmt.« Franzi nickte. Dann las sie die zweite Nachricht, die inzwischen eingegangen war.
Bin gleich da. Bestellt schon mal. Wie immer.
Franzi antwortete kurz:
Alles klar!
»Und?« Marie klang ungeduldig. »Was ist nun?«
Franzi zuckte mit den Schultern. »Wir sollen schon mal bestellen. Alles wie immer.«
»Also einen Kakao Spezial«, sagte Marie.
Im Stammcafé der drei !!! war das der absolute Geheimtipp. Getoppt wurde das heiße Getränk nur von der Sommer-Variante namens LICK. Das stand für Lomo Iced Choc Kick. Allerdings ließ nicht nur Kim auf sich warten, sondern auch der Sommer. Seit Wochen war es kühl. Dabei hatten die Wetterdienste einen besonders heißen Sommer vorhergesagt.
Auf einen unbeständigen Mai war ein nasser Juni gefolgt. Inzwischen ließ sich die Sonne wieder öfter blicken, aber so richtig warm war es noch nicht geworden. Franzi störte das nicht sonderlich. Wer brauchte schon karibische Temperaturen, wenn man den halben Tag in der Schule hocken musste? Und die Natur hatte mehr von dem Regen.
»Sollten wir nicht lieber einen Kamillentee bestellen?«, unterbrach Marie ihre Gedanken.
»Kamillentee?« Sie sah Marie irritiert an. Dann fiel der Groschen. »Wegen Camilla?«
»Ganz genau.« In Maries Stimme schwang Enttäuschung mit. »Kim ist bestimmt wieder mit ihr unterwegs.«
Franzi konnte ihre Reaktion verstehen. Andererseits hatte Marie auch schon einige Treffen verschoben, wenn es um ihren Freund Holger ging. Und Kims Verabredungen mit David waren auch kein Thema. Selbst wenn die beiden mal wieder stundenlang an DIY-Projekten tüftelten oder zusammen Geschichten schrieben. Vielleicht waren Jungs einfach keine Konkurrenz, da sie die Freundschaft der drei !!! nicht veränderten. Befürchtete Marie, dass Camilla ein viertes Ausrufezeichen werden könnte? Unvorstellbar! Aber tief in ihrem Inneren wusste Franzi sowieso, dass Kim nicht vorhatte, sie und Marie zu ersetzen oder Camilla zu einer von ihnen zu machen. Das mit Camilla war anders.
Sie bestellten drei Kakao Spezial und drei Mal Waffeln – eine weitere Spezialität des Cafés.
Kurz nachdem die Bedienung alles notiert hatte, kam Kim zu ihnen an den Tisch. Ihre Wangen waren gerötet. Eine steile Zornesfalte stand zwischen ihren dunklen Augenbrauen.
»Gewitterfront im Anmarsch«, kommentierte Marie.
»Das kannst du laut sagen!« Kim ließ sich auf einen freien Stuhl fallen. »Meine Mutter treibt mich in den Wahnsinn.«
»Lass mich raten«, sagte Franzi. »Du solltest zusätzliche Hausaufgaben machen. Und das, obwohl die Sommerferien direkt vor der Tür stehen und dein Zeugnis auch in diesem Jahr wieder super ausfallen wird.«
»Schlimmer.« Kim seufzte. »Ich hatte gedacht, dass wir in den nächsten Wochen ganz entspannt den Sommer genießen: Café Lomo, Verabredungen, Picknick im Park, DIY-Projekte, vielleicht ein neuer Fall …«
»Will sie dich auf eine Sprachreise schicken?«, fragte Marie. »Oder in ein Mathe-Camp?«
»Noch schlimmer«, murmelte Kim. »Wenn sie die ehrgeizige Schulleiterin raushängen lässt, ist das anstrengend. Aber seit sie Yoga, Achtsamkeit und diesen Gesundheitskram für sich entdeckt hat, kommt sie auf ganz neue Ideen.«
»Ich mag Yoga«, sagte Marie.
»Ich habe auch nichts dagegen«, ereiferte sich Kim. »Aber doch nicht auf einer Schülerfreizeit in der Heide – mitten im Nichts. Sie hat mich gleich für die erste Ferienwoche für das Programm Auszeit vom Alltag angemeldet.«
»Du hast auch den Kurs im Kletterwald überstanden«, versuchte Franzi, ihre Freundin zu trösten. »Da hattest du auch Bedenken und am Ende war es richtig schön.«
Die drei !!! hatten die vergangenen Osterferien im Schwarzwald verbracht und ein Ranger-Programm absolviert. Daran dachten sie alle gerne zurück.
»Da wart ihr dabei«, sagte Kim. Sie machte eine Pause und sah ihre Freundinnen an. »Mit euch macht es einfach mehr Spaß.«
Franzi verstand genau, was Kim ihnen gerade mitteilen wollte. »Wir sollen auch Yoga in der Heide machen?«
»Warum nicht?« Marie strich sich ihre langen blonden Haare aus dem Gesicht und lächelte. »Holger muss mit seinem Parkour-Team in ein Trainingscamp, für das Freibad ist es zu kühl, und bei uns ist noch kein Urlaub geplant …« Das Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war.
Marie sprach es nicht aus, aber Franzi war sich sicher, dass es um Oma Agnes ging. In den letzten Monaten hatte sich ihr Zustand stetig verschlechtert. Körperlich schien Maries Stief-Oma zwar gesund, aber dafür baute sie geistig ab. Das beschäftigte die gesamte Familie Grevenbroich.
»Jedenfalls wäre eine Woche Yoga gar nicht schlecht«, sagte Marie. »Etwas Kraft tanken, rauskommen und den Kopf freikriegen.«
»Wenn es nur Yoga wäre …«, sagte Kim. Sie stockte kurz, als die Bedienung drei dampfende Tassen und drei Teller mit duftenden Waffeln auf den Tisch stellte. Dann holte sie tief Luft und berichtete, worum es ging: Eine alte Studienfreundin von Frau Jülich bot ein ganz besonderes Ferienprogramm in einem ehemaligen Internat an. Auf Gut Unkentorf sollten Schüler mithilfe von Yoga, Sport, Natur, kreativen Angeboten und Digitalfasten zur Ruhe kommen. Angeblich half das gegen die Reizüberflutung im Alltag, verbesserte die schulischen Leistungen und stärkte die Gesundheit. Manche Eltern waren so begeistert, dass sie ihre Kinder gleich mehrmals im Jahr dort anmeldeten. Normalerweise war es schwierig, einen Platz in Unkentorf zu bekommen. Doch jetzt hatte ein Jugendzentrum wegen Planungsschwierigkeiten eine ganze Gruppe abgemeldet. Frau Jülich war außer sich vor Freude gewesen. Die freien Plätze wurden nun als Sonderangebot vergeben und Kim war angeblich absolut reif für eine Auszeit von Smartphones, Computern und Internet.
»Digitalfasten.« Kim schnaubte. »Da darf man nicht mal am Abend checken, ob man Nachrichten bekommen hat. Und telefonieren kann man auch nicht.«
Für Franzi klang das gar nicht so schlimm. Ihr Interesse war spätestens bei den Wörtern Natur und Sport geweckt worden. Außerdem gefiel ihr der Gedanke, dass sie ein paar Tage nichts von Maximilian hören würde. Franzis innere Stimme hatte von Anfang an gegen ihre Gefühle protestiert. Maximilian war mehrere Klassen über ihr, hatte eine Freundin und ein ziemlich bewegtes Leben zwischen Schule, Job und Umweltschutz. Inzwischen war Franzi zum Glück auch nicht mehr verliebt – zumindest nicht, wenn Funkstille herrschte. Leider hielt Maximilian seine Freunde immer auf dem neusten Stand. Fast immer ging es um den Einsatz für die Natur, aber hin und wieder war auch eine nette persönliche Nachricht dabei. Auf die Schmetterlinge, die sich dann ganz sacht in Franzis Bauch meldeten, konnte sie verzichten. Entschlossen sah sie ihre Freundinnen an. »Mir würde das gefallen.«
»Mir eigentlich auch, aber … he!« Marie beugte sich zu Kim rüber. »Schreibst du schon wieder Camilla?«
Kim ließ schuldbewusst das Smartphone sinken, auf das sie eben noch geschaut hatte. Doch dann straffte sie die Schultern. »David hat mir ein Foto geschickt.«
»Und du hast sofort reagiert«, sagte Marie.
»Machst du doch auch«, gab Kim zurück.
Marie grinste. »Stimmt. Also höchste Zeit, mal eine Pause einzulegen, oder?«
»Volle Zustimmung«, sagte Kim. Sie sah nun wieder etwas glücklicher aus. Zögerlich steckte sie ihr Smartphone in den Rucksack. »Wenn ihr mitkommt, wird das vielleicht doch keine Katastrophe.«
»Höchstens ein Kataströphchen.« Marie lachte.
»Ganz genau.« Franzi hob ihren Kakao. »Auf ein gemeinsames Yoga-Abenteuer in der Heide und einen genialen Start in die Sommerferien!«
An diesem Abend hatte Franzi Stalldienst. Aber das machte ihr nichts aus. Ganz im Gegenteil. Sie liebte die Abendstunden auf dem Hof ihrer Familie. Gerade jetzt, wo es lange hell war, konnte sie stundenlang bei den Tieren sein.
Franzi brachte Heu zur Pferdekoppel. Während Tinka, Leika und Wanda genüsslich die Halme aus den Netzen zupften, wurde Hund Sherlock ausgiebig geknuddelt. Franzis hinkendes Huhn Polly war noch auf der alten Obstbaumwiese unterwegs, gemeinsam mit den Katzen. Nur widerwillig ließ sie sich zu ihren Artgenossen in den Stall bringen.
»Gute Nacht, kleine Federkatze!«, sagte Franzi leise, bevor sie den Stall schloss und zum Wohnhaus ging.
Dort schlug ihr warme Luft und der Geruch von Essen entgegen. Lautes Stimmgewirr kam aus der Küche. Kein Wunder, beim Abendbrot wurde es fast immer eng. Neben den Eltern drängten sich bereits Franzis ältere Schwester Chrissie, ihr großer Bruder Stefan und dessen Freundin Britt um den Tisch. Letztere waren vor einiger Zeit auf dem Hof eingezogen, da sie ein Baby bekommen hatten. In ihrer kleinen Studenten-WG war für den Familienzuwachs kein Platz gewesen. Deutlich mehr Platz gab es im Haus der Winklers zwar auch nicht, aber die jungen Eltern betonten immer wieder, dass sie auf der Suche nach einem eigenen Hof seien, den sie dann mit viel Eigenarbeit renovieren würden. Das blieb bislang jedoch ein Wunschtraum.
Franzi setzte sich auf den letzten freien Platz, direkt neben den Hochstuhl. Ihre Nichte Leni hatte schon mit dem Abendessen angefangen und schob sich Kartoffel- und Möhrenstückchen in den Mund. Vorher wurde jedes einzelne Häppchen noch gründlich mit den winzigen Fingern durchgeknetet. Franzi fand das niedlich. Aber heute war sie nicht für Lenis Bettprogramm zuständig und musste die Kleine daher auch nicht waschen.
Britt, Lenis Mutter, berichtete gerade von ihrem Blog, der immer mehr Follower bekam und richtig durchstartete. Doch Franzi hörte nur mit halbem Ohr zu. Ihr war etwas eingefallen. Darja, ein Mädchen von den Friends for Future, war in den Osterferien in einem Ferieninternat gewesen. Bei einem Treffen der Umweltgruppe hatte sie kurz davon erzählt. Eben im Lomo, als Kim von den Ferienplänen ihrer Mutter berichtet hatte, war es ihr nicht eingefallen, aber jetzt tauchten Bruchstücke des Gesprächs wieder auf: kein Smartphone, Wandern in der Heide, Sportprogramm … das klang doch ganz nach dem, was Kim erzählt hatte.
Gleich nach dem Abendbrot sprach sie Chrissie an. Ihre große Schwester war ebenfalls Mitglied bei den Friends for Future. Außerdem hatte sie sich in letzter Zeit etwas mit Darja angefreundet.
»Sag mal, weißt du noch, wo Darja in den Osterferien war? Dieses ehemalige Internat in der Heide?«
»Hm«, machte Chrissie. »Habe aber keine Ahnung, wie das hieß. Froschdorf oder so. Oder Krötendorf?«
»Gut Unkentorf?«
»Genau«, sagte Chrissie. »War aber wohl auch nicht so toll. Darja war froh, dass sie nur eine Woche hinmusste.«
»Echt?«, hakte Franzi nach. »Darja ist doch nicht gerade handysüchtig. Was hat ihr dann nicht gefallen?«
»Es klang so, als wäre es da merkwürdig.«
»Und du hast nicht nachgefragt?«
»Ich bin keine Detektivin«, antwortete Chrissie. »Außerdem hatten wir andere Probleme. Die Friends for Future sind kein Kaffeekränzchen, das sich zum Häkeln trifft. Wir geben vollen Einsatz für die Natur.«
»Das musst du mir nicht sagen«, brummte Franzi. »Hast du wenigstens Darjas Nummer?«
»Keine Zeit, ich muss heute den Abwasch machen«, verkündete Chrissie. Aber dann zückte sie doch noch ihr Handy und schickte Franzi den Kontakt.
Leise huschte Franzi auf den Flur. Im Gehen tippte sie schon die Nummer an. Kurz darauf meldete sich Darja. Leider war sie gerade bei einer Freundin und hatte nur wenig Zeit für Franzis Fragen.
»Ich war über Ostern im Gut Unkentorf«, bestätigte Darja. »Das hat mir gereicht. Ich bin einfach nur froh, dass ich diesen Sommer mit den Friends zu einer großen Demo nach Berlin reise. Ich muss jetzt auch Schluss machen. Aber falls wir uns beim nächsten Treffen im Wald nicht sehen, rufe ich dich an, okay? Es gibt da noch etwas, was ich dir über Gut Unkentorf erzählen muss. Es ist ziemlich seltsam, aber …« Darja zögerte. »… Wir besprechen das besser in Ruhe.«
»Klasse«, sagte Franzi. Nachdenklich legte sie auf. Wie hatte Darja ihren letzten Satz gemeint? Gab es ein Geheimnis auf Gut Unkentorf? In Franzis Bauch kribbelte es.
Ben und Lukas, wenn ihr diesen Text lest, dann könnt ihr euch auf gruselige Ferien gefasst machen. Ich werde dafür sorgen, dass Mama jeden Morgen mit euch Yoga macht. Das wird die entspannteste Rache aller Zeiten!
In den letzten Tagen bin ich gar nicht zum Schreiben gekommen. Inzwischen hat sich die Urlaubsfrage geklärt: Wir fahren zu dritt nach Gut Unkentorf!
Bis dahin will ich mich unbedingt noch einmal mit Camilla treffen. Es ist so schön, Zeit mit ihr zu verbringen. Wir haben richtig viel Spaß und können supergut reden. Aber ich bin dann irgendwie auch nervös. Bei Marie und Franzi bin ich das nie. Die sind mir nach all den gemeinsamen Abenteuern total vertraut. Bei Camilla ist alles neu. Aber ich habe auch ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht ganz so viel Zeit für die drei !!! hatte. Und David fragt dauernd, wann wir mal wieder ein neues DIY-Projekt starten. In den Ferien zunächst wohl nicht. Dafür hat er Verständnis. Er weiß ja, dass ich nicht freiwillig nach Unkentorf fahre.
Franzi und Marie schon. Ich glaube, die können sich noch nicht vorstellen, was da auf uns zukommt.
Unkentorf ist das reinste Funkloch! Ich habe natürlich recherchiert. Es handelt sich um einen alten Gutshof, der früher als Internat genutzt wurde. Dann war er ein Schullandheim. Seit zwei Jahren gehört das Gut Evelyn Bertram. Sie ist eine alte Freundin von Mama und bietet Entschleunigung für Jugendliche an. Zwischen den Ferien kommen wohl ganze Schulklassen dorthin. Die Fotos im Flyer sehen nett aus: blühende Heide, ein Platz für Lagerfeuer, ein Teich, Hühner, Kaninchen und sogar Alpakas. Aber das sind alles nur Ausschnitte, die für das Programm werben.
Die Kommentare im Internet sprechen für sich. Analoger Albtraum und Ende der Welt gehörten noch zu den freundlichsten Bewertungen. In einem Zeitungsartikel habe ich gelesen, dass sich die Bewohner der Gegend schon lange einen Ausbau des Glasfasernetzes wünschen. In der Heide gibt es viele Funklöcher. Doch anscheinend ist das langsame Internet ein noch größeres Problem. Es reicht gerade, um ein paar Mails zu verschicken. Ich schätze, dass Mamas Freundin sich genau deshalb für den Standort entschieden hat. Da können die Schüler nicht mal eben auf der Suche nach WLAN ins nächste Dorf wandern und geschmuggelte Handys bringen auch nichts.
Ich muss Camilla wohl wieder eine Postkarte schicken. Im Schwarzwald habe ich das ja auch schon gemacht. Und Fotos mache ich mit Papas alter Kamera. Ich denke doch, dass das in Unkentorf erlaubt ist. Es ist so ein Teil, bei dem man noch einen Film reinlegen muss. Wenn man ein Foto gemacht hat, muss man den mit einem Rädchen ein Stück weiterdrehen. Später können die Bilder in einem Labor entwickelt werden.
Wir haben schon länger keinen Fall mehr übernommen. Aber vielleicht stolpern Franzi, Marie und ich ja auf Gut Unkentorf über ein Geheimnis. Eine Bekannte von Franzi hat so merkwürdige Andeutungen gemacht. Franzi wollte mit ihr sprechen, aber bislang hat es nie gepasst. Diese Darja ist unheimlich engagiert bei den Friends for Future und bereitet wohl eine große Demo vor. Ich hoffe, dass Franzi doch noch eine Gelegenheit findet, sie genauer zu befragen.
Am ersten Tag der Ferien lag ein Hauch von Sommer in der Luft. Im Zug bekam man davon jedoch nur wenig mit. In den kühlen Gängen roch es nach belegten Broten, Parfüm und alten Socken. Franzi schaute aus dem Fenster, wo sich inzwischen kleine Dörfer, Felder, Wiesen und Wälder abwechselten. Ihre Freundinnen waren ungewohnt still.
Marie hatte sich auf dem Bahnsteig nur schwer von Holger trennen können. Außerdem beschäftigte sie die Sache mit Oma Agnes. Zwei Tage vor der Abreise hatten die Grevenbroichs sich schweren Herzens entschieden, dass Oma Agnes nicht länger allein von Opa Herbert und dem Rest der Familie betreut werden konnte.
Woran Kim dachte, wusste Franzi nicht. Erst jetzt bemerkte sie, dass Kim deutlich weniger von sich erzählte als früher. Hin und wieder hatte sie von ihren Brüdern berichtet oder von Erlebnissen in der Schule. Treffen mit Camilla wurden nur am Rand erwähnt und von David redete sie kaum noch.
»Ich werde mich für Textildesign eintragen«, unterbrach Marie die lange Redepause. »Das ist einer der Kurse, die freiwillig sind.«
»Leider gilt das nicht für Yoga«, sagte Kim. »Und Wanderungen sind auch verpflichtend. Aber ich habe mir überlegt, dass Handlettering Spaß machen könnte.«
»Schicke Handschrift?«, fragte Franzi zweifelnd. »Das ist vermutlich nur etwas für Künstler und Tagebuchschreiber.«
»Du nimmst natürlich das Sportprogramm am Morgen«, vermutete Kim.
Franzi nickte. »Frühsport. Gleich fit in den Tag starten.«
Für den letzten Streckenabschnitt mussten sie in einen Regionalzug umsteigen. Die wenigen Waggons waren so gut wie leer. Im Großraumabteil saßen außer den drei Freundinnen nur noch ein Ehepaar mit Wanderstöcken und ein paar Jugendliche, die etwas älter waren als die drei !!!.