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Ihren Namen kennt jeder – doch nur wenige ahnen, welches Schicksal sich dahinter verbirgt: „Die Germanin“ von Robert Gordian als eBook bei dotbooks. Sie ist die Tochter des germanischen Fürsten Segestes und dazu vorbestimmt, einen römischen Adligen zu heiraten. Doch dann begegnet die junge Thusnelda dem Mann, der ihr Leben verändern soll: Arminius, wie sie vom Stamm der Cherusker. Obwohl er als Offizier in römischen Diensten steht, träumt Arminius davon, das Joch der Eroberer abzuschütteln. Bald schon muss sich Thusnelda entscheiden zwischen dem Gehorsam, den sie ihrem Vater schuldet, und den Gefühlen, die sie an den leidenschaftlichen Rebellen binden – und sie in größte Gefahr bringen… Die Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus hat Weltgeschichte geschrieben – kenntnisreich und mitreißend erzählt Robert Gordian nun von einer besonderen Frau, deren Schicksal untrennbar damit verbunden ist. Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Die Germanin“ von Robert Gordian. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 402
Über dieses Buch:
Sie ist die Tochter des germanischen Fürsten Segestes und dazu vorbestimmt, einen römischen Adligen zu heiraten. Doch dann begegnet die junge Thusnelda dem Mann, der ihr Leben verändern soll: Arminius, wie sie vom Stamm der Cherusker. Obwohl er als Offizier in römischen Diensten steht, träumt Arminius davon, das Joch der Eroberer abzuschütteln. Bald schon muss sich Thusnelda entscheiden zwischen dem Gehorsam, den sie ihrem Vater schuldet, und den Gefühlen, die sie an den leidenschaftlichen Rebellen binden – und sie in größte Gefahr bringen …
Die Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus hat Weltgeschichte geschrieben – kenntnisreich und mitreißend erzählt Robert Gordian nun von einer besonderen Frau, deren Schicksal untrennbar damit verbunden ist.
Über den Autor:
Robert Gordian, geboren 1938 in Oebisfelde, studierte Journalistik und Geschichte und arbeitete als Fernsehredakteur, Theaterdramaturg, Hörspiel- und TV-Autor, vorwiegend mit historischen Themen. Seit den neunziger Jahren verfasst er historische Romane und Erzählungen. Robert Gordian lebt in Eichwalde, einem Vorort Berlins.
Robert Gordian veröffentlichte bei dotbooks zahlreiche Romane und Serien; mehr Informationen über diese Werke finden Sie am Ende dieses eBooks.
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Neuausgabe Mai 2015
Copyright © der Originalausgabe 2009 by Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein
Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/cosma.
ISBN 978-3-95824-056-8
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Robert Gordian
Die Germanin
Roman
dotbooks.
Drusus lag im Sterben. Der Sturz von einem ungebärdigen Pferd, bei dem der junge Feldherr gegen einen Baum geprallt und auf einem spitzen Felsbrocken gelandet war, hatte so schwere Verletzungen zur Folge, dass er seitdem auf dem Krankenlager dahinsiechte. Mit ihren Versuchen, die gebrochenen und verrenkten Gliedmaßen zu richten, konnten die Ärzte dem Verunglückten nur schlimmere Qualen bereiten. Zerstörend und unaufhaltsam breitete sich der Wundbrand aus. Allein die starke Natur des Drusus verzögerte das Ende.
Das römische Heer, das nur noch die Hälfte seiner ursprünglichen Mannschaftsstärke hatte, rastete in einem Lager nahe des Flusses Visurgis, im Land der Cherusker, das als erobert galt. In dieser Herbstnacht des Jahres 744 ab urbe condita traf der neue Feldherr Tiberius ein. Mit einem Gewaltritt, nur in Begleitung eines einzigen Vertrauten, eines Galliers, hatte er den langen, unsicheren Weg vom Rhenus zurückgelegt. Er kam im letzten Augenblick, noch lebte sein Bruder.
Der begonnene Rückmarsch der Römer nach Westen war nach dem Unfall ein paar Tage fortgesetzt, dann aber unterbrochen worden – trotz seines hoffnungslosen Zustands wollte niemand die Verantwortung für den Tod des Drusus übernehmen, den die Beförderung auf einem ungefederten Trosswagen durch eine fast weglose, wüste Gegend ohne Zweifel beschleunigen musste. So hatten die höheren Offiziere beschlossen, an dieser Stelle, in deren Umgebung freundlich gesinnte Stämme siedelten, ein Lager zu errichten und die Ankunft eines neuen Befehlshabers abzuwarten. Noch am Tage des Unfalls waren Reiter mit der Unglücksbotschaft zum Rhenus aufgebrochen. Ein Sonderkurier der römischen Staatspost war über die Alpen nach Ticinum geeilt, wo sich der Caesar Augustus mit seiner Frau Livia, der Mutter des Verunglückten, und deren gerade vom pannonischen Kriegsschauplatz zurückgekehrten älteren Sohn Tiberius aufhielt. Dieser hatte sich unverzüglich auf den Weg gemacht.
Tiberius erschien so überraschend am Lagertor, dass es unmöglich war, die Mannschaft noch rechtzeitig zu seiner Begrüßung antreten zu lassen. Er hatte dafür auch keinen Sinn. Die im Prätorium versammelten Offiziere eilten ihm entgegen, doch er drückte nur jedem stumm und flüchtig die Hand und verlangte, zu seinem Bruder geführt zu werden. Drusus war nicht mehr bei Bewusstsein. Tiberius ließ sich neben seinem Lager nieder und hörte mit unbewegter Miene, nur knappe Fragen einwerfend, den Tribunen und den Ärzten zu, die den Unfall und ihre Maßnahmen schilderten. Ab und zu beugte er sich vor und versuchte, Worte zu verstehen, die die schon fast gelähmte Zunge formte und die keinen Sinn mehr ergaben. Er tauchte selbst die Kelle in den Krug, um dem Sterbenden Wasser einzuflößen. Das früher so hübsche, runde, frische Gesicht des Drusus war jetzt fahl und gealtert, entstellt von den furchtbaren Leiden, die der Unglückliche ertragen musste.
Im nur dürftig beleuchteten Vorzimmer des Prätoriums, eines hastig zusammengezimmerten flachen Holzbaus in der Mitte des Lagers, herrschte Gedränge. Die Offiziere standen in Gruppen beisammen und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen. Ein paar vornehme Römer, die das Heer als Gäste des Feldherrn begleiteten, saßen auf den Bänken längs der Wände. Auch germanische Stammesführer hatten sich eingefunden, unter ihnen Segestes und Segimer, die als Gaufürsten die prorömische Partei der Cherusker anführten. Der Letztere hatte zwei Söhne mitgebracht. Aneinander gedrängt schliefen die beiden Jungen in einer Ecke.
»Prächtige Bürschlein«, bemerkte Caecina, einer der Offiziere. »Wie alt sind sie?«
»Alt genug, um das Waffenhandwerk zu lernen«, erwiderte Segimer, ein untersetzter Glatzkopf im Bärenpelz, mit breiter Nase und struppigem Bart. Er blinzelte den Zenturio misstrauisch an.
»Dein Ältester kann wenig mehr als neun Jahre alt sein«, sagte der lange, hagere Segestes, der alle im Raum überragte. »Er wurde geboren, als wir das Fest der Nerthus feierten.«
»Das stimmt, aber das war vor zwölf Jahren.«
»Du irrst dich.«
»Wie sollte ich mich irren! Ich werde wohl wissen, wie alt meine Söhne sind. Der Zweite kam gleich danach, ein Jahr später.«
»Willst du sie wirklich schon zum Militärdienst anmelden?«
»Weshalb hätte ich sie sonst mitgebracht?«
Die beiden Germanen hatten den kurzen Wortwechsel in ihrer Sprache geführt, doch der Zenturio, der seit drei Jahren an Feldzügen gegen die Stämme rechts des Rhenus beteiligt war, hatte alles verstanden.
»Recht hast du«, sagte er zu dem Glatzkopf. »Die Legionen brauchen frisches Blut. Was kommt es da auf ein paar Jahre an. Die beiden sehen gesund und kräftig aus.«
»Mein Ältester hat schon einen Auerochsen erlegt«, sagte Segimer stolz.
»Wie heißt er?«
»Segifrit.«
»Und du? Hast du keine Söhne?«, fragte Caecina den Langen.
»Erst einen.« Segestes kraulte seinen Bart und grinste. »Aber heute Nacht kommt ein zweiter dazu.«
»Heute Nacht?«
»Vielleicht ist er schon da!«
Sie lachten, verstummten aber sogleich, denn missbilligende Blicke trafen sie.
Durch die schmale Türöffnung sahen sie das starre, strenge Gesicht des Tiberius im trüben Schein einer Öllampe.
»Jetzt wird es hier anders langgehen«, sagte Caecina leise auf Lateinisch, das wiederum die beiden Germanenführer recht gut beherrschten. »Der versteht keinen Spaß, er ähnelt seinem Bruder wie der Habicht dem Fasan. Ihr werdet das bald zu spüren bekommen. Schade um Drusus. Was für ein feiner Kerl! Wie fröhlich, wie leutselig. Mich, einen einfachen Zenturio, nannte er seinen Freund. Hätte ich ihn nicht aufgehalten, vor einem Monat ... vielleicht wäre dann alles nicht passiert. Doch ich war kleinmütig, dachte nur an meine eigene Haut.«
»Du konntest den Feuerkopf aufhalten?«, fragte Segestes.
»Er wollte über den Albis gehen.«
»Tatsächlich?« Segimer machte runde Augen und blähte die breiten Nasenflügel. »Über den Albis? Nach Osten – zu den Burgundern und Vandalen?«
»Da hätte er noch einen weiten Weg gehabt«, bemerkte Segestes, »und es erst einmal mit Semnonen und Langobarden zu tun bekommen. Das sind blutgierige Ungeheuer, schlimmer als Bären und Wölfe. Da wäre von euch nichts übrig geblieben.«
»Es tut mir gut, Cherusker, dass du das sagst.« Caecina warf seufzend einen Blick auf das Sterbelager. »So darf ich mich weniger schuldig fühlen. Vielleicht tat ich doch das Richtige, indem ich zum Rückzug riet. Jetzt kann ich ja darüber reden, denn es gereicht ihm zum Ruhm. Er wurde von der anderen Seite gewarnt. Aber das machte keinen Eindruck auf ihn ... einen, der zu siegen gewöhnt war. Er wollte sich nicht einschüchtern lassen.«
»Du sagst, er wurde gewarnt?«, mischte sich ein grauhaariger Kriegstribun mit silbernen Lanzen an der Brust ein, der in der Nähe stand und mit halbem Ohr zugehört hatte. »Das wusste ich gar nicht. Wer warnte ihn?«
»Eine Frau.«
»Eine Frau?«
»Wahrscheinlich eine von diesen Priesterinnen, die vorgeben, die Zukunft zu kennen. Ich war in der Nähe, aber gesehen habe ich sie nicht. Drusus war von ihr beeindruckt, wenn er auch nicht auf sie hören wollte. Vielleicht können diese Frauen wirklich das Schicksal voraussehen. Sie kündigte auch seinen baldigen Tod an.«
»Das tat sie? Wie eigenartig.«
»Nicht eigenartig«, widersprach Segestes. »Wenn eine Seherin etwas verkündet, kann man sich darauf verlassen, dass es eintrifft. Woher wüsste ich sonst, dass meine Frau heute Nacht einen Sohn zur Welt bringen wird?«
»Wart es ab, noch ist er nicht geboren«, bemerkte Segimer und warf einen zufriedenen Vaterblick auf seine beiden schlafenden Knaben.
»Vielleicht hatte ihn die Warnung doch erreicht«, sagte der Tribun. »Ich wunderte mich darüber, dass er den Brückenbau aufgab. Plötzlich ändert er seine Meinung, räumt ein, es sei zu früh, hinüberzugehen. Dass es diesseits des Albis noch zu viel zu tun gebe, dass ja von einer Provinz Germanien noch lange nicht die Rede sein könne.«
»Was werdet ihr jetzt machen?«, fragte Segimer, der die Gelegenheit nutzen wollte, einem hohen Offizier seine Besorgnisse vorzutragen. »Bei uns gibt es viele, die sagen, die Römer können sich hier nicht halten. Wie sollten sie sich auch in unseren Wäldern und Sümpfen zurechtfinden? Was suchen sie hier überhaupt? Hier gibt es doch nichts, was sie nicht schon haben! Sie kommen, schlagen Schlachten, setzen Siegeszeichen – und verschwinden. So als täten sie es zum Spaß, damit ihre Schwerter nicht rosten. Segestes und ich und ein paar andere ... wir stehen auf eurer Seite. Wir sind der Meinung, dass unser Leben besser wird, wenn wir mit euch gemeinsame Sache machen. Aber wir sind in der Minderheit. Die meisten wollen erst einmal abwarten, ob die Römer im nächsten Jahr wiederkommen.«
»Ja, und sie bereiten sich schon darauf vor, dann über uns herzufallen«, ergänzte Segestes halb ernsthaft, halb spöttisch. »Wir werden gut daran tun, unsere Wälle und Zäune zu erneuern.«
»Seid unbesorgt«, sagte der Tribun. »Wir kommen wieder und wir bleiben. Gibt es hier wirklich Leute, die glauben, das alles sei nur eine Übung, um die Legionen zu beschäftigen? Haben wir eine Flotte gebaut, damit wir über das Nordmeer in eure Flüsse einlaufen können? Haben wir einen Kanal gegraben, damit der Weg vom Rhenus zum Nordmeer verkürzt wird? Haben wir Straßen durch eure Wälder gezogen, Brücken geschlagen, Kastelle angelegt? Könnt ihr euch vorstellen, was das den römischen Staat gekostet hat? Glaubt ihr, dass der Caesar Augustus und der Senat das alles nur zum Vergnügen tun?«
Der Tribun, in Schwung geraten, wollte gerade weiter ausholen und den Germanenführern die Ziele der römischen Politik erläutern, als er unterbrochen wurde.
Der Befehlshaber der Torwache trat ein und sah sich um: »Heißt hier einer Segestes? Gibt es hier einen Mann, der Segestes heißt?«
»Den gibt es«, sagte der lange Cherusker und reckte den Hals. »Was willst du von mir?«
»Es ist jemand mit einer Botschaft für dich gekommen.«
»Wer ist es?«
»Weiß ich nicht. Frag ihn selbst. Er steht am Lagertor. Da ist er ja schon! Was fällt dir ein, Kerl? Ich hab dir befohlen, dort zu warten!«
Gleich hinter dem Torwächter war ein flinkes, spitznasiges Männlein im kurzen Wollkittel hereingekommen. Frech drängte es sich zu Segestes durch. Seine mit Butter gefetteten Haare strömten einen so scharfen, ranzigen Geruch aus, dass sich die Offiziere naserümpfend abwandten.
»Na, was bringst du mir, Brun?«, fragte Segestes, wobei er die Augen weit aufriss und die Arme vorstreckte, als wollte er etwas Wertvolles in Empfang nehmen. »Ist es so weit?«
»Es ist so weit!«, sprudelte das Männlein hervor, ohne sich um den Rüffel des Wächters zu kümmern. »Preise dich glücklich, Schwager, und danke den Göttern ... vor allem Frija, Wodans Gemahlin, der Hüterin des Herdes, Beschützerin der Gebärenden ...«
»Und? Und?«
»Sie hat meiner teuren Schwester die Gnade einer leichten Geburt gewährt. Deine Frau Male ist wohlauf! Sie steht schon wieder am Webstuhl.«
»Das freut mich«, sagte Segestes ungeduldig. »Und er?«
»Er?«
»Mein Sohn!«
»Dein Sohn? Oh, der hat sich beim Spielen mit einem Pfeil in den Finger geschnitten.«
»Du Tölpel, ich meine den Neugeborenen!«
»Du meinst das Kind, das dir Male geboren hat?«
»Ist er gesund? Ist er kräftig? Schreit er?«
»Es schreit. Aber es ist kein Sohn.«
»Kein Sohn?«
»Du hast eine Tochter, Segestes.«
»Eine Tochter ...?«
Der lange Cheruskerfürst beugte sich vor, als hätte er sich verhört. Einen Augenblick lang schwieg er betroffen, dann versetzte er Brun einen Schlag mit dem Handrücken.
»Du lügst doch! Spielst den Narren. Willst mich foppen!«
»Aber warum? Warum schlägst du mich? Ich sage die Wahrheit!«
»Die Seherin hat mir versichert, dass es ein Sohn wird. Und so muss es doch einer sein!«
»Wir dachten ja auch erst, es würde einer.«
»Was soll das heißen?«
»Nun ... als es den Kopf heraussteckte, aus der dunklen Höhle des Mutterleibs, so einen dicken roten Kopf ... da schrien wir alle: ›Ein Junge! Ein Junge!‹ Aber dann ... als es ganz heraus war ... es kam schnell und leicht, Frija sei nochmals Dank ... da ließ es sich nicht mehr verbergen ... Es war nur ... war leider ein Mädchen. Wir ahnten schon, dass du enttäuscht und zornig sein würdest.«
»Das verstehe ich nicht ... nein, ich verstehe es nicht«, murmelte Segestes und blickte sich um, als suchte er jemanden, der ihm dieses Unglück erklärte.
»Was gibt es daran nicht zu verstehen?«, fragte Segimer, der seine Genugtuung kaum verbergen konnte. »Du hast eben nur eine Tochter gezeugt. Das ist alles. Finde dich damit ab.«
Der rasche Wortwechsel war auf Diutisk, der Sprache der germanischen Stämme, geführt worden. Caecina übersetzte ihn dem Tribunen und den anderen Offizieren. Die Herren tauschten Blicke und lachten lautlos.
»Was ist nun, Segestes?«, fragte Brun. »Wirst du gleich mitkommen und deine Tochter vom Boden aufheben, damit sie ein Mitglied der Sippe wird?«
»Ich habe jetzt keine Zeit«, war die knurrige Antwort.
»Es ist aber notwendig. Wie steht meine Schwester da, wenn du das Kind nicht gleich aufhebst!«
»Vielleicht will er es nicht anerkennen«, stichelte Segimer und zwinkerte in die Runde. »Vielleicht will er es aussetzen.«
»Das habe ich nicht gesagt!«, wies ihn Segestes zurecht. »Mische dich nicht in meine Angelegenheiten.«
»Anerkennen musst du es«, sagte Brun vorwurfsvoll. »Es hat ja schon Nahrung aufgenommen. Hat an der Mutterbrust getrunken.«
»Ich werde kommen!«, fuhr Segestes ihn an, ärgerlich über die Zurechtweisung. »Es wird früh genug sein. Jetzt kann ich hier nicht fort.«
»Wie weit ist es denn bis zu deinem Anwesen?«, fragte eine Stimme im schummrigen Hintergrund des Raumes.
»Zwei Meilen«, erwiderte Segestes, ohne sich nach dem Sprecher umzudrehen.
»Dann geh nur und heb deine Tochter auf. Vielleicht wird sie später einmal einen Römer heiraten. So etwas wünschen wir uns doch für die Zukunft.«
In diesem Augenblick wichen schon alle zurück, denn es war Tiberius selbst, der gesprochen hatte.
Er war unbemerkt hereingekommen.
Er trat in die Mitte und stand eine Weile schweigend da, sehr groß und hoch aufgerichtet, den Kopf ein wenig gesenkt, die Augen fast geschlossen. Die Männer starrten auf das kantige Kinn, die scharfe Nase, das tief in den Nacken wachsende blonde Haar des Dreiunddreißigjährigen. Sie sahen, wie sich der Kehlkopf auf und ab bewegte im Kampf gegen ein Schluchzen, das hervorbrechen wollte.
Schließlich gelang es Tiberius, die Tränen zu unterdrücken und seiner Stimme so viel Festigkeit zu geben, dass er wie ein Feldherr sprechen konnte, der seine Anordnungen trifft.
»Mein Bruder ist tot«, sagte er. »Das Römische Reich und die Menschheit haben einen schweren Verlust erlitten. Man wird seine Asche zum Rhenus tragen. Von dort wird sie nach Italien gebracht, damit Drusus an der Seite seiner Ahnen bestattet werden kann.«
»In jener Nacht erfuhr ich also, dass Seherinnen nicht unfehlbar sind. Die eine erkannte die Wahrheit – sie sagte den Tod des Drusus voraus. Die andere irrte sich. Sie verhieß mir einen Sohn und ich bekam eine Tochter. Glücklich war ich darüber nicht, das gebe ich zu, denn ich beneidete Segimer um seine Söhne. Inzwischen bin ich sehr froh darüber. Denn du, mein Töchterchen, bist mir wertvoller, als es ein Sohn sein könnte. Du willst deinem Vater doch gern gehorchen und ihm Freude bereiten?«
»Oh ja! Das will ich!«
Segestes saß mit seiner Tochter im Schatten am Eingang einer Höhle. Diese befand sich an der steilen Rückwand des Hügels, auf dem der Wehrhof lag. Von hier aus konnten sie weit ins Land blicken, über bewaldete Anhöhen, abgeerntete Felder und die Weiler des Cheruskergaus. Es war ein heißer Tag im Juli, und der kleine Vorplatz der Höhle lag im grellen Sonnenlicht. Segestes, die Ellbogen auf den spitzen Knien, hockte auf dem Boden, zupfte an seinem Bart, sprach langsam, bedächtig, jedes Wort wägend. Seine Tochter, im kurzen Wollröckchen, kauerte mit angezogenen Beinen an der gegenüberliegenden Wand, die Augen weit offen – gespannt, verwirrt.
Zum ersten Mal in ihrem Leben führte der Vater ein langes Gespräch mit ihr.
»So war es damals«, fuhr er fort, »und seitdem halte ich nicht mehr so viel von den Seherinnen, die vielleicht nur durch Zufall die Wahrheit treffen. Ich verlasse mich lieber auf meine Erfahrung und meinen Verstand. Und auch auf mein gutes Gedächtnis. In jener Nacht – ich meine also die Nacht, in der du geboren wurdest, vor dreizehn Jahren – da wurde mir noch etwas anderes vorhergesagt ... etwas, das ich gern hörte. In Erfüllung gegangen ist es noch nicht, doch nur, weil die Zeit dazu noch nicht reif ist. Das kann sich aber bald ändern ... sehr bald, in den nächsten Tagen schon. Ob es tatsächlich in Erfüllung geht, wird von dir abhängen, Töchterchen. Meine Nelda wird alles dafür tun, hoffe ich, dass diese schöne Vorhersage eintrifft.«
»Ich werde tun, was ich vermag, Vater«, sagte sie leise. »Aber was ist es?«
»Ich erkläre es dir. Du warst also gerade geboren, als sich bereits ein großer Mann Gedanken über deine Zukunft machte. Und weißt du, wer das war? Kein Geringerer als Tiberius Claudius Nero, von dem heute alle sagen, dass er dem alten Caesar Augustus bald nachfolgen wird. Als er erfuhr, dass ich eine Tochter bekommen hatte, sprach er: ›Behüte sie, ziehe sie auf und sorge dafür, dass sie eine gute Bildung erhält, denn sie wird einmal einen Römer heiraten.‹ Genau das waren seine Worte. Nun weißt du, was dir bestimmt ist.«
»Ich soll heiraten? Einen Römer?«, fragte sie betroffen, wobei sie sich mit einer raschen Bewegung eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
»Natürlich nicht irgendeinen Römer«, versicherte er. »Keinen groben Hundertschaftsführer, keinen Baumeister oder Kaufmann und schon gar keinen schmutzigen Sklavenhändler. Tiberius meinte einen Römer von seinem Stande, der ja dem unseren entspricht. Denn auch wir stammen von unseren Göttern ab und unser Adel ist nicht schlechter als der ihrige. Ich gehe sogar noch weiter: Er meinte einen Römer aus seiner eigenen Familie, den Juliern und Claudiern. Wir werden also, wenn alles so eintrifft, mit den höchsten römischen Adligen und Würdenträgern verwandt sein.«
»Aber, Vater ... wie ... wie sollte denn das geschehen?«, fragte die Tochter mit stockender Stimme. »Niemand kennt mich, es weiß doch niemand von mir. Es hat sich noch keiner um mich bemüht.«
»Das wird sich ändern. Wie ich sagte, schon in den nächsten Tagen. Wir bereiten ein Fest vor. Nelda, mein Kind, ich habe eine Botschaft erhalten. Von meinem Freund Caecina, der jetzt Kommandant der Festung Aliso ist. Er kündigt mir hohen Besuch an. Die alten Verträge müssen erneuert werden. Und weil die Cherusker mich auf dem Thing beauftragt haben, unsere Angelegenheiten mit den Römern zu regeln, wird das hier geschehen, auf meinem Hof. Tiberius selbst wird dazu hierherkommen! Er war lange fort, irgendwo auf einer griechischen Insel, um Studien zu treiben. Nun ist er zurück und hat wieder das Oberkommando über die Rhenus-Armee. Er wird uns aber nicht allein besuchen, meine Nelda, er bringt seine Söhne mit. Was sagst du dazu?«
»Ich wusste nicht, dass er Söhne hat. Ich weiß gar nichts, Vater! Ich habe Angst.«
»Warum denn? Es sollen höfliche und gebildete junge Männer sein, nicht solche dummen Rüpel wie dein Vetter Segithank oder andere aus unserer Sippe. Der Ältere ist neunzehn Jahre alt. Übrigens ist er nicht der leibliche Sohn des Tiberius, er wurde von ihm adoptiert. Sein Vater war Drusus, der, von dem ich gerade sprach, der hier in der Nähe starb. Für seine Verdienste erhielt er nach seinem Tode die höchsten Auszeichnungen, darunter den Ehrennamen ›Germanicus‹, weil er so viele unserer Stämme besiegt hatte. Der Name soll nun in seiner Familie erblich sein. Der junge Mann heißt eigentlich Gaius, aber alle rufen ihn schon Germanicus. Wie man hört, ist er sehr begabt, für die höchsten Ämter geeignet. Der andere ist ein Jahr jünger, erst achtzehn. Er ist der Sohn aus der ersten Ehe des Tiberius und heißt Drusus wie sein verstorbener Onkel. Er soll sehr stark sein, wenn auch nicht ganz so begabt wie der andere, und ein guter Reiter und Fechter. Bei unseren Waffenspielen werden wir es sehen. Er wird sich nicht lange nötigen lassen und mitmachen. Die beiden werden dir gefallen und ich hoffe, dass du Eindruck auf sie machen wirst.«
»Aber was soll ich denn tun?«, entgegnete sie verzagt. »Sie werden mich nicht beachten. So hässlich und unscheinbar, wie ich bin.«
»Du und hässlich! Wenn du auch noch sehr jung bist und etwas Zeit brauchst, hast du doch schon sehr viel vorzuweisen. Vor allem hast du bei Priscus eine ausgezeichnete Bildung genossen. Es war nützlich, dass du immer dabei warst, wenn er deinen Bruder unterrichtete. Priscus sagt, du sprichst schon fast so gut Latein wie er. Und sogar etwas Griechisch hat er dir beigebracht. Du kennst viele alte Geschichten von ihren Göttern und Helden ... Jupiter, Herkules und wie sie sonst heißen. Unterhalte dich mit den jungen Männern darüber. Zeig ihnen, dass du genauso viel weißt wie die jungen Mädchen in Rom. Vor allem musst du natürlich ihrem Vater gefallen, einem sehr strengen Mann. Deshalb halte ich es für notwendig, dass du ihn und die anderen Gäste begrüßt. Hast du die Verse gelernt, mit denen der Dichter den Caesar Augustus rühmt und die Siege des Tiberius feiert?«
»Ja, Vater.«
»Du wirst großen Erfolg haben, wenn du sie vorträgst. So etwas werden sie nicht erwarten. Sie werden staunen, im tiefsten Germanien ein solches Juwel vorzufinden.«
»Ach, sie werden sich nur über mich lustig machen.«
»Im Gegenteil. Vielleicht bewirbt sich gleich einer um dich. Auch bei ihnen in Italien werden die Mädchen sehr jung verheiratet. Du wirst in einem Palast leben, seidene Kleider tragen und hundert Sklavinnen haben. Du wirst der Liebling deines Schwiegervaters Tiberius sein. Täglich wirst du den Caesar Augustus sehen und ab und zu wird er auch mich empfangen und mich vor den anderen Stammesfürsten auszeichnen. Was gibt es denn, Brun?«
Zwei Männer waren am Eingang der Höhle aufgetaucht. Sie waren den kurzen, steilen Weg aus dem Tal heraufgestiegen und noch ein wenig außer Atem. Brun, dessen Haar fast ergraut, aber auch jetzt mit Butter gefettet war, hatte ein Festgewand mit gestickten Borten angelegt, seine Hosenbeine mit blauen Wadenbändern umwickelt und sich mit Armringen und einer silbernen Gürtelschnalle geschmückt. Der zweite Mann, gebeugt und weißhaarig, war der Grammaticus Priscus, ein Grieche von Geburt, den Segestes vor einigen Jahren zur Unterrichtung seines Sohnes aus Mogontiacum mitgebracht hatte. Er trug nur eine einfache, schon recht fadenscheinige Tunika, schleppte Buchrollen und eine Wachstafel mit sich und ließ sich erschöpft auf den Boden fallen.
Brun, der eine wichtige Nachricht zu überbringen hatte, pflanzte sich vor Segestes auf, reckte seine spitze Nase und verkündete: »Du wirst dringend erwartet, Schwager! Die ersten Gäste sind eingetroffen. Du musst sie begrüßen!«
Der hochgewachsene Segestes sprang so rasch und unbedacht auf, dass er gerade noch verhindern konnte, seinen Kopf an der niedrigen Wölbung des Höhleneingangs zu stoßen.
»Wie? Tiberius selbst? Aber er ließ mir melden, dass er erst in ein paar Tagen ...«
»Es ist nicht Tiberius, aber auch ein wichtiger Gast.«
»Wer denn?«
»Dein Vetter Segimer.«
»Ah, der«, Segestes seufzte, ließ sich wieder an der Höhlenwand nieder und schlug ärgerlich nach einer Mücke an seinem Hals. »Er soll warten. Warum störst du mich seinetwegen? Ich habe mich zurückgezogen, um in Ruhe etwas mit meiner Tochter zu besprechen. Außerdem ist er nicht mein Vetter. Wie oft soll ich dir das noch erklären? Seine Sippe ist nur entfernt mit der unseren verwandt. Er ist ein Großneffe meiner Urgroßmutter, ihre Schwester wurde mit einem von denen verheiratet.«
»Er ist mit großem Gefolge gekommen«, sagte Brun. »Sogar mit einer römischen Truppe. Es sind fast fünfzig Mann. Hoffentlich fressen die nicht alles kahl, bevor das Fest überhaupt beginnt. Ich als Ordner des Festes mache mir Sorgen.«
»Er wird von einer römischen Truppe begleitet?«, fragte Segestes mit ungläubiger Miene.
»So ist es.« Brun genoss die Verblüffung des Schwagers. »Fünfzig Mann von den Auxilien, viele Cherusker, aber auch Chatten und Hermunduren. Wie das blinkt und blitzt: die Helme, Schilde und Lanzen. Den Frauen und Jungfrauen fallen die Augen heraus. Eine stramme Truppe, das muss man sagen. Weißt du, wer sie befehligt?«
»Wer?«
»Der älteste Sohn von Segimer.«
»Was?«
»Er ist es. Er kommt aus Noricum oder Pannonien. Jetzt leistet er Dienst in der Rhenus-Armee.«
»Ist es wirklich der ... der ... wie war sein Name?«
»Segifrit. Aber er nennt sich jetzt anders. Als ich ihn ansprach, bat er mich, ihn nur bei seinem neuen Namen zu nennen. Den haben ihm seine Vorgesetzten gegeben, weil sie ihn besser aussprechen können.«
»Und?«
»Arminius.«
»Arminius? Einen solchen Namen hab ich noch nie gehört. Arminius«, wiederholte Segestes verdrossen.
»Vielleicht kann Priscus erklären, was der Name bedeutet«, warf Nelda vorsichtig ein. »Er weiß doch alles.«
»Oh, ich bedaure«, sagte der alte Gelehrte verlegen lächelnd, als wollte er sich entschuldigen. »Auch ich weiß von niemandem, der je diesen Namen getragen hat. Arminius? Vielleicht Armenius ... jemand, der in Armenien mit Auszeichnung diente.«
»Lassen wir das«, unterbrach ihn Segestes unwirsch. »Er ist also zurück. Gehört er zum Gefolge des Statthalters? Warum ist er dann aber schon hier?«
»Er gehört zum Gefolge«, sagte Brun mit wichtiger Miene. Sein mächtiger Schwager herrschte ihn häufig grob an und hörte ihm nie zu. Jetzt genoss er es, ihm etwas erklären zu können. »Er ist mit seinem Trupp gewissermaßen die Vorhut. Tiberius hatte ihm erlaubt, seine Eltern zu besuchen. Da sich sein Vater Segimer wegen der Verträge hierher begeben muss, begleitete ihn Arminius mit seinen Leuten. Er wird aber wieder abziehen, hoffentlich heute noch. Unten im Tal soll er ein Lager errichten und alles vorbereiten für die Ankunft des Feldherrn. Und dann wird er ihm in den Krieg gegen die Semnonen folgen. Habe ich schon erwähnt, dass auch sein jüngerer Bruder dabei ist? Der hat auch schon einen Rang und ebenfalls seinen Namen geändert, sie rufen ihn einfach nur ›Flavus‹, den Blonden. Segimer ist mächtig stolz auf die beiden. Ich muss sagen, er hat Grund dazu. Es sind stattliche Burschen, besonders der Ältere. Segimer sagt, dass ihn Tiberius sehr schätzt und dass er bald höher steigen wird. Dann wird er wohl einen Manipel befehligen oder sogar eine Kohorte. So weit hat es noch keiner unserer Männer gebracht.«
»Was faselst du da, Schwachkopf?«, fuhr Segestes den Schwager an. »Manipel! Kohorte! Und der Sohn deiner Schwester, mein Sohn? Er wird Priester am Altar des Augustus in der Ubierstadt. Das ist wohl nichts, wie? Dazu braucht man Weisheit und Bildung und man wird in Geheimnisse eingeweiht. Habe ich Recht, Alter?«
»Zweifellos«, antwortete der Grieche beflissen.
»Nur wer die höchste Gunst genießt, bringt es zu einer solchen Vertrauensstellung. Was ist dagegen einer, der einen Haufen roher Chatten und Hermunduren befehligt, wenn auch unter römischen Feldzeichen!«
Segestes erhob sich ächzend und trat hinaus auf den Vorplatz der Höhle. Er hakte die Daumen hinter den Gürtel und blickte mit finsterer Miene auf die vom Sonnenlicht beschienene Landschaft.
»So ist das also«, sagte er nach einer Weile wie zu sich selbst. »Wer verstünde das nicht? Schlau ist dieser Segimer, schlau war er schon, als er die beiden hergab, obwohl sie noch Kinder waren. Er will herrschen, sich alle Cheruskergaue untertan machen ... und vielleicht noch viel mehr. Irgendwann werden die Römer hier einen von uns als Statthalter oder vielleicht sogar als König einsetzen, so wie sie es da unten im Osten, in Judäa, getan haben. Wen werden sie wählen? Er bringt seine Söhne mit, römische Offiziere, sie sollen an seiner Seite stehen, wenn er die neuen Verträge beeidet. Da seht ihr, auf wen ihr bauen könnt, in eurer Provinz Germanien. Auf mich! Und meine Nachfolger stehen auch schon bereit. Dass ihn Donars Hammer zerschmettere! Aber ich muss ihn begrüßen.«
Er senkte die Stirn, als ginge es in einen Kampf, und begann, den steilen Pfad hinabzusteigen.
»Vater!«, rief Nelda. »Darf ich mitkommen?«
»Nein!«, war die schroffe Antwort.
»Warum nicht? Du hast doch gesagt, auch ich soll die Gäste begrüßen.«
»Diese nicht!«
Er drehte sich noch einmal um und sagte zu Priscus: »Das Gedicht, du weißt schon, nimm es noch einmal mit ihr durch. Damit sie Ehre für mich einlegt.«
Der Alte erhob sich und wollte zum Zeichen seines Gehorsams eine Verbeugung machen, aber Segestes war schon hinter den Büschen am Höhleneingang verschwunden. Brun beeilte sich, ihm zu folgen.
»Damit sie Ehre für mich einlegt.«
Nelda wiederholte die Worte schmollend.
Plötzlich sprang sie auf, stampfte mit dem Fuß auf und ballte die Fäuste.
»Ich hab aber keine Lust dazu.«
»Wenn es dein Vater, unser Herr, doch aber so wünscht«, sagte der Grieche mit einem besänftigenden Lächeln.
»Er will, dass ich einen Römer heirate. Er will mich loswerden und in die Fremde schicken.« Sie stürzte neben ihm auf die Knie und brach in Tränen aus. »Ach, Priscus, mein guter, guter Priscus, ich will noch nicht heiraten. Auch Kinder will ich nicht bekommen.«
»Nun, nun, beruhige dich.« Der Alte strich ihr über das Haar. »Du bist ja noch viel zu jung, das hat Zeit.«
Im Laufe der Jahre hatte sich zwischen Nelda und dem greisen Lehrer ein vertrautes, fast liebevolles Verhältnis entwickelt. Segestes hatte den Griechen vor geraumer Zeit von einer Reise an den Rhenus mitgebracht, damit er seinen Sohn Segimund unterrichtete. Nelda, damals erst acht oder neun Jahre alt, hatte anfangs manchmal neugierig zugehört. Es war nicht üblich, dass Mädchen irgendetwas lernten, was sie nicht als Hausfrauen brauchen würden. Bald aber hielt auch sie eine Schreibtafel und einen Griffel in den Händen und ritzte lateinische Buchstaben in das Wachs. Alsbald stellte sich heraus, dass sie, obwohl einige Jahre jünger, vieles schneller begriff als ihr bemühter, aber schwerfälliger Bruder. Es fiel ihr leichter, Verse auswendig zu lernen und eine Geschichte, die der Lehrer erzählte, am nächsten Tag wiederzugeben. Während Segimund gehorsam und gleichgültig seine Aufgaben machte und nach dem Unterricht rasch verschwand, um Vögel und Fische zu fangen, wich seine Schwester dem alten Griechen meist nicht von der Seite und stellte ihm Fragen. Das freute ihn und er war gern bereit, seine Schätze vor ihr auszubreiten. Nelda wurde nicht müde zu lauschen und wollte alles über Herakles und Deianeira, Orpheus und Eurydike, Medea und Jason, Helena und Paris, Hektor, Kassandra, Orestes, Elektra, Odysseus, Penelope, die Zauberin Kirke und die Sirenen wissen. Von der Mythologie war es nur ein kurzer Weg zur Geschichte: zu Perikles, Alkibiades, Themistokles, Alexander, Hannibal, Caesar. Manchmal brachte Nelda den alten Lehrer in Verlegenheit, wenn sie hartnäckig nach den Frauen fragte, die die Mütter der großen Männer waren oder die mit ihnen gelebt hatten. Dann musste er in den letzten Winkeln seines Gedächtnisses graben, damit auch Aspasia, Olympias, Roxane und Aurelia zu ihrem Recht kamen. Von der dämonischen Kleopatra wusste er ausführlich zu berichten und Nelda ergriff entschieden Partei für die unglückliche, verlassene Octavia. Oft erstaunte ihn, wie anders die Heranwachsende Dinge beurteilte, die sein nüchterner Gelehrtenverstand für klar und bewiesen hielt. Dann stritten sie und er musste auf der Hut sein, dass sie ihn nicht mit ihrer kindlich weiblichen Logik bloßstellte. Sie hatte sogar rhetorisches Talent, im Gegensatz zu ihrem Bruder, der in diesem Fach oft an den einfachsten Aufgaben scheiterte.
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