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Es ist schön, wenn ein schöner Geist sich selbst anlächelt, und der Augenblick, in welchem eine große Natur sich mit Ruhe und Ernst betrachtet, ist ein erhabener Augenblick. Aber das Höchste ist, wenn zwei Freunde zugleich ihr Heiligstes in der Seele des Andern klar und vollständig erblicken, und ihres Wertes gemeinschaftlich froh ihre Schranken nur durch die Ergänzung des Andern fühlen dürfen. Es ist die intellektuale Anschauung der Freundschaft. (Friedrich Schlegel)
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Seitenzahl: 60
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Die Liebe sei euer Weg und Ziel.1
Stufen der Freundschaft
Unterschiedliche biographische Hintergründe
Der Beginn der eigentlichen Freundschaft
Verwandlungen
Auf dem Weg zu gemeinschaftlichem Wirken
Apotheose
Literaturverzeichnis und Anmerkungen
Es ist schön, wenn ein schöner Geist sich selbst anlächelt, und der Augenblick, in welchem eine große Natur sich mit Ruhe und Ernst betrachtet, ist ein erhabener Augenblick. Aber das Höchste ist, wenn zwei Freunde zugleich ihr Heiligstes in der Seele des Andern klar und vollständig erblicken, und ihres Wertes gemeinschaftlich froh ihre Schranken nur durch die Ergänzung des Andern fühlen dürfen. Es ist die intellektuale Anschauung der Freundschaft. (Friedrich Schlegel) 2
Betrachtet man das Zusammenwirken von Friedrich Schlegel und Friedrich von Hardenberg, so kann man nur darüber staunen, wie vollständig sich diese beiden Geister ergänzten. Es ist die denkbar größte Wertschätzung, die sie einander entgegenbringen, das höchste Freiheitsempfinden für den anderen, dem man hier begegnen kann. Gerade in den späteren Jahren dieser Freundschaft drängt sich zuweilen der Eindruck auf, als stünden einander nicht zwei getrennte Persönlichkeiten gegenüber, sondern als hätte man es mit einer einheitlichen Wesenheit zu tun. So vollständig ist die gegenseitige Durchdringung, so tief das Verständnis füreinander.
Um sich zu solchen Höhen erheben zu können, musste diese Freundschaftsbeziehung allerdings mehrere Stufen durchlaufen.
Zunächst war es Friedrich Schlegel, der auf Hardenberg aufmerksam wurde. Im Januar 1792 schrieb der Student der Rechtswissenschaften in Leipzig an seinen Bruder August Wilhelm über seinen Kommilitonen:
Von einem muß ich doch erzählen: Das Schicksal hat einen jungen Mann in meine Hand gegeben, aus dem Alles werden kann. – Er gefiel mir sehr wohl und ich kam ihm entgegen; da er mir denn bald das Heiligtum seines Herzens weit öffnete. Darin habe ich nun meinen Sitz aufgeschlagen und forsche. – Ein noch sehr junger Mensch – von schlanker guter Bildung, sehr feinem Gesicht mit schwarzen Augen, von herrlichem Ausdruck wenn er mit Feuer von etwas Schönem redet – unbeschreiblich viel Feuer – er redet dreimal schneller wie wir andre – die schnellste Fassungskraft und Empfänglichkeit. Das Studium der Philosophie hat ihm üppige Leichtigkeit gegeben, schöne philosophische Gedanken zu bilden – er geht nicht auf das Wahre sondern auf das Schöne – seine Lieblingsschriftsteller sind Plato und Hemsterhuys – mit wildem Feuer trug er mir einen der ersten Abende seine Meinung vor – es sei gar nichts Böses in der Welt – und alles nahe sich wieder dem goldenen Zeitalter. Nie sah ich so die Heiterkeit der Jugend. Seine Empfindung hat eine gewisse Keuschheit die ihren Grund in der Seele hat, nicht in Unerfahrenheit. Denn er ist schon sehr viel in Gesellschaft gewesen (er wird gleich mit jedermann bekannt) ein Jahr in Jena wo er die schönen Geister und Philosophen wohl gekannt, besonders Schiller. Doch ist er auch in Jena ganz Student gewesen, und hat sich wie ich höre oft geschlagen. – Er ist sehr fröhlich, sehr weich und nimmt für itzt noch jede Form an, die ihm aufgedrückt wird. –
Die schöne Heiterkeit seines Geistes drückt er selbst am besten aus da er in einem Gedichte sagt „die Natur hätte ihm gegeben immer freundlich himmelwärts zu schauen“. Dieses Gedicht ist ein Sonett welches er an Dich gemacht, weil er Deine Gedichte sehr liebt. – Es ist aber schon vor einigen Jahren gemacht – und Du mußt sein Talent nicht danach beurteilen. – Ich habe seine Werke durchgesehn: die äußerste Unreife der Sprache und Versification, ständige unruhige Abschweifungen von dem eigentlichen Gegenstand, zu großes Maß der Länge, und (üppiger) Überfluß an halbvollendeten Bildern, so wie beim Übergang des Chaos in Welt nach dem Ovid – verhindern mich nicht das in ihm zu wittern, was den guten, vielleicht den großen lyrischen Dichter machen kann – eine originelle und schöne Empfindungsweise, und Empfänglichkeit für alle Töne der Empfindung – Im Merkur April 1791 stehn Klagen eines Jünglings von ihm. Die Sonette hat er mir versprochen und kann ich sie vielleicht beilegen. Sein Name ist von Hardenberg.
Das Verhältnis mit einem jüngern als ich, gewährt mir eine neue Wollust, der ich mich überlassen.3
Es ist bezeichnend für Hardenbergs Wirkung, dass der am 10. März 1772 geborene Friedrich Schlegel den am 2. Mai desselben Jahres Geborenen als jünger empfand. Ohne Zweifel war es zum damaligen Zeitpunkt alles andere als leicht, in Friedrich von Hardenberg den Dichter Novalis zu sehen, zu dem er wenige Jahre später wurde. Dazu war an ihm noch nichts von jener Charaktertiefe zu erkennen, die ihn dann auszeichnen sollte.
Gerade aus diesem Grunde ist es erstaunlich, welch feines Gespür Friedrich Schlegel bereits zum damaligen Zeitpunkt für die Seelenartung des Jüngeren zeigte. War er jedoch zunächst der Meinung, er könne Hardenberg vollständig an sich fesseln, so musste er seinem Bruder bereits am 11. Februar 1792 berichten:
Anfangs war ich Willens ihn ganz an mich zu ziehen; ich glaubte ihm dann sehr viel nützen zu können. Ihn zu beherrschen ist zwar nicht schwer; aber seine grenzenlose Flüchtigkeit zu fesseln, würde vielleicht einmal selbst einem Weibe schwer werden. – Dies ist eins; und dann halte ich es auch itzt besser ihn im ganzen so gehen zu lassen; ich freue mich über ihn, und nur selten rege ich etwas an in seiner Seele. Es kann alles aus ihm werden – aber auch nichts.4
Der tiefe Eindruck, den Hardenberg auf Schlegel machte, war allerdings kein beiderseitiger. Hardenberg wusste offenbar ebenso wenig, was er mit Friedrich Schlegel anfangen sollte, wie ihm eine Empfindung für seine eigene Natur gegeben war. Er scheint noch in einer Traumwelt gefangen gewesen zu sein. Und so kann es nicht verwundern, wenn es nicht lange nach dem ersten Kennenlernen bereits zum vorläufigen Bruch der Freundschaft kam, wie Friedrich Schlegel seinem Bruder am 21. November 1792 berichtet:
Sonst ist es mit allem Umgang, der noch etwas wert war, aus. Des Besten nicht zu gedenken, so ist die kleine Freude mit Hardenberg geendigt. Um bei ihm so wahr sein zu dürfen, als ich war (ich kann Dolche reden), hätte ich mehr Schmeicheleien lügen müssen. Eitelkeit wegen meiner Meinung von seinen Talenten, und manches gleiche Interesse zog ihn nach häufigen kurzen Entfernungen immer wieder an mich, aber endlich beredete ihn doch beleidigte Eitelkeit, mein Benehmen sei hämische Tadelsucht, und unsinniger Stolz; er hielt mich für gefühllos und fing an mir nicht zu trauen. Auch sah ich immer deutlicher, daß er der Freundschaft nicht fähig, und in seiner Seele nichts als Eigennutz und Phantasterei sei. Ich sagte ihm einmal: „Sie sind mir bald liebenswürdig, bald verächtlich“. Dazu kam – er hatte in pöbelhafter Lustigkeit schon einigemal meine Empfindlichkeit auf eine gewisse Art gereizt; endlich einmal brach ich trocken ab, mit Hindeutung auf ein Duell, obgleich er nichts gesagt, was einer Sottise entfernt ähnlich gewesen. Obgleich ich damals wirklich – das erstemal in meinem Leben – im Zorn war, so würde ich doch noch itzt eben so handeln. Von da erlosch sein Zutrauen, und meine Neigung für immer. Er war mir doch etwas wert – ich wollte ihm so gern nützen, und auch gegen seinen Willen ist es doch wohl geschehen – er hatte Interesse für mich und meine Eigentümlichkeiten