Die Katze, die Leim schnüffelte - Band 8 - Lilian Jackson Braun - E-Book
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Die Katze, die Leim schnüffelte - Band 8 E-Book

Lilian Jackson Braun

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Beschreibung

Eine Samtpfote mit ausgezeichneter Spürnase: „Die Katze, die Leim schnüffelte“ von Erfolgsautorin Lilian Jackson Braun jetzt als eBook bei dotbooks. Eigentlich ist die Kleinstadt, in der Jim Qwilleran mit seinen Siamkatzen Koko und Yum Yum wohnt, ein verschlafenes Nest. Deswegen hat sich der Journalist auch dem örtlichen Theaterclub angeschlossen: Die Proben bringen Abwechslung in seinen beschaulichen Alltag. Doch als einer der Schauspieler tot aufgefunden wird, ist es mit der Ruhe ganz schnell vorbei! Wer hat Harley Fitch, den stellvertretenden Bankdirektor, ermordet? Die Polizei verdächtigt eine Gruppe Rowdys – nur Jim glaubt an die Unschuld der Jugendlichen. Seine Vermutung scheint sich zu bestätigen, als der clevere Koko anfängt, in verborgenen Ecken der Fitch-Villa herumzuschnüffeln … „Eine unkonventionelle Serie mit einer gehörigen Portion Charme!“ The Baltimore Sun Die Krimi-Serie mit Suchtpotenzial! Der achte Fall für Reporter Jim und Siamkater Koko – jetzt als eBook kaufen und genießen: „Die Katze, die Leim schnüffelte“ von Lilian Jackson Braun. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 284

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Über dieses Buch:

Eigentlich ist die Kleinstadt, in der Jim Qwilleran mit seinen Siamkatzen Koko und Yum Yum wohnt, ein verschlafenes Nest. Deswegen hat sich der Journalist auch dem örtlichen Theaterclub angeschlossen: Die Proben bringen Abwechslung in seinen beschaulichen Alltag. Doch als einer der Schauspieler tot aufgefunden wird, ist es mit der Ruhe ganz schnell vorbei! Wer hat Harley Fitch, den stellvertretenden Bankdirektor, ermordet? Die Polizei verdächtigt eine Gruppe Rowdys – nur Jim glaubt an die Unschuld der Jugendlichen. Seine Vermutung scheint sich zu bestätigen, als der clevere Koko anfängt, in verborgenen Ecken der Fitch-Villa herumzuschnüffeln …

»Eine unkonventionelle Serie mit einer gehörigen Portion Charme!« The Baltimore Sun

Über die Autorin:

Lilian Jackson Braun (1913–2011) wurde in Massachusetts geboren. Nach der Highschool arbeitete sie als Journalistin und in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihre Katzenkrimis wurden in 16 Sprachen übersetzt und standen regelmäßig auf der »New York Times«-Bestsellerliste.

Bei dotbooks erscheinen alle Bände der Erfolgsserie. Eine vollständige Übersicht finden Sie am Ende dieses eBooks.

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eBook-Neuausgabe August 2016

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1988 Lilian Jackson Braun

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1987 unter dem Titel »The Cat Who Sniffed Glue«.

Copyright © der deutschen Ausgabe 1993 Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Forewer und Maris Kiselov

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-827-4

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Lilian Jackson Braun

Die Katze, die Leim schnüffelte

Kriminalroman

Aus dem Amerikanischen von Christine Pavesicz

dotbooks.

Prolog

Ja, es gibt ihn wirklich, den Bezirk namens Moose County, vierhundert Meilen nördlich vom Rest der Welt. Bezirksstadt ist Pickax City mit dreitausend Einwohnern.

Einen Hilfskellner namens Derek Cuttlebrink gibt es ebenfalls. Und auch einen Barkeeper, der aussieht wie ein Bär und für eine Papierserviette fünf Cents verlangt. Und es gibt einen Kater namens Kao K'o Kung, der klüger ist als die Menschen.

Wenn sie sich anhören wie Figuren in einem Theaterstück, dann hat das folgenden Grund: »Die ganze Welt ist eine Bühne, und alle Frauen und Männer sind bloß Spieler.« Also: Licht aus! Vorhang auf!

Erster Akt Erste Szene

Ort: Eine Junggesellenwohnung in Pickax City

Zeit: Ein früher Morgen Ende Mai

Personen:

JIM QWILLERAN, vormals Journalist, jetzt Erbe des Klingenschoen-Vermögens – ein kräftiger Mann von etwa fünfzig Jahren mit ergrauendem Haar, buschigem Schnauzbart und traurigem Gesichtsausdruck

KAO K'O KUNG, ein Siamkater, allgemein Koko genannt

YUM YUM, ebenfalls eine Siamkatze – Kokos ständige Begleiterin

ANDREW BRODIE, Polizeichef von Pickax

Das Telefon läutete zu früher Stunde, und Qwilleran tastete blind auf seinem Nachttisch herum. Nur halb wach, krächzte er heiser. »Hallo« und hörte eine gebieterische Stimme, die sagte: »Ich möchte mit Ihnen sprechen!«

Die Stimme war ihm bekannt, doch der Tonfall war beunruhigend. Es war Andrew Brodie, der Polizeichef von Pickax, und er klang streng und anklagend.

Vor seiner ersten Tasse Kaffee war Qwilleran immer ziemlich benommen. Mühsam suchte er in seinem Kopf nach einer Erklärung. Hatte er ein kanadisches Fünf-Cent-Stück in die Parkuhr gesteckt? Das Kerngehäuse eines Apfels aus dem Autofenster geworfen? Weniger als hundertfünfzig Meter von einem Krankenhaus entfernt gehupt?

»Haben Sie mich gehört? Ich möchte mit Ihnen sprechen!« Brodie klang jetzt nicht mehr so schroff wie vorher.

Langsam begann sich Qwilleran zurechtzufinden, und er erkannte die rauhe Art von Humor, die unter erwachsenen Männern in Moose County als freundschaftlicher Umgangston galt. »Okay, Brodie«, sagte er. »Muß ich jetzt auf die Polizeistation kommen und mich ergeben? Oder wollen Sie lieber den Streifenwagen mit Handschellen herschicken?«

»Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich bin gleich bei Ihnen«, sagte der Polizeichef. »Es geht um Ihre Katze.« Und er legte auf.

Wieder gingen Qwilleran die verschiedensten Möglichkeiten durch den Kopf. Hatten sich die Katzen etwa der Ruhestörung schuldig gemacht? Sie waren reine Wohnungskatzen, doch der Kater konnte überaus lautstark heulen, und um das Kreischen des Weibchens nachzumachen, hätte man einen Synthesizer gebraucht. An einem windstillen Tag bei offenen Fenstern waren beide etliche Häuserblocks weit zu hören. Es war Ende Mai, und die Fenster waren geöffnet, um die süß duftende, erfrischende Brise hereinzulassen, für die Moose County berühmt war – süß duftend und erfrischend, solange sie nicht aus der Richtung der Kilcally-Milchfarm wehte.

Hastig sprang Qwilleran in Hemd und Hose, fuhr sich mit einem feuchten Kamm durch die Haare, sammelte die Zeitungen auf, die auf dem Fußboden herumlagen, und warf die Tür zum Schlafzimmer mit seinem ungemachten Bett zu. Als er dann aus dem Fenster blickte, bog Brodies Polizeiwagen gerade in die Auffahrt ein.

Qwilleran lebte in einer Wohnung über einer Garage für vier Autos: dem ehemaligen Kutscherhaus des Klingenschoen-Anwesens. Das Kutscherhaus befand sich im hinteren Teil des Grundstückes; das Herrenhaus selbst stand an der Main Street mit Blick auf den Park – es war ein riesiger Steinquader, der gerade zu einem Theater umgebaut wurde. Die ausgedehnten Rasenflächen waren brutal aufgerissen, da der Platz für Lastwagen, Holzstöße und eine provisorische Bauhütte benötigt wurde. Der Polizeiwagen fuhr geschickt um diese Hindernisse herum, und die Zimmerleute und Elektriker, von denen es auf dem Grundstück nur so wimmelte, winkten dem Polizeichef freundlich zu. Brodie war ein beliebter Gesetzeshüter, ein umgänglicher Schotte von hünenhafter Gestalt mit einem muskulösen Oberkörper und stämmigen Beinen, was perfekt zu dem Kilt, der schottischen Tellermütze und dem Dudelsack paßte, die er bei Paraden und Hochzeiten hervorholte.

Als Brodie zur Wohnung hinaufstieg, begrüßte ihn Qwilleran vom oberen Treppenabsatz.

Der Polizeichef murrte. Er beschwerte sich ständig über irgend etwas. »Die haben die Stufen zu steil und zu schmal gemacht, als sie dieses Haus gebaut haben. Für die Füße eines gestandenen Mannes viel zu klein.«

»Steigen Sie seitwärts herauf«, schlug Qwilleran vor.

»Was ist denn das da?« Brodie zeigte auf ein kreisförmiges, reichverziertes schmiedeeisernes Gebilde von etwa einem Meter Durchmesser, das am Ende der Treppe an der Wand lehnte. In der Mitte waren drei sprungbereite Katzen – aggressive Tiere – dargestellt: auf die Hinterbeine aufgerichtet und bereit zum Angriff.

»Das stammt vom Eingangstor zu einem dreihundert Jahre alten schottischen Schloß«, sagte Qwilleran voll Stolz. »Es ist nach dem Wappen der Mackintosh gearbeitet. Meine Mutter war eine Mackintosh.«

»Wo haben Sie es her?« An Brodies neiderfüllter Reaktion war zu erkennen, daß er alles dafür gegeben hätte, ein ähnliches Andenken an seinen eigenen Clan zu bekommen – das heißt, solange sich der Preis in vernünftigen Grenzen hielt; er war ein sparsamer Mensch.

»Aus einem Antiquitätengeschäft unten im Süden. Ich habe es in der Stadt gelassen, als ich nach Pickax heraufzog. Letzte Woche ließ ich es nachschicken.«

»Sieht schwer aus. Muß 'ne Stange Geld gekostet haben, der Transport.«

»Es wiegt zirka hundert Pfund. Ich würde es gerne irgendwie im Wohnzimmer unterbringen, aber ich weiß nicht, wie.«

»Fragen Sie meine Tochter. Sie hat viele tolle Ideen.«

»Machen Sie jetzt Werbung?« fragte Qwilleran. Francesca Brodie war Innenarchitektin.

Mit dem typisch großspurigen Auftreten des Dudelsackpfeifers stolzierte Brodie in das Wohnzimmer und sah sich nach Polizistenart rasch im Raum um, bevor er sich schwer in einen riesigen Klubsessel fallen ließ. »Eine gemütliche kleine Wohnung haben Sie da.«

»Francesca hat mir geholfen, sie einzurichten. Als ich vorne im Herrenhaus wohnte, erholte ich mich hier von dem übertriebenen Luxus. Doch als ich dann ganz hier einzog, wirkte es plötzlich recht karg. Wie gefällt Ihnen der Stoff an der Wand? Handgewebter schottischer Tweed.«

Der Polizeichef wandte sich um und betrachtete die Wandbespannung, die die Farbe und Oberflächenstruktur von Haferbrei hatte. »Ich wette, Sie haben ganz schön geblecht für dieses Zeug. Aber ich nehme an, Sie können es sich leisten.« Dann starrte er auf die Wand an der Schmalseite des Zimmers. »Sie haben viele Regale.«

»Francesca hat die Regalwand entworfen und von ihrem Tischler einbauen lassen. Ich sammle jetzt alte Bücher.«

»Bei Ihrem Vermögen sollten Sie neue Bücher kaufen.«

»Ich mag alte Bücher. Ich habe eine Gesamtausgabe von Dickens für zehn Dollar gekauft. Sie als sparsamer Schotte sollten das doch verstehen.«

»Was ist das für ein Bild?« Brodie zeigte auf ein gerahmtes Bild über dem Sofa.

»Ein Kanonenboot aus dem Jahr 1805, das über die Großen Seen gesegelt ist… Wie wär's mit einer Gratistasse Kaffee?« Qwilleran rührte gehäufte Löffel Instantkaffee in kochendes Wasser und reichte Brodie einen Becher. »Okay, spucken Sie Ihre schlechten Nachrichten schon aus. Was ist so dringend, daß Sie mich deswegen aus dem Bett holen müssen?«

»Ich komme gerade von einer Polizeikonferenz aus dem Süden zurück«, sagte Brodie. »Bin froh, wieder hier zu sein, wo das Leben zivilisiert ist. Ich sage Ihnen, diese Städte da unten sind der reinste Dschungel. Gleich am ersten Konferenztag wurde das Auto des Bürgermeisters gestohlen.« Er trank einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast daran. »Och! Ist das Zeug stark!«

»Worum ging es denn bei der Konferenz?«

»Um Drogendelikte. Einer der Referenten war ein Freund von Ihnen. Lieutenant Harnes. Ich habe beim Mittagessen mit ihm gesprochen.«

»Harnes ist ein hervorragender Kriminalbeamter, auch wenn er sich gerne dumm stellt.«

»Er hat mir auch ein paar Dinge über Sie erzählt. Er sagte, als Sie für den Daily Fluxion arbeiteten, hätten Sie ihm ein paar gute Tips gegeben.«

Qwilleran strich mit bescheidener Miene seinen Schnurrbart glatt. »Nun, Sie wissen ja, wie das ist. Wenn man bei einer Zeitung arbeitet, erfährt man allerhand Dinge. Ich habe einfach Augen und Ohren offengehalten, das ist alles.«

»Harnes hat mir auch noch etwas anderes erzählt. Ich habe geglaubt, er will mich auf den Arm nehmen, aber er schwört, daß es wahr ist. Er sagt, Sie haben einen sehr ungewöhnlichen Kater. Ein sehr kluges Tier.«

»Da hat er recht. Siamkatzen sind bemerkenswert intelligent.«

Brodie sah seinen Gastgeber scharf an. »Er sagt, Ihr Kater hat das, was man… übernatürliche Fähigkeiten nennt!«

»Moment mal. So weit würde ich nicht gehen, Brodie.«

»Er sagte, Ihr Kater habe der Polizei Hinweise geliefert, die zur Lösung einiger Fälle geführt haben.«

Qwilleran räusperte sich, wie immer, bevor er eine formelle Erklärung abgab. »Sie sind ein Hundeliebhaber, Brodie, daher wissen Sie das vielleicht nicht, aber Katzen sind die Detektive der Tierwelt. Sie sind von Natur aus neugierig. Sie schnüffeln immer herum, kratzen mal hier, mal da, machen kleine Schlupflöcher ausfindig, in die sie hineinkriechen können, angeln aus irgendwelchen Löchern irgendwelche Dinge hervor. Wenn mein Kater Hinweise entdeckt hat, dann war das rein zufällig.«

»Wie heißt er? Ich möchte mir dieses Tier gerne mal ansehen.«

»Koko ist ein Sealpoint-Siamkater, ein kastriertes Männchen mit einem langen Stammbaum. Und sagen Sie nicht ›dieses Tier‹ zu ihm, sonst zieht er Ihnen eins über.«

Irgendwo am Ende der Diele ertönte ein herrisch fordernder Schrei.

»Das ist Koko«, sagte Qwilleran. »Er hat seinen Namen gehört, und er hat sein Frühstück noch nicht bekommen. Ich lasse ihn heraus. Die Katzen habe ihre eigene Wohnung.«

»Tatsächlich? Ich werd' verrückt!«

»Mit eigenem Badezimmer und Fernsehen.«

»Fernsehen! Das kann doch nur ein Witz sein.«

»Nur ein kleines Schwarzweißgerät. Katzen sehen keine Farben.«

Erfreut über Brodies schockierte Reaktion, entschuldigte sich Qwilleran und ging den Flur hinunter. Die frühere Dienstbotenwohnung über der Garage bestand aus einem Wohnzimmer, einem Arbeitszimmer, in dem er schrieb, und einem Schlafzimmer. Der vierte Raum – der mit der meisten Sonne – war für die Katzen reserviert. Er war mit einem weichen Teppich ausgelegt, mit Kissen, Körben und Kratzbäumen eingerichtet und hatte breite Fensterbänke Richtung Süden und Westen. Im Badezimmer standen zwei Kistchen – eines für Koko und eines für Yum Yum. Ursprünglich hatten sie dasselbe Kistchen benutzt, doch in den letzten Wochen hatte sich das Weibchen recht launenhaft verhalten; sie wollte ihr eigenes Kistchen.

Qwilleran kehrte ins Wohnzimmer zurück, gefolgt von seinen beiden Mitbewohnern, deren Körperhaltung nur eines ausdrückte: Hunger. Zwei schlanke, sandfarbene Körper streckten sich zu ihrer ganzen Länge aus; zwei braune Gesichtsmasken mit braunen Ohren richteten sich wie die beiden braunen Nasen erwartungsvoll empor; zwei braune Schwänze waren waagerecht ausgestreckt, die Spitzen leicht nach oben gekrümmt. Sie hatten die gleichen langen, schlanken braunen Beine, doch Kokos Gang war energisch, während Yum Yum mit zierlichen Schritten hinter ihm hertrippelte. Am Eingang zum Wohnzimmer blieben beide Tiere wie auf Kommando stehen und musterten den Fremden.

»Die haben ja blaue Augen!« sagte Brodie. »Ich wußte gar nicht, daß Sie zwei Katzen haben. Sind sie aus demselben Wurf?«

»Nein, ich habe sie bei verschiedenen Anlässen adoptiert«, sagte Qwilleran. »Beide hatten unter Umständen, an die sich Lieutenant Harnes vermutlich erinnern würde, ihr Heim verloren.«

Das größere Tier schlenderte mit größter Selbstverständlichkeit ins Zimmer und inspizierte aus respektvollem Abstand den Besucher.

Qwilleran stellte die beiden einander vor. »Herr Polizeichef, das ist Koko, der Oberinspektor. Er besteht darauf, aus Sicherheitsgründen jeden zu kontrollieren. Koko, das ist Polizeichef Brodie von der Polizei von Pickax.«

Der Polizeichef und der Kater starrten einander an; der Gesetzeshüter mit verwirrt gerunzelter Stirn. Dann sprang Koko leichtfüßig auf ein Bücherregal, das etwa einen Meter achtzig hoch war. Er zwängte sich zwischen Benjamin Franklins Autobiographie und Boswells Life of Johnson und ließ sich dort nieder, um den Neuankömmling aus luftiger Höhe zu beobachten.

Brodie sagte: »Er sieht aus wie ein ganz gewöhnlicher Kater! Ich meine, man sieht ihm an, daß er reinrassig ist und so, aber…«

»Haben Sie erwartet, daß er ein grünes Fell und elektronische Augen und rotierende Antennen hat? Ich habe Ihnen doch gesagt, Brodie, er ist nur ein Haustier mit ganz normaler Neugier und ungewöhnlicher Intelligenz.«

Brodie entspannte sich und wandte seine Aufmerksamkeit der kleineren Katze zu, die sich langsam mit zierlich anmutigem Schritt näherte und nur Augen für seine Schuhe hatte.

»Darf ich Ihnen Yum Yum, ›das Pfötchen‹, vorstellen?« sagte Qwilleran. »Sie sieht zart und zerbrechlich aus, doch sie schlägt blitzschnell und scharf zu wie mit einem Stahlhaken. Sie öffnet Türen, löst Schnürsenkel und stiehlt alles, was klein ist und glänzt. Passen Sie auf Ihr Abzeichen auf.«

»Wir hatten auch Katzen auf der Farm«, sagte Brodie, »aber die sind nie ins Haus gekommen.«

»Diese beiden kommen nie hinaus.«

»Wie finden sie dann Futter? Sie kaufen doch nicht das teure Zeug in diesen kleinen Dosen, oder?«

»Um die Wahrheit zu sagen, Brodie, Koko weigert sich, alles, was ›Katzenfutter‹ heißt, zu fressen. Er frißt nur frisch gekochte Speisen.«

Der Polizeichef schüttelte ungläubig oder auch mißbilligend den Kopf. »Harnes hat mir erzählt, daß Sie Ihre Katze total verwöhnen, und ich finde, das war nicht übertrieben.«

»Haben Sie bei dieser Konferenz irgend etwas Neues über Drogendelikte erfahren?«

»Wie ich schon zu Harnes sagte, Drogen und Gewaltverbrechen sind hier bei uns kein Problem. Er hat mir nicht geglaubt.«

»Ich auch nicht, obwohl ich Sie das schon öfter sagen gehört habe.«

»Natürlich haben wir schon in einigen Hinterhöfen komische Pflanzen ausgerissen, und vor ein paar Jahren haben die Jugendlichen so einen Leim, wie man ihn für Modellflugzeuge verwendet, geschnüffelt, aber wir haben hier keine Drogenringe oder Drogendealer. Noch nicht, jedenfalls.«

»Wie erklären Sie sich das?«

»Wir sind hier sehr isoliert – 400 Meilen nördlich vom Rest der Welt, wie es auf der Ortstafel heißt. Es dauert lange, bis solche Spinnereien zu uns kommen. Wo doch noch nicht mal die Fast-food-Ketten Moose County entdeckt haben.«

Mit grimmiger Miene trank Brodie noch einen Schluck Kaffee. »Und noch etwas: Hier ist das Familienleben noch intakt. Wir haben viele kirchliche Organisationen und Sportvereine und gesunde Freizeitmöglichkeiten in der frischen Luft wie Camping, Jagen und Fischen. Die Gegend ist ideal für Kinder.«

»Wenn Drogen und Gewalt nicht das Problem sind, was hält Sie dann so auf Trab? Die Strafzettel für Falschparker?«

Der Polizeichef warf ihm einen verdrießlichen Blick zu. »Betrunkene Autofahrer! Der Alkoholkonsum von Jugendlichen! Vandalismus! Das macht uns fertig. Als meine Mädchen in die High-School gingen, waren sie und meine Frau und ich ständig auf Beerdigungen – auf den Beerdigungen ihrer Mitschüler, wissen Sie – Kinder, die bei Autounfällen ums Leben kamen. Sie sind zu schnell gefahren, haben im fahrenden Auto herumgealbert, verbotenerweise Bier getrunken und dann auf einer Stelle mit Sand oder Schotter die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Aber jetzt haben wir ein anderes Problem: Der Vandalismus nimmt immer mehr zu.«

»Ich habe gesehen, daß vorige Woche jemand kreuz und quer über den Rasen vor dem Gerichtsgebäude gedriftet ist.«

»Genau das meine ich. Gewisse Elemente – ein paar Verrückte –, die nichts zu tun haben. Gestern Nacht haben sie auf dem Goodwinter Boulevard zwei Straßenlaternen kaputtgeschossen. Als ich jung war, haben wir am Halloween-Tag Kürbisse zertrümmert und Bäume mit Toilettenpapier umwickelt, aber diese neue Generation macht das ganze Jahr über solche Sachen. Sie reißen die Blumen vor dem Rathaus aus. Sie dreschen mit Baseballschlägern auf Briefkästen am Straßenrand ein. Ich verstehe das nicht!«

»Graffiti habe ich aber noch keine gesehen.«

»Noch nicht, aber sie haben den Brunnen im Park mit einer Dose Farbe übergossen. Wir kennen die Rowdys, die das machen, aber wir erwischen sie nie in flagranti.« Brodie hielt inne. Voller Hoffnung sah er Qwilleran an.

»Haben Sie einen Plan?«

»Nun … nachdem ich mit Harnes gesprochen hatte … fragte ich mich, ob Ihr Kater… uns einen Hinweis geben könnte, wo sie das nächste Mal zuschlagen werden, so daß wir die Gegend überwachen könnten.«

Qwilleran sah ihn befremdet an. »Was habt ihr auf dieser Konferenz eigentlich geraucht?«

»Ich weiß nur, was Harnes erzählt hat. Er sagte, Ihr Kater habe übersinnliche Fähigkeiten oder so was.«

»Hören Sie mal, Brodie. Angenommen, dieses kleine Tier dort, das auf dem Bücherregal sitzt und seinen Schwanz putzt – angenommen, er wüßte, daß die Vandalen Vorhaben, am zweiten Juni nachts um 2 Uhr 45 einen Ziegel durch das Schulfenster zu schmeißen. Wie würde er denn seine Informationen mitteilen? Sie sind ja verrückt, Brodie. Ich gebe zu, daß Koko manchmal Gefahren spürt, aber was Sie da sagen, ist absurd!«

»In Kalifornien arbeiten sie mit Katzen, um Erdbeben vorherzusagen.«

»Das ist etwas ganz anderes… Noch Kaffee? Ihre Tasse ist leer.«

»Wenn ich noch eine Tasse von dieser Batteriesäure trinken würde, wäre ich vom Hals abwärts gelähmt.«

»Nach dem, was Sie gerade gesagt haben, glaube ich eher, Sie sind vom Hals aufwärts gelähmt. Wer ist der Anführer dieser Rowdybande? Haben die nicht gewöhnlich einen Anführer? Wie alt ist er?«

»Neunzehn, und er hat gerade erst die High-School absolviert. Er kommt aus einer guten Familie, aber er treibt sich mit einer Bande aus Chipmunk herum. Das ist die heruntergekommenste Stadt im ganzen Bezirk, wie Sie wohl wissen. Die holen sich ein paar Dosen Bier und fahren dann in ihren abgewrackten Kisten herum.«

»Wie heißt er?«

Brodie verriet es anscheinend nur ungern. »Nun, so leid es mir tut… es ist Chad Lanspeak.«

»Doch nicht der Kaufhauserbe! Doch nicht der Sohn von Carol und Larry!«

Der Polizeichef nickte bedauernd. »Er hat Ärger mit der Polizei, seit er in die High-School kam.«

»Das ist wirklich schlimm! Seine Eltern sind wohl die nettesten Menschen in der ganzen Stadt! Angesehene Mitbürger! Der ältere Sohn wird Geistlicher, und ihre Tochter bereitet sich auf das Medizinstudium vor!«

»Sie erzählen mir nichts, was ich nicht schon weiß. Lanspeak ist ein guter Name. Man kann sich kaum vorstellen, wie Chad so vom rechten Weg abkommen konnte. Es heißt, daß das dritte Kind immer ein bißchen aus der Art schlägt, und vielleicht stimmt das. Nehmen Sie zum Beispiel meine drei Mädchen. Die beiden älteren haben gleich nach der Schule geheiratet und Kinder bekommen. Ich habe vier Enkel, und dabei bin ich noch keine Fünfzig. Aber Francesca! Sie war die dritte. Sie war fest entschlossen, aufs College zu gehen und Karriere zu machen.«

»Aber sie ist nach Pickax zurückgekommen, um hier zu arbeiten. Sie haben sie nicht verloren.«

»Ja, sie ist ein braves Mädchen, und sie wohnt noch immer daheim. Dafür sind wir dankbar. Die Familie ist noch immer beisammen. Aber sie hat nur die Innenarchitektur und die Schauspielerei im Kopf.«

»Sie hat Talent, Brodie. Sie inszeniert das nächste Stück im Theaterclub. Sie sollten stolz auf sie sein.«

»Das sagt meine Frau auch.«

»Francesca ist vierundzwanzig, und sie muß ihre eigenen Entscheidungen treffen.«

Der Polizeichef wirkte nicht überzeugt. »Sie hätte in die Fitch-Familie einheiraten können. Sie ging mit David Fitch, als sie auf der High-School waren. Das ist noch so eine gute alte Familie. Davids Urgroßvater ist in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts reich geworden – mit Bergbau oder Holzwirtschaft, ich merke mir nie, was es war. David und Harley haben in Yale studiert, und jetzt sind sie stellvertretende Direktoren in der Bank. Ihr Vater ist Bankdirektor. Ein guter Mann, dieser Nigel Fitch! Ich war sicher, ich würde einen der Jungen zum Schwiegersohn bekommen.«

Brodie wandte traurig den Blick ab. Es tat weh, seine Enttäuschung mit anzusehen.

»Eine meiner Töchter hat einen Farmer geheiratet«, fuhr er fort, »und die andere einen Elektriker mit eigenem Geschäft. Beides anständige Kerle. Ehrgeizig. Sorgen gut für ihre Familien. Doch Francesca hätte David Fitch heiraten können. Sie hat ihn und Harley immer nach der Schule mit nach Hause gebracht, um diesen Lärm zu hören, den die jungen Leute Musik nennen. Sie waren echte Gentlemen. ›Hallo, Mr. Brodie‹ und ›Wie geht es Ihnen, Mr. Brodie?‹ Sie hörten mir gerne beim Dudelsackpfeifen zu. Nette Jungen. Überhaupt nicht versnobt. Und immer zu Späßen aufgelegt.«

»Sie sind wirklich nette junge Männer«, stimmte Qwilleran zu. »Ich habe sie im Theaterclub kennengelernt.«

»Apropos Talent! Sie spielen in jedem Stück mit. In einem Musical – es hieß ›The Boys from Poughkeepsie‹ oder so ähnlich – da haben sie die Zwillinge gespielt. Nigel kann froh sein, solche Söhne zu haben. Francesca hat sich da wirklich eine gute Chance entgehen lassen.«

»Yau!« gab Koko plötzlich einen gereizten Kommentar zu dieser Unterhaltung, als langweile er sich.

»Nun, um auf meinen Vorschlag zurückzukommen«, sagte Brodie. »Denken Sie mal darüber nach. Ich würde diese Bande gerne erwischen, bevor sie noch Schlimmeres anstellen, wie Scheunen anzünden oder in Sommerhäuser einbrechen oder Autos stehlen. Das kann passieren, wissen Sie.«

»Haben Sie je mit Carol und Larry über ihren Sohn gesprochen?«

Der Polizeichef hob in einer verzweifelten Geste die Hände. »Oft. Sie halten sich nach außen hin sehr tapfer, aber es bricht ihnen das Herz. Welchen Eltern ginge es wohl nicht so? Der Junge wohnt nicht zu Hause. Er treibt sich herum, kriecht mal bei diesem, mal bei jenem unter und feiert die Nächte durch. Wollte nie aufs College gehen.«

»Womit verdient er denn sein Geld?«

»Soviel ich weiß, hat ihm seine Großmutter ein Treuhandvermögen hinterlassen, aber er bekommt seinen monatlichen Scheck nur, wenn er aufs College geht oder im Familiengeschäft arbeitet – Larry hat ihm die Sportartikelabteilung übertragen –, doch er macht die halbe Zeit blau und geht Jagen oder Fallenstellen. Höchstwahrscheinlich wildert er.«

»Das tut mir wirklich leid«, sagte Qwilleran. »Solche Probleme haben die Lanspeaks nicht verdient.«

»Wissen Sie, Qwill, ihr Junggesellen habt es gut. Ihr habt keine Probleme.«

»Seien Sie da nicht so sicher.«

»Was für Probleme haben Sie denn?«

»Frauen.«

»Was habe ich Ihnen gesagt!« sagte Brodie triumphierend. »Ich habe Ihnen gesagt, daß sie alle hinter Ihnen hersein werden. Wenn einer wie Sie Millionen erbt, kann er nicht erwarten, ein normales Leben zu führen. Wenn Sie mir einen guten Rat nicht übelnehmen, dann sage ich, Sie sollten sich eine Frau suchen, damit Ihr Name von der Liste der begehrten Junggesellen gestrichen wird.«

»Ich hatte schon mal eine Frau«, sagte Qwilleran. »Es hat nicht funktioniert.«

»Dann versuchen Sie es noch einmal! Heiraten Sie eine junge Frau und befassen Sie sich schon mal mit dem Gedanken an Erben. Sie sind nicht zu alt dafür.«

»Wenn ich mal abtrete, hinterlasse ich alles dem Klingenschoen-Gedenkfonds. Der verteilt es dann hier in Moose County, wo das Geld herstammt und wo es hingehört.«

»Ich nehme an, daß alle möglichen Leute sie um Almosen angehen.«

»Darum kümmert sich auch der Fonds. Ich leite alles an ihn weiter. Die Leute dort spenden das Geld für wohltätige Zwecke und dergleichen und geben mir ein Taschengeld, von dem ich lebe.«

»Och! Sie sind nicht ganz dicht. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?«

»Ich habe nie viel Geld oder Besitztümer gewollt.«

»Das habe ich bemerkt«, sagte Brodie und sah sich im Zimmer um. »Wie viele Millionäre oder Billionäre wohnen über der Garage? Haben Sie mal gesehen, wie die Fitches leben? Nigel und seine Familie haben zwei zusammengelegte Eigentumswohnungen in Indian Village, und Francesca sagt, sie sind toll eingerichtet! Harley und seine Frau wohnen im alten Herrenhaus der Familie Fitch, das aussieht wie ein Schloß. Zweiundzwanzig Zimmer! David und Jill haben ein neues Haus, das demnächst auf die Titelseite irgendeiner Zeitschrift kommt… Ich sage Ihnen, Qwill, Fran hat sich wirklich was vermasselt, indem sie David Fitch nicht geheiratet hat. Aber jetzt ist es zu spät.«

Nachdem Brodie gegangen war – nicht ohne beim vorsichtigen Hinuntersteigen über die schmalen Stufen zu jammern – machte sich Qwilleran in dem einszwanzig mal einszwanzig Meter großen Schrank, der ihm als Küche diente, noch eine Tasse Instantkaffee. Dazu wärmte er sich in seinem Minimikrowellenherd auch ein paar zwei Tage alte Doughnuts auf.

Koko sprang vom Biographie-Regal herunter und begann herumzustreifen wie ein Tiger in einem Käfig, er minzte und maunzte, weil es schon längst Zeit für sein Frühstück war. Aus demselben Grund saß Yum Yum zu einem Bündel zusammengekauert da und tat sich selber leid.

»Nur keine Aufregung«, sagte Qwilleran zu Koko, nachdem er auf die Uhr geschaut hatte. »Das Essen auf Rädern muß jeden Augenblick einrollen.«

Als er und die Katzen noch vorne im Herrenhaus gewohnt hatten, hatte sie eine Haushälterin alle drei mit hausgemachten Delikatessen verwöhnt. Jetzt aß Qwilleran mittags und abends in Restaurants, und die Katzen bekamen ihre Mahlzeiten vom Küchenchef der Old Stone Milk. Ein Hilfskellner namens Derek Cuttlebrink brachte täglich Geflügel, Fleisch und Meeresfrüchte, die man nur in der beigefügten Soße aufzuwärmen brauchte.

Als Derek schließlich mit Shrimps-Pasteten und Hummerpüree ankam, entschuldigte er sich für seine Verspätung und sagte: »Der Chef will wissen, wie ihnen gestern das Kalbsfrikassee geschmeckt hat.«

»Gut, mit Ausnahme der japanischen Pilze, Derek. Sie mögen keine japanischen Pilze. Und sagen Sie ihm, er soll keine marinierten Artischockenherzen schicken – nur frische. Ihr Lieblingsfutter ist Truthahn, aber es muß frisches Truthahnfleisch sein, nicht dieses eingelegte Zeug.«

Er gab dem Hilfskellner ein Trinkgeld und setzte sich dann hin, um seinen Kaffee auszutrinken und den Katzen zuzusehen, wie sie ihr Futter verschlangen. Beide Katzen waren ein Bild äußerster Konzentration – die Schwänze flach auf dem Boden, die Schnurrhaare angelegt, damit sie nicht im Weg waren. Danach putzten sie sich fein säuberlich, und Yum Yum sprang auf Qwillerans Schoß: Sie landete leicht wie eine Feder und drehte sich dreimal um die eigene Achse, bevor sie es sich bequem machte. Koko ließ sich auf dem Regal mit den Biographien nieder und wartete auf die Unterhaltung.

Qwilleran hatte es sich zur Regel gemacht, mit den Katzen zu sprechen; das kam ihm vernünftiger vor, als Selbstgespräche zu führen, wozu er neigte, nachdem er so lange allein gelebt hatte. Insbesondere Koko schien den Klang einer menschlichen Stimme als angenehm zu empfinden. Er reagierte, als verstünde er jedes Wort.

»Nun, Koko, was hältst du von Brodies lächerlichem Vorschlag?«

»Yau«, sagte der Kater in einem Tonfall, der geringschätzig klang.

»Der arme Kerl ist wirklich enttäuscht, daß Fran nicht in die Fitch-Familie geheiratet hat. Ich frage mich, ob er weiß, daß sie es jetzt auf mich abgesehen hat.«

»Nyik, nyik«, machte Koko und veränderte nervös seine Stellung. Er war noch von keiner Frau in Qwillerans Leben begeistert gewesen.

Qwilleran hatte Fran Brodie kennengelernt, als er in Amandas Einrichtungsstudio Möbel kaufte. Amanda war eine Frau mittleren Alters, grauhaarig, unansehnlich, taktlos und aufbrausend, doch er mochte sie. Ihre Assistentin war jung, attraktiv und freundlich, und sie mochte er auch. Beide Frauen trugen stets neutrale Farben, die nicht mit den Stoffen und Tapeten konkurrierten, die sie den Kunden zeigten, doch an Amanda wirkten Beige, Grau, Khaki und Taupe langweilig; an Francescas gertenschlanker Figur wirkten sie schick. Amanda zog sich immer mehr in den Hintergrund zurück und kümmerte sich ums Geschäft, während sich ihre lebhafte Assistentin mit den Kunden befaßte.

Fran war groß wie ihr Vater und hatte die gleichen grauen Augen und rotblonden Haare, doch in ihren Augen war ein stählernes Funkeln, das Ehrgeiz und Entschlossenheit verriet. »Sie weiß, daß ich eng mit Polly Duncan befreundet bin«, sagte Qwilleran, »aber das stört sie keineswegs. Polly hat mich davor gewarnt, dem Theaterclub beizutreten und Fran zu engagieren, doch ich hielt das für echt weibliche Überempfindlichkeit – es wirkte wie die Eifersucht einer älteren Frau auf ihre junge Rivalin, aber Fran ist wirklich nicht zu bremsen! Ich weiß nicht, ob sie hinter mir her ist oder hinter dem Klingenschoen-Vermögen.«

»Nyik, nyik«, machte Koko.

»Die aggressive Art der jungen Generation ist schwer zu akzeptieren. Vielleicht bin ich altmodisch, aber den aktiven Part übernehme lieber ich.«

Francescas Strategie war allzu durchsichtig. Sie hatte ihn um einen Schlüssel zu seiner Wohnung gebeten, um, wie sie sagte, die Handwerker und die Materiallieferungen überwachen zu können. Sie brachte ihm Bücher mit Tapetenmustern und Möbelkataloge zur Ansicht, was bedeutete, daß sie die Vorschläge besprechen mußten; dazu mußten sie eng nebeneinander auf dem Sofa sitzen, die Bilder und Muster auf dem Schoß, wobei sich ihre Knie zufällig berührten. Diese Tête-à-tête setzte sie zur Cocktailstunde an – da verlangte es die Höflichkeit von Qwilleran, ihr einen oder zwei Drinks anzubieten, und danach war eine Einladung zum Abendessen fast obligatorisch. Sie schlug vor, daß sie ein paar Tage in den Süden hinunterfliegen sollten, um in Einrichtungshäusern und Kunstgalerien Möbel und Kunstobjekte auszusuchen. Sie wollte sein Schlafzimmer neu einrichten – mit stoffbespannten Wänden, einem Bettüberwurf aus Fell und einem Spiegel an der Decke.

Francesca war zweifellos attraktiv. Sie sprühte vor jugendlicher Vitalität, verwendete verführerische Parfüms und hatte Beine, die in hochhackigen Schuhen aufreizend wirkten. Jetzt, da er fünfzig war, begann sich Qwilleran jedoch allmählich in Gesellschaft von Frauen seiner eigenen Altersgruppe, die Größe 42 trugen, wohler zu fühlen. Polly Duncan leitete die öffentliche Bücherei von Pickax und teilte sein Interesse an Literatur wie keine Frau vor ihr. Ihr Mann war vor vielen Jahren unter tragischen Umständen ums Leben gekommen; jetzt entdeckte sie die Liebe wieder, und sie reagierte mit Wärme und Fürsorge, ganz im Widerspruch zu ihrer reservierten Fassade. Sie waren im Hinblick auf ihre Beziehung sehr diskret, doch in Pickax gab es nur wenige Geheimnisse, und jeder wußte von der Bibliothekarin und dem Klingenschoen-Erben, und auch von der Innenarchitektin.

»Polly wird langsam nervös«, sagte Qwilleran zu seinem aufmerksamen Zuhörer. »Ich finde es schlimm, was Eifersucht aus einer Frau macht. Sie ist intelligent und in jeder Hinsicht bewundernswert, und doch… selbst die klügsten Frauen verlieren manchmal die Beherrschung. Früher oder später wird es zu einem Ausbruch kommen! Glaubst du, daß Bibliothekarinnen jemals Verbrechen aus Leidenschaft begehen?«

»Yau«, machte Koko und kratzte sich mit der Hinterpfote am Ohr.

Zweite Szene

Ort: Das Stadtzentrum von Pickax

Zeit: Der folgende Morgen

Personen:

HIXIE RICE, eine junge Frau aus dem Süden

EDDINGTON SMITH, Besitzer eines Antiquariats

CHAD, das schwarze Schaf der Familie Lanspeak, Bauarbeiter, Fußgänger, Angestellte

Qwilleran entschloß sich, einen Spaziergang ins Stadtzentrum zu unternehmen, nachdem er im lokalen Radiosender, WPKX, die 9-Uhr-Nachrichten gehört hatte. »Vandalen haben heute Nacht etliche Hydranten aufgedreht. Aufgrund der ausgeflossenen Wassermenge ist die städtische Wasserversorgung ernsthaft in Gefahr; ebenso wurden dadurch die Löscharbeiten an einem brennenden Gebäude im Westen der Stadt behindert.«

Als erfahrener Journalist, der für große Zeitungen im ganzen Land gearbeitet hatte, empfand Qwilleran nichts als Verachtung für die Kurznachrichten im Radio – diese neckischen ›Sandwich‹-Informationen: fünfundzwanzig Worte, eingeschoben zwischen zwei Werbespots in der Länge von zweihundert Worten. Sie fachten die Fehde zwischen Presse und Rundfunk nur noch weiter an. Er stürmte in seiner Wohnung auf und ab und wetterte – zum Schrecken der Katzen – laut vor sich hin.

»Wie viele Hydranten wurden aufgedreht? Wo standen diese Hydranten? Wie hoch ist der Wasserverlust? Welche Kosten sind der Stadt entstanden? Wessen Haus ist aufgrund dessen abgebrannt? Wann wurde der Vandalenakt entdeckt? Warum hat niemand das ausfließende Wasser bemerkt?«

Die Katzen rasten in der Wohnung herum, wie immer, wenn Qwilleran einen Tobsuchtsanfall hatte.

»Na, ist ja auch egal. Entschuldigt den Ausbruch«, sagte er etwas ruhiger und knetete seinen Schnurrbart. »In ein paar Tagen werden wir in unsere Nachrichten in gedruckter Form bekommen.«

In Moose County hatte es jahrelang keine gute Zeitung gegeben, doch jetzt sollte sich das ändern. Dank des Klingenschoen-Gedenkfonds und aufgrund des sanften Drucks von Qwilleran würde am nächsten Mittwoch eine professionell gemachte Zeitung erscheinen.

In der Zwischenzeit gab es nur zwei hinreichende Nachrichtenquellen. Man konnte die Gerüchtebörse in Anspruch nehmen, die in den Cafés, auf der Treppe des Gerichtsgebäudes und an den Hinterhofzäunen florierte. Oder man konnte der Polizeistation einen Besuch abstatten, wenn der gesprächige Brodie Dienst hatte.

»Ich muß ein paar Dinge in der Innenstadt erledigen«, teilte Qwilleran seinen Hausgenossen mit. »Mr. O'Dell kommt saubermachen, und er hat Anweisung, euch keine Leckerbissen zu geben, also zieht nicht wieder eure ›Wir verhungern‹-Show ab. Bis später.«