Die Kreuzzüge - Martin Kaufhold - E-Book

Die Kreuzzüge E-Book

Martin Kaufhold

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Beschreibung

Der Band bietet einen Überblick über die Kreuzzugsgeschichte vom Aufruf zum ersten Kreuzzug 1095 bis zum Fall von Konstantinopel im Jahre 1453. Er schildert den Aufstieg und den Wandel der Kreuzzugsbewegung von der anfänglichen Euphorie über die Ernüchterungen des 11. Jahrhunderts zum Wandel der Kreuz-zugsziele im späteren Mittelalter. Dabei erklärt der Autor die Wandlungen der Kreuzzugsgeschichte vor dem Hintergrund der politischen, sozialen und religiösen Geschichte Europas. Auf diese Weise eröffnen die Kreuzzüge auch einen Zugang zu den religiösen Weltbildern des Mittelalters und zu der bewegten Geschichte des Rittertums.

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Prof. Dr. Martin Kaufhold, Jahrgang 1963, studierte an der Universität Heidelberg Geschichte und Germanistik. 1985/86 verbrachte er als Fulbright-Stipendiat ein Jahr an der University of Maryland at College Park (USA). 1993 wurde Martin Kaufhold in Heidelberg promoviert, seine Habilitation folgte im Jahr 2000. Seit dem Wintersemester 2003/2004 hat er den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Philologisch-Historischen Fakultät der Universität Augsburg inne.

Zum Buch

Die Kreuzzüge

Der Band bietet einen Überblick über die Kreuzzugsgeschichte vom Aufruf zum ersten Kreuzzug 1095 bis zum Fall von Konstantinopel im Jahre 1453. Er schildert den Aufstieg und den Wandel der Kreuzzugsbewegung: von der anfänglichen Euphorie, über die Ernüchterungen des 11. Jahrhunderts bis hin zum Wandel der Kreuzzugsziele im späteren Mittelalter. Dabei erklärt der Autor die Wechsel der Kreuzzugsgeschichte vor dem Hintergrund der politischen, sozialen und religiösen Geschichte Europas.

Auf diese Weise eröffnen die Kreuzzüge einen Zugang zu den religiösen Weltbildern des Mittelalters und zu der bewegten Geschichte des Rittertums.

Martin KaufholdDie Kreuzzüge

Martin Kaufhold

Die Kreuzzüge

Für meine TöchterMaria und Kristina

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012Lektorat: Dr. Lars Hoffmann, MainzCovergestaltung: Thomas Jarzina, KölnBildnachweis: akg-images GmbH, BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0233-8

www.marixverlag.de

INHALT

VORWORT

EINLEITUNG

DIE SOZIALE DYNAMIK DES 11. JAHRHUNDERTS

DIE ANFÄNGE DES RITTERTUMS

CHRISTENTUM UND KRIEG

DER RELIGIÖSE AUFBRUCH DES 11. JAHRHUNDERTS

DIE AGGRESSIVEN ZÜGE DER REFORM

DER KREUZZUGSABLASS

DER AUFRUF URBANS II. ZUM ERSTEN KREUZZUG

DER AUFBRUCH ZUM ERSTEN KREUZZUG

ERSTE ERFOLGE DES KREUZFAHRERHEERES

DIE EROBERUNG JERUSALEMS

DIE ANFÄNGE DES KÖNIGREICHS JERUSALEM

CHRISTEN UND EINHEIMISCHE

DIE ANFÄNGE DER RITTERORDEN

DER FALL EDESSAS

DIE MOBILISIERUNG FÜR DEN ZWEITEN KREUZZUG

DIE PREDIGTEN BERNHARDS VON CLAIRVAUX

DER ZWEITE KREUZZUG

DIE ERNÜCHTERNDE BILANZ DES ZWEITEN KREUZZUGS

DIE LAGE DES KÖNIGREICHS JERUSALEM NACH DEM ZWEITEN KREUZZUG

SALADIN UND DAS ENDE DER CHRISTLICHEN HERRSCHAFTÜBER JERUSALEM

DER NIEDERGANG DES KÖNIGREICHS JERUSALEM

DER WESTEN EUROPAS VOR DEM AUFBRUCH ZUM DRITTEN KREUZZUG

DER AUFBRUCH ZUM DRITTEN KREUZZUG

DIE RÜCKEROBERUNG AKKONS

DER DRITTE KREUZZUG NACH DER EROBERUNG AKKONS

DAS RITTERTUM UND DER DRITTE KREUZZUG

DIE POLITISCHE PERSPEKTIVE

DER VIERTE KREUZZUG: DIE EROBERUNG KONSTANTINOPELS 1204

DER FÜNFTE KREUZZUG

ZWEI FRIEDLICHE KREUZZÜGE NACH JERUSALEM

DIE KREUZZÜGE LUDWIGS IX. VON FRANKREICH

DIE KREUZZUGSBILANZ DES DREIZEHNTEN JAHRHUNDERTS

DER FALL AKKONS

DAS SCHICKSAL DER RITTERORDEN

KREUZZUGSPLÄNE AM FRANZÖSISCHEN KÖNIGSHOF

DAS ENDE DES TEMPLERORDENS

DIE MONGOLEN UND DER WANDEL DES EUROPÄISCHEN WELTBILDES

DIE ERFOLGE DER OSMANISCHEN TÜRKEN

DER FALL KONSTANTINOPELS 1453

BILANZ: DER WANDEL DES CHRISTLICHEN GLAUBENS

BILANZ: DER WANDEL DES RITTERTUMS

QUELLENVERZEICHNIS

LITERATUR

VORWORT

Die Kreuzzüge sind ein besonderes Thema. Sie waren eine Erscheinung des Mittelalters, aber das Thema der Glaubenskriege war mit dem Ausgang des Mittelalters nicht überwunden. Vielmehr sorgten die Konfessionskämpfe im Gefolge der Reformation in der frühen Neuzeit für ein blutiges Weiterleben dieser Tradition. Die aktuelle Frage nach dem Verhältnis des in christlicher Tradition stehenden Westens zur islamischen Welt verleiht dem Thema zudem eine mitunter beunruhigende Brisanz. In dieser Darstellung geht es um die Kreuzzüge als eine mittelalterliche Erscheinung. Tatsächlich waren die Kreuzzüge, wenn man sie nicht einfach als Glaubenskriege versteht, sehr mittelalterliche Unternehmungen. Ohne das mittelalterliche Weltbild wären sie kaum denkbar, und von daher bietet die Geschichte der Kreuzzüge auch weniger Anhaltspunkte für eine Überheblichkeit des christlichen Europa gegenüber der Kultur des Islam und anderen Religionen, als man zunächst vermuten würde. Die Glaubenslehrer und die Gläubigen waren überzeugt von der überlegenen Wahrheit der christlichen Lehre – so wie die Moslems von der Überlegenheit des Islam und ihrer Kultur –, aber in der praktischen Ausführung beschränkte sich Europa zunächst auf die Heiligen Stätten und Jerusalem. Denn dort erwartete man die Wiederkehr Christi.

In dieser Darstellung geht es darum, die Geschichte der Kreuzzüge im Zusammenhang mit der Geschichte Europas während des hohen und späten Mittelalters zu erzählen und zu erklären. Die Wandlungen der Kreuzzugsgeschichte waren eng mit den Wandlungen der europäischen Verhältnisse dieser Jahrhunderte verbunden. Die militärische Geschichte der Kreuzzüge kommt eher am Rande vor. Dafür wird die politische, religiöse und soziale Geschichte der Kreuzzugszeit stärker hervortreten. Dies entspricht den Fachkenntnissen des Verfassers, der hoffen möchte, dass die Leser seine Erfahrung beim Schreiben dieses Bandes im Laufe der Lektüre teilen können: Die Kreuzzüge sind noch immer ein spannendes und lehrreiches Thema für die historische Arbeit.

Martin Kaufhold

EINLEITUNG

Die Kreuzzüge sind kein einfaches Thema. Einem modernen Betrachter erscheinen sie überaus widersprüchlich: Kriege im Namen Christi – dem der Frieden ein so bedeutendes Anliegen war –, und Eroberungszüge im Zeichen des Kreuzes –, das sich als Machtsymbol so gar nicht zu eignen scheint. Die Realität der Kreuzzüge vereinte Männer, denen es tatsächlich um ein religiöses Ideal ging – das sie mit dem Einsatz ihres Lebens unter großen Mühen verfolgten –, mit verkommenen Gestalten, wie sie jeder Krieg anzieht. Wer die Kreuzzüge für ein Unternehmen hält, das in etwas problematischer Weise hohe Ideale verfolgte und große Taten hervorbrachte, der wird für diese Sicht ebenso eindrucksvolle Beispiele finden wie derjenige, der in ihnen die Geschichte religiös motivierter Gewalt sieht, und der dazu auf die Morde an den Juden im Rheinland und die Tötung der Bewohner des eroberten Jerusalems im ersten Kreuzzug verweist. Es gibt keine eindeutige Geschichte.

Doch ist gerade das eine Herausforderung. Historiker sollten mit ihren Werturteilen zurückhaltend sein. Sie sollten das Geschehen vielmehr so rekonstruieren und darstellen, dass ihre Texte für Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten lesbar sind. Dazu müssen sie ihren Gegenstand klar benennen. Sie müssen, wissenschaftlich gesprochen, ihre Begriffe definieren. Die zentrale Frage am Anfang dieser Untersuchung lautet: Was war eigentlich ein Kreuzzug? Immerhin gab es im Laufe der Kreuzzugsgeschichte Kreuzzüge nach Jerusalem, aber auch Kreuzzüge an der Ostseeküste und in Spanien. Es gab Kreuzzüge gegen Moslems, gegen Häretiker (z. B. die Katharer im Süden Frankreichs), aber auch gegen Christen. Es ist klar, dass die Kreuzzugsgeschichte im späten 11. Jahrhundert begann, aber es ist durchaus umstritten, wann sie endete. Die alte Definition eines Kreuzzugs verstand darunter einen Kriegszug, der auf Initiative des Papstes zur Errichtung einer christlichen Herrschaft über das Grab Christi nach Jerusalem aufbrach, dessen Teilnehmer sich durch einen Eid banden, wofür sie einen Sündenablass und verschiedene weltliche Privilegien erhielten (H. E. Mayer). In jüngerer Zeit ist an dieser Festlegung vielfältige Kritik geübt worden. Insbesondere der englische Kreuzzugshistoriker Jonathan Riley-Smith und seine Schüler haben die Ausrichtung auf Jerusalem als notwendiges Kriterium in Frage gestellt und darauf bestanden, dass auch die zahlreichen anderen Kriegszüge, die im Namen des Kreuzes unternommen wurden, als Kreuzzüge gelten müssten. Sie haben der zeitlichen Einschränkung widersprochen, die ein Abklingen der Kreuzzugsgeschichte im 13. Jahrhundert angenommen hatte – weil es seit dieser Zeit keine Kreuzzüge ins Heilige Land mehr gab. Vielmehr gehörten in ihrer Sicht auch die Kriege im Namen des Kreuzes im späteren Mittelalter (14. und 15. Jahrhundert) zur Kreuzzugsgeschichte, die dadurch eine erhebliche Ausweitung erfuhr. Die Debatte ist keinesfalls abgeschlossen, und dies liegt nicht an dem mangelnden Einigungswillen der Historiker, sondern es ist in der Sache selbst begründet. Denn es war im Mittelalter gar nicht klar, was eigentlich ein Kreuzzug war. Der Begriff kommt im Zusammenhang mit den großen Kreuzzügen nach Jerusalem nicht vor. Er wurde erst später (im 13./14. Jahrhundert) geprägt – zu einer Zeit, als die Kriegszüge nach Jerusalem vorbei waren. Es handelt sich letztlich um einen Forschungsbegriff, und die Auseinandersetzung darum, wie er genau zu verstehen ist, ist solchen Begriffen zur Bezeichnung widersprüchlicher Phänomene in gewisser Weise eigen. In Hinblick auf die Vorstellung der Zeitgenossen des ersten Kreuzzugs spricht man in der Regel von einer »bewaffneten Pilgerfahrt«, um das Unternehmen zu bezeichnen. Es gab ja für diesen Zug noch keine eindeutigen Vorbilder. In jüngeren Arbeiten (E.-D. Hehl) werden die Kreuzzüge weniger als ein militärisches Ereignis an den Grenzen des christlichen Europa, sondern vielmehr als ein authentischer Ausdruck des inneren Zustandes dieses christlichen Europa verstanden – weil die Motivation für das Unternehmen nur aus der besonderen religiösen Aufbruchsstimmung zu verstehen sei, die das Abendland im 11. Jahrhundert erfasst habe.

So ist die Kreuzzugsgeschichte immer weniger eine Geschichte militärischer Züge und wird zu einer Geschichte kultureller Entwicklungen – und kultureller Konfrontationen. Dies entspricht einer allgemeinen Interessenverschiebung historischer Forschung in Hinblick auf die militärische Geschichte. Allerdings sollten wir das Phänomen noch etwas präzisieren, um zu erklären, warum dieser kleine Band die Kreuzzüge in der Auswahl präsentiert, die in den nächsten Kapiteln folgt.

Diese Darstellung konzentriert sich zunächst auf die Kreuzzüge in das Heilige Land, also auf die Kreuzzüge mit dem Ziel Jerusalem. Die weitere Entwicklung kommt durchaus in den Blick, sie wird aber in einem konzentrierten Ausblick zusammengefasst. Damit sollen nicht etwa die Erträge der neueren historischen Forschung beiseite geschoben werden. Es geht vielmehr um eine Konzentration auf ein Thema, das in dem hier vorgegeben Rahmen sinnvoll behandelt werden kann. Es ist keine Frage, dass die Kreuzzugsbewegung mit den Zügen in das Heilige Land nicht vollständig erfasst ist. Aber die Züge nach Jerusalem haben einen eigenen Platz in der Geschichte Europas. Sie beginnen im späten 11. Jahrhundert und sie gehen im 13. Jahrhundert allmählich zu Ende. Diese begrenzte Geschichte lehrt uns viel über das christliche Europa in einer dynamischen Phase des Aufbruchs. Dieser Aufbruch führte schließlich dazu, dass die Akteure ihre Grenzen erkannten. Die militärische Expansion über die Grenzen Europas hinaus war erst wieder eine Entwicklung der frühen Neuzeit. Die Kreuzzüge lehren die Kraft und die Problematik einer religiösen Begeisterung, die sich sehr weltliche Ziele steckte. Religiöse Begeisterung kommt in allen Epochen vor, und der religiöse Enthusiasmus des Mittelalters hat sich noch in vielen anderen Formen als in der militärischen der Kreuzzüge gezeigt. Die Kreuzzüge, deren Vorstellung noch immer die historische Imagination in widersprüchlichster Form belebt, erreichten ihre Höhepunkte innerhalb eines Jahrhunderts. Keine hundert Jahre lagen zwischen der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer im Juli 1099 und dem Verlust der Stadt im Oktober 1187, zwischen dem Aufbruch zum ersten Kreuzzug und dem wohl berühmtesten Kreuzzug, an dem sich Kaiser Friedrich Barbarossa, König Philipp von Frankreich und der englische König Richard Löwenherz beteiligten. Diese Phase hat unser Bild von den Kreuzzügen in besonderer Weise geprägt. Es war die große Zeit der Ritter, der antreibenden, eindrucksvollen Gestalten dieser Geschichte. Es ist eine begrenzte Geschichte, denn die Schlagkraft dieser Ritter wich im späteren Mittelalter allmählich moderneren Techniken des Kampfes. Dieser Bedeutungsverlust spiegelt sich in der Geschichte der Kreuzzüge.

Der Rahmen der hier vorgestellten Skizze der Kreuzzugsgeschichte wird durch die historische Kräfteentwicklung gesetzt, und sie beginnt mit der dynamischen Aufbruchsituation des 11. Jahrhunderts. Doch bevor wir uns dem westlichen Europa um die Mitte des 11. Jahrhunderts zuwenden, ist noch eine Klarstellung erforderlich. Mit guten Gründen könnte man den Anspruch formulieren, dass eine Geschichte der Kreuzzüge auch die historische Entwicklung im Byzantinischen Reich und im Nahen Osten berücksichtigen sollte. Immerhin zogen die Kreuzritter durch diese Reiche, und sie errichteten in deren Gebieten ihre Herrschaften. Dennoch nimmt dieser kleine Band in erster Linie die Perspektive des westlichen Europa ein. Das bedeutet nicht etwa die Perspektive der Kreuzfahrer. Aber ihre Handlungen stehen im Vordergrund. Eine Beschränkung ist nötig, und in diesem Falle sollte man sich auf einen Stoff konzentrieren, von dem man im Laufe der eigenen Arbeit eine Vorstellung gewonnen hat. Die Kreuzzüge werden hier vor allem als ein west- und mitteleuropäisches Phänomen behandelt.

Wir werden im Verlauf dieses Bandes darauf zu sprechen kommen, dass die Kreuzzüge zwar durch den Papst ausgerufen wurden (und diese Initiative des Papstes ist zu einem wichtigen Bestandteil der meisten Kreuzzugsdefinitionen geworden), dass der Papst aber eine andere Reaktion auf seinen Aufruf zum ersten Kreuzzug erfuhr, als er erwartet hatte. Die Reaktion der Zuhörer seines ersten Aufrufs und auch der Zuhörer seiner späteren Predigten fiel erheblich heftiger aus, als Urban II. dies erwartet hatte. Dies ist der historisch eigentlich interessante Vorgang, und er wird durch die Betonung der päpstlichen Rolle beim Zustandekommen des Kreuzzugs etwas überdeckt. Die Reaktion war Ausdruck einer dynamischen Spannung, die viele Menschen in Europa im späten 11. Jahrhundert erfasst hatte. Es war eine Spannung, die zentrale Lebensbereiche ergriffen hatte, und die zeigte, dass sich die lateinische Christenheit in einer Aufbruchsphase befand.

DIE SOZIALE DYNAMIK DES 11. JAHRHUNDERTS

Der große französische Mediävist Marc Bloch, dessen Buch »Die Feudalgesellschaft« von 1939 ein Klassiker der Sozialgeschichtschreibung des Mittelalters ist, hat für die Zeit um 1050 von einem »take-off« in Europa gesprochen. Es begänne eine Zeit, die er die »zweite Feudalzeit« nannte, charakterisiert durch den »Landesausbau an den Grenzen der westlichen Welt, auf den iberischen Hochflächen und in der großen Tiefebene jenseits der Elbe. Selbst im Innern der alten Landschaften sind die Wälder und Einöden vom Pflug angefressen worden, auf den ausgerodeten Lichtungen griffen dicht bei Bäumen und Gebüsch ganz neue Dörfer nach dem jungfräulichen Boden; andernorts ging rings um die seit ewigen Zeiten bewohnten Landschaften die Vergrößerung des Ackerbodens unter dem unaufhaltsamen Druck der Rodenden vor sich.« Was Marc Bloch beschrieb und dann analysierte, ist ein deutlicher Hinweis auf eine zunehmende Bevölkerung. Mehr Menschen brauchten mehr Platz, ihre Siedlungen wurden größer, sie nahmen zu und rückten enger zusammen. Alte Straßen wurden wieder ausgebaut. Das ist es, was wir im Rückblick, gestützt durch die Erkenntnisse der Archäologen und Sprachwissenschaftler, erkennen können. Dies war eine Zeit ohne Grundbücher, ohne Geburts- und ohne Taufregister. Bevölkerungszahlen und das Wachstum der Bevölkerung können nur aus solchen äußeren Anzeichen wie dem Landesausbau erschlossen werden. Landesausbau bedeutet in Mitteleuropa Rodung von Wald. Der Wald war das beherrschende Element. Wohin man sah, sah man Bäume, und wenn man nicht aufpasste und die Felder rechtzeitig von jungen Schösslingen befreite, holte sich der Wald die gerodeten Flächen zurück. Die Ausweitung der Rodung lässt sich durch Siedlungsüberreste und durch Siedlungsnamen ermessen. Siedlungen und Dörfer, die damals entstanden, haben Namen, die ähnlich gebildet wurden, und die etwa auf -rode, -hagen, oder -hausen endeten. Die Rekonstruktion ist nicht einfach. Zahlen zu nennen ist besonders schwer. Man geht davon aus, dass um die Mitte des 11. Jahrhunderts in Europa ca. 46. Mio Menschen lebten. Bis zum 13. Jahrhundert, also etwa in der Zeit, als die Kreuzzüge nach Jerusalem zu Ende gingen, wurden es ungefähr 60 Millionen. Hier geht es nicht um einzelne Millionen, sondern um Tendenzen. Mehr ist nicht möglich. Die Landwirtschaft war die vorherrschende Wirtschaftsform, und sie blieb es. Das ganze Mittelalter war eine agrarische Zeit. Aber der Handel nahm zu, und er wandelte seinen Charakter allmählich. Nach dem Untergang des Römischen Reiches war der Handel im frühen Mittelalter überwiegend ein Handel mit Luxusgütern gewesen, die an Höfen von wenigen Fernkaufleuten umgesetzt wurden. Europa war ein primitiver Wirtschaftsraum, der kaum Waren exportierte. Das änderte sich.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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