Die kürzeste Geschichte der Zeit - Stephen Hawking - E-Book + Hörbuch

Die kürzeste Geschichte der Zeit Hörbuch

Stephen Hawking

3,7

Beschreibung

Der Stephen Hawking für alle! Mit der bewusst für ein noch breiteres Publikum geschriebenen Die Kürzeste Geschichte der Zeit gelingt Stephen Hawking eine aufregende Zeitreise von der Erde und ihren Gesetzen über die Grenzen unseres Universums hinaus – ein einmaliges, ein unvergessliches Leseerlebnis. Es sind die großen Fragen unseres Daseins, denen sich Stephen Hawking in seinem Bestseller Die kürzeste Geschichte der Zeit widmet: Zu Wurmlöchern und Zeitreisen, zu Einsteins Relativitätstheorie und Newtons Schwerkraft, zu Quantengravitation und Gekrümmtem Raum haben sich bereits Viele vor und nach Hawking geäußert; doch nie waren die Erklärungen so nachvollziehbar und prägnant, so anschaulich und allgemeinverständlich. Er lässt die ganz theoretischen Passagen, die wir aus der Kurzen Geschichte der Zeit kennen, beiseite, um die wichtigsten Begriffe noch klarer, unmittelbarer und ausführlicher zu erläutern. Stephen Hawking erweist sich in diesem Buch einmal mehr als brillanter Astrophysiker und begnadeter Erzähler – als der unbestrittene Meister seines Fachs!

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Zeit:3 Std. 39 min

Sprecher:Stephan Benson
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Cover for EPUB

HAWKING, STEPHEN& LEONARD MLODINOW

DIE KÜRZESTE GESCHICHTE DER ZEIT

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hainer Kober

Klett-Cotta

IMPRESSUM

Die deutschsprachige Ausgabe ist erstmals 2005 im Rowohlt Verlag, Hamburg, erschienen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »A Briefer History of Time«

im Verlag Bantam Dell, A Division of Random House, Inc., New York

Copyright © 2005 by Stephen W. Hawking and Leonard Mlodinow

Für die deutsche Ausgabe

© 2024 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Original art copyright 2005 © The Book Laboratory Inc.

Image of Professor Stephen Hawking – Seite 29, 44, 109 © Stewart Cohen

Acknowledgments – Book Illustrations – The Book Laboratory® Inc.,

James Zhang and Kees Veenenbos

Cover: Rothfos & Gabler, Hamburg

unter Verwendung einer Abbildung von © Hydrogen_Density_Plots, Wikimedia Commons

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-608-98775-1

E-Book ISBN 978-3-608-12256-5

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALT

Vorwort

KAPITEL EINSVorstellungen vom Universum

KAPITEL ZWEIDie Entwicklung unseres Weltbildes

KAPITEL DREIDas Wesen wissenschaftlicher Theorien

KAPITEL VIERNewtons Universum

KAPITEL FÜNFRelativitätstheorie

KAPITEL SECHSGekrümmter Raum

KAPITEL SIEBENDas expandierende Universum

KAPITEL ACHTUrknall, Schwarze Löcher und die Entwicklung des Universums

KAPITEL NEUNQuantengravitation

KAPITEL ZEHNWurmlöcher und Zeitreisen

KAPITEL ELFNaturkräfte und die Vereinheitlichung der Physik

KAPITEL ZWÖLFSchluss

Albert Einstein

Galileo Galilei

Isaac Newton

Glossar

Danksagung

Namen- und Sachregister

VORWORT

DER TITEL DIESES BUCHES unterscheidet sich nur durch ein paar Buchstaben von einem Buch, das erstmals 1988 erschien. Eine kurze Geschichte der Zeit hielt sich auf der Bestsellerliste der Sunday Times 237 Wochen und wurde so oft verkauft, dass ungefähr ein Exemplar auf jeweils 750 Männer, Frauen und Kinder dieser Welt kommt. Dies war ein bemerkenswerter Erfolg für ein Buch, das einige der schwierigsten Fragen der modernen Physik aufgriff. Doch diese komplizierten Fragen sind zugleich die spannendsten, da sie die Grundfragen unserer Existenz stellen: Was wissen wir wirklich über das Universum? Wie ist unser Wissen darum beschaffen? Woher kam das Universum und wohin geht es? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Kurzen Geschichte der Zeit, und um diese Fragen geht es auch im vorliegenden Buch.

In den Jahren nach Erscheinen der Kurzen Geschichte der Zeit habe ich Rückmeldungen von Lesern aller Berufe und Altersstufen und aus aller Welt erhalten. Immer wieder wurde ich dabei um eine neue Version gebeten, die die wesentlichen Inhalte der Kurzen Geschichte beibehält, ihre wichtigsten Begriffe aber klarer und ausführlicher erläutert. Zwar könnte man erwarten, dass ein solches Buch Eine weniger kurze Geschichte der Zeit heißen würde, doch zeigten die Rückmeldungen ebenfalls, dass nur wenige Leser den Wunsch nach einer ausführlichen kosmologischen Abhandlung auf Universitätsniveau verspüren.

So kommt es zu der vorliegenden Form. In der Kürzesten Geschichte der Zeit haben wir die wesentlichen Inhalte des ursprünglichen Buches beibehalten und erweitert, dabei aber Wert darauf gelegt, seine Länge und Lesbarkeit zu bewahren. Trotzdem ist es eine kürzere Geschichte geworden, denn wir haben einige der wissenschaftlich komplizierteren Aspekte fortgelassen. Das haben wir aber unserer Meinung nach mehr als ausgeglichen, indem wir die Dinge, die wirklich den Kern des Buches bilden, ausführlicher behandelt haben.

Außerdem haben wir die Gelegenheit genutzt, das Buch zu aktualisieren, das heißt, neue theoretische und empirische Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die kürzeste Geschichte der Zeit beschreibt die Fortschritte, die bei der Suche nach einer vollständigen, vereinheitlichten Theorie aller Naturkräfte in jüngerer Zeit erzielt worden sind. Insbesondere beschäftigt sie sich mit den Entwicklungen in der Stringtheorie und den «Dualitäten» oder Entsprechungen zwischen scheinbar verschiedenen physikalischen Theorien – Indizien dafür, dass es eine vereinheitlichte Theorie der Physik geben könnte. Auf der empirischen Seite berichtet das Buch über wichtige neue Beobachtungen, etwa des Satelliten Cosmic Background Explorer (COBE) und des Hubble-Weltraumteleskops.

Vor etwa vierzig Jahren sagte Richard Feynman: «Wir haben das Glück, in einem Zeitalter zu leben, in dem noch immer Entdeckungen gemacht werden. Es ist wie mit der Entdeckung Amerikas – man kann es nur einmal entdecken. Das Zeitalter, in dem wir leben, ist das Zeitalter, in dem wir die fundamentalen Naturgesetze entdecken.» Heute sind wir dem Ziel, das Wesen des Universums zu erklären, näher als jemals zuvor. Mit diesem Buch möchten wir einen Eindruck davon vermitteln, wie aufregend diese Entdeckungen sind und welches neue Bild der Wirklichkeit sich daraus ergibt.

KAPITEL EINS VORSTELLUNGEN VOM UNIVERSUM

WIR LEBEN IN EINEM SELTSAMEN und wunderbaren Universum. Um es in seinem Alter, seiner Größe, seiner Kraftentfaltung und seiner Schönheit zu würdigen, bedarf es einer außerordentlichen Vorstellungskraft. Die Stellung, die wir Menschen in diesem riesigen Kosmos einnehmen, erscheint eher unbedeutend. Und so versuchen wir, das Ganze zu begreifen und die Rolle zu verstehen, die wir darin spielen. Ein namhafter Wissenschaftler (man sagt, es sei Bertrand Russell gewesen) hielt vor einigen Jahrzehnten einen öffentlichen Vortrag über Astronomie. Er schilderte, wie die Erde um die Sonne und die Sonne ihrerseits um den Mittelpunkt einer riesigen Ansammlung von Sternen kreist, die wir unsere Galaxis nennen.

Als der Vortrag beendet war, stand hinten im Saal eine kleine alte Dame auf und erklärte: «Was Sie uns da erzählt haben, ist alles Unsinn. In Wirklichkeit ist die Welt eine flache Scheibe, die von einer Riesenschildkröte auf dem Rücken getragen wird.» Mit einem überlegenen Lächeln hielt der Wissenschaftler ihr entgegen: «Und worauf steht die Schildkröte?» – «Sehr schlau, junger Mann», parierte die alte Dame. «Da stehen lauter Schildkröten aufeinander.»

Die meisten Menschen werden über die Vorstellung, unser Universum sei ein unendlicher Schildkrötenturm, den Kopf schütteln. Doch woher nehmen wir die Überzeugung, es besser zu wissen? Vergessen Sie einen Augenblick, was Sie über das All wissen – oder zu wissen glauben. Dann schauen Sie nach oben in den Nachthimmel. Was könnten diese Lichtpunkte bedeuten? Sind sie winzige Feuer? Es dürfte Ihnen schwer fallen, sich vorzustellen, was sie wirklich sind, denn das, was sie wirklich sind, liegt weit jenseits unserer gewöhnlichen Erfahrung. Wenn Sie die Sterne regelmäßig betrachten, haben Sie wahrscheinlich in der Dämmerung schon öfter ein schwaches Licht am Horizont erblickt. Es ist der Planet Merkur, der allerdings keine Ähnlichkeit mit unserem eigenen Planeten hat. Ein Tag auf Merkur entspricht zwei Dritteln eines Merkurjahres. Wenn die Sonne scheint, erreicht seine Oberfläche Temperaturen von mehr als 400 Grad Celsius, die in der Nacht auf fast 200 Grad unter null fallen. Doch so verschieden Merkur auch von unserem eigenen Planeten ist, er liegt unserer Vorstellung nicht annähernd so fern wie ein typischer Stern, denn der ist ein riesiger Hochofen, der Milliarden Kilogramm Materie in der Sekunde verbrennt und in seinem Kern Temperaturen von mehreren zehn Millionen Grad erreicht.

Schwer vorstellbar ist auch, wie weit die Planeten und Sterne tatsächlich entfernt sind. Die alten Chinesen erbauten Steintürme, um die Sterne aus der Nähe betrachten zu können. Der Gedanke, dass uns die Sterne und Planeten viel näher sind, als es in Wirklichkeit der Fall ist, bietet sich an, denn in der alltäglichen Welt fehlt es uns an Erfahrungen mit so riesigen räumlichen Entfernungen. Diese Abstände sind so groß, dass es sinnlos ist, sie in Metern oder Kilometern zu messen, den Maßeinheiten, in denen wir die meisten Strecken erfassen. Stattdessen verwenden wir das Lichtjahr: die Entfernung, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. In einer Sekunde bewältigt ein Lichtstrahl eine Strecke von 300000 Kilometern, folglich ist ein Lichtjahr eine sehr lange Distanz. Der nächste Stern, von unserer Sonne abgesehen, heißt Proxima Centauri (auch als Alpha Centauri C bezeichnet) und ist rund vier Lichtjahre entfernt. Das ist so weit, dass selbst das schnellste Raumschiff, das unsere Ingenieure heute am Reißbrett entwerfen können, für die Reise etwa 10000 Jahre brauchen würde.

Im Altertum waren die Menschen sehr bemüht, das Universum zu verstehen, aber sie hatten unsere mathematischen und wissenschaftlichen Voraussetzungen noch nicht entwickelt. Heute verfügen wir über sehr leistungsfähige Werkzeuge: geistige Werkzeuge wie die Mathematik und die wissenschaftliche Methode und technische Werkzeuge wie Computer und Teleskope. Mit Hilfe dieser Werkzeuge haben wir viele Erkenntnisse über das All gewonnen. Doch was wissen wir wirklich vom Universum, und wieso wissen wir es? Woher kommt das Universum, und wohin entwickelt es sich? Hatte es wirklich einen Anfang? Und wenn, was geschah davor? Was ist die Zeit? Wird sie je ein Ende finden? Können wir in der Zeit zurückgehen? Neuere Erkenntnisse in der Physik, die teilweise neuen Technologien zu verdanken sind, legen einige Antworten auf diese alten Fragen nahe. Eines Tages werden uns diese Antworten vielleicht so selbstverständlich erscheinen wie die Tatsache, dass die Erde um die Sonne kreist, oder so lächerlich wie der Schildkrötenturm. Nur die Zukunft (egal, wie sie aussehen wird) kann uns eine Antwort darauf geben.

KAPITEL ZWEI DIE ENTWICKLUNG UNSERES WELTBILDES

OBWOHL NOCH ZUR ZEIT von Christoph Kolumbus viele Menschen glaubten (und vereinzelt sogar heute noch glauben), die Erde sei flach, können wir die Ursprünge der modernen Astronomie bis ins antike Griechenland zurückverfolgen. Um 340 v. Chr. verfasste der griechische Philosoph Aristoteles die Schrift Vom Himmel. Darin brachte er gute Argumente für seine Überzeugung vor, dass die Erde keine flache Scheibe, sondern kugelförmig sei.

Ein Argument stützte sich auf die Mondfinsternis. Aristoteles hatte bemerkt, dass diese Verfinsterungen dadurch erzeugt werden, dass die Erde zwischen Sonne und Mond tritt. Dabei wirft die Erde ihren Schatten auf den Mond und verursacht die Verfinsterung. Aristoteles hatte bemerkt, dass der Schatten immer rund ist. Das kann nur der Fall sein, wenn die Erde eine Kugel und keine flache Scheibe ist. Wäre sie eine Scheibe, könnte der Schatten nur rund sein, wenn die Finsternis zu einem Zeitpunkt einträte, da die Sonne direkt unter dem Mittelpunkt der Scheibe stünde. Ansonsten wäre der Schatten länglich – in der Form einer Ellipse (eine Ellipse ist ein länglicher Kreis).

Die Griechen hatten noch ein weiteres Argument dafür, dass die Erde rund sein muss. Wäre die Erde flach, müsste ein Schiff, das sich vom Horizont her nähert, zuerst als winziger, unbestimmter Fleck erscheinen. Beim Näherkommen wären wir nach und nach in der Lage, Einzelheiten zu erkennen, etwa Segel und Rumpf. Das ist aber nicht der Fall. Wenn sich ein Schiff am Horizont zeigt, sehen wir zunächst die Segel des Schiffes. Erst später erblicken wir den Rumpf. Der Umstand, dass die Masten eines Schiffs, die hoch über den Rumpf aufragen, als erster Teil des Schiffs über dem Horizont auftauchen, ist ein Beweis dafür, dass die Erde eine Kugel ist.

Auch schenkten die Griechen dem Nachthimmel viel Aufmerksamkeit. Zur Zeit von Aristoteles hatte die Menschheit schon seit Jahrhunderten aufgezeichnet, wie sich die Lichter am Nachthimmel bewegten.

Ein Schiff am HorizontDa die Erde eine Kugel ist, zeigen sich die Masten und Segel eines Schiffes, das über den Horizont kommt, vor dem Rumpf.

Sie hatten bemerkt, dass sich zwar fast all die vielen tausend Lichter, die sie sahen, gemeinsam über den Himmel zu bewegen schienen, fünf von ihnen aber (den Mond nicht mitgezählt) eigene Wege gingen. Sie wichen zwischenzeitlich von der regelmäßigen Ost-West-Route ab, um später zu ihr zurückzukehren. Diese Lichter nannte man Planeten – das griechische Wort für den «Umherschweifenden». Die Griechen beobachteten fünf Planeten, weil man nur fünf mit bloßem Auge sehen kann: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.

Heute wissen wir, warum die Planeten am Himmel so ungewöhnliche Bahnen ziehen: Während die Sterne sich im Vergleich zu unserem Sonnensystem kaum bewegen, kreisen die Planeten um die Sonne, daher ist die Bewegung der Planeten am Nachthimmel sehr viel komplizierter als die Bewegung der fernen Sterne.

Aristoteles glaubte, die Sonne, der Mond, die Planeten und die Sterne bewegten sich in kreisförmigen Umlaufbahnen um die Erde, während diese in einem unbewegten Zustand verharre, eine Auffassung, der seine mystische Überzeugung zugrunde lag, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums und die kreisförmige Bewegung die vollkommenste. Aus dieser Vorstellung entwickelte Ptolemäus im 2. Jahrhundert n. Chr. ein vollständiges kosmologisches Modell. Er betrieb seine Studien mit Leidenschaft. «Wenn ich dem kreisförmigen Lauf der Sterne in ihrer dicht gedrängten Vielfalt voller Entzücken folge», schrieb er, «berühren meine Füße nicht mehr den Erdboden.»

Im ptolemäischen Modell umgaben acht Sphären die Erde. Jede Sphäre war etwas größer als die vorhergehende, ähnlich wie russische Puppen. Die Erde bildete den Mittelpunkt der Sphären. Was jenseits der letzten Sphäre lag, wurde nie deutlich erklärt; mit Sicherheit aber gehörte es nicht zu dem Teil des Universums, der menschlicher Beobachtung zugänglich war. Die äußerste Sphäre war also eine Art Grenze, oder Behältnis, für das Universum. Die Sterne nahmen feste Positionen auf dieser Sphäre ein. Wenn sich die Sphäre drehte, blieben die Sterne daher relativ zueinander in den gleichen Positionen und kreisten gemeinsam, als geschlossene Gruppe, über den Himmel – genauso, wie wir es beobachten. Die inneren Sphären trugen die Planeten. Diese waren auf den jeweiligen Sphären nicht fixiert wie die Sterne, sondern bewegten sich auf ihren Sphären in kleinen Kreisen, so genannten Epizyklen. Durch die Rotation der Planetensphären und die Bewegungen der Planeten auf ihren Sphären entstanden Planetenbahnen, die relativ zur Erde sehr komplex waren.

Das ptolemäische Modell Im ptolemäischen Modell befand sich die Erde im Mittelpunkt des Universums und war von acht Sphären umgeben, die alle damals bekannten Himmelskörper trugen.

Auf diese Weise konnte Ptolemäus erklären, dass die beobachteten Bahnen der Planeten viel komplizierter als einfache Kreise am Himmel waren.

Das ptolemäische Modell lieferte ein System, das hinreichend genau war, um die Positionen der Himmelskörper vorherzusagen. Doch zur präzisen Vorherbestimmung dieser Positionen musste Ptolemäus von der Voraussetzung ausgehen, der Mond folge einer Bahn, die ihn manchmal doppelt so nahe an die Erde heranführte wie zu den anderen Zeiten. Das wiederum bedeutete, der Mond müsste manchmal doppelt so groß erscheinen wie sonst! Ptolemäus war sich dieser Schwäche seines Systems bewusst. Dennoch wurde es allgemein, wenn auch nicht ausnahmslos, akzeptiert. Die christliche Kirche übernahm es als Bild des Universums, da es sich in Einklang mit der Heiligen Schrift bringen ließ, denn es hatte den großen Vorteil, dass es jenseits der Sphäre der Fixsterne noch genügend Platz für Himmel und Hölle ließ.

Doch 1514 schlug Nikolaus Kopernikus, Domherr zu Frauenburg (Polen), ein anderes Modell vor. (Vielleicht aus Angst, von seiner Kirche als Ketzer gebrandmarkt zu werden, brachte er seine Thesen zunächst anonym in Umlauf.) Kopernikus hatte die revolutionäre Idee, dass nicht alle Himmelskörper die Erde umkreisen müssen. Vielmehr glaubte er, die Sonne ruhe unbewegt im Mittelpunkt des Sonnensystems, während die Erde und die anderen Planeten sich in kreisförmigen Bahnen um die Sonne bewegten. Wie das ptolemäische so bewährte sich auch das kopernikanische Modell recht gut, deckte sich aber nicht vollkommen mit den Beobachtungen. Da es sehr viel einfacher als das ptolemäische Modell war, hätte man erwarten können, dass die Menschen es sich rasch zu Eigen machen würden. Doch es vergingen fast hundert Jahre, bevor die Idee ernst genommen wurde. Dann traten zwei Astronomen – der deutsche Johannes Kepler und der Italiener Galileo Galilei – öffentlich für die kopernikanische Theorie ein.

1609 begann Galilei, den Nachthimmel mit einem Fernrohr zu beobachten, das gerade erfunden worden war. Als er den Planeten Jupiter betrachtete, entdeckte er, dass dieser von einigen kleinen Satelliten oder Monden begleitet wird, die ihn umkreisen. Daraus folgte, dass nicht alle Himmelskörper die Erde direkt umkreisen müssen, wie Aristoteles und Ptolemäus gemeint hatten. Gleichzeitig verbesserte Johannes Kepler die kopernikanische Theorie, indem er vorschlug, dass sich die Planeten nicht auf Kreis-, sondern auf Ellipsenbahnen bewegten. Mit dieser Veränderung der Theorie deckten sich die Vorhersagen plötzlich mit den Beobachtungen. Das war der Todesstoß für das ptolemäische Modell.

Obwohl die elliptischen Bahnen das kopernikanische Modell verbesserten, waren sie nach Keplers Ansicht nur eine provisorische Hypothese. Hintergrund war, dass Kepler einige vorgefasste Ansichten über die Natur besaß, die nicht auf Beobachtungen beruhten: Wie Aristoteles glaubte Kepler einfach, dass Ellipsen weniger vollkommen seien als Kreise. Die Idee, dass sich Planeten auf so unvollkommenen Bahnen bewegen könnten, erschien ihm zu hässlich, um die endgültige Wahrheit sein zu können. Bekümmert war Kepler auch, weil er sie nicht mit seiner Vorstellung in Einklang bringen konnte, dass magnetische Kräfte die Planeten um die Sonne bewegten. Zwar täuschte sich Kepler in der Annahme, magnetische Kräfte seien der Grund für die Planetenbahnen, trotzdem verdanken wir ihm die Erkenntnis, dass es eine Kraft geben muss, die für die Bewegung verantwortlich ist. Warum die Planeten die Sonne wirklich umkreisen, wurde erst viel später erklärt, im Jahr 1687, als Sir Isaac Newton die Philosophiae naturalis principia mathematica veröffentlichte, das wahrscheinlich wichtigste physikalische Werk, das je erschienen ist.

In den Principia stellte Newton ein Gesetz auf, nach dem Gegenstände, die sich in Ruhe befinden, natürlicherweise immer weiter in Ruhe bleiben, es sei denn, dass eine Kraft auf sie einwirkt, und er beschrieb, wie die Kraftwirkungen einen Gegenstand veranlassen, sich zu bewegen oder seine Bewegung zu verändern. Also warum bewegen sich die Planeten in Ellipsen um die Sonne? Newton sagte, dafür sei eine bestimmte Kraft verantwortlich, und behauptete, es sei dieselbe Kraft, die dafür sorge, dass Gegenstände zur Erde fielen und nicht in Ruhe verharrten, wenn man sie loslasse. Diese Kraft nannte er Gravitation oder Schwerkraft. Außerdem entwickelte Newton eine mathematische Methode, die exakt beschrieb, wie Gegenstände reagieren, wenn eine Kraft wie die Gravitation auf sie einwirkt, und er löste die daraus resultierenden Gleichungen. So konnte er zeigen, dass sich die Erde und die anderen Planeten unter dem Einfluss, den die Gravitation der Sonne ausübt, in Ellipsen bewegen – genauso wie Kepler es vorhergesagt hatte! Newton behauptete, seine Gesetze würden für alle Dinge im Universum gelten, von fallenden Äpfeln bis hin zu Sternen und Planeten. Damit hatte zum ersten Mal in der Geschichte jemand die Bewegung der Planeten mit Gesetzen erklärt, die auch für Bewegungen auf der Erde gelten. Das war der Beginn der modernen Physik und der modernen Astronomie.

Ohne den Begriff der ptolemäischen Sphären gab es keinen Grund mehr für die Annahme, das Universum habe eine natürliche Grenze, die äußerste Sphäre. Da die Sterne im Übrigen ihre Position nicht zu verändern schienen, abgesehen von einer kreisförmigen Bewegung über den Himmel, die durch die Rotation der Erde um die eigenen Achse hervorgerufen wurde, lag die Annahme nahe, dass die Sterne Objekte wie unsere Sonne sind, nur sehr viel weiter entfernt. Damit hatte die Menschheit nicht nur die Idee aufgegeben, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums sei, sondern sogar die Vorstellung, dass unsere Sonne und vielleicht sogar unser Sonnensystem privilegierte Teile des Universums seien. Dieses veränderte Weltbild bedeutete einen tief greifenden Wandel des menschlichen Denkens: Er war der Beginn einer wissenschaftlichen Erklärung des Universums.

KAPITEL DREI DAS WESEN WISSENSCHAFTLICHER THEORIEN

WENN WIR UNS MIT DER BESCHAFFENHEIT des Universums befassen und Fragen erörtern wollen wie die nach seinem Anfang oder seinem Ende, müssen wir eine klare Vorstellung davon haben, was eine wissenschaftliche Theorie ist. Ich werde hier von der einfachen Auffassung ausgehen, dass eine Theorie aus einem Modell des Universums oder eines seiner Teile sowie aus einer Reihe von Regeln besteht, die Größen innerhalb des Modells in Beziehung zu unseren Beobachtungen setzen. Eine Theorie existiert nur in unserer Vorstellung und besitzt keine andere Wirklichkeit (was auch immer das bedeuten mag).

Gut ist eine Theorie, wenn sie zwei Voraussetzungen erfüllt: Sie muss eine große Klasse von Beobachtungen auf der Grundlage eines Modells beschreiben, das nur einige wenige willkürliche Elemente enthält, und sie muss eindeutige Voraussagen über die Ergebnisse künftiger Beobachtungen ermöglichen.

Beispielsweise glaubte Aristoteles an die Theorie des Empedokles, nach der alles aus den vier Elementen Erde, Luft, Feuer und Wasser besteht. Das war einfach genug, um der ersten genannten Bedingung zu genügen, führte aber zu keinen eindeutigen Voraussagen. Newtons Gravitationstheorie dagegen beruhte auf einem noch einfacheren Modell, nach dem sich Körper mit einer Kraft anziehen, die ihrer Masse proportional und dem Quadrat der Entfernung zwischen ihnen umgekehrt proportional ist. Aber sie sagt die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der Planeten mit großer Präzision voraus.

Jede physikalische Theorie ist insofern vorläufig, als sie nur eine Hypothese darstellt: Man kann sie nie beweisen. Wie häufig auch immer die Ergebnisse von Experimenten mit einer Theorie übereinstimmen, man kann nie sicher sein, dass das Ergebnis nicht beim nächsten Mal der Theorie widersprechen wird. Dagegen ist eine Theorie widerlegt, wenn man nur eine einzige Beobachtung findet, die nicht mit den aus ihr abgeleiteten Voraussagen übereinstimmt. Wie der Wissenschaftsphilosoph Karl Popper darlegte, zeichnet sich eine gute Theorie dadurch aus, dass sie eine Reihe von Vorhersagen macht, die sich im Prinzip jederzeit durch Beobachtungsergebnisse widerlegen, falsifizieren, lassen. Immer wenn die Beobachtungen aus neuen Experimenten mit den Vorhersagen übereinstimmen, überlebt die Theorie, und man fasst ein bisschen mehr Vertrauen zu ihr; doch sobald man auch nur auf eine Beobachtung stößt, die von den Vorhersagen abweicht, muss man die Theorie aufgeben oder modifizieren.

Zumindest sollte das der Fall sein, doch es sind natürlich stets Zweifel erlaubt an der Fähigkeit derer, welche die Experimente durchführen.

In der Praxis sieht dies oft so aus, dass man eine neue Theorie entwickelt, die in Wahrheit nur eine Erweiterung der vorigen ist. Beispielsweise ergaben sehr genaue Beobachtungen des Planeten Merkur, dass seine Bewegung geringfügig von den Vorhersagen der Newton’schen Gravitationstheorie abweicht. Einsteins allgemeine Relativitätstheorie sagte eine etwas andere Bewegung als Newtons Theorie voraus. Dass die Einstein’schen Vorhersagen im Gegensatz zu den Newton’schen mit dem übereinstimmten, was man sah, gehört zu den entscheidenden Bestätigungen der neuen Theorie. Für alle praktischen Zwecke verwenden wir jedoch nach wie vor Newtons Theorie, weil der Unterschied zwischen ihren Vorhersagen und denen der allgemeinen Relativität in den Situationen, mit denen wir normalerweise zu tun haben, verschwindend klein ist. (Newtons Theorie hat überdies den großen Vorteil, dass es sich mit ihr sehr viel einfacher arbeiten lässt als mit der Einstein’schen!)

Letztlich ist es das Ziel der Wissenschaft, eine einzige Theorie zu finden, die das gesamte Universum beschreibt. In der Praxis aber zerlegen die meisten Wissenschaftler das Problem in zwei Teile: Erstens gibt es die Gesetze, die uns mitteilen, wie sich das Universum im Laufe der Zeit verändert. (Wenn wir wissen, wie das Universum zu einem gegebenen Zeitpunkt aussieht, so teilen uns diese physikalischen Gesetze mit, wie es zu irgendeinem späteren Zeitpunkt aussehen wird.) Zweitens gibt es die Frage nach dem Anfangszustand des Universums. Manche Menschen finden, dass sich die Wissenschaft nur mit dem ersten Teil des Problems befassen sollte; sie halten die Frage nach der Anfangssituation für eine Angelegenheit der Metaphysik oder Religion. Sie würden vorbringen, Gott in seiner Allmacht hätte die Welt in jeder von ihm gewünschten Weise beginnen lassen können. Das mag zutreffen, doch dann hätte er auch ihre Entwicklung in völlig beliebiger Weise gestalten können. Aber anscheinend hat er sich für eine sehr regelmäßige Entwicklung des Universums, für eine Entwicklung in Übereinstimmung mit bestimmten Gesetzen entschieden. Deshalb scheint es genauso vernünftig, anzunehmen, dass es Gesetze gibt, die den Anfangszustand bestimmt haben.

Es hat sich als eine sehr schwierige Aufgabe erwiesen, eine Theorie zu entwickeln, die in einem einzigen Entwurf das ganze Universum beschreibt. Stattdessen zerlegen wir das Problem in einzelne Segmente und arbeiten Teiltheorien aus. Jede dieser Teiltheorien beschreibt eine eingeschränkte Klasse von Beobachtungen und trifft jeweils nur über sie Voraussagen, wobei die Einflüsse anderer Größen außer Acht gelassen oder durch bestimmte Zahlenwerte repräsentiert werden. Vielleicht ist dieser Ansatz völlig falsch. Wenn im Universum grundsätzlich alles von allem abhängt, könnte es unmöglich sein, einer Gesamtlösung näher zu kommen, indem man Teile des Problems isoliert untersucht. Trotzdem haben wir in der Vergangenheit auf diesem Weg zweifellos Fortschritte erzielt. Das klassische Beispiel ist abermals die Newton’sche Gravitationstheorie, nach der die Schwerkraft zwischen zwei Körpern außer vom Abstand nur von einem mit jedem Körper verknüpften Zahlenwert abhängt, seiner Masse, sonst aber unabhängig von der Beschaffenheit der Körper ist. So braucht man keine Theorie über den Aufbau und Zustand der Sonne und der Planeten, um ihre Umlaufbahnen zu berechnen.

Heute beschreibt die Physik das Universum anhand zweier grundlegender Teiltheorien: der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Sie sind die großen geistigen Errungenschaften aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt die Schwerkraft und den Aufbau des Universums im Großen, das heißt in der Größenordnung von ein paar Kilometern bis hin zu einer Million Million Million Million (einer 1 mit 24 Nullen) Kilometern, der Größe des beobachtbaren Universums. Die Quantenmechanik dagegen beschäftigt sich mit Erscheinungen in Bereichen von außerordentlich geringer Ausdehnung wie etwa einem millionstel millionstel Zentimeter. Leider sind diese beiden Theorien nicht miteinander in Einklang zu bringen – sie können nicht beide richtig sein. Eine der Hauptanstrengungen in der heutigen Physik (und das zentrale Thema dieses Buchs) ist die Suche nach einer neuen Theorie, die beide Teiltheorien einschließt – nach einer Quantentheorie der Gravitation. Über eine solche Theorie verfügen wir bislang nicht, und möglicherweise sind wir noch weit von ihr entfernt, aber wir kennen bereits viele der Eigenschaften, die sie aufweisen muss. Und wir werden in späteren Kapiteln sehen, dass wir schon einiges über die Voraussagen wissen, die eine Quantentheorie der Gravitation liefern muss.

Wenn man der Meinung ist, das Universum sei nicht willkürlich, sondern werde von bestimmten Gesetzen regiert, muss man die Teiltheorien zu einer vollständigen vereinheitlichten Theorie zusammenfassen, die alles im Universum beschreibt. Es gibt jedoch ein grundlegendes Paradoxon bei der Suche nach einer vollständigen vereinheitlichten Theorie.

Von den Atomen zu den GalaxienIn der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erweiterten die Physiker ihre Theorien von der alltäglichen Welt Isaac Newtons bis zu den kleinsten und größten Extremen unseres Universums.

Die Vorstellungen über wissenschaftliche Theorie, wie sie oben dargelegt wurden, setzen voraus, dass wir vernunftbegabte Wesen sind, die das Universum beobachten und aus dem, was sie sehen, logische Schlüsse ziehen können. Diese Vorstellung erlaubt es uns, davon auszugehen, dass wir die Gesetze, die unser Universum regieren, immer umfassender verstehen. Doch wenn es tatsächlich eine vollständige einheitliche Theorie gibt, würde sie wahrscheinlich auch unser Handeln bestimmen. Deshalb würde die Theorie selbst die Suche nach ihr determinieren! Und warum sollte sie bestimmen, dass wir aus den Beobachtungsdaten die richtigen Folgerungen ableiten? Könnte sie nicht ebenso gut festlegen, dass wir die falschen oder überhaupt keine Schlüsse ziehen?

Die einzige Antwort, die ich auf dieses Problem weiß, beruht auf Darwins Prinzip der natürlichen Selektion. Danach wird es in jeder Population sich selbst fortpflanzender Organismen bei den verschiedenen Individuen Unterschiede in der Erbanlage und in der Aufzucht geben. Diese Unterschiede bewirken, dass einige Individuen besser als andere in der Lage sind, die richtigen Schlussfolgerungen über die Welt um sie her zu ziehen und entsprechend zu handeln. Für diese Individuen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie überleben und sich fortpflanzen, und deshalb werden sich ihr Verhalten und Denken durchsetzen. Für die Vergangenheit trifft sicherlich zu, dass Intelligenz und wissenschaftliche Entdeckungen von Vorteil für unser Überleben waren. Weniger sicher ist, ob dies noch immer der Fall ist: Unsere wissenschaftlichen Entdeckungen könnten uns vernichten, und selbst wenn sie es nicht tun, so wird eine vollständige vereinheitlichte Theorie unsere Überlebenschancen möglicherweise nicht wesentlich verbessern. Doch von der Voraussetzung ausgehend, das Universum habe sich in regelmäßiger Weise entwickelt, können wir erwarten, dass sich die Denk- und Urteilsfähigkeit, mit der uns die natürliche Selektion ausgestattet hat, auch bei der Suche nach einer vollständigen vereinheitlichten Theorie bewähren und uns nicht zu falschen Schlüssen führen wird.

Da die Teiltheorien, die wir bereits haben, von ganz außergewöhnlichen Situationen abgesehen, ausreichen, um genaue Vorhersagen zu liefern, scheint sich die Suche nach der endgültigen Theorie des Universums aus praktischer Sicht nur schwer rechtfertigen zu lassen. (Hier lässt sich allerdings anmerken, dass man ähnliche Einwände auch gegen die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik hätte vorbringen können, und