Die letzten Tage von Pompeji. Band 3 - Edward Bulwer-Lytton - E-Book

Die letzten Tage von Pompeji. Band 3 E-Book

Edward Bulwer Lytton

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Pompeji, 79. n. Chr.: Der junge und reiche Grieche Glaukus führt ein dekadentes Leben in Ausschweifungen und Laster. Er verbringt seine Zeit in der müßigen Gesellschaft von neureichen und nichtsnutzigen Tagedieben, wie dem Patrizier Clodius und dem Freigelassenen Diomed. Doch als er der schönen Ione begegnet und sich in diese verliebt, wird ihm die Sinnlosigkeit seines bisherigen Lebenswandels schlagartig bewusst. Seine Gedanken kreisen nur noch um die junge Frau, die seine Gefühle erwidert. Aber Ione ist ein Mündel des ägyptischen Isispriesters Arbaces, der sie seinerseits begehrt. Und während die Einwohner Pompejis ihren menschlichen Verwicklungen und Interessen folgen, deuten erste Beben eine unvorhergesehene Katastrophe an. Das 1834 erschienene große Werk von Edward Bulwer-Lytton war bei seinem Erscheinen eine literarische Sensation. Die imposanten Naturschilderungen, die authentisch gezeichneten Figuren und die Darstellung des römischen Lebens in Pompeji kurz vor Ausbruch des Vesuvs wurden mehrfach verfilmt. Dies ist der dritte Band von insgesamt drei Bänden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 229

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



EDUARD BULWER-LYTTON

 

 

DIE LETZTEN TAGE VON POMPEJI

 

HISTORISCHER ROMAN

IN DREI BÄNDEN

 

 

 

BAND 3

 

 

DIE LETZTEN TAGE VON POMPEJI wurde in der zugrundeliegenden Übersetzung von Wilhelm Schöttlen zuerst von Scheibe, Riegler & Sattler veröffentlicht, Stuttgart 1845.

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

2024

 

V 1.0

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

BAND 3

ISBN 978-3-96130-621-3

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

 

 

Books made in Germany with

 

 

 

Bleibe auf dem Laufenden über Angebote und Neuheiten aus dem Verlag mit dem lesenden Affen und

abonniere den kostenlosen apebook Newsletter!

Du kannst auch unsere eBook Flatrate abonnieren.

Dann erhältst Du alle neuen eBooks aus unserem Verlag (Klassiker und Gegenwartsliteratur)

für einen kleinen monatlichen Beitrag (Zahlung per Paypal oder Bankeinzug).

Hier erhältst Du mehr Informationen dazu.

 

 

 

Follow apebook!

 

 

 

 

 

ROMANE von JANE AUSTEN

 

im apebook Verlag

 

 

 

 

Verstand und Gefühl

 

Stolz und Vorurteil

 

Mansfield Park

 

Northanger Abbey

 

Emma

 

 

 

*

* *

 

 

 

 

HISTORISCHE ROMANREIHEN

 

im apebook Verlag

 

 

Der erste Band jeder Reihe ist kostenlos!

 

 

 

Die Geheimnisse von Paris. Band 1

 

Mit Feuer und Schwert. Band 1: Der Aufstand

 

Quo Vadis? Band 1

 

Bleak House. Band 1

 

 

 

Am Ende des Buches findest du weitere Buchtipps und kostenlose eBooks.

 

Und falls unsere Bücher mal nicht bei dem Online-Händler deiner Wahl verfügbar sein sollten: Auf unserer Website sind natürlich alle eBooks aus unserem Verlag (auch die kostenlosen) in den gängigen Formaten EPUB (Tolino etc.) und MOBI (Kindle) erhältlich!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Die letzten Tage von Pompeji. Band 3

Impressum

Fünftes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Sechstes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Letztes Kapitel.

Eine kleine Bitte

Buchtipps für dich

Kostenlose eBooks

A p e B o o k C l a s si c s

N e w s l e t t e r

F l a t r a t e

F o l l o w

A p e C l u b

Links

ApePoints sammeln

Zu guter Letzt

Fünftes Buch.

 

Erstes Kapitel.

Worin Ione'n ein Abenteuer begegnet.

Während Einige zurückblieben, um den Leichenschmaus mit den Priestern zu teilen, schlug Ione mit ihren Sklavinnen den traurigen Heimweg ein. Und jetzt erst, nachdem die letzte Pflicht gegen ihren Bruder erfüllt war, erwachte ihr Geist aus seiner Betäubung, und sie gedachte ihres Bräutigams und der fürchterlichen, gegen ihn erhobenen Klage. Da sie, wie bereits gemeldet, nicht einen Augenblick der unnatürlichen Anklage Glauben schenkte, sondern den schwärzesten Verdacht gegen Arbaces hegte, fühlte sie, daß die Gerechtigkeit gegen ihren Geliebten und ihren ermordeten Bruder sie auffordere, sich zum Prätor zu begeben und ihm ihre Vermutungen, so wenig sie auch Beweise dafür beibringen konnte, mitzuteilen. Als sie ihre Mädchen befragte, die bis daher in der zärtlichen Sorge, ihrer Gebieterin einen weiteren Schmerz zu ersparen, nichts über den Zustand des Glaukus erwähnt hatten, erfuhr sie, daß er gefährlich krank gewesen, sich im Hause Sallusts als Gefangener befinde und daß der Tag der betreffenden gerichtlichen Verhandlung bereits festgesetzt sei.

»Rettende Götter!« rief sie, »habe ich so lange seiner vergessen können? Schien ich ihn zu meiden? Oh, laßt mich eilen, gerecht gegen ihn zu sein – zu zeigen, daß ich, die nächste Verwandte des Toten, ihn für unschuldig halte. Schnell, schnell, laßt uns fliegen. Laßt mich ihn trösten, pflegen, ermuntern, und wenn man mir nicht glauben, wenn man meiner Überzeugung nicht nachgehen will, wenn man ihn zum Tod oder zur Verbannung verdammt, so will ich sein Schicksal teilen!«

Unwillkürlich beschleunigte sie ihre Schritte, wußte jedoch in der Verwirrung und der Zerstörung kaum wohin sie ging, indem sie bald beschloß, den Prätor aufzusuchen, bald nach dem Zimmer des Glaukus zu stürzen. Schon war sie, eher fliegend denn gehend, durch das Stadtor in die lange Straße getreten, die sich durch die Stadt hinzieht. Die Häuser standen offen, aber die Straßen waren noch verlassen; das Leben der Stadt war kaum erwacht, als sie plötzlich auf eine kleine Gruppe stieß, die eine bedeckte Sänfte umgab. Eine hohe Gestalt trat aus ihrer Mitte hervor und Ione schrie laut auf, als sie den Arbaces erkannte.

»Schöne Ione,« begann er sanft und dem Anscheine nach ihre Unruhe nicht bemerkend, »meine Pflegetochter, meine Zöglingin! Vergib mir, wenn ich Dich in Deinem frommen Schmerz störe; aber der Prätor, besorgt für Deine Ehre und vom innigsten Wunsche geleitet, daß Du Dich nicht übereilt in die bevorstehende Untersuchung verwickeln mögest – die seltsame Verwicklung Deiner Lage erwägend, da Du Gerechtigkeit für Deinen Bruder zu suchen, aber die Bestrafung Deines Verlobten zu fürchten hast – beklagend überdies Deine schutz- und freundlose Lage, und es für hart erachtet, wenn Du ohne Führer handeln und allein trauern müßtest, hat Dich weise und väterlich der Obhut Deines gesetzlichen Vormunds überwiesen. Sieh hier die Schrift, welche Dich meiner Aufsicht anvertraut.«

»Dunkler Ägypter,« rief Ione, stolz auf die Seite tretend, »hinweg von mir! Du bist es, der meinen Bruder erschlagen hat! Deiner Obhut also, Deinen noch von seinem Blute rauchenden Händen will man die Schwester überantworten? Ha, Du wirst blaß! Dein Gewissen schlägt Dich! Du zitterst vor dem Donnerkeil des rächenden Gottes! Geh Deines Weges, und überlaß mich meinem Wehe!«

»Dein Kummer verwirrt Deine Vernunft, Ione,« entgegnete Arbaces, und suchte vergebens die gewöhnliche Ruhe seines Tones zu behaupten. »Ich verzeihe Dir, du wirst jetzt, wie immer, in mir Deinen sichersten Freund finden. Aber die Straße ist nicht der Ort für uns, um uns zu besprechen – für mich, um Dich zu trösten. Herbei, Sklaven! Komm, meine süße Mündel, die Sänfte harrt Deiner!«

Erstaunt und erschreckt sammelten sich die Dienerinnen um Ione und umschlangen ihre Knie.

»Arbaces!« sprach die älteste, »das ist gewiß nicht gesetzlich. Denn steht nicht geschrieben, daß die Verwandten des Toten neun Tage nach dem Begräbnis weder in ihrem Hause belästigt, noch in ihrer einsamen Trauer unterbrochen werden sollen?«

»Weib,« erwiderte Arbaces, gebieterisch mit der Hand winkend, »Eine Mündel unter das Dach ihres Vormunds zu verweisen, streitet nicht gegen die Leichengesetze. Ich sage Dir, ich habe den Befehl des Prätors. Dieser Aufschub ist unanständig. Bringt sie in die Sänfte.«

Mit diesen Worten schlang er seinen Arm fest um die zitternde Gestalt Ione's. Sie fuhr zurück, schaute ihm ernsthaft ins Gesicht und brach dann in krampfhaftes Lachen aus.

»Ha, ha, das ist gut – gut! Trefflicher Vormund – väterliches Gesetz, ha, ha!« Und selbst erschreckt durch das fürchterliche Echo dieses durchdringenden und wahnsinnigen Gelächters sank sie, während es verhallte, ohnmächtig zu Boden. Eine Minute später hatte sie Arbaces in die Sänfte gehoben. Die Träger setzten sich schnell in Bewegung und bald war die unglückliche Ione dem Auge ihrer weinenden Dienerinnen entrissen.

Zweites Kapitel.

Was aus Ione im Haus des Arbaces wird – Der Ägypter fühlt Mitleiden für Glaukus – Mitleiden ist oft ein sehr nutzloser Gast bei dem Schuldigen.

Der Leser wird sich erinnern, daß Nydia dem Arbaces, seinem Befehle gemäß, in seine Wohnung nachgefolgt war. Hier legte sie, im Verlaufe eines längeren Gespräches, von Verzweiflung und Gewissensbissen angetrieben, ihm das Bekenntnis ab, daß ihre Hand, und nicht die Julia's, dem Glaukus den verhängnisvollen Trank beigebracht habe. Zu jeder anderen Zeit hätte es den Ägypter, schon vom philosophischen Standpunkte aus, interessiert. Tiefe und Ursprung der sonderbaren und verzehrenden Leidenschaft zu untersuchen, welche dieses seltsame Mädchen in seiner Blindheit und Sklaverei zu nähren gewagt hatte; gegenwärtig aber erheischte seine eigene Lage sein ganzes Nachdenken. Als die arme Nydia nach ihrem Geständnis sich vor ihm auf die Kniee warf und ihn anflehte, die Gesundheit des Glaukus wieder herzustellen und sein Leben zu retten – denn in ihrer Jugend und Unwissenheit hielt sie den dunklen Zauberer für mächtig genug, beides zu verwirklichen – da überzeugte sich Arbaces, ihr achtlos zuhörend, nur von der Notwendigkeit, Nydia so lange in seinem Hause gefangen zu halten, bis das Schicksal des Glaukus entschieden sei. Denn hatte er es schon damals, als er sie bloß für die Mitschuldige Julia's bei Erlangung des Liebestrankes hielt, als für das völlige Gelingen seiner Rache gefährlich betrachtet, wenn sie frei bliebe, vielleicht als Zeugin auftrete, die Art und Weise, in welcher das Bewußtsein des Glaukus verdunkelt worden, eingestehe, und so für das Verbrechen, dessen der Grieche angeklagt war, nachsichtige Beurteilung erwecke – wie viel wahrscheinlicher war es jetzt, daß sie, da ihre Hände den Trank gereicht, freiwillig ihr Zeugnis ablegen und begeistert von Liebe, selbst auf Kosten ihrer Ehre, einzig und allein ihren Irrtum wieder gut zu machen uns ihren Geliebten zu retten wünsche? Überdies, welchen Schimpf für den Rang und den Ruf eines Arbaces, als der Kuppler bei Julia's Leidenschaft, und als der Gehülfe bei den unheiligen Zaubereien der Saga des Vesuvs zu erscheinen! Nichts Geringeres fürwahr als sein Wunsch, den Glaukus zum Bekenntnis der Ermordung des Apäcides zu bestimmen, als der augenscheinlich für seine eigene zukünftige Sicherheit und für den günstigen Erfolg seiner Bewerbungen um Ione vorteilhafteste Ausweg, hatte ihn je bestimmen können, Julia's Geständnis als zulässig oder wünschenswert zu betrachten.

Was Nydia betrifft, die durch ihre Blindheit schon von einer genauen Kenntnis des wirklichen Lebens ausgeschlossen war und die als Sklavin und Fremde die Strenge der römischen Gesetze nicht kannte, so dachte sie mehr an die Krankheit und den Wahnsinn des Atheners, als an das Verbrechen, dessen Beschuldigung sie nur unbestimmt vernommen hatte, oder an den möglichen Ausgang des bevorstehenden Prozesses. Was wußte die arme Unglückliche, mit der Niemand sprach, um die sich Niemand kümmerte, vom Senat und seinem Urteil – von dem Wesen der Gesetze – von der Wildheit des Volkes – von der Arena und dem Löwen? Sie war gewöhnt, mit dem Gedanken an Glaukus alles Glückliche und Erhabene zu verbinden, und konnte sich somit nicht denken, daß außer dem Wahnsinn ihrer Liebe irgend eine Gefahr dieses geheiligte Haupt bedrohen könne. Glaukus schien ihr besonders für die Segnungen des Lebens bestimmt. Sie allein hatte den Strom seines Glückes getrübt; sie wußte nicht, sie träumte nicht, daß der einst so glänzende Strom der Dunkelheit und dem Tode zufließe. Also nur um den Verstand wieder herzustellen, den sie verwirrt, um das Leben zu retten, das sie gefährdet hatte, erflehte sie den Beistand des großen Ägypters.

»Tochter,« begann Arbaces, aus seiner Träumerei erwachend, »Du mußt hier bleiben; es ziemt sich nicht für Dich, durch die Straßen zu ziehen und durch den rohen Fuß der Sklaven von der Türschwelle fremder Häuser gestoßen zu werden. Ich habe Mitleid mit Deinem Verbrechen, das die Liebe begangen – ich will Alles tun, um es wieder gut zu machen. Gedulde Dich einige Tage hier, und Glaukus soll wieder hergestellt werden.« Mit diesen Worten und ohne die Entgegnung abzuwarten, eilte er aus dem Zimmer, schob den Riegel vor die Tür und beauftragte denjenigen Sklaven, der in diesem Teil des Hauses Dienst hatte, mit der Verköstigung und Verpflegung seiner Gefangenen.

Allein und nachdenkend erwartete er nun die ersten Strahlen der Morgenröte und verließ, wie wir gesehen haben, mit ihnen sein Haus, um sich der Person Ione's zu bemächtigen. Seine Hauptabsicht in Bezug auf die unglückliche Neapolitanerin war in der Tat, wie er sich gegen Klodius geäußert hatte, dahin gerichtet, sie von einem tätigen Eingreifen in die gerichtliche Verhandlung über Glaukus abzuhalten und ihr (was sie gewiß nicht unterlassen haben würde) die Erhebung einer Klage gegen ihn, wegen der neulich gegen seine Mündel begangenen Treuelosigkeit und Gewalttat, um so mehr unmöglich zu machen, als eine solche Klage die Ursachen, die er zur Rache an Glaukus hatte, zur Kenntnis des Gerichtes bringen, die Heuchelei seines Charakters enthüllen und beträchtliche Zweifel auf die Wahrhaftigkeit seiner gegen den Athener erhobenen Beschuldigungen werfen mußte. Erst als er ihr an jenem Morgen begegnet, erst nachdem er ihre lauten Beschuldigungen vernommen, überzeugte er sich, daß ihm in Folge ihres Verdachtes gegen ihn eine weitere Gefahr drohe. Nunmehr aber schmeichelte er sich mit dem Gedanken, daß seine Zwecke erreicht seien; denn der Gegenstand seiner Liebe und seiner Furcht befand sich jetzt ja in seiner Gewalt. Mehr als je glaubte er an die günstigen Verheißungen der Sterne, und als er Ione in dem innersten Zimmer seines geheimnisvollen Hauses, das er ihr angewiesen hatte, aufsuchte – als er sie von so vielen aufeinander folgenden Schlägen überwältigt, von Ohnmacht in Ohnmacht, von Aufregung in Erschlaffung sinken und aus einem hysterischen Zustande in den andern geraten sah, da dachte er mehr an die Lieblichkeit, die kein Wahnsinn entstellen konnte, als an das Wehe, das er über sie gebracht. In jener leichtgläubigen Eitelkeit, die denen eigen ist, die von jeher im äußeren Leben wie in der Liebe unabänderlich glücklich waren, schmeichelte er sich, wenn Glaukus erst vernichtet, wenn sein Name durch ein richterliches Urteil feierlich gebrandmarkt, wenn sein Anrecht auf ihre Liebe durch die Verurteilung zum Tode wegen der Ermordung ihres eigenen Bruders, für immer verwirkt sei – werde sich ihre Liebe in Abscheu verwandeln und seine Zärtlichkeit und Leidenschaft, unterstützt durch all die Künste, mit denen er die weibliche Einbildungskraft zu blenden verstand, ihn auf den Thron ihres Herzens erheben, von welchem sein Nebenbuhler so fürchterlich herabgestürzt werden sollte. Dies war seine Hoffnung; sollte sie aber auch vereitelt werden, so flüsterte ihm seine unheilige und glühende Leidenschaft zu: »Im schlimmsten Fall ist sie jetzt in meiner Gewalt.«

Bei alledem jedoch fühlte er jene Unbehaglichkeit und Bangigkeit, welche stets im Geleite der Möglichkeit einer Entdeckung sind, selbst wenn der Verbrecher gegen die Stimme des Gewissens taub ist – jenen unbestimmten Schrecken vor den Folgen des Verbrechens, den man oft irrtümlicher Weise für Reue über das Verbrechen selbst hält. Die elastische Luft Kampaniens lag schwer auf seiner Brust; er sehnte sich, von einem Schauplatze wegzueilen, wo die Gefahr vielleicht nicht ewig mit den Toten schlief; und da er nun Ione'n in seinem Besitze hatte, beschloß er im Stillen, sobald er die letzten Todeszuckungen seines Nebenbuhlers mit angesehen haben werde, seinen Reichtum und sie, den kostbarsten aller seiner Schätze, nach einer fernen Küste überzuführen.

»Ja,« sagte er, in seinem einsamen Zimmer auf und abgehend; »ja, das Gesetz, das mir die Person meiner Mündel überantwortet, bringt mich auch in den Besitz meiner Braut. Weit über den breiten Ocean wollen wir ziehen, um neue Herrlichkeiten und noch ungekannte Genüsse zu suchen. Von meinen Sternen ermutigt, von den Ahnungen meines Geistes getragen, wollen wir zu jenen großen und herrlichen Welten dringen, die, wie mich mein Wissen lehrt, noch unentdeckt, an den fernsten Enden des allumgebenden Meeres liegen. Dort kann dieses Herz, im Besitz von Liebe, endlich auch dem Ruhme wieder leben – dort kann ich vielleicht, unter Nationen, die das römische Joch nicht beugt, und zu deren Ohr der römische Name noch nicht gedrungen ist, ein Reich gründen und den Glauben meiner Väter fortpflanzen; dort kann ich vielleicht die Asche von Thebe's untergegangener Dynastie neu beleben, den Stamm meiner geliebten Ahnen auf noch größeren Küsten fortpflanzen und in dem edlen Herzen Ione's das dankbare Bewußtsein erwecken, daß sie das Loos eines Mannes teilt, der ferne von der überlebten Fäulnis dieser sklavischen Civilisation die ursprünglichen Elemente der Größe wieder herstellt und in einer mächtigen Seele die Eigenschaften des Propheten und des Königs vereinigt.«

Aus diesem hochtönenden Selbstgespräch wurde Arbaces erweckt, um dem Verhör des Atheners beizuwohnen.

Die eingefallene und blasse Wange seines Opfers rührte ihn weniger, als die Festigkeit seiner Nerven und die Unerschrockenheit seiner Stirne; denn Arbaces war ein Mann, der nur geringes Mitleid mit dem Unglück, aber ein lebhaftes Mitgefühl für den Mut hatte. Die geistige Verwandtschaft, die uns an Andere bindet, hat stets ihren Ursprung in den Eigenschaften unseres eigenen Wesens. Nicht sowohl über den Sturz seines Feindes, als über den Mut, womit er das Unglück erträgt, weint der Held. Wir alle sind Menschen, und auch Arbaces hatte, bei all seiner Lasterhaftigkeit, seinen Anteil an unsern gemeinsamen Gefühlen, an unserer Muttererde. Hätte er nur von Glaukus das schriftliche Bekenntnis seines Verbrechens herausgebracht, das diesen sicherer, als das Urteil Anderer aus dem Herzen Ione's verdrängt und die Möglichkeit einer künftigen Entdeckung des wahren Täters hinweggeräumt hätte, so würde Arbaces alle seine Kräfte zur Rettung des Glaukus aufgeboten haben. Selbst jetzt war sein Haß vorüber – sein Durst nach Rache gestillt; er zertrat seine Beute nicht aus Feindschaft, sondern als ein Hindernis auf seinem Wege. Gleichwohl verfolgte er mit nicht geschwächter Entschlossenheit, mit nicht verminderter List den Pfad, den er zur Vernichtung eines Mannes eingeschlagen, dessen Untergang zur Erreichung seiner Zwecke unerläßlich notwendig war, und während er mit anscheinendem Widerstreben und Mitleid das verdammende Zeugnis gegen Glaukus ablegte, nährte er insgeheim und durch Vermittlung der Priester jene Entrüstung des Volkes, welche dem Mitleiden des Senats eine gewaltige Schranke setzte. Er hatte Julia besucht, ihr das Geständnis Nydia's mitgeteilt und dadurch unschwer jede Bedenklichkeit ihres Gewissens eingeschläfert, welche sie etwa hätte verleiten können, das Verbrechen des Glaukus durch ein Geständnis der zunächst von ihr ausgegangenen Veranlassung zu mildern; es ward ihm dies um so leichter, als ihr eitles Herz das Ansehen und das Glück des Glaukus, nicht den Glaukus selbst geliebt hatte; für einen unglücklichen Mann fühlte sie keine Liebe, ja, sie freute sich beinahe seines Falles, da er die verhaßte Ione demütigte. Konnte Glaukus ihr Sklave nicht sein, so konnte er doch auch ihre Nebenbuhlerin nicht mehr anbeten. Dies war ein hinreichender Trost für jeden Kummer über sein Schicksal. Flüchtig und wankelmütig, fing sie schon an, der plötzlichen und ernstlichen Bewerbung des Klodius Gehör zu schenken und war keineswegs geneigt, die Verbindung mit diesem niedrigdenkenden oder hochgeborenen Patrizier durch ein öffentliches Geständnis ihrer früheren Schwäche und ungezügelten Leidenschaft für einen andern auf's Spiel zu setzen. Somit lächelte Alles auf Arbaces, und Alles schaute finster auf den Athener.

Drittes Kapitel.

Nydia spielt die Rolle einer Zauberin

Als die Thessalierin fand, daß Arbaces nicht mehr zu ihr zurückkehre, als sie Stunde um Stunde der ganzen Qual einer furchtbaren, durch Blindheit doppelt unerträglich gemachten Ungewißheit überlassen wurde, begann sie, mit ausgestreckten Armen nach irgend einem Ausweg ihres Gefängnisses umherzufühlen, und da sie die einzige Tür verschlossen fand, so schrie sie laut, mit dem Ungestüm eines von Natur heftigen und nun durch die Qualen der Ungeduld geschärften Gemütes.

»He, Mädchen!« rief der diensttuende Sklave, die Tür öffnend, »bist Du von einem Skorpion gebissen, oder glaubst Du, wir sterben hier vor Stillschweigen und können nur, wie der kleine Jupiter, durch ein gewaltiges Geschrei gerettet werden?«

»Wo ist Dein Herr und weshalb bin ich hier eingesperrt? Ich muß Luft und Freiheit haben! laß mich fort.«

»Aha, Kleine, kennst Du den Arbaces noch nicht genug, um zu wissen, daß sein Wille allgewaltig ist? Er hat befohlen, daß Du eingesperrt werdest und deshalb bist Du eingesperrt und ich bin Dein Wächter. Luft und Freiheit kannst Du nicht haben, wohl aber etwas weit Besseres – Speise und Wein!«

»O Jupiter!« rief das Mädchen, die Hände ringend, »und weshalb bin ich hier verhaftet? Was kann der große Arbaces von einem so armen Geschöpf, als ich bin, wollen?«

»Das weiß ich nicht; es sei denn, daß Du Deine neue Gebieterin bedienen sollest, die heute hierhergebracht wurde.«

»Was, Ione hier?«

»Ja, die arme Dame; es gefiel ihr, glaub' ich, nicht besonders; doch ist Arbaces, beim Tempel des Castor! ein artiger Mann gegen Frauenzimmer. Deine Dame ist seine Mündel, wie Du weißt.«

»Willst Du mich zu ihr führen?«

»Sie ist krank – ganz außer sich vor Zorn und Ärger. Überdies habe ich keinen Befehl hiezu und ich für meine Person denke nie etwas. Als Arbaces mich zum Sklaven dieser Zimmer machte,F67 sagte er: ›Ich habe Dir nur eine Lehre zu geben – so lange Du mir dienst, mußt Du weder Ohren, noch Augen, noch eigene Gedanken haben; nur eine Eigenschaft mußt Du in Dich aufnehmen, – Gehorsam.‹«

»Aber was kann es schaden, wenn ich Ione besuche?«

»Das weiß ich nicht; wenn Du übrigens Gesellschaft wünschest, so will ich recht gerne mit Dir sprechen, liebe Kleine, denn ich bin einsam genug in meinem dunkeln Cubiculum. Und überdies bist Du ja eine Thessalierin – verstehst Du nicht irgend einen hübschen Zeitvertreib mit Messer und Scheere oder kannst Du vielleicht wahrsagen, wie die meisten Deiner Landsleute?«

»Still, Sklave, laß mich in Ruh! Oder wenn Du durchaus sprechen willst – was hast Du vom Zustand des Glaukus gehört?«

»Ei nun, mein Herr ist ausgegangen, um der gerichtlichen Verhandlung über den Athener beizuwohnen; Glaukus wird dafür büßen müssen.«

»Für was?«

»Für die Ermordung des Priesters Apäcides.«

»Ha!« rief Nydia, die Hände gegen die Stirne drückend; »ich habe allerdings etwas davon gehört, aber ich verstand es nicht. Doch, wer wird es wagen, ein Haar auf seinem Haupte zu krümmen?«

»Der Löwe, fürcht' ich.«

»Schützende Götter! welch gottloses Zeug sprichst Du da!«

»Nun ich sag bloß, daß, wenn man ihn schuldig befindet, der Löwe oder vielleicht der Tiger das Urteil an ihm vollziehen wird.«

Nydia sprang auf, als hätte ein Pfeil ihr Herz durchbohrt: sie stieß einen durchdringenden Schrei aus, fiel dem Sklaven zu Füßen und rief in einem Ton, der selbst sein rohes Herz erweichte: »Ach, sage immer, daß Du gescherzt – daß Du nicht die Wahrheit geredet – sprich, sprich!«

»Nun, meiner Treu, blindes Mädchen, ich verstehe nichts von den Griechen; es sieht vielleicht nicht so schlimm aus, als ich sagte. Aber Arbaces ist sein Ankläger und das Volk verlangt ein Opfer für die Arena. Beruhige Dich! Doch was hat das Schicksal des Atheners mit dem Deinigen zu schaffen?«

»Tut nichts zur Sache – er ist freundlich gegen mich gewesen: Du weißt also nicht, was geschehen wird? Arbaces sein Ankläger! O Schicksal! Das Volk – das Volk! Doch dieses kann kein Antlitz schauen – wer wird grausam gegen den Athener sein! – Aber halt, war nicht die Liebe selbst grausam gegen ihn?«

Mit diesen Worten sank ihre Hand auf ihre Brust; sie verstummte, heiße Tränen strömten ihre Wangen herab und alle freundlichen Bemühungen des Sklaven, sie zu trösten, oder ihren tiefen Träumereien zu entziehen, waren fruchtlos.

Als ihr Wächter, durch seine häuslichen Pflichten genötigt, ihr Zimmer verließ, begann Nydia ihre Gedanken wieder zu sammeln: Arbaces war der Ankläger des Glaukus, Arbaces hatte sie hier eingesperrt; war das nicht ein Beweis, daß ihre Freiheit dem Glaukus nützlich sein könne? – Ja, sie war hier offenbar in eine Schlinge gelockt; sie trug zum Untergang ihres Geliebten bei. O wie sehnte sie sich nach Befreiung! Zum Glück für sie verzehrte der Wunsch nach Flucht jede andere schmerzliche Empfindung, und als sie über die Möglichkeit ihrer Befreiung nachdachte, ward ihr Herz wieder ruhig, ihr geistiger Blick wieder klar. Sie besaß viel von der List ihres Geschlechtes, die durch ihre frühe Sklaverei nur noch erhöht worden war. Welchem Sklaven fehlte es je an Verschlagenheit? Sie beschloß also, ihre Kunst an ihrem Wächter zu versuchen, und da sie sich keiner abergläubischen Frage nach ihren thessalischen Künsten plötzlich erinnerte, hoffte sie, durch diese Handhabe auf irgend eine Weise ihre Flucht zu bewerkstelligen. Solche Gedanken beschäftigten ihren Geist den Rest des Tages und die langen Stunden der Nacht hindurch, und als sie Sosia am folgenden Morgen besuchte, beeilte sie sich, seine Geschwätzigkeit in jenen Kanal zu leiten, nach welchem dieselbe zuvor schon eine natürliche Strömung gezeigt hatte.

Sie begriff übrigens wohl, daß die Nacht die einzige Möglichkeit eines Entkommens bot und deshalb sah sie sich genötigt, so schmerzlich ihr auch der Verzug fiel, ihren beabsichtigten Versuch bis dorthin zu verschieben.

»Die Nacht,« sagte sie, »ist die einzige Zeit, wo wir die Beschlüsse des Schicksals entziffern können – heute Nacht also mußt Du zu mir kommen. Aber was möchtest Du erfahren?«

»Beim Pollux, ich möchte gerne so viel wissen, als mein Herr; aber daran ist nicht zu denken. Laß mich wenigstens wissen, ob ich genug ersparen werde, um meine Freiheit zu kaufen, oder ob dieser Ägypter sie mir umsonst gibt. Bisweilen begeht er solche Handlungen der Großmut. Dann, vorausgesetzt nämlich, daß ich frei werde, ob ich wohl in den Besitz der hübschen Taverne unter den MyropolienA18 komme, die mir schon lange in die Augen sticht? Es ist etwas hübsches um den Handel mit Wohlgerüchen, und er paßt sich recht gut für einen zurückgezogenen Sklaven, der etwas von einem Herrn an sich hat.«

»Nun ja, wenn Du genaue Antwort auf diese Fragen haben willst, so gibt es verschiedene Wege, um Dich zu befriedigen. Da ist die Lithomanteia oder der sprechende Stein, der auf Deine Fragen mit der Stimme eines Kindes antwortet; aber wir haben eben jenen kostbaren und seltenen Stein nicht hier. Dann gibt es auch die Gastromanteia, wobei der Dämon bleiche und geisterhafte Gestalten auf das Wasser wirft, welche die Zukunft vorhersagen; aber hiezu braucht man Gläser von besonderer Art, um die geweihte Flüssigkeit aufzunehmen, die wir nicht haben. Ich denke deshalb, die einfachste Weise, Deinen Wunsch zu erfüllen, sei die Anwendung der Magie der Luft.«

»Ich hoffe,« sagte Sosia zitternd, »daß nichts besonders Schreckliches dabei vorkommt? Ich bin kein Freund von Geistererscheinungen.«

»Fürchte Dich nicht; Du wirst nichts sehen, sondern nur an dem Wallen des Wassers hören, ob Dein Wunsch erfüllt wird oder nicht. Sei also zuerst darauf bedacht, daß, sobald der Abendstern am Himmel erscheint, die Gartentür ein wenig offen steht, damit sich der Dämon zum Eintritt aufgefordert fühle, und stelle Früchte und Wasser neben das Tor, als ein Zeichen der Gastfreundschaft. Komm dann drei Stunden nach dem Eintritt des Zwielichts mit einer Flasche des kältesten und reinsten Wassers hierher und Du sollst Alles erfahren, wie mich's meine Mutter nach thessalischer Weise gelehrt hat. Aber vergiß die Gartentür nicht, Alles hängt davon ab. Sie muß, wenn Du kommst, schon drei Stunden lang offen stehen.«

»Verlaß Dich auf mich,« erwiderte Sosia, nichts Böses ahnend; »ich weiß, wie es einem Mann von Stande zu Mut wird, wenn man ihm eine Tür vor der Nase zuschließt, wie mir's beim Garkoch schon oft begegnet ist, und ich weiß auch, daß eine achtbare Person, wie es ein Geist doch ohne Zweifel ist, einen kleinen Beweis höflicher Gastfreundschaft nur gut aufnehmen kann. Einstweilen, niedliches Kind, ist hier Dein Frühstück.«

»Und wie geht es mit dem Prozeß?«

»Oh, die Richter sind noch immer daran – es ist ein langes und breites Gerede – die Sache wird erst morgen ausgehen.«

»Morgen – bist Du dessen gewiß?«

»Man sagt es wenigstens.«

»Und Ione?«

»Beim Bacchus! Sie muß ziemlich wohl sein, denn sie war stark genug, diesen Morgen meinen Herrn ganz wütend zu machen. Ich sah ihn, mit Gewitterwolken auf der Stirne aus ihrem Zimmer kommen.«

»Befindet sich dieses hier in der Nähe?«

»Nein – in dem oberen Stockwerk. Doch, ich darf hier nicht länger plaudern. Vale!«

 

In den Häusern der Großen hatte jede Zimmerreihe ihren besondern Sklaven.

Myropolien: Die Buden der Parfümeriehändler

Viertes Kapitel.

Eine Welpe wagt sich in das Netz der Spinne.