Die Macht der Alten - Richard Schwartz - E-Book
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Die Macht der Alten E-Book

Richard Schwartz

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Beschreibung

Havald, der Engel des Todes, hat sich von seinen Freunden getrennt, die nun auf sich gestellt in die Schlacht ziehen müssen. Leandra wie Seraphine kämpfen mit Havalds Entscheidung, denn sie wissen, dass sein Weg ins Dunkel führt. Werden sie die Macht der Alten aktivieren und damit Askir und Illian retten? Oder wird der Nekromantenkaiser ohne Havalds Schutz die Reiche verschlingen? Richard Schwartz bringt in diesem aufwühlenden Roman seine Figuren für das Finale seiner High-Fantasy-Reihe in Stellung.

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Seitenzahl: 699

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ISBN 978-3-492-96608-5 Juli 2015 © Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015 Covergestaltung: Guter Punkt, München Covermotiv: Uwe Jarling Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck   Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Im Hammerkopf

1 Als sie durch die Tür des Gasthofs zum Hammerkopf trat, erinnerte mich ihr Anblick daran, wie ich sie das erste Mal gesehen hatte. Sie trug dieselbe Rüstung und schlug mit derselben Geste die Kapuze ihres Umhangs zurück. Nur dass sie diesmal lächelte, als sie mich an meinem Tisch sitzen sah.

Während die anderen Gäste sie angafften, als sie sich zwischen den Tischen ihren Weg zu mir suchte, schaute ich vorwurfsvoll zu Meister Eberhard hinüber, der nur den Kopf schüttelte, als wollte er sagen, dass er mich nicht verraten hatte.

Das Getuschel im Gastraum nahm zu, je näher sie mir kam. Eberhard runzelte die Stirn und griff unter seine Theke, um einen knorrigen Knüppel herauszuholen, mit dem er hart auf das Holz der Theke schlug.

»Lasst sie in Ruhe«, rief er aufgebracht. »Ich dulde nicht, dass ihr euch die Mäuler über sie zerreißt!«

»Aber sie ist die Königin!«, begehrte ein junger Mann auf, der zwar eine Rüstung und Schwert trug, dessen Wangen jedoch noch keine Rasur gesehen hatten.

»Ja«, knurrte Eberhard verärgert. »Eben. Meint Er, sie mag es, wenn man sie angafft und hinter ihrem Rücken tuschelt? Halte Er sich zurück, sonst kann Er schauen, wo Er sein Bier herbekommt!« Er hob den Knüppel an. »Ich meine es ernst«, grollte er und ließ seinen Blick drohend über die anderen Gäste schweifen. »Wer auch nur noch ein Wort verliert oder zu ihr hinschaut, wird hier nicht mehr bedient.«

»Das könnt Ihr nicht tun, Meister Eberhard«, beschwerte sich einer der Gäste entsetzt. »Der Hammerkopf ist das einzige Gasthaus in fünfzig Meilen Umkreis!«

»So ist es!«, grollte der Wirt. »Also überlegt euch genau, was ihr jetzt tut!«

»Danke, Eberhard«, sagte Leandra mit einem freundlichen Lächeln. »Das ist lieb von Ihm.«

Der Wirt warf noch einen drohenden Blick zu seinen Gästen hin, die hastig wegsahen. »Es ist das Mindeste, was ich für Euch tun kann, Majestät«, entgegnete er verlegen. »Das und den besten Braten für Euch in den Ofen zu schieben.«

»Das wird nicht nötig sein«, teilte sie ihm freundlich mit. »Aber eine Flasche Wein wäre willkommen.«

»Gewiss«, nickte Eberhard eifrig und verbeugte sich tief. »Sofort!«

Leandra setzte sich an meinen Tisch, hängte ihr Schwert aus, legte es auf den Stuhl neben sich und stützte ihren Kopf auf ihre gefalteten Hände, um mich mit funkelnden Augen anzusehen.

»Der Götter Segen mit dir, Havald«, begrüßte sie mich mit einem feinen Lächeln. »Wenn du dich hast verborgen halten wollen, hast du dir den falschen Ort dafür ausgesucht. Es hat keine zwei Tage gedauert, bis ich erfahren habe, dass du dich hier aufhältst. Gib es zu, du wolltest, dass ich zu dir komme.«

»Vielleicht«, sagte ich verhalten. »Ich gebe zu, ich habe dich vermisst.«

Tatsächlich war es weit mehr als das. Unlängst hatte ich die Macht des Nekromantenkaisers am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Es hatte mich zerstört, in meinen Grundfesten erschüttert, und nur mit Mühe hatte ich mich zusammenhalten können. Doch das war nur der Anfang gewesen. Ich hatte das Grab eines toten Gottes und das Erbe der Titanen gefunden, mit eigenen Augen in das Antlitz Omagors geblickt und ihm seinen Umhang gestohlen. Ich hatte mit dem verfluchten Nekromantenkaiser Kolaron Malorbian die Klingen gekreuzt, ein Wesen bekämpft, das nie auf unserer Welt hätte sein sollen, und trug nun die Erinnerungen und Talente von unzähligen Seelen in mir, die sowohl meinem Schwert Seelenreißer als auch dem Verschlinger selbst zum Opfer gefallen waren. Doch über all dem hatte ich mich selbst verloren.

Vielleicht war ich tatsächlich wegen ihr hierher zurückgekehrt, an den Ort, an dem ich mein Ende hatte finden wollen und wo dann doch alles seinen Anfang nahm. Mit ihr. Maestra Leandra di Girancourt, Königin von Illian, meine Königin, Liebhaberin und die Mutter unseres ungeborenen Kindes. Als der Nekromantenkaiser mit seiner dunklen Gabe nach Maestra Asela und mir griff, war der Gedanke an sie der gewesen, der mir die Kraft gegeben hatte, dem Angriff des Seelenreiters standzuhalten. Jetzt saß sie vor mir, an meinem Tisch, und in diesem Moment fühlte ich mich wie ein Verdurstender in einer Wüste, der eine Oase erblickt.

Ich wusste nicht, dass Ihr so romantisch seid, meinte Hanik.

Ich unterdrückte mit Mühe einen Seufzer. Stabskorporal Hanik war nur ein Geist, ein Schatten, eine Erinnerung. Auch er war ein Opfer des Verschlingers geworden wie Tausende andere vor ihm. Seine Seele war schon längst zu Soltar gegangen, doch für mich war er nicht weniger real als Leandra selbst, ich trug die Erinnerung seines gesamten Lebens in mir. Wie die von Tausenden anderen auch. So viele Erinnerungen, dass ich oft nicht wusste, wer ich in Wahrheit war.

Hanik hatte sich zum Sprecher all der anderen aufgeschwungen, deren Leben und Erinnerungen mich bedrängten, was es einfacher machte, nicht zu vergessen, wer ich war.

Auf der anderen Seite hatte er die unglückliche Angewohnheit, meine Gedanken ungefragt zu kommentieren.

Pah, meinte Hanik erheitert. Entscheidet Euch. Entweder bin ich es, der Euch die Perlen meiner Weisheiten oder Einsichten zukommen lässt, oder Ihr redet, wie Ihr immer gerne behauptet, mit Euch selbst. Ist es das eine, habt Ihr in mir einen Freund gefunden, der Euch sagt, was er denkt, ist es das andere, beschwert Ihr Euch über Euch selbst.

Nur dass mich beides drohte, in den Wahn zu treiben.

Ihr seht es falsch, Lanzengeneral, lachte Hanik. Tatsächlich bin ich es, der Euch davor schützt. Es ist einfacher, eine Stimme zu ertragen, als deren Tausende, die alle zugleich auf Euch einstürmen.

Das mochte sein. Nur konnte ich ihn gerade nicht gebrauchen.

Wie Ihr wünscht, lachte Hanik, und ich fühlte, wie er sich zurückzog. Nur wussten wir beide, dass es nicht von langer Dauer sein würde.

»Was ist?«, fragte Leandra leise und griff über den Tisch, um meine Hand in ihre zu nehmen. »So tief in Gedanken? Was drückt dich? Muss ich in Sorge sein um dich?« Sie lächelte schief. »Nicht, dass ich es nicht auch so schon beständig bin.« Sie holte tief Luft, und ich sah die Feuchtigkeit in ihren Augen. »Es ist nur ein paar Tage her, dass ich erfuhr, dass du im Kampf mit dem Verfluchten gefallen wärest. Ich habe es nicht glauben können.« Sie schluckte heftig. »Ich bin froh zu sehen, dass du überlebt hast, dass es nur ein Irrtum war.«

»Es war nahe daran, kein Irrtum zu sein«, gestand ich ihr und griff nun selbst ihre Hände fester. Eberhard kam heran, sah auf unsere Hände herab und stellte wortlos die Flasche neben uns auf den Tisch, um sich genauso leise wieder zurückzuziehen.

»Es war nicht meine Absicht, meinen Tod vorzutäuschen«, erklärte ich ihr. »Doch als ich feststellte, dass man mich tot glaubte, dachte ich, dass es vielleicht besser wäre, daran nichts zu ändern. Die Prophezeiung sagt, dass ich dem Verfluchten alleine gegenübertreten muss und dass alle, die mich auf diesem Weg begleiten, dafür mit ihrem Leben zahlen müssen. Ich wollte das nicht. Ich will das nicht«, verbesserte ich mich. »Ich will nicht, dass ihr euch für mich in Gefahr begebt.«

Sie nickte langsam und löste eine Hand von der meinen, um sich einzuschenken. Sie trank einen kleinen Schluck, setzte das Glas ab und schaute mir tief in die Augen. »Wird nicht umgekehrt ein Schuh daraus?«, fragte sie mich sanft. »Ich war es doch, der dich bat, mir zu helfen. Es ist nicht alleine dein Kampf, Havald. Zokora trägt neues Leben unter ihrem Herzen, und ich bin schwanger mit deinem Kind. Wenn wir nichts tun, wenn wir den Verfluchten gewähren lassen, was für eine Welt wäre es für unsere Kinder? In diesem Kampf kann und darf niemand alleine stehen. Es braucht uns alle, um den Verfluchten zu besiegen und eine Welt zu schaffen, in der man leben will.« Sie legte ihre Hand auf ihren noch immer flachen Bauch. »Ich weiß, dass sie es nicht anders sehen wird.«

»Sie?«, fragte ich atemlos.

Leandra nickte. »Es wird eine Tochter sein.« Ihr Lächeln wurde weiter. »Und ich weiß jetzt schon, dass sie dich um den Finger wickeln wird, wann immer sie es wünscht.«

»Die Prophezeiung sagt, dass ich sterben werde. Auf meinem eigenen Schwert«, erinnerte ich sie verdrießlich. »Ich werde unsere Tochter niemals kennenlernen.«

»Das glaube ich nicht«, sagte sie sanft. »Du wirst sie kennenlernen. Ich bin Zokoras Ansicht, du musst den Worten der Prophezeiung nur eine andere Bedeutung geben. Überhaupt, wie kommt es, dass du, der du dich dein ganzes Leben gegen die Götter aufgelehnt hast, jetzt Worten Glauben schenken willst, die irgendein Priester vor Jahrhunderten in seinem Wahn gestammelt hat?«

Gute Frage, grinste Hanik.

»Ich bin nicht mehr der Gleiche, den du kennst«, erklärte ich ihr mit belegter Stimme. »Ich verfüge nun über Wissen und Erinnerungen von Tausenden, habe Dinge gesehen und erlebt, die du dir nicht vorstellen kannst. Ich habe mich verloren, Leandra, und ich fürchte, ich werde auch noch den Rest dessen verlieren, was mich noch zusammenhält.«

Sie nickte langsam. »Ich habe von Serafine und Asela gehört, was geschehen ist. Doch glaube mir, deine Sorgen sind unbegründet.«

Ich schaute sie erstaunt an und sie lachte leise.

»Schau dich an«, sagte sie erheitert. »Du bist wieder der, den ich kennen- und lieben gelernt habe. Die Narben, die grauen Schläfen, diese buschigen Augenbrauen, die sich immer so bedrohlich zusammenziehen, wenn dir nicht gefällt, was jemand sagt … so wie jetzt.« Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, Havald, du hast dich nicht geändert.«

»Ich bin so, weil ich es so will«, knurrte ich und versuchte, meine Hand wegzuziehen, doch sie hielt sie mit überraschender Stärke fest.

»Genau darum geht es«, gab sie eindringlich zurück. »Wir entscheiden, wer wir sind. Nicht die Götter, nicht irgendwelche Prophezeiungen. Wir sind das, was wir entschieden haben zu sein. Mit all unseren Fehlern. All die Erinnerungen, all das Wissen, von dem du sprichst, wird daran nichts ändern. Es gibt dir nur mehr Möglichkeiten, wie du dich entscheiden kannst, doch die Entscheidungen liegen immer noch bei dir. So geht es nicht nur dir, es geht uns allen so.«

Sie ließ ihren Blick durch den Gastraum schweifen, was dazu führte, dass man hastig von uns wegsah. »Ich bin eine Maestra, Havald«, sagte sie ruhig. »Mit das Erste, was ich lernte, war, dass meine Entscheidungen eine andere Tragweite besitzen als die anderer Menschen. Es ist so und ja, mein Talent zur Magie machte mich zu der, die ich heute bin. Doch ich bin nicht anders als diese guten Menschen hier, die Eberhards Bier trinken und uns zu gerne belauschen würden. Ich habe nur mehr Möglichkeiten. So ist es auch mit dir. Du hast dich nicht verloren, Havald, du hast nur mehr Möglichkeiten, zu entscheiden, wer du sein willst.« Sie griff meine Hand fester. »Es gibt einen Grund, weshalb ich mich nicht darum sorge, ob du dich verlieren kannst«, lächelte sie.

»Welcher wäre das?«

Sie lachte verhalten. »Du bist zu stur, um dich jetzt noch zu ändern. Was genau der Grund ist, weshalb ich dich liebe, auch wenn deine Sturheit mir graue Haare bringen wird.«

»Dein Haar ist weiß«, erinnerte ich sie, weil mir nichts anderes zu sagen einfiel.

Sie lachte. »Ja«, schmunzelte sie. »Doch wäre es nicht so, ich bin sicher, ich könnte dir die eine oder andere graue Strähne zeigen!«

Ich konnte nicht anders, ich musste jetzt selbst lachen.

Doch bevor ich etwas sagen konnte, wurde die Tür zum Gastraum aufgestoßen. Ein Soldat in der Rüstung der Federn stand in der Tür. »Es gibt Nachricht aus dem Kaiserreich!«, rief er aufgeregt und hielt eine Schriftrolle hoch. »Das Reich Xiang ist an unserer Seite in den Krieg gegen den Verfluchten eingetreten und hat Thalaks Truppen vor Aldar zurückgeschlagen! Die Belagerung der Stadt ist gebrochen und Thalaks Truppen befinden sich auf dem Rückzug! Ohne Aldar ist den schwarzen Legionen der Nachschub abgeschnitten! Damit sind die schwarzen Legionen im Königreich Rangor eingekesselt und können die Kernlande nicht mehr bedrohen!«

»Das ist gut für die Kernlande«, rief ein älterer Händler, der nicht gar so begeistert von der frohen Kunde schien. »Doch was ist mit uns? Wir haben dreizehn der schwarzen Legionen hier in unseren Landen stehen, kommt Xiang auch bei uns vorbei?«

»Das ist der zweite Teil der Nachricht«, strahlte die Feder. »Sobald die letzten Feindlegionen aus Aldane vertrieben sind, wird die Kaiserin die zweite Legion nach Illian verlegen, um hier mit dem schwarzen Geschmeiß ein für alle Mal aufzuräumen!«

Diesmal war der Jubel ohrenbetäubend.

Leandra und ich sahen uns an. »Wenn das wahr ist«, sagte sie so leise, dass ich sie über den Jubel kaum noch hören konnte. »Dann könnte uns das die Wende bringen.«

»Die zweite Legion ist nur eine Legion«, erinnerte ich sie. »Ihr stehen hier dreizehn der schwarzen Legionen gegenüber.«

»Ja«, nickte sie und lachte befreit auf. »Doch wenn du sie führst, wird sie nicht zu besiegen sein!«

Ja, dachte ich. Vielleicht. Doch ich führte die Legion nicht mehr, Miran hatte jetzt den Befehl inne.

Vielleicht war es doch ein Fehler, Askannon seinen Ring zurückzugeben, meinte Hanik verhalten.

Miran ist eine hervorragende Kommandeurin, erinnerte ich ihn.

Das mag sein, sagte Hanik. Doch neben anderen Fehlern hat sie noch den einen, der den Unterschied machen kann.

Und welcher wäre das?, fragte ich ihn verstimmt.

Sie ist nicht Lanzengeneral von Thurgau.

»Warum bist du wirklich hier?«, fragte mich Leandra etwas später. Wir hatten uns mit zwei Bechern und einer Flasche Wein auf den Wehrturm der alten Wegestation zurückgezogen.

Von den Zinnen des Turms aus hatte man einen guten Blick ins Tal, und bei klarem Wetter, so hatte Eberhard mir versichert, konnte man in der Nacht sogar die Lichter Illians sehen. Leandra hatte gelacht, als ich es ihr erzählte. »Er bildet es sich nur ein. Illian liegt von hier aus hinter dem Horizont. Doch es ist ein schöner Gedanke.«

Dennoch standen wir jetzt an den Zinnen und schauten gemeinsam dorthin, wo die Kronstadt liegen musste.

Ich schaute zu den Soldaten ihrer Leibwache hin, die im Hof ihre Pferde versorgten. Immer mal wieder sah einer von ihnen hoch zu uns, als ob sie sich vergewissern würden, dass ich sie noch nicht gestohlen hatte. »Ich hatte nachzudenken«, gestand ich ihr. »Ich wollte herausfinden, was ich als Nächstes tun will.«

»Und?«, fragte sie sanft. »Hast du?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Nun«, sagte sie. »Ich kann dir sagen, was du als Nächstes tun musst. Desinas Krönung ist in zwei Tagen und du hast ihr versprochen, dass du anwesend sein wirst, wenn man ihr die Kaiserkrone aufsetzt.«

»Was das angeht …«, begann ich unbehaglich, doch Leandra ließ mich gar nicht erst ausreden.

Sie fuhr herum und bedachte mich mit einem harten Blick aus diesen violetten Augen. »Du wirst mit mir zu ihrer Krönung kommen«, teilte sie mir entschlossen mit. »Seit wann hältst du deine Versprechen nicht?«

»Leandra, du weißt nicht, wie es war«, versuchte ich ihr zu erklären. »Die Dunkelheit, die der Verfluchte gegen uns schickte, hat alles in sich aufgesogen, kein Leben bestehen lassen. Sie … sie hat mich berührt und nichts ist mehr wie vorher.« Ich schluckte hart. »Seitdem zweifle ich an mir, zweifle daran, dass ich die Kraft noch habe, das zu tun, was ihr alle von mir erwartet. Am liebsten würde ich mich in ein Loch verkriechen und dort darauf warten, dass alles ein Ende findet.«

Sie hob eine Augenbraue an. »Du hast dich hier verkrochen? Hier im Hammerkopf?«

Ich nickte betreten.

»An dem einen Ort, von dem du wusstest, dass ich es sofort erfahren würde?«

Da hat sie Euch, Lanzengeneral, lachte Hanik.

Leandra legte ihre Arme um mich und zog mich an sich heran und küsste mich. In diesem einen Augenblick vergaß ich alles um mich herum, die Welt, die Götter und selbst diesen verfluchten Nekromantenkaiser.

»Du wirst dich nicht verkriechen, Havald«, sagte sie schwer atmend, als sie sich etwas von mir löste. Ich vermisste ihre Lippen bereits schon wieder. »Und du wirst auch nicht mehr an dir zweifeln. Muss ich dich noch einmal küssen, damit du es verstehst?«

Ich tat, als müsste ich darüber nachdenken. »Ich glaube schon«, antwortete ich lächelnd und zog sie an mich heran. Doch als ich über ihre Schultern sah, erblickte ich einen heranreitenden Herold, auf dessen Wappenrock das Wappen von Illian prangte. Die Flanken seines Pferdes waren mit Schaum bedeckt, und selbst auf die Entfernung sah ich sein grimmiges Gesicht. Welche Nachricht er auch immer bringen würde, eine gute war es jedenfalls nicht.

»Leandra«, sagte ich leise. Sie löste sich aus meinen Armen und folgte meinem Blick, um dann leise zu seufzen.

»Ich hätte mir gewünscht«, gestand sie, während sie ihre Hände auf die Zinnen legte und mit mir gemeinsam zusah, wie der Reiter näher kam, »dass wir etwas länger hätten jubeln können.«

Der Ring der Kaiserin

2 »Was gibt es, Herold?«, fragte Leandra etwas später den Boten, als dieser sich müde mit uns an den Tisch setzte. Er lehnte sich erschöpft in seinem Stuhl zurück und ließ seinen Blick über den Gastraum schweifen, wo die Menschen noch immer den Sieg bei Aldar feierten. »Eure Majestät, ich bringe Nachricht von Baroness Sieglinde«, teilte er uns mit, während er seine gesiegelte Meldetasche über den Tisch zu Leandra hin schob. Er musterte mich und runzelte die Stirn, als ob er etwas zu grübeln hätte, und griff dann unter seinen Umhang, um seinen Beutel herauszuholen. »Hier, alter Mann«, sagte er und hielt mir ein Silberstück hin. »Nehmt den Silberling und holt Euch an der Theke ein neues Bier. Trinkt auf die Gesundheit Eurer Königin und gebt ihr den Abstand, das zu lesen, was nur für ihre Augen bestimmt ist.«

»Er kann bleiben«, beschied Leandra, während sie das Siegel der Tasche brach und ein gefaltetes Papyira herausholte, das ebenfalls gesiegelt war. Sie brach auch dieses Siegel, und ihre Augen weiteten sich, als sie Sieglindes Botschaft las. Sie ließ die Nachricht sinken und wandte sich an den Meldereiter. »Befolgt Euren eigenen Rat, Herold«, bat sie ihn. »Gönnt Euch ein Bier, Ihr seht aus, als ob Ihr es gebrauchen könntet.«

Für einen Moment kam es mir vor, als ob der Mann widersprechen wollte, doch dann nickte er und stand auf, um zu Eberhards Theke zu gehen.

»Was ist es?«, fragte ich Leandra.

»Etwas, das ich nur schwer glauben kann. Sieglinde schreibt, dass unsere Späher einen Drachen über Kelar gesehen haben.«

»Elsine kann es nicht sein«, sagte ich. »Sie ist in den Blutigen Landen unterwegs, um Tir‘na‘coer zu suchen. Zudem, was sollte sie in Kelar wollen?«

Kelar war meine Heimatstadt, doch dort gab es nichts mehr, das einen Besuch lohnen würde, der Nekromantenkaiser hatte die Stadt bis auf die Grundfesten schleifen lassen.

»Es ist nicht Elsine. Der Drache, der beschrieben wird, ist kleiner und von brauner Farbe und er trägt eine Reiterin, die eine weiße Lederrüstung trägt. Ich dachte, bis auf Elsine wären die Drachen ausgestorben?«

Meines Wissens nach trugen nur die Kriegsfürsten des Nekromantenkaisers weiße geprägte Lederrüstungen.

Götter, fluchte ich bei mir.

»Leandra«, sagte ich leise. »Du weißt, dass ich mit Ragnar in Kolariste gewesen bin, um Elsine zu befreien?«

Sie nickte.

»Dort sah ich solche Drachen«, teilte ich ihr mit. »Niedere Bestien, die kaum noch etwas mit ihren Vorfahren gemeinsam haben. Sie kreisten um die Feste dort.«

Leandra schaute auf die Nachricht in ihrer Hand herab und fluchte leise. »Erst die Kriegsbestien und Wyvern. Als wären sie nicht schon schlimm genug, sendet er jetzt auch noch Drachen gegen uns? Havald, wie soll das enden?«

Sie hielt mir die freie Hand entgegen. »Es wird enden«, sagte ich, als ich ihre Hand fester in die meine nahm. »Ich verspreche es dir. Es wird ein Ende finden.«

Niedere Bestien oder nicht, meinte Hanik besorgt. Sie sind dennoch zehnmal größer als eine dieser Wyvern und werden sich auch mit Speerwerfern nicht so einfach aus dem Himmel holen lassen.

»Wir haben dem Nekromantenkaiser bis jetzt trotzen können«, sagte ich beruhigend. »Wir werden auch eine Möglichkeit finden, diese Bestien zu besiegen.«

Sagt Ihr mir auch noch, wie?, fragte Hanik bitter.

Doch für den Moment musste ich ihm die Antwort schuldig bleiben.

Sie hatte recht, dachte ich bei mir, als ich mich im Gastraum umschaute. Auch mir wäre es lieber gewesen, etwas länger jubeln zu können. Mein Blick kreuzte sich mit dem des Herolds, der noch immer an der Theke stand und sich an seinem Bier festhielt. Wieder runzelte er die Stirn, dann weiteten sich seine Augen, und er ließ sein Bier stehen, um an unseren Tisch zurückzukommen.

»Ihr seid Lanzengeneral von Thurgau«, sagte er vorwurfsvoll.

»Ihr habt den Falschen«, entgegnete ich ruhig.

Leandra sah zu mir hin und schüttelte lächelnd den Kopf. »Ihr habt den Richtigen gefunden, Herold«, teilte sie ihm mit. »Er will sich nur verleugnen lassen. Es ist eine Angewohnheit, die er hat.«

Ich bedachte sie mit einem bösen Blick. »Ich bin von Thurgau«, gestand ich ihm. »Doch ich bin nicht mehr in den kaiserlichen Legionen.«

»Dazu kann ich nichts sagen und es steht mir auch nicht zu«, erklärte der Bote. »Doch ich weiß von den Federn der Legionen, dass Kaiserin Desina Order gegeben hat, nach Euch Ausschau zu halten.« Er schaute etwas verlegen drein. »Die Federn und die Herolde von Illian sprechen miteinander, Ser, und ich wurde gebeten, die Nachricht auszurichten, sollte ich Euch über den Weg laufen.«

Ich seufzte. »Was ist die Nachricht?«

»Ihr sollt Euch dringlich bei Kaiserin Desina melden. Sie ließ Euch schon suchen, bevor das Attentat auf sie geschah und …«

»Welches Attentat?«, fragten Leandra und ich gleichzeitig.

Der Herold schaute uns erstaunt an. »Ihr wisst es nicht? Ein ehemaliger Eulenschüler mit Namen Erinstor hat einen Anschlag auf die Kaiserin ausgeführt und auch die Ratshalle zum Einsturz gebracht!«

»Wann war das?«, fragte Leandra entsetzt.

»Vor wenigen Tagen erst«, sagte der Mann. »Ich bin überrascht, dass es euch nicht gemeldet wurde.«

»Ich war unterwegs, um die Lager der feindlichen Legionen zu überprüfen«, erklärte Leandra. Sie sah fragend zu mir hin.

»Ich war hier. Es muss knapp nach meiner Abreise aus Askir geschehen sein.« Wir schauten uns an, und Leandra nickte leicht.

Ich seufzte. Wie ich sie kannte, würde sie darauf bestehen, sofort nach Askir aufzubrechen. Für mich war damit unsere Zeit hier viel zu früh zu Ende.

»Ihr habt Euren Auftrag erfüllt«, teilte ich dem Herold ungehalten mit. »Ihr dürft Euch entfernen.«

»Wenn Ihr es wünscht, kann ich Euch zum Tor der Donnerfeste begleiten«, bot er uns an. »Ich kenne den schnellsten Weg dorthin.«

»Wir auch«, sagte ich, unwillig, mich noch weiter auf ihn einzulassen.

Er ist aufdringlich, stellte Hanik fest.

Das war mir auch ohne Haniks Hilfe aufgefallen.

Auch Leandras Augenbrauen hatten sich zusammengezogen, und sie bedachte den Mann nun mit einem Blick, den man nur als königlich bezeichnen konnte. »Danke«, ließ sie ihn kühl wissen. »Das wäre alles.«

Der Herold sah uns beide an, nickte dann, stand auf und verabschiedete sich höflich mit einer Verbeugung, um zurück zur Theke zu gehen, von wo aus er uns weiter musterte.

Ich hob fragend eine Augenbraue an.

»Schau mich nicht so an«, beschwerte sie sich. »Ich habe keinen Anteil an der Auswahl unserer Herolde, Herzogin Lenere wählt sie für uns aus.« Sie seufzte. »Ich weiß nur, dass es nicht viele gibt, die bereit sind, die Stadt zu verlassen, um Nachrichten zu überbringen.« Sie schaute zu dem Herold hin, der schnell zur Seite wegsah. »Jemanden zu finden, der dazu bereit ist, ist Lenere wahrscheinlich wichtiger als höfische Manieren. Er bot uns seine Hilfe an, Havald, das ist kein Verbrechen.«

Nach einem letzten Blick auf den Mann, der sich jetzt abgewendet hatte und so tat, als wäre er nur an seinem Bier interessiert, nickte ich langsam. »Ich bin zu misstrauisch geworden«, gestand ich ihr. »Ich sehe überall Gefahren.«

Leandra lachte leise. »Besonders gefährlich sieht er nicht aus. Wie alle Herolde trägt er auch keine Waffen.« Sie schob mir die Meldetasche hin und wies auf das Siegel. »Dies ist Sieglindes Siegel«, erklärte sie mir. »Ich kenne es gut genug, und es sieht nicht aus, als wäre es gebrochen gewesen. Abgesehen davon, was für einen Sinn soll es für einen Spion erfüllen, uns eine Nachricht zukommen zu lassen, deren Echtheit sich leicht überprüfen lässt?«

Bevor ich ihr antworten konnte, schaute Leandra an mir vorbei und lächelte. »Wir haben Besuch.«

Ich drehte mich um und sah nun auch die schlanke Sera in ihrer dunkelblauen Robe, die gerade durch die Tür kam. Damit war der Herold für mich vergessen, zumal mir auffiel, wie Eberhards Gäste auf sie reagierten. Eine Eule des Kaiserreichs in ihrer Robe hier zu sehen, hätte noch mehr Erstaunen auslösen müssen als Leandras Anblick, doch niemand schenkte ihr auch nur die geringste Beachtung. Ich schaute zu Asela hin und hob fragend eine Augenbraue an, doch ihre Antwort bestand nur aus einem leichten Lächeln.

»Das ging schnell«, meinte ich zu Leandra und schaute vorwurfsvoll zu dem Herold hinüber. Der hob nur seinen Bierhumpen zum Gruß.

Die Maestra zog sich den Stuhl heraus, auf dem eben noch der Herold gesessen hatte. »Der Götter Segen für Euch«, begrüßte sie uns.

»Und mit Euch«, antwortete ich für Leandra und mich.

»Wollt Ihr mir zeigen, wie Ihr es macht, dass man Euch keine Aufmerksamkeit schenkt?«, fragte Leandra neugierig. »Es muss Magie sein, sonst würde Euch niemand übersehen!«

Die Maestra lachte leise. »Vielleicht bin ich nur nicht interessant genug?« Für einen Moment sahen wir eine ältere Bauersfrau auf ihrem Stuhl sitzen, die uns mit drei verbliebenen Zähnen anlächelte.

Leandras Augen leuchteten auf. »Ihr müsst mir diesen Trick zeigen!«

»Später«, versprach die Maestra lächelnd, doch dann wurde sie ernster. Ihr Blick glitt zu mir hin, und sie musterte mich genauer. »Ich habe Euch aufgesucht, weil ich nicht warten will, um mich bei Euch zu bedanken, bis Ihr nach Askir kommt«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich weiß nicht, was genau es war, das Ihr getan habt, doch Ihr habt mein Leben gerettet, als Ihr mich zurück zur Felsenfeste geschleudert habt.«

»Ich sah keinen Grund, warum wir beide sterben sollten«, erklärte ich ruhig. »Kein Dank nötig, Ihr hättet das Gleiche für mich getan. Ich bin nur froh, dass Ihr es gut überstanden habt.«

Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Es sieht nur so aus«, sagte sie. »Ich hatte zwar ein wenig Zeit, um mich etwas zu erholen, doch es holt mich in meinen Träumen immer wieder ein. Und Ihr? Bei allen Göttern, Roderik, ich hätte nicht geglaubt, Euch noch einmal lebend wiederzusehen!«

Leandra sah von ihr zu mir. »Ihr sprecht von der Begegnung mit dem Nekromantenkaiser?«

Die Maestra nickte und lachte dann bitter auf. »Es eine Begegnung zu nennen, ist eine Untertreibung. Es hat mich erschüttert. Ich habe noch nicht einmal verstanden, wie er uns angriff, ich spürte nur eine eisige Kälte und wie er versuchte, uns alles Leben zu entziehen.« Sie holte tief Luft. »Es tut mir leid, dass ich Euch nicht vertraut habe, Roderik«, sagte sie gepresst. »Es hätte viel Leid erspart.« Sie musterte mich prüfend. »Ihr seid wohlbehalten?«

»Ich lebe noch«, gab ich einfach zurück.

Gut, dass Ihr es endlich zugebt, meinte Hanik. Es besteht also noch Hoffnung für Euch.

Ich ignorierte ihn. Manchmal gelang es mir ja.

»Wir sind beide erfreut, Euch zu sehen, Maestra«, fuhr ich fort. »Ich weiß auch Eure Höflichkeit zu schätzen. Doch wir wissen alle, dass Ihr nicht nur deshalb hier seid. Was bringt Euch her?«

Sie lachte und diesmal klang ihr Lachen fast unbeschwert. »Direkt zum Punkt. Wie immer.« Sie schaute zu Leandra hin. »Ich möchte wetten, dass seine Art Eure Höflinge leicht sprachlos macht.«

»Dazu kann ich nichts sagen«, meinte Leandra und schaute spitzbübisch zu mir hin. »Er meidet meinen Hof, so gut er kann. Ich bin seine Königin, doch wenn ich ihn sehen will, muss ich mich zu einem Gasthof bemühen, wo er Hof hält und nicht ich.«

»Der Unterschied«, sagte ich etwas getroffen, »liegt darin, dass du keine Audienz brauchst, um mich zu sehen.«

Asela hob die Hand. »Wenn Ihr Euch streiten wollt«, lächelte sie, »kann ich gerne wieder gehen. Doch ich wollte Euch sprechen, noch bevor Ihr Desina seht.«

»Warum das?«, fragte ich sie verwundert. »Ich dachte, es gäbe keine Geheimnisse zwischen euch.«

»Nicht mehr«, antwortete Asela ruhig. »Wofür ich Euch auch dankbar sein kann. Doch es geht darum, dass ich weiß, was Desina von Euch will, Roderik. Ich will nur sicher sein, dass Ihr versteht, welches Angebot sie Euch machen wird, was es bedeutet und was sie nicht laut aussprechen wird.«

Ich musterte die Maestra überrascht. »Bislang hat sich die Kaiserin gut verständlich machen können.«

»Ich weiß«, sagte Asela. »Doch die Nachricht von Eurem Tod hat sie erschüttert, und sie machte sich Vorwürfe. Auch jetzt noch ist sie zwiegespalten. Sie hat vor, Euch den Ring zurückzugeben, um Euch auf diese Weise in Eurem Kampf mit dem Nekromantenkaiser zu unterstützen. Sie wird Euch sagen, dass sie Euch vertraut und dass sie Euch freie Hand lassen will, da sie glaubt, dass Ihr am besten wisst, was zu tun ist.«

Leandra beugte sich vor. »Ich verstehe das richtig? Sie will ihm den Rang eines Lanzengenerals geben und fordert nichts dafür?«

Asela hatte den Blick nicht von mir abgewendet und jetzt nickte sie. »Genau das. Was aber auch der Grund ist, weshalb ich mit Euch sprechen wollte, bevor Ihr den Ring annehmt. Desina meint es ernst, doch es ist ein Fehler.«

»Macht Euch keine Sorgen«, bat ich die Maestra. »Ich habe nicht vor, den Ring wieder anzunehmen.«

»Ihr solltet es tun. Euch den Ring zu geben, ist nicht der Fehler«, erklärte Asela. »Er liegt darin, dass sie Euch freie Hand geben will.«

»Das finde ich nicht«, begehrte Leandra auf. »Bislang hat es sich immer als richtig erwiesen, wenn er seinen eigenen Weg gewählt hat.«

Ich räusperte mich. Leandra sah meinen Blick und schaute für einen Moment lang stur zurück, um dann zu seufzen und eine Handbewegung zu machen, als ob sie sagen würde, also gut, spreche du.

»Warum haltet Ihr es für einen Fehler, Maestra?«, fragte ich Asela.

»Miran«, sagte Asela verärgert. »Sie ist ambitioniert, und als sie hörte, dass Ihr gefallen wäret, beanspruchte sie den Befehl über alle Legionen für sich. Sie sagt es nicht offen, doch ich weiß, dass sie von sich selbst glaubt, dass sie, was militärische Belange angeht, es besser weiß, wie unsere Legionen im Feld zu führen sind, als eine Kaiserin, die ihren Rockschößen noch nicht entwachsen ist.«

»Sind dies Mirans Worte?«, fragte Leandra erstaunt.

Asela nickte grimmig. »Sie hat Desina auch als Kindskaiserin bezeichnet. Ich glaube, dass es ihr gar nicht bewusst ist, was sie da sagt. Miran sieht sich Desina gegenüber loyal, würde man daran zweifeln, bin ich sicher, dass sie wütend aufbegehren würde. Doch ich glaube, dass Miran, was das Militärische angeht, ihrer eigenen Einschätzung mehr vertrauen wird als einem Befehl einer Kaiserin, die Askir nicht verlässt und noch nie Truppen in das Feld geführt hat.«

»Hhm«, meinte Leandra nachdenklich. »Ich verstehe, was Ihr sagt, Asela.«

»Ich nicht«, ließ ich vernehmen. »Was genau wollt Ihr von mir, Maestra?«

»Desina kann es sich nicht leisten, Euch freie Hand zu geben. Sie braucht Euch, um Miran unter Kontrolle zu halten und den Truppen die Sicherheit zu geben, dass sie von einem Mann befehligt werden, der noch nie einen Kampf verloren hat.«

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich habe mehr als einen Kampf verloren«, sagte ich ihr. »Das wisst Ihr auch.«

Sie nickte. »Ja. Natürlich. Ich weiß es. Doch es geht nicht darum, was die Truppen wissen, es geht darum, was sie fühlen und glauben. Wenn Ihr die Legionen führt, werden sie Euch ihr Vertrauen geben.«

»Und nicht Miran«, sagte ich, als ich verstand. »Es geht Euch darum?«

Asela nickte. »Genau darum. Miran besitzt eigene Befürworter, es gibt genügend Soldaten, vor allem solche, die der dritten Legion angehörten, die ihr blindlings in den Tod folgen würden. Sie ist eine hervorragende Strategin, doch ihre Schwäche ist, dass sie zu sehr von sich überzeugt ist, um den Rat anderer anzunehmen. Sie glaubt nicht, dass sie einen Fehler begehen könnte.« Sie holte tief Luft. »Ich nehme an, Ihr habt davon gehört, dass Xiang uns zu Hilfe geeilt ist?«

Leandra und ich nickten.

»Ein Bote kam vorhin hier durch und hat es verkündet«, erklärte Leandra.

»Richtig«, nickte Asela. »Desina entschied daraufhin, die zweite Legion in die Südlande zu entsenden. Doch Miran ist der Ansicht, dass es wichtiger wäre, die beiden verbliebenen Legionen im Nordosten des Blutigen Landes zu zerschlagen.«

»Die Kaiserin sieht es anders?«, fragte Leandra.

»Ja«, sagte Asela. »Desina ist der Ansicht, dass es die zweite Legion ohne Roderik nicht gegeben hätte und dass die Südlande eine Allianz mit Askir eingegangen sind, um von Askir Hilfe zu erhalten. Sie sagt, dass es jetzt, wo es möglich ist, die zweite Legion in die Südlande zu entsenden, unehrenhaft von ihr wäre, es nicht zu tun. Zumal Elsine und Askannon nun doch einen Vertrag haben aushandeln können und Kaiserin Elsine versprochen hat, sich selbst um die beiden Feindlegionen in den Blutigen Landen zu kümmern. Zum ersten Mal, seitdem der Krieg begann, treiben wir den Feind vor uns her, ist er in der Defensive. Seit Monaten rekrutieren und trainieren wir fieberhaft, um unsere Legionen aufzubauen, und es zeigen sich bereits erste Erfolge. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir eine weitere volle Legion stellen können. Desina sieht es als wichtiger an, ihre Versprechen Illian gegenüber zu halten, als zwei Feindlegionen zu zerschlagen, die im Moment keine aktuelle Gefahr darstellen. Miran ist anderer Ansicht. Das Problem liegt darin, dass Miran ihre Ansichten deutlich macht, obwohl sie ihre Befehle bereits erhalten hat.«

»Sie weigert sich, den Befehl auszuführen?«, fragte Leandra ungläubig.

»In ihren Augen weigert sie sich nicht, sondern versucht, die Kaiserin vor einem Fehler zu bewahren«, erklärte Asela verärgert. »Das sind Mirans Worte.« Sie seufzte. »Wir können Miran nicht einfach den Befehl entziehen. Es würde die Truppen schwächen, wenn sie das Gefühl erhalten, dass ihre Führung uneins ist. Miran weiß das und, ob sie nun glaubt, was sie sagt, oder nicht, sie lässt es auf eine Machtprobe ankommen.« Asela schaute mich eindringlich an. »Desina braucht Euch, Roderik, damit Ihr Miran an die Kette legt. Doch das wird Desina Euch nicht sagen wollen, denn damit würde sie ihre Schwäche eingestehen. Deshalb bin ich hier. Um Euch zu bitten, den Ring und damit auch den Oberbefehl über die Legionen wieder anzunehmen.« Sie atmete tief durch. »Wir brauchen Euch, Roderik«, sagte sie einfach.

»Götter«, sagte Leandra ergriffen. »Ihr habt meinen Respekt dafür, nicht vielen ist es möglich, ihren Stolz so fahren zu lassen, wie Ihr es eben getan habt.«

Asela lachte trocken auf. »Ich lebe nun wahrhaftig lange genug, um zu wissen, dass Stolz einen nicht nährt und auch keine Kriege gewinnt. Es ist, wie es ist. Es sich aus falschem Stolz anders zu wünschen, ist Dummheit.«

»Ich werde das Angebot der Kaiserin und ihren Ring annehmen«, ließ ich sie ruhig wissen.

Asela schaute mich erstaunt an. »Das war mir jetzt zu einfach«, meinte sie misstrauisch. »Kennard sagte, Ihr hättet darauf bestanden, nicht mehr in die Belange Askirs hineingezogen zu werden. Dass Ihr Euren eigenen Weg gehen müsstet.«

Ich nickte. »Zu dem Zeitpunkt dachte ich das auch. Ich glaubte, es wäre besser, Kolaron Malorbian alleine anzugehen, doch ich wurde eines Besseren belehrt. Ich brauche Askirs Hilfe.«

Asela hob überrascht eine Augenbraue an.

»Ich habe den Ort gefunden, an dem der Tarn zusammengesetzt werden kann«, erklärte ich ihr. »Ich weiß noch immer nicht, was er bedeutet und zu was es uns führt, doch das werden wir nur herausfinden, wenn wir es gemeinsam angehen.«

»Du hast Tir‘na‘coer gefunden?«, fragte Leandra aufgeregt.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es die Stadt der Seher ist. Doch ich weiß, dass es der Ort ist, an dem wir den Tarn verwenden können.«

Asela nickte. »Kennard und Elsine haben bereits alles versucht, um den Tarn wieder zusammenzusetzen. Bis jetzt ist es ihnen nicht gelungen, und ich bin sicher, dass sie Euch den Tarn geben werden, wenn Ihr Euch auch daran versuchen wollt.«

»Das ist es nicht«, erklärte ich ihr. »Ich weiß, wo der Ort ist, zu dem wir hinmüssen, doch ich komme nicht an ihn heran.«

»Warum nicht?«, fragte Asela erstaunt. »Ihr verfügt doch jetzt über so viele Fähigkeiten, wieso …«

»Der Ort, von dem ich spreche, liegt gut vierzig Mannslängen tief unter der Erde«, unterbrach ich sie. »Ich brauche eure Hilfe, um uns den Weg dorthin zu graben.«

»Was genau braucht Ihr?«, fragte Asela neugierig. »Ich bin sicher, dass Desina es Euch geben wird.«

Ich seufzte. »Ich brauche einen guten Brunnenbauer«, verbesserte ich mich. »Und Schwertobristin Helis. Denn der Ort, von dem ich spreche, befindet sich tief unter dem Grundwasserspiegel.«

»Oh«, kam von Leandra.

Ja. Oh. Denn Serafine und ich waren nicht gerade freundlich auseinandergegangen. Und auch wenn ich nicht mehr Jerbil Konai war, wusste ich genug von Serafine, um sicher zu sein, dass sie mir noch nicht vergeben hatte.

»Ich kann mit Helis sprechen und versuchen, auf sie einzuwirken«, meinte Maestra Asela, doch sie klang etwas zweifelnd.

»Das ist noch nicht alles«, gestand ich. »Wenn wir die Südlande befreien wollen, brauchen wir sie auch dafür. Denn sie ist die Einzige, die mit Byrwylde sprechen kann. Oder einem Drachen.«

»Verflucht«, entfuhr es Leandra. »Ich weiß nicht, warum ich noch nicht daran gedacht habe, so oft wie ich mir den Kopf über Byrwylde zerbrochen habe, dabei liegt es doch so nahe!«

Doch die Maestra hörte ihr nicht zu, sie sah überrascht auf. »Drachen?«, fragte sie erstaunt.

Ich nickte zu dem Herold hin, der immer noch an der Theke saß und sich an seinem Bier festhielt.

»Der Herold überbrachte uns eben die Nachricht, dass nahe Kelar eine Kriegsfürstin gesehen wurde, die auf einem Drachen reitet.«

Asela zog scharf die Luft ein und wurde bleich. »Seid Ihr sicher?«, fragte sie atemlos.

Ich wies auf den Boten. »Ihr könnt ihn fragen.«

Sie nickte langsam und schloss die Augen, während sie tief durchatmete. »Ich kann Euch sagen, wer diese Kriegsfürstin ist«, sagte sie dann so leise, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen. »Sie heißt Farlin und ist meine Tochter.«

»Eure Tochter?«, meinte Leandra überrascht. »Vielleicht könnt Ihr sie auf unsere Seite ziehen?«

Asela schüttelte unglücklich den Kopf. »Sie hasst mich vielleicht noch mehr als Kolaron Malorbian selbst. Sie hat auch einen guten Grund dafür, denn sie wirft mir vor, dass ich sie noch ungeboren habe töten wollen.«

»Ist das wahr?«, fragte Leandra entsetzt.

Ich hätte die Frage nicht gebraucht, ich sah die Antwort bereits in den Augen der Maestra.

»Ja«, sagte Asela gepresst. »Es ist wahr. Dass es mir nicht gelungen ist, ist ein Versäumnis, das ich nun nachzuholen habe.« Sie atmete tief durch. »Erzählt mir, was ihr von ihr wisst.«

»Nicht viel mehr«, gestand ich, während ich fieberhaft überlegte, ob ich ihr Fragen stellen sollte. Asela war schon vor Jahrhunderten in die Gefangenschaft des Nekromantenkaisers geraten. Aus irgendeinem Grund hatte er einen unheiligen Hass auf sie entwickelt und ihr Dinge angetan, die wahrhaft unaussprechlich waren. Asela sprach nicht viel von ihrer Zeit in Kolariste, und ich verstand, warum. »Man hat in der Nähe von Kelar einen braunen Drachen gesichtet, der auf seinem Rücken eine Sera in einer weißen Lederrüstung trug.«

»Was tat sie dort?«, fragte Asela, doch ich konnte nur mit den Schultern zucken.

»Mehr wurde nicht berichtet.«

»Lest selbst«, sagte Leandra und schob das Meldebrett zu Asela hin. Die Maestra warf einen Blick auf die Nachricht und fluchte leise.

»Wäre nicht Desinas Krönung für übermorgen angesetzt, würde ich mich auf der Stelle nach Kelar begeben«, sprach Asela laut ihre Gedanken aus. »Doch bis jetzt scheint Farlin nichts getan zu haben.« Sie schaute zu mir hin. »Sie wird das Land aufklären wollen.«

Ich nickte. »Das denke ich auch. Doch warum Kelar? Dort gibt es nichts mehr, das für sie von Interesse sein kann. Selbst der Hafen ist zerstört und das Land ist versalzen.«

Asela nickte langsam. »Wir können nicht alles zugleich angehen«, seufzte sie. »Doch ich kann helfen, etwas Zeit zu gewinnen. Ich kann euch beide direkt in die Zitadelle von Askir bringen. So spart ihr die Reise hoch zum Tor der Donnerfeste.« Sie schaute zu Leandra hin. »Eure Leibgarde kann durch das Tor nachkommen. In der Zitadelle werdet ihr sicher genug sein.«

Leandra schaute mich fragend an. »Was denkst du, Havald?«

Jetzt war es an mir, zu seufzen. »Ich bin einverstanden. Zudem kann ich ein gutes Bett und vor allem ein heißes Bad gebrauchen.«

Zokora und das Bad

3 Keine halbe Kerzenlänge später bekam ich meinen Wunsch erfüllt. Wie versprochen, hatte Asela uns direkt zur Zitadelle gebracht. Wenn ich gehofft hatte, noch etwas Zeit mit Leandra verbringen zu können, wurde ich enttäuscht, denn kaum hatte sie die Tür zu ihren Gemächern aufgestoßen, als auch schon eine Meute eifriger Hofdamen über sie herfiel und Dinge des Protokolls und, wichtiger noch, der Mode mit ihr besprechen mussten. Offenbar waren weitere Anproben unerlässlich und an Wichtigkeit nicht zu unterschätzen.

Was dafür sorgte, dass ich sie feige im Stich ließ und nun zusah, wie das heiße Wasser in die Wanne aus poliertem Marmor floss.

Ein heißes Bad. Schon seit meiner Kindheit hatte ich eine Schwäche dafür. Vielleicht, weil es so gut wie unmöglich gewesen war, eines zu bekommen. Ich lachte leise, als ich mich unter das heiße Wasser gleiten ließ. Ein Schweinehirt zu sein, bringt es mit sich, dass Dreck an einem haftet, so richtig sauber zu werden, schien mir im Rückblick so ziemlich der einzige Wunsch gewesen zu sein, den ich damals hatte. Und eine Wanne, groß genug für mich, um darin unterzutauchen? Davon hatte ich nicht einmal zu träumen gewagt.

Ich tauchte prustend wieder auf und griff nach dem Schwamm. Eine schlanke dunkle Hand reichte ihn mir.

»Wenn du erwartest, dass ich dir beim Waschen helfe, dann irrst du«, sagte Zokora trocken.

»Götter«, prustete ich, nachdem ich mich vor Schreck beinahe noch selbst ersäuft hätte. »Ist man denn nirgendwo sicher vor dir?«

»Ich hoffe nicht«, meinte sie bescheiden und fing an, ihre Rüstung aufzuschnüren.

»Was machst du da?«, fragte ich vorsichtig.

»Ich entkleide mich. Varosch ist nicht da, also muss ich es selbst tun.« Sie sah mich mitleidig an. »Du verstehst schon, dass ich nicht mit meiner Rüstung baden will?«

»Du willst baden?«, fragte ich stupide. »Jetzt, hier?«

»Das Wasser ist heiß, und die Wanne ist groß genug für uns beide. Zudem habe ich die Absicht, dir ein paar Dinge zu erklären, die du offensichtlich nicht verstehst. Das kann man mit dem Angenehmen verbinden.«

Dafür, dass Zokoras Rüstung der Schale einer Zwiebel glich, so viele Teile wie sie trug, war sie überraschend schnell darin, sie loszuwerden. Bevor mir eine geeignete Entgegnung einfiel, glitt sie so elegant ins Wasser, dass es kaum eine Welle gab. Ich erhaschte kaum mehr als einen kurzen Blick auf ihren schlanken zierlichen Körper, dann nahm sie mir den Schwamm bereits schon wieder aus der Hand.

»Wenn du ihn nicht gebrauchen willst, nehme ich ihn«, teilte sie mir mit. »Götter, warum müsst ihr Menschen Seife parfümieren? Damit riecht man euch doch auf hundert Schritt.«

»Die Seife ist nicht parfümiert«, widersprach ich, während ich mich fragte, was hier eigentlich gerade geschah und was Varosch davon halten würde.

»Was nur beweist, wie schlecht deine Nase ist«, meinte sie ungerührt und wusch sich ab, während ich versuchte, woanders hinzusehen.

»Bei Solante«, seufzte sie, als würde das gesamte Gewicht der Welt auf ihr lasten. »Du hast mich doch vorher schon nackt gesehen, stell dich nicht so an. Ich bin nicht hässlich.« Sie hob fragend eine Augenbraue an. »Oder stört es dich, dass ich eine dunkle Elfe bin?«

»Nein«, sagte ich hastig, das war ein Boden, den ich nun wahrlich nicht betreten wollte.

»Varosch sagt, ich wäre schön, wieso stört dich mein Anblick?«, fragte sie mich.

»Das tut er nicht«, beeilte ich mich, ihr zu versichern. Fasziniert sah ich zu, wie sie ihre Haare ins Wasser tunkte, auswrang, mit den Fingern hindurchfuhr und sich dann schüttelte wie ein nasser Hund.

»Wie hast du das gemacht?«, fragte ich überrascht, da ihre Haare wieder trocken waren.

»Ein einfacher Trick«, meinte sie ungerührt. »Ich bringe ihn dir gerne bei. Wollen wir über meine Haare reden oder über Serafine?«

»Eigentlich«, sagte ich vorsichtig, »weder über das eine noch das andere. Ich bin müde.«

»Ich weiß.« Sie musterte mich mit diesen dunklen Augen. »Es ist seltsam. Ihr Menschen seid so zerbrechlich, und doch ist es manchmal erstaunlich, was ihr alles überlebt. Also gut, reden wir über Leandra. Warum ist es wichtig, in welcher Reihenfolge sie durch eine Tür kommt und warum muss das heute Nacht besprochen werden?«

»Es ist Protokoll«, versuchte ich, es ihr zu erklären.

»Hhm«, meinte sie. »Ihr Menschen übertreibt es mit eurem Protokoll. Es ist schade, dass sie nicht hier sein kann.«

Aus irgendeinem Grund war ich froh, dass Leandra uns hier nicht so sah. Was wohl Varosch dazu sagen würde? Doch er musste wissen, wie Zokora war. Außerdem konnte er als Priester des Boron die Wahrheit erkennen. Ob es wohl noch andere Akolythen des Boron gab, die zu den dunklen Elfen gehörten?

Ihr schweift ab, meinte Hanik erheitert. Zudem hat sie recht, sie ist ein prachtvoller Anblick, Ihr solltet ihn genießen.

Ich bedachte ihn mit einem stillen Fluch und spürte seine Erheiterung.

Zokora schaute mich immer noch an. »Ich will auch nicht über Leandra mit dir reden.«

»Gut, dann reden wir über den Verfluchten.«

Ich nickte und sah hastig zur Seite weg, als eine ihrer Bewegungen ihren Busen aus dem Wasser hob.

»Havald«, sagte Zokora barsch, während sie sich die Brust abwusch. »Schau mich an, wenn ich mit dir rede! Es ist wichtig.«

Ich bemühte mich, meinen Blick bei ihren Augen zu halten. »Was ist so wichtig, dass du mich in meinem Bad aufsuchst?«, fragte ich entnervt.

»Das Übliche. Das Überleben des Kaiserreichs, der Welt, deines, vor allem aber das meiner Kinder.« Sie beugte sich etwas vor, und ihre Augen brannten sich in die meinen. »Du hast vor, Kolaron Malorbian alleine anzugehen. Weil eine Prophezeiung davon spricht, dass du alleine sein wirst, wenn du ihm gegenüberstehst?«

»Ja«, begann ich. »Aber …«

»Die Prophezeiung sprach davon, dass der Nekromantenkaiser nach dem Mantel des toten Gottes greifen wird, richtig?«

»Ja, aber …«

»Und doch liegt der Mantel Omagors dort über deinem Stuhl und nicht auf den Schultern des Verfluchten. Was sagt dir das?«

»Ich …«

»Du bist nicht der Engel des Todes, Havald«, sagte sie und streckte ein schlankes Bein aus dem Wasser, um es sorgsam abzuwaschen. »Ich bin es. Die gesamte Prophezeiung trifft auch auf mich zu. Selbst der Teil mit der unschuldigen Seele. Ich halte es für wahrscheinlich, dass ich schon jemanden getötet habe, der unschuldig war.« Ihre Augen hielten mich noch immer fest. »Nataliya war eine Attentäterin des dunklen Kaisers. Sie als eine unschuldige Seele zu bezeichnen, dehnt die Wahrheit etwas.«

»Ich verstehe«, sagte ich rasch, bevor sie mich wieder unterbrechen konnte. »Du willst mir aufzeigen, dass die Prophezeiung nicht wörtlich zu nehmen ist.«

»Auch das«, sagte sie und nickte, als ob sie stolz darauf wäre, dass ich das verstanden hatte – als ob ich ihr nicht allzu gelehriger Schüler wäre, dem sie mühsam die Wahrheiten des Lebens beibringen musste. »Vor allem will ich dir sagen, dass die Prophezeiung dich nicht bindet. In ihr stand nichts von der Festung der Titanen oder den Vorkommnissen dort. Dass du jetzt Omagors Mantel trägst, zeigt zudem, dass sie auch fehlbar ist. Die Götter haben nichts davon gewusst, als sie die Prophezeiung an ihre Priester weitergaben.« Sie lächelte fein. »Zudem, es ist tatsächlich möglich, dass du gar nicht gemeint bist. Auch ich trage mit Furchtbann ein göttergeschmiedetes Schwert. Leandra ebenso. Sogar Sieglinde. Betrachtet ihr Menschen einen Engel gemeinhin nicht als weiblich?«

»Ehm, eher als Neutrum, würde ich sagen.«

Sie sah an mir herab, das klare Wasser verbarg nicht viel von mir. Oder von ihr.

»Dann passt die Prophezeiung wohl doch nicht auf dich«, meinte sie mit einem leichten Lächeln. »Ich verstehe nicht, weshalb ausgerechnet du, der sich gegen die Bestimmung durch die Götter so wehrt, dich von ein paar Worten gängeln lässt, die von wahnsinnigen Priestern vor Jahrhunderten niedergeschrieben wurden.«

»Ich lasse mich nicht …«

Sie unterbrach mich mit einem harten Blick. »Belüge dich nicht selbst«, mahnte sie mich. »Du hast.«

Ich seufzte. Etwas Wahres war an ihren Worten dran.

»Gut«, meinte sie zufrieden. »Jetzt zu Serafine und Leandra.«

»Ich wollte nicht über sie reden«, erinnerte ich sie etwas ungehalten.

»Ja. Doch du solltest etwas wissen«, sprach sie ungerührt weiter. »Serafine ist es leid, dich immer wieder zu betrauern, ohne dass du gestorben bist. Leandra sieht nicht ein, den Vater ihres Kindes alleine in den Kampf ziehen zu lassen, Janos meint, dass er sich langweilt, Sieglinde ist der Ansicht, dass sie alt genug ist, um selbst zu entscheiden, ob sie mit dir geht oder nicht, und Enke denkt, dass man auf dich aufpassen muss. Darin bin ich mit ihr einer Meinung.« Sie hob das andere Bein aus dem Wasser und wusch es sorgfältig ab, während ich ihr fasziniert dabei zusah. »Leandra und Serafine wollen zudem eine Entscheidung von dir erzwingen. Sie haben untereinander ausgemacht, dass die jeweils andere dann auf dich verzichten wird. Mein Rat ist der, dass du dich nicht entscheidest, denn in diesem Falle wollen sie dich teilen. Das ist dem Frieden zuträglicher. Zudem, warum sollte eine auf dich verzichten sollen? Es ist ja nicht so, dass sich ein Männchen verbraucht.«

»Bist du fertig?«, fragte ich sie entnervt.

»Fast«, meinte sie. »Du solltest nicht wieder versuchen, dich von uns zu lösen. Denn wenn du es alleine angehst, wirst du scheitern.« Sie streckte das Bein aus, musterte es kritisch und ließ es wieder unter der Wasseroberfläche sinken, ohne dass es auch nur die geringste Welle gab. »Zudem würde ich es dir übel nehmen. Du brauchst meine Hilfe, um den Nekromantenkaiser zu besiegen. Versagst du, haben meine Kinder keine Zukunft. Du hast mir versprochen, dass sie eine Zukunft haben werden, also werde ich dich begleiten.«

Das musste die längste Ansprache gewesen sein, die Zokora mir jemals gehalten hatte. Ich beäugte sie misstrauisch. »Hast du dich mit Leandra abgesprochen?«

»Wofür?«, fragte sie unschuldig. »Wir sind einer Meinung darin.«

Bevor ich dazu etwas sagen konnte, glitt ihr Blick wieder an mir herab.

»Du bist erregt«, stellte sie fest. »Soll ich dir Abhilfe verschaffen? Varosch sagt, ich wäre gut darin. Wenn du dich in mich ergießt, ist es auch ein Opfer an Solante. Ich bin ihre Priesterin«, erinnerte sie mich, als ob ich das hätte vergessen können.

»Danke«, entgegnete ich hastig. »Doch das wird nicht nötig sein.«

»Wie du willst«, meinte sie und stand auf, um aus der Wanne auszusteigen. Das Wasser glitt von ihr herab, und als sie am Rand stand, war sie trocken. Sie zog sich genauso schnell an, wie sie sich zuvor ihrer Rüstung entledigt hatte, prüfte noch einmal den Sitz ihrer Dolche und ihres schwarzen Schwertes, nickte dann zufrieden und schaute mich prüfend an. »Haben wir uns verstanden?«

»Ja«, sagte ich folgsam. Was hätte ich auch anderes sagen können? In diesem Moment erschien mir der Gedanke, dem Nekromantenkaiser entgegenzutreten, weitaus ungefährlicher als der, Zokora zu verärgern. Er hatte sich in Kolariste verkrochen, um seine Wunden zu lecken. Zokora stand in meinem Bad.

»Dann ist es gut«, meinte sie und ließ mich allein zurück.

Ich atmete tief durch. Ich hatte schon einige denkwürdige Begegnungen mit Zokora gehabt, doch diese …

»Eines noch«, ließ mich ihre Stimme zusammenzucken. Ich fuhr herum, doch sie war nirgendwo zu sehen. »Wenn du dich mit Serafine gutstellen willst, solltest du deine Uniform anlegen, sobald Desina dir den Ring wiedergegeben hat. Serafine legt Wert auf so etwas, und sie zürnt dir schon genug.«

»Darf ich jetzt in Ruhe baden?«, fragte ich entnervt.

Ich bekam keine Antwort.

Götter, meinte Hanik beeindruckt, was für ein Angebot. Wenn Ihr mich fragt …

Niemand fragt Euch, meinte ich entnervt zu ihm. Jetzt seid still, ich will meine Ruhe haben.

Etwas später stand ich vor dem Spiegelbild und musterte mich. Der Mann, der mir aus dem Glas entgegensah, war mir endlich wieder bekannt und nicht mehr fremd. Ich fuhr mit dem Finger über die Narbe unter meinem linken Auge, über die an meinem Kinn. Es war schon so lange her, dass ich sie erhalten hatte, dass ich mich gar nicht mehr daran erinnern konnte, wie es geschehen war. Doch seitdem gehörte sie zu mir.

Nach dem Attentat hatte man mich im Tempel des Soltar aufgebahrt, wo die Gebete der guten Priester und der Wille der Götter mir mein Leben, meine Gesundheit und meine Jugend wiedergegeben hatten. Doch ich lebte schon so lange, dass es mir schwergefallen war, mich mit dem Antlitz eines Jünglings anzufreunden, als es mir aus dem Glas heraus entgegenschaute. Da gefiel mir mein graues Haar jetzt besser. Man lebt und das Leben hinterlässt Spuren, zeichnet einen, gibt einem das Gesicht, das man sich im Leben verdient.

Selbst jemand wie Asela, der man ewige Schönheit nachsagte, besaß Falten, die ihren Charakter und ihr Leben aufzeigten, auch wenn sie so fein waren, dass man sie kaum sah. Ich wollte nicht mehr, dass das Gesicht eines Jünglings wie eine Maske den verbarg, der ich in Wahrheit war. Ich ließ meinen Kettenmantel über meine Schultern fallen, zog ihn mir zurecht, schlang mir meinen Schwertgurt um die Hüften und zog zu guter Letzt meine alten Stiefel wieder an. Ich streckte die Hand nach Seelenreißer aus, er kam zu mir, und ich hängte ihn in meinen Gürtel ein, dann wehte der schwarze lebende Umhang eines Gottes mir entgegen, legte sich um meine Schultern, um sich dann mit feinen Fingern in meinem Nacken festzusaugen.

Das, teilte ich meinem Spiegelbild mit, bin ich. Und genauso will ich sein.

Ja, grummelte Hanik. Perfekt. Ihr seht aus, als müsste es einen Steckbrief auf Euch geben. Eure Uniform würde Euch weitaus besser stehen und Ihr könntet Euch rasieren. So werdet Ihr Serafine nicht freundlich stimmen.

Ich war auf dem Weg zur Tür gewesen und hatte gerade die Hand nach dem Knauf ausgestreckt, jetzt hielt ich inne.

Hanik?

Ja?

Genug davon. Kein Wort mehr. Ich wartete, doch es kam nichts weiter von ihm. Was gut so war, denn ich hatte im Moment genug von ihm.

Auch wenn er, was Serafine betraf, recht haben könnte.

Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, hatte es harte Worte zwischen uns gegeben. Sie hatte ihr Vertrauen in mich von einem Besuch des Soltartempels hier in Askir abhängig gemacht, obwohl die Zeit dafür nicht gegeben war. Die Geschehnisse auf dem Feld des Todes hatten mir im Nachhinein recht gegeben. Hätte ich Serafines Wünschen Folge geleistet, wäre Miran mit der zweiten Legion den dunklen Magien des Nekromantenkaisers zum Opfer gefallen.

Asela hatte Gleiches von mir gedacht, doch es war Teil ihrer Aufgabe als Eule, allem misstrauisch gegenüberzustehen. Bei ihrer persönlichen Geschichte konnte ich sie verstehen.

Doch Serafine behauptete, mich aus zwei Leben zu kennen und zu lieben. Vielleicht war das auch der Grund für ihr Verhalten. Jerbil Konai war, in ihren Augen, unfehlbar gewesen. Die Säule der Ehre. Ein treuer Soldat Askirs. Jemand, der nichts falsch machen konnte. Wenn ich anders handelte, als er es getan hätte, dann missfiel es ihr, reizte sie dazu, mich dazu zu drängen, so zu sein wie er. Mittlerweile wusste auch ich ohne Zweifel, dass meine Seele in einem vorigen Leben die seine gewesen war. Nur war ich nicht er und würde es auch nicht sein können. Doch was in ihren Augen noch schlimmer war, ich wollte es auch nicht sein. Jerbil Konai, die Säule der Ehre, hatte ein anderes Leben geführt als ich. Und einige meiner Entscheidungen, vor allem viele, die ich in der letzten Zeit getroffen hatte, hätte er nie gebilligt oder gar selbst so getroffen.

Doch jetzt, da ich darüber nachdachte, stellte ich fest, dass nicht nur sie mir zürnte, sondern auch ich ihr. Soltar, dachte ich grimmig, hatte sich damit einen rechten Scherz erlaubt, sie mit dem vollen Wissen ihres früheren Lebens wieder ins Leben zurückzurufen. Der Teil von mir, der Jerbil Konai war, liebte sie, und damit liebte auch ich sie. Doch der Teil, der ich selbst war, liebte zudem noch eine andere. Eine nicht minder sture, weißhaarige Halbelfe, die nun Königin von Illian war.

Orikes Sorgen

4 Plötzlich wurde ich mir des Lärms vor meiner Tür bewusst. Hier oben, im siebten Stock der Zitadelle, herrschte meist eine tiefe Stille. Selbst die Wachen vor der Tür und in den Gängen sprachen oft nur im Flüsterton. Hier lautes Rufen und herzhaftes, breites Lachen zu hören, war mehr als ungewöhnlich. Und waren das Tempelglocken, die ich in der Ferne läuten hörte? Ich überprüfte, ob Seelenreißer richtig an meinem Schwertgurt hing, und zog die Tür auf, um dort zwei lachende Legionäre der Kaisergarde im Gang vorzufinden, die sich gerade gegenseitig auf die Schultern klopften, als hätten sie etwas zu feiern.

Als sie mich sahen, nahmen sie sofort Haltung an, doch ohne dass das breite Grinsen in ihren Gesichtern darunter litt. Auch wenn sie mich im ersten Moment erstaunt anschauten.

»Was gibt es?«, fragte ich, während ich den Gang entlangschaute, wo andere Soldaten ebenfalls in bester Laune und ganz aufgeregt miteinander sprachen und lachten.

»Eine Flotte aus Xiang ist wie aus dem Nichts vor der Küste von Aldane aufgetaucht, hat wie ein Sturmwind die schwarzen Schiffe Thalaks vor sich hergetrieben und in Marendils Arme geschickt, um dann ein Heer vor Aldar anzulanden, das die schwarzen Legionen vor den Mauern der Stadt im ersten Anlauf fast aufrieb und versprengte. Aldar ist befreit, die Belagerung der Stadt gebrochen!«

Ich blinzelte erstaunt, ich fand es überraschend, dass sich die Nachricht erst jetzt hier herumsprach, denn es war mehr als zwei Glocken her, seitdem der Bote in Eberhards Gasthof dort die Nachricht verkündet hatte.

Doch dass die Soldaten so ausgelassen darauf reagierten, war mehr als verständlich. Denn wenn Xiang tatsächlich an unserer Seite in den Krieg gegen Thalak eingetreten war, bestand zum ersten Male Hoffnung darauf, dass wir diesen Krieg gewinnen konnten. Denn Xiang, das östliche Kaiserreich, war bislang das einzige Reich, das es jemals vermocht hatte, Thalak nicht nur zurückzudrängen, sondern sogar einen Frieden aufzuzwingen. Ich wusste, dass sich Desina schon von Anfang an bemüht hatte, eine Allianz mit Xiang zu schmieden, aber auch, dass sie stets nur ausweichende Antworten erhalten hatte. Dass es ihr offensichtlich gelungen war und zugleich Thalak den wichtigsten Brückenkopf im Herzland des Reichs verloren hatte, ließ mich nur staunen. Damit hatte die junge Eule und Kaiserin etwas vollbracht, das ich nicht für möglich gehalten hatte. Wenn eine Flotte aus Xiang vor Aldanes Küste Truppen angelandet hatte, dann musste es schon seit Monaten geplant gewesen sein. Götter, dachte ich beeindruckt. Ein Wunder, dass Thalaks Spione davon nichts erfahren hatten! Offenbar hatte nicht nur ich Desina unterschätzt, denn sie wusste wahrlich, wie man ein Geheimnis wahrte, denn in der ganzen Zeit, in der ich die junge Kaiserin nun kannte, hatte sie weder mit Wort noch Geste verraten, dass sie etwas plante, was mit einem Handstreich den gesamten Kriegsverlauf zu unseren Gunsten wenden konnte.

Ich ging in mein Zimmer zurück, wühlte kurz in einer meiner Kisten, die dort standen, seitdem wir aus Bessarein hierhergekommen waren, fand den Beutel, den ich suchte, und ging zu den Wachen an meiner Tür zurück. »Hier«, sagte ich dem, der mir die frohe Kunde mitgeteilt hatte. »Nehmt diesen Beutel. Nach Dienstschluss sollt Ihr und Eure Kameraden, die hier in der Zitadelle Wache halten, auf die Kaiserin und den Kaiser von Xiang trinken.«

Der Mann griff mit leuchtenden Augen nach dem Beutel, ich zog ihn wieder zurück. »Doch erst nach Dienstschluss und nicht so viel, dass Ihr den morgigen Dienst nicht antreten könnt, verstanden?«

»Aye, Ser, Lanzengeneral, Ser!«, rief er aus und nahm Haltung an. Ich warf ihm den Beutel zu und ging dann deutlich wohlgelaunter meiner Wege. Die mich jetzt zu Stabsobrist Orikes führten. Denn jetzt wollte ich wissen, wie es Xiang gelungen war, die schwarzen Legionen vor Aldar so zu überraschen. Und wenn jemand Einzelheiten über diesen Angriff wusste, dann war es Orikes.

Im Gang vor Orikes‘ Amtszimmer standen vier lange Bänke. Es war üblich, hier wartende Soldaten, zumeist Angehörige der Federn, vorzufinden, doch an diesem Abend war der Gang so überfüllt, dass kaum ein Durchkommen möglich war.