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Sachsen 1705: Anna Constantia von Cosel ist die mächtigste Frau Sachsens. Durch ihre Anmut und Klugheit hat sie das Herz von König August dem Starken erobert. Doch Anna Constantina ist nicht wie andere Frauen am Hofe. Sie ist stolz, unnahbar und hat ihren eigenen Kopf. Zunächst geht König August auf ihre Bedingungen ein, doch dann wird Anna ihre Unabhängigkeit und Klugheit zum Verhängnis. Über 40 Jahre sperrt ihr Geliebter sie auf Burg Stolpen ein, bis eines Tages die junge Julia Tiburti auftaucht und alles daransetzt die Gräfin zu befreien ...
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Seitenzahl: 588
Sachsen 1705: Anna Constantia von Cosel ist die mächtigste Frau Sachsens. Durch ihre Anmut und Klugheit hat sie das Herz von König August dem Starken erobert.
Doch Anna Constantina ist nicht wie andere Frauen am Hofe. Sie ist stolz, unnahbar und hat ihren eigenen Kopf. Zunächst geht König August auf ihre Bedingungen ein, doch dann wird Anna ihre Unabhängigkeit und Klugheit zum Verhängnis. Über 40 Jahre sperrt ihr Geliebter sie auf Burg Stolpen ein, bis eines Tages die junge Julia Tiburti auftaucht und alles daransetzt die Gräfin zu befreien.
Über Birgit Jasmund
Birgit Jasmund, geboren 1967, stammt aus der Nähe von Hamburg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Kiel hat das Leben sie nach Dresden verschlagen. Wenn einem dort der Wind so richtig um die Nase weht, hält sie nichts im Haus. Im Aufbau Taschenbuch Verlag sind von ihr bereits die historischen Romane »Die Tochter von Rungholt«, »Luther und der Pesttote«, »Der Duft des Teufels«, »Das Geheimnis der Porzellanmalerin«, »Das Erbe der Porzellanmalerin«, »Das Geheimnis der Zuckerbäckerin« sowie bei Rütten & Loening die Liebesgeschichte »Krabbenfang« erschienen.
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Birgit Jasmund
Die Maitresse
Aufstieg und Fall der Gräfin Cosel
Historischer Roman
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
Newsletter
Kapitel I
Kapitel II
Anna Constantia von Cosel ∙ 1705
Kapitel III
Kapitel IV
Anna Constantia von Cosel ∙ 1705
Kapitel V
Kapitel VI
Anna Constantia von Cosel ∙ 1705
Kapitel VII
Kapitel VIII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1705 und 1706
Kapitel IX
Kapitel X
Anna Constantia von Cosel ∙ 1706 und 1707
Kapitel XI
Anna Constantia von Cosel ∙ 1707
Kapitel XII
Kapitel XIII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1708
Kapitel XIV
Anna Constantia von Cosel ∙ 1709
Kapitel XV
Kapitel XVI
Anna Constantia von Cosel ∙ 1709
Kapitel XVII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1709 und 1710
Kapitel XVIII
Kapitel XIX
Anna Constantia von Cosel ∙ 1710
Kapitel XX
Anna Constantia von Cosel ∙ 1710
Kapitel XXI
Kapitel XXII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1711
Kapitel XXIII
Kapitel XXIV
Anna Constantia von Cosel ∙ 1711
Kapitel XXV
Kapitel XXVI
Anna Constantia von Cosel ∙ 1711
Kapitel XXVII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1712
Kapitel XXVIII
Kapitel XXIX
Anna Constantia von Cosel ∙ 1713 und 1714
Kapitel XXX
Anna Constantia von Cosel ∙ 1714 und 1715
Kapitel XXXI
Kapitel XXXII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1715 und 1716
Kapitel XXXIII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1716
Kapitel XXXIV
Kapitel XXXV
Anna Constantia von Cosel ∙ 1716
Kapitel XXXVI
Kapitel XXXVII
Anna Constantia von Cosel ∙ 1716
Kapitel XXXVIII
Kapitel XXXIX
Anna Constantia von Cosel ∙ 1716 und 1717
Kapitel XL
Anna Constantia von Cosel ∙ 1723
Kapitel XLI
Anna Constantia von Cosel ∙ 1727
Kapitel XLII
Kapitel XLIII
Kapitel XLIV
Kapitel XLV
Historische Persönlichkeiten
Interview mit Birgit Jasmund
Impressum
Für meinen Vater,
der immer nach den Fortschritten gefragt hat
und die Veröffentlichung leider nicht mehr erlebt.
∙ 1731 ∙
Auf der Burg Stolpen saßen vier Soldaten in der Wachstube und würfelten. In einer Ecke bullerte ein eiserner Ofen. Die Männer hatten ihre Uniformröcke ausgezogen und die Halstücher gelockert. Vor der Tür wehte ein eisiger Februarwind über Bergrücken und Täler, heulte um die Türme der Burg. In den Wäldern knarrten die Tannen, und feine Schneekristalle stachen wie Nadeln in Nasen und Wangen. Binnen Stunden türmten sich mehr als mannshohe Schneewehen auf, anderswo lag der Boden blank. In den Ställen drängte sich das Vieh genauso zusammen wie die Männer in der Wachstube. Das Rauschen des Windes übertönte beinahe das Läuten der Kirchenglocken um sechs Uhr am Abend. Nur einer der Spieler hob den Kopf, die anderen starrten wie gebannt auf die rollenden Würfel.
»Das Abendläuten«, sagte er.
Die anderen horchten nun ebenfalls.
»Was du hast. Ich höre nichts«, widersprach der, der wegen seiner roten Haare Kupferner Hans genannt wurde.
»Sie läuten trotzdem. Zwei von uns müssen gehen.« Der Sprecher schaute sich auffordernd in der Runde um. Er war der Älteste unter den Wachsoldaten und nahm das Privileg für sich in Anspruch, die anderen herumzukommandieren.
Alle schauten beflissen auf den Tisch. Niemand wollte freiwillig vor die Tür gehen, wo die Kälte einem in jeden Knochen fuhr. Egal, ob man einen oder zwei Umhänge trug, einen Schal um Hals und Nase wickelte und sich die Mütze tief ins Gesicht zog, der unbarmherzige Wind fand eine Lücke.
»Nun los!« Der Älteste schaute den Jüngsten in der Runde an. »Wir bekommen Ärger, wenn die Magd mit dem Abendessen vor der Tür der gnädigen Dame warten muss.«
»Ich bin erkältet.« Der Junge, auf dessen Wangen nur wenige Barthaare sprossen, zog demonstrativ die Nase hoch.
Der Blick des Ältesten blieb nun an dem Mann mit dem roten Haar hängen.
»Was interessiert mich das«, murrte der Kupferne Hans. »Ich bin gestern gegangen, und da war das Wetter um keinen Deut besser.«
»Du und der Kupferne Hans gehen«, bestimmte schließlich der Älteste.
»Du bist keiner der vorgesetzten Offiziere und hast gar nichts zu sagen«, widersprach der Bengel und zog erneut die Nase hoch.
»Ich könnte dein Vater sein.«
»Schönen Dank auch. Ein liebender Vater schickt den Sohn nicht in die Kälte hinaus, sondern geht selbst.«
Der Kupferne Hans lachte zu diesen Worten des Milchgesichts. »Was sagst du nun?«, wollte er wissen.
Das Abendläuten war längst verstummt, die Würfel auf dem Tisch vergessen, und der Streit in der Wachstube wurde hitziger. Der Kupferne Hans sprang auf und ballte die Hände zu Fäusten. Er blickte wild um sich, als könne er sich nicht entscheiden, wen sein Schlag zuerst treffen sollte.
»Na, na«, mischte sich der Vierte, der bisher geschwiegen hatte, besänftigend ein. Er kam nicht dazu, mehr zu sagen, denn in diesem Moment flog die Tür auf.
Mit einem Schwall kalter Luft trat Hauptmann Johann Holm ein. Er schüttelte Nässe von Hut und Mantel. Die Soldaten waren aufgesprungen und hatten Haltung angenommen. Holm unterstanden die vierzig Soldaten auf der Festung Stolpen, die für die Bewachung der Gefangenen abgestellt waren. Sein Blick huschte zwischen den Würfeln auf dem Tisch und den Männern hin und her. Er machte keine Anstalten, sie aus ihrer Habachtstellung zu entlassen. Ebenso wenig schloss er die Tür. Schnee wirbelte herein und verwandelte sich in der Wärme in Wassertropfen.
»Was soll das?«, bellte Holm. Sein Blick blieb beim Kupfernen Hans hängen. »Bericht! Warum geht niemand, damit die Frau Gräfin ihr Abendessen erhalten kann? Die Magd steht mit dem Tablett vor der verschlossenen Tür und kann nicht hinein. Wenn ich sie nicht zufällig bemerkt hätte … An wem ist die Reihe, die Tür zu öffnen?«
Keiner antwortete.
»Wer?«
»Wir haben gerade darüber gesprochen«, murmelte der Kupferne Hans.
»Da gibt es nichts zu besprechen. Das Läuten ist längst vorüber. Alle gehen! Sofort!« Holms Stimme war eine stählerne Klinge.
Sie zogen die Röcke ihrer Uniformen an und darüber die Mäntel. Schlugen die Kragen hoch und schoben sich die Mützen tief in die Stirnen. Keiner besaß Handschuhe, wie sie der Hauptmann trug, sie vergruben deshalb die Hände unter den Achseln und stapften hinaus. Holm schmetterte hinter ihnen die Tür zu. Er zog Hut und Mantel aus und ließ sich auf einen der Stühle neben dem Ofen fallen, griff nach den Würfeln auf dem Tisch, wog sie nachdenklich in der Hand. Die Männer waren keine schlechten Kerle, und er hasste es, sie anfahren zu müssen, aber wenn die Disziplin litt …
Er konnte sich gut vorstellen, wie es abgelaufen war. Niemand hatte bei diesem Wetter hinausgehen wollen, um die Räume der Gefangenen aufzuschließen, damit ihr das Abendessen gebracht werden konnte. Hätte er die Magd nicht bemerkt … Er wäre es auch, der das hitzige Temperament der Gefangenen wegen des verspäteten Abendessens aushalten musste.
***
Unermüdlich rüttelte der Sturm an den morschen Fensterrahmen meiner Wohnung im Obergeschoss des Stolpener Zeughauses. Dem Zug und der Kälte konnte ich nur entgehen, indem ich in mehrere Schultertücher gehüllt und mit einer Decke über den Knien dicht neben dem Ofen saß und versuchte zu lesen. Ich hatte mich aber nicht auf das scheußliche Traktat über Gottes Fürsorge für die Pflanzen dieser Welt konzentrieren können. Verfasst hatte es ein Ritter Nathan Leberecht von Scholl gemeinsam mit seinem Sohn, weiland Student der Theologie in Leipzig. Langweilige Passagen über das Aussehen und Wachstum der Pflanzen wechselten ab mit unerträglich schwülstigen über Gottes Gnade, die sich in jedem Grashalm auf wunderbare Weise offenbarte. Ich weiß nicht, wie das unter meine Bücher geraten war.
Das Brausen des Windes übertönte jedes Geräusch. Deshalb schrak ich zusammen, als auf einmal meine Küchenmagd nass und zerzaust im Zimmer stand. Sie knickste mit einem Tablett in den Händen.
»Sie kommt spät«, fuhr ich die Frau an. »Das Abendläuten ist seit einer Weile vorüber.« Die Glocken hatte ich nicht wahrgenommen, aber meine innere Stimme sagte mir, es sei längst über die Zeit für das Abendessen hinaus.
Die Magd knickste ein zweites Mal. »Es tut mir leid, gnädige Frau. Niemand kam, um mir die Tür aufzuschließen. Dann kamen sie endlich – zu viert. Als ich fast erfroren war.«
Sie setzte das Tablett auf dem Tisch ab und begann für mich einzudecken. Derweil inspizierte ich die in Schüsseln und Tiegeln angerichteten Speisen. Was sich meinen Augen darbot …
»Das kann ich nicht essen!«, rief ich aus. Anklagend deutete ich mit dem Finger auf das Tablett.
Alles war kalt! Die Suppe am Rand zu einer Kruste angetrocknet, sie sah nahezu gefroren aus. Statt einen appetitlichen Duft zu verbreiten, waren die Stubenküken von einer Schicht geronnenen Fetts überzogen. Das Gemüse und der Salat sahen aus, als hätte der Koch sie vor drei Tagen zubereitet und seitdem Wind und Wetter ausgesetzt. Einzig die als Dessert gedachten Kuchen und Petits Fours schienen genießbar; vorausgesetzt, der Esser verfügte über starke Zähne.
»Das ist alles gefroren und völlig verdorben! Schaffe Sie das fort und hole Sie mir was anderes. Was noch warm ist.«
Die Magd hielt inne, als hätte sie ein Blitz getroffen. Ihre Finger spielten mit dem Besteck, das sie eben auf den Tisch hatte legen wollen. »Das wird nicht gehen, gnädige Frau. Der Koch hat wegen des Wetters in der Küche das Feuer gelöscht und ist nach Hause gegangen. Ehe er hier auf der Burg einschneit, hat er gesagt.« Zur Bekräftigung ihrer Worte knickste sie und legte das Besteck auf den Tisch.
»Ist dieser Mensch von allen guten Geistern verlassen?«
»Wenn wir die Schüsseln neben den Ofen stellen, wird alles im Nu wieder warm.« Sie beäugte das Tablett über den Tisch hinweg. »Die gnädige Frau müssen mir glauben, dass es nicht meine Schuld war. Es ist die Schuld der Soldaten, die alles pflichtvergessene Kerle sind.«
»Ihre Meinung tut hier nichts zur Sache.« Ich nahm mit spitzen Fingern den Tiegel mit den Stubenküken und stieß ihn in ihre Richtung.
Es war nicht die Schuld dieser Frau, sondern die der nachlässigen Soldaten unter Hauptmann Holms Kommando, aber mein Ärger brauchte ein Ventil, und es war nur sie da. Ich würde ihr bei nächster Gelegenheit einen Taler auf den Tisch legen.
»Das Fett kann ich leicht abkratzen«, gab diese Person zum Besten. »Und auch von der Suppe die Haut abnehmen. Ich werde alles so herrichten, als käme es geradewegs aus der Küche. Die gnädige Frau wird keinen Unterschied merken.« Sie schaute mich mit dem verzweifelten Mut der niederen Stände an. Und knickste.
»Nimm sie das fort.«
Die Magd gehorchte wortlos und zum Glück diesmal knickslos.
»Nein! Den Kuchen soll sie dalassen. Ich will versuchen, mir daran die Zähne auszubeißen.«
Während sie den gedeckten Tisch abräumte, ließ ich unauffällig einen Taler auf das Tablett gleiten. Wieder allein in meiner Wohnung eingeschlossen, zog ich mich mit einem Glas Wein und dem Kuchenteller neben den Ofen zurück.
Gottes Wege sind für die Menschen unbegreiflich, und wir dürfen nicht klagen. Die Mühsal des irdischen Lebens wird uns im Jenseits vergolten. An dieser Hoffnung richtete ich mich immer wieder auf, wenn mir das Dasein zu schwer schien für meine schmalen Schultern.
Ich war nicht immer eine einsame Gefangene gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben, da war ich bon ton. Mit einem Heben meiner Augenbraue hatte ich jemanden erhöhen oder vernichten können.
∙ 1731 ∙
Conrada stand vor ihrem Vater und fühlte sich, als wäre sie zwölf. Dabei zählte sie genau doppelt so viele Jahre. Zu diesem Gefühl trug bei, dass ihr Vater seine älteste Tochter mit einer Mischung aus Strenge, Enttäuschung und Nachsicht betrachtete, wie er es stets zu tun pflegte, wenn sie sich als Kind über seine Worte hinwegsetzte.
»Du hast es wieder getan!«, warf er ihr vor. In der Rechten hielt er ein zerknittertes Schreiben.
Während sie stand, saß Viktor von Tiburti in einem bequemen Sessel, der linke Fuß, in dem ihn die Gicht plagte, lag auf einem Hocker. Ein mächtiger Kamin trieb die Temperatur in schweißtreibende Höhen – ein erster Tropfen suchte seinen Weg Conradas Wirbelsäule entlang.
Zusätzlich stand neben ihrem Vater ein Kohlebecken, er trug einen wollenen Hausmantel, eine Decke über den Knien und eine Samtkappe.
»Was habe ich getan?«, erkundigte sich Conrada mit ergebener Freundlichkeit, die sie nicht empfand. Sie brachte ihrem Vater die liebenden Gefühle entgegen, wie es sich für eine Tochter gehörte, beobachtete jedoch an sich, wie sie gegenüber seiner umständlichen Art immer ungeduldiger wurde. Es schien ihr keine Lösung zu sein, wenn eine Tochter zu lange im Haus ihrer Eltern – in ihrem Falle nur noch in dem ihres Vaters – lebte. Zum Glück hatte sie eigene Pläne, und in nicht einmal einem Jahr …
»Das hier!« Viktor von Tiburti wedelte mit dem Schreiben.
»Das ist ein Brief, von dem ich weder weiß, was drinsteht, noch, wer ihn geschickt hat.«
»Das ist das vierte Mal, dass du eine Erlaubnis zum Besuch auf der Burg Stolpen beim Geheimen Kabinett erbeten hast. Die letzten beiden Male ohne mein Wissen und ohne meine Erlaubnis, wie ich hinzufügen möchte.«
»Ist es endlich erlaubt worden?« Die Worte entschlüpften Conrada, ehe sie sich ihrer bewusst wurde.
»Nein! Es wird auch nicht erlaubt werden, denn ich verbiete dir, das Geheime Kabinett noch einmal mit einer derartigen Bitte zu belästigen.« Ihr Vater erhob die Stimme, und eine leichte Röte überzog sein Gesicht. »Conrada, Conrada, ich habe dich für verständiger gehalten, aber du willst uns offenbar vor aller Welt der Lächerlichkeit anheimgeben.«
»Ich folge meinem christlichen Gewissen. Sie können es doch auch nicht gutheißen, wenn eine arme Frau, eine Verwandte von uns, seit über fünfzehn Jahren auf einer Festung gefangen gehalten wird. Ohne Prozess und ohne jemals eine Schuld bei ihr festzustellen. Papa, Sie müssen für Gerechtigkeit ihr gegenüber sorgen.«
»Nein!«, wiederholte Viktor von Tiburti stur. »Ich muss mich um den Ruf meiner Töchter sorgen. Soll im Kurfürstentum die Runde machen, wie … wie … unmöglich …« Er blies die Backen auf, weil ihm die Worte fehlten.
»Wir leben ruhig und zurückgezogen fernab des Hofes. Niemand wird sich über uns das …«, Conrada zögerte vor dem nächsten undamenhaften Wort, »… Maul zerreißen.«
»Du täuschst dich. Bei Hof wird über alles geredet und an kaum jemandem ein gutes Haar gelassen.« Viktor von Tiburti seufzte schwer. »Wie willst du jemals einen standesgemäßen Mann finden, wenn das erst bekannt geworden ist?«
»Machen Sie sich darum keine Gedanken, Papa. Ich habe Pläne für mein Leben, und Heirat ist nicht unbedingt ein Bestandteil darin. Für meine Versorgung bin ich nicht darauf angewiesen, wie Sie sehr gut wissen.« Conrada spielte auf das Bauerngut im brandenburgischen Küstrin an, das sie vor Jahren von ihrem Patenonkel geerbt hatte und über das sie die volle Verfügungsgewalt erhielt, sobald sie fünfundzwanzig Jahre alt wurde.
Ihr Vater wollte davon nichts hören und ging mit keinem Wort auf ihre letzten Sätze ein. »Deine Schwester Julia ist mit einem guten Mann verlobt, und sie wird noch in diesem Jahr heiraten. Es sollte nicht die jüngere Schwester vor der älteren das Elternhaus verlassen.«
»Ein Aberglaube, Papa. Ich wünsche Julia alles Glück dieser Welt.«
»Dir würde eine Ehe guttun. Du hast einen praktischen Hausverstand, mit dem du jede Wirtschaft im Nu auf Vordermann bringst. Ich verstehe nicht, warum das kein Mann erkannt hat, obwohl du zwei Dresdner Saisons mitgemacht hast und bei Hofe vorgestellt wurdest?«
»Ich werde jeden heiratsfähigen Mann als Erstes fragen, ob er über eine unordentliche Hauswirtschaft verfügt, da ich ihm ansonsten nicht die Hand zum Bund fürs Leben reichen kann«, neckte Conrada.
Sie nahm ihrem Vater seine Worte nicht übel. Die beiden Saisons, die sie in der Dresdner Gesellschaft verbracht hatte, um einen standesgemäßen Ehemann zu finden, gehörten zu ihren wenig angenehmen Erinnerungen. All den Opernbesuchen, Bällen, Redouten, Musikabenden, den in Salons verbrachten Vormittagen, Picknickausflügen und Kutschfahrten im Großen Garten hatte sie nichts abgewinnen können. Sie war sich vorher im Klaren gewesen, dass sie mit den breiten Schultern und der stattlichen Größe, dem glatten braunen Haar, der etwas zu breiten Nase und dem ausgeprägtem Kinn nicht dem gängigen Ideal der Schönheit entsprach. Die gegenwärtige Mode bevorzugte zierliche Frauen mit Stupsnasen und schwarzen oder blonden Locken. Wie ihre Schwester Julia. In Conradas Dresdner Zeit hatten sich nur wenige Männer für sie interessiert. Alle waren etliche Jahre älter gewesen, einer sogar älter als ihr Vater. Alle waren sie schon einmal verheiratet gewesen, und alle hatten sie Conrada abgestoßen. Ihre Pläne für ihr Leben sahen anders aus. Das Bauerngut bei Küstrin spielte dabei eine große Rolle und ihre Vertraute Serafina.
Im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester Julia sah sie ihre Erfüllung nicht darin, einen Mann zu angeln. Die blonde Julia hatte sich nicht einmal anstrengen müssen. Mit gerade zwanzig war sie seit drei Jahren mit Martin Immaus verlobt. Theologe und Lehrer an der Lipsiana, der Universität zu Leipzig. Bereits im letzten und vorletzten Jahr hatte es geheißen, die Hochzeit werde demnächst stattfinden. Es war immer etwas dazwischengekommen; Conrada gab nichts mehr auf die baldige Verheiratung ihrer Schwester.
All diese Gedanken sprangen in wenigen Augenblicken durch ihren Geist.
»Stehst du erst deinem eigenen Hauswesen vor, wirst du keine Zeit mehr für diesen Unfug haben.« Viktor von Tiburti schwenkte den Brief. Der fiel zu Boden. Automatisch bückte sich Conrada und hob ihn auf.
»Nur schnell soll es gehen, damit Sie mich aus dem Haus haben und nicht mehr für mich verantwortlich sind«, sagte sie bitter. »Haben Sie mir noch mehr zu sagen, Papa?«
»Ich will nur dein Bestes, Mädchen. Du sollst ein glückliches Leben führen.«
»Das weiß ich.«
»Ich muss ruhen. Lass mich allein.«
Conrada war froh, der schweißtreibenden Hitze des Herrenzimmers und den verkrusteten Ansichten ihres Vaters zu entkommen.
Wenig später saßen sie und ihre Vertraute Serafina in deren Arbeitszimmer im Küchen- und Gesindetrakt des Gutshauses. Die aus Polen stammende Serafina Dhurokina führte die Aufsicht über das weibliche Gesinde des Gutes, ihr unterstanden die Speise-, Geschirr- und Weißwäschekammern. Ein imposanter Schlüsselbund an ihrem Gürtel zeugte von ihrer Stellung als Hausdame.
Viele Stunden hatte Conrada als Kind in diesem auch bei Sonnenschein immer ein wenig düsteren Raum zugebracht. Serafina war ihr mehr Mutter, nachdem ihre eigene bei Julias Geburt gestorben war, als es ihre Erzieherinnen und Gouvernanten je gewesen waren. Davon hatte sie eine Reihe über sich ergehen lassen müssen, und Serafina war seitdem ihr Fels in dieser Brandung.
Beide beugten ihre Köpfe über das Schreiben des Geheimen Kabinetts. Beim Lesen bewegte Serafina die Lippen.
»Was denken diese Herren eigentlich?«, rief sie aus, nachdem ihre Augen über das Blatt gewandert waren. »So unmenschlich kann doch niemand sein und uns nicht einmal einen harmlosen Besuch erlauben. Sie scheinen zu fürchten, wir wollten der Gräfin zur Flucht verhelfen. Wir warten ein Jahr oder ein halbes, bevor du einen neuen Antrag stellst. Irgendwann werden sie sehen, wie viel uns daran liegt, und dann können die feinen Herren in Dresden nicht mehr anders, als es zu erlauben. Sie tun zwar so, als kämen diese Schreiben vom König, aber ich bin mir sicher, er weiß hiervon nichts. Er hätte dir einen Besuch längst erlaubt. Es sind immer diese Hofschranzen.«
Serafina hätte noch minutenlang weitergeredet und einen drastischen Ausdruck an den anderen gereiht, aber Conrada schüttelte den Kopf und berichtete von dem Gespräch mit ihrem Vater. »Derart entschieden habe ich ihn lange nicht mehr erlebt. Nicht seit ihn die Gicht plagt. Als seine Tochter habe ich die Pflicht, ihm zu gehorchen.«
Etwas an Serafinas Worten hatte aber eine Saite in ihr zum Klingen gebracht.
»Das musst du wohl. Die Gräfin einfach ihrem Schicksal überlassen. Verflixt! Seit Jahren schmort sie im Gefängnis, und niemand kümmert sich um sie. Mir blutet das Herz, wenn ich nur daran denke. Wir dürfen sie nicht ihrem Schicksal überlassen. Das wäre unmenschlich.« Serafina klang enttäuscht.
»Das habe ich nicht gesagt. Papa hat mir nur verboten, an das Geheime Kabinett um eine Besuchserlaubnis zu schreiben. Das habe ich nicht mehr vor. Von anderen Dingen hat er nichts gesagt.«
»Du hast eine Idee? Welche?« Die Polin war sofort Feuer und Flamme.
»Du hast mich darauf gebracht. Wenn wir die Gräfin nicht besuchen dürfen, müssen wir etwas anderes versuchen.« Sie senkte die Stimme und flüsterte in Serafinas Ohr.
Die nickte, aber ihre Augen wurden dabei groß und rund. Conrada redete sich immer mehr in Hitze.
Serafina flüsterte zurück: »Auf mich kannst du zählen. Hast du schon einen Plan?«
»Als Erstes müssen wir es schaffen, eigene Wege zu gehen, ohne dass uns jemand draufkommt oder uns vermisst.«
»Wir brechen zu einem Besuch auf, um den uns niemand beneidet. In Wirklichkeit fahren wir ganz woandershin«, schlug Serafina prompt vor.
»Du bist genial!« Conrada umarmte ihre Vertraute.
Der Mann im Bett richtete sich erschrocken auf, als sein König auf einmal vor ihm stand. Die Nachtmütze zitterte auf dem schmalen Kopf, und unter einem knielangen Hemd schauten storchendünne Beine hervor. Er verneigte sich so tief, als wollte er vornüber fallen. Noch bevor er sich wieder aufgerichtet hatte, sagte Friedrich August: »Du musst diese Wohnung räumen. Sofort! Die Zimmer werden für eine in Not befindliche Dame benötigt.«
»Sehr wohl. Natürlich. Sofort, Euer Majestät. Fühle mich geehrt, einer Dame behilflich zu sein. Ich eile!« Er richtete sich auf und stolperte dabei beinahe über die eigenen Füße.
Ich selbst stand in der Tür hinter dem König und beäugte die Bleibe, die aus einer Stube, einem Vorzimmer und noch ein oder zwei Kammern bestand. Alles in allem eine recht bescheidene Unterkunft, die da im Fraumutterhaus auf der Kreuzgasse meiner harrte.
Der ursprüngliche Bewohner war inzwischen unter dem aufmerksamen Blick des Königs in eine Hose und einen Hausmantel geschlüpft. Seine nackten Füße steckten in Pantoffeln, und er raffte ein Kleiderbündel zusammen, mühte sich, es in einen Mantelsack zu stopfen, aber immer fiel ein Teil heraus.
»Nur noch einen Augenblick, Euer Majestät, und ich werde verschwunden sein«, keuchte er dabei, hochrot im Gesicht.
Es war ein Anblick, der zum Lachen hätte reizen können, doch mir tat der Mann leid. Es konnte kein angenehmes Gefühl sein, am frühen Morgen – es war gegen fünf Uhr – aus dem Schlaf gerissen zu werden und sich seinem König gegenüberzufinden. Der einen dazu noch aus der Wohnung hinausbeförderte.
»Euer Majestät, entschuldigt«, sagte ich sanft. »Es kommt mir als eine große Härte für diesen armen Mann vor, wenn er wegen mir seine Wohnung verlassen muss. Ich kann anderswo ein Unterkommen finden.« Bei diesen Worten breitete ich anmutig meine Röcke um mich herum aus und deutete einen Knicks an.
Der Blick des Königs, der mich traf, streichelte meine Seele. Er war warm und besorgt. »Das wird diesem Mann ebenso gelingen«, erwiderte er mit seiner tiefen Stimme. »Wir versprachen ihr früher am Abend, sie angemessen unterzubringen, und unsere Versprechen halten wir. Diese Wohnung wird für die ersten Tage und Nächte genügen. Schon bald werden wir etwas Besseres für sie finden.«
»Dieser Herr hat doch auch eine angemessene Wohnung verdient.« Ich deutete auf den Menschen im Morgenrock, der sich nun mit einem Hut und zwei Paar Schuhen abmühte. Dabei neigte ich den Kopf und schaute Friedrich August von unten herauf an. In dieser Haltung kam mein schlanker Hals besonders zur Geltung.
»Ein mildes Herz steht einer Frau gut, aber ihres ist zu milde, sie vernachlässigt sich dabei. Deshalb werden wir für sie sorgen.«
»Ich möchte nur nicht, dass jemandem Ungemach entsteht. Nur im äußersten Notfall nehme ich dies hin und nicht ohne eine Entschädigung für den Betroffenen.« Ich machte Anstalten, mir einen Ring vom Finger zu ziehen.
Der König war mit zwei schnellen Schritten bei mir, ergriff meine Hände und hinderte mich daran.
»Nicht doch, Madame. Das lassen wir nicht zu.« Der König ließ meine Hände wieder los und betrachtete seine eigenen mit gerunzelter Stirn. An jedem Finger außer den Daumen prangte ein Ring.
Ich stand vor ihm, und mein Herz flatterte so sehr, dass es jeder im Raum merken müsste. Ich spürte immer noch Friedrich Augusts Hände auf meinen. Nach außen ließ ich mir meine Erregung nicht anmerken, sondern schaute den König mit einem sanften Blick und halb geöffneten Lippen an. Ich befeuchtete dieselben und beobachtete, wie der König einen schlichten goldenen Ring vom Finger zog. Der Ring saß stramm und ging erst nach einigem Drehen ab. Schließlich hielt Friedrich August den Reif in der Hand, er verschwand fast zwischen seinen kräftigen Fingern.
»Dies wird den guten Mann mehr als entschädigen. Sieht sie das auch so, Madame?«
Der Mann erhielt den Ring, der König verabschiedete sich von mir, und ich sank mit einem Jubelschrei in den einzigen Sessel im Raum. Ein schwieriger Tag endete in einem Triumph.
Hoym, mein Kretin von einem Ehemann, hatte verhindern wollen, dass ich dem König unter die Augen geriet. Nicht etwa, weil ihm irgendetwas an mir lag oder er eifersüchtig über mich wachte, sondern weil er mir keine Freude gönnte. Er hatte deshalb die Einladung der Gräfin Reuß zu einem Ball in der letzten Woche ausgeschlagen und uns mit Unpässlichkeiten entschuldigt. Dabei brannte ich darauf, auf diesen Ball zu gehen, weil der König auch dort sein würde und ich ihm endlich vorgestellt werden konnte, um Zugang zur Hofgesellschaft zu finden.
Die Einladung zum Ball der letzten Nacht hatte die Gräfin Reuß persönlich überbracht. Dafür hätte ich ihr die Hände küssen mögen, denn jetzt konnte Hoym nicht mehr ablehnen. Sie ließ auch durchblicken, dass der König sein Erscheinen an diesem Abend zugesagt habe. Ich schwebte im siebten Himmel, mein Ehemann zwang ein Lächeln auf sein Gesicht. Die Augen erreichte es nicht.
Der Ball fand am Abend des 7. Dezembers statt, und bereits am Nachmittag begann ich damit, mich für dieses großartige Ereignis herzurichten. Das Kleid, das ich zu tragen gedachte, musste sorgfältig ausgesucht werden. Groß war meine Auswahl nicht. Ich besaß drei Ballroben. Eine davon schied sofort aus. Darin wirkte ich viel zu altbacken. Mit dem Fuß schleuderte ich sie quer durch das Zimmer.
Blieben die anderen beiden. Die eine aus silbergrauer Seide mit roséfarbiger Spitze an Ärmeln, Ausschnitt und Säumen. Die andere war lindgrün und mit Blüten in einem etwas dunkleren Grün bestickt und in jede Naht ein dunkelgrünes Band eingearbeitet. Diese Robe war meine neueste. Hoym hatte sie noch gar nicht gesehen, aber darauf kam es auch nicht an.
Ich entschied mich für das silbergraue Kleid.
Die Haare ließ ich mir in kleine Löckchen drehen, die mein Gesicht umrahmten, und puderte sie, bis sie so silberweiß waren wie das Kleid. Der Nachmittag war inzwischen verstrichen, und die Zeit, zu der Hoym und ich auf dem Ball erwartet wurden, rückte näher. Ich schickte mein Mädchen aus dem Zimmer, um selbst mit den letztem Handgriffen mein bemerkenswertes Äußeres in ein strahlendes zu verwandeln. Ich zündete alle Kerzen im Zimmer an, die ich finden konnte.
Mit flüssigem Wachs klebte ich sie auf Papierbögen und Schrankecken. Auf der Frisierkommode beleuchteten sie den Spiegel, in dem ich mein Gesicht betrachtete. Erst lächelte ich mir zu, dann streckte ich mir die Zunge raus.
Meine alabasterfarbene Haut war vollkommen glatt und ebenmäßig, nicht verunstaltet durch Flecken, Pusteln oder Sommersprossen. Ich hatte auch nie unter den Pocken zu leiden gehabt, die viele mit vernarbtem Gesicht zurückließen. Gesicht und Hals rieb ich außerdem zweimal am Tag mit Ungarischem Wasser ein und trank auch jeden Morgen ein kleines Glas davon. Auf Hoym konnte ich nicht zählen, um bei Hofe voranzukommen, ich musste mich auf meine eigenen Vorzüge verlassen. Da der König als ein Liebhaber schöner Frauen galt, fühlte ich mich nicht schlecht gewappnet.
Vor mir auf der Kommode lagen sorgsam nebeneinander arrangiert die Preziosen, die ich an diesem Abend zu tragen gedachte. Nur wenige, dank Hoyms Geiz war meine Schmuckschatulle überschaubar. Als Erstes steckte ich mir eine Agraffe mit einem wasserhellen Bergkristall und Eisvogelfedern ins Haar. Den Bergkristall konnte ich als Diamanten ausgeben, bei Kerzenlicht sah niemand den Unterschied. Eine dazu passende Brosche steckte ich am tiefsten Punkt des herzförmigen Ausschnitts fest. Sie sollte den Blick auf mein Dekolletee lenken. Dann hatte ich vier Ringe zur Auswahl.
Ich nahm den ersten in die Hand und hielt ihn in den Schein einer Kerzenflamme. Das Licht brach sich in dem bläulichen Stein.
Ein verbrannter Geruch wehte ins Zimmer. Ich sprang auf und stürzte zur Tür, riss sie auf.
Aus dem Nebenzimmer hörte ich ein Knistern. Rauch drang durch den Türspalt. Die Klinke war schon heiß, als ich nachsehen ging. Im Zimmer selbst loderten die Gardinen und die leinene Wandbespannung. Die Flammen hatten bereits die Decke erreicht, malten schwarze Linien darauf.
»Feuer!«, schrie ich. »Feuer! Zu mir!«
Die ersten beiden Diener kamen die Treppe hochgerannt, hinter ihnen das Küchenmädchen, danach folgte schnaufend die Köchin.
»Wir brauchen die ledernen Wassereimer! Nehmt alle Gefäße! Schnell, schnell!«
Sonst hatte ich mich immer über das halbe Dutzend lederner Eimer geärgert, die im Gang zur Küche standen und in jedem Dresdner Haushalt zur Bekämpfung eines Feuers vorgehalten werden mussten, jetzt war ich froh über sie. Das Gesinde rannte mit Eimern und Gefäßen durch das Haus.
Schnell wurde deutlich: Die Pumpe im Hof lieferte nicht genügend Wasser, um das Feuer zu bekämpfen. Die Flammen schlugen inzwischen zum Fenster hinaus und in den Flur hinein. Das Zimmer sah aus wie der direkte Schlund in die Hölle. Das Geschrei des Gesindes erfüllte das Haus. Ihre Furcht wollte sich wie ein lähmender Mantel um meine Schultern legen. Entschlossen schüttelte ich ihn ab, wenn nicht alles verloren sein sollte, durfte ich nicht den Kopf verlieren. Es blieb auch keine Zeit, mir über die Ursache des Feuers Gedanken zu machen und dass ich nun zum zweiten Mal einen Ball bei der Gräfin Reuß versäumen würde.
Der nächste öffentliche Brunnen befand sich in der Großen Frohngasse. Ich schickte die Diener dorthin, mehr Wasser zu holen. Eigenhändig stand ich nahe am Feuer und schüttete Wasser hinein. Es musste mich jemand wegziehen, damit die Flammen mich nicht erfassten. Augenblicke später fand ich mich auf der Gasse vor dem Haus wieder.
Ich hörte den Türmer Alarm blasen, und gleich darauf läutete auch die Feuerglocke, die die Handwerksmeister und ihre Gesellen herbeirief. Sie kamen auch gleich darauf mit Eimern und Feuerpatschen gelaufen. Es trafen Schaulustige ein, die sehen wollten, was es vor dem Haus gab. Es war kaum noch ein Durchkommen auf der Gasse. Die Männer, die das Feuer bekämpfen wollten, wurden massiv behindert, während sich die Flammen weiter ausbreiteten. Sie erreichten den Hof, den Dachstuhl. Das Wetter war in den letzten Tagen trocken gewesen, und alles brannte wie Zunder.
Das konnte ich nicht mit ansehen. Die Schaulustigen drängte ich zurück, bis sich eine Gasse bildete, auf der die Brandbekämpfer ungehindert zum Haus und zum Brunnen gelangen konnte. Ich forderte die Männer auf, eine Eimerkette zu bilden, zeigte ihnen, wie. Das Feuer fraß sich trotzdem weiter durch das Haus, aus dem Dach stieg bereits Qualm auf. Auf einmal wurden Rufe laut. Entsetzen schwang in ihnen mit.
»Was ist passiert?« Ich hielt einen vorübereilenden Knecht an. Sein Gesicht war streifig schwarz vom Ruß.
Er wischte sich mit der Hand über die Stirn. »Über den Ställen ist das Stroh und Heu mit einem Knall in Flammen aufgegangen. Wir versuchen, die Pferde herauszubringen.«
»Und?«
»Die armen Biester drehen völlig durch. Die einen wollen wild davonstürmen, die anderen sich nicht vom Fleck rühren. Ich muss weiter.« Er tippte sich kurz grüßend an die Stirn und rannte davon.
Gleich darauf sah ich einige Pferde im Galopp aus dem Hof stürmen. Männer hingen an den Führstricken und versuchten, mit den verzweifelten Tieren Schritt zu halten.
Das Gedränge auf dem Platz vor dem Haus wurde noch größer, als eine vergoldete Karosse ankam. Vier Rappen stampften im Geschirr. Die Kreuzgasse bot kaum genug Platz für die Kutsche. Die Menschen wichen zurück. Die Löscharbeiten gerieten ins Stocken. Das konnte ich nicht hinnehmen. Am Ende brannte noch das ganze Haus ab und mit ihm das Stadtviertel.
»Zu mir! Männer zu mir!«, rief ich und winkte. »Wasser! Wir brauchen hier Wasser! Nicht aufhören! Die Eimerkette!«
Ich schwenkte meine Arme. Die Männer setzten sich wieder in Bewegung. Wasser wurde vom Brunnen herbeigetragen, die Eimerkette kam wieder in Gang.
Nur aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass ein stattlicher Herr in funkelnder Kleidung die Karosse verlassen hatte. Auch der Bürgermeister war inzwischen eingetroffen und trat auf mich zu. Er flüsterte mir ins Ohr.
»Der König ist gekommen, um sich persönlich von der Bekämpfung des Feuers zu überzeugen. Er ist beeindruckt von Eurem mutigen Einsatz, Madame.«
Ich schaute auf. Der König stand dicht neben mir, und ich versank in einem Hofknicks. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich mich im Ballkleid um die Löschung eines Brandes bemüht hatte und welchen Anblick ich bieten musste. Das war nicht, was ich den König hatte sehen lassen wollen, aber es war zu spät, mich seinen Augen zu entziehen. Tapfer setzte ich ein Lächeln auf.
»Madame, dank ihrer entschlossenen Umsicht kann das Feuer nun ganz gelöscht werden. Die Gefahr für die Stadt ist gebannt. Nicht viele Frauen besitzen ihren Mut. Ich biete ihr einen Platz in meiner Kutsche an, um zum Ball der Gräfin Reuß zu fahren.«
Ich brachte kein Wort heraus. In der königlichen Karosse fahren … in meinem Aufzug.
Der König hob mich aus dem Knicks hoch, in dem ich noch immer verharrte. Er geleitete mich zur Kutsche. Ein Page klappte den Tritt herunter und half mir hinein. Der König stieg nach mir ein. Die Pferde zogen an.
Der König höchstselbst gab mir sein Taschentuch und hielt einen kleinen Spiegel für mich, damit ich Gesicht und Hände säubern konnte.
Der Ball im Palais Reuß dauerte die ganze Nacht, und stets fühlte ich des Königs Blicke auf mir ruhen.
∙ 1731 ∙
Der Winterwind heulte auch um das Herrenhaus des Rittergutes Postelau, trieb den Schnee vor sich her und hatte den weitläufigen Park in ein bizarres weißes Wunderland verwandelt. Nur hinter vier der vielen Fenster schimmerte Licht. Sie gehörten zum großen Esszimmer im Erdgeschoss. Dort hätten am Tisch zwölf oder mehr Personen Platz gefunden. Das Tischtuch bedeckte aber nur ein Ende der Tafel, wo zwei Gedecke einander gegenüberlagen. Kerzenlicht spiegelte sich in Kristallgläsern, und eine Gruppe spielender Delfine aus Bronze bildete den Tischschmuck. Der hochlehnige Stuhl des einen Platzes war durch einen mit Kissen gepolsterten Lehnstuhl ersetzt worden. In zwei Kaminen flackerten die Feuer.
Die Hausherrin betrat auf den Arm ihrer Zofe und einen Gehstock gestützt das Zimmer. Laetitia von Kobsdorff hatte bis vor einem halben Jahr ihre Tage im Bett verbracht, sich allenfalls in einem Sessel ans Fenster tragen lassen. Im Juni 1730 ergab sich allerdings das Erfordernis einer Reise nach Radewitz, und ihr blieb nichts anderes übrig, als ihren Schmerzen zu trotzen. Seitdem stand sie jeden Tag auf und legte alle Wege im Haus auf ihre Zofe Engelbrecht gestützt zurück. Größere Strecken ließ sie sich in einem Stuhl auf Rädern schieben. Ihre körperliche Schwäche machte sie mit ihrem klaren Verstand wett. Scharf blickende Augen huschten im Esszimmer umher.
»Wo ist mein Enkel?«, rief sie mit kräftiger Stimme.
»Sie meinen den jungen Herrn Emilius von Kobsdorff, gnädige Frau?«, erkundigte sich die Zofe.
»Wen sonst?«
»Er ist nicht hier, gnädige Frau«, antwortete sie mit flacher Stimme.
»Das sehe ich selbst. Aber warum?«
»Das Wetter.« Engelbrecht deutete zu einem Fenster, vor dem wirbelndes Weiß jegliche Aussicht verhinderte. »Bei diesem Wetter macht sich niemand auf den Weg von Dresden nach Postelau.«
»Dieses Sausen und Brausen den ganzen Tag macht einen noch irre im Kopf. Ich werde es im Schlaf noch hören.« Dann setzte Laetitia von Kobsdorff hinzu: »Das bisschen Wind ist kein Grund, seine Großmutter nicht zu besuchen. Nachdem ich ihm geschrieben und ihn für den heutigen Tag hergebeten habe. In meinen jungen Jahren hätte ich nie gewagt, eine Einladung meiner Großmutter zu missachten. Der Nichtsnutz soll mir nur unter die Augen kommen.« Sie ergriff den Stock, der neben ihr am Tisch lehnte, und fuchtelte damit herum. Von unten schlug sie gegen die Tischplatte, gegen den neben ihr stehenden Stuhl. Dann verhakte sich der Stock zwischen den Stuhlbeinen, und sie ließ ihn los.
»Der Koch lässt fragen, ob das Essen aufgetragen werden kann?«, fragte ein stämmiger Diener von der Tür her. »Es ist alles fertig.«
»Es hat wohl keinen Sinn, auf meinen nichtsnutzigen Enkel zu hoffen.« Laetitia von Kobsdorff warf einen wütenden Blick auf den Mann, als wäre das seine Schuld. »Auftragen!«
Der Diener sprang sofort davon. Gleich darauf kamen zwei andere herein, die auf großen Tabletts Schüsseln, Terrinen und Platten brachten. Die ersten beiden Gänge und die Zwischengerichte. Danach hatte Laetitia von Kobsdorff drei weitere Gänge angeordnet. Alles in allem genug, um zwei Dutzend Personen zu beköstigen. Die Gerichte wurden auf den Tisch gesetzt, und der erste Diener des Herrenhauses bot ihr davon an. Sie ließ sich eine winzige Portion Kalbsnieren in Buttersoße und ein Löffelchen sauer eingelegte Zwiebeln auftun. Als mit Käse überbackener Schinkenbraten, eine Gemüseterrine und eine Schale Krebsschwanzsuppe folgen sollten, winkte sie ab, verschmähte auch die Scheibe weißes Brot, die ihr der Diener in einem Korb anbot.
»Ich bin eine alte Frau. Was will er, dass ich alles esse?«, sagte sie unwirsch.
Etwa zur gleichen Zeit, als Laetitia von Kobsdorff auf ihren Enkel wartete, saß dieser in der behaglich durch einen Ofen geheizten großen Wohnstube des Dresdner Arztes Laurenz Schumann und seiner Frau Therese. Die Männer hatten die Beine dem Ofen entgegengestreckt und lümmelten sich gegen Kissen in ihrem Rücken. In den Händen hielten sie Portweingläser, und eine Karaffe mit dem bernsteinfarbenen Getränk stand in Reichweite. Therese Schumann war sichtbar schwanger und verzichtete in dieser Zeit auf Anraten ihres Mannes auf geistige Getränke; in ihrer Tasse dampfte Tee. Ihre Füße ruhten auf einem Kissen, und neben ihr auf dem Sofa stand ein Korb, aus dem seit Wochen unverändert eine Stickerei quoll.
Das Ehepaar hielt nichts von dem viel gepflegten Brauch, dass sich die Damen nach dem Abendessen zu Likör und Tee in einen Salon zurückzogen, während die Herren mit Cognac oder Portwein im Esszimmer blieben. Im Hause Schumann setzten sich alle zusammen nach dem Abendessen in den Salon. Emilius hätte gerne einige Worte mit seinem Freund allein gewechselt und warf Therese deshalb wiederholt Seitenblicke zu. Sie bemerkte nichts davon oder wollte es nicht; jedenfalls rückte sie sich behaglich im Sessel zurecht und nippte am Tee.
Nach dem ersten Glas Portwein steuerte Emilius ohne Umschweife und trotz der Anwesenheit einer Dame auf sein Ziel zu.
»Wir sind uns also einig. Es geht zunächst um zehntausend Taler, die ich dir geben werde. Das ist aber nur eine erste Rate. Weitere folgen. Zuerst werde ich nach Wien reisen. Dort lässt es sich sicher für einen Kobsdorff angenehm leben. Möglicherweise werde ich in die italienischen Fürstentümer weiterreisen. In das Land, wo die Zitronen blühen und der Wein gedeiht. Es hängt davon ab, bis wohin der lange Arm unseres Kurfürsten reicht.« Emilius stellte sein leeres Portweinglas mit einem Knall auf dem Tisch. Das Geräusch verlieh seinen Worten etwas Endgültiges.
»Du willst das alles auf dich nehmen?«, fragte Therese mit einer angenehm weich klingenden Stimme. »Nur um einer kurfürstlichen Laune zu entgehen, willst du dein Zuhause verlassen und unter fremden Menschen leben?«
»Eine kurfürstliche Laune hat mich in diese Lage gebracht.«
»Es waren nur Worte, gesagt im Überschwang eines Nachmittags. Darauf gibt niemand mehr etwas. Am wenigsten der Kurfürst selbst.«
»Das beweist, wie unbelastet du von den Angelegenheiten des Hofes bist«, widersprach Emilius. »Unser aller Herrscher wird sich daran erinnern. Im Zweifel sorgt meine Großmutter dafür. Ihr ist daran gelegen.« Die letzten Worte spuckte er mehr aus als er sie sprach.
»Warum erfüllst du nicht einfach den kurfürstlichen Willen, statt Taler zu verschieben und meinen Mann mit hineinzuziehen?« Therese legte eine Hand auf ihren Bauch.
»Ich soll heiraten?« In seiner Bestürzung wirkte Emilius komisch. Das Ehepaar Schumann konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Das ist, was die meisten Menschen tun«, entgegnete Laurenz. »Aus eigener Erfahrung halte ich es für ein durchaus lohnendes ›Geschäft‹. Das Beste, das ich bisher in meinem Leben abgeschlossen habe.« Er schenkte seiner Frau ein warmes Lächeln.
»Das mag für dich gelten, aber bei mir sieht das anders aus. Mit einer Heirat würde ich nur meiner Großmutter einen Gefallen tun. Das ist das Letzte, was ich in meinem Leben will.« Emilius blickte wild um sich.
»Nimm noch ein Glas Portwein«, riet sein Freund und schenkte ihm auch sogleich ein. »Das wird dich beruhigen.«
»Was ich gar nicht will.« Emilius griff aber trotzdem nach dem Glas und stürzte dessen Inhalt in einem Zug hinunter.
»Fehlt dir am Ende eine gewisse Cousine?«, riet Therese.
Emilius’ Kopf schnellte herum. »Niemals! Ich begrüße jeden Tag, an dem ich sie nicht sehen muss. Diese Person hat mir mehr Ärger bereitet als jede andere zuvor in meinem Leben. Ausgenommen meine Großmutter und …«
Bevor Emilius fortfahren konnte, eine endlose Reihe Namen aufzuzählen, unterbrach ihn Therese: »Ich meine nur, sie wäre genau die Richtige, dir den Kopf zurechtzusetzen.«
»Sie hat jemand anderen geheiratet.«
»Ebenfalls auf Geheiß des Kurfürsten, und ihre Ehe ist das reinste Glück.« Der Widerspruch in ihren Worten störte Therese nicht.
»Ihr Stand ist Gehorsam gewöhnt«, erwiderte Emilius. »Ich lasse mir von meinem Kurfürsten gern alles befehlen. Ein Wort, und ich ziehe für ihn in den Krieg, erobere für ihn fremde Länder, sterbe für ihn. Harre regungslos an seiner Seite aus, zahle meine Steuern …«
»Als ob du je einen Taler Steuern gezahlt hast.« Laurenz lachte auf.
»Na gut, das habe ich nicht, aber ich gäbe das Geld mit Freuden, sofern er es von mir verlangte. Nur in einem Punkt lasse ich mir von niemandem hineinreden: wie ich mein Leben zu führen habe. Und dazu gehört auch, mit wem ich es teile. Es ist schließlich von einiger Wichtigkeit, wem ich die Ehre meines Namens angedeihen lasse. Außerdem muss ich eine rechte Zeit meines Lebens mit dieser Dame verbringen. Nicht allzu viel, aber regelmäßige Begegnungen werden sich nicht vermeiden lassen.«
Emilius hatte das mit komischer Verzweiflung in der Stimme gesagt, Therese und Laurenz konnten nicht anders, als lauthals herauszulachen. Die werdende Mutter legte dabei die Hände auf ihren Bauch, als müsse sie das Ungeborene vor so viel Unsinn schützen.
»Ich finde das nicht zum Lachen«, sagte der Gescholtene, konnte sich eines Grinsens jedoch nicht erwehren.
»Eines kann ich dir versichern«, erklärte Laurenz mit mühsam unterdrückter Heiterkeit. »Hast du erst einmal die Richtige gefunden, kannst du gar nicht genug Zeit mit ihr verbringen. Du wirst für jede Minute dankbar sein. Ich weiß, wovon ich spreche. Dir wünsche ich aus vollem Herzen das Gleiche.« Dabei warf er seiner Frau einen liebevollen Blick zu. »Wenn wir bald zu dritt sein werden …«
»Ich bitte dich«, wehrte Emilius ab. »Das ist mehr, als ich ertragen kann. Meine Großmutter befahl mich für den heutigen Tag nach Postelau, damit ich ihr auf einige Tage Gesellschaft leiste. Ich brauche keine Nachfahren, denen es einmal ergehen wird wie mir jetzt.«
»Die gnädige Frau von Kobsdorff hat eine freundliche Einladung ausgesprochen«, korrigierte ihn Therese, einen milden Vorwurf in der Stimme.
»Befiehlt – das stand in dem Schreiben. Bei diesem Wetter soll ich nach Postelau, wo außer ihren Blähungen – Verzeihung, meine Liebe«, er nickte in Thereses Richtung, »nie etwas passiert. Ich erschieße mich besser selbst, ehe ich bei Schnee und Eis auf dem Land festhänge. Das Wetter lässt nicht einmal eine Jagd zu und bessert sich womöglich wochenlang nicht, damit meine Großmutter reichlich Gelegenheit erhält, mich mit einer passenden Kandidatin für eine Heirat zu beglücken. Postelau wird mich unter diesen Umständen nicht sehen.« Emilius schüttelte sich. »Wir machen es wie besprochen, oder ich finde andere Wege. Eine Investition in Schiffe soll lukrativ sein, habe ich gehört. Das eingesetzte Kapital lässt sich bereits auf der ersten Fahrt verdoppeln.«
Gutmütig ließ sich Laurenz auf den Themenwechsel ein. »Manchmal kommt es dazu, aber manchmal verliert man alles. Schiffe haben es an sich, in Unwetter zu geraten, auf Riffe aufzulaufen, die Begehrlichkeit von Piraten zu wecken. Jede Reise birgt Chancen und Risiken.«
»Ich nehme die Chancen und überlasse den anderen die Risiken«, erwiderte Emilius prompt.
»Nicht selten dauert die Reise eines Schiffes drei oder mehr Jahre. Die Investoren erhalten erst Geld, wenn es wieder wohlbehalten in den Heimathafen zurückgekehrt ist.«
»Potz Blitz, was du nicht sagst. Ich frage mich, woher du das weißt?«
»Gehört.« Laurenz ließ seinem Freund einen langen Blick zukommen.
Da Emilius auch nicht länger darauf beharrte, über Geldangelegenheiten zu sprechen, verbrachten sie zu dritt einen vergnügten Abend bei einem Scharade genannten harmlosen Spiel, das mit wenig Geldeinsatz und viel Gelächter einherging.
∙ 1731 ∙
Die beiden dreiarmigen Kerzenleuchter erhellten gerade einmal den Tisch und die daran sitzende Conrada. Sie trug über ihrem Nachthemd einen wollenen Morgenmantel, ein Tuch um die Schultern und fingerlose Handschuhe gegen die Kälte in ihrem Schlafzimmer. Auf dem Tisch lagen ein Stapel unbeschrifteter Foliobögen, etliche Briefe jüngeren und älteren Datums, eine Feder und ein wohlgefülltes Tintenfass. Eine zweite Feder hielt Conrada in der Hand und strich sich mit der weichen Spitze über die Wange. Sie las einen der Briefe.
»Ich weiß nicht«, sagte sie schließlich halblaut und mehr zu sich selbst.
»Was?«, kam es verschlafen aus einem Sessel. Dort kauerte Serafina in eine Decke gewickelt.
»Du hast geschlafen«, erwiderte Conrada, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Während ich mich abmühe.«
»Ich kann dir nicht helfen. Deine Worte. Außerdem habe ich nicht geschlafen.«
»Ich habe es genau gesehen.«
»Dazu ist es viel zu dunkel«, entrüstete sich Serafina. »Was meinst du nun?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, Lady Evelyn in diese Sache hineinzuziehen. Das tut man seiner Patentante nicht an.«
»Sie wird nichts davon merken.«
»Trotzdem war sie immer gut zu mir. Wenn Papa nun doch einen Verdacht schöpft, wenn ich auf einmal zu ihr reisen will …?«
Lady Evelyn war die beste Freundin ihrer verstorbenen Mutter gewesen. Verheiratet mit einem englischen Baronet, selbst Mutter einer sechsköpfigen Nachwuchsschar, deren Jüngster noch im Kinderkleidchen steckte, lebte sie auf einem Gut im südenglischen Somerset. Conrada hatte zweimal in ihrem Leben den Sommer dort verbracht, und Lady Evelyns älteste Tochter war einmal in Sachsen zu Besuch gewesen. Zwischen Patentante und Patenkind wurden regelmäßig Briefe gewechselt, und jedes Jahr zu Conradas Namens- und Geburtstag trafen Pakete ein.
»Das wird er nicht. Die Reise nach Calais und mit dem Schiff über den Kanal ist ihm ein Graus, ganz davon zu schweigen, dass er dann in England wäre, wo die Leute komische Sitten pflegen und noch merkwürdiger reden.«
Dem widersprach Conrada nicht, ihre Gedanken wanderten in eine andere Richtung. »Ich fürchte, keine Katastrophe kann groß genug sein, damit Papa uns beide nach Calais und über den Kanal reisen lässt. Tante Evelyn hat selbst eine große Familie, die ihr beistehen kann. Meiner Hilfe wird sie kaum bedürfen.«
»Du hast recht. Zugleich ist es schade, deine Patentante wäre schön weit weg gewesen.« Es war zu hören, wie Serafina sich auf die Lippen biss. »Dein Patenonkel kommt auch nicht infrage. Er lebt ja leider nicht mehr. Es war sowieso seine beste Tat, dir sein Landhaus zu überlassen, alles andere muss dieser Grantler mit den himmlischen Mächten ausmachen. Die Schwester deines Vaters?«
»Tante Ottilie?« Conrada hörte auf, sich mit dem weichen Ende der Feder über die Wange zu streichen. »Sie wohnt in Döbeln. Das ist quasi um die Ecke.«
»Immerhin ist die Elbe dazwischen, die nächste Brücke erst in Dresden. Und kaum etwas bringt ihn leichter aus der Ruhe als ihre muntere Art.«
Das war sehr diplomatisch ausgedrückt für Tante Ottilies kaum je versiegenden Redefluss. Sie war darin das genaue Gegenteil ihres Bruders. Über Conradas Gesicht huschte ein Lächeln. Die Tante war eine gute Wahl.
»Es wird uns nicht schwerfallen, ein Unglück zu erfinden, das ihre Nerven zerrüttet, weshalb sie deiner und meiner Hilfe bedarf.«
»Du und deine Ideen.« Conrada zog einen der unbeschriebenen Foliobögen zu sich heran und tauchte die Feder ins Tintenfass.
»Das habe ich aus ›Die drei Leben des Grifan Bonabur‹. Solltest du auch einmal lesen«, sagte Serafina mit einigem Stolz in der Stimme.
»Die Romane überlasse ich dir.« Conradas Hand mit der Feder zögerte über dem Papier.
»Soll Tante Ottilie über eine Schlammlawine jammern, die über ihr Grundstück hereingebrochen ist und ihren Garten verwüstet hat? Das habe ihre Nerven vollkommen erschüttert, und es müsse sofort jemand kommen, um ihr in dieser schweren Zeit beizustehen.« Conrada zog nachdenklich die Stirn kraus.
»Ob nun krank oder mit einem verschlammten Garten, deine Tante Ottilie würde auf jeden Fall über zerrüttete Nerven klagen und verlangen, dass sich jemand ihrer annehme.«
»Papa darf nur nicht auf die Idee verfallen, sie solle herkommen, um sich hier zu erholen. Deshalb wäre eine Krankheit, die sie zur Bettruhe zwingt, vorzuziehen.«
»Nichts in der Welt wird deinem Vater den Gedanken eingeben, seine Schwester solle herkommen und seine Behaglichkeit stören.«
Dem widersprach Conrada nicht. »Ich schreibe über den verschlammten Garten.«
»Nichts wird deinen Vater sicherer davon abhalten, sie einzuladen. Eine halbe Stunde ihres Geschwätzes über Pflanzen, künstliche Hügel und neu anzulegende Wege werden einen seiner Gichtanfälle heraufbeschwören.«
»Das darf nicht passieren. Wir kämen mindestens zwei Wochen nicht fort. Ich mache also nur einen Teil des Gartens zum Opfer des Schlamms.«
»Du wirst es richtig machen, Äffchen.« Der Kosename stammte aus Conradas Kinderzeit, als sie ein mageres Ding mit ungelenken Armen und Beinen gewesen war, und Serafina ließ es sich nicht nehmen, ihn gelegentlich zu benutzen.
Diesmal tauchte Conrada die Feder ins Tintenfass und begann den Brief ihrer Tante. Wortreich schilderte sie das über den Haushalt hereingebrochene Unglück. Mehrfach strich sie Wörter und Buchstaben aus, ganz so als wäre die Schreiberin beim Verfassen sehr aufgeregt gewesen. Die Feder kleckste, Tinte spritzte. Eifrig schrieb Conrada einige weitere Zeilen, in denen Tante Ottilie mit bebender Hand ihre Verzweiflung ausmalte und dass sie diese schwere Zeit ohne die Stütze einer liebenden Verwandten kaum überstehen könne. Die gärtnerische Arbeit von Jahren in einem einzigen Augenblick zerstört.
Es folgten weitere Absätze, in denen die Tante sich darüber ausließ, wie sehr es ihren vor vier Jahren verstorbenen Gatten, den seligen Franz Gotthold Rauball, leidenschaftlicher Gartengestalter, getroffen hätte. Die prachtvollen Rosen und die Tulipan mit ihrer Farbenvielfalt. Alles, alles dahin.
Zum Schluss unterschrieb Conrada mit einem zittrigen »deine hilflose Schwester Ottilie Rauball«.
Sie legte die Feder beiseite und lehnte sich zurück. Betrachtete kritisch das Schreiben. Seit jeher war ihr das Talent eigen, ihre Handschrift zu verstellen und die anderer Leute nachzuahmen. Einen so langen Brief mit fremder Hand hatte sie jedoch noch nie geschrieben. Ihr Blick huschte zwischen einem echten Brief Tante Ottilies und ihrem hin und her. Sie fand keinen Unterschied.
Serafina erhob sich und tappte hinter sie, legte ihr die Hände auf die Schultern. »Du hast dich selbst übertroffen. Dieser Brief wird uns die notwendige Zeit für unseren Plan verschaffen.«
»Das ist nichts, worauf ich stolz sein sollte. Ich will aber zugeben, es ist mir recht gut gelungen«, sagte Conrada mit gespielter Demut.
»Der Herr hat dir diese Gabe verliehen. Warum willst du sie dann nicht für einen guten Zweck einsetzen? Hinterher reinigst du dein Gewissen in der Beichte.«
»Das ist sehr papistisch gedacht.«
»Einer der Vorteile meines katholischen Glaubens. Soll ich deinem Vater den Brief vor oder nach dem Frühstück geben? Wir können nach dem Mittagessen aufbrechen.«
Conrada legte die Hand auf das Papier. »Ich brauche noch einige weitere Schreiben. Was werden sonst Papa und Julia sagen, wenn sie gar nichts mehr hören, wie es mit der Tante und dem Garten weitergeht. Julia darf nicht auf die Idee verfallen, selbst zu schreiben. Dies lässt sich am besten bewerkstelligen, wenn regelmäßig Briefe von mir eintreffen, die über die Fortschritte am Garten und über die Untröstlichkeit der Tante berichten. Jeder Brief wird damit enden, dass ich meinen Aufenthalt um eine Woche oder zwei verlängern muss, weil die Nerven der Tante noch nicht wieder zu alter Stärke zurückgefunden haben. Zuletzt muss erst der Schnee wegtauen, sonst kann es keine Schlammlawine geben. Diese Geduld müssen wir aufbringen.«
»Ich lasse dich in aller Ruhe schreiben.« Serafina gähnte und zog sich wieder auf ihren Sessel zurück. Schlafen zu gehen, davon wollte sie nichts hören. Wenn sie Conrada schon nicht beim Schreiben helfen konnte, wollte sie sie wenigstens in Gedanken unterstützen, erklärte sie und zog die Decke über sich.
Conrada füllte Bogen um Bogen mit Ereignissen, die es nur in ihrer Phantasie gab.
Es war weit nach Mitternacht, als sie endlich das Tintenfass zuschraubte und Sand über den letzten Brief streute. Ihre Augen schmerzten, und die Finger ihrer rechten Hand waren tintenfleckig.
Leicht rüttelte Conrada die schlafende Serafina an der Schulter, schickte sie in ihr eigenes Schlafzimmer.
Am Frühstückstisch gähnte Conrada mehrfach hinter vorgehaltener Hand. Das geröstete Brot auf ihrem Teller hatte sie bisher eher zerkrümelt als davon gegessen. Nachdem sie zu Bett gegangen war, hatte ihr Herz noch lange Zeit viel zu schnell geschlagen und sie nicht in den Schlaf finden lassen.
Das muntere Gesicht ihrer Schwester, eingerahmt von goldenen Locken, ließ sie ihre Müdigkeit doppelt spüren. Julia führte bereits die zweite Scheibe gebuttertes Röstbrot zum Mund, dazu aß sie Rührei und süßsauer eingelegte Pilze. Allein der Geruch nahm Conrada jeglichen Appetit, obwohl sie die Pilze sonst mochte.
»Du siehst müde aus«, stellte Julia mit glockenheller Stimme fest. Sie stand jeden Morgen vor sechs Uhr auf, weil die frühen Werke gottgefällig seien. So lautete eine der Weisheiten, die ihr Verlobter Martin Immaus ihr unablässig schrieb und die sie aufsaugte wie ein Schwamm das Wasser.
»Ich habe nicht gut geschlafen.«
»Schlechte Träume?«
»Ich habe kaum geschlafen. Wie soll ich da träumen?«
Julia dachte nicht daran, sich von dieser Frage aus dem Konzept bringen zu lassen. »Dann hast du wieder im Bett gelesen. Wahrscheinlich einen Roman, der dich aufgewühlt hat. Martin Immaus sagt, den Frauen …«
»Serafina liest Romane«, unterbrach Conrada ihre Schwester, ehe die noch mehr Weisheiten ihres Verlobten zum Besten geben konnte.
Julia sprach weiter, als hätte sie nichts gesagt: »… den Frauen steht es nicht gut an, die Nasen in andere Bücher als die Bibel oder Predigtbücher zu stecken. Eine Romane lesende Dame muss verwirrten Sinnes werden.«
»Mir scheinen deine Sinne verwirrt, dass du diesen Unsinn glaubst.«
»Martin Immaus spricht als Gelehrter auf der Basis der Wissenschaft. Wie kannst du da von Unsinn reden? Jedes seiner Worte ist wohl überlegt, und wenn er erklärt, welche Rolle einer wahrhaft christlichen Frau zusteht, tun wir alle gut daran, uns danach zu richten.«
»Ich habe selten Dümmeres gehört«, stieß Conrada böse hervor, obwohl sie genau wusste, damit nur eine weitere frömmelnde Tirade ihrer Schwester herauszufordern.
Bevor es dazu kam, legte sie das Messer nieder und stand auf. »Ich habe einiges zu erledigen.«
Das Haus war nicht bis auf die Grundmauern abgebrannt, aber darin wohnen konnte ich auch nicht mehr. Vorläufig musste ich mich im Fraumutterhaus auf der anderen Seite der Kreuzgasse einrichten. Die Brandstätte hatte ich dabei immer vor Augen.
Das Fraumutterhaus hatte seinen Namen erhalten, weil dort im letzten Jahrhundert die Witwe eines Kurfürsten wohnte. Hinter verschlossenen Türen im Erdgeschoss lagerten Kunstschätze. In den oberen Stockwerken befanden sich Wohnungen für kleine Beamte, es wohnte jedoch auch Graf Stratmann, der Gesandte des Kaisers, mit seiner Gemahlin dort. Sie lebten mit mir Wand an Wand.
Der König kam zwei Tage nach dem Brand ins Fraumutterhaus. Offiziell, um einige seiner hier eingelagerten Gemälde anzuschauen, aber ich war mir sicher, dass dies nur vorgeschoben war. In Wirklichkeit wollte er mich sehen. Er blieb dann auch nicht lange im Magazin mit den Bildern, sondern trat alsbald in meine Stube ein.
Seit ich ihn vom Fenster aus ins Haus hatte eintreten sehen, war ich darauf vorbereitet, ihm wieder gegenüberzutreten. In aller Hast hatte ich mich in das einfachere der beiden Tageskleider, die mir im Moment zur Verfügung standen, gekleidet, um einen bescheidenen, aber doch gefassten Eindruck auf ihn zu machen.
Die nicht gerade kleine Stube füllte sich mit seinem Eintritt, obwohl das Gefolge im Flur davor warten musste. Sie spähten durch die offene Tür zu uns herein. Aber die Präsenz des Königs füllte den Raum. Er könnte in Sack und Asche gehen und wäre doch als Fürst zu erkennen. Ich versank in einen Knicks, aus dem er mich aufhob.
Einen Finger legte er unter mein Kinn, hob meinen Kopf an, um mir ins Gesicht zu schauen. Meine Lippen und Nasenflügel flatterten.
»Madame, bist du wieder wohl nach dem Schrecken der Brandnacht?«, wollte er wissen.
»Euer Gnaden, dank Eurer Güte befinde ich mich so wohl wie ein Fisch in einem von der Frühlingssonne beschienenen Teich.«
»Keine Klagen wegen der Unterkunft?«
»Wie könnte ich über etwas klagen, was Euer Gnaden mir zugedacht hat? Aber ich mache mir Gedanken um die Männer, die den Brand gelöscht haben. Sie haben der Stadt einen großen Dienst erwiesen und Schlimmes verhindert.« Ich verstummte.
»Sie haben ihre Pflicht getan«, brummte der König, klang dabei jedoch freundlich.
Seine Hand lag immer noch unter meinem Kinn. Das alles ermutigte mich, weiterzusprechen: »Mir kommt es vor, als hätten sie viel mehr getan. Ich möchte mich ihnen gerne erkenntlich zeigen, Euer Gnaden.«
»Du hast ein mildes Herz, Madame. Das steht einer hübschen Frau besonders gut. Wir werden für die Erfüllung deines Wunsches sorgen.«
Ich leckte mir über die Lippen. »Euer Gnaden, das kann ich nicht annehmen. Das Feuer ist in meinem Räumen ausgebrochen. Ich trage die Verantwortung und schulde den Männern eine Anerkennung für ihren Mut.«
»Wir haben gesprochen. So wird es geschehen.« Der König ließ mein Kinn los und war zur Tür hinaus, bevor ich noch etwas sagen konnte. Die Höflinge beeilten sich, ihm zu folgen. Sie fanden aber noch die Zeit, mir abschätzende Blicke zuzuwerfen. Welche Rolle würde ich in Zukunft am Hofe spielen? Mussten sie sich mit mir gutstellen? Hinter ihren bewegungslosen Mienen las ich diese Fragen.
Unter Geraschel, Getrippel und Gewisper entfernten sie sich von meiner Tür.
An den Abenden gab es Gesellschaft bei der Gräfin Reuß, und Hoym war nicht mehr in der Lage, mich von einem Besuch abzuhalten. Jeden Abend sah ich den König, und jeden Abend zeichnete er mich durch seine Nähe aus. Die Hitze in den völlig überfüllten Räumen, die schlechte vom Parfüm geschwängerte Luft verflogen, sobald er das Wort an mich richtete. Es kam mir vor, als existierten nur noch wir beide.
Der König prüfte mich. Besaß ich genügend Charme, Verstand und Witz, um seine Gesellschaft zu bereichern? Ich sprach so schlagfertig und eloquent mit ihm, wie ich es nie zuvor in meinem Leben getan hatte; bewegte mich dabei anmutig. In seiner Gegenwart fühlte ich mich ganz und heil, als wäre ein vorher verloren gegangener Teil zu mir zurückgekehrt.
Am 19. Dezember stand der Geburtstag der Kurfürstin bevor. An diesem Tag sollte eine große Jagd im Saugarten stattfinden. In Dresden wurde seit Tagen davon gesprochen, wie der König sich persönlich um die Vorbereitungen kümmerte. Wenige Tage vorher führte er mich vom Ball der Gräfin Reuß fort in ein kleines, stilles Zimmer mit einem Bett und einem schmalen Sofa. Dort hieß er mich Platz nehmen.