Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dieser burleske Roman spielt im Ungarn des 15. Jahrhunderts zur Zeit der Türkenkriege. König Michael Szilági empfängt eine Gruppe von Frauen aus dem Dorf Szelistye, die eine ungewöhnliche Bitte an ihn haben: Da der König ihnen ihre Männer genommen habe, die im Kampf gegen die Türken gefallen sind, soll er ihnen gefälligst neue geben. Amüsiert verspricht er es ihnen. Bald darauf wird er von seinem Neffen Matthias gefangen genommen und abgesetzt. Doch der junge König will das Versprechen seines Onkels einlösen. Aber woher die Männer für die nicht gerade hübschen und schon etwas älteren Frauen hernehmen? Als es darum geht, die Frauen in Empfang zu nehmen, beschließt der König, die Welt für einen Tag auf den Kopf zu stellen; der Hofnarr wird König, der König wird Diener. Eine turbulente und höchst vergnüglich zu lesende Kette von Ereignissen setzt ein.-
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 138
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Roman
Saga
Über Szelistye steht im Ortsverzeichnis des früheren Ungarn zu lesen: „Szelistye, im Komitat Szeben, Gemeinde Szelistye, 3750 Seelen, 1964 Häuser, Gerichtsbarkeit Grossvardein, Eisenbahn, Telegraph, Bienenzucht, Post.“
Vor fünfeinhalb Jahrhunderten, unter der Regierung des Gouverneurs, Sr. Gnaden, Herrn Michael Szilágyi, hätte man über Szelistye noch nicht soviel vermerken können. Damals war die Einwohnerzahl geringer, es gab keine Eisenbahn, keinen Telegraphen, keine Bienenkörbe und keine Post. Unter allen diesen aufgezählten Gütern jedoch ist keines vermerkt, das damals fehlte, und das Ortsverzeichnis unterrichtet uns nicht über das Wertvollste, das die Ortschaft besitzt.
Zu jener Zeit war der alte Michael Doczi Oberhaupt des Komitates Szeben, ein früherer Getreuer Johann Hunyadys, des großen Türkenbezwingers. Er war sein Gewährsmann und Burgkapitän, der auch als Burggraf von Szeben stets für seinen Lehnsherrn sorgte, indem er für seine Armee Soldaten warb. Er sandte ihm Männer, die er in der Umgebung gesammelt oder aus seinen eigenen Besitzungen gedungen hatte, wo es kräftige, gutgebaute Walachenburschen gab. Johann Hunyady brauchte nur einen Boten zu senden: „Noch tausend Mann, Michael!“, und er stellte die tausend. Denn der Papst benötigte damals viel Blut. Seine Heiligkeit unterstützte nämlich jene Kriege, und um ein Faß Türkenblut zu vergießen, brauchte es ein halbes Faß an Christenblut. Der Papst war der Meinung, dies sei ein gutes Geschäft für Gott. Was Gott von diesem Geschäft hielt, weiß ich nicht.
Es ist jedoch gewiß, daß dieses viele vergossene Blut nichts Positives für die Welt ergab, es sei denn das eine, daß seither in allen christlichen Kirchen der Welt um 12 Uhr mittags die Glocken geläutet werden, so wie es der Papst damals zur Erinnerung an den Sieg über die Türken bei Nándorfejérvár verordnete.
Fürwahr, es muß gesagt sein, daß aus diesen Kämpfen und Kriegen nicht viel Gutes entstand. Von den unsichtbaren Gütern kann ich freilich keine Rechenschaft ablegen, denn die sind Geheimnisse Gottes. Es ist ja so, daß, um ein Beispiel zu geben, auch die Geschichte, die ich hier erzählen will, sich ohne jene Kriege nicht hätte ereignen können.
Es begann damit, daß der Regent Michael Szilágyi, der Onkel des späteren Königs von Ungarn, Matthias Rex, im Herbst 1458 mit seinem großen und glänzenden Gefolge als Gast des Vojvoden in Fogaras Aufenthalt nahm.
Es war nämlich üblich, Fogaras als Bannerschaft den Vojvoden Südostungarns zum Lehen zu geben, und Ungarns Könige taten dies mit der Bedingung bewaffneter Hilfe gegen die Türken. Im allgemeinen war der Staat früher anders. Damals zeigte er seine Macht, indem er anderen soviel als möglich gab, während er heute seinen Wert dadurch zu beweisen trachtet, anderen soviel als möglich zu nehmen. Es ist schwer zu entscheiden, welches die bessere Methode ist. Denn auch damals schimpften alle über den Staat wie heute.
Szilágyi befand sich in jenem Frühherbst, wie erwähnt, in der Burg von Fogaras, und ihm zu Ehren gab es tüchtige Gemsjagden im Gebirge, über die der Schreiber Balthasar blumenreiche Berichte in lateinischer Sprache verfaßte. Es war eine herrliche wild- und forellenreiche Gegend. Die Wildschweine kamen damals in Rudeln aus dem Gebirge und verwüsteten die Äcker der Bauern, die Gemsen allerdings hielten sich in den Latschen der Grate, und wer sie erreichen wollte, mußte hinauf bis zur Teufelsschlucht der Nordwand des Nego-Gebirges.
An manchen Tagen verstummten die Jagdhörner, und das Wild ruhte in seinen Schlupfwinkeln aus. An diesen Tagen veranstaltete der Vojvode zur Abwechslung rauschende Feste zu Ehren des Regenten Szilágyi. Sie galten ihm als Oheim des jungen Königs, dem er die Krone verschafft hatte, als auch seiner Eigenschaft als Despot, der alle Macht in seiner Hand vereinigte.
Er kümmerte sich nicht allzuviel um die Gerechtigkeit, aber im Grunde war er ein guter Mensch, weichherzig, wenn auch nicht ohne Jähzorn. Die Art und Weise seiner Regentschaft spiegelte seinen trotzigen, gewalttätigen Charakter, eine gewisse Eitelkeit und Großmannssucht, aber auch viel Staatsklugheit.
Auch während der Festlichkeiten vergaß er die Regierungspflichten nicht, ging am frühen Morgen zur Messe, empfing Bittsteller und Deputationen, hörte sich die Nachrichten der Kuriere aus Ofen an und übermittelte ihnen seine Befehle. Damals bestanden die Regierungsgeschäfte noch nicht nur daraus, ständig seinen Namenszug unter Akten zu setzen; die Tätigkeit eines Regenten wurde oft durch heitere Episoden unterbrochen.
So meldete eines Tages der Haushofmeister, Benedikt Sandor, daß sich noch eine Deputation von Frauen im Vorraum befinde.
„Was sind es für Frauen?“ fragte der Regent.
„Sie kommen aus Szelistye“, erwiderte der Haushofmeister.
„Wo liegt dieses Szelistye?“
„Auf meinen Gütern“, bemerkte der junge Georg Dóczy, der erst vor kurzem zum Obergespan von Szeben ernannt worden war. Der junge Magnat war schwarz gekleidet, weil er seinen zu Pfingsten verstorbenen Vater betrauerte. Er nahm mit mehreren Edelleuten an diesem Empfang teil.
„Lassen Sie sie eintreten“, bemerkte der Regent. „Wir wollen sie schon darum gerne anhören, weil sie Leibeigene unseres Vetters Dóczy sind.“
In der Türe tauchten etwa zehn walachische Frauen auf, knochige, breithüftige Gestalten, festlich gekleidet, in reichgestickten Hemden, mit bunten Stirnbinden und Schürzen geschmückt. Sie waren weder sehr hübsch noch sehr jung, sondern, wie Paul Bánffy bemerkte, „besser als gar nichts in Zeiten der Not“.
Die eine, vermutlich die Älteste, namens Marjunka, trat vor den Regenten hin, ließ sich auf die Knie nieder, und dann sprudelten die Worte nur so hervor, freilich walachisch.
Der Regent hörte mit verschränkten Armen geduldig zu; schließlich wurde es ihm doch zuviel, und er befahl dem Haushofmeister:
„Machen Sie, daß sie endlich schweigt, und sagen Sie mir, was sie will und was sie gebracht hat?“
Damals war es üblich, daß Deputationen auch etwas brachten. Freilich, wenn es sich um einen so großen Herrn handelte, mußte es etwas nicht Alltägliches sein: ein Lamm mit zwei Köpfen, oder eine antike Vase, die man beim Pflügen im Acker entdeckt hatte, ein riesengroßer Maiskolben, mit einem Wort, irgend etwas Besonderes.
„Steh auf, unvernünftiges Weibsbild! Und kein Wort mehr!“ knurrte der Haushofmeister Marjunka an, dann wandte er sich an den Regenten.
„Die Frauen haben nichts gebracht; sie wollen etwas.“
„Was?“
„Sie bitten Euer Gnaden, ihnen Männer zu geben.“
„Ja, sind sie verrückt geworden?“ ereiferte sich der Regent.
„Sie sagen, solange sie welche hatten, seien sie dem König gegenüber nicht geizig gewesen, wenn er immer wieder um neue Soldaten bat, und es gebe in Szelistye nicht einmal mehr mannbare Jünglinge. Das Dorf sei nur noch von Frauen bewohnt. Die letzten Männer seien der Pope und der Glöckner, aber auch diese beiden stünden bereits mit einem Fuß im Grabe. Sie sagen, sie hätten ihre Männer dem König nur geliehen, und nun sollen Euer Gnaden sie ihnen zurückgeben. Falls es sie nicht mehr gebe und sie auf den Schlachtfeldern geblieben seien, dann wollten sie eben Ersatz, denn eine Hand wasche die andere, und wenn der König auch weiterhin Soldaten aus Szelistye brauche, dann müßten diese erst einmal geboren werden, und aus diesem Grunde ...“
Laut lachend unterbrach Szilágyi diesen Erguß.
„Aber nein! Ja, was denn nicht noch alles! Nun freilich ... (Und er lachte wieder, daß ihm die Tränen kamen.) Männer brauchen sie. Das ist lustig! Und das sind alles deine Frauen, Georg? Wo bist du denn?! Du wirst dich doch nicht verstecken? Melde dich, Dóczy!“
Dóczy, dem die Sache sehr peinlich war, hatte sich ans Fenster gestellt, als betrachte er die Gegend, aber nun stellte er sich dem Regenten.
„Um die Wahrheit zu sagen, gnädiger Herr Vetter“, sagte er stockend, „hat mein seliger Vater tatsächlich alle Männer ausgerottet, um die Armeen Herrn Johann Hunyadys mit Soldaten zu versehen. Auf meinen Gütern liegen die Äcker brach, und ich ziehe keinerlei Einkünfte aus ihnen. Auch mir fehlen diese Männer, aber ich habe nicht darüber geklagt.“
„Ja, weil du in einem Überfluß an Weiblichkeit schwelgst“, lachte der Regent gut gelaunt. „Wie könntest du dich da beklagen, du Schlaufuchs!“
Die Herren lächelten und begannen die walachische Weiblichkeit mit recht unkeuschen Blicken zu betrachten. Die Frauen gewannen Mut und kicherten. Nur der junge Schreiber Balthasar senkte schamhaft die Augen. Er beugte sich über das Protokoll, um wie üblich die Wünsche der Bittsteller einzutragen. Diesmal begann er mit einem großen, vielverschlungenen F, das in roter Tinte ausgeführt wurde, während die nachfolgenden Buchstaben schwarz ausfielen:
„Feminae Szelistyeaenses supplicant viros a rege.“ (Die Frauen von Szelistye erbitten sich Männer vom König.)
Inzwischen erdröhnte die Glocke im Turm der Burg, und ein Page meldete, daß das Mittagessen bereit sei, und fragte, ob Szilágyi jetzt zu speisen wünsche oder später? Denn für einen so mächtigen Mann pflegte man in jenen Zeiten in einem vornehmen Hause mehrere Mittagessen zu kochen. Wenn Szilágyi sagte, er habe noch keinen Hunger oder sei anderweitig beschäftigt, dann wurde das bereits fertige Mahl einfach beiseite geräumt oder an die Armen verteilt, und die Köche, Küchengehilfen und Bratenwender machten sich daran, ein neues Essen zu bereiten. Hielt jedoch der hohe Gast den Zeitpunkt für geeignet, einen guten Bissen zu sich zu nehmen, dann erdröhnte die Glocke nochmals, und es entstand fieberhafte Tätigkeit in der Burg. Kammerdiener, tischdeckende Lakaien und Kellermeister rannten hin und her; die Zigeuner mit ihren Geigen nahmen auf der Balustrade Platz, und die Schützenmeister liefen zu ihren Mörsern, denn wenn der Reichsverweser zu Tische ging, dröhnten die Böller.
Szilágyi meinte einigen Appetit zu verspüren, winkte dem Pagen, daß man auftrage, und begann, die Staatsgeschäfte nun kürzer zu fassen.
„Diese Frauen“, sagte er zum Hofmarschall, „haben nicht so ganz unrecht. Man könnte ihnen aus der Reihe der Kriegsuntauglichen, ledigen Soldaten oder der unbrauchbaren Gefangenen ab und zu ein paar Männer senden. Sagen Sie ihnen also, daß Wir ihre Bitte erfüllen. (Er liebte es, den Pluralis majestatis zu verwenden.) Und fragen Sie sie doch“, fügte er lächelnd hinzu, „wieviel Männer sie brauchen?“
Der Hofmarschall übersetzte:
„Seine Gnaden, der Herr Reichsverweser, erfüllt eure Bitte, Frauen von Szelistye, und läßt euch fragen, wieviel Männer ihr benötigt?“
Nun gab es freudigen Lärm. Die Frauen stürzten auf ihren Gönner zu, knieten nieder und griffen nach dem Saum seines langen, veilchenfarbenen Mantels, um ihn, der Sitte der Zeit gemäß, zu küssen.
„Werdet ihr wohl“, brüllte der Hofmarschall, „die Kleider des Herrn Regenten in Ruhe lassen! Steht auf und sagt schnell, wieviel Männer ihr braucht!“
Die Frauen erhoben sich, steckten die Köpfe zusammen und berieten, erst flüsternd, dann immer lebhafter und lauter; fast gerieten sie sich darüber in die Haare.
„Nun“, drängte Herr Benedikt Sandor, „laßt hören: wieviel Seelen hat das Dorf?“
„Dreihundert.“
„Aber da sind auch Männer dabei?“
„Der Pope, der Glöckner und ein paar Knaben.“
„Wieviel Männer wollt ihr also?“
Die Anführerin der Delegation, jene nicht mehr ganz junge Marjunka, wölbte die Augenbrauen, als dächte sie angestrengt nach, dann legte sie die Hände aufs Herz und erwiderte:
„Dreihundert, Herr, auf jede Seele einen.“
„Dummheiten!“ rief der Hofmarschall erbost. „Unter den dreihundert Seelen befinden sich ja überhaupt noch die minderjährigen Mädchen und die ganz alten Frauen.“
„Zweifellos.“
„Da würde ja auf jede von euch mehr als ein Mann kommen.“
„Mein Gott, mein Gott!“ seufzte eine schwarzhaarige junge Frau, die in der ersten Reihe stand, und schlug züchtig die Augen nieder.
„Und wäre das ein so großes Unglück?“ warf eine kühnblickende rotwangige Blondine dazwischen.
„Ach, guter Herr, mein guter Herr Benedikt Sandor“, rief Marjunka lachend und ließ ihre weißen Zähne aufblitzen. „Bedenke doch, wie viele Wespen eine einzige Rose umschwirren und weder die Wespen noch die Rose haben einen Nachteil davon.“
„Frauen, Frauen!“ wies sie der Hofmarschall kopfschüttelnd zurecht. „Denkt an Gott, den Herrn! Seid nicht so unverschämt, sonst erzürnt ihr noch Seine Gnaden, und er nimmt zurück, was er euch versprochen hat.“
Die Frauen erschraken ein wenig, und schließlich einigte man sich dahin, er möge ihnen soviel geben, als er könne.
Im großen Buch des Königs stand also zu lesen: „Gubernator promisti.“ (Der Regent hat es versprochen.) Das konnte keine Katze mehr mit ihren Krallen auslöschen. Aber es gab ein Buch, das noch wichtiger war als dieses bedeutende Buch des Königs: das Buch des Schicksals. Und in diesem war vermerkt, daß der junge König Matthias eines Tages seinen allmächtigen Onkel Michael Szilágyi gefangensetzen und in die Burg Világos sperren werde, noch ehe der in die Lage käme, für die Frauen von Szelistye zu sorgen. Der Onkel hatte einst den kleinen Gefangenen, Matthias, zum König gemacht, und der machte nun den Onkel zum Gefangenen. Dergleichen geschieht oft in der Weltgeschichte. Es war vielleicht die einzige ungerechte Tat des großen Königs, und es ist seltsam, daß er eben dieser Tat wegen vom Volke den Beinamen erhielt: Matthias, der Gerechte.
Denn Herrn Szilágyis Nimbus war zu jener Zeit schon recht fadenscheinig. Das ist ja auch ganz natürlich. Aller Glanz vergeht. Und wir können gleichsam mit unseren eigenen Ohren vernehmen, wie in den kleinen Edelhöfen die Adeligen aufatmen, als die Fuhrknechte oder irgendwelche Reisende oder Kuriere die Kunde von Szilágyis Gefangennahme bringen: „Gott sei Dank, daß es endlich soweit ist. Sieh einer an, der kleine Matthias! Wer hätte das für möglich gehalten! Mit dem eigenen Onkel so umzuspringen! Aber gerade das ist es ja: Recht muß Recht bleiben! Der wird ein großer König!“
Und damit entschied sich das Schicksal des Königs Matthias, das Herz des Volkes öffnete sich und nahm ihn auf. Denn wer in das Herz des Volkes gelangen will, muß sich an die Phantasie der Leute halten.
Der junge König selbst, der eine harte Hand, aber ein weiches Herz besaß, begann seine Tat bald zu bedauern. Oft erschien in schlaflosen Nächten das Bild seines Onkels vor ihm, abgemagert, mit langem Bart und vorwurfsvollem Blick. Tagsüber las er in den Augen seiner Mutter die Spuren eines geheimen Kummers.
Das Schicksal wollte es, daß er eines Tages jenes Buch in die Hände bekam, das sein Onkel vom Schreiber Balthasar über die Staatsgeschäfte hatte führen lassen. Der König blätterte darin und dachte, daß es wohl schicklich wäre, die Versprechen, die darin gegeben waren, einzulösen. Denn was der Regent gesagt hat, ist schließlich genausoviel, als hätte es der König gesagt.
So geschah es, daß unter anderem auch die Affäre der Frauen von Szelistye wieder ans Tageslicht kam. Ja, die Neugier des Königs wurde mehr als gewöhnlich von jener seltsamen Eintragung gefesselt, daß sie sich Männer vom König erbaten und der Regent sie ihnen versprochen habe. Das schien ein kapitaler Spaß. Dem mußte man nachgehen, ungesäumt. Und darum möge sich Herr Pronay auf den Weg machen, zum Grafen von Szeben, Herrn Georg Dóczy, um Genaueres über diese Sache zu erfahren, weil der König gesonnen sei, zu halten, was sein Onkel versprochen habe.
In Ofen war es gerade windstill; kein Grashalm regte sich auf den Gefilden der Politik. Es stand auch tatsächlich kein anderes Thema zur Diskussion, bis auf die verschiedenen Pläne, wie man die Stephanskrone von den Deutschen wiedererlangen könnte. Aber auch dieses Thema war bereits nicht mehr wichtig seit des alten Gara Ausspruch „Entweder mit Eisen oder mit Gold“. Darüber gab es nichts weiter zu sagen.
Mit einem Wort: es war Saure-Gurken-Zeit bei Hofe, und da wurde der Auftrag, den Pronay erhalten hatte, als wahre Delikatesse entgegengenommen. Unbeschäftigte Pagen und leichtlebige Höflinge kamen durch diese Geschichte zu einem pikanten Gesprächsstoff. Der Schreiber Koloman verfaßte im Auftrage Herrn Ujlakis ein Spottgedicht, überschrieben: „Ein Kapaun reist nach Siebenbürgen.“ Dieses elende Machwerk verschonte selbst die Person des Königs nicht mit seinem Spott.
Aber auch ernst zu nehmende Leute rügten Herrn Pronay und vertraten die Meinung, ein Edelmann solle sich nicht zu derlei Aufträgen mißbrauchen lassen.
Wahr ist, daß es überflüssig schien, Herrn Pronay nach Siebenbürgen zu entsenden, weil der König durch Bánffy, Rozgonyi, Kanizsay, die damals zum Gefolge seines Onkels gehörten, orientiert wurde, was sich damals in Fogaras abgespielt hatte. Bánffy sagte ganz offen:
„Majestät täten gut daran, alle blinden Männer des Landes zu sammeln und nach Szelistye zu senden, denn, auf Ehre, jene Frauen waren alles eher als hübsch.“
Dieses Gerede trug nur dazu bei, das Interesse an dieser Frage wachzuhalten. Man sprach darüber. Nun, was schadete das? Es war jedoch unangenehm, daß die vergifteten Pfeilchen und kleinen Nadelstiche Frau Pronay, die bevorzugte Hofdame Elisabeth Szilágyis, der Mutter des Königs, mit wachsendem Ärger erfüllten. Sie machte eine große Geschichte daraus. Und da eine Frau die Bitterkeit des Herzens leicht mit einer anderen teilt, kam es, daß Frau Elisabeth dem König vorwarf, in welch eine häßliche Sache er den armen alten Pronay verwickelt habe.
Matthias lächelte.
„Aber, liebste Mutter, schenken Sie doch dem Gerede bei Hofe keinen Glauben! Sie kennen ja diese Leute. Sie sehen alles verkehrt und erzählen es noch verkehrter wieder. Es handelt sich einfach darum, daß in einem ganzen Landstrich alle Männer ausgestorben sind, die Felder brachliegen und die Frauen jener Gegend daher gebeten haben, man möge ihnen Arbeitskräfte senden.“
„Diese unkeuschen Geschöpfe“, bemerkte Frau Elisabeth verächtlich. „Hoffentlich hast du ihnen kein Versprechen gegeben?“