Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Gibt es sie noch, die Gespenster, die Klaus Möckel vor Jahren in seinen satirischen Gedichten und Sprüchen aufleben ließ, die Vampire, die vom Bildschirm flattern, die Hexen, die dir den Besenstiel ins Kreuz rammen, die Poltergeister auf den Fußballplätzen, die gute Fee Frau Pille? Aber ja, daran kann überhaupt kein Zweifel sein, und wer wollte widersprechen, wenn in dem Büchlein zum Beispiel der Teufel sagt: "Das wird zum Problem für die Hölle. Die Sünder auf Erden werden nicht weniger, aber die Kohlen werden knapp." Die Zeiten ändern sich, die bösen oder freundlichen Geister bleiben, auch wenn einige Spezies inzwischen verschwunden und dafür vielleicht andere an ihre Stelle getreten sind. Auf jeden Fall aber darf man nach wie vor erschauern, wenn man ihnen begegnet. Genauso darf man über die Einsichten erstaunt sein, die sich ergeben, wenn man die Dinge auf den Kopf stellt, wie es der Autor in seinem zweiten Teil tut. Was würde passieren, wenn der Hering den Hai vermöbelt, die Maus die Katze frisst, zwei Kinder sich scheiden lassen, die Frau dem Mann ein Baby macht oder jemand mit einem großen Hebel die Erde aus dem Gleichgewicht brächte? Fragen, auf die Möckel Narrenweisheiten zur Antwort bereithält und Ratschläge wie: "Treib auch im Herbst ein wenig Sünde" oder "Mit 'nem bisschen guten Willen geht's schon". INHALT: Die nackende Ursula Gespensterballaden und Gelichtergedichte Zum Geleit Geist-volles Gedicht Spuk in der Stadt Die Kobolde Die Poltergeister Der Waldschrat Die Mitternachtsgeister Die Drachen Gedicht von der nackenden Ursula Gelichtergedicht Das Lied vom Zauberkraut Die bösen Zwerge vom Erleberg Ballade von der hilfreichen Fee Lied von den kleinen Teufeln Ballade vom Geist in der Flasche Die Vampire Hexenballade Wichtelmannballade Der wilde Jäger Ballade vom Burggeist Löll Die Schatzgräber Die Legende von der Mittagsfrau Wo ist die Schlangenkönigin Ein gespenstischer Dialog Ballade vom Mann ohne Kopf Die Unken Mitternachtsirrlicht Lied von der Nixe Schilifee Die umherirrenden Stiefel Lied von der Dame in Weiß Das hektische Gedicht Kopfstand der Farben Verkehrte Gedichte Auftakt Die moderne Welt Kopfstand der Farben Schlachtfest Die Scheidung Kleines Lied Mit 'nem bisschen guten Willen Jungmädchenlied "Tamara" Belesenheit Träumerei Liebesbrief Moderne Maler Tragisches Gedicht Das neue Alphabet Narrenklugheit Aufruhr der Elemente Erdrutsch Zurück zur Zukunft Winterfreuden Rätsel Verkehrte Zeitung Fahrtgedicht Urlaubswünsche Gold und Silber
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 96
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Klaus Möckel
Die nackende Ursula / Kopfstand der Farben
ISBN 978-3-86394-171-0 (E-Book)
Die Druckausgabe "Die nackende Ursula" erschien erstmals 1980 und "Kopfstand der Farben" 1982 im Eulenspiegel Verlag Berlin.
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
© 2012 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
Finsterer Himmel und stürmische Nacht Raben die krächzen und Käuzchen die schrein klapperndes rappelndes Totengebein Hört ihr wie höhnisch das Hexenpack lacht
Wer tritt mit mir in die Geisterwelt ein
Mann ohne Kopf mit der Feder am Hut Dame in Weiß wo sind Knochen und Haut Mittagsfrau Wichtel und Zauberkraut Burg der Gespenster und Teufelsbrut
Kommt mit ins Moor wo der Nebel braut
Wandernde Stiefel und Schlangengezücht Drachen Vampire die gütige Fee Waldschrat und Nixe im wallenden See Mitternachtsirrlicht Wer folgt mir nicht
Wer sitzt gelangweilt bei Kuchen und Tee
Wer hält die Schwarzkunst für alt und verstaubt streitet den Spuk und den Drudenfuß ab schreit gar dass niemals Gespenster es gab
Folgt mir ich zeige euch wenn ihr erlaubt dass sie lebendiger sind als ihr glaubt Sie schalten und walten die düstern Gestalten und halten das ganze Land in Trab.
*
Wie gruslig, sagte der Burggeist, als im Schloss die moderne Beleuditung angebracht wurde.
Die Wahrheit übers Jenseits willst du wissen? sagte das Gespenst zum Nachfahren. Schau mein Gerippe an!
Ihr Buch Kollege ist mit Geist erfüllt sogar mit Geistern ja auf jeder Seite schwillt uns einer kühn entgegen
So der Geist der Zeit des neuen Lebens und der Einigkeit Den Geist der Jugend seh ich vor mir stehn
den Geist der Freundschaft hier vor Anker gehn Der Geist der Zukunft ist zum Kampf bereit Er schlägt die Geister der Vergangenheit Der Geist des Alten sank zu Boden schon besiegt vom Geist der Revolution Der Geist des Aufruhrs fegte durch das Land dieweil der Geist der Zwietracht längst gebannt Es herrschte nun der Geist der Zuversicht
Die großen Geister
traten hell ins Rampenlicht Der Geist des Sozialismus hatte fast gesiegt Ach wer bei so viel Geistern nicht das Zittern kriegt Mir scheint Kollege Sie sind Okkultist Ein nebulöser Geist in Ihrem Buche ist Ich bin nicht gegen Ihre Geister nein
doch warum müssen's denn so viele sein und wenn schon viele warum einer nie ein ziemlich wichtiger genannt ESPRIT.
*
Wer sich zu viel bei den Geistern der Vergangenheit aufhält, darf sich nicht wundern, dass ihn die der Zukunft links liegen lassen.
Zwölf oder eins düstere Nacht plötzlich bist du aus dem Schlaf erwacht war's nicht als ob ein Gespenst dich riefe Nein nur der Schrei einer Lokomotive
Schlaf ruhig weiter dreh dich zur Seite Doch welch Gekreisch Eine Hexenmeute Fängt da der Teufel zu geigen an Nein es kurvt nur eine Straßenbahn
Straßenbahn sagst du mir gellen die Ohren Und jetzt dies Poltern Scheppern Rumoren Das ist der Geist in der blechernen Tonne Nein es ist nur eine Kipperkolonne
Und dieses Rattern Krachen Geheule So wie Gespensterwagen und –gäule eherne Ritter im Kampfgewühle Unsinn das sind nur drei Feuerstühle
Doch jetzt von oben ein Dröhnen und Johlen Hilfe nun will mich die Hölle holen Glühende Augen verwunschener Rächer Nicht doch Ein Flugzeug rast über die Dächer
Knattern und Rasseln Bersten und Pfeifen Rumpelnde Lastwagen quietschende Reifen Tagspuk und Nachtspuk SPUK IN DER STADT Glücklich der Mann der ein Schloss tief im Wald oder im wilden Gebirge hat.
Diese wollen wir noch nennen weil sie nicht zu leugnen sind Zwar was wir nicht sehen können scheint uns oftmals nicht vorhanden aber so wie Luft und Wind sind sie überall zu spüren Was besagt Sie existieren
In den Straßen in den Gassen im Betrieb im Warenhaus Kriegt man sie auch nie zu fassen unsichtbare Zauberwesen gehen sie doch ein und aus Seht euch um in eurer Stadt Überall sind die Spuren ihrer Tat
So zum Beispiel bei Herrn Schnabel vor der Haustür nebenan Dort verlegte man ein Kabel ungefähr vor sechzehn Wochen plötzlich fing das Spuken an Mal im Dunkeln mal im Hellen lagen Läden Haltestellen
Wo der Fußsteig früher eben wuchsen Hügel jäh empor Mancher der nach Hause streben wollte lag mit Schock am Boden Mancher schlug auf Nase Ohr Mancher ist dort eingebrochen Oh ihr armen armen Knochen
Oder in den Neubaublöcken an der grauen Ziegelei Plötzlich war zu aller Schrecken die schon bald drin wohnen sollten Tür- und Fensterglas entzwei Wer nur hat bei Sturm und Nacht dort die Fenster aufgemacht
Wer nur ließ die Jauche fließen neulich aus der LPG nein nicht auf die Felder Wiesen die voll Sehnsucht darauf warten sondern in den Klaren See dass sie dort sich schön verteile und zum Wasserwerke eile
Und das Dach das jüngst gedeckte und das neue Abflussrohr Woher kommen die Defekte Wasserflecken an den Wänden hässlicher als je zuvor Wem denn ist das zuzuschreiben wenn nicht schlimmem Koboldtreiben
Listig wendig und voll Tücke Hier und dort und dort und hier Was geht nicht durch sie in Stücke Wieviel Ärger wieviel Schaden Ach wie gerne würden wir sie bestrafen sie verjagen doch zu unser aller Leid haben wir wohl lange Zeit uns mit ihnen noch zu plagen.
*
Ah, ein neuer Sumpf, sagte das Irrlicht, als es durchs Neubaugebiet hüpfte.
Wer brüllt da in den Straßen Wer lärmt da vor der Tür mit Rassel Pauke Schlachtgeschrei Trompete und Panier Wer zieht in wüsten Haufen wie eine Landsknechtschar am Wochenend zu jenem Ort der sonst so ruhig war Das sind die Poltergeister In jeder größern Stadt die einen FC Stahl Grün-Weiß oder Turbine hat
Wer johlt da auf den Rängen am Stadion links am Tor Wer pfeift und trampelt flucht und singt Grad wie ein Höllenchor Wer leert die Buddel Weinbrand und schmeißt sie auf den Platz Und wenn der Nachbar protestiert wer haut ihm vor den Latz Das sind die Poltergeister Kein klapperndes Gebein kein Kettenrasseln ist ihr Trumpf sie setzen Technik ein
Mit Glocke und mit Hupe mit Jaulsirenenton und manchmal mit Kanonenschlag als Superattraktion Ihr Schlachtruf Macht sie nieder Hackt zu und sargt sie ein und packt den Trillerpfeifenmann mit in die Grube rein Das sind die Poltergeister Sie kriegen nie genug Von Mon- bis Freitag sind sie stumm doch ist die Woche endlich um Heho beginnt ihr Spuk Heho beginnt ihr Spuk.
*
Das wird zum Problem für die Hölle, stöhnte der Teufel. Die Sünder auf Erden werden nicht weniger, aber die Kohlen werden knapp.
Der Waldschrat Hannes Rasselbein spukt wieder in den Landen Im Fichtengrund im Buchenhain er rumpelt über Stock und Stein er macht den Wald zuschanden
Mit Pech im Bart ums Moor herum mit Nadeln in den Haaren mit Zottelpelz den Rücken krumm Wie war die Gegend rein und stumm eh er in sie gefahren
Ihr wollt im Tann spazierengehn Gezwitscher in den Ohren die Luft so frisch der Morgen schön es rauscht der Bach Da bleibt ihr stehn Ein schreckliches Rumoren
Benzingeruch Es knattert zischt Ihr denkt an Nachbars Karre Ihr irrt euch sehr Sie ist es nicht Hans Rasselbein der Bösewicht raucht seine Moorzigarre
Wenn da ein altes Sofa steht mit aufgeschlitzten Lenden ein Eisenbett vom Wind verweht ein Karussell das nicht mehr dreht lasst es dabei bewenden
Schimpft nicht auf Schramm Familie Kühn und andre Zeitgenossen die fröhlich durch die Wälder ziehn Sie sind nicht schuld Es geht um ihn und seine schlimmen Possen
Er spielt euch diesen Schabernack Hört ihr das fürchterliche Gelächter nicht wenn huckepack er das Gerumpel Sack um Sack hinausschleppt in die Büsche
In seiner richtigen Gestalt tritt er euch nie entgegen Mal ist er jung mal ist er alt ein strammes Weib ein Bursche bald mal schüchtern mal verwegen
Das ist sein Trick Ihr seht von fern es durch die Bäume gleißen ein Shiguli zwei feine Herrn die Bündel aus dem Wagen zerrn und in die Schonung schmeißen
Die greift ihr euch Ihr pirscht euch ran doch eh ihr noch am Flecke springt mit Geheul der Motor an Der Wagen braust so schnell er kann davon und um die Ecke
Vor euch im Moos das Mittelstück von einer Nähmaschine Doch nicht allein Matratzen dick ein Ofenrohr verkleidet schick mit einer Pelerine
Ihr flucht verärgert Das jedoch ist nicht der einzge Schaden Denn plötzlich sackt ihr in ein Loch Zu allem Unglück seid ihr noch in den Morast geraten
Und das soll nicht der Waldschrat sein der euch gefoppt betrogen Wer wäre sonst so hundsgemein Hört ihr ihn höhnisch-gruslig schrein hoch wo die Wipfel wogen
Wer wäre sonst im Land bedacht auf solcherlei Bescherung die unsern Wald zum Müllplatz macht
Der Waldschrat ist wenn ihr auch lacht die einzige Erklärung.
*
Hexe, wärst du bei deinem Besen geblieben, jammerte die Hexe, als sie mit dem Flugzeug abstürzte.
Um Mitternacht am belebten Ort wo kein Käuzchen schreit wo kein Moorhund bellt wo Thomas dun vom Barhocker fällt und die rassige Grit im geschlitzten Kleid den wildbärtigen Gregor mit Blicken verschlingt wo es beatet und rockt und soundet und swingt wo der Tabakdunst brodelt die Schnapswoge flammt und am Mikrofon zum Sich-Schaffen verdammt die lüstern-bleiche Viola Schmidt Rhythmen zerjodelt Lieder zerfetzt wo das Schlagzeug hämmert in Lautstärke zehn und der beinah-vermählte Hans-Dieter Jähn beim fünfzehnten Pils seine Dagmar versetzt die süße Kleine von nebenan da sind sie zu sehn da gehen sie ran da sind sie zu Haus da gehen sie um da grölen sie an den Tischen herum die Rumpelgeister das böse Geschwür Oberette noch fünf fünf Harte fünf Bier da trumpfen sie auf da geben sie an da spielen sie Lukas den starken Mann Und noch 'ne Runde und noch einen drauf die Biene da drüben reißen wir auf was sagst du die will nicht Mann bist du alt wenn sie nicht will wir brauchen Gewalt
Das prahlt und das johlt und das rempelt umher Und gibt es nichts Feuchtes zu schlucken mehr und macht das Lokal die Schotten dicht dann wanken sie schimpfend durchs Neonlicht die Rumpelgeister gefährliches Pack
dann machen sie Müllers Moped zum Wrack zerbrechen den Spiegel an Donats Trabant verstopfen den Auspuff mit feuchtem Sand Die Telefonzelle ein schmuckes Haus sieht wie zerhackte Sülze aus Die Scheiben der Wartehalle entzwei die Lampen im Park vor der Wäscherei im Fußgängertunnel die Decke aus Stuck und ist's ihnen damit noch nicht genug pöbeln sie Grit und Gregor an und geben dem sechzigjährigen Mann der bis nachts um eins in der Spätschicht gewerkt eins auf die Nase damit der sich merkt Wenn sie am Ball sind wird nicht genölt wenn sie am Ball sind die Kehlen geölt aufgeblasen wie der Geist aus dem Glas gilt nur ihr spaßiges Tun in der Runde denn das ist ihre Geisterstunde
So nehmen sie Rache an ihrer Welt an allem was ihnen nicht gefällt dem Ärger zu Haus mit der Mutter die greint und die alles besser zu wissen meint mit dem Vater der nörgelt so nehmen sie Rache an ihrem Meister im Betrieb der ihnen unter die Nase rieb das Graugussteil das vermurkste Ding und deswegen gleich ein Fass aufmachte und deswegen gleich auf die Palme ging und deswegen gleich einen Vortrag hielt von wegen Arbeitsmoral und so
Und dem einen gefällt der Lehrer nicht den andern vergnatzt das Ruingemecker wegen der dämlichen Bummelschicht der dritte ist sauer aufs Mittagessen der vierte hat den BGLer gefressen der fünfte hat einen wirklichen Grund und na und
Das ist doch kein Grund was kaputt zu schlagen die Leute zu beuteln ein Auto zu klaun höchstens einer die Meinung zu sagen oder mal auf den Tisch zu haun Aber kein Grund um Mitternacht den Spukgeist zu spielen den Polterknecht