Die Nanny und der Playboy-Milliardär - Karen Booth - E-Book

Die Nanny und der Playboy-Milliardär E-Book

Karen Booth

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Beschreibung

Starker Mann - ganz schwach? Milliardär Aiden Langford steht vor einem Riesenproblem: Er hat einen kleinen Sohn und keine Ahnung, wie man mit einem Baby umgeht! Sarah Daltrey ist seine Rettung: Zehn Tage lang wird sie sich in seinem Penthouse um den Kleinen kümmern. Aiden ist von der schönen Nanny fasziniert: Ihr spröder Charme, ihre Intelligenz und ihr femininer Sex-Appeal fordern ihn heraus. In zehn Tagen kann viel passieren, in zehn Nächten noch mehr, und der Milliardär hat einen Plan, denn zufällig kennt er Sarahs größten Wunsch …

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Karen Booth Originaltitel: „The Ten-Day Baby Takeover“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1992 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Rabea Güttler

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733723880

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Die Lobby der Zentrale des LangTel-Unternehmens wirkte geradezu wie ein Schrein für Ordnung und Zurückhaltung. Sie war definitiv kein Ort für ein quengeliges Baby. Dank der Marmorböden, hohen Decken und riesigen Fensterfronten, die auf die Straße hinausgingen, hallte jedes Geräusch von den Wänden wider, besonders Olivers Geschrei.

Sarah küsste ihn auf die Stirn und ließ ihn auf ihrer Hüfte auf und ab hüpfen, während sie in dem winzigen Wartebereich hin und her tigerte. Für so ein riesiges Unternehmen, das beinahe einen ganzen Block einnahm, bot LangTel ungebetenen Besuchern nicht gerade viele Annehmlichkeiten. Es gab lediglich zwei Stühle und einen kleinen quadratischen Teppich, die gegenüber einer Reihe von gut bewachten Aufzügen positioniert waren. Anscheinend sollte sich hier niemand allzu willkommen fühlen.

Oliver wimmerte und barg sein Gesicht an ihrem Hals. Der arme kleine Kerl – er war nicht schuld an ihrer Situation und hatte Sarah sicher nicht darum gebeten, an diesem Morgen vier Stunden lang Zug zu fahren. Genauso wenig wie darum, in ein eiskaltes Bürogebäude gebracht zu werden, wenn er eigentlich Mittagsschlaf machen sollte. Und am allerwenigsten hätte Oliver sich gewünscht, seine Mutter zu verlieren oder einen Vater zu haben, der seine Existenz partout nicht anerkennen wollte.

Sarah nahm ihr Handy heraus und wählte eine Nummer, die sie inzwischen schon auswendig kannte, die sie aber auf gar keinen Fall als Kontakt abspeichern würde. Sobald sie Olivers Vater dazu gebracht hätte, sich seiner väterlichen Verantwortung zu stellen, würde sie sich zwingen, die Zahlenreihe zu vergessen, die zum Anschluss in einem der Büros in diesem Gebäude gehörte – höchstwahrscheinlich einem in der obersten Etage. Ihr Kontakt zu Aiden Langford würde sich darauf beschränken, ihn dazu zu bringen, das Sorgerecht für Oliver zu übernehmen, und wenn es das Letzte war, was sie tat.

„Ja, hallo. Hier ist Sarah Daltrey. Ich rufe für Aiden Langford an. Schon wieder.“

Einer der zwei Wachmänner, die in der Lobby ihren Posten bezogen hatten, warf ihr einen prüfenden Blick zu.

„Mr. Langford hat schon ein dutzend Mal gesagt, dass er Sie nicht kennt. Bitte hören Sie auf, hier anzurufen.“

„Ich werde so lange weitermachen, bis er endlich mit mir spricht.“

„Vielleicht kann ich Ihnen helfen?“

„Nein. Können Sie nicht. Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, und Mr. Langford sollte es zu schätzen wissen, dass ich keine prekären Details mit seiner Sekretärin teile. Aber das habe ich alles auch schon in der E-Mail geschildert, die ich ihm geschrieben habe.“ Es waren wohl eher sieben E-Mails gewesen. „Wenn ich nur fünf Minuten mit ihm bekäme, könnte ich ihm alles erklären.“ Das war gelogen. Sie würde mindestens eine Stunde mit Mr. Langford brauchen, um Olivers Zeitplan durchzugehen, ihm von seinen Vorlieben und seinen Abneigungen zu berichten und um sicherzugehen, dass der Kleine einen so guten Start wie möglich hätte.

„Mr. Langford ist sehr beschäftigt. Ich kann nicht jeden Anruf durchstellen, nur weil jemand vorgibt, ihn dringend sprechen zu müssen.“

„Hören Sie. Ich habe die letzten vier Stunden in einem Zug von Boston nach New York verbracht und stehe jetzt unten in der Lobby mit einem zehn Monate alten Baby, das dringend seinen Mittagsschlaf braucht. Ich werde nicht gehen, bis ich mit Mr. Langford gesprochen habe. Wenn es sein muss, werde ich sogar hier übernachten.“

„Wir können Sie vom Wachpersonal aus dem Gebäude eskortieren lassen, Ms. Daltrey. Das wollen Sie doch sicherlich nicht.“

„Kann LangTel es sich wirklich erlauben, eine schreiende Frau mit einem Säugling vor die Tür zu setzen?“

Das kurze Zögern der Assistentin sagte ihr alles, was sie wissen musste. „Können Sie kurz dranbleiben, bitte? Ich schau mal, was ich tun kann.“

Sarah versprach sich nicht viel davon, aber was hatte sie für eine Wahl? „Klar. Ich bleibe dran.“

In diesem Moment betrat eine Frau mit glänzendem braunen Haar und einem maßgeschneiderten grauen Kleid sowie schwarzen Pumps das Gebäude. Sarah hätte sie vielleicht gar nicht bemerkt, wenn sie nicht hochschwanger gewesen wäre. Ihr riesiger Babybauch war unmöglich zu übersehen. Der Wachmann eilte zu ihr und nahm ihr hilfsbereit den Stapel Papiere ab, den sie trug. „Guten Tag, Ms. Langford. Ich rufe Ihnen sofort den Fahrstuhl.“

Anna Langford. Nun erkannte Sarah die Frau. Schließlich hatte sie Recherchen über die Langford-Familie angestellt, während sie versucht hatte, Aiden zu erreichen. Anna war Geschäftsführerin von LangTel, zusammen mit ihrem Bruder Adam. Außerdem war sie Aiden Langfords jüngere Schwester.

Oliver ließ sein Lieblingskuscheltier, eine Plüschschildkröte, fallen und stieß einen durchdringenden Schrei aus. Sarah zuckte zusammen und bückte sich rasch. Mit einer Hand griff sie nach dem Spielzeug, mit der anderen klemmte sie sich ihr Handy zwischen Ohr und Schulter. Anna blieb abrupt stehen und drehte den Kopf in ihre Richtung.

Na super. Jetzt werden wir wahrscheinlich wirklich noch aus der Lobby geschmissen.

Stirnrunzelnd kam Anna auf sie zu. Als sie ihre Sonnenbrille abnahm, konnte Sarah jedoch nur Mitgefühl in ihrem Blick lesen. „Oh nein. Da ist aber jemand gar nicht glücklich.“

Da sie inzwischen fast sicher war, dass Aidens Sekretärin sie für immer in der Warteschlange halten würde, beendete Sarah das Telefonat und schob das Handy in die Wickeltasche.

„Entschuldigen Sie. Um die Zeit hält er normalerweise seinen Mittagsschlaf. Er ist müde.“ Erst als sie sich wieder aufrichtete, bemerkte sie den riesigen Größenunterschied zwischen sich und Anna – die Brünette hätte sie auch ohne die Highheels überragt.

Anna schüttelte den Kopf. „Sie müssen sich nicht entschuldigen. Das hier ist gerade der Höhepunkt meines Tages. Er ist aber auch wirklich bezaubernd.“ Sie griff nach Olivers kleiner Hand und lächelte. Er hielt sich an ihrem Finger fest, den Kopf an Sarahs Schulter gelehnt. „Ich bin übrigens Anna Langford.“

„Mein Name ist Sarah Daltrey. Und das ist Oliver.“ Sarah sah zu, wie er Anna schüchtern anlächelte. Er war ein lieber Junge, der jeden auf Anhieb mochte. Sich für immer von ihm zu verabschieden würde ihr das Herz brechen. Besonders nachdem sie sich die letzten drei Wochen ganz allein um ihn gekümmert hatte. Aber an ihrer Situation ließ sich nun einmal nichts ändern. Sie war keine Nanny mehr, und sich um ein Kind zu kümmern, das nicht ihr eigenes war, erinnerte sie zu sehr an ihr altes Leben.

Annas Blick war weiterhin auf Oliver gerichtet. „Es ist schön, Sie beide kennenzulernen. Ich bin selbst kurz davor, meinen kleinen Schatz zur Welt zu bringen. In ungefähr sechs Wochen.“ Sie betrachtete Olivers Gesicht genauer. „Die Augen Ihres Sohns sind unglaublich. So blau!“

Genau wie die Ihres Bruders.

Sarah räusperte sich. „Oliver ist nicht mein Sohn. Ich bin lediglich sein Vormund. Ich versuche gerade, ihn mit seinem Vater zusammenzuführen. Darum bin ich hier.“

„Hier bei LangTel? Der Vater arbeitet hier?“ Anna war offensichtlich verwirrt.

Obwohl Sarah bisher versucht hatte, so viel Diskretion wie möglich zu wahren, war dies vielleicht die einzige Möglichkeit, zu Aiden zu gelangen. Die Sekretärin würde ihr ganz sicher nicht helfen. „Ich bin hier, um Aiden Langford zu sehen. Er ist Ihr Bruder, oder? Ich muss mit ihm über Oliver reden, aber er nimmt meine Anrufe nicht entgegen.“

„Oh.“ Ein überraschter Ausdruck huschte über Annas Gesicht, während sie den Blick zwischen Oliver und Sarah hin und her wandern ließ. „Oh. Wow.“ Sie massierte sich die Schläfen. „Die Lobby erscheint mir nicht gerade der perfekte Ort, um über so etwas zu sprechen. Vielleicht sollten Sie mich besser nach oben begleiten.“

Die Stimme von Aidens Sekretärin ertönte durch die Gegensprechanlage. „Mr. Langford? Ihre Schwester ist hier, um Sie zu sehen. Sie hat einen Gast mitgebracht.“

Einen Gast? „Natürlich. Schicken Sie sie rein.“ Aiden legte den Bericht beiseite, den er gerade gelesen hatte – womöglich das Staubtrockenste, was er sich je zu Gemüte geführt hatte. Und das sollte schon etwas heißen. In mehr als zwölf Jahren in diesem Geschäft hatte er sich schon durch viele langweilige Finanzprognosen und Ähnliches quälen müssen. Wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen, verließ er sich lieber auf seine Intuition. Warf man einen Blick auf sein Bankkonto, so schien seine Art zu arbeiten äußerst effektiv zu sein.

Anna betrat sein Büro mit einer blonden Frau im Schlepptau, die er nicht kannte. Zu sagen, dass die Fremde hübsch war, wäre untertrieben gewesen. Mit ihren vollen zartrosa Lippen, den großen blauen Augen und ihrem schwarzen Sommerkleid war sie der Inbegriff von natürlicher Weiblichkeit. Ihre Blicke trafen sich, und er konnte sogar einige Sommersprossen auf ihren Wangen erkennen. Er fühlte sich sofort zu dieser Frau hingezogen. Leider gab es auch einen Aspekt an ihr, der sie absolut uninteressant für ihn werden ließ: das schlafende Baby in ihren Armen. Er war geübt darin, emotionale Verwicklungen zu meiden, und dazu gehörte auch, dass er nie mit alleinerziehenden Müttern ausging.

„Aiden, darf ich dir Sarah Daltrey vorstellen?“, sagte Anna sanft.

Der Name setzte seinen Tagträumen ein Ende. „Sie sind doch die Frau, die immer wieder anruft. Wie zum Teufel haben Sie meine Schwester dazu gebracht, Sie hier hereinzulassen?“

„Schsch“, tadelte Anna ihn vorwurfsvoll. „Das Baby schläft.“

Das Baby. Er hatte Sarahs E-Mails gelesen. Na ja, eine von ihnen. Eine hatte gereicht, um ihn zu überzeugen, dass er nicht mit ihr sprechen sollte. Andere hatten auch schon versucht, ihm Kinder anzuhängen. Das war nur natürlich. Sein Vermögen und seine einflussreiche Familie wirkten wie eine Zielscheibe für manche Frauen.

„Ich weiß ja nicht, was Ms. Daltrey sich von alldem erhofft, aber ich rufe jetzt den Sicherheitsdienst.“ Er streckte die Hand nach dem Telefon aus, aber Anna hielt ihn auf.

„Aiden. Nicht. Hör einfach nur zu. Bitte. Es ist wichtig.“

„Ich weiß nicht, was sie dir erzählt hat, aber es ist gelogen.“ Sein Puls pochte beinahe schmerzhaft in seinen Ohren.

„Ich brauche nur fünf Minuten Ihrer Zeit, Mr. Langford.“ Sarahs Stimme klang ruhig und professionell. Nicht gerade das, was er erwartet hatte. „Wenn Sie mir dann immer noch nicht glauben, werden Sie keinen Sicherheitsdienst rufen müssen. Dann gehe ich freiwillig.“

Anna betrachtete ihren Bruder und hob fragend eine Augenbraue.

Was sollte er tun, wenn er zwei Frauen gegenüberstand, die offensichtlich nicht aufgeben würden? „Wenn das Ganze dann endlich ein Ende hat, gut. Fünf Minuten.“

„Ich lasse euch zwei reden.“

Die Tür schloss sich mit einem leisen Klick hinter seiner Schwester, zurück blieb eine bedrückende Stille. Sarah räusperte sich und trat etwas näher. Das Kind schlief immer noch friedlich in ihren Armen. „Wäre es okay, wenn ich mich hinsetze? Er ist doch etwas schwer.“

„Natürlich. Entschuldigung. Hier, bitte.“ Aiden zeigte auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. Er selbst wusste nicht, wohin mit sich. Sollte er stehen, sitzen, die Arme vor der Brust verschränken? Nichts fühlte sich richtig an, daher setzte er sich schließlich wieder hinter seinen Schreibtisch.

„Ich weiß, dass all das etwas überraschend kommen muss“, begann sie schließlich. „Ich werde nicht lange um den heißen Brei herumreden. Olivers Mutter war meine beste Freundin in der Highschool. Gail Thompson. Sagt Ihnen der Name etwas? Sie hat mir erzählt, dass sie Sie im Crowne Lotus Hotel in Bangkok kennengelernt hat.“

Aidens Schultern verspannten sich. Diese Details hatten nicht in Sarahs E-Mail gestanden. Dort hatte sie nur erwähnt, dass sie der Vormund des Babys war. Soweit er informiert war, wusste keiner von seiner kurzen Affaire mit Gail. Sie hatten sich an der Hotelbar kennengelernt und drei Tage zusammen verbracht, bevor sie wieder zurück in die Staaten geflogen war. Das war das letzte Mal, dass er von ihr gehört hatte.

„Ich erinnere mich an sie, ja. Aber das heißt nichts.“ Nervös verlagerte er sein Gewicht. Er wusste genau, wo dieses Gespräch hinführen würde.

„Neun Monate, nachdem Sie und Gail Ihr kleines Stelldichein in Thailand hatten, kam Oliver auf die Welt. Acht Monate danach hat Gail mich angerufen und mir gesagt, dass sie Krebs im Endstadium hat. Ich war die einzige Person, der sie die Vormundschaft übertragen konnte. Sie hatte keine Geschwister, und ihre Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als sie auf dem College war. Außerdem wusste sie, dass ich früher als Nanny gearbeitet habe. Sie meinte, sie hätte versucht, Sie anzurufen, aber sie hatte anscheinend noch weniger Erfolg als ich. Es ist schwer, hartnäckig zu sein, wenn man im Sterben liegt.“

Aiden schluckte schwer. In Sarahs E-Mail hatte gestanden, dass die Mutter des Kindes krank geworden war. Er hatte angenommen, dass sie noch am Leben war und dass all dies lediglich dazu diente, an Geld für die Krankenhauskosten zu kommen.

„Sie ist tot?“ Langsam ließ er den Blick zu dem Kind wandern und spürte ein Stechen in der Brust. Es war ganz allein auf dieser Welt. Dieses Gefühl kannte er nur zu gut.

„Ja.“ Sarah presste die Lippen zusammen, nickte und küsste Oliver sanft auf die Wange. „Oliver verlor an dem Tag seine Mutter. Und es war an mir, Sie zu finden, damit ich Ihnen die Vormundschaft übertragen kann. Ich glaube, es wäre das Beste für alle, wenn wir versuchen würden, das Ganze noch heute unter Dach und Fach zu kriegen.“

Heute? Hat sie gerade heute gesagt? Nein. Das würde ganz sicher nicht passieren.

„Sie glauben, Sie können einfach in mein Büro spazieren, mir ein Baby, das ich noch nie gesehen habe, in den Arm drücken und dann wieder dorthin verschwinden, wo Sie hergekommen sind? Und ich soll das akzeptieren und das Kind großziehen? Nichts da. Sie gehen nirgendwohin, Ms. Daltrey, bis ich ganz sicher weiß, dass dieses Kind meins ist. Wir brauchen Anwälte. Einen Vaterschaftstest. Ich bin noch nicht überzeugt, dass das alles nicht bloß ein großer Schwindel ist.“

Ihr Mund war nur noch eine dünne Linie, aber sonst schien sie völlig unbeeindruckt von seinem Ausbruch. „Zuerst mal ist mein Name Sarah – und seiner ist Oliver. Und ich verstehe, dass es ein Schock für Sie ist, aber das ist nicht meine Schuld. Hätten Sie einen meiner Anrufe entgegengenommen, wären Sie jetzt besser vorbereitet.“

„Ich bezweifle, dass ich dann besser damit umgehen könnte. Wie Sie sehen, bin ich am Arbeiten. Ich kann mich nicht um ein Kind kümmern.“ Er mochte seinen eigenen abschätzigen Ton nicht. Wenn er daran dachte, wie sein Vater ihn behandelt hatte, wollte er diesen kleinen Jungen nicht zurückweisen. Kein Kind verdiente das. Am allerwenigsten eins, das nicht wusste, wer sein Vater war.

„Ich verstehe, dass Sie einen Vaterschaftstest verlangen, aber ich denke, dass Sie ihn als Ihren Sohn erkennen werden, sobald er aufwacht. Er sieht genau so aus wie Sie. Besonders seine Augen. Außerdem hat er das gleiche Muttermal auf dem Oberschenkel wie Sie.“ Ihre Wangen färbten sich rötlich. Sie blickte zu Boden. Trotz der Situation, in der er sich gerade befand, fand Aiden es bezaubernd. Sarah schien nicht die Art von Person zu sein, die ihr Herz auf der Zunge trug. „Ich meine … Gail hat mir erzählt, dass Sie eins haben. Und dass Oliver seins daher hat.“

Das Kind musste wirklich unglaublich müde sein – es rührte sich kaum, als Sarah vorsichtig eins der kleinen Hosenbeine hochzog und Aiden das Muttermal präsentierte. Aiden stockte der Atem. Er umrundete den Schreibtisch und ging vor ihr in die Hocke. Das musste er sich näher ansehen. Er musste wissen, ob all das wahr war. Konnte es sein …? Vorsichtig streckte er die Hand aus, um das Mal zu berühren, konnte sich aber gerade noch zurückhalten.

„Es tut mir leid. Ich bin etwas verwirrt.“

„Er ist Ihr Sohn.“ Sarahs Stimme klang liebenswürdig und sicher. Sie war ganz anders als die Frau, die er sich beim Lesen ihrer E-Mail vorgestellt hatte.

Die Haut des Jungen war weich und warm. Sanft zog Aiden an dem Hosenbein, bis es wieder hinunterrutschte, und betrachtete dann Olivers Gesicht. Seine Augen waren geschlossen und umrahmt von dunklen Wimpern. Zugegeben, sein hellbraunes Haar mit den einzelnen blonden Strähnen erinnerte an Aidens, auch wenn Oliver Löckchen hatte, während Aidens Haar glatt war. Trotzdem wusste er von seinen eigenen Babyfotos, dass sein Haar auch einmal so wie Olivers gewesen war. War es wirklich möglich? Was sollte er dann tun? Er hatte keine Ahnung, wie man sich um ein Kind kümmerte. Es würde sein ganzes Leben umkrempeln. Gerade jetzt, da er in New York wieder Fuß fasste und versuchte, seinen Platz in der Familie zu finden.

Oliver bewegte sich. Für eine Sekunde öffnete er die Augen und schaute Aiden an. Das vertraute Blau traf Aiden direkt ins Herz. Es war, als würde er in einen Spiegel schauen. Oh, mein Gott. Er ist mein Sohn.

2. KAPITEL

Die Dinge liefen nicht schlecht.

Tatsächlich fühlte sich wohl nur Sarah unbehaglich. Aiden hockte immer noch vor ihr und schaute Oliver beim Schlafen zu. Es war unmöglich, ihn dabei nicht anzustarren. Sie versuchte, woanders hinzuschauen. Ihren Blick interessiert über die schwarz und weiß gerahmten Fotografien an den Wänden wandern zu lassen. Oder den Ausblick aus dem Fenster genauer zu studieren – von hier oben konnte man die ganze Skyline Manhattans sehen. Aber bald zogen seine blauen Augen ihren Blick wieder auf sich. Zuerst seine Augen. Und dann sein ganzes Gesicht. Über seinen Augen saßen dunkle Augenbrauen, die wunderbar zu seinem kompromisslosen Auftreten passten. Er trug einen gepflegten Dreitagebart. Die steile Falte auf der Stirn ließ sie sich fragen, wie er wohl aussah, wenn er nicht so misstrauisch war. Seine selbstbewusste Art ließ ihn übermenschlich erscheinen. Sarah war sich sicher, dass Aiden Langford immer genau das tat, was er wollte. Er war nicht die Art Mann, die sich von irgendwem etwas sagen ließ.

Zu dumm, dass sie genau das würde tun müssen. Der Gedanke ließ ihren Puls hochschnellen. Sie wusste nicht, wie er reagieren würde, aber seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, könnte doch noch alles gut gehen. War er zuerst arrogant rübergekommen, hatte sich sein Verhalten in den letzten Minuten geändert, und zwar von dem Moment an, als er einen Blick auf Oliver geworfen hatte. Sicherlich war ihm jetzt klar geworden, dass das Kind seins war – auch ohne das positive Ergebnis eines Vaterschaftstests.

„Also“, begann Sarah, während sie sich an die Rede erinnerte, die sie so viele Male geprobt hatte. Es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen, weil sie das Ende ihrer Zeit mit Oliver bedeuteten. „Ich dachte, ich würde Oliver hier bei Ihnen lassen und mir ein Hotelzimmer nehmen, während wir alle Einzelheiten klären. Ein Vaterschaftstest ist schnell gemacht. Wir lassen Sie als Olivers Vater in die Geburtsurkunde eintragen. Dann übertrage ich Ihnen die Handlungsvollmacht und die Vormundschaft für den Kleinen. Alles, was wir brauchen, sind ein Anwalt und ein paar Tage, und dann sehen Sie mich nie wieder.“

Aiden starrte sie an. „Ein paar Tage?“

Es war genauso schwer, ihm in die Augen zu sehen, wie sie gedacht hatte. Sie waren denen von Oliver zum Verwechseln ähnlich. In den vergangenen drei Wochen hatte sie sich in diesen Blauton verliebt.

„Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass Sie mir nicht einfach ein Baby aushändigen und dann abhauen können.“ Er stand auf und glättete sein Jackett, das seine Schultern und seinen breiten Oberkörper betonte. Genau wie seine Schwester überragte auch Aiden sie. „Es erscheint mir vernünftiger, dass Oliver vorerst bei Ihnen bleibt, bis alles geklärt ist. Sie haben es selbst gesagt: Sie sind eine Nanny und kennen sich mit Kindern aus. Ich habe keine Ahnung, was das angeht.“

Natürlich konnten die meisten Leute nicht einfach alles stehen und liegen lassen, um sich um ein Kind zu kümmern. Aber Aiden Langford war nicht wie die meisten Leute. Hatte er nicht einen Haufen Geld, mit dem er das Problem ruck, zuck aus der Welt schaffen konnte?

„Ich bin keine Nanny mehr.“ Sie verstummte, bevor sie auch noch den Grund dafür nannte. „Sie werden jemanden einstellen müssen. Ich habe Ihnen die Nummer der besten Nanny-Agentur der Stadt aufgeschrieben. Ein Anruf, und sie schicken Ihnen jemanden vorbei, der Ihnen helfen kann.“

„Also soll nicht nur ich mit einer fremden Person auskommen, sondern auch das Kind?“

Damit hatte er ihren wunden Punkt getroffen. Der Gedanke, dass irgendjemand anderes als sein Vater sich um Oliver kümmern würde, versetzte Sarah einen Stich mitten ins Herz.

„Ich führe ein Unternehmen, Mr. Langford. Ich muss zurück nach Boston.“

„Was für ein Unternehmen?“ Bei seinem abwertenden Ton sträubten sich ihr die Nackenhaare.

„Mein Unternehmen stellt Damenbekleidung her. Es startet gerade richtig durch. Wir können gar nicht mit der Nachfrage mithalten.“

„Nicht das Schlechteste, was einem passieren kann. Bis Ihre Kunden nicht länger warten wollen und sich jemand anderen suchen.“

Sicherlich hatte er recht. Die Hälfte ihres Arbeitstages verbrachte sie damit, irgendwelche Besitzer von Boutiquen zu beschwichtigen. „Darum muss ich auch zurück nach Boston. Und vergessen Sie nicht, dass ich mich fast einen Monat lang Vollzeit um Ihren Sohn gekümmert habe. Es wird Zeit, dass ich mein Leben wieder aufnehme und Oliver in sein neues starten lasse. Mit Ihnen.“ Der letzte Satz war besonders schwer über die Lippen zu kriegen. Sie war stolz, dass ihre Stimme nicht brach. Sie hatte noch nicht einmal eine Träne vergossen. Das grenzte an ein Wunder.

Aiden setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs und verschränkte die Arme vor der Brust. Wie sollte sie ihm die Stirn bieten, wenn er sie derart ablenkte? „Ich bezahle Sie für Ihre Zeit hier.“

Okay. Also schien er doch sein Geld einsetzen zu wollen. Nur leider an der falschen Stelle. Sie stieß einen missbilligenden Laut aus. „Ich habe bereits einen Job.“

„Ich zahle Ihnen das Doppelte von dem, was Sie sonst verdient haben.“

Sie schüttelte den Kopf.

„Gut. Das Dreifache.“

„Sie sind schrecklich im Verhandeln.“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich mache, was nötig ist, um zu kriegen, was ich will.“

„Dadurch wäre ich die teuerste Nanny in der Geschichte der Kinderbetreuung. Ich wurde früher sehr gut für meine Dienste bezahlt. Immerhin war ich ausgezeichnet in meinem Job.“

„Geld spielt keine Rolle, Ms. Daltrey. Wenn Oliver wirklich mein Sohn ist, verdient er das Beste. Und so, wie es sich anhört, sind Sie das.“

Erneut schüttelte sie den Kopf. „Auf keinen Fall.“

Oliver quängelte und rieb sich die Augen. Sarah hatte zu laut gesprochen. Anscheinend war sein Mittagsschlaf vorbei.

Sie stand auf und versuchte, Aiden das Baby zu überreichen. „Hier. Nehmen Sie Ihren Sohn. Wenigstens für eine Minute.“

Oliver weigerte sich und klammerte sich an Sarah.

„Sehen Sie? Er will ganz offensichtlich bei Ihnen bleiben. Ich bin ein Fremder für ihn. Würden Sie wirklich ein Baby bei einem Wildfremden lassen?“

Natürlich würde sie so etwas nicht tun. Aber nach der umfangreichen Recherche, die sie über Aiden betrieben hatte, kam er ihr nicht mehr wie ein Fremder vor.

„Und noch schlimmer“, fuhr er fort, „bei einem Fremden, der nicht mal weiß, wie man eine Windel wechselt oder ein Kind füttert oder es tröstet, wenn es weint.“

Verdammt. „Na ja, ich glaube aber auch nicht, dass es eine gute Idee wäre, Oliver mit in ein Hotel zu nehmen. Er muss sich an Sie gewöhnen. Und Sie müssen offensichtlich lernen, wie Sie sich um ihn kümmern.“

Er schien tief in Gedanken versunken. „Ich nehme an, es macht am meisten Sinn, wenn Sie und er bei mir unterkommen, bis alles geklärt ist und ich Zeit habe, eine Nanny einzustellen. Ich muss wohl auch eine Wiege kaufen, was? Das ist alles ziemlich viel für einen Tag.“

Er hat nicht unrecht. Vielleicht wäre es wirklich am besten für Oliver, wenn sie ein paar Tage länger bliebe, auch wenn es ihr den Abschied später umso mehr erschweren würde. Aber Aiden musste noch viel lernen. Das würde dauern.

„Okay. Wir bleiben bei Ihnen in der Wohnung.“

„Sagen Sie mir einfach, wie viel Gehalt Sie bekommen wollen. Ich hab keinen blassen Schimmer, wie viel eine Nanny verdient. Oder was eine Nanny macht, um ehrlich zu sein. Außer dass sie all das übernimmt, was die Eltern tun würden, wenn sie da wären.“