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Deutschland leistet sich das teuerste und ineffizienteste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Welt. Für das jeder zahlen muss, auch wenn er die Angebote nicht nutzt.
Doch politischer Filz, Skandale um kriminelle Machenschaften und Vetternwirtschaft sowie Verschwendung von Gebühren haben das Vertrauen der Bürger zutiefst erschüttert. Brauchen wir wirklich 22 Fernsehkanäle und 67 Radiosender, von denen manche quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit senden?
Medienexperte Hans-Peter Siebenhaar gibt einen ungeschönten Einblick in das aufgeblasene System der Nimmersatten. Seine radikalen Vorschläge zeigen: Besseres Fernsehen für weniger Geld ist machbar.
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Seitenzahl: 314
Hans-Peter Siebenhaar
DIE NIMMERSATTEN
Die Wahrheit über das
System ARD und ZDF
Lübbe Digital
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes
Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Copyright © 2012 by Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
Redaktion: Klaus Gabbert (Büro Z, Wiesbaden)
Umschlaggestaltung: Pauline Schimmelpenninck, Büro für Gestaltung, Berlin
Umschlagmotiv: © missbehavior.de
Datenkonvertierung E-Book: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-8387-2027-2
Sie finden uns im Internet unter
www.luebbe.de
Bitte beachten Sie auch www.lesejury.de
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der
gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Inhalt
Vorwort
1. Die Nimmersatten
Wie die öffentlich-rechtliche Geldmaschinerie aus den Fugen geriet
2. Hollywood, wir kommen!
Das undurchsichtige Geschäft mit den Fernsehinhalten
3. Wer wird Millionär?
Wie Moderatoren und Medienmanager lukrative Geschäfte mit ARD und ZDF betreiben
4. Komödienstadel
Welchen Luxus sich Rundfunkanstalten gönnen
5. Lost in Translation
Die absurde Eroberung des Internets
6. Politischer Frühschoppen
Die gefährliche Symbiose des Gebührenfernsehens mit der Politik
7. Alles unter Kontrolle?
Vorschläge gegen das Verprassen von Gebühren
8. Besseres Fernsehen für weniger Geld
Dank
Anmerkungen
Literatur
Personenregister
Vorwort
»Nein, schreib das Buch nicht!«, empfahl mir ein langjähriger Kollege, als ich gerade ansetzte, die süßliche Himbeer-Tartelette im Düsseldorfer Bistro »Münstermann« zum Abschluss unseres Mittagessens zu vertilgen. Seine klare Ansage stieß mir sauer auf. Denn all jene, denen ich schon vorher von meiner Buchidee erzählt hatte, über das absurde System von ARD und ZDF schreiben zu wollen, hatten mir ebenfalls gebetsmühlenartig abgeraten. »Da machst du dir nur Feinde. Du weißt selbst, wie nachtragend die sind«, hielt er mir entgegen. »Da werden dir die Türen in Zukunft für immer verschlossen sein.« Ähnliches hatte ich bereits von langjährigen Freunden aus dem Mediengeschäft gehört. Sogar meine Mutter wollte mir das Projekt ausreden: »Muss das denn sein?«, fragte sie mich mit sorgenvoller Miene.
Schon als Student hatte ich als freier Autor für den Hörfunk des Bayerischen Rundfunks (BR) das paradiesische System der Öffentlich-Rechtlichen kennen gelernt. Damals, als die Herren Redakteure noch mit Fahrer zu den Terminen chauffiert wurden. Für die Recherchen zu einem meiner Features im Radio Bayern 2 mit dem Titel »Revue der Explosionen«war dem Sender nichts zu teuer, nichts zu aufwendig. Ich freute mich über die Großzügigkeit. Um eine Bombenexplosion von drei Sekunden aufzunehmen, tourten wir damals mit einem Übertragungswagen samt Toningenieur zum Truppenübungsplatz Manching bei Ingolstadt. Ich ließ die Mikrofone aufstellen, die Truppe trat mit ihrem Mannschaftsführer in Reih und Glied an und brachte anschließend im sandigen Boden des Bundeswehrgeländes eine Explosion zustande, die meterhoch den Sand in dem ansonsten trostlosen Gelände durch die Luft wirbelte. Ich war von den drei Sekunden, die wir aufgenommen hatten, begeistert. Nur der Toningenieur nicht. Der Knall war ihm zu dumpf.
Damals ahnte ich noch nicht, dass ich mein halbes Leben mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbringen sollte – nicht als unkündbarer Angestellter, sondern als unabhängiger Beobachter. Beim BR wollte ich schon damals nicht anheuern. Mit seinen komplizierten Intrigen, der politischen Vetternwirtschaft und der ausufernden Bürokratie – bitte mit drei Durchschlägen! – erschien mir als Student der Sender stinklangweilig. Die Böden rochen nach Linoleum, und die CSU hatte die Anstalt fest im Griff. So bin ich zu Zeiten, als die Bilder des Privatfernsehens gerade laufen lernten, zur Zeitung gegangen – unabhängig, frei und frech wollte ich berichten und kommentieren, vor allem über die damals boomende Medienbranche. Volontariat, anschließend Dissertation, dann schließlich Redakteur – den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte ich dabei immer fest im Blick. Seit über zwölf Jahren arbeite ich nun als Medienexperte des Handelsblatts in Düsseldorf. Bei meinen Reisen quer durch Deutschland habe ich mit allen ARD-Vorsitzenden und ZDF-Intendanten seit der Jahrtausendwende gesprochen und diskutiert. Manche haben sich wie Staatsmänner selbst zelebriert. Eigentlich gar nicht so absurd. Schließlich sind sie die Herrscher des größten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, das es jemals in der deutschen Geschichte gab.
Ich gehöre zu einer Generation, die nur mit ARD, ZDF und den Dritten aufgewachsen ist. Das prägt. Karl-Heinz Köpcke war als Tagesschau-Moderator noch der heimliche Regierungssprecher. Um 20 Uhr lauschte die Nation, welche Wohltaten Bonn mal wieder beschlossen hatte. Zum Abschluss des Fernsehabends wurde die Nationalhymne gespielt. Im Bayerischen Rundfunk gab es noch die Bayernhymne gratis dazu, die ich ohnehin als gebürtiger Franke nur schwer ertragen konnte. Anschließend gab es nur Rauschen.
Ich las damals lieber Bücher. Denn öffentlich-rechtliches Fernsehen – wenn auch schon in Farbe – war sterbenslangweilig. Dieter Thomas Heck sagte immer noch in Affengeschwindigkeit Schnulzensänger am frühen Samstagabend im ZDF an, Hans Rosenthal sprang bei Dalli Dalli noch einen halben Meter in die Luft, und Wim Thoelke tauschte mit den Animationsfiguren Wum & Wendelin laue Kalauer aus. Wir aber hörten Einstürzende Neubauten und sahen Apocalypse Now und fanden die Late-Night-Show von David Letterman aus den USA cool. ARD und ZDF – das war das Fernsehen der anderen.
Heute geht es jungen Menschen ähnlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk vergreist. Das Durchschnittsalter der Zuschauer von ARD und ZDF liegt jenseits der 60 Jahre, bei den Dritten sieht es noch schlimmer aus. Politiker sprechen immer von der Mitte der Gesellschaft. Wenn es die geben sollte, dann haben sich ARD und ZDF davon meilenweit entfernt. Steif, konventionell, schnulzig – das Gebührenfernsehen erreicht nur noch einen Teil der Gesellschaft. Und der Unmut darüber wächst.
Noch vor fünf Jahren gab es zu kritischen Beiträgen über das schiefe System von ARD und ZDF noch zweigeteilte Meinungen. Die eine Hälfte der Leser verstand nicht, warum die Öffentlich-Rechtlichen kritisiert wurden, denn die Privaten würden ohnehin nur Schmutz und Schund senden, der anderen Hälfte war die Kritik nicht fundamental und radikal genug. Sie hatten alle Sympathie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verloren. Heute hat sich das Blatt komplett gewendet. Die Reaktionen fallen durchwegs negativ aus. Angesichts der vielen Skandale um Bestechung, Vetternwirtschaft und Misswirtschaft haben die Nimmersatten offenbar in weiten Teilen der Gesellschaft den Rückhalt verloren. In einer Zeit, in denen Staaten wie Griechenland und Spanien in den wirtschaftlichen Abgrund blicken, wirkt der aus GEZ-Gebühren finanzierte Selbstbedienungsladen der Rundfunkanstalten wie ein Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert. Doch dieser Eindruck täuscht.
Ab 1. Januar 2013 wird durch die Einführung der Haushaltsgebühr das mediale Absurdistan bis auf den Sankt-Nimmerleins-Tag finanziert. Aus der Kirche kann jeder austreten, der den Glauben an Gott verloren hat, aus dem System von ARD und ZDF aber nicht. Vorbei die Zeit, in der Verzicht auf einen Fernseher oder Radio vor dem Bezahlen der GEZ-Gebühr geschützt hat.
Ein Grundprinzip unseres Staatswesens ist eine ständige Kosten-Nutzen-Analyse. Gerade in Zeiten des knappen Geldes müssen wir die Verwendung von Steuergeldern genau prüfen und gegebenenfalls alte Zöpfe abschneiden. Das gilt auch für ARD, ZDF und Deutschlandradio mit ihren 25 000 Angestellten und Zehntausenden an freien Mitarbeitern. Hinter der Worterfindung »Haushaltsgebühr« verbirgt sich nichts anderes als eine ARD-ZDF-Steuer. Doch eine detaillierte Rechenschaft legen die Anstalten und ihre Kontrolleure nicht ab. Ein undurchsichtiges System, das jährlich über 7,5 Milliarden Euro allein an Gebührengeldern verbrennt, ist entstanden.
Über Jahrzehnte haben sich ARD und ZDF gegen eine Ökonomie des Gebührenfernsehens erfolgreich gewehrt. Es war in den vergangenen Jahrzehnten komfortabel, darauf zu verweisen, dass man per Rundfunkstaatsvertrag den Auftrag zu Unterhaltung, Information und Bildung hat. Durch so eine bequeme Haltung kann man der zentralen Frage ausweichen, ob ARD und ZDF im Zeitalter von Apple, Google, YouTube und Facebook überhaupt noch in diesem Umfang notwendig sind. Allein schon die Frage gilt als Provokation. Darf sie überhaupt gestellt werden?
Ja, ich musste dieses Buch schreiben. Möglicherweise gibt es nun Beschwerdebriefe aus den Chefetagen? Möglicherweise wird die Wahrheitssuche über das System ARD und ZDF in Buchform von ihren Fernseh- und Radioprogrammen totgeschwiegen? Möglicherweise bleibt die eine oder andere Tür reformunwilliger Intendanten aus Ärger über die offengelegten Fakten für immer verschlossen? Doch das darf keine Rolle spielen – bei der Wahrheitssuche über das System der Nimmersatten.
Dieses Buch ist eine Reise durch den Kosmos des Gebührenfernsehens. Auf dieser Reise begegnet man korrupten Managern, die den Sinn für Recht und Gerechtigkeit verloren haben, selbstgefälligen Führungskräften, die in ihrem Expansionsdrang Millionen zum Fenster hinauswerfen, eigensüchtigen Politikern, die ARD und ZDF seit Jahren missbrauchen, aber auch vielen ganz normalen Menschen, die vor dem wuchernden System der Nimmersatten längst resigniert haben. Bei dieser Reise geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um Einblicke in eine für den Gebührenzahler fremde Welt. Die Einführung einer ARD-ZDF-Steuer im Januar 2013 ist ein Wendepunkt. Der Bürger kann dem System nicht mehr entrinnen. Doch vielleicht ist sie auch der Beginn einer gesellschaftlichen Debatte, welchen Sinn der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer digitalen Mediengesellschaft überhaupt noch macht. Dieses Buch soll ermutigen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fundamental zu überdenken und endlich zu handeln – außerhalb des politischen Mainstreams. Die radikalen Reformvorschläge am Ende sollen einen Beitrag zu einem längst überfälligen Neuanfang leisten.
1. Die Nimmersatten
Wie die öffentlich-rechtliche Geldmaschinerie aus den Fugen geriet
»Wir müssen gegebenenfalls bereit sein, das Programm auf den Kopf zu stellen, sonst sind wir allmählich das Publikum wie auch das Profil los.«
Fritz Pleitgen, Journalist und ehemaliger ARD-Vorsitzender
Zum Abschied nach zehn Jahren auf dem Chefsessel des ZDF hat es Markus Schächter noch einmal krachen lassen. Zu »Weck, Worscht un Woi« hat der ZDF-Intendant im Frühjahr 2012 alle seine 3600 Mitarbeiter in die Mainzer Phönix-Halle eingeladen.1 Der damals 62-Jährige hat nahezu sein ganzes Berufsleben bei der öffentlich-rechtlichen Anstalt verbracht. Rund ein Jahrzehnt stand er an der Spitze eines der größten Sender Europas. Da war eine Abschiedsparty für ihn eine Frage der Ehre – ein teures Vergnügen. Angeblich soll die Feier nach Schätzungen rund 28000 Euro ohne die Miete der 5000 Quadratmeter großen Halle gekostet haben.2 Der leutselige Manager, der sich nach außen gerne bescheiden und volksnah gibt, hat seine Feier aber keineswegs aus eigener Tasche gezahlt. Die Rechnung wurde unfreiwillig vom unwissenden Gebührenzahler übernommen. Der Verwaltungsetat des ZDF musste zur Begleichung der Bewirtungskosten herhalten.
Diese Episode aus der Chefetage eines Senders zeigt mustergültig das Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Bei ARD und ZDF fließen noch immer Milch und Honig. Willkommen im Fernsehparadies Deutschland.
Eisernes Sparen und die Wirklichkeit
Offiziell haben sich die Anstalten auf Drängen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) auf einen eisernen Sparkurs eingeschworen. Das ZDF soll im Personaletat pro Jahr 75 Millionen Euro einsparen. Die Mainzer verhängten einen Einstellungsstopp. 300 Stellen sollen bis 2016 gestrichen werden.3 Doch wer das Privileg genießt, der Körperschaft des öffentlich-rechtlichen Rechts anzugehören, hat es geschafft. Oben im 14. Stock auf dem Mainzer Lerchenberg ist von Sparsamkeit wenig zu spüren. Die Lobby zum Intendantenzimmer schmücken neben einer Skulptur von Henry Moore auch ein Bild von Pablo Picasso und sogar ein echter Joseph Beuys. Das Kunstwerk wurde durch Zufall von einem Hausangestellten im Keller entdeckt. Das wertvolle Bild war über Jahre in Vergessenheit geraten. Schatztruhe ZDF.
Solche absurden Geschichten aus den Funkhäusern sind keine Seltenheit. Denn die Sender können sich Schludrigkeiten, Misswirtschaft und Bürokratie leisten. Deutschland gönnt sich das teuerste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Welt. Allein in den Jahren 2013 bis 2016 dürfen ARD, ZDF und Deutschlandradio die sagenhafte Summe von 35 Milliarden Euro ausgeben.4 Vom Gebührenzahler kommen davon knapp 30 Milliarden Euro.5
Die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Unternehmen und Bürger seit ein paar Jahren beutelt, ging an ARD, ZDF und Deutschlandradio nahezu spurlos vorüber. Die Öffentlich-Rechtlichen sind heute bei den Erlösen nach dem französischen Konzern Vivendi Universal und Bertelsmann der drittgrößte Medienkonzern Europas. Sie betreiben 22 Fernsehkanäle6 und 67 Radioprogramme.7 Allein aus den Rundfunkgebühren kamen 2011 Einnahmen von 7533523690 Euro, um die weltweit einmalige Überversorgung zu finanzieren. Davon entfallen auf die ARD der Löwenanteil von 5,5 Milliarden Euro, auf das ZDF1,8 Milliarden und auf das Deutschlandradio 193 Millionen Euro. Aus der Rundfunkgebühr werden indirekt auch die insgesamt 14 Landesmedienanstalten, die ausschließlich den privaten Rundfunk kontrollieren, mit knapp 143 Millionen Euro finanziert.8
Insgesamt kam die ARD mit Werbung und ihren sonstigen Einnahmen auf Erträge von 6,3 Milliarden Euro.9 Wie eine Monstranz bei der Fronleichnamsprozession tragen die ARD-Oberen ihre angeblich eisernen Sparbemühungen vor sich her. Die neun -Anstalten wollen zwischen und rund Stellen pro Jahr einsparen. Das sind gerade , Prozent. Ein harter Sparkurs, um die Kosten zu senken, sieht anders aus.
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