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Der Kupferstich der Stadt Hameln an der Weser in der Topographia Braunschweig-Lüneburg (1654) von Matthäus Merian und der von seinem Autor Martin Zeiller verfasste Text bilden die Grundlage für dieses Buch. Anhand von Ausschnitten aus dem Merian-Stich wird der Leser in die Geschichte der Stadt geführt – und an Orte, die heute noch ein Bild der Stadt aus der Zeit des 17. Jahrhunderts vermitteln. Von den Bergen um Hameln, über die Weserschifffahrt, die Weserbrücke und die Mühlen der Stadt führt die Geschichte zur Münsterkirche, Marktkirche, zum Hochzeitshaus und alten Rathaus, den Befestigungsanlagen und Toren bis zu den Bürgerhäusern aus der Zeit des Merian-Stiches heute.
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Seitenzahl: 74
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Vorwort
Einleitung – zu Heinrich SPANUTH
Hameln in der
Topographi
a Braunschweig-Lüneburg (1654)
Der Rattenfänger von Hameln – Sagen und historischer Hintergrund
Aus der Entstehungsgeschichte der Stadt Hameln bis zum Dreißigjährigen Krieg
Chronologie im Überblick
Die Berge um Hameln – vom Süntel bis zum Galgenberg
Zur Weserschifffahrt
Die Weserbrücke
Die Mühlen der Stadt
Der Plan der Stadt
Die Münsterkirche
Marktkirche, Hochzeitshaus und altes Rathaus
Die Befestigungsanlagen und Tore
Schützenhaus und Heilig-Geist-Kapelle
Bürgerhäuser aus der Zeit des
Merianstiches
– heute
Literatur
Bereits als Schüler des Gymnasiums Ernestinum in Rinteln habe ich mich für die MERIAN-Stiche der Städte um meinen Geburtsort Hessisch Oldendorf interessiert. Vom Wohn- und Schulort, den Städten, wo ich studiert habe und allen späteren Städten meiner beruflichen Tätigkeiten als Chemiker und Hochschullehrer habe ich Reproduktionen der MERIAN-Stiche besessen. Stets konnte ich einige der dort dargestellten Gebäude oder Örtlichkeiten auch nach über drei Jahrhunderten noch identifizieren, aufsuchen und mich mit deren Geschichte beschäftigen.
So entstanden auch meine ersten Schriften mit dem Titel „Reisen in die Vergangenheit“ der Städte Hessisch Oldendorf, Seesen, des Harzes, von Rinteln und nun auch von Hameln, das ich als Schüler viele Jahre lange regelmäßig besucht habe, weil mich damals besonders die Gebäude der Weserrenaissance interessierten.
Zum 50. Jubiläum meines Abiturs gab ich die Schrift „RINTELN an der Weser im Spiegel des Kupferstechers Merian. Reisen in die Geschichte der Stadt“ heraus und entschloss mich, anhand meiner Materialien über Hameln mich auch noch einmal mit dem MERIAN-Stich von HAMELN ausführlich zu beschäftigten.
Die Ergebnisse sind, nachdem ich bereits über „Berühmte Raths-Apotheker in Hameln. WESTRUMB und SERTÜRNER“ 2001 publiziert hatte, in diesem Büchlein niedergeschrieben.
Wesentliche Beiträge zur Geschichte der Stadt Hameln stammen von Heinrich Spanuth, aus dessen Werken auch häufiger im Folgenden zitiert wird. Daher soll er hier näher vorgestellt werden:
Heinrich SPANUTH wurde am 16. Juni 1873 in Hannover geboren. Er besuchte das Gymnasium Andreanum in Hildesheim und studierte nach dem Abitur Theologie und Philosophie an den Universitäten Göttingen und Marburg. 1900 legte er die theologische und Rektorprüfung ab und bekam die Ämter des Rektors in Dorum und Eldagsen bei Springe. Ab 1906 wirkte er als Oberlehrer am Lehrerinnenseminar der Viktoria-Luise-Schule in Hameln. Spanuth studierte dann noch Geschichte und Deutsch, legte die Lehramtsprüfung in Religion, Hebräisch und Geschichte ab und wurde 1912 als Oberlyzealdirektor Leiter der Viktoria-Luise-Schule. 1933 wurde er aus politischen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Ab dieser Zeit widmete er sich der Erforschung der Stadt- und Heimatgeschichte, vor allem auch der Rattenfängersage. Er verwaltete das Stadtarchiv Hameln und leitete auch Abteilungen des Heimatmuseums. Mit seiner Schrift Der Rattenfänger von Hameln. Vom Werden und Sinn einer alten Sage promovierte er im Alter von 78 Jahren 1951 zum Dr. phil. – Spanuth starb am 25. Oktober 1958 in Hameln als anerkannter Religionspädagoge und Historiker.
Frontispiz der Topographia Braunschweig-Lüneburg von Matthäus MERIAN 1654
(Der Originaltext wurde der Sprache und Schreibweise unserer Zeit behutsam, unter weitgehender Beibehaltung der Satzkonstruktionen und auch veralteter Wörter, soweit noch verständlich, angepasst. – An den Text anschließend werden die historischen Details ausführlich erläutert.)
Hameln.
Die Stadt Hameln, zum Fürstentum Calenberg gehörig, hat vor vielen und langen Jahren ihren Ursprung genommen, denn als Widukind des Königs der Sachsen naher Blutsverwandter Bernhard, Graf zu Angarien mit seiner Gemahlin Gräfin Christina, die durch S. Bonifacium zum christlichen Glauben bekehrt sein sollen. das bei der Hamel gestandene Götzenhaus Jovis zerstört und an dessen Stelle die Münster oder Stifts S. Bonifacii Kirche, worin noch jetzt unter einem Probst und Dekan, ein Collegium Canicorum, Augsburgischer Konfession zugetan sich befindet, im Jahr Christi 712 erbaut und dieselbe auch mit dem damals dabei liegenden Meierhof dem Stift Fulda verehrt hat, ist solche Donation von dem Kaiser Carolo Magno später bestätigt und der Meierhof bei der Hamel wegen der erbauten Collegiat-Kirche mit der Zeit volkreich worden, so dass aus den da herum liegenden zehn Dörfern die Stadt Hameln erbaut und von ihren damaligen Herrn mit Freiheiten begnadet worden ist. In selbiger Kirche hinter dem Altar findet man in einen Stein gehauen diese Worte:
Bernhardus Comes, Christina Comitissa Regbi Angariae de Osten
fundarunt hanc Ecclesiam:
womit auch diese zwei alten Verse überein stimmen:
Septingentenis annis Domini duodenis
Conditur in densis Ecclesia tunc Hamelensis.
Als nun die Stadt Hameln von Jahr zu Jahr zugenommen hatte, verkaufte der damalige Abt von Fulda Anno 1259 dieselbe wider den Willen der Bewohner an Bischof Wedekindo zu Minden. Als aber der Bischof die Stadt mit Gewalt sich unterwürfig machen wollte, hat dieselbe sich unter Herzog Albert M. zu Braunschweig und Lüneburg als ihren Landesfürsten und Erbherrn begeben, welcher sich deren fürstlich angenommen und alle derselbigen Jura confirmiret (d.h. die Rechtslage dergestalt änderte), dass dann die in der Regierung folgenden Herzöge dieser ihrer Erbstatt ihre Jura und Privilegia (ad tenorem confirmationis Ducis Alberti) bestätigten.
Es liegt diese Stadt beinahe am Ende des Fürstentums Braunschweigs und ist gleichsam ein Schlüssel zu selbigem Fürstentum. Die Weser fließt nahe an der einen Seite westlich. Über der Weser gibt es viele wohlgelegene Gärten, Weiden, Äcker und Holzungen.
Der Fluss die Hamel (davon die Stadt den Namen hat) fließt auf der anderen Seite, südlich vorm Mühlentor vorbei in den Weserstrom, teilt sich aber bei dem genannten Stadttor und der eine Arm fließt zwischen dem Wall und Mauern hindurch und treibt dort eine schöne Mühle. Auf dieser Seite nach Osten ist die Stadt ebenfalls von vielen Gärten, Auen, sandigen Äckern, Hügeln und Bergen umgeben, wo die Einwohner dem Garten- und Feldbau fleissig obliegen und davon zu einem guten Teil ihre Nahrung (gemeint ist: Auskommen) suchen.
Es sind auch in der Stadt allerhand Handwerker, Ämter und Innungen und es werden hier auf der Weser der Korn- (Getreide-) und anderer nützlicher Handel vermittelst der Schifffahrt betrieben.
Die Festung dieser Stadt wird unter die vornehmsten des Fürstentums gezählt, dergestalt sie mit breiten tiefen Wassergräben, guten Wällen, Bollwerken, starken mit vielen Türmen wohlerbauten Mauern und herrlichen Außenwerken versehen und verziert ist. Die Stadt(anlage) ist fast rund und erfordert im Umkreis beinahe dreiviertel Stunde des Gehens, hat vier Stadttore, als da sind das Brücken- oder Wesertor, das Oster- und das Neutor.
Im vorhergehenden Jahrhundert, im Jahre 1542, hat sie sich zur seit 1530 unveränderten Kaiser Karl V. übergebenen Augsburgischen Konfession bekannt. Es sind darin zwei Hauptkirchen, S. Bonifacius, von den Gründung oben berichtet wurde, und S. Nicolai wie auch noch eine Kirche zum Heiligen Geist genannt – dort auch ein Armenhaus. Die Schule wird von nicht weniger als vier tüchtigen Präzeptoren (Lehrern) besetzt, welche die heranwachsende Jugend in fundamentis pietatis linguarum et artium so weit führen, dass sie mit Nutzen auf Universitäten geschickt werden können. Der berühmte und wohl verdiente Informator juventutis Glandorpius ist vor Jahren als ein besonderes ornamentum an derselben mit großem Nutzen tätig gewesen.
Das Stadt-Regiment ist ebenfalls qualifizierten Personen (subjectis) anvertraut. Deren Haupt ist der wortführende oder regierende Bürgermeister, welcher jährlich kurz nach Neujahr gewählt wird, welchem der sitzende (d.h. engere) Rat in 11 und der umstehende (d.h. erweiterte) in 28 Personen zugeordnet ist. Eine ehrsame Bürgerschaft zeigt sich an Ehrerbierung, Einigkeit und Gehorsam gegen ihre Obern rühmlich, besteht aus verschiedenen alten Geschlechtern und Patrizier und unterteilt sich in Bauern und Büdner, jene brauen nach ihrer Ordnung Broihan (s. u. unter „Erläuterungen“) und Bier und weil beides gute Getränke sind, wird kein fremdes Bier dort ausgeschenkt, dagegen das Bier in ferne und nahe Orte ausgeführt und besonders der Gesundheit dienlich gehalten.
Gleich wie sie nun daran Gottes besondere Güte gespürt haben, so haben sie auch des HERRN väterliche Züchtigung zum Öfteren empfunden, als Teuerung, Pest(epdidemie), Feuer- und Wassersnot, Krieg und Blutvergießen, als sie bei dem langwierigen Teutschen Kriege (d.h. Dreißigjährigem Krieg) in verschiedene der sich bekämpfenden Parteien Gewalt geraten sind, bis sie von Herzog Georg zu Braunschweig und Lüneburg nach der glücklich und siegreich verlaufenden großen Feldschlacht bei Oldendorf unter der Schaumburg – eine Meile davon, als auch die Stadt vorher einige Monate lange belagert gewesen war, 1633 erobert und wieder an das Fürstentum und die Erblande gebracht worden ist.