Die Versuchung des Goldfuchs - Jürgen Hogeforster - E-Book

Die Versuchung des Goldfuchs E-Book

Jürgen Hogeforster

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Beschreibung

Für Bankdirektor Rudolf Goldfuchs zählen nur die Margen zwischen Soll- und Habenzinsen und die Sicherheiten der Kreditnehmer. Sein streng rationales Denken gerät ins Wanken, nachdem eine Mitarbeiterin ihn mit Phänomen konfrontiert, die sich jeglicher Rationalität entziehen, gleichwohl Realität sind. Bereits kurze Zeit darauf beteiligt sich Goldfuchs an einem Hubschrauberflug, um mit einem homöopathischen Mittel die Algenpest in der Nordsee zu bekämpfen. Er wird mit weiteren unerklärlichen Ereignissen konfrontiert, beispielsweise mit der erfolgreichen Bekämpfung des Baumsterbens mit Hilfe von Biomagneten. Diese und die weiteren Erzählungen berichten von unerklärlichen Vorkommnissen, die rational zwar nicht zu erklären sind, von Wissenschaftlern als Unsinn oder Spinnerei verschrobener Mensch bezeichnet werden, jedoch unumstößliche Tatsachen darstellen. Was dem Leser als überschäumende Phantasie des Autors erscheint, kommt der Wirklichkeit am Nächsten. Was dagegen als realistisch einzustufen ist, hat es tatsächlich nie gegeben. Die Erzählungen in diesem Sammelband entführen den Leser in eine andere Welt und zeigen auf, dass unsere Welt viel mehr ist, als das, was wir mit dem Verstand erfassen können und was rationale Wissenschaft erklären kann. Zugleich wird deutlich, dass die Zukunft ungeahnte Möglichkeiten zur Überwindung aktueller Probleme bietet, an die heute Entscheider in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt nicht zu denken wagen. Zehn spannende Erzählungen, die belegen: Wir können heute gar nicht unorthodox und phantasiereich genug denken, um der Wirklichkeit von morgen am Nächsten zu kommen. Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom. (Albert Einstein)

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Das Buch

Für Bankdirektor Rudolf Goldfuchs zählen nur die Margen zwischen Soll- und Habenzinsen und die Sicherheiten der Kreditnehmer. Sein streng rationales Denken gerät ins Wanken, nachdem eine Mitarbeiterin ihn mit Phänomen konfrontiert, die sich jeglicher Rationalität entziehen, gleichwohl Realität sind. Bereits kurze Zeit darauf beteiligt sich Goldfuchs an einem Hubschrauberflug, um mit einem homöopathischen Mittel die Algenpest in der Nordsee zu bekämpfen. Er wird mit weiteren unerklärlichen Ereignissen konfrontiert, beispielsweise mit der erfolgreichen Bekämpfung des Baumsterbens mit Hilfe von Biomagneten.

Diese und die weiteren Erzählungen berichten von unerklärlichen Vorkommnissen, die rational zwar nicht zu erklären sind, von Wissenschaftlern als Unsinn oder Spinnerei verschrobener Mensch bezeichnet werden, jedoch unumstößliche Tatsachen darstellen. Was dem Leser als überschäumende Phantasie des Autors erscheint, kommt der Wirklichkeit am Nächsten. Was dagegen als realistisch einzustufen ist, hat es tatsächlich nie gegeben.

Die Erzählungen entführen den Leser in eine andere Welt und zeigen auf, dass unsere Welt viel mehr ist, als das, was wir mit dem Verstand erfassen können und was rationale Wissenschaft erklären kann. Zugleich wird deutlich, dass die Zukunft ungeahnte Möglichkeiten zur Überwindung aktueller Probleme bietet, an die heute Entscheider in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt nicht zu denken wagen.

Zehn spannende Erzählungen, die belegen: Wir können heute gar nicht unorthodox und phantasiereich genug denken, um der Wirklichkeit von morgen am Nächsten zu kommen.

Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom. (Albert Einstein)

Der Autor

wurde 1943 am linken Niederrhein geboren, ist gelernter Landwirt und bewirtschaftete einige Jahre ein Gut. Nach Wanderjahren in England, Schweden und Russland folgte ein Ingenieurstudium, anschließend studierte er Agrarwissenschaften und promovierte mit einem regionalpolitischen Thema. Langjährig war er als Politikberater in Deutschland und in der Schweiz tätig und widmete sich viele Jahre in Führungsfunktionen der Entwicklung des Handwerks und der mittelständischen Wirtschaft. Hogeforster baute die Zukunftswerkstatt auf, die er bis heute betreibt, und gründete das Hanse-Parlament, in dem er sich aktuell engagiert.

Der Autor hat zahlreiche Fachpublikationen veröffentlicht, verschiedene Erzählungen, die er als „Märchenbücher für Erwachsene“ bezeichnet, verfasst und moderiert eine monatliche Fernsehsendung.

Inhaltsverzeichnis

Die Gesellschaft der Schafe

Des Menschen Engel ist die Zeit

Höre, was ich nicht sage

Sozialer Kältetod

Karl Funktionär

Herrn Ers Kulturkampf

Die Profis

Die Welt ist ein Spiegel

Management by OAS

Die Erzählungen handeln von Menschen, die nach dem Medizinrad der Indianer als Krafttier den Adler haben könnten. Sie sind frei im Denken und Handeln, betrachten von anderer Warte aus die Welt und erkennen so die Wirklichkeit.

lch bin frei geboren. Frei wie der Adler.

Der über den großen blauen Himmel schwebt.

Ein leichter Wind streift sein Gesicht.

Ich werde frei sein.

Dion Panteah (15 Jahre)

Vorwort

Wer vor einigen Jahren gesagt hätte, dass in der DDR die Mauer fallen und ein Weg der freiheitlichen Demokratie beginnen würde, der wäre sofort als Spinner, Fantast oder bestenfalls als tollkühner Visionär abgetan worden. Heute ist eine solche unglaubliche Utopie bereits wunderbare Realität.

Unsere Geschichte hat nichts mit der erfreulichen Entwicklung in der ehemaligen DDR zu tun. Oder etwa doch? Vielleicht hat der Fall der Mauer in einigen eine Art Goldgräber–Mentalität geweckt: Im Osten nach Gold zu suchen – das ist schon eine Versuchung für den westlichen Goldfuchs.

Unsere Geschichte handelt von kaum glaublichen Geschehen. Was ist davon Wirklichkeit, was pure Fantasie? Diese Fragen müssen die Leser sich selbst beantworten. Nur so viel sei verraten: was sich vielleicht als unglaubliche Utopie anhört, kommt der Realität am nächsten. Was dagegen dem Leser vielleicht glaubhaft erscheint, entspringt eher der Fantasie des Autors.

Die Versuchung

Langsam verliertr Direktor Rudolf Goldfuchs die Geduld. Die Finger seiner linken Hand beginnen auf der Schreibtischplatte zu trommeln. Mit der rechten Hand zerrt er an seiner penibel gebundenen Krawatte, so als wolle er sich Luft verschaffen. Seit 15 Jahren leitet er diese angesehene Bank. Aber so etwas wie in der letzten halben Stunde ist noch nie passiert. Seit genau 30 Minuten quält ihn seine junge Angestellte Renate Klar mit penetranten Fragen, warum er denn nicht Geld in Umweltschutzprojekte investieren wolle.

Dieses freche Fräulein Klara war doch einfach in sein geheiligtes Direktionszimmer hineinspaziert und hatte ihm, dem seriösen Bankdirektor, einen naiven und völlig unrealistisch Vorschlag präsentiert: "Herr Direktor, ich schlage Ihnen vor, dass wir sehr eng mit Personen und Gruppen zusammenarbeiten, die sich mit Umweltschutz befassen. Und deren einzelne Projekte sollten wir, selbstverständlich nach einer sorgfältigen Überprüfung, unterstützen. "

Schon bei diesem ersten Worten hatte Direktor Goldfuchs verächtlich geschraubt. Ausgerechnet mit diesen grünen Spinnern, die von Ökonomie und Geldgeschäften keinen blassen Schimmer haben, sollte er zusammenarbeiten.

Aber Fräulein Klar hatte sich von seinen ablehnenden Zwischentönen nicht aus dem Konzept bringen lassen. Unbeirrt hatte sie weiter ihre Idee vorgetragen: „Bei unseren sämtlichen Filialen in der Stadt legen wir dann Listen mit förderungsfähigen Umweltschutzprojekten aus. Bei einer intensiven Beratung durch unsere Angestellten können unsere Kunden entscheiden, welches Projekt sie unterstützen wollen, und darin ihr Sparkapital anlegen. Je nach dem Schwierigkeitsgrad und den Erfolgsaussichten können unsere Kunden sich dabei für unterschiedliche Zinssätze für ihr Sparkapital entscheiden. Wer es sich leisten kann und ein ganz besonderes Anliegen hat, verzichtet vielleicht ganz auf Sparzinsen. Jemand anderes wird vielleicht ein Vorhaben auswählen, das ihm noch den normalen Zinssatz bringt, zugleich aber erlaubt, mit seinem eigenen Geld zum Umweltschutz beizutragen.“

„Ausgemachter Blödsinn!“, hatte Direktor Goldfuchs nur protestiert und begonnen, Füllfederhalter, Bleistifte und Notizzettel auf seinem Schreibtisch neu zu ordnen. Aber auch von dieser deutlchen Ablehnung ließ sie Fräulein Klara nicht bremsen. Sie hatte ganz einfach sein Zwischenruf nicht zur Kenntnis genommen und weiter ihr Vorhaben beschrieben: „Unsere Kunden erhalten dann regelmäßig Informationen über den Fortgang ihrer Umweltprojekte, in denen sie ihr Geld investiert haben. Wir geben Adressen weiter und stellen Kontakte zu den Projektträgern her, so dass sich die privaten Investoren selbst vor Ort überzeugen können, was mit ihrem Kapital geschieht. Auf diese Weise stellen wir direkte Beziehungen und eine Fühlbarkeit her, die ganz bestimmt unserem gesamten Bankgeschäft zugutekommen.“

An dieser Stelle hatten Herrn Direktor Goldfuchs erste nervöse Zuckungen begonnen. Er hatte ausführlich dargelegt, warum dies alles nicht, aber auch gar nicht mit den Geschäften einer seriösen Bank zu vereinbaren sei. Als Fräulein Klar seinen doch so fundierten in langjährige Berufspraxis erfahrenen Argumenten nicht folgen wollte, hatte er schließlich ins Feld geführt, dass Fräulein Klar nichts von Bankgeschäft verstünde und hier bei ihm in dieser angesehenen Bank auch nur eine Anstellung bekommen hatte, weil er sich ihrem Vater sehr verpflichtet fühlte. Eine solch hübsche junge Frau sollte seines Erachtens gar nicht im Kreditgeschäft tätig sein, lieber heiraten und zuhause für die Familie sorgen. Aber wenn sie nun schon einmal unbedingt berufstätig sein wollte, so solle sie doch ein wenig dankbar sein und ihn, den guten Direktor Goldfuchs, mit ihrem abenteuerlichen Ideen in Frieden lassen.

"Sehen Sie, Fräulein Klar, Sie sind doch eine gescheite Diplomkauffrau.“ Und bei diesen Worten sieht er sie Beifall heischend an, weil er doch so gescheit auf die Emanzipation anspielt. Aber leider reagierte auch darauf Fräulein Klar überhaupt nicht. Sichtlich irritiert setzt Rudolf Goldfuchs erneut an: „Also, Sie haben doch studiert, sich mit Ökonomie befasst. Ich habe den Eindruck, man hat sie dort mit Theorien vollgestopft, und all die linken und grünen Spinner an der Universität haben sie völlig durcheinandergebracht. Sie sehen das alles viel zu kompliziert. Das Bankgeschäft ist nämlich letztlich ganz einfach, das ist eben das Geniale. Es kommt auf zweierlei an: erstens auf unsere Marge zwischen den Haben– und den Soll–Zinsen. Denn das ist unser Geschäft. Und zweitens auf die Sicherheit, die derjenige hat, dem wir das Geld unserer Sparer anvertrauen. Zinsmarge und Sicherheit, das ist das ganze Geheimnis des Geschäftes. In dieses Geschäft passen einfach ihre unsicheren und höchst fragwürdigen Umweltschutzmaßnahmen mit projektspezifischen Zinssätzen überhaupt nicht hinein.“

Erschöpft lässt Direktor Goldfuchs sich in seinen Sessel zurückfallen. Er ist sicher, nun hat er diese rebellische Frau endlich überzeugt. Aber hier irrt sich der geschäftstüchtige Bankdirektor. Mit leiser aber sicherer Stimme erwidert Fräulein Klar: „Herr Direktor Goldfuchs, ich kenne ein anderes Erfolgsgeheimnis, das Saint-Exupéry in „Der kleine Prinz“ dem Fuchs sagen lässt: `Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach. Der Mensch sieht mit dem Herzen gut. Das Wesentliche bleibt den Augen verborgen.“ Und nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: „Ich habe den Eindruck, Sie schauen allzu sehr nur mit den Augen und vergessen das Herz.“

Mit einer Geschwindigkeit, die man dem völligen Körper gar nicht zugetraut hätte, schnellt Rudolf Goldfuchs aus seinem tiefen Sesseln nach vorn. Soeben zerrte seine Hand noch an der Krawatte. Nun fliegt sie donnernd auf die Schreibtischplatte und wie bei einem Vulkan bricht es brodelt aus Goldfuchs` Mund hervor: "Das geht zu weit. Mein Herz geht Sie überhaupt nichts an. Mein Herz hat doch wirklich nichts mit dem Geschäft und erst recht nichts mit ihrem absurden Umweltideen zu tun. Nicht Herz ist in unserem Geschäft, sondern Zinsmargen und Sicherheiten. Prägen Sie es sich jetzt endlich ein, damit Sie es nie vergessen: Zinsmarge und Sicherheit."

Dieser eruptive Ausbruch hat anscheinend keine Wirkung, denn völlig unbeeindruckt fährt Fräulein Klar vor: „Herr Direktor, Sie können die Welt nicht auf Zinsmargen und Sicherheiten reduzieren. Schauen Sie, auch bei meinem Umweltprojekten fragen Sie nur nach eindimensionalen kausalen Beziehungen: Welche Zinsmarge habe ich? Welche Sicherheiten werden gegeben? Unsere Welt lässt sich aber nicht in formelhafte Rechengleichungen hineinpressen. Sehen Sie doch bitte meinen Vorschlag einmal etwas ganzheitlicher und vernetzt. Vielleicht bringen meine Projekte nicht die höchste Zinsmarge. Aber wenn wir uns aktiv dem Umweltschutz widmen, dann wird das Ganze erheblich unser Image verbessern."

"Wir haben doch gerade einen Schülerwettbewerb zum Umweltschutz gesponsert“, unterbricht sie Direktor Goldfuchs erregt. "Soll ich denn noch mehr gutes Geld für Werbung ausgeben, nur um ein grünes Images zu schaffen?"

"Was hilft dieses Geld für Werbungszwecke", fährt Renate Klar fort, "wenn wir uns selbst nicht dem Umweltschutz verpflichtet fühlen, selbst nichts dafür tun? Dann ist unsere Werbung unglaubwürdig. Den Betrug spürt doch jeder mit seinem Herzen."

„Immer ihr blödes Herz und all diese Gefühlsduselei", wirft Goldfuchs verächtlich dazwischen.

"Ja, das Herz. Wir sollten es auch bei unserer Werbung beachten", entgegnet Fräulein Klar schlicht. "Aber es ist nicht nur die Werbung. Schauen Sie, uns fällt es immer schwer, geeignete Nachwuchskräfte zu gewinnen. Junge Leute sind besonders sensibel in allen Umweltfragen. Und wenn wir uns einem aktiven Umweltschutz widmen, wird es uns viel leichter fallen, engagierte junge Leute für uns zu gewinnen. Oder denken Sie an mögliche Folgeinvestitionen. Der Umweltmarkt ist das größte Wachstumsfeld. Wenn wir uns mit meinem Vorhaben einen Namen als ideenreiches, engagiertes und glaubwürdiges Finanzierungsinstitut für Umweltfragen machen, werden auch Unternehmen, Forschungsinstitute und ebenso der Staat die Finanzierung ihrer Umweltschutzprojekte uns anvertrauen."

„Fantasien, nebulöse Visionen und nichts als Wunschdenken", platzt Direktor Goldfuchs dazwischen. Und endlich hat er sein Argument zur Beendigung der Debatte gefunden. "Bringen Sie mir Beweise. Ich brauche klare berechenbare Beweisführung. Dann können wir weiter reden. Über Gefühle kann ich nicht entscheiden."

"Beweise?", fragt Fräulein klar zweifelnd und auch ein wenig verzweifelt. "Ich kann es nicht beweisen, nicht berechenbar machen."

Zufrieden lehnt sich Direktor Goldfuchs zurück, zieht die Krawatte zu recht und faltet die Hände ein wenig selbstgefällig vor seinem deutlich hervortretenden Bauch. Er hat es wieder einmal geschafft. Oder doch nicht? Denn mit neuem Entsetzen sieht er ein Strahlen in Renate Klars Augen aufsteigen. Und mit einem spitzbübischen Lächeln erwidert sie: „Gut, sie sollen ihre Beweise haben.“

So kurz davor war Direktor Goldfuchs, sich einen guten Abgang zu verschaffen und das unerfreuliche Gespräch mit einem unschlagbaren Argument zu beenden. Nein, diese Chance lässt er sich nicht entgehen. Auf keinen Fall eine neue Diskussion. „Also gut, Fräulein Klar, legen sie mir ihre Beweise vor. Wie lange brauchen Sie dafür?"

"Eine halbe Stunde, “ kommt es wie aus der Pistole geschossen, begleitet von einem alles überstrahlenden herzerfrischenden Lächelns.

"Ich bin kein Unmensch. Sie sollen sehen, dass auch ich Herz habe“, antwortet Goldfuchs spröde. "Sie dürfen jetzt Mittagspause machen. In meiner Position kann ich mir das nicht mehr leisten. Ich muss jetzt ins Rathaus zu einem Arbeitsessen. In zwei Stunden bin ich wieder da. Und dann will ich ihre Beweise auf den Tisch liegen haben."

So eilt Direktor Goldfuchs flugs davon, bestärkt in dem Wissen, dass nur die wichtigsten Leute der Stadt zu einem Essen ins Rathaus geladen werden. Und wenn schon der Erste Bürgermeister endlich nach fünfzehn Jahren Goldfuchs` Wichtigkeit für Geschäft und Wirtschaft in der Stadt erkannt hat, dann soll es ihm später nicht schwer fallen, die Beweise von Fräulein Klar zu zerpflücken und wie eine Seifenblase in der Luft zerplatzen zu lassen.

Doch hier irrt dieser wichtige Mann erneut. Zunächst begibt sich jedoch Direktor Goldfuchs angefüllt mit dem sicheren Wissen um die Bedeutung der eigenen Person, in das Rathaus. Ausgerechnet bei diesem würdevollen Anlass, um den ihn seine Ehefrau Gerdi schon seit Wochen beneidet und die all` ihren Freundinnen beim Kaffeeklatsch davon berichtet und ein wenig von Glanz und Gloria ihres Ehegatten auf die eigene Person umgelenkt hatte, ja ausgerechnet in dieser denkwürdigen Stunde erlebt er seine nächste herbe Enttäuschung. Hat doch dieser Protokollchef ihn über drei Tische hinweg, aber immerhin in direktem Sichtkontakt zum Ersten Bürgermeister und dem hochverehrten Staatsgast platziert, allerdings diesen Ausländer zu seinem Tischnachbarn ausgewählt. Als dieser redselige Grieche erfährt, dass Goldfuchs – pardon, Herr Direkter Goldfuchs, bitteschön – das erste Bankhaus am Platz leitet, unterbreitet er direkt seine Theorien zum deutschen Kapitalmarkt.

Anscheinend ist der Grieche in allen Geldangelegenheiten zuhause. Jedenfalls stellt er an Goldfuchs gewandt fest: "Ich habe den Eindruck, in Deutschland zählen nur Großunternehmen und das sichere Kapitalgeschäft. In den USA hat der Mittelstand eine größere Bedeutung. Dort wird Kapital vielmehr in Zukunftschancen investiert. In Deutschland schaut man nur auf die Rente."

"Auf die Rendite", wirft Rudolf Goldfuchs, sich mühsam beherrschend, ein, "Sie meinen doch wohl die Rendite?"

"Nein, auf die Rente", meinte der Grieche im holprigen Deutsch. „Ich meine die deutschen Kapitalanleger achten nur auf die zu erwartende sichere Rente."

„Und das ist die Rendite“, doziert Goldfuchs besserwisserisch. "Rente, das ist was für die alten Leute, die keine Geschäfte mehr machen wollen, nur an ihren sicheren ruhigen Lebensabend denken."

"Also doch Rente", antwortet der Grieche vergnügt. "Die Deutschen denken nur an das ruhige, sichere Geschäft. Genauso wie jemand, der sich schon zur Ruhe gesetzt hat, nichts Neues mehr beginnt und keinerlei Risiko mehr eingehen will.“

So ernüchtert ob der Einschätzung des Griechen – die Goldfuchs zunächst recht kalt lässt, dann aber eine besondere Gewichtung erhält, nachdem der geschäftstüchtige Bankdirektor vom Protokollchef erfährt, dass sein ausländischer Tischnachbar mindestens in dreistelliger Millionenhöhe schwer ist – so ernüchtert und in Gedanken, mit mehrstelligen Millionenbeträgen gewichtet, versunkenen, kehrt Goldfuchs an seinen Schreibtisch zurück und findet hier die nächste Überraschung vor: Die Beweisführung von Fräulein Klar.

Rudolf Goldfuchs zweifelt an seinem eigenen Verstand, als er diese höchst seltsame Beweisführung überfliegt. Sein Blutdruck erreicht einen neuen Höchstrekord, sein an sich schon rundlicher Kopf schwillt zu einem prallrunden, dunkelroten Luftballon an. Seine Kehle wird ihm zu eng. Nervöse Finger reißen die sorgfältig gebundene Krawatte ganz herunter. Und ungläubige Augen lesen Beweise und Sicherheiten, die in ein Bankgeschäft nie und nimmer hinein passen.

Rudolf Goldfuchs liest mit schierem Entsetzen den folgenden Vermerk einer Beweisführung für die abenteuerlichen Projekte von Renate Klar.

Die Beweise

Sehr geehrter Herr Direktor Goldfuchs,

Sie verlangen Beweise von mir. Gut, Sie sollen Sie haben.

Bei unserem Gespräch fielen mir die Worte von Karl August Musäus aus dem Jahre 1782 ein. Ich stelle sie meiner Beweisführung voran:

"Der Hang zum Wunderbaren und Außerordentlichen liegt so tief in unsere Seele, dass er sich niemals ausmerzen lässt. Die Fantasie, ob sie gleich nur zu den unteren Seelenfähigkeiten gehöret, herrscht, wie eine hübsche Magd gar oft über den Herren im Hause, über den Verstand. Der menschliche Geist ist also geartet, dass ihm nicht immer an Realitäten genügt. Seine grenzenlose Fähigkeit nutzt die Erfindungen einer fremden Zauberlaterne, um seinen philosophischen Forschungsgeist damit zu nähren."

Die Kirche und der Wissenschaft verdanken wir es, dass wir in unserem Leben diese hübsche Magd, das Außerordentliche und Wunderbare, allzu sehr verloren haben. Wir schauen unsere Welt nur mit dem Verstand an, zergliedern sie in messerscharfe rationale Analysen und entfremden damit unsere Welt. Wenn wir unser Leben nur mit den Augen anschauen und Gedanken dazu formen, haben wir bereits die Realität verfälscht.