Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1 - Hermann Lingg - E-Book

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1 E-Book

Hermann Lingg

0,0
0,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Völkerwanderung von Hermann Lingg ist ein Nachdruck der Originalfassung in 3 Bänden (1866-1868). Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1 umfasst: Erster Gesang. Die Vandalen. Zweiter Gesang. König Geiserich. Dritter Gesang. Die Gottesgeißel.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 84

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1Erster Gesang. Die Vandalen.Zweiter Gesang. König Geiserich.Dritter Gesang. Die Gottesgeißel.Impressum

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 1

Autor: Hermann Lingg

Nachdruck der Originalfassung (1866-1868, erschienen im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart)

Erster Gesang. Die Vandalen.

Aëtius, edler Abkunft, hochgepriesen,  Patricier, Sieger in so mancher Schlacht,  Der Jahr für Jahr mit Reiten, Bogenschießen  Bei Hunnen und bei Gothen zugebracht,  Aëtius war vom Land der Nordlandsriesen  Nach Rom zurückgekehrt, und seine Macht,  Sein Ansehn ward durch wunderbare Sagen  Von jenem fernen Land noch mehr getragen.

Er brauche, hieß es, nur ein Wort zu sagen,  So stünd' sogleich ein Hunnenheer bereit,  Im Augenblicke für ihn loszuschlagen,  Denn jene Wilden gingen in den Streit  Zwar wie die Löwen, doch befall' ein Zagen  Die Kühnsten selbst, wenn Unterwürfigkeit  Ein Blick nur von Aëtius gebiete;  So scheu' des Geistes Uebermacht der Scythe.

Ein Wink, und wie dem Lenker seine Pferde  Gehorchten tausend Stämme seinem Halt;  Auch war Aëtius mächtiger Geberde,  Von schönem Antlitz, ragender Gestalt.  Ein Mann der That und Großer dieser Erde  Besaß er auch zugleich die Allgewalt  Der vom Gewicht der That getragnen Rede  Im Schmeicheln wie beim Ruf zu Kampf und Fehde.

Obgleich er einst mit einem der Verschwörer  Im Feld gestanden gegen Reich und Thron,  So galt doch bald bei Heer und Volk kein höh'rer,  Kein theurer Held als er, und halb mit Hohn  Begann er zu Placidia: »Den Empörer  Sieh hier, Tod wäre sein verdienter Lohn;  Sieh reuig ihn zu deinen Füßen knieen,  O sprich es aus, du habest mir verziehen!«

Placidia auf den Thron gestützt, im Glanze  Der höchsten Würde, fühlte nie wie jetzt  Die Dornen unter dem verdächt'gen Kranze  Der Schmeichelei und zögerte verletzt:  »Biegt endlich, biegt sich diese stolze Lanze? –  Und welche Bürgschaft,« fragte sie zuletzt,  »Wenn wir verzeihen, bietest du der Krone?«  Aëtius sprach hierauf mit stolzem Tone:

»Es wird dein Heil sein! Keiner von mir lernte  Die Rom bedrohende Gefahr wie ich;  Die lange Frist, die mich von Haus entfernte,  Ward meine Lehrerin, und lehrte mich  Den Stahl zu schärfen, eh' es kommt zur Ernte.« –  »Verziehn sei Jedem, der nur einmal wich,«  Entgegnete Placidia, »doch die Treue,  Die niemals wankt, steht höher als die Reue.«

»Wird eine solche Treue noch gefunden?«  Erhob Aëtius sich und sah umher.  »Sie lebt uns,« sprach Placidia unumwunden,  In Bonifacius!« »Ha nur ewig der!« –  Rief wild Aëtius – »eh ein Jahr entschwunden,  So überführ' ich ihn.« – »Das möchte schwer,«  Warf ihm Placidia ein, »dem Satan fallen.«  »Er sucht ihn,« rief Aëtius, »ihn vor allen.

Du hast ihn überhäuft mit Glück und Gnade,  Du hast ihn über Afrika gesetzt,  Und an dem paradiesischen Gestade  Gebeut er wie ein Perserkönig jetzt.«  »Ach!« rief Placidia schmerzlich aus, »wie schade,  Daß so der Neid dich stolzen Mann verhetzt,  Daß du vor unsrem Thron es konntest wagen,  Den Treuesten der Treuen anzuklagen.«

»Er fällt,« rief Jener, »dieß mein Haupt zum Pfande.  Wir wissen, jedes Schwert hat seinen Preis,  Und Jeden ein Versucher an dem Bande,  Womit er ewig ihn zu fesseln weiß.«  Er sprach's und bog nach sanftem Widerstande  Auf ihre Hand die Lippen stürmisch heiß,  Dann schritt er weg, schwang sich vor Ehrgeiz sprühend  Aufs Pferd und ritt hinweg voll Hoffnung glühend.

So kam er bald, versunken in Gedanken,  In rauhes Waldgebirg, auf einmal brach  Ein Stein vom Pfad, der donnernd durch die Ranken  Vor ihm zum Abgrund flog. Aëtius sprach:  »Der stürzt und bringt mich nicht einmal zum Wanken,«  Und sah dem Felsstück in die Tiefe nach,  Und seine Seele las mit kühnem Blicke  Aus diesem Zeichen künftige Geschicke.

Aus einmal schien durchs Dickicht und Gerölle  Von wo der Fels hinabgebrochen war,  Ein Dämon aufgestiegen aus der Hölle,  Ein Unhold aus Gehennas finstrer Schaar.  »Ha!« rief Aëtius, »fordert schon die Zölle  Der Abgrund und die Nacht?« »Ich, ja fürwahr,  Ich such' dich,« sprach der Dunkle, »dich zu mahnen;  Kennst du den Verimod noch, den Alanen?

Weißt du noch, welchen Dienst ich dir erwiesen.  Als du bei Hunnen lebtest vielgeehrt,  Daß ich dein Meister war im Bogenschießen?  Das Roß der Steppe tummeln dich gelehrt?  Du wolltest mir dafür den Sinn erschließen  Für eure Sprache, die den Geist bewehrt,  Und die durch bloße Worte Größ'res schaffen,  Und mehr bezwingen kann als hundert Waffen.

Du gingst, so daß ich dich nicht wieder schaute,  So plötzlich gingst du von den Hunnen fort;  Doch nie vergaß ich dein und jener Laute.«  »Und wie,« fiel ihm Aëtius ins Wort –  »Wie kamst du hieher?« »Mich betraute  An dich ein Volk von Carthagenas Port,  Mich senden die Vandalen, daß du richtest,  Und ihre Zwiste mit den Gothen schlichtest.

Denn stürmend von den südlichen Gebirgen  Gönnt uns der Gothe nicht die Friedensruh',  Wir tödten uns beständig, wir erwürgen,  Ja wir vernichten uns einander, du  Hab' Friede mit uns Allen, du nimm Bürgen,  Und von uns Allen Ruhm und Preis dazu;  Was du befiehlst, soll gelten, soll uns Allen,  Dem einen wie dem andern Theil gefallen.«

Er schwieg, und wie zum Zeugniß seiner Worte  Erscholl ein ferner Donner, bei dem Schein  Des Blitzes sahn sie sich vor einer Pforte,  Ein alter Tempel stund noch hier im Hain;  Von dem als Heidenbau verrufnen Orte  War Alles längst geflohn. Sie traten ein  Und fuhren, während die Gewitterbäche  Herniederbrausten, weiter im Gespräche.

»Wißt,« hub Aëtius an und zog daneben  Sein Pferd ins Innere des Tempels nach,  »Nachdem Athaulf durch Mord verlor sein Leben,  Ward Wallia Gothenkönig und versprach  Sein ganzes Reich an Rom zurückzugeben;  So ward es ihm bestätigt. Welche Schmach,  Wenn statt für ihn und für den Gottesfrieden,  Wenn wir für euch, Verwüster, uns entschieden!«

»Verwüster?« lachte bitter der Alane,  »Verwüster? Ja! Zu wilder Raubbegier  Trieb uns die harte Noth mit grimmen Zahne.  Umirrend, unstät wie das wilde Thier  Und stets entrollt des Ungemaches Fahne,  Was blieb uns andres? Konnten wir dafür,  Daß unsre Väter einst verlassen hatten  Die Heimathflur und ihrer Eichen Schatten?

Wir fanden uns in jenen Niederungen  Des Donaustroms, auf jener Tummelbahn  Der Völker, ihrem Leichenfeld, umrungen  Von Feinden überall, wohin wir sahn;  Hier war die Geißel gegen uns geschwungen,  Dort war ein Thor, ein goldnes, aufgethan,  Wir aber sahn, daß durch die offne Thüre  Ein breiter Weg in Joch und Knechtung führe.«

»Doch schlugen,« sprach Aëtius, »bis zum Strande  Des Meers sich Viele durch, umschifften kühn  Europas Küsten, Vorgebirg und Lande,  Sahn Inseln, sahn der Nilstadt Palmen blühn,  Die Säulen und die Sphinx im Sonnenbrande,  Und langten an nach tausendfachen Mühn  Im Heimathland und fanden in den Hainen  Der Väter Runenschrift, aus grauen Steinen.«

»Uns Andern rief dem Stelicon entgegen  Der Ruf des Radagast,« sprach Verimod.  »Du weißt es, weißt auch wie sein Heer erlegen,  Und was davon entkam aus Noth und Tod,  Zog Gallien zu auf drei verschiedenen Wegen.  Noch steht vor meinem Blick das Feuerroth,  Als hungernd, tief im Winter unsre Schaaren  Am Rheinstrom angekommen waren.

Am Meilenstein der Römerstraße haltend  Sah Godigisel sein Vandalenheer  An sich vorüberziehn, das, sich entfaltend  Das Thal durchschritt, ein blitzend Lanzenmeer.  Aus einmal drang, den Gegenzug gestaltend  Von Süden her, ein zweites, Speer an Speer  Und beiden gegenüber zog ein Drittes  Noch größ'res Heer heran gewalt'gen Schrittes.

Erschüttert klang das Thal von Kampfsignalen.  Am Kreuzweg sahn sich plötzlich hier mit eins  Die Könige der Sueven und Vandalen  Mit ihren Völkern gegenüber; keins  Wußt' von des andern Ziel, ein Halt befahlen  Die Fürsten, sprengten an den Bord des Rheins,  Indem sie sich mit wildem Blicke maßen,  Rasch auseinander los auf beiden Straßen.«

›Wollt ihr den Uebergang uns wehren? Brücke  Und Fährlohn,‹ hallte Godigisels Ruf,  ›Ist unsre Waffe; weichet Sueven!‹ ›Zücke  Zu früh nicht, wenn dir Odin Weisheit schuf,‹  Rief ihm der Sueve zu, ›sonst möcht' in Stücke  Dein Goldreif unter meiner Pferde Huf  Zertreten werden, eh' du mit den Schaaren  Hinüber dringst, das sollst du bald gewahren.‹

›Krächzt, ihr vom Hunger ausgebälgte Geier!‹  Versetzte Godigisel, und darauf  Der Sueve; ›Wolf, auch wir sind da als Freier  Um jene Schneebraut; nehmt es mit uns auf!  Doch wenn dein Blick dringt durch die Nebelschleier,  Sieh über jenen Strom, deß rascher Lauf  Gebändigt unter Eis ruht; drüben harren  Die Waffen, die euch Tod entgegenstarren.‹

›Versucht, ob ihr hinüberkommt, die Pfeile  Der Franken wehren euch den Uebergang.‹  Es schwieg der Suevenkönig eine Weile  Und Godigisel sah hinüber, schwang  Um's Haupt dann seinen Speer und rief: ›So theile  Gefahr und Sieg mit uns!‹ – ›Ein reicher Fang  Blüht uns dafür,‹ ward ihm zur Antwort – ›Beute,  Und Land genug und Hirsch- und Bärenhäute.‹

Tief Winter war's, die Sonne warf nur spärlich  Durch Schneegewölk die Strahlen karg und bleich,  Und wie zur Wintersonnwendzeit alljährlich  Lag so mit Eis umstarrt das Wogenreich,  Daß selbst für Trotz und Wagen ungefährlich  Der Uebergang erschien. Nun schritt zugleich  Zum Strom hinab in seiner Eisumbrüstung  Vandal' und Suev' in Wehr und Waffenrüstung.

Doch drüben stellt der Gallier Land zu wahren,  Die Franken auf ihr König Gundoald.  Als jene mitten auf dem Strome waren,  Empfängt sie aus dem nahen Tannenwald  Ein Hagel Pfeile, aber neue Schaaren  Ersetzen der Gefallnen Reihe bald,  Die ganze Fläche schon erfüllt mit Streitern,  Mit Leichen sich, mit Wagen, Roß und Reitern.

Heiß war der Kampf, schon wich und sank zur Rüste  Die Sonne früh hinab in trübem Roth;  Als noch einmal ihr Blick die Wipfel küßte,  Da flammt es auf, des Ufers Waldung loht;  Und nun: »Bald büßt ihr euer Raubgelüste!«  Rief Gundoald und rasch auf sein Gebot  Entlodern auf dem Strom gehäufte Dämme,  In Scheiterhaufen hingeworfne Stämme.

Ein Siegsgeschrei erhoben da die Franken,  Da sie das Eis vom glühend heißen Wehn  Erweicht und unter den Vandalen wanken  Und brechen sehn, und die zu Grunde gehn.  Dagegen stürmt in eine ihrer Flanken  Ein Reiter ein, dem nichts mag widerstehn,  Dem scheu die Gluth selbst weicht, wo durch die engste  Waldnacht er sprengt auf seinem braunen Hengste.

Wie helle Flamme blitzt in seinen Händen  Der hochgeschwungne Stahl, sein Haar, sein Bart  Scheint lautre Flocke aus den Feuerbränden.  Um ihn, an ihm ist alles Feuerart,  Und Trotz wie dieß beut allen Widerständen,  Wie stark die Feinde stehn, wie dichtgeschaart  Sein würgend Schwert. Wer ist der Schlachtenfrohe,