Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3 - Hermann Lingg - E-Book

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3 E-Book

Hermann Lingg

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Beschreibung

Die Völkerwanderung von Hermann Lingg ist ein Nachdruck der Originalfassung in 3 Bänden (1866-1868). Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3 umfasst: Sechster Gesang. Odoaker. Siebenter Gesang. Odoaker und Theodorich.

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Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3Sechster Gesang. Odoaker.Siebenter Gesang. Odoaker und Theodorich.Impressum

Die Völkerwanderung: Band 2, Teil 3

Autor: Hermann Lingg

Nachdruck der Originalfassung (1866-1868, erschienen im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart)

Sechster Gesang. Odoaker.

Aus Berghöh'n lebte tief im finstern Mähren  Ein Sohn des Edekon. Er hatte jetzt  Nach einem heißen Kampf mit einem Bären  Sich ausgestreckt im Wald und sich geletzt  Am Blut des Thiers. Sein Kleid war rauh und hären,  Von Wunden war ihm Arm und Brust zersetzt,  So lag er da; es sank auf seine Stirne  Ein Strahl der sich erhebenden Gestirne.

An alter Zeiten Glück im Hunnenlande,  Denkt Odoaker, an sein vieles Gut,  Den reichen Schmuck, die köstlichen Gewande –  Und wie das Alles nun dahin wie Fluth.  Er selbst gleich einem morschen Schiff am Strande,  Hat nichts als seinen unbesiegten Muth.  Die Seinen, wenn nicht todt seit Jahr und Tagen,  Sind überall umher zerstreut, verschlagen.

Entwurzelt neben ihm, vom Sturm zerknittert,  Am Boden lag ein alter Eichenbaum,  Die Wipfel rauchen noch, vom Blitz zersplittert,  Und aus der Erde aufgewühltem Raum  Erscheint ein Glanz und leuchtet, blinkt und zittert  Wie Mondenlicht, und winkt ihm wie ein Traum.  Vor Odoaker liegt im wunderbaren Prangen,  Ein Schatz von Münzen, Ringen, goldnen Spangen.

Ha! traf um solchen Hort der Blitz die Eiche,  Und zündete bis in den Grund hinab,  Und schlug entzwei die Krone mit dem Streiche?  Zeigt sich eröffnet hier ein Königsgrab?  Gewaltiger, wo sind nun deine Reiche,  Der Geist, der diesen Waffen Allmacht gab?  Wie – oder hätte Schuld mit diesen Gaben,  Der Erde ein Geheimniß eingegraben? –

Verwundert sieht er aus dem Münzenrunde  Das Bild des längst erschlagnen Gratian.  Ein Ring – und jetzt erkennt er in dem Funde  Den Schatz, den einst hier eingesargt sein Ahn!  So ward es ihm verheißen, dort im Grunde  Die Burg des Arbogast; von dort heran  Zog in den Krieg, den Orient zu verheeren,  Sein Ahne mit, um nicht mehr heimzukehren.

Reichst du die Hand mir aus dem Schooß der Erde  Und rüstest, alter Heldengeist, mich aus,  Damit ich Erbe deiner Thaten werde,  Und neu begründe deines Stammes Haus?  Heraus denn aus der Nacht Schiff, Lanzen, Pferde!  Und so versuch' ich's mit der Stürme Braus:  Empor rafft Odoaker sich und rege,  Von neuem Leben späht er nach dem Wege.

Ein Vogel schwingt sich südwärts durch die Lüfte,  Auf! dem nach ruft's in ihm, die ew'ge Stadt,  In ihr blüht noch ein Heil! So durch die Klüfte  Fort schleppt er sich, noch von der Wunde matt;  Bald steht er an der Donau, mildre Lüfte  Umwehn ihn hier, es rauscht der Linde Blatt,  Der Rebe Laub und in der Tannen Wildniß  Blickt hier und dort herab ein Gnadenbildniß.

Kaum ist er durch den Wald hindurchgeschritten,  Da kommen über einen Wiesenplan  Entgegen ihm Bewaffnete geritten,  Die erst erstaunt und finster sich ihm nahn;  Dann aber grüßen sie nach ihren Sitten,  Mit Zuruf ihn, und sprengen auf ihn an,  Die Rosse tummelnd, Schlachtenlieder singend,  Und um den Helmbusch ihre Lanzen schwingend.

»Er ist es,« rufen sie, »sein ganzes Wesen  Verräth den Sohn des edlen Edekon.  Der Herrscher Roms will unsre Schaar erlesen:  Zieh' mit uns zu des Abendlandes Thron.«  »Laßt erst von meinen Wunden mich genesen,«  War Odoakers Antwort. »Reichen Lohn  Giebt« – riefen jene – »Ricimer uns allen,  Er, der die Kaiser einsetzt nach Gefallen.«

»Wenn uns des Himmels Gnade soll erstehen,«  Sprach einer aus der Schaar, »so laßt uns dort  Um seinen Segen erst den Heil'gen flehen,  Der seine Zelle hat an diesem Ort.«  Dieß Wort dünkt ihnen gut und alle gehen,  Und treten vor den Mönch, der hier ein Hort  Des ganzen Landes ist, beschirmend, heilend  In jeder Noth zu Rath und Hülfe eilend.

Durch hoher Felsen Bau schien eine Flamme  Aus einer Wölbung halb in Stein gehau'n,  Halb aufgezimmert aus des Ahorns Stamme,  Darinnen stund von Antlitz ernst und braun  Der heil'ge Mann, liebkosend einem Lamme;  Er sah vor allem mit erstauntem Schau'n  Empor zum Odoaker, der die Schwelle  Gebückt beschreiten mußte zu der Zelle,

Mit gastlichem Entgegenkommen grüßte  Der Mann des Gotteshauses und begann:  »Du treibst wohl lang umher in wilder Wüste,  Und dennoch scheinst du mir ein edler Mann?«  Und Jener sprach: »Ich wie manch andrer büßte  Den Sinn, der Ruhe nicht ertragen kann.  Ich lebt' von Raub und Plündrung und von Morden,  Unstät und flüchtig ist mein Loos geworden.«

Als ob er ihm bis in die Seele blicke,  So forschend sah der heil'ge Severin  Den Fremdling an: »Geh, folge dem Geschicke,  Dir blühn Italiens Fluren, zeuch dahin,  Und dieses rauhe Fell um dein Genicke,  Wirst du vertauschen bald mit Hermelin;  Von Allen, welche je mein Haus betraten,  Gleicht keiner dir an Aussicht großer Thaten.«

Es pflegte nun den flüchtigen Germanen,  Des Berges Siedler, der Anachoret,  Der Held des Glaubens, der aus dunklen Bahnen  Das Heil bewahrt, zu dem das Leben fleht;  Er pflegte gern den fremden weißen Schwanen  Und sprach zu ihm, versunken in Gebet:  »Zeuch hin nach Rom gleich einer Morgenwolke,  Noch lebt ein Kriegsstamm dort von deinem Volke.« –

Der Rugier war geheilt, die Zeit gekommen,  Wo neues Sehnen in der Brust erwacht.  »Leb wohl,« sprach Odoaker zu dem Frommen  Und der zu ihm: »Dein harrt ein Ruf zur Schlacht,  Wenn du den Platz des Mächt'gen eingenommen,  Mißbrauche nicht die dir vertraute Macht.  Denk deß, der in der Wüste dich ernährte,  Und dieses Daches, das dir Schutz gewährte.«

So schieden sie, bald sahn die Wandrer ragen  Schneegipfel, rein umglänzt von Aetherblau,  Sie jauchzen auf, sie sehn nach langen Tagen  Der Waldeswildniß wieder Feld und Au,  Und wo durchs Thal ein Fluß wogt, hochgetragen,  Erhebt sich einer Stadt gewalt'ger Bau;  Doch wie sie näher kommen, seltsam, alles  Ist Oede nur und Stätte des Verfalles.

Sie schreiten nach den Mauern, dumpf erschallen  Nur ihre Tritte durch das hohe Thor,  Verlassen sind die Wohnungen, die Hallen,  Kein Laut von Menschendasein trifft ihr Ohr.  Geborstne Pfeiler, Giebel im Verfallen,  Mosaikböden, über die hervor  Das Gras wächst oder im Vorüberrieseln  Der Strom sich wälzt mit all den bunten Kieseln.

Und Götterbilder, Bacchus, Zeus und Hebe;  Schaun durch den Fluß herauf aus klarer Nacht,  Und in die Wogen taucht das Schlinggewebe,  Als ob es die zum Grund versunkne Pracht  Herauszuheben sich die Mühe gebe;  Doch dieser Mühe, der verlornen lacht  Die Fluth, und schmerzlich – aber um so milder  Beseelt ein Lächeln noch die Götterbilder.

Noch mehr mit ihrem dunklen Loos zufrieden  Erscheint dort auf versunknem Sarkophag  Das Volk Neptuns, der Chor der Nereiden  Zu Peleus und der Thetis Hochzeittag.  Wie sich vom Horn des Triton herbeschieden  Emporbäumt der Delphine muntrer Schlag,  Wie tummelt sich mit frohem Ungestüme  Das Zweigespann der Meeresungethüme!