Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2 - Hermann Lingg - E-Book

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2 E-Book

Hermann Lingg

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Beschreibung

Die Völkerwanderung von Hermann Lingg ist ein Nachdruck der Originalfassung in 3 Bänden (1866-1868). Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2 umfasst: Vierter Gesang. Der Seekönig. Fünfter Gesang. Untergang des Vandalenreiches.

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Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2Vierter Gesang. Der Seekönig.Fünfter Gesang. Untergang des Vandalenreiches.Impressum

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 2

Autor: Hermann Lingg

Nachdruck der Originalfassung (1866-1868, erschienen im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart)

Vierter Gesang. Der Seekönig.

Aus Schwert und Spang', entsargt dem Erdenschoße,  Sprüht noch des Helden Seele, der es schwang,  Im Schild noch, der getrotzt dem Lanzenstoße,  Im Eisenpfeil. Es führt euch mein Gesang  An das Vandalengrab, das riesengroße,  Am fernen Seestrand, wo vom Untergang  Des ganzen Volks kein Stein mehr spricht im Grunde,  Und keine Sage geht und keine Kunde.

Von grimmen Thaten, ungeheurem Fluche,  Von Leiden, wie kaum je ein Herz erfuhr,  Lebt das Gedächtniß nur noch in dem Buche,  Im Denkmal einer fremden Sprache nur.  Mit Wehmuth las ich es; ich sucht' und suche  Aus längst verscholl'nen Worten Spur an Spur,  Ob von dem untergangnen Volksstamm wieder  Noch tönen irgendwo die alten Lieder.

Ach! blühte doch am Strom der Weltgeschichte  Nur eine Sage noch aus jener Zeit,  Und zeigte noch in ihrem eignen Lichte  Die tiefe Seele jener Welt, so weit,  So fern von uns, durch klügelnde Berichte  Entkleidet ihrer alten Herrlichkeit!  Ein Lied, ein mächtig Lied aus jenen Tagen,  Wie ließ es höher unsre Herzen schlagen!

Wie zärtlich, Epheu! schmückt dein Laub die Linde,  Den hohlen Stamm vom alten Ulmenbaum  Im tiefsten Schattendunkel. Hauch der Winde  Durchflüstert deine zarten Zweige kaum;  Du rankst um morsch Gestein mit grüner Binde,  Um alte Mauern wie ein Jugendtraum.  Verbunden mit der schwesterlichen Rebe  Umflogst du einst des Bacchusfestes Stäbe!

O nichts mehr heut von jener Träume Wiegen,  Geliebter Hain, in deiner Zweige Dom!  Ich seh' zum Ziel die grünen Kränze fliegen  Fern in Konstantinopels Hippodrom,  Um zu verherrlichen den Glanz von Siegen  Justinians, des Herrschers beider Rom,  Der selbst indeß der Göttin Unterjochter,  Der Schönheit ist, von Cyperns brauner Tochter.

Akazius, sein Wärter der Hyänen,  Sein Tigerbändiger und Löwenwart,  Sein Ordner bei den Festen der Arenen,  Lag eines Morgens ausgestreckt, erstarrt  Auf seinem Bett, auf seines Löwen Mähnen;  Die Sklaven haben ihm ein Grab gescharrt;  Und die drei Mädchen, die er Töchter nannte,  Verließen arm das Haus, und wie Verbannte.

Sein Kleinstes trug er oft wie eine Schlange  Im Circus auf den Schultern früh und spät,  Und sanft gelehnt an seines Vaters Wange,  Erschien es hold, und doch voll Majestät.  Die Panther krallten um die Eisenstange,  Und wie ein Mensch, der sich nicht gern verräth,  Sah'n scheu sich um wie blutbefleckte Sieger  Die beiden ungezähmten Königstiger.

Der Alte warf den Schlangen ihre Köder,  Ihr Fleisch den Katzen vor, und sprach kein Wort,  Und als er todt war, führten Fremde, Meder,  Den Elephanten und die Löwen fort.  Die Tage Theodora's wurden öder;  Man brachte sie nach keinem guten Ort.  Den Schwestern trug sie, fern vom Grab des Vaters,  Die Sessel nach am Eingang des Theaters.

Im Pfuhl der Stadt, im Schmutz der letzten Straßen,  Am lauten Tag bekränzt und bettelnd stehn,  Die Flöten und die Backen aufzublasen,  Das war der Aermsten Loos. Wenn müd vom Gehn  Die Schwestern vor dem Hofthor niedersaßen,  Ward Theodora's Mimik noch gesehn,  Doch mehr, weil ihre Reize mehr gefielen,  Als ihr Geberdenspiel und Flötenspielen.

Wenn ihre Schwestern in den Reigentänzen  Sich Ruhm erwarben, und manch' goldnen Kranz,  So war's, wie vor den Tigern einst zu glänzen,  Ihr Loos jetzt – vor dem Pöbel von Byzanz.  Das Unglück aber sah von jenen Kränzen  Hernieder zu der stillen Thränen Glanz;  Und ein Erbarmer der gefallnen Seelen  Verwandelte die Thränen in Juwelen.

Und eines Tags, an dem in vollem Glanze  Der ganze Hof und ganz Byzanz erschien,  Erblickte man in einem neuen Tanze  Zum erstenmal die schöne Ionierin.  Sie stellte Daphnen dar, sie ward zur Pflanze,  Zum Lorbeerbaum, und schien noch so zu fliehn;  Des Kaisers Blicke liebten auszuruhen  Auf ihrer Füße goldgestickten Schuhen.

Als sie darauf vom Beifallsruf der Scenen  Verschwunden war, und eine wilde Nacht  Der Sünden und des Elendes mit Jenen,  Die kein Erbarmen kannten, zugebracht,  Empfand ihr Herz mit einemmal ein Sehnen  Nach einem neuen Dasein, und die Macht  Der Reue über ihr vergangnes Leben  Ließ heiße Thränen ihrer Brust entbeben.

»Zu Schiffe!« rief ihr Käufer ohne Gnade,  Der reiche Syrier Eccebolus,  Und als er nach dem lyrischen Gestade  Mit ihr dahinfuhr, flehend um den Kuß,  Den theuer er erkauft, sieh' da, gerade  Auf seines flog ein Boot im Wogenschuß,  Und Alles schrie: »Wir werden's schwer bezahlen,  Seeräuber sind es, Herr! es sind Vandalen!« –

»Setzt alle Segel bei, spannt eure Bogen!  Wehrt euch!« – »Vergeblich, Herr, wir sind zu schwach!«  Und näher kam's, und sausend hergeflogen  Hoch in den Wellen sprang's, und jetzt ein Krach,  Ein Donner und ein Sturz gewalt'ger Wogen,  Es brach das Zelt, es sank das Purpurdach,  Und aus den Fluthen, eisern, auf's Verdecke,  Und schuppig wie ein Meergott, sprang ein Recke.

Als ob der Augenblick ihm Alles sage,  Ergriff den Syrier seine Faust, er schwang  Und warf ihn in das Meer. Mit stummer Frage,  Und leuchtend ruhten seine Blicke lang  Auf Theodora, daß sie bleich und zage  Vor ihm zu Boden sank. Die Fluth schon drang  Bordüber, – Beide fühlten doch kein Grauen,  Versunken Eines in des Andern Schauen.

Gebannt von seiner Augen strengem Blitze,  Las sie das Staunen, das darinnen stund;  Wie solchen Schönheitsglanz die Welt besitze –  Sie sah es nicht, daß schon vom Meeresgrund  Der Tod herauf an ihre Wangen spritze,  An ihre Wimpern, und den bleichen Mund,  Dagegen dem Vandalen schien das Tosen  Der Wogen nur ein Jauchzen und ein Kosen.

Erst als die Fluth sie fortzureißen drohte,  Umschlang er sanft der Griechin schönen Leib,  Und trug sie so hinüber nach dem Boote.  Die Seinen schrieen; »Gelimer! dieß Weib  Ist eine Buhl'rin, straf' sie mit dem Tode!«  Er aber sprach; »Nein, diese Meerfei bleib'!  Dort in Byzanz setz' ich sie ans Gestade,  Dann mag sie gehn, und suchen Gottes Gnade!«

Beschwingten Laufs durchfuhr das Schiff die Welle,  Erreichte das Gestad', und setzte dort  Die Griechin aus an einer öden Stelle,  Dann wandte sich's, und blitzschnell fuhr es fort.  Sie sah um sich, da war nicht Baum noch Quelle,  Nur spärlich Gras, vom Sonnenbrand verdorrt,  Und Klippen nur und Felsen, eine Wüste –  Die lautlos, todt und finster sie begrüßte.

Umklammernd lag sie, zitternd an die Steine  Ihr pochend Herz gepreßt, voll Seelenqual.  Bei Tagesfrüh, beim letzten Sternenscheine  Erreichte sie die Stadt verhüllt – befahl,  Und weihte bei der ärmsten Christgemeine  Den Kranken sich. Die unerhörte Wahl,  Der Eifer, den die Büß'rin bald bewiesen,  Ward überall bekannt, und laut gepriesen.

Indeß sie so dem Glück der Welt verloren,  In Noth und Armuth büßte die Vergehn,  Ward betend einst vor seiner Hofburg Thoren  Die Fromme von Justinian gesehn,  Und von dem ersten Römer auserkoren,  Rief ihr ein Wink zu nah'n. Sie trat vor den,  Zu dessen Weib der Himmel sie berufen,  Und bald mit ihm hinan des Thrones Stufen.

Erleuchtet schien von pechgefüllten Pfannen  Byzantiums Burg, in heller Kerzen Strahl.  Vom Tage der Verlobung an begannen