Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3 - Hermann Lingg - E-Book

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3 E-Book

Hermann Lingg

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Beschreibung

Die Völkerwanderung von Hermann Lingg ist ein Nachdruck der Originalfassung in 3 Bänden (1866-1868). Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3 umfasst: Sechster Gesang. Die letzten Gothen. Siebenter Gesang. Alboin und Rosamunde.

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Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3Sechster Gesang. Die letzten Gothen.Siebenter Gesang. Alboin und Rosamunde.Impressum

Die Völkerwanderung: Band 3, Teil 3

Autor: Hermann Lingg

Nachdruck der Originalfassung (1866-1868, erschienen im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart)

Sechster Gesang. Die letzten Gothen.

Aussterbende Geschlechter, Völker, Arten,  Verein'gen oft in letzter Wesen Kraft,  In letzten der durch sie geoffenbarten,  Noch einmal ihre höchste Eigenschaft.  Sie hauchen bald in einem wunderzarten,  Bald mächtigen Geschöpf voll Leidenschaft,  Gleichsam die Seele aus, um aufzuhellen  Das Räthsel ihres Seins, und darzustellen.

Darum erblickt man stets beim Uebergange  Von zwei Jahrhunderten die Größe stehn  In Kriegsruhm, Wissenschaft und im Gesange,  Und Außerordentliches mitgeschehn.  Wenn Die nun kommen, dauert nichts mehr lange,  Zerrbilder werden noch am Schluß gesehn,  Verkommne Halbnaturen, Larven, Fratzen,  Scheusale, die wie Nichts in Nichts zerplatzen.

Wenn Helden sterben, wenn für Nationen  Kein Ausweg mehr, kein Hoffnungsstern mehr blinkt.  Von Tausenden das Schicksal mit den Kronen,  Und im Verzweiflungskampf zu Grunde sinkt,  Wenn nichts die übermüth'gen Sieger schonen,  Als nur das Kind, das an der Mutter trinkt,  Und nur damit es, all den Seinen ferne,  Sich früh dem Fremden knechtisch fügen lerne –

Dann wissen die Chronisten zu berichten,  Von Ruthensternen in der Himmelsgluth,  Von Sturm und Feuersnoth, von Schreckgesichten,  Von aller Elemente blinder Wuth;  Und wenn zuletzt ein Haß bis zum Vernichten  Die Edelsten ergreift, wenn höh'res Gut  Vor schlechtem weicht, soll da nicht auch in Schauern  Selbst Erd' und Himmel mit den Menschen trauern?

Ein solches Schauspiel bot das Trauerende  Des Ostrogothenreichs, die Mitternacht  Der Völkerwandrung, ihre Sonnenwende,  Zugleich die Schwerter- und die Geisterschlacht.  Die Zeit, daß ihr Gewebe sie vollende,  Nimmt für das Bild, das sie darin vollbracht,  Nur schwarze Fäden, und sie wirkt durch diese  Die Höllen und verlor'nen Paradiese.

Nach Delphi's Bädern, in die Berge keuchten  Der alten Welt erkrankter Geist und Sinn.  Sonntäglich einsam ist's, die Decken leuchten  Um's Purpur-Sterbbett einer Kaiserin,  Die warmen Quellen aus der Schlucht befeuchten  Den welken Leib, sie ruht, gestützt das Kinn  Auf bleicher Hand, und nur noch eine Lüge  Des Lebens scheinen Theodora's Züge.

Halb eingeschlummert, in umhangner Nische,  Auf ihrem Elfenbeinstuhl lag sie bleich,  Vor ihr in Marmorbecken goldne Fische,  Und dunkle Rosen thauig, düftereich;  Durch's Fenster weht des Morgens erste Frische,  Vom Blumenbeet wehn Lüfte mild und weich,  Vom Lorbeerhain, wo Nachtigallen schlagen,  Bildsäulen und die Marmortempel ragen.

Ein Wagen rollt die Straße langsam weiter,  Im Wagen mit der Gattin Belisars,  Bespricht des Feldherrn treuester Begleiter,  Procopius, die Ereignisse des Jahrs.  Zur Linken und zur Rechten sprengten Reiter,  Und was die Beiden sprachen, wichtig war's,  Sie sprachen von dem jüngst im Gothenkriege  Durch Ungunst und durch Neid verlornen Siege.

»Ach!« hub Procopius an, »wie fern dem Neide  Stund damals Belisar im Sonnenschein  Des Glücks, umwallt von jedem Ehrenkleide,  Als nach Besiegung Afrikas so rein  Der Held sein Schwert zurückstieß in die Scheide!  O welche Tage sahn wir! Sein, nur sein  War Alles! Theilend Aller Wonne,  Schien selbst die Hauptstadt stolzer vor der Sonne.

Wie jede Blüthe sich zum Kranz verzweigte  Für ihn, der selbst so sonnig war und warm!  Wo Belisar sich in den Straßen zeigte,  Da drängte stets sich um ihn her ein Schwarm  Von jauchzenden Begleitern, grüßend neigte  Der Allgeseh'ne sich; wer noch so arm  Und niedrig war, für Jeden war er gütig,  Und gegen Niemand hart, noch übermüthig.«

»So schwanden Jahre voller Segenstage,  Da brach der Krieg aus mit den Gothen; wer  Ihn führe, war nun nimmer eine Frage.  Schon sahn wir einen zweiten Gelimer,  Ein zweites Afrika, die Niederlage  Der Gothen war entscheidend, war so schwer,  Daß sie den Belisar zum König wählen.  Da – doch wer möchte weiter das erzählen?«

»Erzähl',« sprach Antonina, »die Geschichte  Des ganzen Kriegs, du schriebst ja Alles auf.«  Procop erwiederte: »Gut, ich berichte  Dir in gedrängter Kürze den Verlauf;  Ermordet war Amalasunth; dem Wichte,  Dem Theodat gab man das Reich; hierauf  Erwies Justinian, der Hort des Rechtes,  Als Rächer sich des Amaler Geschlechtes.

Justinian sprach: ›Italiens Königskrone  Fällt nun an uns, denn nur Theodorich  Erhielt vom Kaiser Leo sie zum Lohne,  Für seine Thaten nur, und nur für sich.  Es gibt vor meinem, vor dem Griechenthrone,  Kein Gothenreich seit jener Mann erblich,  Und seit sein Stamm erlosch, die Lande fallen  An uns zurück mit Lehen und Vasallen.‹

Drauf ward, der Afrika bezwungen hatte,  Mit einer Flotte ausgesandt. Im Flug  Erstürmte Syracus dein tapfrer Gatte,  Nahm stürmend ganz Sicilien ein, und trug  Den Krieg, damit sein Schlachtschwert nicht ermatte,  Ans Küstenland Italiens, schlug und schlug,  Und siegt' und siegte; erst Neapels Wälle  Geboten Einhalt seiner Siegesschnelle.

Denn wie dem Grunde des Vesuv entstiegen,  Sah von der Mauern Rand cyklopenhaft  Die gothische Besatzung, wie auf Fliegen,  Auf uns herab. Vergeblich hergeschafft  Ward Wurfgeschoß, wie sonst in andern Kriegen,  Was half das gegen jener Riesen Kraft?  Ein Zufall nur gab Aussicht auf Gelingen,  Gab endlich Hoffnung, in die Stadt zu dringen.

Ein Bogenschütz vom Volke der Isauern  Entdeckte während der Belagerung,  Daß von den Aquäducten vor den Mauern  Der eine trocken lag; durch einen Sprung  Im Steine drang der Mann nach langem Lauern  Allmählig unter die Befestigung;  Er meldet es im Lager, und im Haupte  Des Feldherrn ward zum Plan das kaum Geglaubte.

Und wie der Perser einst durch Wassergräben  Bei tiefer Nacht das alte Babylon,  So nahm jetzt Belisar Neapel. Beben  Durchdrang die Stadt bei seiner Tuba Ton;  Groß war das Blutbad, vieler Tausend Leben  Erlag, schier Alles, was nicht schon entflohn.  Die Flammen wütheten, in Schutt begrabend  Das Thor gen Osten, und das Thor gen Abend.

Nach Rom dann rückte über des zerstörten  Neapels Wall der große Belisar;  Als dieß ihr Mißgeschick die Gothen hörten,  Erfüllte sie die Wuth so ganz und gar,  Daß gegen Theodat sie sich empörten,  Ihn ächtig sagend, aller Würden baar;  Und Theodat, leicht war es ihn zu jagen,  Ward in der ersten Fluchtnacht todtgeschlagen.

Es hatten aber früher schon Erwählte  Des Gothenvolks auf ihrer Königsau  Den Vitigis gekürt, und der nun zählte  Das Volk um sich, und hielt die Heeresschau,  Und ihn umgab die große, schwertgestählte  Vergangenheit aus jedem Heerbanngau;  Die alten Mord- und Schlachterinnerungen,  Die längst beruhigt schienen, längst bezwungen.

Denn vorher hatten wider die Burgunden  Die Gothen mit den Franken sich gesetzt,  Und Franken hatten Gothen überwunden,  Und Gothen sich mit Gothenblut benetzt,  Und Kön'ge hatten Könige gebunden,  Und kein Vertrag, kein Recht blieb unverletzt,  Doch Vitigis verband die alten Bünde  Zu Einem wieder, daß er neu bestünde.

Großartig und in Allem kühn, entsandte  Bis zu den Persern dieser Mann, und frug,  Ob sie denn nicht als alte Stammverwandte  Sein Bündniß suchten? Als er stark genug  Zum Angriff seine Heeresmacht erkannte,  Traf ihn die Nachricht, daß im Siegesflug  Sein großer Feind ihm schon zuvorgekommen,  Daß Belisar den Gothen Rom genommen.

Nun eilt auch er sogleich dahin zu rücken,  Sein Angriff ging sogleich am ersten Tag  Auf eine der bethürmten Tiberbrücken,  Auf der kaum einige Besatzung lag.  Sie fiel; doch mehr sollt' ihm vorerst nicht glücken.  Mit Ketten ward der Strom gesperrt, ein Hag  Von Wall und Gräben kam entlang der Tiber,  Der Gothen sieben Lagern gegenüber.

Gekämpft ward heiß, gekämpft an jedem Tage,  Gekämpft bei Nacht, gesiegt, und nichts erreicht,  Zu Furcht und Müh'n kam noch des Hungers Plage,  Die Qual, die so entsetzlich würgend schleicht! –  Das Grabmal Hadrians in stolzer Lage  Schien zu erstürmen einst den Gothen leicht,  Und so versuchten sie heranzudrängen,  Gedeckt von einer Kirche Säulengängen.

Aus Marmor war der ganze Bau, hoch oben  Sahn Marmorstatuen um des Kaisers Grab,  Und Rosse, die vor Siegeswagen schnoben,  Und ehern Bildwerk stolz und groß herab.  Die Stürmenden, die Schilde vorgehoben,  Erglommen schon die Leitern, plötzlich gab  Ein Mann Befehl, die Zinnen zu entblättern,  Und jene Statuen auf den Feind zu schmettern.

Mit beiden Armen wurden die Colosse  Hinabgestürzt, der Halbgott und der Faun,  Heroenbilder, und die erzgegossnen Rosse  Von Axt und Schwert zertrümmert und zerhau'n.  Das Haupt der Nymphe, und des Delphins Flosse  Wird tödtliches Geschoß; verwundert schau'n  Die Gothen auf und fliehn, als wär' vor ihnen  Ein neuer Feind in Stein und Erz erschienen.

Fort trugen und begruben ihre Leichen  Die beiden Heere, das des Vitigis  Mit Traurigkeit, und blutend im Entweichen,  Zum Lagerwall, den in der Finsterniß  Mit Mühe die Verwundeten erreichen,  Wir aber wieder einmal siegsgewiß,  Uns schmückend mit Trophä'n, indeß die Gothen  Klaglieder sangen über ihre Todten.

Und wie nun dort der Gothen weise Frauen