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Noch nie zuvor war Jesus bei alt und jung in allen Volks- und Bildungsschichten so „in“ wie heute Aber auch noch nie war die biblische Wahrheit über ihn so verdeckt und verdunkelt, verkürzt und verfälscht worden wie in unseren Tagen. Trotz des „Jesus-Booms“ wissen immer weniger Menschen, wer Jesus wirklich war und ist, warum er eigentlich lebte und am Kreuz starb, ob er überhaupt auferstanden ist und wiederkommen wird, welche Bedeutung er heute für die Menschheit hat und was wir noch alles von ihm zu erwarten haben. Denn der Jesus, der heute weithin in den Köpfen vieler neuzeitlicher Theologen, Ideologen, und klassenkämpferischer Revolutionäre herumgeistert, ist nicht der Christus Gott, der als Heiland der Welt zu uns Menschen kam. Ein Buch der Tatsachen, das sich kritisch mit einer Vielzahl von Pseudo-Wahrheiten über Jesus Christus aufeinandersetzt und überraschende und überzeugende Antworten auf provozierende Fragen von Christen, Nichtchristen und Zweiflern gibt. Interviews mit Theologen und Naturwissenschaftlern, Meinungsumfragen und fundierte Sach-Informationen führen in ein Thema ein, das bis in unsre Tage unverändert aktuell ist: Wer war Jesus Christus wirklich? Was geschah über seinen Tod hinaus? Warum ist er heute und morgen von Bedeutung?
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Die Wahrheit über Jesus Christus
Wer er wirklich warWas über seinen Tod hinaus geschahWarum er heute und morgen von Bedeutung ist
Fritz May
© 2017 Folgen Verlag, Langerwehe
Autor: Fritz May
Cover: Caspar Kaufmann
ISBN: 978-3-95893-089-6
Verlags-Seite: www.folgenverlag.de
Kontakt: [email protected]
Shop: www.ceBooks.de
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Pilatus:»Was ist Wahrheit?« (Johannes 18, 38)
Jesus Christus:»Ich bin die Wahrheit!« (Johannes 14, 6)
Dr. h.c. Fritz May, Pastor und Publizist, ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft CHRISTEN FÜR ISRAEL.
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Vorwort
Teil I: Die Wahrheit über die Herkunft und Existenz Jesu Christi
1. Hat Jesus wirklich gelebt?
2. War Jesus von Nazareth Gottes Sohn?
Teil II: Die Wahrheit über das Leben Jesu Christi
1. Wurde Jesus wirklich von einer Jungfrau geboren?
2. Wie sah Jesus aus?
3. Verkehrte Jesus in schlechter Gesellschaft?
4. Hat Jesus nie eine Frau geliebt?
5. War Jesus ein führender Mönch einer jüdischen Geheimsekte?
6. Warum waren Jesus und die religiösen Führer des Judentums miteinander verfeindet?
Teil III: Die Wahrheit über die Passion Jesu Christi
1. Warum wurde Jesus zum Tode verurteilt und gekreuzigt?
2. Haben die Juden Jesus getötet?
3. Hat Jesus die Kreuzigung überlebt?
4. Starb Jesus wirklich am Karfreitag?
5. Wo war Jesus zwischen seiner Grablegung und Auferstehung?
Teil IV: Die Wahrheit über die Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft Jesu Christi
1. War die Auferstehung Jesu Christi ein historisches Ereignis?
2. Haben wir Beweise für die Auferstehung Jesu?
3. Hat sich die Himmelfahrt Jesu wirklich ereignet?
4. Ist die Wiederkunft Jesu Christi absolut sicher?
1. Warum kam Jesus auf die Erde?
Teil V: Die Wahrheit über die Bedeutung Jesu Christi für die Welt und Menschheit
2. Hat Jesus die Welt verändert?
3. Worin unterscheidet sich Jesus von Nazareth von den Religionsstiftern?
4. Hat Jesus Christus heute noch eine Bedeutung?
5. Was hat die Menschheit von Jesus Christus noch zu erwarten?
Unsere Empfehlungen
Noch nie zuvor war Jesus bei alt und jung und in allen Volks- und Bildungsschichten so »in« wie heute. Aber auch noch nie war die biblische Wahrheit über ihn so verdeckt und verdunkelt, verkürzt und verfälscht worden wie in unseren Tagen.
Trotz des gegenwärtigen »Jesus-Booms« wissen immer weniger Menschen, wer Jesus wirklich war und ist, warum er eigentlich lebte und am Kreuz starb, ob er überhaupt auferstanden ist und wiederkommt, welche Bedeutung er heute für die Menschheit hat und was wir noch alles von ihm zu erwarten haben. Denn der Jesus, der heute weithin in den Köpfen vieler neuzeitlicher Theologen, Ideologen und klassenkämpferischer Revolutionäre herumgeistert, ist nicht der Christus Gottes, der als Heiland der Welt zu uns Menschen kam. Der Jesus, der in den meisten »Jesus-Büchern« beschrieben wurde und wird, ist nicht der im Neuen Testament von den Jüngern und Aposteln bezeugte gekreuzigte, auferstandene und wiederkommende Herr. Der Jesus, der in mehrstündigen Kino-Filmen und TV-Serien, in modernen Theaterstücken und Musikwerken lebt, liebt, leidet, kämpft und stirbt, ist nicht der Sohn Gottes, der über die Erde ging und an den alle entschiedenen und bewussten Christen glauben. Und auch der Jesus, der auf den T-Shirts, Plaketten, Postern und Aufklebern prangt und großen und reißenden Absatz findet, hat nichts mit dem Jesus des Neuen Testaments zu tun.
Der Jesus des Neuen Testaments ist ein anderer. Er ist der historische Jesus von Nazareth, der zugleich in einer Person der Christus Gottes ist. Sein Leben endete nicht – wie immer wieder angenommen und dargestellt – mit seinem physischen Tod am Kreuz. Es setzte sich vielmehr fort in seiner Auferstehung von den Toten und in seiner Himmelfahrt und wird eine herrliche Krönung finden in seiner majestätischen Wiederkunft auf Erden. Darum ist Jesus auch nicht teilbar in einen historischen Jesus von Nazareth und in einen Christus des Glaubens.
Weil Jesus Christus unteilbar ist, ist auch die Wahrheit über ihn unteilbar. Und um diese ungeteilte Wahrheit geht es in diesem Buch. Es will keine »neuen Wahrheiten« über Jesus publizieren, sondern die »alte biblische Wahrheit« über ihn neu artikulieren – ohne jedoch intellektuell unredlich zu sein. Eine Vielzahl von Behauptungen »moderner« Theologen werden aufgegriffen – und widerlegt. Kritische und provozierende Fragen von Glaubenden, Nichtglaubenden und Zweiflern werden gestellt – und darauf überraschende und überzeugende Antworten gegeben, die neue Einsichten über Jesus Christus vermitteln, der gestern war, heute ist und morgen sein wird (Hebräer 13, 8).
Der einzelne Christ und die Gemeinde Jesu finden dadurch im Widerstreit der Meinungen entscheidende Orientierung und Hilfe, »die Unwahrheiten« über Jesus zu erkennen und die Wahrheit über ihn umso deutlicher und entschiedener zu vertreten.
Fritz May
Die Frage nach der Geschichtlichkeit Jesu
Wann immer sich Menschen mit Jesus befassten, haben sie die Frage nach seiner geschichtlichen Wirklichkeit, nach seiner historischen Realität gestellt: Hat Jesus wirklich gelebt? War er tatsächlich ein Mensch von Fleisch und Blut? Oder war er eine mythische Gestalt? Eine »Erfindung« einiger weniger Juden aus Galiläa, die nach einem besonderen religiösen Erlebnis aus Jesus eine historische Persönlichkeit machten, aus der dann die weltweite christliche Kirche entstanden ist?
Da die Frage nach der Geschichtlichkeit Jesu für den Glauben von großer Bedeutung ist, unterhielt ich mich darüber mit dem bekannten evangelischen Theologen Prof. Dr. Walter Künneth. Ich fragte ihn:
FM: »Seit 2000 Jahren sprechen wir als Christen von einem Mann, der in die Geschichte der Menschheit eingegangen ist als ›Jesus von Nazareth‹. Woher wissen wir überhaupt, dass Jesus als Mensch auf Erden gelebt hat und eine historische Persönlichkeit der Geschichte ist?«
WK: »Es handelt sich hier um die ganz eindeutige Feststellung, dass wir es, wenn wir von Jesus von Nazareth reden, nicht mit einer nebelhaften mythologischen Vorstellung, nicht mit einer legendären, historisch nicht fassbaren, Erscheinung zu tun haben, sondern das ist ja gerade das Charakteristische und das überaus Kennzeichnende, dass wir hier eine Fülle von Augen- und Ohrenzeugen haben, die diese Gestalt erlebt haben, die Jesus gehört haben, die ihn gesehen haben, die dabei waren und die nun in verschiedener Weise und in verschiedenen Situationen immer wieder von dieser Begegnung mit diesem geschichtlichen Menschen Jesus von Nazareth berichten. Da haben wir die Quelle all der Aussagen über Jesus von Nazareth.«
FM: »Meinen Sie mit den Augen- und Ohrenzeugen die Jünger Jesu?«
WK: »In erster Linie wird man daran zu denken haben. Es ist ja kennzeichnend, dass die eigentlichen Träger, Säulen und Führer der jungen christlichen Gemeinde Augenzeugen sein mussten, Persönlichkeiten, die einmal das Leben Jesu irgendwie miterlebt haben – wenn ich einmal so sagen darf – und zugleich auch Zeugen seiner Auferstehung waren. Das waren die Voraussetzungen für die Verkündigung, für die apostolische Lehre, für die Entstehung der christlichen Gemeinde überhaupt.«
FM: »Und woher wussten die Schreiber der Evangelien etwas über Jesus von Nazareth? Waren Sie denn die unmittelbaren Ohren- und Augenzeugen seines Lebens und Handelns?«
WK: »Hier muss man differenzieren. Eine ganze Anzahl von Schriftstellern, Evangelisten und Briefschreibern, Verfassern der apostolischen Briefe waren in der Tat Augen- und Ohrenzeugen.1 Also etwa Johannes, Matthäus, wahrscheinlich auch Markus als ein Schüler und Freund des Petrus. Dann Petrus selbst. Auch Paulus müssen wir hereinnehmen, der wahrscheinlich auch den historischen Jesus gekannt hat, aber auf jeden Fall dem Auferstandenen begegnet ist. Also liegt hier schon eine ganz eminente Anzahl von wirklich im Lichte der Geschichte stehenden Zeugen vor, auf die man sich berufen kann. Es ist auch interessant, etwa den Lukas zu befragen, den berühmten griechischen Arzt, der das Evangelium geschrieben hat. Was tut er? Er selber war nicht Augen- und Ohrenzeuge, aber er sagt: Ich will alle die Menschen, die dabei waren, und die, die damals diesen Jesus gesehen und gehört haben, die will ich befragen. Ich gehe zurück auf die Quelle.2 Insofern könnte man sagen – ich bitte, das Wort jetzt nicht zu pressen – ist Lukas eigentlich der erste christliche historische Forscher gewesen, der die Quellen befragt hat, um sein Evangelium schreiben zu können.«
Wir können also sagen, dass die Berichte des Neuen Testaments über die historische Persönlichkeit Jesu von Nazareth urchristlichen Ursprungs sind und auf direkte oder indirekte Augen- und Ohrenzeugenschaft der Jünger Jesu bzw. der Autoren der Evangelien und der neutestamentlichen Briefe beruhen.
Johannes hat diese Tatsache ausdrücklich bekräftigt:
»Was wir also (von ihm) gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch …« (1. Johannes 1, 3.5).
Ihre verbalen und schriftlichen Zeugnisse haben deshalb nur eine Person und ein Thema zum Inhalt: Jesus von Nazareth, der Christus Gottes! Dabei ging es den Autoren der Schriften des Neuen Testaments in erster Linie nicht darum, historisches Wissen über Jesus zu vermitteln. Sie wollten vielmehr durch ihre Berichterstattung über ihn Glauben wecken. Dabei aber bieten sie an historisch Wissenswertem über Jesus so viel, dass dadurch die neutestamentlichen Schriften zugleich auch Geschichtsquellen sind, deren Zuverlässigkeit durch die Tatsache, dass sie von glaubenden Anhängern Jesu geschrieben wurden, nicht gemindert, sondern geradezu verbürgt wird. Denn Liebe zu Jesus machte die Autoren des Neuen Testaments sehend, während die Gleichgültigkeit eines neutralen Beobachters gegenüber der Persönlichkeit Jesu blind macht. Die »Projektgruppe Glaubensinformation« schreibt deshalb zu recht in ihren »Glaubensbriefen«:
»Alle biblischen Nachrichten über Jesus von Nazareth sind – wenn man so will ›parteiisch‹. Denn das eigene Engagement, das zu dieser Parteinahme führt, eröffnet zugleich Tiefen der Betrachtung, die dem bloß indifferenten Zuschauer verschlossen bleiben.«3
»Jesus-Forscher« bestätigen die neutestamentlichen Berichte
Der Wert der biblischen Geschichtsquellen über Jesus und der Grad ihrer Zuverlässigkeit ist von vielen sogenannten »Jesus-Forschern« bestätigt worden.
Der Theologe Heinrich Weinel schreibt:
»Keine Überlieferung der ganzen Weltgeschichte ist mit solcher Sorgfalt geprüft und nach allen Seiten hin und her erwogen, wie die von Jesus!«
Der Theologe Martin Dibelius:
»Kein Buch der Antike ist in so alten, so zahlreichen und so relativ übereinstimmenden Texten auf uns zugekommen wie das Evangeli-um und die Paulusbriefe!«
Dass beide Forscher ihre Feststellung mit einem Ausrufezeichen schließen, das in wissenschaftlichen Abhandlungen nur ausnahmsweise zugelassen wird, bezeichnet den grundlegenden Charakter ihrer Erkenntnis und des sie tragenden Tatbestandes.4
Römische Historiker erwähnen Christus
Sind die neutestamentlichen Schriften aber nur die einzigen historischen Quellen über Jesus? Oder gibt es nicht auch außerbiblische bzw. nichtchristliche Berichte über ihn? Darauf eine Antwort von Künneth:
»Wir haben einige Berichte außerbiblischen und außerkirchlichen Ursprungs. Es sind nicht sehr viele, aber ich meine, es ist doch nicht nur interessant, sondern auch bedeutungsvoll, diese kennenzulernen.«
In der Tat gibt es eine Reihe außerbiblischer und nichtchristlicher Berichte über die Geschichtlichkeit Jesu von Nazareth.
Zunächst einige Auszüge aus Berichten von Römern:
Der wohl berühmteste aller römischen Geschichtsschreiber, T a c i t u s,5 vollendete um 110 nach Christus ein großangelegtes Geschichtswerk mit dem Titel »Annalen«. In Band XV, Kapitel 44, äußerte er sich in Verbindung mit dem Brand Roms und der Verfolgung der Christen durch den Kaiser Nero u. a.:
»Um den Verdacht der Brandstiftung von sich abzulenken, schob der Kaiser die Schuld auf andere ab und ließ die ausgesuchtesten Strafen über sie ergehen. Es waren jene Leute, die das Volk wegen ihrer Schandtaten hasste und mit dem Namen ›Christianer‹ belegte. Dieser Name stammt von Christus, der unter Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war.«
Der römische Historiker S u e t o n,6 der in seinem Buch »Über das Leben der Kaiser« eine Anzahl Kaiserbiographien veröffentlichte, schrieb darin (XXV, 4) über den Kaiser Claudius:
»Die Juden vertrieb er aus Rom,7 weil sie von einem Chrestus (= gemeint ist offensichtlich Christus!) aufgehetzt, fortwährend Unruhe stifteten.«
Der Römer P u b l i u s L e n t u l u s, der angebliche Amtsvorgänger von Pontius Pilatus, berichtete in einem Schreiben an den Kaiser Tiberius und den Senat in Rom:
»Hier ist in diesen Tagen ein Mann mit großer Kraft aufgetreten, der Christus heißt und der noch unter uns lebt, und der von den Heiden (gemeint waren in den Augen der Römer die Juden) als Prophet der Wahrheit anerkannt wird. Doch seine Jünger nennen ihn Gottes Sohn. Er weckt Tote auf und heilt alle Krankheiten.«8
Zwischen 101 und 113 schrieb der römische Statthalter in Bithynien (Kleinasien), P l i n i u s, an den Kaiser Trajan in Rom wegen der Zunahme des Christenglaubens in der Bevölkerung und wegen der Maßnahmen, die er gegen die Christen eingeleitet habe:
»Ich fragte sie, ob sie Christen wären; wenn sie sich dazu bekannten, fragte ich sie zum zweiten und dritten Male und drohte ihnen die Todesstrafe an; wenn sie dabei blieben, ließ ich sie abführen (zum Tode) … Sie versicherten aber, … dass sie gewohnt gewesen wären, an einem bestimmten Tage vor Tagesanbruch zusammenzukommen und Christus, wie einen Gott, miteinander in Lobgesängen zu verehren.«9
Jesus in jüdischen Geschichtswerken
Neben historischen Zeugnissen von Römern über Jesus von Nazareth gibt es auch einige jüdischer Herkunft. So berichtete der bedeutende jüdische Historiker F l a v i u s J o s e p h u s10 um das Jahr 90 nach Christus von der historischen Existenz Jesu in seinem Werk »Jüdische Altertümer« (XVIII 3, 3), das heute nur noch teilweise erhalten ist:
»In dieser Zeit lebt Jesus, ein Mensch voll Weisheit, wenn man ihn überhaupt einen Menschen nennen darf. Er tat nämlich ganz unglaubliche Dinge und war der Lehrer derjenigen Menschen, welche gern die Wahrheit aufnahmen. So zog er viele Juden und viele aus dem Heidentum an sich. Auf Anklage der Vornehmen bei uns verurteilte ihn Pilatus zwar zum Kreuzestode, aber nach drei Tagen erschien er wieder lebendig, wie die göttlichen Propheten das mit unzähligen anderen wunderbaren Dingen auf ihn voraus gesagt hatten. Auch jetzt noch lebt das Geschlecht der Christen fort, die nach ihm ihren Namen haben.«11
Überraschend ist, dass sogar der Talmud12 – die offizielle Quelle des orthodoxen nachchristlichen Judentums – im sogenannten »Traktat Sanhedrin« Hinweise auf Jesus von Nazareth bringt. Die wichtigste Notiz daraus lautet:
»Am Rüsttage des Passah hängte man Jeschua ha-Nozri. 40 Tage vorher hatte ein Herold ausgerufen: ›Er soll zur Steinigung abgeführt werden, weil er Israel abwendig gemacht und verführt hat. Jeder, der etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen weiß, komme und sage es.‹ Aber niemand fand für ihn eine Rechtfertigung und so hängte man ihn am Rüsttage des Passah.«
Als letztes Zeugnis für die Geschichtlichkeit Jesu sei ein Passus des jüdischen Hauptgebetes angeführt, das jeder fromme Jude täglich dreimal zu beten hatte. In der 12. Lobpreisung des »Achtzehn-Bitten-Gebetes« fleht der Gläubige zu Gott:
»Den Abtrünnigen sei keine Hoffnung, und die freche Regierung (= Rom) mögest Du eilends ausrotten in unseren Tagen, und die Nazarener und die Irrlehrer mögen umkommen! Sie mögen ausgelöscht werden aus dem Buche des Lebens und mit den Gerechten nicht aufgeschrieben werden! Gepriesen seist Du, Herr, der Freche beugt!«13
In diesem Gebet hat das rechtgläubige Judentum das Wissen um die Geschichtlichkeit Jesu festgehalten. Denn die Nazarener waren keine anderen als die, die Jesus von Nazareth nachfolgten.
Das Imperium Romanum hatte kein besonderes Interesse an dem Mann aus Nazareth
Bei diesen und einer Anzahl anderer außerbiblischer und nicht-christlicher Zeugnisse römischer und jüdischer Herkunft fällt auf, dass sie im Grunde nicht viel über das Leben Jesu hergeben und auch nichts Neues sagen, als was wir schon aus den Evangelien von Jesus wissen. Darüber hinaus enthalten sie über ihn und die Christen manchen Unsinn. Ich fragte deshalb K ü n n e t h:
FM: »Warum sind diese sogenannten außerchristlichen Zeugnisse über die Geschichtlichkeit Jesu zumeist spärlich und knapp gehalten? Haben Sie dafür eine Erklärung?«
WK: »Man muss sich hier einmal die Situation des großen weitgespannten Römischen Reiches vor Augen halten. Hier in diesem gewaltigen Reich, in dem unzählige große und kleine Religionsgemeinschaften, religiöse Sekten, mystische Zirkel und dergleichen vorhanden waren, spielte das Aufkommen einer so kleinen Gruppe von Christen überhaupt keine Rolle. Man kann ja nicht erwarten, dass in dem Imperium Romanum ein besonderes Interesse da war oder es ein Aufsehen erregte, wenn irgendwie so eine kleine Gruppe von Christen in dem Winkel von Palästina aufgetaucht ist. Das ist aus der Lage ohne weiteres verständlich.«
Ähnlich äußerte sich auch der Geschichtsforscher P r o f. D r. Theophil Flügge:
»Dass Jesus gelebt hat, darüber gibt es keinen Zweifel. Seine Heimat, das Land Israel, liegt an einem eigentümlichen Schnittpunkt der Welt, nämlich dort, wo Asien und Afrika einander berühren und Europa sehr nahe liegt. Trotzdem war Israel damals kein sonderlich geistiger Mittelpunkt der Welt. Rom und Alexandrien waren neben noch anderen Städten die Orte, in denen sich die großen Geschichtsschreiber, Dichter und Philosophen damaliger Zeit zusammenfanden. Jerusalem war für sie bedeutungslos. Und da nun Jesus nur wenige Jahre Zeit hatte, unter den Menschen öffentlich zu wirken, haben die bedeutenden Geistesmänner jener Jahrzehnte – mit einigen Ausnahmen – nie etwas von Jesus erfahren. Außerdem war es schon damals so wie heute, dass die berühmten Männer der Philosophie und Literatur sich in den wenigsten Fällen beeilten, einen neu aufkommenden Mann anzuerkennen. Von jeher versuchten Geistes-männer gern einen anderen, der bedeutender und klüger ist als sie selbst, möglichst totzuschweigen oder ihn öffentlich zu verachten.«14
Es sei dem noch hinzugefügt, dass sowohl die römischen als auch die jüdischen Historiker, soweit sie von Jesus etwas wussten, auch unfähig waren, die Existenz Jesu zu bewältigen und in ihr Geschichtsbild einzuordnen.
Was die Echtheit der außerbiblischen und nichtchristlichen Zeugnisse über Jesus betrifft, ist man jedoch unter Christen geteilter Meinung. Die einen halten sie als unbedingt authentische Zeugnisse derer, unter deren Namen sie bekannt wurden. Die anderen sind der Meinung, sie seien – jedenfalls zum Teil später zumindest in den wohlwollenden Formulierungen über Jesus – gefälscht. Meine Frage deshalb an Künneth:
FM: »Was sollen wir von den außerchristlichen Zeugnissen über das Leben Jesu halten? Sind sie ernst zu nehmen und haben sie überhaupt irgendeinen Wert?«
WK: »Sie sind genauso ernst zu nehmen, wie andere geschichtliche Dokumente, die wir auch für andere geschichtliche Persönlichkeiten aufweisen können. Ich würde meinen, sie sind von Bedeutung. Sie haben ihren geschichtlichen Wert. Sie können einen Beitrag leisten auch für chronologische zeitliche Fixierungen. Sie bilden auch eine gewisse historische Bestätigung der geschichtlichen Kenntnisse des Neuen Testamentes. Und insofern würde ich sagen, sind diese Quellen durchaus beachtenswert, würde aber meinen, dass sie für den christlichen Glauben selbst nicht von eigentlicher existentieller Bedeutung sind. Man kann auch glauben, ohne von diesen Zeugnissen Kenntnis zu nehmen.«
»An der Geschichtlichkeit Jesu kann nur ein Narr zweifeln«
Nun wurde jedoch trotz biblischer und außerbiblischer Zeugnisse über Jesus von Nazareth seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wiederholt bestritten, dass Jesus als Persönlichkeit auf Erden gelebt habe. Es waren dies vor allem die Theologen Bruno Bauer, Albert Kalthoff und der Semitist P. Jensen sowie die Literaten Robertsen, Artur Drews und der amerikanische Mathematiker und Philosoph S m i t h, die die historische Existenz Jesu von Nazareth anfochten und das Leben Jesu als eine freie Erfindung der Evangelisten und Jünger Jesu nachzuweisen versuchten.
Aus diesem Jahrhundert seien u. a. vor allem Albert Schweitzer und Rudolf Augstein erwähnt.
Albert Schweitzer schrieb 1913:
»Das moderne Christentum muss von vornherein und immer mit der Möglichkeit einer eventuellen Preisgabe der Geschichlichkeit Jesu rechnen.«15
Rudolf Augstein schrieb 1972 unumwunden:
»Angesichts der spärlichen Belege kann man fragen, ob denn der ganze Jesus nicht eine aus mehreren Figuren und Strömungen synthetisch in eine geflossene Erscheinung sei, in der Phantasie hellenistisch gebildeter Juden unbewusst erschaffen als eine personifizierte Heilserwartung des jüdischen Volkes … Suchen wir den Jesus im Fleisch, so finden wir seine Spuren auf der Erde weniger als im Himmel, in den Geschichtsbüchern16 weniger als in den Mythen der Völker.«17
Ich fragte Künneth:
FM: »Trotz vieler biblischer und verschiedener außerbiblischer Zeugnisse über Jesus von Nazareth wurde wiederholt vor allem von gewissen Theologen bestritten, dass Jesus als Mensch auf dieser Erde gelebt habe. Warum?«
WK: »Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass es heute wohl keinen ernstzunehmenden Forscher oder Theologen gibt, der die Existenz Jesu als solche irgendwie in Frage stellt. Diese Zeit ist vorüber.«
Dann erklärte Künneth, warum wiederholt die Geschichtlichkeit Jesu bestritten wurde:
WK: »Immerhin ist es richtig, dass in der Vergangenheit solche Meinungen aufgetaucht sind. Ich nenne als Beispiel aus dem 19. Jahrhundert den bekannten Artur D r e w s, der in seinen Versammlungen – er war ja Atheist – erklärt hat, Jesus von Nazareth darf nicht gelebt haben. Das scheint mir aufschlussreich zu sein. Denn damit zeigt er die Tatsache auf: Wenn Jesus wirklich gelebt hat, dann bedeutet dieses Dasein dieser Gestalt Jesu von Nazareth eine Infragestellung des Atheismus, eine Bedrohung einer atheistischen Position. Und darum erklärt man, er darf nicht gelebt haben. Mit historischen, sagen wir wissenschaftlichen Feststellungen, hat das überhaupt nichts zu tun. Es ist einfach eine Abwehrreaktion. Man könnte beinahe sagen, eine Schutzaktion des Atheismus gegen den Einbruch einer anderen Macht, die in Jesus von Nazareth verkörpert ist.«
FM: »Herr Professor, ganz konkret: Hat Jesus von Nazareth nun wirklich gelebt oder nicht? Kann man diese Frage überhaupt wahrheitsgemäß beantworten?«
WK: »Es gibt kein einziges Argument, keinen einzigen Grund, den man anführen könnte, dass er nicht gelebt hat. Alles spricht rein historisch gesehen für diese Realität. Würde man diese Historizität Jesu in Frage stellen, dann müsste man eigentlich die gesamte antike Vergangenheit und die vielen Persönlichkeiten, von denen wir alle reden und selbstverständlich wissen, in Frage stellen.«
Ja, man müsste bezweifeln, dass zum Beispiel Sokrates, Cäsar, Augustus, Mohammed, ja sogar Karl der Große gelebt haben. Denn alles, was wir von ihnen wissen, wissen wir durch die Bücher ihrer Zeitgenossen. Und das ist effektiv bei weitem weniger als wir im Neuen Testament über Jesus erfahren. Cäsar und Kaiser Augustus wären glücklich gewesen, wenn sie so viele unmittelbare und zuverlässige Zeugen ihres Lebens gehabt hätten, die aus eigenem Miterleben oder aufgrund von Augen- und Ohrenzeugenberichten ihre Taten aufgeschrieben hätten!
Was der Philosoph Paul D e u s s en bereits 1919 schrieb, mag des-halb allen, die vielleicht an der historischen Existenz Jesu zweifeln oder aber sie leugnen, zum Nachdenken veranlassen:
»An der Geschichtlichkeit der Person Jesu kann nur ein Narr zweifeln. Der Tatbestand des neutestamentlichen Schrifttums ebenso wie die erste Genesis (= Anfang) des Christentums bleiben völlig unerklärlich, wenn man nicht als Urheber der ganzen Bewegung einen historischen Jesus voraussetzt.«18
Die Tatsache der Geschichtlichkeit Jesu ist also unbestreitbar. Denn kaum eine andere Persönlichkeit der Geschichte ist so eindeutig und klar sowohl von unmittelbaren christlichen Augen- und Ohrenzeugen, die Jesus kannten, als auch von nichtchristlichen römischen und jüdischen Historikern bezeugt worden. Wie Herodes und Augustus historische Menschen waren, so war es Jesus auch: Er lebte zu bestimmter Zeit in Palästina – einmalig und unverwechselbar mit anderen Menschen. Ob das nun von allen Menschen begrüßt oder vielleicht bedauert wird: Seine Existenz ist ein unzweifelhaftes Datum der Weltgeschichte!
Die wichtigsten Daten eines einzigartigen Lebens
Nachdem wir uns mit der grundlegenden Frage nach der Geschichtlichkeit Jesu befasst haben, wollen wir uns als nächstes seinem eigentlichen Menschsein zuwenden. Denn als einer, der tatsächlich auf Erden gelebt hat, muss Jesus wie wir auch ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut gewesen sein. Das bekräftigte auch K ü n n e t h :
»Nach dem Neuen Testament war Jesus uns Menschen gleich: ›Er ward wie ein anderer Mensch und durch seine ganze Erscheinung als Mensch erwiesen.19 Das ist eine entscheidende Aussage des Neuen Testaments, so dass also in der Tat hier deutlich wird, dass die Betonung des wahren, echten, wirklichen Menschseins Jesu aus dem Zeugnis des Neuen Testaments nicht gestrichen werden kann.«
Wir fragen deshalb nach dem biblischen Menschenbild Jesu.
Wenngleich die Verfasser der Evangelien nicht zum Ziel haben, in erster Linie eine Biographie von Jesus der Nachwelt zu überliefern, so übermitteln sie uns doch eine Vielzahl von Fakten aus dem Leben Jesu, sofern sie dem eigentlichen Ziel ihrer Berichterstattung, dem Ruf zum Glauben an Jesus Christus dienen und ihn den Menschen innerlich nahebringen.
Vergegenwärtigen wir uns zunächst in einer kurzen Übersicht die wichtigsten Daten seines Lebens:
Jesus wurde wahrscheinlich im Jahre 7 vor Beginn unserer christlichen Zeitrechnung20 als Sohn der Jungfrau Maria21 in Bethlehem, der »Stadt Davids«, geboren (Lukas 2, 1 ff). Nach seiner biologischen Herkunft stammt er aus dem Geschlecht Davids und war ein Jude (Matthäus 1, 16.17, Römer 9, 4.5).22
Er bekam den Namen »Jesus«23 (Matthäus 1, 21, Lukas 2, 21), der später durch den Titel »Christus«24 erweitert wurde, um daran deutlich zu machen, dass er in Person der verheißene Messias ist.
Einige Tage nach seiner Geburt mussten Maria und Joseph mit ihm nach Ägypten fliehen, um dem Kindermord des Herodes zu entgehen.
Am achten Tag nach seiner Geburt wurde er nach jüdischem Gesetz beschnitten (Lukas 2, 21, Galater 4, 4). Nach Umbruch der politischen Verhältnisse Rückkehr aus Ägypten.
Maria und Joseph, die inzwischen nach jüdischem Recht die Ehe aufgenommen hatten, nahmen ihren Wohnsitz in dem Ort Nazareth in Galiläa.25
Dort wuchs Jesus im Kreise von mindestens sechs weiteren leiblichen Geschwistern auf (Matthäus 12, 46; 13, 55.56).26 Von seinem Ziehvater, der Zimmermann war, lernte er ebenfalls den Beruf des Zimmermanns (Markus 6, 3). Mit 12 Jahren nahmen ihn seine Eltern zum Passahfest nach Jerusalem mit (Lukas 2, 41-52). Bei einem theologischen Lehrgespräch von Rabbinern im Tempel hörte er nicht nur interessiert zu, sondern wagte es auch, sich an diesem Gespräch zu beteiligen, so dass sich alle Anwesenden über seine klaren Gedanken und präzisen Antworten verwunderten (Lukas 2, 46.47).
Über fast 18 Jahre seines Lebens erfahren wir dann nichts. Erst als (um 30 nach unserer Zeitrechnung27) Johannes, der Täufer, am Jordan zu predigen und zu taufen begann, setzt die Berichterstattung über ihn wieder ein:
Jesus ließ sich von Johannes taufen (Matthäus 3, 13-17). Unmittelbar danach zog Jesus sich 40 Tage in die Einsamkeit der judäischen Berge zurück (Matthäus 4, 1ff, Markus 1, 13), um sich für seine eigentliche Lebensaufgabe zu rüsten: das Heilswerk Gottes auszuführen. Zurückgekehrt in seine Vaterstadt nach Nazareth und einem kurzen Zwischenaufenthalt daselbst, zog Jesus nach Kapernaum an den See Genezareth, den Ausgangspunkt seines zukünftigen Wirkens. Dort fing er an, die Botschaft vom Reiche Gottes zu verkündigen. Dabei bediente er sich oft der Form des Gleichnisses, um an ihr seinen Zuhörern die Wahrheit des göttlichen Wortes und Willens zu verdeutlichen.
Auf einer Anhöhe in der Nähe des Sees Genezareth hielt er seine später berühmt gewordene »Bergpredigt« (Matthäus 5-7), in der er die Menschen glücklich pries, die an Gott glauben und nach seinem Willen handeln. Aber Jesus predigte nicht nur, sondern er tat auch Wunder. Er speiste Tausende von hungernden Menschen mit zwei Fischen und fünf Broten, die normalerweise nur für wenige gereicht hätten (Matthäus 14, 13-21). Er heilte Kranke von ihren Leiden und Gebrechen, befreite von Dämonen besessene Menschen und vergab Sündern ihre Schuld. Hier am See berief er auch 12 Jünger in seine Nachfolge. Es waren Fischer, Bauern, Handwerker und ein Zollbeamter aus dem heimatlichen Galiläa (Matthäus 4, 18-22; 9, 9; Lukas 6, 12-16). Gleichsam als Repräsentanten der 12 altisraelitischen Stämme zog Jesus mit ihnen durchs Land. Mit ihnen ist er auch nach Jerusalem gegangen, um auch dort den Menschen die Botschaft vom Kommen der Herrschaft Gottes zu verkündigen. Damit aber begann für ihn der von Gott gewollte Leidensweg, der am Kreuz enden sollte.
Die äußeren Fakten und Stationen dieses Leidensweges waren diese:
Triumphaler vom Volk umjubelter Einzug in die Heilige Stadt, den die religiösen Führer mit Neid und Misstrauen verfolgten (Matthäus 21, 1-11).
Rausschmiss der Geld- und Tierhändler aus dem Tempelhof, den die religiösen Führer mit Empörung mitansehen mussten (Matthäus 21, 12-17).
Beschluss des Hohen Rates, Jesus noch vor dem Passahfest aus dem Wege zu schaffen (Matthäus 26, 3-5).
Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane durch ein Kommando der jüdischen Tempelpolizei und der römischen Besatzungs-macht (Matthäus 26, 47-56).
Schnellgerichtsverfahren gegen Jesus vor der jüdischen Rechts-und Religionsbehörde, dem Hohen Rat (= Synedrium), seine Verurteilung zum Tode wegen messianischer Rebellion und die Bestätigung durch den römischen Gouverneur Pontius Pilatus (Matthäus 26, 57-27, 30).
Vollstreckung des Todesurteils gegen Jesus durch ein römisches Exekutionskommando am Kreuz auf dem Hügel Golgatha und sein Tod am Rüsttag vor dem Passahfest im Jahre 32 oder 33 nach unserer Zeitrechnung (Matthäus 27, 31-56).
Das sind die wichtigsten äußeren Fakten des Lebenslaufes Jesu, die ihn als einen typischen Menschen von Fleisch und Blut auswiesen.
Jesu menschliche Eigenschaften, Verhaltensweisen und Begabungen
Wir können diese Fakten jedoch nicht einfach nur so zur Kenntnis nehmen, ohne nicht zugleich auch kurz seine typisch menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen herauszustellen, die zu seinem Menschsein hinzugehören. Denn er war – wie Paulus in Philipper 2, 7 schrieb – »gleich wie ein anderer Mensch und durch seine ganze Erscheinung und sein Verhalten als ein Mensch erwiesen.«
Aus den Evangelien erfahren wir:
Jesus kannte Hunger, Durst und Müdigkeit (Matthäus 4, 2; Johannes 4, 6; 19, 28). Aber er hat nie seine Bedürfnisse mit Hilfe seiner Macht als Sohn Gottes erfüllt.
Jesus war fleißig und arbeitsam (Markus 1, 21-35: Ein Arbeitstag im Leben Jesu).
Jesus war vielseitig begabt:
Er war redebegabt. Nicht im Sinne einer hochtrabenden Rhetorik. Seine Sprache war vielmehr einfach, ohne Pathos, allgemeinverständlich, bildhaft, direkt, gehaltvoll, vollmächtig. Das Volk hörte ihm gerne zu (Markus 12, 37). Im Gespräch mit Pharisäern und Schriftgelehrten, die ihn dialektisch »reinzulegen« versuchten, blieb er keine Antwort schuldig, sondern argumentierte logisch, so dass sie ihm nichts anhaben konnten.
Er hatte auch die Gabe des Durchschauens und Beobachtens. Er durchschaute die Absichten der Pharisäer und Schriftgelehrten, wenn sie ihn in ein theologisches Streitgespräch verwickeln wollten, und er erkannte die Not, die sich hinter dem äußeren Elend der kranken und führungslosen Menschen verbarg.
Er beobachtete sorgfältig seine Umwelt und benutzte Ereignisse und Geschehnisse daraus zur Illustration und zum Vergleich für seine Reden.
Jesus war auch sprachbegabt. Mit großer Wahrscheinlichkeit verstand und sprach er Hebräisch, die Sprache des Alten Testamentes und des jüdischen Kultus. Selbstverständlich sprach er auch Aramäisch, die allgemeine Umgangssprache der Menschen in jener Zeit. Und wahrscheinlich sprach oder verstand er zumindest Griechisch, das als internationale Verkehrssprache im Mittelmeerraum weit verbreitet war.
Seine vielseitige Begabung bestätigten sogar ausdrücklich seine Jünger. Sie sagten von ihm, dass er es nicht nötig hatte, irgend jemanden etwas zu fragen, weil er alle Dinge wisse (Johannes 2, 24-25).
Jesus kannte auch seelische Regungen:
Er konnte lieben (Markus 10, 21) und weinen (Lukas 19, 41).
Er konnte zornig sein, ohne Unbeherrschtheit und Wut (Markus 3, 5; 11, 15-19).
Er konnte traurig und verzagt sein (Matthäus 26, 38).
Er hatte Erbarmen mit Kranken, Elenden und Sündern (Matthäus 9, 36 u. a.).
Jesus hat aber nie Furcht gezeigt. Auch in großer Gefahr vertraute er auf Gott und fürchtete sich nicht (Lukas 4, 29.30; Johannes 10, 31.32).
Jesus wusste auch um mancherlei Versuchungen (Matthäus 4):
Der Teufel versuchte ihn, seine Macht zu demonstrieren und aus Steinen Brot zu machen, um seinen Hunger zu stillen.
Er versuchte ihn, sich von der höchsten Stelle der Tempelbergmauer in die Tiefe des Kidrontales zu stürzen, um gegen alle physikalischen Gesetze auf der Erde die bewahrende Macht Gottes herauszufordern.
Der Teufel versuchte schließlich Jesus, vor ihm niederzufallen und ihn anzubeten. Dafür wollte er ihm die Macht über die Welt übertragen. Doch Jesus widerstand diesen Versuchungen und gab ihnen nicht nach.
Jesus war also ein Mensch aus Fleisch und Blut. Er hatte die gleichen Eigenschaften und verhielt sich ähnlich wie wir. Er wurde versucht wie wir – aber er war ein Mensch ohne Sünde. Warum? Im Hebräerbrief finden wir eine eindeutige »Erklärung« dafür:
»Jesus musste in allem seinen Brüdern gleich werden, damit er barmherzig wurde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, um die Sünden des Volkes zu sühnen. Denn weil er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden … Denn wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der mit unseren Schwächen kein Mitleid haben könnte, sondern der wie wir in allem versucht worden ist, doch ohne Sünde. Darum lasst uns mit Zuversicht vor den Thron der Gnade treten, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden, wenn wir Hilfe nötig haben« (Hebräer 2, 17.18; 4, 15.16).
Was ihn von anderen Menschen unterschied
Jesus war also kein Idealmensch. Aber er war der Mensch, wie Gott ihn haben wollte. Obwohl er einer von uns Menschen war, so unterschied ihn von uns doch das Folgende:
Sein unmittelbares eindeutiges Verhältnis zu Gott, eine Unmittelbarkeit, wie sie bei keinem anderen Menschen der Fall ist.
Seine Sündlosigkeit als Begründung dieses unmittelbaren Verhältnisses zu Gott.
Seine ungebrochene totale Zuwendung zum Menschen in Liebe und Barmherzigkeit, die unvergleichlich und keinem andern Menschen möglich ist.
Sein schuldloses Opfer am Kreuz für die schuldhafte Menschheit.
Und das hebt ihn unendlich weit über alle Menschen hinaus, bringt ihn aber doch wiederum allen Menschen so nahe. Denn nun ist er als der Mittler zwischen Gott und den Menschen einer geworden für uns, bei dem wir Verständnis und Hilfe, Vergebung unserer Schuld und ewiges Leben aus Gott empfangen. Jesus hat sich deshalb auch vorwiegend als »Menschensohn« bezeichnet.28
Indem wir so ausdrücklich das Menschsein Jesu betonen, lenken wir weder von seiner Göttlichkeit ab, noch können wir damit letztlich Glauben an ihn bewirken. Aber wir beseitigen damit doch Vorwände, sich mit billigen Gründen der historischen Argumentation von vornherein zu entziehen und schaffen dadurch die Voraussetzung dafür, in Jesus den lebendigen und wahren Gott zu erkennen. Denn ohne sein Menschsein wäre die Göttlichkeit Jesu verborgen geblieben und sein Heilswerk undurchführbar gewesen. Wer aber sein Menschsein, seine Sündlosigkeit und Opferbereitschaft als Tatsachen anerkennt, wird auch bereit sein, sich den Fragen nach seiner Göttlichkeit zuzuwenden.
1 Der Franziskaner-Theologe Dr. Gerhard Dautzenberg dagegen behauptet: »Kein Evangelium ist von einem Augenzeugen geschrieben worden.« Zitiert nach J. Lehmann, Jesus-Report, Düsseldorf-Wien, 1970, S. 63. Im selben „Jesus-Report“ schreibt Lehmann: »Alle vier Evangelien sind mehr als eine Generation nach dem Tode des Rabbi J. entstanden und in ihrer uns bekannten Fassung von Leuten geschrieben und redigiert worden, die nachweislich keine Augenzeugen, sondern Berichterstatter aus zweiter Hand waren« (S. 26). Dazu widerlegende Ausführungen von F. May in »Der verfälschte Jesus«, 1972, Neuhausen-Stuttgart, S. 17-21.
2 Lukas 1, 1-4.
3 Aus »Informationen über den Glauben«, Nr. 10, Evangelische Buchhilfe, Vellmar 3
4 G. Gloege, Aller Tage Tag, Unsere Zeit im Neuen Testament, Stuttgart, 1960, S. 72.
5 Cornelius Tacitus, um 55 bis um 120 n. Chr.
6 Gaius Suetonius Transanillus, 75-150 n. Chr. Seine zahlreichen Schriften ergänzen durch die Fülle einzelner Tatsachen das Geschichtswerk des Tacitus.
7 Von der Vertreibung selbst, die im Jahre 49/50 n. Chr. geschah, berichtet die Apostelgeschichte 18, 2.
8 Nach A. Funning, Schönster Herr Jesu, Allianz, Fellbach, 1951 – vergl. auch Benz, Geist und Leben der Ostkirche, ro-ro-ro, 1957.
9 H. Halfmann, Quellenstücke zur Kirchengeschichte, Berlin, 1914.
10 Flavius Josephus wurde 37 n. Chr. in Jerusalem geboren. Um 100 starb er in Rom.
11 Nach Testimonium Flavianum, auch »Eusebius-Text« genannt, entdeckt von Bischof Eusebius von Cäsarea.
12 Der Talmud reicht bis in die vorchristliche Zeit zurück, im 5. Jahrhundert n. Chr. abgeschlossen.
13 G. Gloege, a. a. O., S. 71.
14 F. May, Der verfälschte Jesus, Glaube und Auftrag der Christen im Widerstreit der Meinungen, TELOS Nr. 1017, S. 15f.
15 A. Schweitzer, Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, Tübingen, 1913, S. 512.
16 In einem Geschichtsbuch des russischen Wissenschaftlers Prof. M i s c h u l i n heißt es: »Durch die Wissenschaft ist erwiesen, dass es überhaupt keinen Christus gegeben hat … Damals wurde … mitten aus dem Volk heraus der Mythos von Jesus Christus geschaffen, dem Gott-Menschen … Der Mythos wurde anfangs mündlich geformt und erst später niedergeschrieben. In keinem der historischen Werke jener Zeit steht ein Wort über das Leben von Jesus Christus.« (Zitiert nach Haug, Er ist unser Leben, Steinkopf, Stuttgart, 1962, Nr. 393.) Anders lautende Meinungen anderer russischer Wissenschaftler auf Seite 195f.
17 R. Augstein, Jesus-Menschensohn, Bertelsmann, 1972, S. 25, 50.
18 P. Deussen, Allgemeine Geschichte der Philosophien mit besonderer Berücksichtigung der Religionen, Band 2, Leipzig, 1919, S. 189.
19 Philipper 2, 7!
20 Das Datum der Geburt Jesu ist wiederholt Gegenstand eingehender Forschungen gewesen. Einige Forscher haben die Geburt Jesu auf die Jahre 7-4 vor Beginn unserer Zeitrechnung festgelegt. W. Künneth sagt: »Man hat in dem alten Babylonien eine Keilschrift-Tonplatte gefunden, auf der ein Steuerkalender verzeichnet war, und einen Kalender, auf dem genau auch die Gestirnsdaten fixiert waren mit der Berechnung, dass im Jahre 7 vor unserer Zeitrechnung eine besondere Planetenkonstellation eintreten werde. Das ist dann ja auch der Fall gewesen. Und wenn man nun diese beiden Dinge zusammennimmt, Steuergesetzgebung im Römischen Reich und diese astronomisch-astrologische Fixierung aus Alt-Babylonien, kommt man auf das Jahr 7 vor unserer Zeitrechnung.« Auch der englische Physiker David W. H u g h e s von der Universität Sheffield ist davon überzeugt, dass Jesus Christus nicht im Jahre 0, sondern 7 Jahre früher geboren wurde. Beim astronomischen Studium des »Sterns von Bethlehem« kam er zu dem Ergebnis, dass die Leuchtkraft des Sternes auf das im Jahre 7 vor Christi stattgefundene Zusammentreffen von Saturn und Jupiter im Sternbild der Fische zurückzuführen ist. (Die Welt, 10. 12. 1976)
21 Zur Jungfrauengeburt siehe Seiten 52-65.
22 An literarischen und theologischen Versuchen, Jesus das Judesein abzusprechen, hat es nicht gefehlt. Der Engländer Houston St. Chamberlain, ein Schüler Richard Wagners, versuchte um die Jahrhundertwende zu beweisen, dass in den Adern Jesu mehr arisches als jüdisches Blut floss. In seinem Buch »Grundlagen des 19. Jahrhunderts«, das später zu einem der Nazi-Evangelien kanonisiert wurde, schrieb er: »Dass Jesus der jüdischen Rasse nicht angehörte, kann als sicher betrachtet werden.« Welch absurde Idee und These, mit der versucht wurde, Jesus zu entjudaisieren und aus ihm einen Arier zu machen. Dagegen steht das eindeutige Zeugnis des Neuen Testaments, dass Jesus im Schoß des jüdischen Volkes Mensch wurde und folgedessen das Heil für die Menschheit von den Juden kommt (Johannes 4, 22).
23 Der Name »Jesus« war früher unter den Juden ein Modename. (Siehe auch Seite 157f.)
25 Fortan galt Nazareth als die Vaterstadt Jesu (Markus 6, I). Folglich wurde Jesus auch »Nazarener« bzw. »Nazoräer« und »Jesus von Nazareth« genannt. Die Namensbezeichnung »Jesus von Nazareth« hat sich bis heute erhalten, um damit Jesus von allen anderen Juden mit gleichem Namen zu unterscheiden und um seine menschliche Existenz herauszustellen.
26 Es waren mindestens zwei Schwestern und vier Brüder: Jakobus, der später die Urgemeinde in Jerusalem leitete (1. Korinther 15, 7; Galater 1, 19; Apostelgeschichte 12, 17); Joses (= Joseph), von dem wir nichts Näheres wissen; Judas, der der Verfasser des Judasbriefes ist, und Simon, von dem ebenfalls nichts weiter berichtet wird.
27 Im Jahre 14 nach unserer Zeitrechnung trat der römische Kaiser Tiberius seine Herrschaft an, und in seinem 15. Regierungsjahr begann Johannes d. Täufer am Jordan zu predigen (Lukas 3, 1-3).
28 Die Bezeichnung »Menschensohn« ist die wörtliche Wiedergabe eines semitischen Ausdrucks (aramäisch: bar nascha), der einfach »Mensch« heißt. Zugleich ist er aber auch ein apokalyptischer Hoheitstitel (Matthäus 26, 64).
Streit um die Gottheit Jesu
Für manche sogenannte »moderne« Theologen und solche, die sich dafür halten, sowie für eine Vielzahl von Menschen, die dem christlichen Glauben gegenüber gleichgültig oder ablehnend sind, ist Jesus von Nazareth nur ein Mensch, nichts als ein Mensch. Zweifelsohne ein besonderer Mensch: ein Mensch von hohen ethischen Qualitäten, von dem man viel lernen und den man zum Vorbild eigener Ideen und verschiedener gesellschaftlicher Zielvorstellungen nehmen kann. Aber er ist nicht Gottes Sohn, nicht Gott in Menschengestalt. Sie denken oder sagen: Seine Göttlichkeit wurde »erträumt und ihm angedichtet«. Der »Gottessohn, den die Christen anbeten« sei »eine literarische Figur, ein Batman ihrer religiösen Phantasie«. Wenn man schon im Blick auf den Menschen Jesus vom »Gottessohn« rede, dann nur in Anführungszeichen. Denn die Bezeichnung »Gottessohn« sei »lediglich ein antiker zeitgenössischer Ausdruck dafür, dass der Mensch Jesus in einem besonderen Verhältnis zu Gott gestanden hat«. »Gottessohn« sei deshalb für ihn nur eine theologische Würde, aber habe keine Aussagekraft und Bedeutung im Blick auf seine Herkunft und Wirksamkeit.
Dazu einige Zitate von Theologen aus unserer Zeit: Prof. W. Hartmann schreibt:
»Wir sollten endlich anfangen, Jesus als einen wirklichen Menschen zu begreifen und ihn nicht länger als einen Gott ansehen, der in einen Menschen verwandelt wurde … Was Jesus für uns bedeutet, lässt sich nicht länger in der Formel ausdrücken: ›Wahrer Gott und wahrer Mensch …‹ Ein Gott kann nicht versucht werden, hungern, dürsten, Angst haben, einsam sein, sterben, begraben werden. Wir müssen klipp und klar sagen, dass Jesus Mensch war und nichts als Mensch!«1
D r. Heinz Z a h r n t, früher theologischer Chefredakteur des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes, vertritt die These:
»Jesus ist für uns nicht Gott, aber Gott ist für uns Jesus!«2
Dr. Paul Schulz, einst Pfarrer an der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi, gegen den ein Lehrbeanstandungsverfahren durchgeführt wurde, sagte:
»Jesus ist nicht in der Form Gottes Sohn, wie man sich das bisher vorgestellt hat.«3
Der theologische Redakteur Johannes Lehmann, der mit seinem Buch »Jesus-Report« großes Aufsehen erregte, schreibt:
»Ein Sohn Gottes ist ein begnadeter Mensch, ein Auserwählter, ein Mensch, der tut, was Gott will. Jeder Versuch, dieses Sprachbild wörtlich zu nehmen und daraus die Göttlichkeit des Sohnes abzuleiten, widerspricht den Tatsachen.«4
Sieben führende anglikanische Theologen – unter ihnen Don Cu p i t t, Dekan des Emmanuel-College (Cambridge), und M a u r i c e W i l e s (Oxford), ehemaliger Vorsitzender des Lehrausschusses der Kirche von England – schreiben in einer Sammlung von Essays, in denen sie die Gottheit Jesu in Frage stellen:
»Jesus war nicht Gott in Menschengestalt, sondern ein Mensch, den Gott zu einem besonderen göttlichen Auftrag berufen hat.«5
Selbst unter einigen Theologen aus evangelikalem Lager, z. B. aus den Freikirchen, ist die Gottessohnschaft Jesu längst nicht mehr unumstritten. So brach unter den englischen Baptisten sogar ein offener Streit um die Gottheit Jesu aus.
Ausgelöst wurde dieser Streit auf einer Konferenz der Baptisten-Union von Großbritannien und Irland. Genauer gesagt durch ein auf dieser Konferenz vom Direktor des Northern-Baptist-College, Michael T a y l o r, gehaltenes Referat mit dem Thema: »Inwieweit war Jesus Mensch?« Darin gab der Referent einen Aufriss der Lehre über Christus, wobei er der Frage nach dem wahren Menschsein Christi besondere Aufmerksamkeit widmete. Seine Ausführungen über Jesus fasste er wörtlich folgendermaßen zusammen:
»Ich glaube, dass wir in dem Menschen Jesus Gott begegnen. Ich glaube, dass Gott in Jesus handelte. Aber es reicht nicht ganz aus, kategorisch zu erklären: ›Jesus ist Gott!‹ Jesus ist einzigartig, aber seine Einzigartigkeit führt nicht dazu, dass er von ganz anderer Art wäre als wir. Er ist ein Lebewesen von gleicher Art. Er ist ganz und unzweideutig ein Mensch. Der Unterschied zwischen ihm und uns liegt nicht darin, wie Gott in Jesus gegenwärtig war. Der Unterschied liegt darin, was Gott in und durch diesen Menschen tat. Er liegt in dem Ausmaß, mit dem dieser Mensch für Gott empfänglich war und mit ihm zusammenwirkte.«
Vorher hatte Direktor Taylor ausführlich deutlich gemacht, dass er der traditionellen Anschauung, dass Jesus Gott ist, nicht zustimmen könne. Er sagte, dass die Lehre der Glaubensbekenntnisse, wonach Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, ein Widerspruch sei. Theologen nennen so etwas ein Paradoxon. Er bezeichne es jedoch lieber als einen Widerspruch, den er nicht aufrecht erhalten könne.6
Warum die Gottheit Jesu bestritten wird
Der Streit um die Gottheit Jesu, wie sie unter nicht wenigen Theologen und in manchen christlichen Denominationen ausgetragen wird, veranlasste mich, einige damit im Zusammenhang stehende Fragen an den Theologen Prof. Dr. Walter Künneth (WK) und an den Naturwissenschaftler Prof. Dr. Hans Rohrbach (HR) zu richten.
Die grundlegende Frage, die ich beiden Wissenschaftlern stellte, lautete:
»War Jesus von Nazareth nur ein Mensch oder war er auch Gott?«
WK: »Nach dem gesamten neutestamentlichen Zeugnis müssen wir sagen: Beides zugleich in einer uns vorstellbaren, aber faktischen Einheit. Beides gehört dazu: das Menschsein und zugleich das Gott-gleich-sein.«
HR: »Jesus war ganz und gar Mensch und ganz und gar Gott in einer Person. So bezeugt es etwa das Glaubensbekenntnis von Chalcedon.7 Es heißt dort, dass die beiden Naturen Jesu, die wahre Menschlichkeit und die wahre Göttlichkeit, ungetrennt und unvermischt in ihm vorhanden waren. Ungetrennt heißt: ganz und gar miteinander verwoben. Unvermischt heißt: ganz und gar voneinander geschieden. Für mich persönlich erkläre ich mir dieses Unbegreifliche so, dass Jesus sowohl in der sichtbaren als auch in der unsichtbaren Welt gelebt hat, die nach biblischer Sicht ungetrennt und unvermischt ineinander liegen. In der sichtbaren Welt war Jesus ganz und gar Mensch, in der unsichtbaren ganz und gar Gott und doch nur Einer.«
Zitieren wir noch Karl Barth, der zweifelsohne einer der bedeutendsten evangelischen Theologen der Neuzeit war. Er hat die Menschlichkeit und Göttlichkeit Jesu von Nazareth so formuliert:
»Jesus war und ist Gott und Mensch, aber immer beides; das eine nicht ohne das andere und beides, jedes in seiner Weise – das heißt im Sichtbaren sowohl wie im Unsichtbaren – gleich ernsthaft, gleich nachdrücklich. Keine Vermischung zwischen Gott und Mensch, keine Verwandlung eines Gottes in einen Menschen oder eines Menschen in einen Gott, wird damit ausgesagt. Sondern nur dieses eine: Gott ist, ohne aufzuhören Gott zu sein, zugleich Mensch. Er redet, er handelt, er tut es als Mensch, aber er ist es, der es tut. Unbegreiflich, aber so ist Gott.«8
Als nächstes fragte ich Rohrbach:
FM: »Nun wird aber von zahlreichen Theologen die Gottessohnschaft Jesu geleugnet. Mit welcher Begründung?«
HR: »Ohne jede wirklich sachliche Begründung. Nach meiner Überzeugung glauben sie einfach nicht an Jesus Christus, wie die Heilige Schrift es sagt.«
FM: »Und worauf führen Sie das zurück?«
HR: »Im Grunde genommen liegt das daran, dass sie die Wirklichkeit Gottes leugnen und alles, was in der Welt geschieht oder geschehen ist, nur aus der sichtbaren Welt erklären wollen. Das genügt nicht. Gott wirkt aus der unsichtbaren Welt durch sein Wort in die sichtbare Welt hinein. Davon kündet die Bibel.«
Auch Künneth fragte ich:
FM: »Warum wurde und wird seit langem von zahlreichen Theologen bestritten, dass Jesus von Nazareth Gottes Sohn war?«
WK: »Der entscheidende Grund ist wohl der, dass viele – auch theologische Denker – im Banne einer rationalen Diesseitsgläubigkeit stehen. Wenn für sie diese ganze raumzeitliche Weltwirklichkeit die einzige Wirklichkeit ist, dann selbstverständlich kann es eigentlich keine Offenbarung geben. Dann kann es keine transzendente Bezugnahme überhaupt geben von oben nach unten, wenn man das einmal so ausdrücken will. Dann ist natürlich auch die Aussage ›Jesus, Gottes Sohn‹ einfach unzumutbar, unvorstellbar, überhaupt nicht zu begreifen.
Ein anderer Gesichtspunkt ist der, dass man von hier aus selbstverständlich dem gesamten biblischen Schriftzeugnis mit Vorbehalten, mit Voraussetzungen, mit Misstrauen, mit Zweifel begegnet. Wenn man natürlich nicht bereit ist, auf das Zeugnis zu hören, dann kann man natürlich auch keine Aussage über Jesus von Nazareth machen, dass er Gottes Sohn sei. Der Grund der Ablehnung liegt aber nicht etwa in dem Ergebnis einer historischen wissenschaftlichen Forschung, sondern der Grund liegt in der vorausgehenden Entscheidung eines Unglaubens. Es steht hier Glaube und Unglaube einander gegenüber.«
FM: »Nun sind ja nicht wenige Christen im Blick darauf, dass man die Gottessohnschaft Jesu leugnet, in ihrem Glauben verunsichert und zweifelnd geworden. Müssen sie etwa ihren Glauben, dass Jesus als Mensch auch Gottes Sohn war, revidieren oder aufgeben? Wie können wir solchen Menschen helfen?«
WK: »Einmal dadurch, dass wir ihnen klar zu machen versuchen, dass hier eben nicht etwa ein gültiges, berechtigtes, wissenschaftliches Erkenntnisurteil vorliegt, sondern dass hier der Glaube dem Unglauben, dem Irrglauben begegnet. Dass also hier die Entscheidung vollzogen werden muss zwischen Unglauben oder Glauben. Der Glaube aber hat keinen Grund, sich vor der Wissenschaft, der historischen Forschung, zu fürchten oder zurückzuziehen, sondern der Glaube darf wissen, dass die Einwände gegen ihn nicht wissenschaftlich begründet, sondern Produkte einer Entscheidung gegen Gottes Offenbarung sind.«
Als überzeugte und lebendige Christen brauchen wir uns deshalb von niemand und nichts in unserem Glauben und Bekenntnis, dass Jesus von Nazareth wahrer Mensch und wahrer Gott war, verunsichern zu lassen. Wir haben nämlich nicht nur für seine Menschlichkeit, sondern auch für seine Göttlichkeit eine Reihe verbürgter Tatsachen, auf die sich unser Glaube und unser Bekenntnis gründen dürfen.
Bei Gott – wie Gott – mit Gott
Jesus von Nazareth war und ist Gottes Sohn – das verbürgt seine ewige Seinsweise.
a) Jesus war, bevor die Welt erschaffen wurde, bei Gott.
Diese Tatsache hat Jesus in seinem hohenpriesterlichen Gebet zu Gott wiederholt betont:
»Vater, verherrliche du mich bei dir in der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war” (Johannes 17, 5, vgl. Johannes 1, 1.2). »Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir sind, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war« (Johannes 17, 24).
Also – noch bevor diese unsere sichtbare Welt erschaffen wurde, war Jesus bereits in der unsichtbaren Welt, in der Welt Gottes. Diese Tatsache hat Jesus auch gegenüber den Juden seiner Zeit zum Ausdruck gebracht:
»Wahrhaftig, ich sage euch: Bevor Abraham geboren wurde, bin ich« (Johannes 8, 58).
Damit wollte Jesus nicht sagen, dass er der erste Mensch war, sondern vor den ersten Menschen da war. Und zwar bei Gott.
Die Gemeinde Jesu hat sich später dazu ausdrücklich mit den Worten bekannt:
»Er ist … der Erstgeborene vor aller Schöpfung« (Kolosser 1, 15), »Er ist vor allem« (sowohl zeitlich als auch rangmäßig!) (Kolosser 1, 17).
b) Jesus war, bevor er Mensch wurde, aber auch als er Mensch war, stets Gott gleich.
In seiner vorweltlichen Seinsweise (= Prä-Existenz) war Jesus in göttlicher Gestalt und Gott wesensgleich. Paulus hat diese Tatsache später in dem Glaubensbekenntnis der Gemeinde in Kolossä ausdrücklich mit den Worten festgehalten:
»Denn es hat Gott gefallen, mit seiner ganzen Fülle in ihm zu wohnen« (Kolosser 1, 19).
Und in dem Glaubensbekenntnis der Gemeinde in Philippi formulierte Paulus:
»Obwohl er in göttlicher Gestalt war, hielt er es nicht wie einen Raub fest, Gott gleich zu sein … « (Philipper 2, 6).
In seiner späteren irdischen Seinsweise (= historische Existenz) war Jesus dann als Mensch zwar ein Teil der geschaffenen sichtbaren Welt. Er war den Menschen artmüßig gleich »und durch seine ganze Erscheinung als Mensch erwiesen« (Philipper 2, 7). Aber er war doch wesensmüßig von allem geschieden, was Schöpfung ist. Nach dem Bekenntnis der ersten Christen war er auf Erden »das Ebenbild des unsichtbaren Gottes« (Kolosser 1, 15), »der Abglanz seiner Herrlichkeit, die Ausprägung (= Abprägung, Abbild) seines Wesens« (Hebräer 1, 3).
Jesus konnte deshalb auch zu seinen Jüngern sagen:
»Wer mich sieht, der sieht den Vater« (Johannes 14, 9).
c) Jesus war in seiner vorweltlichen Seinsweise (Prä-Existenz) auch entscheidend an der Schöpfung unserer sichtbaren Welt beteiligt.
Wir lesen im Schöpfungsbericht der Bibel, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde ist (1. Mose 1 und 2). Das schließt jedoch eine entscheidende Beteiligung Jesu am Schöpfungsprogramm Gottes nicht aus. Denn in 1. Mose 1, 26 heißt es:
»Lasset uns Menschen machen …«
Das Wort »uns« im Sinne einer Mehrzahl lässt darauf schließen, dass Jesus in seiner Artgleichheit mit Gott gleichzeitig auch Schöpfer war.9
Und diese Schlussfolgerung bekommt ihre volle Berechtigung, wenn wir uns das Zeugnis des Neuen Testaments vergegenwärtigen, das Jesus als den Schöpfer aller Dinge herausstellt.
Johannes bezeugt:
»Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott. Es war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch das Wort gemacht, und ohne das Wort ist nichts gemacht« (Johannes 1, 1-3).
Und wer ist dieses Wort, das alles erschuf? Johannes gibt die Antwort:
»Das Wort war Gott … und das Wort wurde Mensch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes, die vom Vater kommt …« (Johannes 1, 1.14).
Mit dem »Wort«, das Gott war und Mensch wurde, ist also eindeutig Jesus gemeint.
Entsprechend formulierte Paulus in dem Glaubensbekenntnis der Gemeinde Jesu in Kolossä:
»In ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare. Es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten, alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen« (Kolosser 1, 16).
Der Kosmos, alles Geschaffene, die gesamte Schöpfung verdanken also ihre Existenz nicht dem Zufall, wie z. B. der französische Biologe und Nobelpreisträger P r o f. Dr. J a q u e s M o n o d10 u. a. behaupten, sondern Jesus Christus. Denn »in ihm«, »durch ihn« und »zu ihm hin« ist alles geschaffen.
d) Jesus war und ist auch aufgrund seiner ewigen Seinsweise der Erhalter der Schöpfung.
Als Schöpfer und Herr der Welt, der gestern war, heute ist und morgen sein wird (Hebräer 13, 8), hat alles in ihm seinen Bestand (Kolosser 1, 17): Er trägt und erhält das gesamte Weltall durch sein dynamisches Wort.
Ohne sein Hineinwirken in den Kosmos und auf unsere Erde wäre die Welt längst untergegangen. Entweder durch eine kosmische Katastrophe oder durch einen von Menschen verursachten Atomkrieg, der zur Vernichtung alles Lebens auf dieser Erde geführt hätte.
Ohne Jesus wäre auch das biologische Leben auf Erden längst erloschen, weil er nicht nur das Leben ist, sondern es auch gibt und erhält (Johannes 1, 4). Ihm verdanken wir letztlich, dass auch wir leben (Apostelgeschichte 17, 28).
»Gottheit und Menschheit vereinen sich beide«
2. Jesus von Nazareth war und ist Gottes Sohn – das wurde in seiner Menschwerdung unmissverständlich deutlich.
Weil Gott sich entschloss, für uns Mensch zu werden, sandte er seinen Sohn auf die Welt zu uns Menschen in Gestalt eines neugeborenen Kindes. Dieses Kind hatte zwar Maria zur Mutter, aber nicht Joseph zum Vater. Hätte es auch Joseph zum Vater gehabt, wäre es nur Mensch, nichts anderes als Mensch gewesen. Dieses Kind hatte allein Gott zum Vater und die Jungfrau Maria zur Mutter (»Gottes und Marien Sohn«). Durch Gott ist Jesus Gottes Sohn. Durch Maria ist er Menschensohn. Damit vollzog sich, was wir als Christen in einem Lied singen:
»Gottheit und Menschheit vereinen sich beide.Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah!«
Das heißt jedoch nicht, dass Jesus erst mit seiner Menschwerdung Gottes Sohn wurde. Nein, er war es bereits, bevor er Mensch wurde. Er war es von Ewigkeit an!
K ü n n e t h hat dies ausdrücklich bekräftigt, als ich ihn fragte, ob Jesus schon vor seiner Menschwerdung Gottes Sohn war. Er sagte:
»Darauf muss mit einem unbedingten Ja geantwortet werden. Denn was soll er denn sonst sein? Wenn er wirklich Gottes Sohn war, dann war er es auch vor und bei seiner Menschwerdung. Darum lautet ja auch die Weihnachtsbotschaft ›Freuet euch! Ich verkündige euch große Freude: Euch ist der Heiland geboren.‹ Er wurde also nicht erst der Heiland, er war es schon!«
3. Jesus von Nazareth war und ist Gottes Sohn – das hat Gott bei der Taufe Jesu sowohl sichtbar als auch hörbar zum Ausdruck gebracht (Matthäus 3, 13-17).
Gott tat es sichtbar für alle, die bei der Taufe Jesu anwesend waren, indem er seinen Geist in Gestalt einer Taube auf Jesus kommen ließ. Und er tat es auch für alle hörbar, indem er sagte:
»Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe« (V. 17).
Sowohl die sichtbare Tat als auch das hörbare Wort Gottes über Jesus von Nazareth hat zahlreiche Theologen dazu veranlasst, zu behaupten, Gott habe Jesus durch die Taufe an Sohnes Statt angenommen (= Adoptionstheorie). Doch dies ist nicht haltbar!
Die Tatsache, dass der Geist Gottes in Gestalt einer sichtbaren Taube auf Jesus kam, war ein Zeichen für seine Messianität. Denn nach alttestamentlicher Verheißung sollte auf dem kommenden Messias der Geist des Herrn ruhen (Jesaja 11, 1ff; 42, 1). Zugleich war dieses sichtbare Zeichen für Jesus auch Ausdruck zur Durchführung seines Heilshandelns auf Erden.
Die Worte »Dies ist mein lieber Sohn …« weisen hin auf das Woher Jesu: Er kam herkunftsmäßig von Gott und aus Gott und wurde nicht erst bei seiner Taufe von Gott an Sohnes Statt angenommen.
Die Worte » … an dem ich Wohlgefallen habe« weisen hin auf das Wozu Jesu. Sie sind im Sinne der Erwählung11 für bestimmte Aufgaben zu verstehen und können folglich auch so wiedergegeben werden: » … den ich (= Gott) erwählt habe«, um meinen Heilsplan durchzuführen.12 Es ist keine Erwählung im Sinne einer Eigenschaft, sondern im Sinne eines Tuns. Gott hat Jesus bei seiner Taufe nicht zu seinem Sohn erwählt, sondern mit der Taufe beginnt das eigentliche Heilswerk Jesu auf Erden, das mit seinem Tod auf Erden enden soll. Und dies entspricht ganz der Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung aus Jesaja 42, 1:
»Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben. Er wird das Recht unter die Heiden bringen.«
Jesus wurde also nicht erst bei der Taufe zum Gottessohn, sondern er war es schon vor seiner Taufe.
Zu dieser unbestreitbaren Tatsache K ü n n e t h:
»Die Adoptionshypothese ist deshalb nicht haltbar, weil sie schlechterdings nicht im Einklang mit klaren, eindeutigen, christlichen und biblischen Aussagen steht. Der Hebräerbrief sagt z. B.: Dieser Jesus war das Ebenbild des Wesens seines Gottes. Das ist von vornherein vorhanden, dagewesen. Oder der Johannes-Prolog, der Anfang des Johannes-Evangeliums, redet davon: Er ist das Wort, das ewige Wort, das unvergänglich ist. Am Anfang war das Wort … Also nicht erst durch die Taufe geschehen, sondern immer in Ewigkeit schon von Gott her existent.«
Hat Jesus sich selbst als Sohn Gottes verstanden?