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Katharina steht auf dem Gipfel ihrer Macht: Einst war sie als schüchterne Prinzessin nach St. Petersburg gekommen, nun hat sie ihren Ehemann, Zar Peter III., vom Thron gestürzt. Jahrelang hatte er sie gedemütigt und zurückgewiesen, nun krönt sie sich zur Alleinherrscherin über ein Weltreich. An ihrer Seite steht Grigori Orlow, ihr Geliebter, ebenso mutig wie sie, mit demselben Willen zur Macht. Doch Katharina ist nicht nur von Günstlingen umgeben, sondern auch von Neidern und falschen Freunden, ihre Herrschaft ist stets bedroht: Hinter jedem Vertrauten lauert ein Dolch, jedes Lächeln kann die Maske eines Verrats sein … Eva Stachniak knüpft an ihren Bestsellererfolg »Der Winterpalast« an und erweckt den russischen Zarenhof mit Glanz und Gloria zum Leben. Sie entführt ihre Leser in die prunkvolle Welt St. Petersburgs, in schillernde Paläste und in die geheimen Gemächer der größten Kaiserin aller Zeiten.
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Seitenzahl: 635
»Lang lebe die Kaiserin!«
Katharina steht auf dem Gipfel ihrer Macht: Einst war sie als schüchterne Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst nach St. Petersburg gekommen, nun hat sie ihren Ehemann, Zar Peter III., vom Thron gestürzt. Jahrelang hatte er sie gedemütigt und zurückgewiesen, nun reißt sie die Macht an sich und krönt sich zur Alleinherrscherin über ein Weltreich. An ihrer Seite steht Grigori Orlow, ihr Geliebter, ebenso mutig wie sie, mit demselben Willen zur Macht. Doch auch andere Liebhaber verzehren sich nach Katharinas Liebe und Gunst. Und stets ist sie nicht nur von Günstlingen umgeben, sondern auch von Neidern und falschen Freunden, ihre Herrschaft ist täglich aufs Neue bedroht: Hinter jedem Vertrauten lauert ein Dolch, und jedes Lächeln kann die Maske eines Verrats sein …
Eva Stachniak knüpft mit ihrem zweiten Roman, diesmal über die Blütejahre Katharinas der Großen, an ihren Bestsellererfolg Der Winterpalast an und erweckt den russischen Zarenhof mit seinen Liebschaften und Intrigen erneut mit Glanz und Gloria zum Leben. Sie entführt ihre Leser in die prunkvolle Welt St. Petersburgs, in schillernde Paläste und in die geheimen Gemächer der größten Kaiserin aller Zeiten.
EVA STACHNIAK, geboren im polnischen Wrocław, lebt seit 1981 in Kanada, heute in Toronto. Sie hat für Radio Canada International gearbeitet und als Dozentin für Englisch und Geisteswissenschaften am Sheridan College gelehrt. Ihr Roman Der Winterpalast
EVA STACHNIAK
DIE ZARIN DER NACHT
Roman
Aus dem Englischen
Die Originalausgabe erscheint erstmals 2014unter dem Titel The Empress of the Night bei Doubleday,an imprint of Transworld Publisher's, London.
eBook Insel Verlag Berlin 2013
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage derAusgabe des insel taschenbuchs 4256
© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2013
© 2013 Eva Stachniak
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Umschlagfoto: Katya Evdokimova/Arcangel Images;
W. Buss /De Agostini Picture Library/Getty Images
Umschlaggestaltung: Cornelia Niere, München
… ihr Geist schien ebenso unerschütterlich zu seinwie ihre gute Laune, deren immer gleiche Beständigkeitihr lachendes Antlitz verkündete. Da diese lachendeMiene ihr zur Gewohnheit geworden war, so kostetesie ihr wahrscheinlich keine Mühe; trotzdem ist siedieserhalb zu bewundern, denn es gehört dazu eineSelbstbeherrschung, die die gewöhnlichen Regungender menschlichen Natur im Zaume zu halten weiß.
Giacomo Casanova über Katharina die Große
Und du wirst fallen, nicht anders als das welke Laub im Herbst.Und du wirst sterben,nicht anders als der Niedrigste deiner Sklaven.
5. November 1796
9.00 Uhr
Der Schmerz ist stechend scharf, als bohrte sich die Spitze eines glühenden Dolchs irgendwo hinter ihrem rechten Auge in ihren Schädel. Er setzt in dem Moment ein, als sie die frisch eingetauchte Feder zückt, um den Brief zu unterschreiben, der vor ihr liegt. Ihre Hand erstarrt, die Feder fällt hinunter und macht einen Klecks auf dem Papier.
Die Kaminuhr schlägt. Die Kaiserin muss daran denken, mit welchem Schrecken sie als Kind einmal gesehen hat, wie jemand die Zeiger einer Uhr zurückstellte: Sie glaubte damals, die Zeit werde zurückgedreht, sie müsse nun die Vergangenheit noch einmal durchleben und werde um die aufregende Zukunft betrogen.
Der Schmerz hört nicht auf. Es ist schon neun Uhr, und sie muss noch etliche Papiere lesen, bevor ihr Sekretär kommt. Sie überlegt, ob sie den Diener rufen soll, verwirft aber den Gedanken gleich wieder. Der alte Sotow mit seinem besorgten Getue würde ihr nur zur Last fallen. Die Kopfschmerzen werden schon von selbst verschwinden.
Pani, ihr italienischer Windhund, schnüffelt konzentriert an ihrer Hand und leckt sie. Die Hündin stammt von der geliebten Semira ab, die in den Gärten von Zarskoje Selo begraben liegt, und ist ebenso schlank und feinknochig wie sie.
»Ich habe nichts für dich«, murmelt die Kaiserin. Sie will Pani den Kopf tätscheln, aber ihre rechte Hand ist seltsam steif wie Holz, und die Liebkosung gerät fahrig. In den Augenwinkeln des Hundes klebt etwas Eiter. Genau wie Semira neigt Pani zu hartnäckigen Bindehautentzündungen.
Durch die Tür des Arbeitszimmers sind schlurfende Schritte und gedämpfte Stimmen zu hören, die gleich wieder verstummen. Die Kaiserin arbeitet, sie darf nicht gestört werden.
Sie steht auf. Mit der linken Hand hält sie sich an der Schreibtischkante fest, so ungeschickt, dass sie ein paar Blätter fortwischt. Sonderbar, denkt sie und beobachtet die Papiere, die, von unsichtbaren Strömungen getragen, lautlos in der Luft schweben wie kleine Vögel. Auch Pani beobachtet sie, den Kopf leicht schief gelegt. Ihr wedelnder Schwanz klopft auf den Boden.
In der Tasse auf dem Schreibtisch ist noch etwas Kaffee. Er ist sicher längst kalt, aber es wird ihr guttun, etwas zu trinken. Ihre rechte Hand ist starr und bleischwer, darum nimmt sie die Tasse mit der linken. Der erste kleine Schluck von dem bitteren Gebräu schmeckt angenehm, aber dann nippt sie noch einmal, und plötzlich ist ihr, als müsste sie ersticken.
Sie spuckt den Kaffee aus, auf das glänzend polierte Holz, auf die Papiere. Statt die braunen Spritzer wegzuwischen, tastet sie mit der Zunge in ihrer Mundhöhle herum, fährt über die weichen Rippen ihres Gaumens. Wie Kalbshirn, denkt sie, Mamans Lieblingsgericht. Sie selbst hatte es immer verabscheut.
Sie will die Tasse wieder abstellen, aber ihre Hand gehorcht ihr nicht. Die Tasse fällt auf den Boden und zerspringt in Scherben.
Vielleicht sollte sie ein paar Schritte gehen, damit ihr wieder besser wird?
Auf wackeligen Beinen setzt sie sich in Bewegung. Unsicher tastet sie nach Halt. An der Schreibtischplatte, an der Lehne des Stuhls.
Hinter ihr ein polterndes Geräusch. Etwas Schweres ist hinuntergefallen.
Das rechte Knie tut weh wie immer, seit sie vor drei Jahren auf dem Weg zur banja die Treppe hinuntergefallen ist. Sotow hörte das Geräusch und eilte herbei. Er sorgte dafür, dass sie sich auf eine Stufe setzte und wartete, bis der Schwindel abgeklungen war, dann half er ihr auf, ganz langsam, damit das Blut ihr nicht in den Kopf stieg. Von ein paar Schrammen abgesehen, hatte sie keine Verletzungen davongetragen, so dachte sie, und doch lässt ihr Knie sie jenen Sturz nie vergessen.
9.01 Uhr
Jeder Schritt, so unsicher er auch ist, erscheint ihr wie ein Wunder. Die Muskeln ziehen sich zusammen und entspannen sich. Die Füße schlurfen vorwärts, zuerst der eine, dann der andere. Wie bei der Aufziehpuppe, mit der ihre Enkelinnen so gern gespielt haben. Bis Konstantin sie aufschlitzte, um zu sehen, was in ihrem Inneren verborgen war.
Sie geht aus ihrem Arbeitszimmer, vorbei an dem in Silber gerahmten Spiegel, neben dem ihre mit Pelz gefütterten Mäntel hängen, und zur Tür ihres Klosetts.
Das Abbild ihrer Gestalt im Spiegel wirkt wie auf einer bewegten Wasserfläche, ein Wirrwarr aus verzerrten Teilen, die nicht zueinanderpassen. Ihrem Gesicht ergeht es nicht besser – nichts als schlaffes Fleisch und Runzeln; der Hals erinnert an den eines Truthahns. Über der Nasenwurzel steht weiß eine Hautfalte, die tränenden Augen sind blutunterlaufen, die Lider zwinkern nervös. Schön war ich nie, denkt sie. Aber was hatte Helena von Troja von ihrer Schönheit? Männer, die sie sich nicht ausgesucht hatte, und all die Gräuel des Kriegs.
In dem Klosett riecht es leicht nach nassem Tierfell und modrigen Wurzeln. Die Tür fällt mit einem dumpfen Geräusch zu. Das sonderbar schrille Quietschen der Angeln klingt nach wie der Ton einer Stimmgabel, schwirrt immerzu um ihren Kopf herum, als wäre die Zeit in einer Endlosschleife gefangen.
Ihre Finger, die sich ängstlich festklammern, erinnern an die Krallen eines antiken Vogels, der solche Kraftakte nicht gewohnt ist. Aber sie halten fest, helfen ihr, die Balance nicht zu verlieren. Es ist bewundernswert, dieses harmonische Zusammenwirken von Muskeln und Knochen, Sehnen und Blut.
Langsam hebt sie die Hand vor ihre Nase und schnuppert den süßen, leicht widerlichen Geruch der Tinte an ihren Fingerspitzen. Etwas aus der Vergangenheit schwimmt vorbei – unzusammenhängende Bilder von einer wilden Jagd, schäumende Brecher, die an den Strand schlagen und über dem gelbbraunen Sand auslaufen. Möwen kreischen eifersüchtig oder voller Gier. In einem zerrissenen Fischernetz voller Seetang liegt ein Pferdekopf im seichten Wasser und bleckt die Zähne. Aale schlüpfen aus den Augenhöhlen, schlängeln sich durchs offene Maul ins Freie.
Eine Erinnerung, denkt sie, kein Traum.
9.04 Uhr
Der Schmerz pocht in ihren Schläfen, und sie rätselt über ihre eigenen Gedanken. Über Stimmen, die in ihr sprudeln. Über Sätze, die durch ihren Kopf hallen: Ich bin Minerva. Ich bin gerüstet.
Etwas Seltsames geht hier vor.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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