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Eine pädagogisch sinnvolles Werkzeug oder doch nur ein Hype? Die Anwenderzahl von Virtual Reality Training in der notfallmedizinischen Weiterbildung geht stark nach oben - aber trägt dies auch zur Kompetenzentwicklung der Lernenden bei? Wo finden VR-Szenarien ihren Platz in den Lehrplänen rettungsdienstlicher Weiterbildungen? Mit diesem Thema beschäftigt sich das vorliegende Buch mit dem Schwerpunkt auf international zertifizierte und standardisierte Weiterbildungen für notfallmedizinisches Fachpersonal im Rettungsdienst. Für die notfallmedizinische Fort- und Weiterbildung in Deutschland stehen mittlerweile hochimmersive VR-Trainingsmöglichkeiten zur Verfügung, welche bereits auch zahlreich in Berufsfachschulen im täglichen Einsatz sind. Immersion beschreibt die technischen Rahmenbedingungen, damit die Sinner der VR-NutzerInnen nach Möglichkeit allumfassend angesprochen werden und somit eine Illusion der realen Welt entsteht. Mit den heute gängigen technischen Möglichkeiten überwiegen die Sinneseindrücke des Hörens und Sehens, einzelne VR-Systeme ermöglichen auch Geruch und Tastsinn. Ergänzend ist das Ausführen von Bewegungen in der virtuellen Umgebung in natürlicher Form möglich. Dieses Buch untersucht nicht isolierte Effekte von VR, sondern arbeitet vielmehr heraus, ob und wie VR zur Kompetenzentwicklung in der notfallmedizinischen Weiterbildung beitragen kann und soll eine Empfehlung zum didaktisch sinnvollen und kompetenzfördernden Einsatz in der beruflichen Weiterbildung geben.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Lehren und Lernen in der rettungsdienstlichen Weiterbildung vor dem Hintergrund fortschreitender Digitalisierung
2.1 Kompetenzorientiertes Lehren und Lernen
2.2 Virtuelle Realität
2.3 Weiterbildung im Rettungsdienst in Deutschland
2.3.1 Berufsfeld Rettungsdienst
2.3.2 Notfallsanitäterausbildung in Deutschland
2.3.3 International zertifizierte Kurssysteme im Rettungsdienst
2.4 Simulation in der Notfallmedizin
2.5 VR-Training und Simulation in der Notfallmedizin
2.6 Zwischenfazit
Kompetenzorientierte Anwendung und Integration der VR-Technologie in der rettungsdienstlichen Weiterbildung
3.1 Methodik
3.2 Systematische Literaturrecherche zur Beantwortung der Forschungsfrage
3.3 Ergebnisse
3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
3.5 Interpretation der Ergebnisse
3.6 Kritische Analyse: Lernökonomische Aspekte von VR-Simulation und methodischdidaktische Umsetzungen
Limitationen
Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildung 1: Handlungskompetenzmodell am Beispiel des Pflegeberufs (eigene Darstellung; Inhalt nach Thieme, 2015a)
Abbildung 2: Handlungsdimensionen und Kompetenzhierarchie (eigene Darstellung; Inhalt nach Olbrich, 2010)
Abbildung 3: Revidierte Taxonomie kognitiver Lernziele nach Bloom (eigene Darstellung; Inhalt nach Anderson & Bloom, 2001)
Abbildung 4: Lernpyramide nach Miller (eigene Darstellung; Inhalt nach Miller, 1990)
Abbildung 5: Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum nach Milgram & Kishino (eigene Darstellung)
Abbildung 6: Lernzyklus nach Kolb (eigene Darstellung; Inhalt nach Kolb, 1984)
Abbildung 8: Suchverlauf ERIC Datenbank
Abbildung 9: Suchverlauf peDOCS Datenbank
Abbildung 10: Suchverlauf Google Scholar mit deutschen Schlagworten
Abbildung 11: Suchverlauf Google Scholar mit englischen Schlagworten
Abbildung 12: Suchverlauf Google mit deutschen Schlagworten
Abbildung 13: Prismadiagramm der durchgeführten systematischen Literaturrecherche (eigene Darstellung)
Abbildung 14: Handlungsempfehlung zum kompetenzorientierten Einsatz von VR-Simulationstraining (eigene Darstellung)
Tabelle 1: Zuordnungen der jeweiligen Lernphase nach Kolb zu den Eigenschaften für effektives Lernen in der Simulation nach Pierre & Breuer (2013)
Tabelle 2: Schlagworte für die Recherche
Tabelle 3: Inkludierte Literaturquellen zur Auswertung und Beantwortung der gestellten Forschungsfrage
ACLS
Advanced Cardiovascular Life Support
AHA
American Heart Association
AMSTAR
A Measurement Tool to Assess Systematic Reviews
AR
Augmented Reality
HMD
Head-mounted Display
ITLS
International Trauma Life Support
KMK
Kultusminister Konferenz
PRISMA
Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses
VR
Virtual Reality
Digitalisierung hält zunehmenden Einzug in die Lebens- und Arbeitswelt der Medizin als auch in die zugehörigen Bildungseinrichtungen. Die Digitalisierung in Lehre und Ausbildung von medizinischem Fachpersonal unterlag in den vergangenen Jahren einer hohen Dynamik und einem stetigen Wandel. Schon der Bildungsforscher John Hattie befasste sich im Rahmen seiner populären Werke mit den sogenannten „neuen Medien“. Diesen attestierte er, auf Grundlage seiner Auswertungen, einen kaum wirksamen Effekt, da Lehrende meist die neuen Medien nur als Ersatz für traditionelle Methoden nutzten und digitale Medien einen mangelhaft organisierten und durchgeführten Unterricht nicht verbessern (Zierer, 2020, S. 373-386).
Bedingt durch den technologischen Wandel und einem veränderten Verständnis in Theorie und Praxis, wie moderne Lehre und Ausbildung auszusehen hat, lässt sich feststellen, dass digitale Medien im Bildungssektor von gestern, nicht mehr identisch sind mit denen von heute. Aktuelle Tendenzen hinsichtlich des Einsatzes von virtueller Realität empfehlen eine individuelle Prüfung des Nutzens für den jeweiligen Ausbildungsberuf. So kommen Forschende der Fachhochschule Münster in Bezug auf die didaktischen Aspekte von Virtual Reality (VR) aktuell zu dem Zwischenfazit, dass es grundsätzlich dann eingesetzt werden kann, wenn es hilfreich für die Gestaltung des Lernprozesses ist. Aus dem beruflichen Bildungsbereich des Handwerks, welcher VR bereits für die Abbildung bestimmter Handlungen im Berufsschulkontext anwendet, geht die Tendenz der Anwendung von VR dahin, dass es vorrangig für die Abbildung von ganzen Strängen beruflicher Handlungsprozesse sinnvoll im Unterricht genutzt werden kann. Die reine Wissensvermittlung durch VR Szenarien hingegen ist eher schwer möglich zum aktuellen Zeitpunkt, was darauf hinweist, dass VR im Unterricht eher eine ergänzende Rolle einnimmt (Lorenz, 2022).
Die Trends der heutigen Zeit, verbunden mit gesellschaftlichem Wandel und technischem Fortschritt, lassen sich somit schwer vorhersagen und an welcher Stelle neue Trends zu effektiven Standards werden, bleibt meist eine lange Zeit offen. Gerade im Bildungssektor der Medizin können diese Entwicklungen aktuell beobachtet werden (Konstantinidis et al., 2021, S. 3-15).
Da die Medizin als Wissenschaft ein sich ständig veränderndes Feld darstellt, folgen auch medizinische Aus- und Weiterbildungsformate schneller und häufiger Trends als beispielsweise der vergleichsweise starre Allgemeinbildungssektor, welcher zudem stark von staatlichen Mitteln abhängig ist, was die Einführung neuer digitaler Medien angeht (Pauzi & Juhari, 2020, S. 39-40).
Bedingt durch die Entwicklungen im Bereich sozialer Medien, wie das Meta-Verse oder im Bereich der Videospiele mit VR, ist nicht mehr von der Hand zu weisen, dass diese neue Technologie wesentlicher Bestandteil der nahenden Zukunft sein wird und schon bald einen festen Platz im digitalisierten Alltag haben wird. Virtuelle Realitäten könnten dadurch auch im Bereich der Bildung den nächsten Entwicklungsschritt darstellen und möglicherweise in der Zukunft ein standardisiertes Verfahren, beispielsweise in Form von virtuellen Simulationstrainings, in beruflicher Fort- und Weiterbildung darstellen.
Durch VR ist es möglich, virtuelle Treffen, Zusammenkünfte oder Trainings abzuhalten, welche einen hohen Realitätsbezug durch die Simulation einer realistisch wirkenden Umgebung ermöglichen und die Anwendenden durch spezielle Brillen weitestgehend von der realen Außenwelt abschirmt (Peng et al., 2020, S. 1-6).
VR bezeichnet zudem eine vollumfänglich computer-generierte Welt, welche von Anwendenden als Simulation der Realität empfunden wird. Es werden möglichst viele Sinne aktiviert und Anwendende sind in der Lage, mithilfe von Eingabegeräten die virtuelle Realität mitzugestalten oder zu verändern (Burdea & Coiffet, 2003, S. 3-7).
Unter dem Dach des elektronischen Lernens, umgangssprachlich E-Learning genannt, wird auch VR eingeordnet. E-Learning bezieht sich auf diverse Formen der Nutzung von digitalen Technologien für Lehre und Ausbildung. Dies umfasst sowohl verschiedene Geräte als auch Technik zur Aufnahme, Wiedergabe und Speicherung. Digitale Medien dienen dem Zweck, wichtige Lerninhalte im digitalen Format abzuspeichern, weiter zu verarbeiten und wiederzugeben (Kerres, 2018, S. 6).
Lehren und Lernen in medizinischen Berufen veränderte sich in den letzten Jahrzehnten gleichermaßen stark wie der Bereich der Allgemeinbildung. Konkret bedeutet dies, dass im Zentrum von Lehr- und Lernarrangements der Lernende und nicht mehr der Lehrende stehen soll (Griffiths & Ursick, 2004, S. 5).