Dirty Player - Stacey Lynn - E-Book

Dirty Player E-Book

Stacey Lynn

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Beschreibung

Oliver Powell, sexy wie die Sünde und erfolgreicher Tight End des Raleigh Rough Riders-Footballteams, ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er bekommt stets alles, was er will. Er ist arrogant. Er ist stinkreich. Er kann jede Frau haben. Außerdem ist er fokussiert. Fokussiert auf den Super Bowl-Ring, der seine Karriere krönen soll. Seine Konzentration auf den Gewinn der Meisterschaft ist unerschütterlich – bis Shannon Hale in sein Leben tritt. Das einzige Spiel, was er ab sofort gewinnen will, ist das, Shannon in sein Bett zu bekommen. Shannon dachte, sie sei am Ziel ihrer Träume. Doch ein betrügerischer Verlobter und ein zerrissenes Brautkleid später zieht sie nach Raleigh zu ihrem Bruder, dem neuen Quarterback der Rough Riders, um dort ein neues Leben, das ausschließlich ihren eigenen Regeln folgt, zu beginnen. Das Letzte, was sie will, ist, sich mit dem größten Playboy der NFL einzulassen. Doch Oliver ist nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch außerhalb des Spielfeldes ein ehrgeiziger Kämpfer. Um auch dieses Spiel zu gewinnen, gibt es nur eine Lösung. Foulspiel. Teil 1 der Raleigh Rough Riders-Serie.

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Raleigh Rough Riders 1: Dirty Player

Stacey Lynn

Ins Deutsche übertragen von Joy Fraser

© 2016 by Stacey Lynn

© 2019 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamourbooks.com

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg (www.art-for-your-book.weebly.com)

© Coverfoto: PeriodImages.com

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-403-0

ISBN eBook: 978-3-86495-404-7

This edition is published by arrangement with Claudia Böhme Rights & Literary Agency, D-30159 Hannover, Germany (www.agency-boehme.com)

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Danksagung

Autorin

Leseprobe aus „The Doctor Is In! – Dr. Heartbreaker“ von Max Monroe

Kapitel 1

Shannon

Mit den Fingern glitt ich durch mein Haar und strich die welligen Strähnen nach hinten, die dem Pferdeschwanz entkommen waren. Die Sonne brannte so grell auf mich hinab, dass ich trotz der Sonnenbrille die Augen verengen musste, um ihn zu sehen.

Er stand am Zaun und gab ein Autogramm nach dem anderen. Vätern mit ihren Kindern auf den Schultern. Frauen mit zwischen den Brüsten verknoteten Blusen, die fast alles zeigten, was sie zu bieten hatten, und das nicht nur wegen der Sommerhitze.

Ich konnte das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen.

Mein Bruder. Er hatte es geschafft. Direkt nach dem College rekrutiert, spielte er die letzten drei Jahre als Ersatzquarterback, und vergangenes Jahr, in den letzten Saisonspielen der Vikings, als ihr Stammquarterback verletzt war, durfte Beaux von der Ersatzbank aufs Spielfeld. Und er hatte nicht nur abgeliefert, als das Team ihn brauchte, er hatte es allen gezeigt. Ich hatte so laut mitgebrüllt, dass ich eine Woche lang heiser war.

Nach dem Ende der Saison wurde er an ein anderes Team abgegeben. Jetzt war er der neue Stammquarterback der Raleigh Rough Riders. Die Fans im voll besetzten Stadion am letzten Tag des Sommertrainingslagers jubelten und schrien den ganzen Nachmittag lang jedes Mal, wenn er einen super Spielzug machte. Beaux Hale wurde als der Retter betrachtet und sollte das mittelmäßige NFL-Team in ein Top Team verwandeln.

Ich hörte die Leute um mich herum Super-Bowl-verdächtig raunen, während ich auf der Tribüne saß, nahe genug, um die Gespräche zu hören, aber weit genug entfernt, um mit niemandem reden zu müssen. Die Spitzen meiner Fingernägel waren jetzt ruiniert, aber das war nichts Ungewöhnliches.

Ich hatte Jahre, Stunden und unzählige Minuten damit verbracht, ihn zum Footballtraining zu bringen, während unsere Mom drei Jobs hatte, um etwas zu essen auf den Tisch zu bringen, ehe sie zu krank zum Arbeiten wurde. Ich war diejenige, die ihn zum Training fahren musste und in unserem winzigen Garten den Ball mit ihm warf. Ich ging mit ihm Schuhe, Helme und Schutzausrüstung in Second-Hand-Sportläden kaufen. Ich hatte mir Ferienjobs gesucht, um seine Anmeldegebühren zu bezahlen. Ich ging aufs staatliche College, wohnte aber nicht dort, sondern zu Hause. Ich pendelte täglich dorthin, um den Abschluss zu machen, damit ich mich daheim um Beaux und meine Mom kümmern konnte, als sie zu krank wurde, um arbeiten zu gehen. Die meiste Zeit meines Teenageralters und meiner frühen Zwanziger war ich der Versorger meiner Familie. Und nun, mit achtundzwanzig, erlebte ich endlich, wie mein Bruder den Traum verwirklichte, den er schon sein ganzes Leben hatte.

Ich bereute keine einzige Sekunde meiner persönlichen Opfer.

Seit Beaux mit zehn Monaten laufen lernte, floss Football durch seine Adern. Er nahm einen Ball in die Hand, spielte damit in unserem kleinen Wohnzimmer und legte ihn praktisch nie mehr weg. Beim Essen hatte er ihn auf dem Schoß und beim Schlafengehen im Arm. Mit fünf Jahren verkündete er uns, dass er eines Tages als Quarterback im Fernsehen sein würde. Er sprach nur noch davon, und es war alles, wonach er sich sehnte.

Und ich sehnte mich danach, endlich einmal zu erleben, dass irgendwer in unserer Familie erfolgreich war. Und warum sollte es nicht Beaux sein?

Er war sowieso der Beste von uns. Entschlossen auf dem Spielfeld, arbeitete hart und konzentriert im Training, war er aber im Handumdrehen in der Lage, auf sorglosen Partygänger umzuschalten. Ich wäre neidisch auf seine Fähigkeit, die Verantwortung, die er trug, so leicht abzuschütteln, würde ich den Blödmann nicht so sehr lieben.

Ich legte die Finger um das sengend heiße Metallgeländer, zog sie sofort zurück und blies darauf, um den Schmerz zu vertreiben, während ich die Treppe hinunterging.

Meine Wangen schmerzten vom Dauergrinsen, das mir einfach nicht vergehen wollte, weil die Fans Zettel, Stifte und ihre Brüste in Beaux’ Hände drückten.

Nur ich wusste, dass seine roten Ohren nicht von der Sonne, sondern von Verlegenheit kamen. So sehr er das Spielen auch liebte, so furchtbar fand er den Rummel um ihn. Er wollte doch nur den Ball in ausgestreckte wartende Hände werfen. Er wollte aus der Schutzzone ausbrechen und selbst den First Down erlaufen. Er wollte eine Ballübergabe, die das Stadion zum Brüllen bringen würde, bis das Spielfeld unter ihm bebte. An die Fans und seine Berühmtheit würde er sich nie gewöhnen können, behauptete er immer.

„Oh mein Gott“, sagte ich gedehnt, als ich ihm näher kam. Ich legte eine Hand auf meine Brust, als ob ich total ergriffen wäre. „Beaux Hale …“

Auf meine gespielte Bewunderung hin, die ich schon eine Weile übte, seit ich zugestimmt hatte, in Beaux’ Nähe zu ziehen, verzog er das Gesicht.

„Das ist Beaux Hale“, wiederholte ich mit lautem Flüstern in Richtung der Frau vor mir. Sie war in seinem Alter und in ihren Augen flackerte Hoffnung wie Dollarzeichen auf. „Nicht zu fassen, oder? Es ist wie ein Traum.“

„Er ist jede Nacht in meinen Träumen“, antwortete sie und grinste frech. „Wenn sie doch nur wahr werden könnten.“

Prüfend glitt ihr Blick über meinen ganzen Körper. Sie machte einen Schmollmund, als sie meine Brüste sah, die unter einem dünnen Tanktop gut versteckt waren, und die abgeschnittenen Jeansshorts, die meinen knackigen Hintern und die gebräunten Beine herzeigten. Um nicht in Gelächter auszubrechen, presste ich die Lippen zusammen. Sie betrachtete mich tatsächlich als Rivalin.

Beaux hatte sich noch nie mit einem Fan eingelassen. Jegliche Anmache ließ ihn kalt und interessierte ihn nicht.

„Viel Glück“, sagte ich.

Beaux warf mir ein Grinsen zu und wandte sich dann an sie. Während sie von seinem Bizeps und seinem 50-Yard-Pass schwärmte, wanderte mein Blick zu den anderen Spielern am Zaun. Sie grinsten alle so breit, dass ich bezweifelte, dass viele Fans merkten, wie künstlich die meisten dieser Lächeln waren. Schweiß lief ihnen am Hals entlang und durchnässte die Ausrüstung, die sie immer noch trugen.

Heute war der letzte Tag des Trainingscamps. Nächsten Donnerstag begann die Vorsaison. Nur noch etwas über eine Woche, bis Beaux sein Debüt als Stammquarterback in der NFL geben würde. Aufregung kribbelte zwischen meinen Schultern, bis mich mein kleiner Bruder schnappte und an sich drückte.

„Du hast es endlich geschafft“, wisperte er.

Seine große fleischige Hand packte mich im Genick und presste mich an seine Schulter. Er war fünfundzwanzig und damit drei Jahre jünger als ich. Er war zwei Meter und damit dreißig Zentimeter größer als ich und über fünfundvierzig Kilo schwerer – und somit nicht mehr mein kleiner Bruder.

Er war ein Monster.

Eine Maschine.

Und ich betete ihn an.

„Ja, habe ich. Habe dich spielen sehen, du warst fantastisch.“

„Mein Kurzpassspiel war zu lahm und fühlte sich zu erzwungen an.“ Er runzelte die Stirn.

Nur mir fiel der Zweifel in seinen dunkelblauen Augen auf. „Das wird schon noch“, versicherte ich ihm grinsend. „Das ist dein Jahr.“

Die Sorge in seinen Augen verflüchtigte sich und sein Blick wurde weicher. Seine Finger in meinem Nacken drückten mich leicht. Damit sagte er mehr, als er mit Worten je könnte, er versuchte es aber dennoch. „Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.“

Doch, das hätte er. Dieser Sport war von Geburt an derartig in seinen Genen verwurzelt, dass er auch so einen Weg gefunden hätte. Ich hatte es ihm nur leichter gemacht.

„Du hast versprochen, mich nicht zum Heulen zu bringen, wenn ich herkomme.“ Ich schlug gegen seine Schulter, rutschte ab und berührte einen anderen Berg aus gut geformten, definierten und gebräunten Muskeln, die sich unter Schulterpolstern versteckten.

„Sieh einer an, Rookie.“

Ich blickte in Richtung der männlichen Stimme. Es war unvermeidbar. Diese Stimme erinnerte mich sofort an Morgensex, Sex in der Dusche, Sex in der Öffentlichkeit und Sex mit zerknüllten Laken, multiplen Orgasmen und ekstatischen Lustschreien.

Oliver Powell.

Mir stockte kurz der Atem, als mich Beaux näher an den Zaun zog. Powell war der beste Tight End der Liga in den letzten sechs Jahren. Fünf All-Star-Spiele. Eine Handvoll Auszeichnungen als wertvollster Spieler. Er besaß jede Menge Pokale und Trophäen und Anerkennung. Mit seinem Körper trieb er Frauen in den Wahnsinn. Er hatte eine Stimme, die Nonnen auf die Knie zwang und um Vergebung für ihre sündigen Gedanken beten ließ. Sein Körper war auf jedem Magazin abgebildet gewesen, und nicht immer bekleidet. Man wollte sich über seine vollen Lippen hermachen und herausfinden, wie sie sich anfühlten.

„Sieh einer an“, sagte er erneut und legte eine Hand auf Beaux’ Schulter. „Erst eine Woche hier, und schon hast du eine Pussy erobert.“

Und er besaß die Einstellung eines riesigen Arschlochs.

Er war mürrisch und derb. Er war bereits verwarnt worden, weil er sich weigerte, Interviews zu geben, und wenn er mal welche gab, antwortete er nur einsilbig. Ja, Oliver Powell war ein guter Spieler, aber ein kompletter Arsch.

Ich versteifte mich und wollte mich von Beaux lösen. Doch dieser hielt mich nur noch fester und sah Powell düster an.

„Halt die Klappe.“

„Wenn du dich genauso schnell im Bett bewegst, wie du übers Spielfeld rast, dann wette ich, das Mädel schreit deinen Namen, ehe ihr es zum Parkplatz geschafft habt.“

Beaux’ Wut begann unter der Oberfläche zu brodeln. Er war jünger als ich, aber das hieß nicht, dass er keinen Beschützerinstinkt besaß. Bei seiner Größe hatte er sich schon immer als mein Bodyguard gefühlt.

Ich hätte selbst etwas gesagt, aber mir war kotzübel von Powells widerwärtigen Gedanken, und außerdem sprach er über meinen Bruder.

Beaux war schneller als ich. „Sei kein verfluchtes Arschloch, Powell. Heb dir das blöde Gequatsche für die Kabine auf.“

Oliver ignorierte die Warnung und sah mich weiterhin an, betrachtete mich von oben bis unten lauernd, doch auch bewundernd. „Willst du sie teilen? Manche Weiber mögen das ja. Wirst schon sehen. Jetzt, wo du im Spiel bist und nicht mehr die Bank wärmst, brauchst du nur mit den Fingern zu schnippen und schon kriegst du, was du willst.“

Beaux nahm die Hand aus meinem Nacken und lehnte sich Oliver entgegen. Er sagte leise etwas in dessen Ohr, was niemand hören konnte. Powells Gesicht wurde ausdruckslos. Als Beaux einen Schritt zurücktrat, sprühten Funken aus seinen dunkelblauen Augen.

Ich grinste und winkte kurz mit den Fingern. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Leute Kommentare über mich und meinen Bruder abließen. Wir hatten verschiedene Väter und sahen uns überhaupt nicht ähnlich. Ich hatte Moms Äußeres geerbt. Ich war klein, kurvig und dunkel, angefangen bei meinem langen, schokobraunen Haar bis hin zu den braunen Augen und der südländischen dunklen Haut. Beaux war ein perfekter genetischer Mutant, groß und breit, wie er war, und genauso hell wie ich dunkel. Sein wirres blondes Haar trug er oben länger und geschoren an den Seiten, und seine helle Haut verbrannte erst einmal, ehe sie leicht braun wurde. Niemand, der uns nicht kannte, hätte eine Verwandtschaft vermutet.

Außerdem waren wir nicht nur beste Freunde, sondern auch die einzige Familie, die wir noch hatten, was uns besonders eng verband. Wir berührten uns häufig und umarmten uns, was oft missverstanden wurde. Es war nicht das erste Mal, dass ich für eine Frau gehalten wurde, die ihn vernaschen wollte.

Ich neigte den Kopf zur Seite und holte eine alte Quittung aus meiner Handtasche. „Kann ich ein Autogramm haben?“ Ich lächelte Powell süßlich an.

Einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben.

„Denk nicht mal dran“, sagte Beaux zu Oliver und griff nach meinem Stift. Seine Stimme war immer noch ein tiefes, unübliches Knurren. „Hau ab und heb dir deine Scherze über mich für ein andermal auf.“

Powell gab einen männlichen Grunzlaut von sich, starrte auf meinen Zettel und den Stift und blickte dann auf meine Brüste.

Er war ein Arschloch.

Er sah außerdem ausgesprochen gut aus.

Als er sich über die Lippen leckte, während er meinen Körper scannte, sagte sein Blick, dass er genau wusste, was unter dem Stoff meines dünnen Tops vor sich ging. Meine Nippel wurden hart unter dem intensiven Blick, und als er wieder in mein Gesicht sah, hatte die Hitze in seinen Augen nichts mit der Sonne in seinem Rücken zu tun.

„Wir seh’n uns noch.“

Beaux stieß ihm gegen die Schulter, und ich sah zu, wie Oliver Powell wegging. Von hinten sah er vielleicht sogar noch besser aus als von vorn.

Ich war nicht die einzige Frau, die ihm hinterherstarrte. Rufe ertönten, als die Frauen hinter dem Zaun riefen, er solle zurückkommen, um noch mehr Brüste und Haut mit seinem Autogramm zu verzieren. Doch er schritt davon, lässig und ohne Hast, als hätte er nicht soeben gegen seinen Vertrag verstoßen.

Ich nahm an, er scheffelte genug Millionen, sodass er lieber eine Strafe zahlte, als etwas zu tun, das er nicht tun wollte. Was waren schon zehntausend Dollar Strafe wegen der Weigerung, am Fan-Tag Autogramme zu geben, wenn man fünfzehn Millionen Dollar im Jahr plus Werbeeinnahmen machte?

„Oh Kacke.“ Beaux stöhnte auf und ich sah ihn wieder an. „Fall nicht auf ihn rein. Und bitte geh nicht mit ihm ins Bett.“

Ich konnte ein Schnauben nicht unterdrücken. Da ich gerade erst von meinem Verlobten verarscht worden war, hatte ich nicht unbedingt das Bedürfnis, mit irgendwem ins Bett zu hüpfen. „Was hast du zu ihm gesagt?“

Beaux’ Augen schimmerten schelmisch. „Genug, dass er dich in Ruhe lässt.“

„Hast du es ihm gesagt?“

„Fuck, nein. Wenn er weiß, dass du meine Schwester bist, lässt er dich nicht zufrieden. Ich habe gesehen, wie er dich angestarrt hat.“

„Echt?“ Ich konnte nicht leugnen, dass es mir gefiel. Er war immerhin Oliver Powell. Ich meine, ja, er war ein Arsch, aber schließlich hatte er auch einen knackigen. Er war ständig von neuen Begleiterinnen umschwärmt. Schöne Frauen. Die weit außerhalb meiner Liga waren.

Beaux stöhnte erneut auf und schob mich weiter. „Warte auf dem Parkplatz auf mich, bis ich hier fertig bin. Ich will dir was zeigen. Und halte dich bloß fern von Powell. Er ist wirklich so, wie wir immer gesagt haben, und noch viel schlimmer.“

Ich verzog das Gesicht. Nicht, weil er mich fortschickte, sondern wegen der Warnung. Wegen der Erkenntnis.

Beaux hatte gerade zugegeben, dass sich Powell meinem kleinen Bruder gegenüber wie ein Arsch benommen hatte. Ich hätte für ihn sauer sein sollen. Das Problem war nur, dass ich nicht vergessen konnte, wie sich Powells haselnussbrauner Blick auf meine weiblichen Vorzüge konzentriert und dort länger als nötig verweilt hatte.

Aber das bedeutete Ärger, und ich war gerade erst vor ein paar Monaten dieser Art von Ärger entflohen.

Meine Zeit war gekommen, ich startete ganz neu und konnte tun und lassen, was ich wollte. Powells One-Night-Stand zu werden, gehörte nicht dazu. Auch wenn ich wusste, dass es höchst unterhaltsam und unvergesslich sein würde.

„Du … ich … wo sind wir hier?“

„Das ist dein Laden.“

Ich wandte den Blick von dem alten roten Backsteingebäude im Künstlerviertel von Raleigh ab. Mit offenem Mund starrte ich Beaux an. „Was?“

Er drehte einen Schlüsselbundring um seinen Daumen und warf ihn mir dann zu. Ehe er auf den Boden fallen konnte, fing ich ihn auf. Als ich wieder hochsah, wollte ich ihn ihm ins Gesicht werfen. „Warum hast du …“

„Sei still. Du willst das schon seit Jahren und hast es nie getan, weil dieses Arschloch dir eingeredet hat, du könntest es nicht. Jetzt hast du es. Sei dankbar, Shan.“

Ich sah ihn finster an. Mein kleiner, dummer, riesiger Bruder. „Weißt du noch, was Barclay über Rookies gesagt hat, über Anfänger? Was Rookies nicht vergessen dürfen?“

„Ich bin kein gottverdammter Rookie mehr.“

Das war er wirklich nicht. Er hatte drei Jahre Erfahrung in der Liga, doch sein neuer Vertrag über etliche Millionen machte mir Angst.

„Du musst nicht für deine Familie sorgen“, sagte ich und erinnerte ihn daran, was der pensionierte NBA-Spieler neulich in den Nachrichten gesagt hatte. Nämlich, dass jeder professionelle Spieler das Bedürfnis habe, dafür zu sorgen, dass seine Familie auf großem Fuße von den Millionen leben könne, die der neue Profi plötzlich besaß, und dass das ein großer Fehler sei.

Eine Karriere konnte mit einem unglücklich platzierten Tackle schlagartig vorbei sein. Millionen konnten über Nacht verschwinden.

Ich verlagerte meinen erstaunten Blick wieder auf das Gebäude. Es war hübsch. Groß, aber nicht zu riesig. Wir waren noch nicht einmal hineingegangen und ich mochte es schon. Es war die perfekte Location, um Stamped, mein Onlineschmuckgeschäft, aufs nächste Level zu heben. Und darüber befand sich ein Zweizimmerapartment.

Alles meins.

Obwohl ich keinen Penny dazu beigetragen hatte.

Mein Magen wollte sich umdrehen. Ich schüttelte den Kopf und wollte Beaux die Schlüssel zurückgeben. „Ich kann das nicht annehmen.“

Er ignorierte die Schlüssel und steckte die Hände in die Taschen seiner verwaschenen Jeans. Jeans, die er schon seit dem College besaß, denn während er Millionen machte und sie für mich ausgab, benutzte er kaum Geld für sich selbst. Außer für die jährliche sommerliche Wohnmobil-Tour, bei der er mit Freunden aus dem ganzen Land Party feierte.

„Es ist schon alles erledigt. Die Papiere sind unterschrieben. Seit letzter Woche. Außerdem hast du einen Stand auf dem Sommer-Kunstfestival in ein paar Wochen und Visitenkarten mit der neuen Adresse.“

Mein Kiefer fiel auf den Asphalt. „Was?“

Ich starrte meinen Bruder an. Das war zu viel. Zu viel Geld. Ein zu großes Gebäude. Zu viel Verantwortung. Das einzig Gute, was ich je getan hatte, war, ihm zum Erfolg zu verhelfen. Bei allem anderen hatte ich versagt. Das College hatte ich gerade so geschafft, ich hatte einen schlechten Geschmack, was Männer betraf – was ich gerade erst begriffen hatte –, und ich konnte keinen Job behalten, selbst wenn mein Leben davon abhinge.

Mein Schmuckgeschäft war eine Fantasievorstellung, ein Hobby, etwas, um mir die Zeit zu vertreiben. Und obwohl ich damit eine ordentliche Menge Geld verdiente und davon träumte, es zu vergrößern, hätte ich es jedoch nie für möglich gehalten. Mir fehlte das nötige Selbstvertrauen, es durchzuziehen.

Das hier … ängstigte mich zu Tode.

„Ich kann das nicht“, wisperte ich mit vor Emotionen erstickter Stimme.

Beaux betrachtete das Haus. „Als ich elf war, bist du mit mir zum Sportplatz der Schule gegangen, und als ich dich gefragt habe, was wir hier machen, hast du gesagt: ‘Ich habe eine Überraschung für dich.‘“

Tränen brannten in meinen Augen. Sein erstes Training. „Beaux …“

Er sah mich nicht an, doch er nahm meine Hand und schloss meine Finger über den Schlüsselbund. „Du hast eine Sporttasche auf den Boden gestellt, mir die Pads und den Helm angezogen und mir beim Training zugesehen. Zwei Stunden hast du dort gesessen und deine Hausaufgaben gemacht, während ich die ersten Spielzüge meines Lebens gelernt habe. Wenn du auch nur für eine Sekunde glaubst, du hättest diesen Erfolg und das Geld nicht genauso verdient wie ich, dann bist du dümmer, als ich dachte.“

„Mom …“

„Mom wollte, dass ich Football spiele. Sie hat immer davon geredet. Aber sie hat nur geredet und für unser Essen gearbeitet und konnte sonst nichts tun. Während du diejenige warst, die dafür gearbeitet hat, dass meine Träume Wirklichkeit werden, Shannon. Lass mich das bitte für dich tun. Nimm das Geschenk an, mach damit, was du willst, und nimm dir endlich auch mal ein Stück von deinen eigenen Träumen.“

Die Wahrheit kam mir über die Lippen, ehe ich sie aufhalten konnte. „Was, wenn ich versage?“

Er sah mich an und seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. Dann schleuderte er mir dieselben Worte entgegen, die ich zu ihm gesagt hatte, als er für das Highschool-Footballteam als Stammquarterback spielen sollte, und das als Zehntklässler. Ich hatte ein Jahr vorher graduiert und ging aufs staatliche College, um in der Nähe von zu Hause zu sein. Bei über achthundert Schülern in jeder Stufe und einem Footballteam mit einer langen Erfolgsliste bezüglich der Staatsmeisterschaften war es noch nie vorgekommen, dass es ein Zehntklässler in die erste Schulmannschaft geschafft hatte.

„Aber Shannon, was, wenn nicht?“

„Ich hasse dich“, wisperte ich und schniefte meine Tränen weg. Ich schloss die Hand um die Schlüssel und hielt sie fester. Ich würde Beaux alles geben, alles für ihn tun. Und wenn es ihn glücklich machte, würde ich auch das für ihn tun.

„Ich weiß, dass du mich hasst.“ Er zog mich an sich, öffnete meine Finger und nahm mir den Schlüsselbund wieder ab. „Du liebst mich aber mehr.“

Ich wischte mir die Tränen unter den Augen fort und atmete zittrig durch. Das war es nun.

Meine Zukunft. Mein Traum.

Real geworden, obwohl ich wusste, dass ich niemals den Mut gehabt hätte, das selbst zu verwirklichen.

„Ich weiß“, murmelte ich.

Er steckte einen der Schüssel ins Schloss und öffnete die Tür.

„Du bist einfach ziemlich wunderbar“, sagte ich.

„Für eine zickige große Schwester bist du auch nicht schlecht. Und jetzt lass uns dein neues Geschäft besichtigen.“

Kapitel 2

Shannon

Ich wickelte das Handtuch strammer um mich und betrachtete das Chaos, das ich in Beaux’ Gästezimmer veranstaltet hatte. Ich hatte es selbst für meine Maßstäbe in Rekordzeit in ein Schlachtfeld verwandelt.

Nachdem er mir das Gebäude gezeigt hatte und das Apartment darüber, hatte ich mich schließlich einverstanden erklärt mit seinem Plan, seiner Idee und seinem Glauben an mich.

Doch nichts davon war fertig, und ich hatte fast alles, was ich besaß, in Des Moines gelassen, wo Patrick jetzt wahrscheinlich seine Arbeitskollegin auf meiner Lieblingscouch und den Zierkissen fickte.

Ich stöhnte auf und fuhr mir durchs Haar. Die Erinnerung an ihn überrollte mich heftig, ungebeten und war schwer wieder loszuwerden. Wie ihre Beine um ihn geschlungen waren, ihre Absätze in seinen immer noch von der Hose bedeckten Hintern gebohrt, während er sie nahm …

„Shannon?“ Beaux’ Stimme drang durch den Flur, als er die Tür öffnete. „Alles in Ordnung? Ich habe geklopft … Scheiße, zieh dir was an!“ Er bedeckte die Augen mit den Händen.

Ich wirbelte herum und hielt das Handtuch fest. „Was zur Hölle …?“

„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nichts anhast?“

Ich blinzelte ihn an, die ganzen zwei Meter in Jeans und einem simplen V-Ausschnitt-Shirt, und sah an mir selbst hinab. Das Handtuch bedeckte alles. „Du hättest klopfen sollen.“

„Habe ich. Du hast nicht geantwortet.“

„Ich bin doch vollständig bedeckt, du Idiot.“

Er lugte zwischen seinen Fingern hindurch und verzog das Gesicht. „Genau wie damals, als ich zehn war.“

Blödmann. Ich war dreizehn gewesen und gerade aus der Dusche gekommen. Er hatte den vollen Anblick meines nackten kindlichen Körpers erhalten. Er behauptete, das hätte ihm ein Trauma fürs Leben verschafft.

Lachend zog ich das Handtuch straffer und rollte mit den Augen. „Du bist so dumm, Beaux, echt jetzt. Ich habe mehr an als nachher, wenn ich das Kleid anziehe, das ich heute Abend tragen will.“

Er hatte mich überredet, später mit seinen Teamkameraden abzuhängen. Ich konnte nicht leugnen, Aufmerksamkeit erregen zu wollen. In den letzten Wochen war ich genug allein gewesen, während ich mich auf der Couch meiner besten Freundin Melissa niedergelassen und sämtliche Fehler von Patrick aufgelistet hatte.

Seit dem College, wo wir uns im Design-Kurs kennengelernt hatten, war sie meine Freundin. Sie hatte mich bei sich wohnen lassen, als ich Patrick verließ und noch nicht wusste, was ich als Nächstes tun wollte. Nun war ich erst seit einem Tag fort und vermisste sie schon wie verrückt.

„Was willst du anziehen?“

Ich lachte über seinen entsetzten Tonfall. „Nur das hier.“ Ich hielt ein silbernes, aufreizendes, paillettenbesetztes Minikleid mit Fransen hoch, das mir nur bis zur Mitte der Oberschenkel ging. Es war ein Halloweenkostüm und eigentlich nicht zum Tragen in einer Bar geeignet. Ich hatte keine Ahnung, wie es überhaupt in meinen Koffer geraten war.

Seine Augen quollen ihm erwartungsgemäß aus dem Kopf und ein Muskel zuckte an seinem Hals. „Auf keinen Fall.“

„Doch.“ Neckend öffnete ich leicht das Handtuch. „Und wenn du jetzt nicht gehst, siehst du mehr, als du willst.“

Er machte auf dem Absatz kehrt und der Knall der Tür konnte mein Lachen fast nicht übertönen.

„Zieh dieses verdammte Kleid nicht an!“

„Sag mir nicht, was ich zu tun habe!“, rief ich ihm nach und lachte noch lauter.

Mein Bruder. Mein Beschützer und sportlicher Mutant. Der NFL-Quarterback-Superstar. Der Idiot. Wenn wir zusammen waren, benahmen wir uns immer noch wie Teenager.

Ich ließ das Handtuch fallen und griff nach einem seidenen schwarzen Kleid. Es rutschte oben etwas tiefer als in die Mitte meines Dekolletés. Ein dünner Träger am Rücken fixierte es, und es war fast so kurz wie das fransige Halloweenkostüm. Es war auf sündig-verführerische Art sexy. Ich wollte die Aufmerksamkeit. Egal, ob für die ganze Nacht, ein paar Stunden, einen Drink oder nur einige Blicke.

Patrick in flagranti mit seiner Kollegin bei einer Party zu erwischen, die seine Firma für uns gegeben hatte, hatte mich tief erschüttert und mein Ego verletzt. Aber ich hatte mir selbst und Melissa versprochen, den Mittelfinger zu heben und alles zu tun, um darüber hinwegzukommen, als ich Des Moines verließ. Selbst wenn ich nur ein paar Stunden so tat als ob. Vorstellung schafft Wirklichkeit, nicht wahr?

Das war Melissas Rat. Mit beiden Händen klammerte ich mich daran fest.

Ich zog mich an, kämmte mein Haar zurück und steckte es mit ein paar glitzernden Spangen fest, sodass es aus dem Gesicht gehalten wurde. Dann erledigte ich mein Abend-Make-up – mit Smokey Eyes und teuflisch roten Lippen –, schlüpfte in die High Heels und ging nach unten, nachdem ich die Tür hinter dem hinterlassenen Chaos geschlossen hatte.

Ich würde am Wochenende packen und aufräumen. Beaux hatte mir angeboten, so lange zu bleiben, wie ich wollte, doch das Apartment war teilmöbliert, und das reichte mir für den Anfang. Es gab eine schwere Couch, ein Bett, das man schon vor zwanzig Jahren hätte wegwerfen sollen, und einen Esstisch. Aber das war egal. Ich war achtundzwanzig und zog endlich in eine eigene Wohnung, war verantwortlich für den Erfolg eines Geschäfts, von dem ich schon immer geträumt hatte und aus dem mehr als nur ein Onlineshop werden sollte.

Nachdem ich nun Zeit gehabt hatte, die Idee sacken zu lassen, hatte ich alle möglichen Einfälle bezüglich der Werbung und des Schmuckdesigns, der Inneneinrichtung und um meinen Namen bekannt zu machen, das Kunstfestival mit eingeschlossen.

„Du versuchst, mich umzubringen, ja?“, fragte Beaux, als ich ins Wohnzimmer kam.

Er hatte ein Bier in der Hand und stellte es neben sich.

„Mit dem alten Lappen?“ Ich drehte mich im Kreis und lachte.

„Verfickte Scheiße. Das hast du echt vor. Du willst mich killen, damit du meine Lebensversicherung kassieren kannst.“

„Du bist so ein Blödmann.“ Ich schlug mit meiner Handtasche nach ihm, ging in die Küche und holte mir auch ein Bier. „Wann gehen wir?“

„Hast du es eilig wegen jemand bestimmten?“

Das Bild von einem verschwitzten und mürrischen Oliver Powell erschien vor meinem geistigen Auge. „Nein.“

„Lügnerin.“

Ich zuckte mit den Achseln und nahm einen Schluck Bier. Kaltes Bier. So viel besser als der Mist, den Patrick mir immer angeboten hatte – von Sekt bis hin zu gemixten Fruchtcocktails. Himmel, wie er mir doch auf die Nerven gegangen war. Ich blinzelte, verjagte diese Gedanken und zuckte zusammen, als Beaux plötzlich direkt vor mir stand.

„Hast du mal wieder was von dem Arschloch gehört?“

„Ein paarmal“, gab ich zu. Meine Begabung, jemanden anzulügen, besonders Beaux, war nicht vorhanden. „Er hat sich entschuldigt.“

Weshalb ich irgendwo anders neu anfangen musste. In Des Moines konnte ich nirgends hingehen, ohne an Patrick erinnert zu werden – und daran, welche Mühe er sich gegeben hatte, mich zu verführen und überhaupt zu erobern. Wir waren überall zusammen gewesen. Fünf lange Jahre waren einfach so in der Toilette verschwunden. Und er hatte sich zwar entschuldigt, aber auf den Ton kam es an. Den ich erst langsam verstand. Den Ton, der immer verführte und neckte … und durchblicken ließ, dass ich nicht so gut war wie er. Dass ich noch nie etwas allein geschafft hatte.

Ich ließ die Schultern hängen und Beaux knurrte. Dieses Geräusch sagte mir, dass er die Fäuste geballt hatte und den Kerl am liebsten verprügeln wollte.

„Ist schon gut, Beaux.“ Ich wandte mich ab, damit er die Wahrheit nicht in meinen Augen sehen konnte. Aber es war nicht gut. Die Trennung war nicht gut. Nichts an meiner Demütigung, den abgeblasenen Hochzeitsplänen und der abgesagten gemeinsamen Zukunft war gut.

„Tust du mir einen Gefallen?“, fragte er, und ich war dankbar, dass er das Thema fallen ließ.

„Was denn? Klar, alles, was du willst.“

„Halte dich von Powell fern.“

Jetzt verdarb er mir den Spaß.

Nicht, dass ich so was geplant hätte. Nicht, dass ich dessen Aufmerksamkeit für mehr als ein paar Stunden ergattern könnte. Doch hatte ich nicht genau danach gesucht? Ablenkung?

Ich kniff die Lippen zusammen und nickte.

Beaux las in meinem Schweigen und warf seufzend den Kopf zurück. „Er ist mein Teamkamerad, Shan. Und ein Arsch. Ich meine es ernst, der Kerl bedeutet nichts Gutes.“

„Ich tue nichts, was du nicht auch tun würdest.“ Das war ein Versprechen. Glücklicherweise war Beaux’ Liste der Dinge, die er nicht tun würde, recht kurz.

Er begriff, was ich meinte, und runzelte die Stirn. „Das ist nicht hilfreich.“

Ich grinste. „Mir hilft’s.“ Ich stellte das Bier ab und legte die Hand auf seinen Unterarm. „Komm schon. Führ mich aus und mach mich besoffen, damit ich Patrick vergessen kann.“

„Mit teuflischem Vergnügen.“

Im VIP-Bereich war die Musik aus dem Erdgeschoss kaum zu hören, doch das flackernde Licht war zu sehen und die Vibrationen der Bässe unter den Füßen waren zu spüren.

Mit einem Dutzend oder mehr Footballspielern zusammen zu sein, hatte definitiv seine Vorteile. In der letzten Stunde hatte mich Beaux den meisten seiner Teamkameraden und einigen ihrer Freundinnen vorgestellt. Obwohl ich drei Jahre Erfahrung darin hatte, professionelle Spieler zu treffen, und noch mehr Jahre, mit Spielern zu reden, deren Egos größer waren als ihre Gehirne oder Talente, wurde es mir nie langweilig.

Zusammen mit Beaux hatte ich mich in Football verliebt, angefangen bei den Spielzügen und dem Stress bis hin zu der Kunst und Finesse des Spiels. Viele der Männer, die ich traf, hatte ich im Fernsehen gesehen und sie angefeuert, als wir im College waren. Es wurde nie weniger aufregend. Ich war niemals weniger davon gefesselt, den Männern die Hände zu schütteln, die Beaux und ich als Kinder bewundert und verehrt hatten.

Der Club, in dem wir waren, flüsterte von Wohlstand, angefangen bei den Kronleuchtern bis hin zu den funkelnden Kristallgläsern. Vielleicht war es nur die Protzigkeit des VIP-Bereichs mit der eigenen Bar und der Bedienung, in den man nur kam, wenn der Name auf der Liste stand und wo ein Türsteher dafür sorgte, dass sich niemand sonst einschleichen konnte.

Um es wirklich genießen zu können, ähnelte es zu sehr dem, was ich kürzlich erst verlassen hatte. Ich hatte es versucht, aber nach dem süßen, herben Geschmack eines Red Bull mit Wodka und den hochgezogenen Augenbrauen der fast nackten Kellnerin, als ich ein gezapftes Bier verlangte – Hauptsache etwas, das richtig kalt war –, gab ich die Idee auf, mich sinnlos zu betrinken.

Ich wollte sowieso nur leicht angeheitert sein, und nach einer Weile, als die anderen sich an dem Stehtisch um mich herum leise unterhielten und Beaux darin aufging, seine neuen Teamkameraden kennenzulernen, zog ich mich innerlich zurück und lauschte meiner Kreativität.

Ideen überfluteten meinen Verstand. Gebäudegrundrisse. Schautische. Armbänder. Halsketten und Bettelarmbänder mit passenden Ohrringen. Geprägte Metall-Designs verkauften sich gut, je nach Material. Im College hatte ich angefangen und für mich selbst ein paar Stücke angefertigt und dann ein paar an Studentinnen verkauft. Alle wollten etwas Einmaliges, speziell für sie persönlich Angefertigtes. Während sie Spaß hatten und die besten vier Jahre ihres Lebens genossen, fuhr ich Beaux zum Training, half ihm bei den Hausaufgaben und sorgte dafür, dass er in die Schulmannschaft kam. Als er älter war und selbst fahren konnte, begleitete ich ihn trotzdem zu den Colleges, sprach mit Talentsuchern und Footballtrainern und kümmerte mich nebenbei noch um unsere kranke Mutter.

Als sie starb, bevor sie miterleben konnte, dass Beaux graduierte, lastete die ganze Bürde von Miete und Rechnungen bezahlen auf meinen Schultern. Was hätte ich damals nicht darum gegeben, eins dieser reichen Mädels zu sein, deren Geldbeutel so groß waren, wie ihre Väter es erlaubten, und die keine anderen Sorgen hatten, als ein neues modisches Accessoire zu finden und es als Erste zu besitzen.

Ich hatte sie beneidet. Jetzt wollte ich so ein Leben gern leben, doch Verantwortungsgefühl und Vorsicht waren Charakterzüge, die man nicht so leicht abschütteln konnte. Außerdem hatte ich seit Monaten keine vernünftigen Designideen mehr gehabt, aber das historische Gebäude, das Beaux für mich gemietet und für ein Jahr im Voraus bezahlt hatte, inspirierte mich. Oder es lag an der Freiheit zu wissen, dass ich endlich tun konnte, was ich immer tun wollte?

Vielleicht hatte Beaux recht. Ich verdiente seinen Erfolg genauso wie er. Ich missgönnte es ihm nicht, sondern war stolz auf ihn. Es war außerdem wunderbar, ein ganz eigenes Leben zu haben. Allerdings hatte ich vor, ihm jeden Cent zurückzuzahlen, den er für mich ausgegeben hatte.

Eine große Hand legte sich auf die Papierserviette, auf der ich herumkritzelte. „Du wirst nicht den Abend mit dem Stift in der Hand und dem Gesicht über den Tisch gebeugt verbringen.“

Ich überging Beaux’ schimpfenden Ton und verzog den Mund. „Aber ich habe gerade so gute Ideen.“ Ich betrachtete die Entwürfe, auf die er seine Hand gelegt hatte. Sechs verschlungene Armbänder, die man auseinandernehmen konnte, in sechs verschiedenen Mustern. Kompliziert und aus verschiedenen Materialien oder je eins für das ganze Band. Ich könnte acht verschiedene Designs daraus machen und sie sähen alle einzigartig aus.

„Dann sag deinem Hirn, es soll die Klappe halten. Es hat jetzt mal Sendepause. Du brauchst mal eine Auszeit.“

Ehe ich protestieren konnte, wurde ein Tablett mit goldfarbenen Schnäpsen auf den Tisch gestellt. Daneben eine Schale Limonen und ein Salzstreuer.

Ich sah Beaux an. „Machst du Witze?“

Er neigte den Kopf zurück und lachte. „Die sind nicht alle für dich.“

„Ist sie immer so gierig?“

Ich drehte mich zu der Stimme um und grinste. Fast die ganze Zeit hatte ich neben Kolby Jones gestanden. Er schien faszinierter von all den VIPs um uns zu sein als ich. Allerdings war er erst vor drei Monaten zum Team gekommen und noch nicht an sein neues Leben gewöhnt. Er war ein Wide Receiver. Sein Tempo und seine Fähigkeit, den Ball aus dem Nichts zu schnappen, sobald er in seine Nähe kam, egal, wie viele Verteidiger an ihm klebten, hatte Alabama drei nationale Meisterschaften hintereinander eingebracht.

Er war viel zu jung für mich, aber seine helle Mokkahaut, die festen Muskeln und sein freundliches Lächeln machten ihn zu einer Augenweide. Außerdem war er alleinerziehender Vater eines dreijährigen Mädchens und stand mehr mit beiden Beinen auf dem Boden als irgendjemand sonst. Natürlich konnte sich das immer noch ändern.

„Ich bin nicht gierig“, antwortete ich und nahm mir einen Tequila.

„Lass dich nicht täuschen, Kolby. Sie ist eine Schlange.“

Ich schnaubte und leckte mein Handgelenk ab. „Genau. Ich bin eine echte Sirene.“

Beaux bemerkte meinen niedergeschlagenen Ton und schubste mich unter dem Tisch an. „Dein Problem ist“, sagte er, nahm sich ein Glas und schob Kolby eins zu, „dass du jahrelang versucht hast, für diesen schwanzlosen Arsch gut genug zu sein, ohne zu merken, dass du von vornherein zu gut für ihn warst.“

„Aha, Männerprobleme, deswegen also der Tequila“, sagte Kolby.

Ich sah Kolby an und stieß mein Glas gegen seins. „Der Tequila ist nur für den Spaß.“ Scheiß drauf. Ich brauchte weder eine Predigt noch eine Aufmunterung von Beaux.

Kolby grinste mich an, unsere Gläser berührten sich und wir stürzten den Schnaps herunter. Das Brennen traf auf meine Zunge, lief mir in den Hals und arbeitete sich in den Magen vor. Ich kniff die Lippen zusammen, nahm ein Stück Limone von Beaux entgegen und war dankbar für die Hilfe der Säure. Trotzdem konnte ich nicht vermeiden, das Gesicht zu verziehen, als ich schluckte. Nichts half, ehe mir Beaux den nächsten reichte.

„Nach dreien tut es nicht mehr so weh.“

„Na toll. Wenn ich nichts mehr fühle, fängt es an, gut zu schmecken.“

„Yep.“

Kolby und Beaux tranken noch einen mit mir. Dann schob Kolby seine Gläser und Limonen in die Mitte des Tisches.

Ohne zu zögern, trank ich noch einen. „Wo ist deine Tochter heute Abend?“

Kolby nahm einen Schluck von seinem Wasser. „Bei meiner Mom. Sie sind zu Hause und packen aus.“

Er schüttelte den Kopf, und in seinem Blick lag dasselbe Staunen, mit dem Beaux im ersten Jahr bei den Vikings herumgelaufen war. Es war der „Wie konnte das mein Leben werden?“-Blick. Manchmal konnte ich den Funken auch noch bei Beaux sehen, aber nach ein paar Jahren verschwanden Schock und Gedanken an den Wohlstand und es wurde zum neuen normalen Stand der Dinge.

„Du hast deine Mom auch hergeholt?“

Ein Muskel zuckte an seiner Wange, und ich spürte, dass ich ein Thema berührte, über das er nicht sprechen wollte.

„Mom ist die Einzige, der ich Mya anvertrauen kann.“

Ich konnte die Liebe, die Eltern für ihre Kinder empfinden, nicht persönlich nachvollziehen, aber ich hatte die Opfer gesehen, die meine Mom gebracht hatte, um für uns zu sorgen. Wegen meiner Erinnerung daran, wie Mom von der Arbeit nach Hause gekommen war, nur um schnell zu duschen und dann zum nächsten Job zu eilen, legte ich eine Hand auf Kolbys Schulter und drückte sie leicht. „Du bist ein guter Vater, Kolby.“

„Hoffentlich sieht sie das auch so.“

„Ganz bestimmt.“

„Mehr Drinks?“, fragte Beaux mit erhobener Hand, um der Kellnerin zu winken.

Der Alkohol wärmte meine Wangen und meinen Brustkorb. Ich war entspannt und angeheitert. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Noch ein Bier und ich habe genug.“

Er rollte gespielt genervt mit den Augen. „So viel zum sinnlosen Besaufen.“

„Ich habe noch genug Zeit, Sinnloses zu tun.“

„Stimmt“, antwortete er neckend. „Klar.“

Jetzt rollte ich mit den Augen. Wir kannten mich beide. Ich war noch nie eine Partylöwin gewesen, und angesichts der Drinks, der Wärme und dem gedämpften Licht verspürte ich schon längst den Wunsch, nach Hause zu gehen und dort die Dusche und die Böden zu putzen, damit ich einziehen konnte. Ich hatte zu viel von meiner Mutter in mir und nicht genug von Beaux. Ich schob es auf unsere verschiedenen Väter. Während er alles an sich abprallen ließ und sich nie Sorgen machte oder stresste, konnte ich mich nur schwer entspannen und war immerzu am Planen und Vorbereiten. Wir hätten nicht unterschiedlicher sein können.

Das Gespräch drehte sich nun um Beaux und Kolby und wie sie sich an Raleigh gewöhnten, was sie alles schon gesehen hatten, seit sie hergezogen waren. Was sie als Nächstes vorhatten und ihre Meinungen über die anstehende Vorsaison.

Größtenteils mischte ich mich nicht ein und ließ den Blick und die Gedanken schweifen. Gedanken an einen mürrischen, ungehobelten Tight End, der noch nicht erschienen war. Enttäuschung stieg in mir hoch und ich runzelte die Stirn. Ich wollte ihn gar nicht sehen, trotzdem musste ich ständig an ihn denken. Das Zusammentreffen mit ihm war eins der unangenehmsten aller Zeiten gewesen. Doch ich konnte es nicht leugnen – genau wie wahrscheinlich bei Millionen anderer Frauen im Land spielte Oliver eine Rolle in meinen Fantasien, seit er in der NFL angefangen hatte. Zugegeben, sobald Beaux das Team gewechselt hatte, hatte ich sofort an eine Begegnung mit Powell gedacht.

Doch sosehr ich Beaux auch damit aufzog, etwas mit seinen Teamkameraden anzufangen, würde ich ihm das niemals antun. Ich wollte nicht der Grund für Spannungen in der Kabine oder auf dem Spielfeld sein. Mein Job war es, ihn zu unterstützen, und nicht, es ihm schwerer zu machen.

Mit einem tiefen Seufzen rutschte ich aus unserer Sitzecke. Beaux fing meinen Blick auf und sah mich fragend an.

„Bin gleich wieder da. Muss nur mal kurz frische Luft schnappen.“

„Und dann tanzt du mit mir“, sagte Kolby und zwinkerte mir zu.

Der Mann war süß. Das durfte ich zugeben. Er war harmlos. Ungefährlich.

„Weißt du was? Ich kann später noch rausgehen. Magst du jetzt?“

„Oh Mann, klar. Eine sexy Tigerin in meinen Armen? Ich werde die anderen Kerle von dir wegprügeln müssen.“ Er sah mich neckend an, runzelte die Stirn und wedelte mit dem erhobenen Finger. „Andererseits sollte ich das vielleicht lieber nicht. Ich darf mir nicht die Hände bei einer Barprügelei brechen.“

Ich schlug ihm gegen die Schulter. „Sei still.“ Dann drehte ich mich Beaux zu. „Ist das okay für dich?“

„Mach schon, Sister. Du hast es dir verdient.“

Während ich darauf wartete, dass Kolby aus der Sitzecke rutschte, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und gab Beaux einen Kuss auf die Wange.

Kolby nahm meine Hand und führte mich die Treppe hinunter, zog mich hinter sich her, damit wir in der Menge nicht getrennt wurden.

Auf halbem Weg nach unten standen mir plötzlich die Nackenhaare zu Berge. Ich hielt inne, entzog Kolby meine Hand und sah mich um. Nichts zu sehen. Ich schüttelte das seltsame Gefühl ab und folgte meinem Tanzpartner.

Hier unten war die Musik laut, pulsierte in meinem Körper und erfüllte mich mit dem Drang, mich zu bewegen. Der Song war schnell und passend, und als Kolby uns in den Bereich unter der VIP-Lounge dirigierte, wo wir gesessen hatten, legte er die Hände um meine Taille und zog mich an sich, bis meine Hüften an seine stießen. Wir hätten uns anbrüllen müssen, daher tanzten wir schweigend und nur mit den Körpern verbunden.

Es war lange her, dass ich ausgegangen war. Meistens fühlte ich mich zu alt für Bars – nicht, dass Patrick je dorthin gegangen wäre. Und wenn Patrick nicht ausgehen wollte, taten wir es auch nicht.

Ich verlor mich in meinen Gedanken, allem, was ich bereute, und dem Gefühl warmer, starker Hände auf mir. Ich begann, im Nacken zu schwitzen. Während ich mich gänzlich der Musik hingab, senkte sich mein Alkoholpegel langsam, und es gab nur noch mich und Kolby, der uns umherwirbelte und mit mir herumalberte. Wir schnitten Grimassen und bewegten uns zum Rhythmus.

Wir tanzten länger als nur den einen Song, und am Ende des vierten brauchte ich eine Pause. Mir taten die Zehen weh in den hohen Schuhen, und der Träger auf meinem Rücken klebte an meiner Haut.

„Ich brauch ne Pause!“, rief ich in Kolbys Armen.

Er legte sie enger um mich. „Ich habe mich schon gefragt, wann die alte Lady aufhören will. Hast länger durchgehalten, als ich dachte.“

Ich schubste ihn lachend von mir und ging von der Tanzfläche, doch als ich losmarschieren wollte, hielt ich abrupt inne. Kolby rammte gegen mich, schubste mich ein Stück vorwärts, und ehe ich stolpern konnte, landete ich in anderen starken Armen.

„Der nächste Tanz gehört mir.“

Kapitel 3

Shannon

Elektrizität schoss durch meine Arme und über meinen Rücken, direkt in meine Zehen, die sich in den Schuhen zusammenrollen wollten. Auf dem Spielfeld war Powell wie eine Naturgewalt. Rennen und Fangen, all das tat er mit der Anmut eines Panthers. Erstaunlich, bei seiner Größe von einsfünfundneunzig. Er sah aus, als wäre er riesig, sperrig und ungeschickt, stattdessen war er schnell. Und kraftvoll.

Als er mich auf die Tanzfläche zurückschob, die ich gerade hatte verlassen wollen, war er außerdem nicht abzuweisen.

Magnetisch.

Hitze züngelte zwischen uns, als ich versuchte, ihm meinen Arm zu entziehen.

Mein Verstand befahl mir, zu flüchten.

Mein Körper befahl mir eindringlicher, es nicht zu tun.

„Was soll das?“, fragte ich.

Er zog die sandbraunen Augenbrauen zusammen. Einen Moment dachte ich, er hätte mich nicht verstanden. Doch dann zog er mich an sich, bis meine Hand auf seiner Brust lag. Meine Finger krallten sich von ganz allein in seine harten Muskeln.

„Ich glaube, jemand wie du braucht einen echten Mann. Nicht die kleinen Jungs, mit denen du heute Abend abhängst.“

Er hatte mich gesehen. Er war derjenige, der mich beobachtete. Ich wusste es mit derselben Sicherheit, wie ich wusste, dass mein Höschen feucht wurde, trotz seiner absurden Aussage.

„Du kennst mich gar nicht. Du weißt nichts über mich.“

„Ich weiß, was du willst.“

Einen Scheiß wusste er. Alles, was er sagen oder denken könnte, wäre falsch. Ich hätte ihn von mir schubsen sollen. Ich hätte abstoßend finden sollen, wie er seine Hüften an mir rieb. Stattdessen schmiegte ich mich an jede seiner Bewegungen, ergab mich seiner Präsenz und der statischen Aufladung zwischen uns.

Er nahm den Blick von meinen Augen und starrte offen und unverfroren auf meine Brüste, ehe er mich wieder ansah. „Du willst, was alle wollen. Den Ruhm, das Geld. Sagen können, dass du unsere riesigen Schwänze gelutscht hast.“

Ja.

Abstoßend.

Dennoch raste eine Welle der Erregung durch mich und erhitzte mich bei der bloßen Erwähnung seines Schwanzes. Ehe ich mich sammeln konnte, sprach er weiter.

„Aber du weißt nicht, dass Männer, die neu in die Liga kommen, immer noch Jungs sind und leicht von sexy Pussys mit Titten, Arsch und langen Beinen verführt werden. Und wenn sie sie dann haben, wissen sie nicht, was sie mit ihnen anfangen sollen.“

Er sprach von meinem Bruder. Dass dieser sich meinen Arsch und meine Titten ansah. Ich wollte mich nicht übergeben, was ich normalerweise getan hätte.

Ich war noch an der Stelle, dass er mich für sexy hielt.

Wie bekloppt war ich eigentlich?

Jedenfalls nicht bekloppt, betrunken oder dumm genug, um nicht zu wissen, wohin das hier führen würde. Zu einem schnellen Fick an der Wand im Flur, wo er mich von sich wegdrehen, meinen Rock hochheben und in mich stoßen würde, und das alles, ohne mich küssen oder anfassen zu müssen.

Ich war einsam und litt noch unter der aufgelösten Verlobung. Ich suchte nach ein paar Stunden des Vergessens und vielleicht einem One-Night-Stand, aber ich war kein Fußabtreter und auch keine Idiotin. Ich verdiente mehr als nur das sexy Äußere, das er zu bieten hatte.

„Oliver?“ Meine Stimme war rau und atemlos vom Tanzen und von seinen Fingerspitzen, die meine nackten Hautstellen streichelten.

„Was, Baby?“

Ich unterdrückte den Drang, das Gesicht zu verziehen bei dem bedeutungslosen Kosewort. Ich nahm die Hand von seiner Brust, legte sie auf seine Schulter und zog ihn näher. Flammen schossen durch mich hindurch, als ich an die enorme Ausbeulung in seiner Hose stieß. „Du weißt einen Scheiß über mich. Und wenn du nicht sofort deine dreckigen Flossen von mir nimmst, wird dir mein Bruder neben und auf dem Spielfeld in den Arsch treten.“

Als hätte er sich die Hände verbannt, ließ er mich los und sah mich fragend an. Diese hochgezogenen Augenbrauen waren nicht weniger sexy als der Rest von ihm.

Ich grinste und zwang mich dazu, einen Schritt zurückzutreten. Ich brauchte den Abstand. Sonst hätte ich mich von meiner Moral verabschiedet, hätte ihn angesprungen, wäre auf ihm emporgeklettert wie ein Affe auf einem Baum und hätte es mir von ihm besorgen lassen. Und ich ahnte, dass er gut darin war.

„Dein Bruder? Wer?“ Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht.

Ich machte mir nicht die Mühe, es ihm zu erklären. Die Menge der Tanzenden drückte sich an uns, und ich bekam die Chance, zu entfliehen. Ich machte auf dem Absatz kehrt, und mit zittrigen Beinen eilte ich von der Tanzfläche, hoch in die VIP-Lounge und in die Toilettenräume, ohne zurückzublicken.

Noch ehe sich die Tür hinter mir schloss, ließ ich mich mit dem Rücken an die Wand fallen und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Meine Finger bebten noch vom Adrenalin, der Begierde und dem Verlangen, als ich sie an die Schläfen drückte.

Ich musste hier raus.

Abhauen.

Wie konnte ich mich nur zu einem Arschloch wie Patrick hingezogen fühlen, nur in hübscherer und erotischerer Hülle?

Alle Männer waren gleich.

Sie dachten mit ihren Schwänzen und glaubten, Frauen würden sich ihrem Willen unterwerfen, solange sie nur mit Geld winkten und ihnen einen Orgasmus versprachen. Scheiß drauf, auf meine eigenen Finger konnte ich mich immer verlassen.

„Reiß dich zusammen“, murmelte ich, bevor ich eine der Toiletten benutzte.

Als ich fertig war, erfrischte ich meine Handgelenke und meine Kehle mit kaltem Wasser. Ich war immer noch erhitzt von der Erinnerung an Powells Körper dicht an meinem. Dem Schwung seiner Hüften. Der Größe seiner Erektion.

„Mist.“

Ich kniff die Augen zu und versuchte, diese Erinnerungen zu bezwingen, die so kurz gewesen waren, dass sie schon längst hätten verschwunden sein sollen, aber das waren sie nicht. Sie waren klar und lebendig und genauso stark wie das Bild von Patrick, der sich in eine Frau rammte, in einem Toilettenraum genau wie diesem hier. Das war eine viel wirksamere Ohrfeige, als jeder Spritzer kaltes Wasser auf meiner heißen Haut es je sein könnte.

Mit hoch erhobenem Kopf, sicheren Schritten und gestärkter Entschlossenheit ging ich durch den Flur. Nie wieder würde ich einem Mann erlauben, mich zu benutzen und wegzuwerfen, so wie Patrick. Ich würde ihn hinter mir lassen, neu anfangen, aber mit einem Mann, der wusste, wie man eine Frau respektvoll behandelte und schätzte.

„Beaux ist dein Bruder.“

Die angespannte Stimme brachte mich abrupt zum Stehen. Ich drehte mich nicht zu ihm um. „Ja.“

Ich wartete auf eine Entschuldigung, die sicherlich nicht kommen würde, und war erstaunt, als sie doch kam.

„Es tut mir leid. Ich habe mich vielleicht ein bisschen daneben benommen.“

Vielleicht? Er hatte mich praktisch als Hure bezeichnet. Ich wirbelte herum und sah ihn an. Da er ein paar Meter weiter weg stand, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Hände an den Hüften, musste ich kaum den Kopf heben. „Er hatte recht, was dich betrifft. Du bist ein Arsch.“

Er verzog leicht die Lippen. „Ich sagte doch, dass es mir leidtut.“

„Schon vergessen.“

Ich drehte mich um und ging zu Beaux. Drei seiner Kameraden waren um ihn versammelt und hatten Frauen auf dem Schoß, aber auf Beaux’ saß keine. Er sah mich an und sein Blick war voller Sorge. Ich hatte es satt, dass er mich so ansah.

„Alles okay?“, fragte er.

„Ja. Ich würde allerdings gern nach Hause gehen.“

Er blickte über meine Schulter und erhob sich abrupt. „Was hat er zu dir gesagt? Ich habe gesehen, dass er dir zu den Toiletten gefolgt ist.“

„Nichts, Beaux. Ich schwöre, dass alles okay ist.“

Sein Blick suchte in meinem Gesicht nach Ehrlichkeit. Dass ich log, wussten wir beide. Ich griff hinter ihn und nahm meine Handtasche an mich.

„Lass uns einfach nur gehen. Ich bin noch fix und fertig von dem Umzug hierher.“

Er legte den Arm um meine Schultern und zog mich an sich. Als wir uns umdrehten, wandte ich den Kopf und begegnete Powells Blick. Er saß jetzt an der Bar und hielt ein Glas mit honigfarbenem Alkohol in der Hand. Sein ernster Ausdruck hielt an, und ich wandte mich schnell ab, solange ich es noch konnte.

Hitze lag in seinem Blick, und Verlangen schimmerte darin, und dass er sich nicht nur entschuldigt hatte, sondern es auch so zu meinen schien, brachte mich durcheinander, und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich wusste nur, dass es sicherlich das Beste war, ihm fernzubleiben.

Ich spielte mit dem Ende einer Haarsträhne und umfasste mit der anderen Hand das Telefon fester. „Kannst du bitte damit aufhören?“

Patricks Stimme klang wie Nägel auf einer Tafel. „Bitte, Shan. Es tut mir leid. Ich vermisse dich. Ich will dich treffen und über uns reden. Wirf uns nicht einfach so weg.“

Immer wieder dieselben Sprüche. Seit einem Monat hörte ich nichts anderes.

Nachdem ich ihn im Waschraum dabei erwischt hatte, wie er Priscilla gegen die Wand gepresst gevögelt hatte, war ich geflohen. Ich hatte nichts gesagt, nur erstickte Tierlaute von mir gegeben, und war wie vom Teufel gejagt aus dem Restaurant gerannt. Ich war wahrscheinlich schon halb zu Hause, als er begriff, dass ich es gewesen war, die ihn erwischt und gehört hatte, wie er die andere Baby genannt hatte.

Er kam dann in unser Apartment und sah zu, wie ich mein Hochzeitskleid mit dem schärfsten Messer, das ich finden konnte, in Stücke schnitt. Er hatte sofort begonnen, sich zu entschuldigen. Die Lügen folgten auf dem Fuße. Dass es nur das eine Mal gewesen sei, dass er gestresst sei und Angst habe wegen der Hochzeit. Eine Stunde hatte ich in unserem Schlafzimmer gestanden, das wir seit zwei Jahren teilten, und hatte seinen Entschuldigungen und Bitten gelauscht und nichts anderes gefühlt als abgrundtiefe Trauer.

Langsam wurde mir klar, dass ich die Hochzeit nur so lange hinausgezögert hatte, weil ich tief in mir geahnt hatte, dass ich trotz der finanziellen Stabilität, die er mir bot, nicht darauf vertraute, dass er immer für mich da sein würde. Ein Jahr lang hatten wir darüber diskutiert, zu heiraten, bis ich schließlich nachgab und einen Termin festsetzte. Nachdem wir zwei Jahre zusammen waren, hatte er mir einen Antrag gemacht und wir waren zusammengezogen. Dann hatte ich es hinausgezögert und hatte ständig neue Ausreden gefunden, um die Hochzeit zu verschieben. Ich hätte gleich wissen sollen, dass unsere Beziehung nicht halten würde. Trotzdem hatte es wehgetan, als er mich betrog.

Jedes seiner Worte am Telefon war wie ein Schlag in den Magen. Ich glaubte ihm nicht, dass er mich immer noch wollte. Er wollte nur nicht verlieren. Nicht wie ein Narr aussehen. Er war kein Mann, den Frauen verließen. Er war ein McDonnelly. Rothaarig und irisch bis ins Mark, und seiner Familie gehörte halb Des Moines. Sie besaßen Tausende Hektar Land und viele Geschäfte. Niemand sagte Nein zu ihnen. Und mir fiel es auch noch schwer.

Ich seufzte. „Ich bestelle eine Umzugsfirma. Ich will nur, was mir gehört. Sagst du mir bitte, wann sie kommen und meine Sachen holen können?“