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Willkommen im Luminous Club: Wo Ihr Vergnügen unser Ziel ist. "Mein Chef kontrolliert bereits meine Tage - bin ich bereit, ihm auch meine Nächte zu schenken?" Rebecca Ich habe gesehen, was passiert, wenn man einem Mann alles gibt. Das will ich nicht. Ich werde mein Herz nicht von irgendjemandes Faust zerquetschen lassen. Doch dann änderte sich alles. Wegen ihm: Bennett Ashby - mein Chef. Ihn in Lederhosen und einer Peitsche in der Hand im Luminous Club zu sehen … Verlange ich nach ihm? Mein Verstand sagt nein, aber mein Körper sagt etwas vollkommen anderes. Bennett Ich wusste, dass Rebecca Morales die perfekte Assistentin sein würde. Deshalb habe ich sie eingestellt. Ich wusste nicht, dass die tägliche Arbeit mit ihr zu Versuchungen führen würde - sie zu unterwerfen, sie zu besitzen. Als sie das Luminous betrat, wusste ich, dass ich geliefert war. Berufliches und Privates zu vermischen ist nie klug, aber wir waren uns einig: Was im Club passiert, bleibt im Club. Nur eine Nacht, und am nächsten Morgen geht es zurück in den Alltag. Außer, ich will nicht nur eine Nacht mit Rebecca. Ich will sie alle. Der dritte und letzte Teil der "Luminous Club"-Trilogie von Erfolgsautorin Stacey Lynn ("Raleigh Rough Riders").
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Seitenzahl: 349
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Stacey Lynn
Luminous Club Teil 3
Long for Me: Sehnsucht
Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Joy Fraser
© 2017 by Stacey Lynn unter dem Originaltitel „Long for Me (Luminous Book 3)“
© 2021 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels
www.plaisirdamour.de
© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg (www.art-for-your-book.de)
© Coverfoto: Shutterstock.com
ISBN Print: 978-3-86495-501-3
ISBN eBook: 978-3-86495-502-0
Dieses Werk wurde im Auftrag von Harlequin Books S.A. vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Die Personen und die Handlung des Romans sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Dieser Roman darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches andere Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Danksagungen
Autorin
Rebecca
Ich streckte mich, um die Verspannungen zu lockern. Sechs Uhr abends an Silvester war das Büro wie ausgestorben. Ich saß immer noch am Schreibtisch, mit einem Berg Akten vor mir, denn mein Boss, Bennett Ashby, hatte beschlossen, die gesamte Abteilung umzustrukturieren.
Da ich die Arbeit von zwei Wochen in einer schaffen musste, konnte ich noch nicht an Feierabend denken. Ich musste noch die Tabellen und die Budgetplanung fertig machen, aus denen Bennetts Änderungen hervorgingen, welche er mir erst vor zwei Stunden auf den Schreibtisch gepfeffert hatte.
Ich hatte vor, ein gutes Stück davon zu schaffen, bevor ich den Computer herunterfuhr, damit ich nicht morgen ganz früh wieder hier erscheinen musste. Und auf diese Weise konnte mir Bennett nicht vorwerfen, aus Bequemlichkeit einfach nach Hause gegangen zu sein. Sicherlich spielte es für ihn keine Rolle, dass morgen ein Feiertag war und ich eigentlich gar nicht kommen müsste. Was Bennett befahl, musste auch getan werden. Was Sinn ergab, denn immerhin war er der Boss und Präsident von Ashby Enterprises, die nach seinem Vater benannt war, der die Firma gegründet hatte.
Bennett und ich waren wie Öl und Wasser. Egal wie hart ich arbeitete, wie effizient ich seine Termine organisierte und sein Leben, er war mit nichts je zufrieden.
An den besten Tagen behandelte er mich cholerisch und unhöflich, doch mir am Ende des Arbeitstages und vor einem Feiertag noch so viel Arbeit zu geben, war sogar für ihn die absolute Krönung. Außer, als er mich einmal an Weihnachten ins Büro gerufen hatte.
Langsam glaubte ich, Bennett Ashby kannte das Wort Feiertag nicht. Erstaunlich, wo er doch eigentlich hochintelligent war. Ich meine, wer wollte schon am Neujahrstag arbeiten?
Niemand. Schon gar nicht ich. Auch wenn ich keine umwerfenden Pläne hatte. Doch seit dem Thanksgiving-Wochenende hatte ich endlich mal einen Tag Erholung vom Stress geplant. Ich wollte Silvester allein in meinem stillen Haus verbringen, mit der Fernbedienung in der Hand, Chipstüten und Snacks auf dem Couchtisch wie ein Büfett vor mir ausgebreitet, und absolut nichts tun, außer schlafen und meine verpassten Lieblingsserien anschauen. Das mochten manche langweilig finden, aber da die meisten Wochen aus zehn oder zwölf täglichen Arbeitsstunden bestanden, und das sechsmal die Woche, klang es absolut himmlisch, einen Tag lang nichts zu tun.
Und jetzt verdarb mir Bennett alles.
Mit einem Stöhnen band ich mir die Haare zum Pferdeschwanz und machte mich wieder an die Arbeit. Wenn ich bis acht weitermachen würde, bräuchte ich morgen erst gegen Mittag wieder hier zu sein. Zumindest könnte ich dann ausschlafen.
Mein Handy vibrierte über den Schreibtisch und auf dem Display erschien Mirandas Foto. Ich griff danach und wusste bereits, was sie mir sagen wollte. Seit Wochen versuchte sie, mich zu überreden, Silvester mit ihr und ihrem Mann Shawn zu verbringen.
Miranda: Du kannst es dir immer noch überlegen. Im Luminous ist heute Tag der offenen Tür. Wir würden so gern ins neue Jahr mit dir feiern!
Seit einem Jahr redete Miranda an mir herum, mit ins Luminous zu gehen. Doch auf keinen Fall würde ich einen Fuß in einen kinky Sexclub setzen. Sie mochte ja eine fantastische Ehe führen, doch ich fand keinen Gefallen an Spanking und Peitschen. Allerdings schreckten mich diese Vorstellungen weniger ab, als ständig herumkommandiert zu werden. Niemals wollte ich jemandes Fußabtreter sein. Eine Frau gesehen zu haben, die von einem narzisstischen Arschloch zerstört wurde, reichte mir völlig, herzlichen Dank auch.
„Sie sind noch da?“
Ich drehte das Handy aufs Display. Bennett stand in der Tür und lehnte sich mit der Schulter an den Rahmen. Er war attraktiver, als ein Mensch das Recht dazu haben sollte.
„Ja, Mr. Ashby, ich bin noch da.“
Mit dichten, gerunzelten Augenbrauen sah er auf seine Uhr. „Es ist Silvester. Haben Sie nichts vor?“
„Brauchen Sie etwas, Mr. Ashby, oder schauen Sie nur rein, um mich zu unterbrechen?“ Ich lächelte süßlich, um den Biss aus meinem Tonfall zu nehmen. Es war nicht so, dass ich meinen Job nicht mochte oder Bennett nicht respektierte. Das tat ich. Ich hatte hart dafür gearbeitet, seine Assistentin zu werden. Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass wenn ich in die Chefetage aufstieg, sich mein Boss als so ein gut aussehender Arsch entpuppen würde. Er stritt sich ständig mit mir. Manchmal hatte ich den Verdacht, er reizte mich absichtlich, so wie jetzt.
„Hat schon mal jemand versucht, Ihnen Manieren beizubringen, Rebecca?“
„Yep. Hat nichts genutzt.“
„Dann sollten wir das vielleicht in Ihre Mitarbeiterziele fürs nächste Jahr aufnehmen.“ Er stieß sich von der Tür ab. „Sie können gehen, sobald Sie fertig sind.“
Wie überaus großzügig von ihm. Ich durfte gehen, wenn ich mit der Arbeit fertig war.
Bräuchte ich diesen Job nicht so dringend, hätte ich ihn bereits zwei Stunden nach meiner Beförderung gekündigt. Ich war ein bisschen still geworden, als ich in Bennetts Tür gestanden hatte und ihn das erste Mal persönlich traf. Seit sechs Jahren in seiner Firma, hatte ich ihn lediglich im Vorbeigehen gesehen oder in Mitarbeitermeetings. Nur ein paar Meter von ihm entfernt zu stehen, stand auf einem ganz anderen Blatt und war allein schon ein umwerfendes Erlebnis. Ich war durch die Personalabteilung befördert worden, nachdem die vorherige Assistentin in Tränen aufgelöst gekündigt hatte. Das hätte mir eine Warnung sein sollen. Aber ich war stark, konnte mit allem fertig werden. Doch ich war nicht darauf gefasst gewesen, wie unglaublich gut aussehend Bennett aus der Nähe war.
Oder wie unhöflich. Das war eine Gabe, die er besaß. Nachdem ich mich ihm als seine neue Assistentin vorgestellt hatte, hatte er mich von oben bis unten angesehen, eine Augenbraue gehoben und gesagt: „Und weiter?“
Jetzt betrachtete er sein Handy, drückte ein paarmal darauf herum, machte sich auf den Weg in sein Büro, blieb jedoch noch einmal stehen und sah mich an. Er lächelte so seltsam, dass mir ganz komisch wurde. Warm und kribbelig. Es war das seltsamste Gefühl, das ich je hatte, und es gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht. Wenn Bennett lächelte, vergaß ich, dass er mein Boss war. Sein Lächeln machte alberne, dumme Mädchensachen mit mir, wie meine Finger in seinen rabenschwarzen Haaren vergraben zu wollen. Oder meine Wange an den kurzen Stoppeln an seinem Kinn zu reiben, die immer da zu sein schienen. Ich wollte an seiner vollen Unterlippe knabbern und meine Beine um seine Taille schlingen.
Kurz gesagt, sein Lächeln verwandelte mich in jemanden, der nur noch von animalischen Instinkten gesteuert wurde.
Noch ein Grund, diesen Mann zu verabscheuen. Er war sexyer als jeder Mann, den ich je gesehen hatte. Doch nicht nur könnte ich ihn nie haben, weil er mein Boss war, sondern ich wusste auch, dass er jemanden wie mich niemals attraktiv oder gut genug finden würde.
Nicht, dass ich ihn überhaupt haben wollte.
„Einen guten Rutsch, Rebecca.“
Er verschwand in seinem Büro und schloss die Tür hinter sich. Ein paar Minuten später kam er zurück, das Jackett über dem Arm, sah mich an, als er vorbeiging, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Egal.
Ich machte mich wieder an die Arbeit. Vielleicht würde ich länger bleiben als bis acht. Meine momentane Pechsträhne mit Dates hatte einen schlechten Geschmack bei mir hinterlassen und auf keinen Fall würde ich ins Luminous gehen.
Das konnte ich nicht. Ich bewunderte Miranda und Shawns Ehe, ihre Hingabe füreinander, aber in diesen Club würde ich nie gehen, auch wenn Miranda versprochen hatte, dass ich an einem Tag der offenen Tür keine allzu extremen Sachen zu sehen bekommen würde. Es sei keine völlige Nacktheit gestattet und die Spielräume seien geschlossen. Es sei nur ein Abend, an dem ich einen kleinen Eindruck von ihrem Lebensstil bekommen und Zeit mit Freunden verbringen würde.
Ich liebte Miranda. Ich kannte sie seit drei Jahren, seit ich neben sie gezogen war. Ich liebte auch Shawn, selbst wenn er verrückten, abgefahrenen Sex mit Miranda hatte. Er war ein netter Kerl. Wenn es schneite, ging er jedes Mal raus und räumte mit der Schneefräse nicht nur seine eigene Einfahrt, sondern meine gleich mit.
Es brachte mich durcheinander, darüber nachzudenken. Ich wuchs in einer Familie auf, in der der Mann keine Scheu hatte, wann und wo immer er wollte seine Frau anzufassen. Shawn tat das mit Miranda, aber nie hatte sie dabei Angst, wie meine Mutter. Auch hatte sie sich nicht in eine verbitterte, gebrochene und betrunkene Hexe verwandelt.
Das Ganze ergab für mich keinen Sinn, aber egal. Jedem das Seine, doch es war einfach nichts für mich.
Ich arbeitete weitere zwei Stunden, bis ich an einen guten Punkt gelangt war, an dem ich unterbrechen konnte. Es ging um das Angebot für einen Altenwohnheim-Komplex, den Ashby Enterprises auf einem Grundstück eine halbe Stunde südlich von Grand Rapids für die Stadt bauen wollte.
Das Bürogebäude lag nun verlassen da. Sämtliche Büros waren geschlossen und ich lief durch das Haus und freute mich gar nicht auf das neue Jahr.
Unterwegs hielt ich an und kaufte zwei Flaschen billigen Rotwein. Als ich zu Hause aus dem Auto stieg, vibrierte das Handy in meiner Hand. Ich musste grinsen. Noch eine Nachricht von Miranda. Sie ließ nicht locker.
Miranda: Habe dich nach Hause kommen sehen. Mach schon! Komm mit! Wir gehen auch sofort wieder, wenn du dich unwohl fühlst (falls das überhaupt passiert). Shawn und ich wollen nicht, dass du heute ganz allein bist. Bitte!
Während ich noch las, schrieb sie schon wieder.
Miranda: Bitte, bitte! Shawn sagt, er macht dir auch sein berühmtes Lammkotelett, wenn du mitkommst.
Verdammt. Sie kannte meine Schwächen, und Shawns Kochkünste rangierten ganz oben. Besonders sein köstliches megazartes Lammkotelett.
Ich antwortete nicht, steckte das Handy ein und ging ins Haus. Vor drei Jahren, als ich endlich eine Anzahlung auf ein eigenes Haus zusammen hatte, war ich begeistert. Nichts war aufregender gewesen, als meine Unterschrift auf Hunderte Papiere zu setzen und dann einen Haustürschlüssel überreicht zu bekommen. Ich hatte es geschafft, ich war erfolgreich geworden. Endlich war ich der schäbigen Wohngegend entkommen, dem schäbigen Apartment und meiner schäbigen Kindheit.
Doch als ich durch den kleinen Eingangsbereich in die Küche ging, die Lampen einschaltete, fühlte ich mich gar nicht so erfolgreich. Ich war einsam. Zwei Flaschen Wein waren meine einzige Gesellschaft in der eigentlich aufregendsten Nacht des Jahres. Eine Nacht, in der die Leute gute Vorsätze beschlossen und die Vergangenheit vergaßen. Eine Nacht, in der es nichts weiter gab als Zuversicht und die Vorsätze, die man zu erreichen hoffte. Silvester war die einzige Nacht im Jahr, in der sich die Leute vornahmen, sich zu ändern, sich zu bessern, netter, gesünder, selbstloser und hilfsbereiter zu werden.
Und ich? Ich trottete immer noch durchs Leben, ohne je etwas zu ändern, denn egal wie sehr ich mich auch bemühte, nie würde ich in der Lage sein, dem Monster, mit dem ich aufgewachsen war, und der Angst, die es mir so früh im Leben eingepflanzt hatte, zu entkommen. Selbst nachdem es verschwunden war, und dabei noch unser Bankkonto geplündert hatte, blieb die Angst bei mir.
Allerdings gab es nur einen Weg, Angst zu bekämpfen. Und das war, sich ihr zu stellen.
Bevor ich es mir anders überlegen oder wieder in die Realität zurückkehren konnte, schrieb ich schnell Miranda.
Ich: Was soll ich anziehen?
Miranda: Hurra!!! Etwas, worin du dich wohlfühlst. Im Luminous geht alles, weißt du doch.
Alles ging dort. Das war schwer zu ignorieren, trotz meiner Vorbehalte, als ich damals bei Miranda zu Hause auf der Suche nach der Toilette aus Versehen in ihren Spielraum stolperte. Davor hatte ich nichts über ihr Sexleben gewusst. Bei dem Entsetzen auf meinem Gesicht hatte Miranda nur gelächelt. Dann hatte sie mir alles erklärt, die ganzen Utensilien, das x-förmige Kreuz, das mir eine solche Angst einjagte, dass ich am liebsten geflohen wäre und Miranda für immer verdrängt hätte.
Das war vor zwei Jahren gewesen und seitdem stellte ich ihr ständig Fragen. Hunderte. Aber war ich bereit, mir alles persönlich anzusehen? Auch wenn Miranda versprochen hatte, dass es relativ zahm zugehen würde?
Doch jetzt konnte ich nicht mehr absagen.
In der Küchenschublade suchte ich nach dem Korkenzieher. Ich öffnete die Flasche und goss mir ein gutes Glas voll ein, nahm es mit ins Schlafzimmer und überlegte, was ich anziehen könnte.
Was zum Geier zog man in einem Sexclub an?
*
Miranda legte ihre Hand auf meinen Arm und zog mich an sich. „Du siehst super aus. Tolles Kleid. Ist das neu?“
Wir gingen auf dem Bürgersteig auf das Luminous zu. Shawn lief hinter uns und gab uns die Illusion von Privatsphäre. Schnee war vorhergesagt worden und unser Atem erzeugte Nebel in der Luft, doch ich fror nicht, obwohl meine Arme und Beine fast nackt waren. Nervosität brachte mein Blut zum Kochen.
„Nein.“ Ich glättete das kurze silberne Kleid, das sich an meine Hüften und Schenkel schmiegte. „Das habe ich schon lange, hatte nur nie eine Gelegenheit, es zu tragen.“ Es war nicht mein typischer Stil. Es war ein Spontankauf gewesen, und ich hatte das silberne Pailettenkleid nur erstanden, weil es heruntergesetzt war. Damals hatte ich gedacht, falls ich je zu einer Halloweenparty gehen würde, könnte ich mit ein paar Fransen ein sexy Zwanzigerjahre-Kostüm daraus machen.
Das Kleid war kürzer, als ich es in Erinnerung hatte. Beim Bücken konnte man meinen Schritt sehen. Die hohen Absätze, unfassbar hoch selbst für mich, wackelten unter meinen bebenden Beinen.
Nun trug ich das Kleid in einem Sexclub. Guter Gott! Wie geriet ich nur immer wieder in solche Situationen?
„Sieht jedenfalls klasse aus.“ Sie schob mir meine karamellfarben gesträhnten Haare über die Schulter. Dann reichte sie mir einen Streifen Verzehrbons und ein weißes Armband. Solche hatten wir im College in Bars getragen, um zu zeigen, dass wir schon volljährig waren.
„Was ist das?“
„Getränkebons und ein Besucherarmband.“
„Getränkebons?“
„Normalerweise gibt es im Luminous ein Zwei-Drinks-Limit und die Barkeeper achten strikt darauf. Wir wollen, dass die Gäste nüchtern bleiben und in der Lage, mit allem, was geschieht, einverstanden zu sein. Aber heute sind nur bestimmte Doms und Subs zum Demonstrieren da und nicht alle Mitglieder dürfen spielen, sodass die Regeln etwas gelockert sind.“
Nur drei Drinks? Gut, dass ich zu Hause schon etwas getrunken hatte. Ich hatte den flüssigen Mut schon dafür gebraucht, mich in das obszöne Kleid zu schlängeln. Zwei Drinks wären vielleicht noch besser gewesen.
„Dein Armband ist weiß, weil du ein Gast bist“, erklärte Miranda.
Gott segne sie. Sie wurde nie müde, mir meine Fragen oder Zweifel zu beantworten, war immer geduldig, wusste genau, was sie mir erzählen konnte und was nicht. Ich nahm an, immer wenn ich aussah, als ob ich mich gleich übergeben wollte, war dies ein guter Hinweis, dass sie zu weit gegangen war. Es gab Dinge, die ich nicht hören musste. Zum Beispiel, wie groß Shawns Schwanz war. Einen Monat lang hatte ich ihn nicht mehr ansehen können, ohne zu erröten.
„Meins ist pink, was jedem zeigt, dass ich eine Sub bin. Und Shawns ist schwarz für einen Dom. Master Dylan wollte, dass die Besucher leicht erkennen können, wem sie Fragen stellen können, und da die Drink-Regel gelockert wurde, könnte man sonst nicht allein durch Hinsehen feststellen, wer ein Dom ist.“
Sie hatte mir die wichtigsten Regeln früher schon erklärt. Sie waren archaisch und abstoßend. Eine Sub durfte nicht sprechen, es sei denn, ihr Dom hatte es ihr erlaubt. Sie musste stets zu Boden blicken. Das alles hatte in mir den Wunsch erweckt, Melissa aus dieser schrecklichen Missbrauchssituation zu erretten. Aber da gab es ein Problem. Shawn missbrauchte sie nicht. Nicht so, wie sich mein Dad verhalten hatte. Shawn tat überhaupt nichts Exzessives, außer Miranda mit Liebe zu überschütten. Er brachte ihr Geschenke mit, führte sie in Spas und zur Massage. Er machte ihr ständig Komplimente und äußerte seine Dankbarkeit über ihre hausfraulichen Tätigkeiten. Ich hatte noch nie gehört, dass eine Frau so oft gelobt wurde. Und sie hatte noch nie etwas Negatives über ihn gesagt, erwiderte seine Vernarrtheit und Fürsorge genauso stark. Und wenn sie das tat, während sie nackt auf den Boden starrte und er dabei auf der Couch ein Footballspiel ansah, hatte ich dann das Recht, darüber zu urteilen oder das Schlimmste anzunehmen?
Diesen Kern ihrer Beziehung hatte ich nie so recht verstanden. Deshalb war ich jetzt hier. Um es zu ergründen. Es besser zu verstehen. Herauszufinden, ob es wirklich so schrecklich war, wie ich es mir vorstellte.
Außerdem, wer war schon gern an Silvester allein?
Neues Jahr, neue Ziele. Ganz oben auf meiner Liste der guten Vorsätze stand, vorgefasste Meinungen über Dinge, die ich nicht verstand, loszulassen und mich von den Fesseln meiner Vergangenheit zu befreien.
„Rebecca“, sagte Shawn und trat zu uns nach vorn. Er legte meine Hand auf seinen Arm.
Der Mann hatte eine magnetische Ausstrahlung, das musste man ihm lassen. Mehr als einmal war ich bei seinem sexy Lächeln dahingeschmolzen und wenn seine grünen Augen leuchteten, wenn Miranda etwas gesagt hatte, das ihm gefiel.
„Gib mir bitte die Ehre, dich hineinzugleiten. Wenn du Fragen hast, dann stell sie uns. Wenn du dich umsehen willst, sag uns bitte, wohin du gehst. Mein Handy ist immer an, und ich sehe sofort nach, wenn du mir eine Nachricht schickst. Alles verstanden?“
Oh Himmel noch mal. Je näher wir kamen, desto heißer wurde mir. Und jetzt schwitzte ich auch noch. Na toll. „Shawn, ich kotze gleich auf den Gehsteig und du machst es nur noch schlimmer.“
Er grinste, völlig unbeeindruckt. „Es ist meine Aufgabe, auf euch Mädels aufzupassen. Heute Abend bin ich genauso für dich da wie für Miranda.“
Und nachher würde er sie verhauen, bis sie schrie. Bah! Das würde ich nie verstehen. Doch ich würde mich bemühen. Musste ich einfach.
Rebecca
Möglicherweise war ich völlig grundlos leicht vorverurteilend und verängstigt gewesen. Seit dreißig Minuten hing ich an Shawn und Miranda und wir schlenderten durch den Club. Mit jedem Moment wurden meine schlimmsten Befürchtungen mehr durch die strahlende Schönheit dieses Etablissements verdrängt.
Okay, ja, ich hatte Gefängniszellen und Folterkammern erwartet. Trotz ihrer wiederholten Versicherung, dass ich nichts Schreckliches sehen würde, erwartete ich doch, dass Schmerzensschreie meine Ohren malträtieren würden. Doch dem war nicht so. Stattdessen war ich überwältigt von der Schönheit und dem Lachen, Menschen in sexy Kleidung, die sich unterhielten, tanzten, tranken … tja.
Das Luminous wirkte mehr wie eine gehobene Martini-Bar als wie ein Sündenpfuhl für Triebtäter, die hier freie Fahrt hatten, Menschen zu quälen. Graue Wände glitzerten unter funkelnden Lichtern und Kronleuchtern. Mahagoni-Tische füllten den Raum. Dahinter befand sich ein mit einem Seil abgetrennter Bereich, wo wir noch nicht waren, den ich noch nicht näher erforschen wollte.
Niemand verharrte hier in Angst. Niemand hatte diesen zerstörten Blick in den Augen, von einem Leben in Unterwerfung und ohne Hoffnung auf ein Entkommen.
Wahrscheinlich sollte mir Shawn eher eine ganze Kuh grillen anstatt ein paar Lammkoteletts.
„Es ist sehr schön hier“, sagte ich zu Miranda. Shawn hatte uns an die Bar geführt und stationierte uns am hinteren Ende, weit entfernt von der Menge im Demonstrationsbereich. Das tat er, damit ich mich wohler fühlte, und ich war ihm dankbar für seine Rücksichtnahme.
Miranda grinste mich wissend an und trank einen Schluck Wein. Meine Getränkebons steckten noch in meiner Handtasche und ich nippte an einem Glas Wasser. Zwar hatte ich den flüssigen Mut zu Hause gebraucht, um mich vorzubereiten, aber hier hatte ich nicht mehr das Bedürfnis, trinken zu müssen. Ich wollte alles genau mitbekommen. Irgendwie zog mich das verführerische Luminous an und ich war neugierig.
Auf alles.
Es war nicht so verstörend, wie ich erwartet hatte, aber heute war auch kein üblicher Abend. Ich würde eine andere Meinung haben, wenn ich eine Frau sehen würde, die an einer Leine herumgeführt wurde oder vor einem Mann kniete, nur weil er es ihr befahl.
„Hallo, Shawn und Miranda.“
„Dylan, guten Rutsch“, sagte Shawn und streckte die Hand aus.
Die Männer schüttelten sich die Hände und Dylan gab Miranda einen Kuss auf die Wange.
Er war groß, hatte einen rasierten Kopf und schokoladenbraune Haut. Dunkelbraune Augen, die alle Antworten dieser Welt zu wissen schienen. Von wegen, man konnte die Doms ohne Armband nicht erkennen. Alles an diesem Mann schrie Dominanz und Macht und nach Auf-die-Knie-Fallen, weil er viel zu beeindruckend war, um in seiner Gegenwart zu stehen. Sogar meine Knie bebten leicht. Ich hielt mich an der Bar fest.
Er wandte sich an Shawn. „Ich glaube, ich habe ein Problem, bei dem du und Miranda mir helfen könnt. Das Paar, das die Demonstration um elf machen sollte, ist ausgefallen. Und Jensens Sub hat eine Erkältung.“
„Wie geht es ihr?“, fragte Miranda.
„Sie wird wieder. Jensen hat mir versichert, dass es nur eine simple Erkältung vom zu vielen Arbeiten ist.“
„Oh, sorry, Dylan“, begann Shawn. Er nickte zu mir, und ich drückte den Rücken durch, als Dylan mich ansah.
Der Mann war einfach zum Anbeißen. Muskulös, breite Schultern und Arme, die einen Volkswagen anheben könnten, da war ich ganz sicher. Der Club gehörte ihm. Miranda hatte mir von ihm erzählt, aber ich hatte nicht gedacht, dass er wirklich so verführerisch sein könnte.
„Leider haben wir heute einen Gast dabei und möchten sie lieber nicht allein lassen“, fuhr Shawn fort.
Dylans Blick glitt prüfend über mich, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht kleiner zu werden, aber Himmel noch mal, am liebsten wäre ich geschrumpft. Wie hatte der liebe Gott nur die Männer zu so einer tollen Spezies gemacht?
„Verstehe.“
Er sah weg und entließ mich ohne persönliche Vorstellung, was mir seltsamerweise einen Stich versetzte. Dumm. Wollte ich wirklich, dass der Besitzer eines Sexclubs Notiz von mir nahm?
Nein. Auf keinen Fall.
Zwar hatte ich mich von Miranda überreden lassen, weil ich nicht allein sein wollte, doch ich wollte nicht so egoistisch sein und den beiden ihren Spaß verderben. Außerdem, nun ja … ein Teil von mir wollte die zwei in Aktion sehen. Ich nippte an meinem Mineralwasser. Ja, ein Glas Wein war definitiv genug. Mir war schon ganz schwindelig im Kopf und ich war albern. Natürlich wollte ich die beiden nicht sehen. Ich wollte gar nichts hier.
Und warum bist du dann noch nicht nach Hause gegangen?
„Schon gut“, sagte ich, bevor Dylan wegging, um sich jemand anderen zu suchen.
„Rebecca …“
Ich winkte Miranda ab. „Es ist wirklich in Ordnung.“ Ich versuchte zu lächeln, doch es fühlte sich gekünstelt an, also zuckte ich mit den Schultern. „Ihr mögt das doch, und es ist lieb von euch, bei mir bleiben zu wollen, aber ich warte einfach hier und trinke etwas.“ Ich hob mein Wasserglas an.
„Ganz sicher?“, fragte Shawn. „Wir müssen das nicht machen. Und wir haben dir versprochen, bei dir zu bleiben.“
„Aber ich bin okay.“ Ich zitterte bereits, doch das war nicht aus Angst. Aufregung vielleicht? „Ich glaube, ich werde mich ein bisschen umsehen gehen.“ Einen Schritt in einen Sexclub gesetzt, und schon war ich auf dem Weg in die Irrenanstalt.
„Es macht uns wirklich nichts aus“, sagte Miranda und sah kurz zu Shawn. „Ich möchte, dass du dich heute amüsierst, und wenn du dabei lieber bei uns bist, ist das vollkommen okay. Wir können jederzeit spielen.“
Diese bildliche Vorstellung hätte ich nicht gebraucht. „Aber ich will keine Last für euch sein. Es ist auch euer Silvester. Außerdem …“, ich lachte nervös, „wird mich hier ja wohl keiner beißen, oder?“
Shawn grinste. „Nur, wenn du lieb darum bittest.“
„Wie reizend. Vielen Dank dafür.“
Er zuckte ohne Scham mit den Schultern und legte die Arme um Miranda. Immerzu fasste er sie an. Zart, was nicht nur seine Liebe zu ihr demonstrierte, sondern auch seine Leidenschaft. Ich wollte das auch haben. Jemanden, der mich ansah, so wie er immer auf seine Frau fokussiert war. Nur eben ohne Ketten und Flogger.
Ich trank mein Wasser aus und trat zurück. „Alles gut, glaubt mir. Ich gehe mir ansehen, was es da vorne alles gibt.“
„Ich habe wie gesagt mein Handy immer bei mir“, erinnerte mich Shawn.
„Aber ich werde dir bestimmt nicht schreiben, während du deine Frau verführst.“
„Doch, jederzeit, Rebecca. Vergiss nicht, was ich gesagt habe. Es ist mein Job, heute auf dich aufzupassen, und das bedeutet, bei allem, wobei du dich nicht wohlfühlst. Eine Berührung, ein schräger Blick, wenn jemand eine blöde Bemerkung macht. Ruf mich sofort an.“
Dieser Mann. Er war ein seltenes Exemplar.
„Dafür habe ich dich lieb.“ Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange und umarmte Miranda. „Geht und amüsiert euch und macht euch keine Sorgen um mich. Ich bin zwar mitgekommen, um nicht allein zu sein, aber ich will auch kein fünftes Rad am Wagen werden.“
„Wenn du dir ganz sicher bist.“ Miranda kaute auf ihrer Unterlippe und wirkte immer noch unsicher.
Zwar mochte ich schlechte Eltern gehabt haben, aber auf jeden Fall hatte ich mir gute Freunde gesucht.
„Ich bin ganz sicher.“ Ich winkte erneut ab. „Geht schon. Ich laufe etwas herum und habe mein Handy dabei. Ich verspreche, es zu benutzen, wenn es sein muss.“
Ich trat in die Menge, bevor sie es mir ausreden konnten. Das wäre nicht schwer gewesen. Nach fünf Schritten von der Bar fort wurde ich von den Leuten verschluckt, die herumstanden und lachten, und sofort wäre ich am liebsten wieder an die Bar gegangen und hätte mich dort verkrochen.
Männer wie Frauen strahlten Macht aus, als ich mich durch die Menge schlich. Es war fast körperlich spürbar, und wenn ich auf Handgelenke sah, bekam ich die Bestätigung meiner Vermutung, dass es sich entweder um einen Dom oder eine Sub handelte. Die Regeln mochten gelockert worden sein, doch die Leute und ihre Neigungen änderten sich nicht. Mehr als eine Frau, an der ich vorbeikam, hatte ihre Hände gefaltet und sah zu Boden, während der Mann neben ihr sprach. Subs waren viel leichter zu erkennen. Ganz einfach daran, wie sie sich gegenüber der Person neben sich verhielten.
Dennoch wirkte keiner verängstigt oder nervös. Niemand verzog kurz das Gesicht, wenn er von einer Hand an Rücken oder Schulter berührt wurde. Stattdessen schmiegten sie sich hinein, als ob sie die sanfte Berührung von jemandem, der sie dominierte, beruhigte.
Wie seltsam.
Ehe mir bewusst wurde, wie weit ich gegangen war, blieb ich abrupt an einem roten Seil vor mir stehen.
Oh Scheiße. Ich war bis zu den Vorführungen gegangen und blickte zurück zur Bar. Ich konnte zurückgehen. Könnte mich an der Bar verstecken und den Jahreswechsel allein verbringen. Oder ich könnte aus mir herausgehen. Neues Jahr, neues Leben, neue Regeln, neue Ziele. Mich von der Vergangenheit befreien. Mich gegen Vorurteile auflehnen. Lernen, statt beurteilen. Und in diesem Fall zuschauen, bevor ich es als böse verurteilte.
Ich hob den Blick von dem Seil und sah das Paar auf der Bühne an.
Alles in mir wurde zu Eis.
Mein Boss, Bennett Arschloch Ashby, stand auf der Bühne.
Vor ihm war eine Frau in schwarzer Reizwäsche an dieselbe Art Kreuz gebunden, wie Miranda es in ihrem Haus hatte. Er stand mit dem Rücken mir, doch das spielte keine Rolle, denn stundenlang hatte ich das Muskelspiel seines Rückens bereits betrachtet, wenn er mein Büro verließ. Und heute stellte er mehr zur Schau. Die Ärmel hatte er bis über die Ellbogen aufgerollt, ich sah die Venen an seinen Armen, und in der Hand hielt er etwas wie eine Reitgerte. Es dauerte einen Moment, bis mein Gehirn alle Puzzleteile zusammensetzte.
Mein Boss. Im BDSM-Club. Schlug eine Frau vor Publikum. Dominant.
Weil er es genoss?
Der Klang der Stimmen um mich herum wurde zu einem Summen und dann stumm.
Heilige Scheiße! Mein Boss schlug eine Frau mit einer Peitsche. Er holte aus und ließ das Ding schnalzen. Der Schlag auf den am besten gepolsterten Teil ihres Körpers beförderte sie vorwärts. Ihr Gesicht war gerötet, die Lippen waren leicht geöffnet. Ihre Augen verschleiert, als stünde sie unter Drogen.
Das ergab alles keinen Sinn.
Ich wollte mich umdrehen, wegrennen, schreien und brüllen. Wollte Bennett die Peitsche aus der Hand nehmen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich war zu sehr von der Vorführung fasziniert. Von dem Anblick, wie mein Boss eine Frau schlug, die mehr Lust und mehr Emotionen zeigte, von einem Mann den Hintern versohlt zu bekommen, als ich je im Leben gesehen hatte.
Alle abgekühlten Stellen an mir zündeten, erhitzten sich und ich erstarrte. Ich krallte die Hände um das Band vor mir, die Finger in den samtigen Stoff, und der Mensch neben mir stieß mir an die Schulter, als er sich seine Position eroberte. Ich stand einfach nur da. Sah zu. Hasste es. Aber verdammt, ich konnte nicht aufhören, Bennett zuzusehen.
Er war immer ruppig zu mir. Kommandierend. Jetzt wusste ich, warum. Aber er war nicht freundlich wie Shawn. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Bennett je die Einfahrt seines Nachbarn vom Schnee befreien würde, es sei denn, es würde etwas für ihn dabei herausspringen. Shawn lachte, machte Witze, neckte gern und war amüsant. Er hatte nichts mit dem Bennett zu tun, den ich aus dem Büro kannte.
Und diese Seite von ihm war mir auch nicht bewusst gewesen. Heiliger Jesus! Diese Arme. Gäbe es Pornohefte für Arm-Fetischisten, wäre er auf dem Titelbild. Wenn er den Arm bewegte, trat sein Bizeps hervor.
Das Schlagen von Leder auf Haut hallte in meinen Ohren.
Er ließ die Gerte sinken und ging näher an die Frau heran, schob ihr die Haare hinters Ohr und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte. Sie redeten leise weiter miteinander, ich konnte nicht verstehen, was, doch noch nie hatte ich Bennetts Ausdruck derartig sanft gesehen. Im Büro war er durch und durch Macht und Kontrolle und ein herrschsüchtiges Arschloch, doch auf der Bühne war er nichts dergleichen, außer total dominant. Er lächelte die Frau an, flüsterte noch etwas, und als sie nickte, streichelte er ihr mit dem Daumen über die Wange. Mit dem Rücken zu den Zuschauern nahm er eine Flasche Wasser, drehte sie auf und hielt sie für die Frau hin. Sie neigte den Kopf zurück und konnte wegen der Fesseln nicht selbst danach greifen. Mit einer zärtlichen Geste, die ich ihm niemals zugetraut hätte, hielt er ihr Kinn fest und drückte die Flasche an ihre Lippen.
Ihr gelassener Gesichtsausdruck und seine sanften Bewegungen ließen fast mein Herz stehen bleiben, und das Denken fiel mir schwer. Ich konnte mich nicht vom Fleck rühren. In den zwei Monaten, in denen ich für ihn arbeitete, hatte er mir nie auch nur einen Hauch von Mitgefühl gezeigt. Hier benahm er sich genau entgegengesetzt zu dem, wie ich ihn kannte.
Automatisch lehnte ich mich vor, wollte gern etwas von dieser Freundlichkeit auf mich gerichtet erleben, was mir bisher gar nicht bewusst gewesen war, wollte es so unbedingt, nachdem ich gesehen hatte, wie er sie einer anderen entgegenbrachte.
War das seine Freundin? Der Gedanke schmeckte ekelhaft in meiner Kehle. Natürlich. So musste es sein. Auf keinen Fall war ein Mann wie Bennett Ashby ungebunden. Und war ich etwa eifersüchtig? Wie absurd. Ich war nicht in meinen egomanischen Chef vernarrt. Ich wollte nur gern nett behandelt werden. Das war alles.
Er drehte sich um und ließ den Blick über die Zuschauer schweifen. Ich bewegte mich nicht schnell genug. Konnte mich auch nirgends verstecken.
Sein Blick landete auf mir. Die Hitze in mir brach in ein flammendes Inferno aus, als er mich anstarrte. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, während ich dastand, vor Gluthitze zitterte und … heilige Scheiße, wieso war ich noch nicht geflüchtet?
Bennetts Freundlichkeit verschwand. Er blickte nur noch kalt. Dominant. Mit dem Blick auf mir sprach er wieder mit der Frau. Sein Blick ließ mich nicht los, und ich war wie angewurzelt und unfähig, mich zu bewegen. Konnte den Bann nicht brechen. Soeben hatte ich gesehen, wie er eine Frau schlug, und plötzlich wollte ich mich nicht mehr übergeben. Ich wollte, dass er mich so sanft ansah wie diese Frau. Wollte seinen Blick auf mir.
Mein Mineralwasser musste mit Drogen versetzt gewesen sein.
Bennett
In den letzten zwei Monaten hatte ich mich an das Prickeln gewöhnt, das mich überfiel, wenn Rebecca Morales in meiner Nähe war. Ich hatte es sogar absichtlich ausprobiert. Mein Schwanz hatte eine direkte Verbindung zu dem süßen Duft meiner sexy, aber verklemmten und viel zu ernsten Assistentin. Jeden verdammten Tag salutierte er vor ihr, wenn wir im obersten Stock von Ashby Enterprises aus dem Aufzug traten.
Wieder einmal hatte mein Schwanz sie schon vor mir erspürt. Denn Rebecca im Luminous war genauso verrückt wie die Vorstellung, dass sie sich willig über meinen Schreibtisch beugen würde, damit ich ihr ein Spanking verpassen könnte. Woran ich fast immer denken musste, wenn sie ihren Hintern aus meinem Büro schwang.
Ich schüttelte das seltsame Gefühl ab, pausierte meine Vorführung mit Kaila kurz, um mich zu sammeln. Während solcher Darbietungen wurde mein Schwanz nie hart. Das Ganze war zu technisch, zu geplant, und an einem Abend wie diesem auch noch gezähmt, um die neuen Gäste nicht zu schockieren. Normalerweise benutzte ich nicht gern irgendwelche Utensilien. Die heutigen Regeln erforderten es, doch wenn ich mit einer Sub nach meinen Vorlieben spielte, benutzte ich am liebsten meine Hände für das Spanking.
„Immer noch alles okay, Kaila?“ Ich schindete Zeit. Rebecca Morales war im verdammten Luminous, und ihr weißes Armband strahlte wie ein Neonleuchtfeuer. Verflucht, was hatte sie hier zu suchen? Das hier war mein Rückzugsort, einer, an dem ich ihr entfliehen konnte.
„Ja, Sir.“ Ich strich ihr mit den Fingern durchs Haar. „Können wir weitermachen?“
„Unsere Zeit ist gleich vorbei.“
„Schade, Sir.“ Sie zwinkerte und ihre grünen Augen wurden klarer. „Ich hatte gehofft, wir können das hier später zu Ende bringen. Auf vernünftige Weise.“
Tja, nein. Ich war schon einmal mit Kaila zusammen gewesen und brauchte keine Wiederholung. Ich war wählerisch, wen ich mit ins Bett nahm, und besonders, mit wem ich spielte. Kailas Neigungen waren krasser als meine Interessen. Sie brauchte jemanden, der präzise mit einer Peitsche umgehen konnte. Dieser Mann war nicht ich. Ich genoss Schmerzen zu verursachen nicht so sehr wie andere Doms. Ich brauchte die Kontrolle, sehnte mich verdammt danach, aber für mich musste das auf andere Art geschehen. Diese Demonstration machte ich nur, um Dylan einen Gefallen zu tun.
„Noch fünfzehn, und dann sind wir fertig. Ich kann dir bei der Nachsorge behilflich sein, es sei denn, du hast jemand anderen dafür.“ Diese Session war so zahm, dass sie es wahrscheinlich gar nicht brauchte, doch es lag dennoch in meiner Verantwortung, mich um sie zu kümmern.
Ich musste so schnell wie möglich vom Vorführungsbereich verschwinden, Rebecca suchen und herausfinden, was zur Hölle sie hier machte.
Enttäuschung flackerte in Kailas Augen auf, ehe sie zu Boden blickte. „Danke, Sir, ich finde schon jemanden.“
Ich trat zurück, ließ die Gerte schnalzen und sah Rebecca erneut an. Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Nein, sie hatte die Lippen geöffnet, und auch bei dem gedämpften Licht sah ich, dass ein Hauch Rosa auf ihren Wangen lag. Sie hatte die Hände um das rote Band vor ihr geklammert, als brauchte sie es, um nicht umzufallen. Ich verschlang jeden Zentimeter von ihr mit meinem Blick.
Sie war schön. Wunderschön. Keines der üblichen Worte wurde ihr gerecht. Ihr Haar glänzte und glitzerte, die vollen Lippen glänzten ebenfalls immer, doch es waren ihre mandelförmigen Augen, die mich anzogen, die mir ihr Leid und ihre Genervtheit über mich zeigten. Sie konnte nichts in ihrem Blick verbergen, und ja, ich ärgerte sie oft, machte sie wütend. Sie war so wunderschön, wenn sie die Lippen spitzte und mich finster ansah.
Sie besaß einen Körper wie zum Ficken gemacht. Ihre Brüste waren eine gute Handvoll, und mehr als ein Mal hatte ich von ihren Nippeln geträumt. Waren sie rosa? Pink? Oder viel dunkler?
Scheiße.
Ich war hart und musste die Session noch beenden.
„Fünfzehn“, sagte Kaila hinter mir.
Ich sah noch einmal zu Rebecca und schnickte die Gerte an meinen Oberschenkel. Sie senkte den Blick und heiliger Fick! Sie beleckte sich die Lippen.
Gefiel es ihr etwa? Wollte sie das? Sie war immer so ernst und beherrscht. Ich hatte geglaubt, sie wäre viel zu verklemmt für so etwas wie das hier. Doch das würde ich noch herausfinden. Sobald ich hier fertig war.
Konzentriere dich, du Idiot.
Himmel noch mal. Rebecca brachte meinen Verstand durcheinander.
„Mitzählen, Sub.“ Ich hob die Hand und ließ die Gerte wieder schnalzen und war nicht mehr zufrieden mit den Spuren, die ich auf Kailas Hintern hinterließ. Sie zählte perfekt mit. Ich passte genau auf, beobachtete jeden Schlag und wie Kaila sich an den Fesseln festklammerte. Ich drängte Rebecca aus meinen Gedanken und konzentrierte mich auf die Session. Eine Gerte verursachte nur wenig Schmerz, doch darauf kam es nicht an. Als Dom war es meine Aufgabe, die Kontrolle zu haben, mich um die Sub zu kümmern, egal welcher Art die Session war. Mein Augenmerk lag auf ihrer Lust, ihrem Genuss der Unterwerfung. Mein eigener Genuss bestand darin, dass mir jemand die Kontrolle überließ, mir den Körper – und eines Tages Herz und Seele – anvertraute, denn das erregte mich.
„Acht, Sir. Kann ich noch einen haben, Sir?“
„Danke für deine guten Manieren, Kaila.“
Ich schlug sie erneut mit der Gerte und erhöhte das Tempo. Sie hätte dies stundenlang aushalten können. Unsere geplanten zwanzig Minuten bedeuteten für sie kaum ein Aufwärmen, doch sie war schon seit Jahren eine Sub und ihre Manieren waren tadellos.
Schnell beendete ich die Session, warf die Gerte auf den Tisch und befreite Kaila von den Fesseln. Ich wandte mich den Zuschauern zu und blinzelte irritiert. Biss die Zähne zusammen. Rebecca war verschwunden.
Ich massierte Kailas Handgelenke und Schultern, regte die Durchblutung an. „Alles okay?“ Es gehörte zum Ablauf, diese Fragen zu stellen. „Brauchst du Wasser?“
„Nein danke, Sir.“ Sie hob den Kopf und sah mich an. „Aber eine Decke wäre nett.“
Ich griff nach der weichen rosa Decke, mit der sie auf die Showbühne gekommen war, und legte sie um ihre Schultern. „Hast du wirklich jemanden, der dir hilft? Ich kann auch bei dir bleiben.“
Kaila verdrehte die Augen. „Ach bitte. Ich merke doch, dass du etwas anderes vorhast. Ich komme zurecht, Sir.“
„Such dir jemanden.“
Sie deutete auf zwei Leute. Zwei Doms, die ich nicht kannte, aber hier schon gesehen hatte. Einer von ihnen strahlte eine stärkere Intensität aus, als ich es je erlebt hatte, und seine Neigung zu Elektro-Spielen flößte mir einen Heidenrespekt ein. Er wäre perfekt für Kaila.
„Keine Sorge, ich habe da schon jemanden im Visier.“
Ich blieb bei ihr, als sie den Dom ansprach. Er sah mich an, erbat meine Erlaubnis, die ich ihm gern sofort nickend gab.
Als die beiden gegangen waren, räumte ich das Andreaskreuz auf, desinfizierte es und richtete die Utensilien für die nächste Demonstration her.
Vieles an BDSM verlief systematisch. Es gab Regeln und Richtlinien. Alles, um sicherzustellen, dass das Geschehen zwischen zwei Parteien immer sicher, vernünftig und einvernehmlich war. Mein Interesse daran hatte nicht wie bei anderen Doms damit begonnen, dass ich eine Neigung in mir entdeckte, Frauen zu fesseln und ihren Hintern zu verhauen, um meine Markierungen auf ihr zu hinterlassen. So urzeitlich waren meine Sehnsüchte gar nicht.
Mir ging es ums Befehlen. Ich brauchte die Kontrolle. Ich war damit aufgewachsen, dass jede Minute meines Lebens geplant und durchkalkuliert war. Irgendwann als Teenager, als ich aufgehört hatte, gegen die unfassbaren Erwartungen meiner Eltern anzukämpfen, und mich ihnen ergab, war ich wirklich erwachsen geworden.
Für mich war eine Frau, die mir die Kontrolle über sich selbst gab und sich dabei frei fühlte, egal ob an meiner Seite oder zu meinen Füßen, schöner, als ich es je beschreiben könnte.
Zu wissen, dass eine winzig kleine Chance bestand, dass Rebecca Morales daran interessiert sein könnte, gab mir ein neues Ziel.
Eine neue Mission.
Ich schob die Hände in die Hosentaschen und verließ den Bühnenbereich.
Frohes neues Jahr. Oh ja.
*
Rebecca war in der Menge leicht zu finden. Mein Schwanz, ein Wärme suchender Torpedo für ihre prächtigen Hüften und vollen Lippen, zuckte interessiert, als ich ihr karamellfarbenes Haar sah, das ihr glatt den Rücken hinunterfiel. Sie stand an der Bar und unterhielt sich mit einem Paar, das ich seit Jahren kannte.
Ich kam nicht so oft ins Luminous wie andere Doms. Shawn und Miranda Lawson waren seit zehn Jahren verheiratet und gehörten zu den ersten Mitgliedern, als Dylan den Club eröffnet hatte. Sie waren nicht zu übersehen, da sie mehrmals im Monat herkamen und kein Problem damit hatten, Demonstrationen für Zuschauer vorzuführen. Ich hatte das auch schon oft getan, mich aber nie länger mit den beiden unterhalten. Ich war kein Voyeur, doch es war schwer, nicht fasziniert zuzusehen, wenn Shawn Miranda mit dem Flogger verwöhnte, sodass kein Zweifel bestand, dass er komplett, hundertzehnprozentig seiner Frau ergeben war. Sie hatten eine stumme Verständigung entwickelt, durch Blicke, Gesten und Augenzwinkern, was die Sehnsucht in mir hervorrief, ebenfalls mit jemandem so tief auf geistiger Ebene verbunden sein zu wollen. Mit jemandem, der mich bis auf die Knochen kannte.