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Ein attraktiver Fremder, eine perfekte Nacht. Kein Bedauern. Bis sie ihren neuen Chef kennenlernt ...
Kurz vor ihrem Abschluss in Stanford stößt Lori auf der Straße mit dem attraktiven, charismatischen Cole zusammen. Beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Als sie sich abends zufällig in einer Bar wiedertreffen, tut Lori etwas, was eigentlich nicht ihre Art ist: Sie geht mit ihm auf sein Hotelzimmer - einem völlig Fremden. Die Nacht ist perfekt. Am nächsten Morgen trennen sie sich, ohne Namen oder Nummer auszutauschen. Aber sie können nicht aufhören, aneinander zu denken.
Einige Monate später tritt Lori ihren neuen Job in einer Kanzlei an. Als sie ihren neuen Chef kennenlernen soll, steht sie plötzlich Cole gegenüber. Und der Blick, den er ihr zuwirft, macht klar: Dieser Mann ist noch nicht fertig mit ihr.
Band 2 der heißen und mitreißenden Dirty-Rich-Reihe.
Romantische Office-Romance bei beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
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Seitenzahl: 552
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Weitere Titel der Autorin
Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
Impressum
Kapitel Eins
Kapitel Zwei
Kapitel Drei
Kapitel Vier
Kapitel Fünf
Kapitel Sechs
Kapitel Sieben
Kapitel Acht
Kapitel Neun
Kapitel Zehn
Kapitel Elf
Kapitel Zwölf
Kapitel Dreizehn
Kapitel Vierzehn
Kapitel Fünfzehn
Kapitel Sechzehn
Kapitel Siebzehn
Kapitel Achtzehn
Kapitel Neunzehn
Kapitel Zwanzig
Kapitel Einundzwanzig
Kapitel Zweiundzwanzig
Kapitel Dreiundzwanzig
Kapitel Vierundzwanzig
Kapitel Fünfundzwanzig
Kapitel Sechsundzwanzig
Kapitel Siebenundzwanzig
Kapitel Achtundzwanzig
Kapitel Neunundzwanzig
Kapitel Dreißig
Kapitel Einunddreißig
Kapitel Zweiunddreißig
Kapitel Dreiunddreißig
Kapitel Vierunddreißig
Kapitel Fünfunddreißig
Kapitel Sechsunddreißig
Kapitel Siebenunddreißig
Kapitel Achtunddreißig
Kapitel Neununddreißig
Kapitel Vierzig
Kapitel Einundvierzig
Kapitel Zweiundvierzig
Kapitel Dreiundvierzig
Kapitel Vierundvierzig
Kapitel Fünfundvierzig
Kapitel Sechsundvierzig
Kapitel Siebenundvierzig
Kapitel Achtundvierzig
Kapitel Neunundvierzig
Kapitel Fünfzig
Kapitel Einundfünfzig
Kapitel Zweiundfünfzig
Epilog
»Amy’s Secret«-Reihe:
Entfacht
Entflammt
Entfesselt
Enthüllt
»Tall, Dark and Deadly«-Reihe:
Riskantes Verlangen
Riskante Verführung
Riskante Hingabe
Riskantes Geheimnis
»Dirty Money«-Reihe:
Hard Rules – Dein Verlangen
Hard Rules – Dein Begehren
Hard Rules – Dein Versprechen
Hard Rules – Deine Liebe
»Dirty Rich« -Reihe:
Dirty Rich – Verbotene Leidenschaft
Ein attraktiver Fremder, eine perfekte Nacht. Kein Bedauern. Bis sie ihren neuen Chef kennenlernt …
Kurz vor ihrem Abschluss in Stanford stößt Lori auf der Straße mit dem attraktiven, charismatischen Cole zusammen. Beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Als sie sich abends zufällig in einer Bar wiedertreffen, tut Lori etwas, was eigentlich nicht ihre Art ist: Sie geht mit ihm auf sein Hotelzimmer – einem völlig Fremden. Die Nacht ist perfekt. Am nächsten Morgen trennen sie sich, ohne Namen oder Nummer auszutauschen. Aber sie können nicht aufhören, aneinander zu denken.
Einige Monate später tritt Lori ihren neuen Job in einer Kanzlei an. Als sie ihren neuen Chef kennenlernen soll, steht sie plötzlich Cole gegenüber. Und der Blick, den er ihr zuwirft, macht klar: Dieser Mann ist noch nicht fertig mit ihr.
Band 2 der heißen und mitreißenden Dirty-Rich-Reihe.
Mit ihren Liebesromanen hat Lisa Renee Jones eine große Leserschaft gewonnen und wurde mehrfach mit Genrepreisen ausgezeichnet. Die New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin hat bereits diverse Serien veröffentlicht, die ebenfalls bei beHEARTBEAT erschienen sind, darunter »Tall, Dark and Deadly« sowie »Amy’s Secret« und »Dirty Money«. Jones lebt mit ihrer Familie in Colorado Springs, USA.
LISA RENEE JONES
DIRTY RICH
VERBOTENES VERLANGEN
Aus dem Amerikanischen vonSonja Fehling
beHEARTBEAT
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2018 by Lisa Renee Jones
Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Dirty Rich Cinderella Story«
Originalverlag: Julie Patra Publishing, Colorado Springs
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Clarissa Czöppan
Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg unter Verwendung von Motiven © Krasovski Dmitri / shutterstock; © Kaspars Grinvalds / shutterstock
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-7527-5
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Lori
Die erste Begegnung …
Mit einem Briefumschlag in der einen Hand und einem Kleidersack mit Wechselklamotten in der anderen haste ich in das luxuriöse Hochhaus, in dem Cat Summer wohnt. Cat ist nicht nur die Verfasserin der beliebten Kolumne »Cats Verbrechen«, sondern auch Autorin mehrerer True-Crime-Bücher, die allesamt auf der Bestsellerliste der New York Times standen, und ich arbeite stundenweise als Rechercheassistentin für sie. Doch sie ist nicht nur meine Chefin, sondern mittlerweile auch eine gute Freundin geworden. Gehetzt laufe ich durch die edel ausgestattete Eingangshalle, und als ich an dem Wachmann vorbeikomme, der mich mittlerweile kennt, winke ich ihm zu. Dann noch eine kurze Fahrt mit dem Aufzug nach oben, bevor ich wenig später an Cats Wohnungstür klopfe.
Sie öffnet mir in Jeans und T-Shirt und hat ihr blondes Haar zu einem Dutt hochgebunden. Ich gebe ihr den Umschlag. »Das sind die Infos, die du haben wolltest. Über diesen zwielichtigen Privatdetektiv, der für den Staatsanwalt im Milton-Fall gearbeitet hat.« Ich deute auf meine Tasche. »Ich muss mich umziehen und zusehen, dass ich ins Büro komme. Ich bin schon spät dran.«
»Na klar«, entgegnet Cat und macht mir schnell Platz, damit ich eintreten kann. »Komm rein, und mein Gott, Lori, ich kann nicht fassen, dass du mit dieser Recherche schon fertig bist.«
»Ich wusste ja, dass du Infos brauchst«, rufe ich ihr zu, während ich über den glänzenden Hartholzboden eile und nach rechts ins Bad abbiege, das sich links neben der Wendeltreppe befindet.
Rasch schlüpfe ich aus meinen Stoffturnschuhen, schäle mich aus meinen Jeans und dem T-Shirt und ziehe stattdessen einen Bleistiftrock, eine Seidenbluse und einen Blazer – alles in Schwarz – über, bevor ich mein kastanienbraunes Haar aus der Haarklammer befreie. Ich bürste es und stelle fest, dass ich nach den zwei Stunden, die ich heute Morgen hinterm Tresen eines Cafés verbracht habe, tatsächlich nach Kaffee rieche – mal wieder. Eilig entknote ich mein Haar, fixiere es mit Haarspray und trage Lippenstift auf, bevor ich mein Werk mit ein paar Spritzern Jasminparfüm vollende – dem einzigen Duft, der auch nur ansatzweise in der Lage ist, den Kaffeegeruch zu übertünchen.
»Hat da eben jemand für mich geklingelt?«, höre ich Reese, Cats heißen, megaattraktiven Ehemann, rufen, der offensichtlich zu Hause und nicht bei der Arbeit ist. Andererseits macht er auch öfter Homeoffice, weil er mit Cat zusammen an seinem zweiten Buch schreibt.
»Das war Lori«, ruft Cat zurück.
Nachdem ich fertig bin, ziehe ich den Reißverschluss meiner Tasche wieder zu und bin nun endlich bereit, meinen Job als Assistentin in einer Anwaltskanzlei anzutreten, wo ich zumindest an interessanten Fällen arbeiten kann. Als ich in den Flur hinaustrete, ruft Cat mir zu: »In der Küche.«
Deshalb biege ich nach rechts ab in das beeindruckende offene, von einer Fensterfront umgebene Wohnzimmer, um von dort aus in die Küche zu gehen. »Du hast echt tolle Arbeit geleistet«, befindet Cat, die hinter der grauen Kücheninsel aus Granit steht. »Wir sollten uns darüber unterhalten, ob du noch mehr für mich machen könntest. Und über Stanford.«
»Ich würde sehr gerne noch mehr für dich arbeiten, aber Stanford muss warten.«
»Du warst die Beste deines Jahrgangs, und dir fehlten nur noch sechs Monate bis zum Abschluss, als deine Mutter ihren Schlaganfall hatte. Mittlerweile hat sie sich aber doch erholt. Sie arbeitet ja sogar schon wieder.«
Und wir müssen Rechnungen von insgesamt einhunderttausend Dollar bezahlen und wohnen in einem heruntergekommenen Apartment, weil unsere Schulden uns dazu zwingen, aber das sage ich nicht laut. Es ist das Einzige, das ich ihr nicht erzählt habe, während wir uns in den vergangenen sechs Monaten zwischen Schokolade, Popcorn und langen arbeitsreichen Nächten angefreundet haben. »Ich muss jetzt zur Arbeit, aber ich hab dich lieb, das weißt du ja. Und ich bin wirklich gespannt, wie dieses Projekt weitergeht.«
»Hättest du heute Abend Zeit?«, fragt Cat. »Ich würde wirklich gern mit dir reden. Reese hat hier Meetings wegen der Fusion, deshalb müssen wir runter in die Bar gehen, aber die haben super Kaffee und Zimtschnecken.«
»Reese will fusionieren?«
»Ein alter Schulfreund von ihm ist nach Texas gezogen, um die Riesenkanzlei seines Vaters zu übernehmen. Momentan ist er in der Stadt, und die beiden hecken einen Plan aus, wie sie die Weltherrschaft übernehmen können. Heute Morgen treffen sie sich allein, und abends kommen Berater hierher.«
»Wow, das wäre ja ein Wahnsinnsdeal. Immerhin ist dein Mann einer der besten Strafverteidiger des Landes. Und ja, ich komme gern. Meine Mutter arbeitet heute Abend, dann brauche ich mir keine Gedanken zu machen, dass ich sie wecke.«
»Klingt, als wäre ich nicht die Einzige, die versucht, dich wieder ins Leben zurückzuschubsen.«
»Ich muss jetzt los«, verkünde ich, nehme mir ihre Kaffeetasse und trinke einen Schluck, weil ich in letzter Zeit morgens drei Tassen trinken muss, um bis mittags durchzuhalten. »Der ist echt gut. Du könntest meinen Job im Café übernehmen, du wärst die Kaffeekönigin hinterm Tresen«, necke ich sie, bevor ich mich auf den Weg nach draußen mache.
»Über das Café unterhalten wir uns heute Abend auch!«, ruft sie mir hinterher, aber ich antworte ihr nicht. Dann würde sie mich nach meinen Finanzen fragen, und über dieses Thema will ich nicht mit ihr sprechen. Ich will nicht ihr Wohltätigkeitsprojekt werden. Natürlich bezahlt sie mich für meine Arbeit, aber wir sind auch Freundinnen, und ich möchte, dass das so bleibt.
Ich verlasse die Wohnung und bin kurze Zeit später in der Lobby, wo ich mich innerlich für den kurzen Fußweg von drei Häuserblocks bis zur Kanzlei wappne. Seufzend trete ich auf den vollen Bürgersteig hinaus, biege um die Ecke und renne direkt gegen eine harte Brust. In jeder anderen Stadt wäre es vielleicht angenehm, mit einer harten Brust zusammenzustoßen – hier, in New York City, kann es dagegen gefährlich, eklig oder einfach nur unangenehm sein. Der Aufprall führt dazu, dass ich taumle und meinen Kleidersack fallen lasse, und obwohl ich den Impuls verspüre, ihn aufzuheben, damit er nicht von dem Strom morgendlicher Passanten niedergetrampelt wird, gebe ich ihm nicht nach. Stattdessen ziehe ich laut die Luft ein, als mir bewusst wird, dass sich eine große Hand an meiner Taille befindet und ich die Hände auf die Brust vor mir gepresst habe, links und rechts von einer blauen Burberry-Krawatte.
»Alles okay?«, fragt er, wahrscheinlich, weil ich nicht vor ihm, der ja nun offensichtlich ein Fremder ist, zurückweiche, sondern mich an ihn lehne, als könnte ich nicht mehr stehen.
»Ja«, gebe ich zurück, und während ich mich spätestens jetzt rühren sollte, schaue ich blinzelnd in ein Paar aufmerksam dreinblickende hellblaue Augen, die von leicht welligem dunkelbraunem Haar eingerahmt sind. »Alles okay«, füge ich hinzu – die reinste Untertreibung, wenn man bedenkt, dass er nach Sandelholz, Moschus und Mann duftet und ich gerade meine intensivste sexuelle Erfahrung der letzten zwei Jahre durchlebe; mit einem Fremden auf der Straße. Oh Gott! Was mache ich hier eigentlich?
»Mir geht’s gut«, wiederhole ich und stoße mich von ihm ab, während ich bemerke, dass er nicht nur groß, breitschultrig und mit einem teuren Anzug bekleidet ist, sondern auch äußerst attraktiv; mit Wangen, die wie gemeißelt aussehen, und Augen, die nicht nur schön sind, sondern auch intelligent wirken. Was ungefähr auf die Hälfte aller Männer zutrifft, die mit mir Jura studiert haben, aber irgendwie ist er doch ganz anders als sie – wofür ich in diesem Moment keine Erklärung habe, deshalb versuche ich erst gar nicht, eine zu finden.
Um meinen Kleidersack – und meinen Verstand – zu retten, hocke ich mich auf den Boden und will gerade danach greifen, als der schicksalhafte Fremde das Gleiche tut. Er starrt mich an, und ich bin wie gelähmt. Also hocke ich einfach da, mitten auf einem Bürgersteig in New York City, was gefährlich sein könnte – um nicht zu sagen: schmutzig –, aber ich bin völlig durch den Wind, und ich bin nie durch den Wind. Cat hatte recht. Ich war die Beste im Studium; damals war ich noch nicht die Königin im Kaffeekochen, sondern die Königin im Männerbesiegen – Männer wie ihn –, und trotzdem rühre ich mich immer noch nicht vom Fleck. Beweg dich, Lori!, schreie ich mich innerlich an. »Ich muss zur Arbeit«, sage ich und strecke die Hand nach meinem Sack aus, doch es ist zu spät.
Er hat ihn schon gepackt, und als ich aufstehen will, fasst er mich am Arm und hilft mir hoch. Hitze schießt meinen Arm hinauf und – Gott im Himmel! – bis in meine Brust. Eigentlich glaube ich sogar, dass meine Brustwarzen sich zusammenziehen. Okay, ich glaube es nicht nur, sie tun es tatsächlich. Doch mir bleibt gar keine Zeit, mich von dem Schock zu erholen, denn in diesem Moment stelle ich fest, dass er mich erneut mit seinem prüfenden, unwiderstehlichen Blick einfängt. »Ich lade Sie zu einem Kaffee ein«, sagt er, aber es klingt eher wie ein Befehl, nicht wie eine Bitte. »Ich bin in Sie hineingelaufen«, fügt er hinzu. »Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
»Ich denke, wir sind gegenseitig ineinandergelaufen«, erwidere ich, und er hält immer noch meinen Kleidersack fest – und mich auch. Wieso lasse ich mich von ihm anfassen? »Sie schulden mir nichts, und außerdem muss ich dringend ins Büro.«
Ich will meinen Sack nehmen, aber er lässt nicht locker. »Wie kann ich Sie erreichen?«
»Ich laufe mehrmals die Woche in Leute hinein. Genau hier, an dieser Ecke«, sage ich und stoße ein peinliches Lachen aus, das ebenfalls absolut untypisch für mich ist. »Also dann, bis morgen?« Eine Windböe weht mir das lange braune Haar ins Gesicht, und zu meinem Entsetzen – das noch von weitaus intimeren körperlichen Reaktionen begleitet wird – streicht er es mir aus der Stirn.
»Morgen bin ich nicht in der Stadt«, erklärt er, und seine vollen, arroganten und ziemlich sexy aussehenden Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, während ein belustigtes Funkeln in seine Augen tritt. »Wie wäre es mit heute Abend?«
»Nein«, entgegne ich, weil es die vernünftigste Antwort ist. Für mich. Für meine Mutter. Für diesen Zeitpunkt.
»Wann dann?«, drängt er.
»An einem anderen Morgen«, sage ich, weiche ein Stück vor ihm zurück und befreie mich damit aus seinem Griff, während ich mich in Wahrheit gar nicht befreien will. Doch in meinem Leben ist kein Platz für Ablenkung, und dieser Mann könnte ziemlich schnell zu einer werden. »Ich muss jetzt wirklich los«, ergänze ich mit Nachdruck, schnappe mir meinen Kleidersack und umrunde den Fremden, bevor ich losrenne, mich zwischen zwei Leuten hindurchdränge und mitten in einem gefühlten Knoten aus Körpern verschwinde.
Ich werfe noch einen Blick zurück über die Schulter, doch der Fremde ist verschwunden. Das ist auch besser so, und trotzdem spüre ich dieses nagende Gefühl von Bedauern in mir, als wollte ich das Ganze noch einmal erleben, was ich nicht wollen sollte. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für heiße Männer mit blauen Augen und harten Körpern. Ich korrigiere: intelligenten blauen Augen. Sie wirkten definitiv intelligent, und Intelligenz ist wahnsinnig sexy, aber das ist egal. Ich werde ihm sowieso nie wieder an dieser Ecke begegnen. Es ist vorbei. Ich kann nicht mehr zurück, selbst wenn ich wollte.
Lori
Mein Arbeitstag endet im Aktenraum der renommierten, alteingesessenen Kanzlei, deren Partner – im Gegensatz zu Cats Mann – keine Vergrößerung anstreben. Deshalb habe ich hier auch nicht die Möglichkeit, mehr zu werden, als ich momentan bin: eine Art Rechtsanwaltsgehilfin. Derzeit ist das aber okay für mich. Solange ich nicht vollen Einsatz zeigen kann, möchte ich gar nicht langfristig für eine Kanzlei arbeiten. Und gerade kann ich einfach nicht achtzig Stunden die Woche für ein Einkommen schuften, mit dem ich gerade das Nötigste bezahlen kann. Wenigstens lerne ich etwas bei jeder Recherche über die Fälle, die ich hier und bei Cat bearbeite. So bleibe ich auf dem Laufenden und kann jederzeit wieder voll einsteigen, wenn ich nach Stanford zurückkehre. Oder mein Studium an der New York University beende, oder was auch immer ich tun muss, um einen Abschluss zu bekommen.
Mittlerweile sind die Büros bereits dunkel, und auf dem Weg nach draußen verstaue ich meinen Kleidersack in einem Schrank am Ende des Aktenraums, weil ich einfach keine Lust habe, ihn mit zu Cat und anschließend in der U-Bahn mit nach Hause zu nehmen. Während Cat nicht weit entfernt von meiner Kanzlei wohnt, können meine Mutter und ich uns dieses Viertel nicht leisten. Ich verlasse das Gebäude, das sich von Cats und Reese’ Wohnhaus aus gesehen auf der anderen Seite des Gerichts befindet, und rufe im Gehen meine Mutter an. Gleich beim zweiten Klingeln geht sie dran.
»Wie geht es dir?«, erkundige ich mich.
»Hör auf, dir Sorgen um mich zu machen«, schimpft sie mich. »Mir geht es gut.«
»Aber du hast erst diese Woche wieder angefangen zu arbeiten«, sage ich. »Es gefällt mir gar nicht, dass sie dich gleich für die Nachtschicht eingeteilt haben.«
»Ich bin einfach nur froh, wieder hier zu sein«, entgegnet sie. »Für dich wird es auch Zeit, in dein altes Leben zurückzukehren.«
»Noch nicht«, widerspreche ich. »Heute arbeite ich übrigens länger.«
»Du fängst frühmorgens an und arbeitest bis spät in die Nacht«, bemerkt sie. »Darüber müssen wir uns dringend unterhalten, meine Tochter. Das machen wir auch, sobald wir mal wieder beide zu Hause sind.«
Zuerst Cat und jetzt auch noch meine Mutter, denke ich im Stillen. »Ich hab dich lieb«, sage ich laut. »Belassen wir es erst mal dabei, okay?«
»Ich hab dich auch lieb«, flüstert sie in den Hörer. »Sehr sogar, mein Schatz. Ich muss aufhören.«
Damit beendet sie das Gespräch, und ich stecke mein Handy in meine riesige COACH-Tasche, die mir gleichzeitig als Aktenkoffer und Handtasche dient; ein Geschenk von meinem Vater zum Studienbeginn in Stanford. Es ist zwar keine Louis Vuitton, hat er damals gesagt, aber es ist ein Anfang. Die Louis musst du dir dann selbst kaufen, von dem vielen Geld, das du als Anwältin verdienen wirst. Er war Bauunternehmer und hat sich und uns bis in die New Yorker Mittelschicht hochgearbeitet, sodass ich über einen ansehnlichen Collegefonds verfügen konnte, der mir zusammen mit meinem Teilstipendium die Aufnahme in Stanford ermöglichte. Nur dass wir nicht so viel Geld hatten, wie ich dachte. Mein Vater ist an einem Schlaganfall gestorben, sechs Monate bevor meine Mutter ihren erlitt, von dem sie sich Gott sei Dank wieder erholt hat. Doch trotz der Lebensversicherung meines Vaters sind wir mittlerweile fast pleite. Ich fange an, diese Tage noch einmal in meiner Erinnerung zu durchleben, und das tut mir nicht gut. Ganz und gar nicht. Ich bin zwar stark, aber hin und wieder – so wie gerade – sind solche Gedanken wie Treibsand, und erst jetzt bemerke ich, dass ich mein Ziel erreicht habe und vor Cats und Reese’ Wohnhaus angekommen bin.
Tief atme ich durch und verlasse diese Hölle der Erinnerungen. Mein Vater ist tot. Daran kann ich nichts ändern. Aber meine Mutter ist auf dem Weg der Besserung. Noch sechs Monate, dann kann ich weiterstudieren – wenn auch nicht in Stanford – und zumindest mein Diplom machen. Ich streiche meinen schwarzen Rock glatt, um sicherzustellen, dass ich ordentlich aussehe, und zupfe meinen Blazer zurecht. Dann tue ich das, was ich immer tue: Ich verlasse die eine Welt und zwinge mich dazu, die andere zu betreten. Mit Schwung öffne ich die Tür und betrete pünktlich die Lobby.
Erleichtert biege ich nach rechts ab und steuere auf die schummrige, gemütliche Bar zu, in der es normalerweise von Anwälten und Gerichtspersonal nur so wimmelt, weshalb Cat und ich noch nie zusammen dort waren. Jetzt, um zwanzig Uhr, ist es hier allerdings ruhig, und nur ein paar wenige Gäste sitzen in den bequemen Ledersesseln rund um die kreisförmige Theke. Cat erhebt sich von ihrem Platz an einem Ecktisch und winkt mich zu sich. Sie trägt ein rotes Kostüm, wobei sie zu Hause normalerweise in Jeans herumläuft.
Ich schlängele mich zwischen den Sitzgruppen hindurch und weiß zwar nicht, warum, aber spüre ein Ziehen im Bauch. Ich treffe mich doch nur mit Cat. Das hier ist meine Arbeit. Sie ist meine Freundin. Es sei denn … Sie wollte mit mir über die Zukunft sprechen, bestimmt will sie mich entlassen. Fast hätte ich laut aufgelacht. Das ist doch Schwachsinn. Sie wird mich nicht entlassen. Wie komme ich bloß auf so eine Idee? Um mich zu feuern, würde sie sich bestimmt nicht so schick machen, und außerdem würde sie so was auch nicht in aller Öffentlichkeit tun.
»Wieso bist du denn so schick?«, frage ich, während ich mich an ihren Tisch setze.
»Weil Reese mich vor fünfzehn Minuten angerufen hat. Er trifft sich mit dem Vorstandsvorsitzenden von Mellatag zum Abendessen und will, dass ich mitkomme.«
»Im Ernst? Der Vorstand des größten Technologiekonzerns der Welt trifft sich mit ihm?«
»Richtig. Reese hat ihn verteidigt, als er wegen des Mordes an seinem Finanzchef angeklagt war. Dann hat sich schließlich rausgestellt, dass es dessen Ehefrau war. Anscheinend hat er nun beschlossen, seine Geschichte aufzuschreiben. Und er will mich als Co-Autorin, aber er fliegt in Kürze ins Ausland und möchte sich deshalb heute noch mit mir treffen.«
»Oh. Na, ist doch super, und das hier«, sage ich und deute zwischen uns hin und her, »kann warten.«
»Aber ich muss dir noch was erzählen und wollte nicht damit warten.«
»Du entlässt mich.«
Sie lacht. »Was? Nein. Spinnst du? Wieso sollte ich dich entlassen? Gott, ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, um herauszufinden, wie du auf solche Gedanken kommst. Aber ich hab stattdessen was anderes, über das du nachdenken kannst. Was Schöneres.«
»Inwiefern schöner?«
»Ich muss mich beeilen, also hör mir einfach zu.« Als ich nicke, fährt sie fort: »Ich kenne da ein juristisches Konsortium, das Vollstipendien an die Besten der Besten vergibt. Diese Stipendien decken die Studiengebühren und Lebenshaltungskosten ab und beinhalten außerdem ein bezahltes Praktikum in einer der Kanzleien, die dem Konsortium angehören. Diese Kanzleien wechseln, also hat man keinen Einfluss darauf, wohin man kommt. Da gilt offensichtlich irgendeine Art von Losprinzip. Das Auswahlverfahren ist ziemlich hart, dauert wohl etwa sechs Monate, aber Reese ist gut mit einem der Mitglieder des Gremiums befreundet, und wir haben dich vorgeschlagen. Sie sind sehr an deiner Bewerbung interessiert.«
Mir weicht die Farbe aus dem Gesicht. Ich bekomme keine Luft mehr. Dann habe ich das Gefühl, zu heftig zu atmen. »Ich … Das klingt ganz toll, und ich fühle mich geehrt, aber ich glaube nicht, dass ich mir das leisten kann. Meistens reicht die Summe, die diese Programme für die Lebenshaltungskosten auszahlen, nicht, und das Gleiche gilt für die Praktika. Und ich kann nicht …«
»Das Stipendium beläuft sich auf einhunderttausend Dollar, geteilt in zwei Teilauszahlungen: eine zu Beginn des Programms und eine zum Ende. Und dein Studium dauert nur noch neun Monate.«
Ich presse die Hände auf die Tischplatte. »Oh mein Gott!«
»Ich weiß. Das ist fantastisch, oder? Allerdings wählen die nur einen Stipendiaten pro Jahr aus, aber wir werden dafür sorgen, dass du die Auserwählte bist.«
»Aber die wollen doch sicher die hunderttausend über einen Zeitraum von drei Jahren auszahlen und nicht über neun Monate.«
»Tatsächlich«, sagt Cat, »war deren erste Reaktion sehr positiv. Sie würden ja in jemanden investieren, der bereits große Erfolge an einer Elite-Uni vorweisen kann. Allerdings möchten sie, dass du den Abschluss in Yale machst, damit du nicht weit bis zu der entsprechenden Kanzlei fahren musst. Ich kann dir das alles noch ausführlicher erklären, aber jetzt muss ich leider los.«
»Ja. Okay. Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich liebe?«
Sie lächelt. »Ich hab dich auch lieb, Kleine.« Als wir aufstehen, umarmt sie mich. »Meine Mom ist an einem Schlaganfall gestorben«, sagt sie mir leise ins Ohr. »Und mein Vater wäre es beinahe auch.« Sie lehnt sich zurück, um mich anzusehen. »Wir sind Seelenverwandte. Wir mussten uns begegnen, und du solltest diese Gelegenheit bekommen. Bestell dir was zu essen. Auf meine Rechnung. Ich schulde dir was für diese tolle Recherche, die du heute Morgen für mich gemacht hast. Und nimm deiner Mutter was zu essen mit.« Meine Antwort wartet sie gar nicht erst ab. Stattdessen verlässt sie eilig die Bar.
Einen Moment lang stehe ich einfach nur da und versuche, zu verarbeiten, was gerade passiert ist, bevor ich mich auf Cats Platz sinken lasse und mich an die Wand lehne, von wo aus ich den Rest der Bar einsehen kann. Als ein Kellner an meinen Tisch kommt, bestelle ich mir einen White Russian, obwohl ich besser einen Kaffee trinken sollte. Ich vertrage nicht viel Alkohol. Ich bin zu zierlich und außerdem zu müde. Der Kellner geht davon, und keine Ahnung, wieso, aber ich hebe den Blick und sehe zur gegenüberliegenden Seite der Bar, wo gerade ein Mann aufsteht. Der Mann, der mit ihm am Tisch sitzt und von dem ich nicht mehr als einen Arm sehen kann, erhebt sich ebenfalls, und die beiden schütteln sich die Hände. Sie unterhalten sich noch eine Weile, doch dann bringt der Kellner meinen Drink, und ich wende den Blick ab.
Stattdessen richte ich meine Aufmerksamkeit auf den Kellner und nehme mein Glas entgegen. Der Mann, den ich beobachtet habe – oder zumindest glaube ich, es ist derselbe, da ich nur seinen Rücken sehen konnte –, geht gerade auf den Ausgang zu. Ohne zu wissen, warum, stelle ich mein Glas ab, und meine Augen wandern erneut in Richtung des anderen Mannes. Unvermittelt treffen sich unsere Blicke, und vor Schreck öffne ich den Mund. Das ist der Mann von heute Morgen. Regungslos sitzen wir da und starren uns über die Entfernung hinweg an. Sekunden vergehen, vielleicht auch eine Minute, bevor er schließlich aufsteht und sich in Bewegung setzt, direkt auf mich zu. Heute Morgen lag ich falsch: Er ist nicht verschwunden, und die Sache ist nicht vorbei. Sie hat gerade erst begonnen.
Lori
Groß, dunkelhaarig, gefährlich attraktiv und umgeben von einer Aura der Macht. So sieht der Mann aus, der mich gerade ins Visier genommen hat. Ich sehe zu, wie er näher kommt, mit großen, sorgfältig bemessenen Schritten. Ein Panther auf der Jagd, und ich bin die Beute. Ich weiß nicht, ob es irgendeine Frau auf diesem Planeten gibt, die sich nicht die Aufmerksamkeit dieses Mannes wünschen würde, selbst wenn sie ihn – aus welchem Grund auch immer – abweisen muss. Bis zu diesem Moment, hier und jetzt – da ich ihm schon das zweite Mal innerhalb von zwölf Stunden begegne –, hätte ich mich auch für eine dieser Frauen gehalten. Aber heute liegt irgendetwas in der Luft. Etwas hat sich an mir, an meiner Zukunft verändert. Das spüre ich.
Er bleibt an meinem Tisch stehen und fragt gar nicht erst, ob er sich setzen darf. Er tut es einfach. Er nimmt den Platz mir gegenüber ein, und die Hitze in seinem Blick verrät mir, dass er mich genauso einnehmen will. »Cole«, sagt er, und auch seine raue, tiefe Stimme ist der Inbegriff von Männlichkeit. Und obwohl das gar nicht mehr möglich scheint, ist das Knistern zwischen uns noch intensiver als heute Morgen.
»Lori«, gebe ich zurück.
»Ich dachte, Sie hätten keine Zeit, heute Abend etwas trinken zu gehen, Lori.«
»Vielleicht wollte ich einfach nur nicht mit Ihnen etwas trinken gehen.«
Seine Lippen – seine vollen, wunderschönen Lippen, die ich gar nicht beachten sollte – verziehen sich zu einem Lächeln. »Ist das so?«, fragt er, und in seinen blauen Augen blitzt Belustigung auf.
»Weiß ich noch nicht«, entgegne ich, weil er der Typ Mann ist, der eine Frau vollkommen in seinen Bann zieht, und das kann ich mir momentan nicht erlauben.
»Dann sehe ich das mal als Sieg an.«
»Wieso das?«, will ich wissen.
»Heute Morgen haben Sie noch Nein gesagt«, erläutert er. »Jetzt sind Sie sich nur nicht sicher.«
»Was machen Sie überhaupt hier?«, wechsle ich das Thema. »Man läuft sich nicht zweimal am selben Tag über den Weg. Stalken Sie mich?«
»Genau das könnte ich Sie auch fragen.«
»Das ist keine Antwort«, halte ich dagegen.
»Ich habe geschäftlich in der Gegend zu tun, und meine Arbeitstage dauern gerne mal bis spät in die Nacht.«
»Was ist ihr juristisches Fachgebiet?«, erkundige ich mich.
»Bin ich so leicht zu durchschauen, oder kennen Sie diese Gegend hier einfach gut und vermuten nur, dass ich Anwalt bin?«
»Beides.«
Er hebt eine seiner dunklen Augenbrauen. »Tatsächlich? Ich bin also leicht zu durchschauen.«
»Ja, tatsächlich.«
»Dann erzählen Sie mir doch mal, was Sie sehen«, fordert er mich auf, nimmt mein Glas und trinkt daraus, bevor er es mir hinhält.
Mit seiner Frage und damit, dass er etwas so Intimes tut, wie an meinem Drink zu nippen, fordert er mich gleich in zweifacher Hinsicht heraus: Erstens: Kann ich ihn – und andere – wirklich so gut durchschauen, wie ich behauptet habe? Und zweitens: Bin ich bereit, mich auf dieses Spielchen hier einzulassen?
Das Problem mit Herausforderungen ist: Ich mag sie. Ich vermisse sie. Und abgesehen von meinem Überlebensdrang habe ich diese Art von Gefühl seit meiner Zeit in Stanford nicht mehr verspürt. Ich habe vieles schon lange nicht mehr gespürt. Aber ich bin sehr gut darin, Menschen zu durchschauen. Als ich ihm mein Glas aus der Hand nehme, berühren sich unsere Finger, und heiße Funken sprühen zwischen uns hin und her. Ein bittersüßer Schmerz durchdringt mich wie ein Messerstich, und doch will ich nicht, dass es aufhört.
Ich lehne mich zurück, und während ich trinke, mustere ich ihn, wie ich es bei einem Gegner vor Gericht tun würde – wie er es sicher auch bei seinen Gegnern tut. Entspannt lässt er sich in seinen Lederstuhl zurücksinken und sieht mich mit ausdrucksloser Miene an. »Sie sind fünfunddreißig«, sage ich und stelle mein Glas ab. »Anwalt für Strafrecht. Elite-Uni. Sie gewinnen fast immer vor Gericht. Mittelständische Kanzlei. Partner. Erfolgreich.«
Er beugt sich vor. »Kennen Sie mich?«
»Sollte ich?«
»Sagen Sie’s mir«, erwidert er, und in seinem Tonfall schwingt eine Schärfe mit, die noch vor wenigen Sekunden nicht da war.
»Lassen Sie mich meine Liste der Dinge, die ich über Sie weiß, noch mal überdenken. Ich glaube, Sie sind erfolgreicher, als ich dachte, und Sie sind so stolz auf Ihren Erfolg, dass Sie arroganterweise davon ausgehen, jeder – einschließlich einer völlig Fremden – wüsste darüber Bescheid. Ich kenne Sie nicht. Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, und ich bin auch nicht Ihretwegen hier.«
»Aber Sie bleiben meinetwegen?«
»Nein. Ich bleibe meinetwegen.« Allerdings könnte das ein Fehler sein, falls er jemand ist, den ich kennen sollte. Ich habe nicht umsonst dort gearbeitet, wo ich gearbeitet habe, und die medienwirksamen Fälle vermieden, um meinen guten Ruf zu schützen; um sicherzugehen, dass ich, wenn ich auf der Karriereleiter weiter nach oben klettere, meinen Fuß auf die richtige Sprosse setze; eine Sprosse, die mich trägt. Ich sollte gehen, und doch sitze ich immer noch hier und lasse zu, dass er mich mustert, mich einschätzt, mich berührt, ohne mich zu berühren – so stark ist die Anziehung zwischen uns.
Einige Augenblicke lang starrt er mich nur an, und anstatt die Dinge zu bestätigen, die ich über ihn gesagt habe, nimmt er nun umgekehrt eine Einschätzung meiner Person vor. »Sie sind siebenundzwanzig. Sie kommen gerade frisch von der Elite-Uni mit einem Abschluss in Jura, und Sie glauben, Sie können es mit der ganzen Welt aufnehmen.«
Irgendwie schafft er es, die Person in mir zu sehen, die ich einmal war und die ich wieder sein möchte, aber gerade nicht bin. Wenn ich mit ihm gehe – in ein Hotel, in seine Wohnung oder wohin auch immer – und mit ihm schlafe, wird er denken, er hat Sex mit der Frau, für die er mich hält. Aber die bin ich nicht. Und ich will auch nicht so tun, als wäre ich so. Wenn, dann will ich tatsächlich diese Frau sein, und solange ich das nicht kann, werde ich nicht so tun als ob. »Müssen Sie nicht morgen früh wegfliegen oder so was?«
»Ja«, sagt er und betrachtet mich intensiv. »Das heißt, wir sollten die Nacht nutzen, finden Sie nicht auch?«
Er lebt nicht hier. Es wird also nicht kompliziert mit ihm. Er kann mir nicht wehtun, aber ich bin trotzdem nicht die Frau, für die er mich hält. Eigentlich sollte mir das egal sein. Es wäre auch egal, während wir miteinander schlafen, aber morgen früh wird es das nicht mehr sein. Das weiß ich.
»Ich sollte Ihnen Ihren wohlverdienten Schlaf gönnen.« Mit diesen Worten stehe ich auf, schnappe mir meine Aktentasche, in die ich außerdem meine Handtasche gestopft habe, und warte gar nicht erst auf seine Reaktion. Stattdessen stürme ich davon, und verflixt noch mal, ich kann ihn riechen; seinen immergrünen, maskulinen Moschusduft, in dem ich am liebsten ein Bad nehmen und mich verlieren würde. Ich betrete die Lobby und biege hastig nach rechts ab, obwohl ich normalerweise nach links gehen müsste.
Gerade als ich um die Ecke in eine ruhige, verlassene Straße eingebogen bin, um die Abkürzung zur U-Bahn zu nehmen, packt mich jemand am Handgelenk. Ich wirble herum und stehe Cole gegenüber. »Was war denn das gerade?«
»Jetzt glaube ich wirklich, dass Sie mich stalken«, sage ich anklagend, während Hitze von der Stelle, an der er mich festhält, durch meinen Arm und in meine Brust schießt.
»Nenn es, wie du willst«, entgegnet er, »aber ich lasse nicht noch einmal zu, dass du abhaust, wenn es so offensichtlich ist, dass wir aufeinander stehen.«
»Du bist echt arrogant.«
»Ja, das bin ich. Aber ich hab trotzdem recht. Und nächste Woche bin ich wieder da.«
»Das interessiert mich nicht«, sage ich. »Du interessierst mich nicht.«
Er hebt eine seiner dunklen Augenbrauen, und das Mondlicht verfängt sich in seinem herausfordernden Blick. »Ach, nein?«
»Nein«, bestätige ich, doch selbst in meinen Ohren klinge ich nicht überzeugend. Er interessiert mich. Aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Und nicht der richtige Ort.
Plötzlich legt sich seine Hand um meinen Hinterkopf, und er kommt näher, umschließt mich mit seinem starken Körper. Und dann befindet sich sein Mund – der Mund dieses wunderschönen Fremden – auf meinem. Seine Lippen fühlen sich fest an, fordernd und gleichzeitig wie eine sanfte Verführung. Er küsst mich, leckt mir mit der Zunge in den Mund – ein intensives, berauschendes Streicheln und dann ein weiteres. Leise stöhne ich auf, und jeglicher Widerstand schmilzt dahin. Ich lasse mich in seine Berührung sinken, sauge seinen Geschmack auf, nach Whisky und Sahne, nach Sünde und Erfüllung. Ich verschmelze mit seinem festen Körper, der sich wie eine Mauer vor mir aufbaut und so verdammt hart ist, überall. Gleichzeitig ist das hier überhaupt nicht hart, sondern das Leichteste, was ich in den letzten Monaten getan habe. Sein Duft, dieser Geruch von Wald, Moschus und Mann, hüllt mich ein, benebelt mich. Ich will nicht, dass es aufhört, schließe die Finger um seine Krawatte, und in diesem Augenblick gibt es nur ihn, nur das Hier und Jetzt.
Er dreht sich mit mir um und drängt mich gegen eine Hauswand, und am liebsten würde ich sofort hier auf der Straße mit ihm schlafen, was völlig lächerlich wäre. Aber ich will gar keine Zeit haben, darüber nachzudenken. Ich will nicht, dass mein Verstand wieder einsetzt, doch das passiert sowieso nicht so schnell. Mittlerweile hat er die Lippen von meinen gelöst, hält mich jedoch immer noch gefangen. Seine muskulösen Schenkel schließen meine ein, und seine Fäuste hat er zu meinen Seiten an die Mauer gepresst. »Ich bringe dich nach Hause, und dann gibst du mir deine Nummer, damit wir uns zum zweiten Teil dieses Kusses verabreden können.«
Die Realität. Jetzt versucht er, mich wieder in die Gegenwart zurückzuholen. Aber ich will nicht dorthin zurück, und obwohl ich sonst auch nicht gerade schüchtern bin, verhalte ich mich in diesem Moment weitaus forscher als üblich. »Ich muss noch nicht nach Hause«, sage ich, »und wenn du mit mir vögeln willst, worauf warten wir dann noch?«
»Wenn etwas anders ist und sich trotzdem gut anfühlt, sollte man es nicht überstürzen.«
»Ich bin nicht anders.«
»Oh doch, das bist du. Und normalerweise ist anders nicht mein Ding. Ich ficke einfach und ziehe dann weiter, aber anscheinend will ich das in deinem Fall nicht. Bei dir reizt mich das andere.«
»Du kennst mich doch noch gar nicht lange genug, um so was zu sagen.«
»Aber ich will dich kennenlernen«, entgegnet er, und die Worte scheinen tief aus seiner Kehle zu kommen.
»Wieso?«
»Das will ich ja herausfinden. Willst du mich denn auch kennenlernen?«
»Nein«, lüge ich, obwohl ich Lügen hasse.
Er beugt sich näher heran und legt mir erneut die Hand an die Taille, versengt mich, brandmarkt mich, als er die Wange an meine drückt. »Lügnerin«, raunt er mir ins Ohr, und dieses Raunen, sein warmer Atem in meinem Nacken und an meinem Ohr, bringt jede Pore meines Körpers zum Beben.
Automatisch wandert meine Hand zu seiner Brust, und ich spüre seinen donnernden Herzschlag unter meiner Handfläche bis in meinen Arm hinauf. Ich kann mich nicht daran erinnern, je so auf einen Mann reagiert zu haben. In keiner Sekunde meines Lebens. Und ganz sicher nicht auf den, von dem ich einmal dachte, ich würde ihn lieben. Aber das hier ist keine Liebe. Das ist nur Lust. »Hier geht es nicht darum, dich kennenzulernen.«
Er weicht ein Stück zurück und sieht mich an. »Oh doch, das tut es. Wo wohnst du?«
»Das verrate ich dir nicht.«
Einige intensive Momente lang mustert er mich, dann nimmt er meine Hand. »Komm mit.« Doch er rührt sich nicht vom Fleck. Er wartet auf mein Einverständnis.
»Wohin?«
»Dorthin, wo man vögeln kann. Das wolltest du doch, oder?«
Cole
Ich habe keine Ahnung, was zur Hölle diese Frau mit mir anstellt, aber ich will sie. Ich will sie auf eine ungute Art, auf eine andere Art als die meisten anderen Frauen. Es ist wie dieses Gefühl, wenn ich unbedingt gewinnen will. Wie dieses Gefühl, wenn ich einen Freispruch für meinen Mandanten erwirken möchte; wie dieses nagende Brennen, während ich auf das Ergebnis warte. Als hätte ich auf diese Frau gewartet, um sie gekämpft, alles für sie gegeben – wie ich es bei meiner Arbeit tue –, obwohl ich ihr gerade erst begegnet bin. »Du antwortest ja gar nicht«, sage ich nachdrücklich und lasse ihr keine Möglichkeit, wieder davonzulaufen und sich aus dem Staub zu machen. Stattdessen zwinge ich sie zu einer Entscheidung. »Ist das nicht genau das, was du wolltest? Irgendwohin gehen? Um zu vögeln?«
»Ja«, antwortet sie leise und begegnet meinem Blick, ohne zu blinzeln und ohne den Hauch eines Zögerns. Trotzdem schwingt in ihren Worten mehr mit. »Genau das will ich.«
Ihre Antwort ist einfach, doch an dieser Frau ist nichts einfach. Sie ist ein Rätsel, das ich lösen will, und offensichtlich erregen mich Rätsel, denn ich bin ziemlich hart und mir ist verdammt heiß. Gleichzeitig reicht ein falsches Wort, ein falscher Schritt, um die Chance wieder zu verspielen, deshalb dränge ich sie zu einer Entscheidung.
»Dann sag es«, fordere ich. »Sag, dass du vögeln willst.«
»Warum sollte ich?«
»Warum tust du es nicht?«, provoziere ich sie.
Ihr Blick wird noch fokussierter, und sie lehnt sich zu mir vor, schmiegt ihre weichen Kurven an jede harte Stelle meines Körpers, während ich sie gar nicht weich genug und mich nicht hart genug haben kann. Sie schließt die Finger um meine Krawatte und zieht sanft daran. »Ich will nur vögeln, nichts anderes. Keine Unterhaltung. Kein gegenseitiges Kennenlernen. Und wir benutzen ein Kondom, weil ich so was normalerweise nicht mache und nicht will, dass es mein ganzes Leben ruiniert. Also, falls du keins dabeihast …«
Erneut lege ich die Hand um ihren Hinterkopf und küsse sie. »Natürlich habe ich ein Kondom dabei.«
»Weil du ein Frauenheld bist?«, zieht sie mich auf.
»Das bin ich ganz sicher nicht, Süße«, entgegne ich, und es stimmt. Ich vögle zwar, wann immer ich will, aber wenn ich mitten in einer Verhandlung stecke, kann ich keine Ablenkung in Form einer Frau brauchen, die mit mir schlafen möchte.
»Und trotzdem hast du auf Reisen ein Kondom dabei.«
Bei jeder anderen Frau hätte ich einfach mit »Ja« geantwortet, aber ich will mehr von ihr, als sie nur zu vögeln – obwohl ich normalerweise nur vögeln will. Deshalb setze ich auf die Quidproquo-Strategie. Ich gebe ihr etwas, und dafür schuldet sie mir etwas. »Mein Vater hat mir eins ins Portemonnaie gesteckt, als ich sechzehn war, und mir gesagt, ich soll es alle sechs Monate austauschen, egal wie.«
»Weil dein Vater ein Frauenheld war?«
»Genau genommen«, sage ich, und mein Tonfall wird schärfer, »war er das tatsächlich und ein Scheißkerl noch dazu. Und ich will nie so werden wie er, trotzdem war die Sache mit dem Kondom eine gute Lektion. Man sollte sich nicht mit einer Nacht sein ganzes Leben ruinieren, stimmt’s, Süße?«
Sie verengt die Augen, und mir wird bewusst, dass ich gerade etwas getan habe, was ich sonst nie tue: Ich habe ihr etwas Privates über mich erzählt. Ich habe ihr von dem erzählt, was mich antreibt, mich motiviert und was ich sonst niemandem verrate. Und sie weiß das. Sie ist clever und hat einen scharfen Verstand. Sie durchschaut Menschen. Sie durchschaut mich. Bevor ich darüber nachdenken kann, wie es mir damit geht, sagt sie: »Stimmt«, und wendet den Blick ab. Diese Reaktion zeigt mir, dass sie nicht nur tiefer in meine Seele geschaut hat, als ich es den meisten Menschen erlaube, sondern dass ich auch einen Teil ihrer Seele gesehen habe; eine offene Wunde, die durch meine Wunde noch weiter aufgerissen wurde.
Sie braucht eine Fluchtmöglichkeit, kann nicht ertragen, wenn man sie einengt, und auch wenn es mich interessiert, warum das so ist, weiß ich gleichzeitig, dass ich abwarten muss. Ich darf sie nicht drängen, unter Druck setzen und in die Enge treiben, wie es eigentlich meinem Charakter entspricht. Noch nicht. Zumindest nicht jetzt. Ich lege einen Finger unter ihr Kinn und betrachte sie aufmerksam, aber was auch immer ich da eben gesehen habe, ist verschwunden. »Dann konzentrieren wir uns doch darauf, heute Nacht nur unsere Körper zu ruinieren.«
»Du glaubst, das schaffst du in einer Nacht?«
»Ich würde es zumindest gern probieren.«
»Das ist ja sehr interessant«, sagt sie.
»Was ist interessant?«
»Eigentlich hatte ich erwartet, dass du denkst, du hättest den Sieg schon in der Tasche«, gibt sie zurück.
»Warum sollte ich es mir so einfach machen? Du bist nicht einfach. Du bist eine Herausforderung.«
»Aber ich bin weggerannt, und du bist jemand, der seine Beute wieder einfangen muss«, erklärt sie.
»Mag sein«, entgegne ich. »Aber du stehst gerade vor mir, und trotzdem habe ich dich noch nicht eingefangen.«
»Warum gehen wir dann nicht weiter?«
»Tun wir doch«, sage ich, nehme ihre Hand in meine und ziehe sie fort. Nach einigen Schritten verschränke ich die Finger mit ihren, drücke sie an mich und hake ihren Arm bei mir unter, sodass wir Hüfte an Hüfte nebeneinander hergehen. Diesmal lasse ich sie nicht entkommen.
»Wohin gehen wir?«, will sie wissen.
»Ins Vier Jahreszeiten.«
»Also noch zwei Blocks«, murmelt sie und bestätigt mir damit, dass sie schon häufiger im Gerichtsviertel war und nicht nur an diesem einen Tag und in dieser Nacht. Wie ich schon vermutet habe, ist das hier ihre Welt, während ich bis heute nur gelegentlich hier war. Dennoch hat sie mit ihrer Einschätzung direkt ins Schwarze getroffen, sowohl was mein Alter als auch was meinen Beruf und meinen Charakter angeht. Ich bin arrogant. Das muss ich auch sein. Hier gilt das Recht des Stärkeren.
Eine Windböe weht heran, und ich stelle fest, dass ihr Parfüm beinahe rauchig riecht und gleichzeitig nach Blumen duftet; berauschend und einzigartig, wie alles an ihr. Und sie ist tatsächlich einzigartig unter all den vielen ehrgeizigen, intelligenten Frauen, die ich in meinem juristischen Umfeld schon kennengelernt habe. Ich habe mit Frauen gevögelt, denen sie eigentlich ähnlich sein müsste, doch das ist sie einfach nicht. Sie ist von einer geheimnisvollen Aura umgeben, die ich unbedingt lüften will. Über den Grund dafür mache ich mir später Gedanken, nachdem wir gevögelt haben. Oder vielleicht auch nicht. Sex rückt die Dinge meistens wieder in die richtige Perspektive. Wie schon mein Vater sagte, als er mir mein erstes Kondom gab: »Das, was du willst, wenn du wegen einer Frau ’ne Latte hast, ändert sich meist, wenn du dein Ding wieder rausziehst.« Krass formuliert und letztendlich genauso dramatisch, wie er selbst war, aber er hatte recht. Sex kann die Realität verzerren, um sie dir anschließend direkt ins Gesicht zu klatschen.
Als wir die Straße überqueren, kommt das Hotel in Sicht, und ohne die Entscheidung bewusst zu treffen – wobei ich nie irgendetwas unbewusst tue –, verstärke ich meinen Griff um Loris Hand. Sie ist schon einmal davongestürmt. Ein zweites Mal lasse ich das nicht zu. Wir nähern uns dem Haupteingang, und zum Glück ist der Portier gerade mit jemand anders beschäftigt – schließlich scheint Lori auf Diskretion und Anonymität bedacht zu sein. Ich führe sie direkt zu den Aufzügen, und nachdem wir die Kabine betreten haben, stecke ich meine Karte in den Schlitz, um den Lift in Bewegung zu setzen. Dann greife ich erneut nach Loris Hand und ziehe sie an mich. Sie legt die Hände an meine Brust, und während die Stockwerke begleitet von einem Klingeln vorbeiziehen, stehen wir einfach nur da. Die Luft knistert zwischen uns, aber niemand sagt ein Wort. Lori stellt mir keine Fragen. Nicht über das Hotel. Nicht darüber, wann ich wiederkomme. Nicht über mich.
Aus irgendeinem Grund spüre ich, dass sie über meine Quidproquo-Strategie Bescheid weiß: Wenn sie mir eine Frage stellt, darf ich ihr auch eine stellen. Doch im Moment dränge ich sie noch nicht dazu. Nicht, solange wir uns im videoüberwachten Aufzug befinden. Leute wie ich tun so was nicht. Wir erledigen unsere schmutzigen Geschäfte an diskreten Orten. Und das hier wird schmutzig, aber auf die richtige Art. Ich werde meine Fragen stellen und meine Antworten bekommen. Sobald wir in meiner Suite ankommen. Sobald wir nackt sind.
Ein weiteres Klingeln kündigt die Ankunft in meinem Stockwerk an, und ich beuge mich vor, um Lori zu küssen – ein sanftes, kaum spürbares Streifen über ihre Lippen, das den warmen Lufthauch unseres Atems in ein brennend heißes Feuer verwandelt. »Komm mit«, sage ich, ziehe sanft an ihrer Hand und führe sie durch den Flur bis zu der Penthouse-Suite, die seit fast einem Monat mein Zuhause ist. Dem Ort, an dem ich sie auf jede erdenkliche Weise entblößen werde.
Vor der Tür dränge ich sie vor mich, halte sie mit meinem Körper gefangen, während ich mit meiner Karte aufschließe. Als es summt, stoße ich die Tür auf, um Lori hereinzulassen, und gleichzeitig weiß ich, dass ich eine Entscheidung treffen muss: Nehme ich die Spannung raus und vögle sie sofort, heftig und leidenschaftlich, oder lasse ich das Ganze langsam köcheln, lasse ich das Knistern zwischen uns immer größer werden, bis es uns bei lebendigem Leibe zu verbrennen droht und wir vor Hitze fast verglühen.
Lori löst sich aus meinem Griff, und als sie die Suite betritt, weht ein Hauch ihres süßen Parfüms verführerisch in meine Nase. Instinktiv ballen sich meine Hände zu Fäusten, während ich dagegen ankämpfe, sie einfach zu packen. Stattdessen atme ich tief ein, um die Beherrschung zurückzugewinnen, und stoße die Luft geräuschvoll wieder aus, bevor ich Lori in die luxuriöse Suite folge und zum ersten Mal bewusst den Raum wahrnehme, weil ich das Gleiche sehen will wie sie. Graue Holzdielen. Ein orientalischer Teppich unter grauen Ledersofas vor bodentiefen Fenstern, die einen Kamin aus Stein säumen. Links von uns ein steinerner Tisch mit Glasplatte. Rechts von uns eine Wendeltreppe.
Lori bleibt stehen, und ich könnte einfach hinter sie treten, ihren Rock hochschieben und sie auf die Lehne der Couch pressen. Mein Schwanz drängt sich gegen meinen Reißverschluss, hart und dick von dem bloßen Gedanken daran. Innerhalb von dreißig Sekunden könnte ich in ihr sein, einschließlich Kondom, und sie wäre feucht und heiß und eng und … Verdammte Scheiße, diese Frau geht mir schon den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf; so schnell lasse ich das hier nicht enden.
Deshalb stelle ich mich nur neben sie – so nah, dass ich noch einen Hauch ihres berauschenden Parfüms erhaschen kann, aber zu weit entfernt, um sie zu berühren. »Das ist die Hotelvariante einer Penthousewohnung, richtig?«, fragt sie und blickt zu mir herüber.
»Richtig«, antworte ich. »Da ich seit einigen Monaten immer mal wieder hier bin, fand ich es irgendwie sinnvoll, es mir in der Zeit so komfortabel wie möglich zu machen.«
Erneut wirft sie mir einen Blick zu. »Die Mittelstandskanzlei ist gar nicht mittelständisch, stimmt’s?«
»Nicht so ganz«, bestätige ich.
Abrupt wendet sie sich mir zu. »Du bist reich.«
Ich drehe mich ebenfalls in ihre Richtung. »Reichtum lässt sich auf verschiedene Arten definieren, aber das mal außen vor gelassen: Habe ich Geld? Ja. Ich habe genug, um es mir gut gehen zu lassen.«
Sie starrt mich an, und ihre Miene lässt sich nicht deuten, doch einen kurzen Augenblick lang flackert etwas Hartes, Entschlossenes in ihrem Gesicht auf, bevor sie sich abwendet und gegen die Couch lehnt. Angespannt bohrt sie die Finger ins Polster, distanziert sich von mir, oder sagen wir besser: Sie versucht es. Für einen Moment geht mir eine Männerfantasie durch den Kopf, und ich überlege, meiner Lust auf sie doch freien Lauf zu lassen. Wenn ich die Vorstellung mit der Couch, die ich gerade im Flur hatte, in die Tat umsetzen würde, könnte ich ihr einfach jeden Gedanken aus dem Hirn vögeln. Rätsel gelöst. Sicher wären wir verdammt gut im Vögeln, allerdings ist das nicht das Rätsel, das es hier zu lösen gilt, sondern sie.
Ich gehe zu ihr und stelle mich dicht vor sie, berühre sie jedoch immer noch nicht. »Wieso hast du ein Problem damit, dass ich Geld habe?«, frage ich.
Sie hebt das Kinn, und in ihren Augen liegt ein fast trotziges Funkeln. »Wer sagt, dass ich ein Problem damit habe?«
»Ich«, entgegne ich. »Das habe ich an deiner Reaktion gemerkt. Und ich merke es immer noch. Ich sehe es in deinen Augen.«
»Du siehst gar nichts in meinen Augen«, widerspricht sie. »Deine Menschenkenntnis als Anwalt mag zwar gut sein, aber mein Anwaltsgesicht ist genauso gut.«
»Wir sind aber hier nicht im Gerichtssaal«, stelle ich fest, »sondern in einem Hotelzimmer. Und du hast ein Problem mit meinem Geld.«
»Dass du Geld hast, spielt überhaupt keine Rolle. Hier geht es nur um eine Nacht. Wir vögeln nur, oder zumindest haben wir das vor. Aber wir werden nicht gleich heiraten.«
»Die meisten Frauen planen bereits die Hochzeit, wenn sie herausgefunden haben, dass ich Geld habe.«
»Ich verdiene mein eigenes Geld.«
Unwillkürlich lege ich die Hände an ihre Taille, und sofort greift sie danach. Ein Zeichen, dass sie hier nicht in ihrem Element ist und die Kontrolle behalten will, während ich von ihr verlangen werde, sie abzugeben. »Darum geht es also?«, frage ich sanft und senke den Kopf, sodass ich mich nur noch vorbeugen müsste, um sie zu küssen. »Du hast das Gefühl, mit mir mithalten zu müssen?«
»Nein«, antwortet sie direkt, weicht ein Stück zurück, um mich anzusehen, und legt eine Hand auf meine Brust. »Überhaupt nicht. Wir sind keine Konkurrenten, also muss ich auch nicht mit dir mithalten.«
»Nicht?«, frage ich herausfordernd.
»Nein«, wiederholt sie.
»Dann willst du immer noch, dass ich dich ficke?«
»Nein«, sagt sie. »Ich will dich ficken.«
Ich muss lachen, denn das war kein heißer Flirt, sondern die Aufforderung, mit ihr Tauziehen zu spielen. »Wie war das mit dem Konkurrenzkampf?«
»Das ist kein Konkurrenzkampf, sondern Fakt.«
»Du darfst mich ficken, wenn ich es dir sage.«
Nun lacht sie. »Wer befindet sich jetzt in einem Wettstreit?«
»Und ich gewinne immer.«
»Bei mir nicht.«
»Interessant«, sage ich und bin verdammt froh, dass ich sie nicht hart und schnell gevögelt habe. Dieses Tauziehen, das sie spielt, fängt an, mir Spaß zu machen. Und ich werde dafür sorgen, dass sie nicht nur genauso viel Spaß hat, sondern noch mehr will. »Komm mit«, fordere ich sie auf, lasse sie los und mache mich auf den Weg in Richtung Schlafzimmer.
Lori
Ich sehe zu, wie Cole davongeht, und bin mir durchaus darüber im Klaren, dass er ein Machtspielchen mit mir spielt. Ich arbeite mit Anwälten zusammen. Ich habe in Stanford studiert. Ich durchschaue sein Spiel. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass er mir die Möglichkeit lässt zu gehen. Ich stehe allein in der Nähe der Wohnungstür und kann sie öffnen, wenn ich es will. Diese Geste – und die Tatsache, dass dieser Mann einfach wahnsinnig attraktiv ist – bewirkt, dass ich nicht gehen will. Dass ich bleiben will. Dass ich ihn noch mehr will. Es gefällt mir, dass er mir die Möglichkeit lässt, mich bewusst fürs Bleiben zu entscheiden. Und auch wenn er definitiv mit mir darüber streiten wird, wer die Kontrolle übernimmt, hat er mir trotzdem eine wichtige Botschaft übermittelt: Die Entscheidung, wie viel Kontrolle ich ihm überlasse, liegt immer bei mir. Wobei »immer« das falsche Wort ist. Hier geht es nur um heute, um eine Nacht, und heute Nacht entscheide ich.
Ich zwinge mich, mir Zeit mit dieser Entscheidung zu lassen. Er ist ein erfolgreicher Anwalt. Außerdem hat er Geld und Einfluss. Vielleicht kennt er dieselben Leute wie ich, und das könnte meinem Ruf schaden. Andererseits wohnt er in einem Hotel. Er ist also nicht von hier, nicht aus den juristischen Kreisen New Yorks. Und selbst wenn wir uns noch einmal begegnen würden, was durchaus möglich ist: Warum sollte ihm das etwas ausmachen? Er ist reich und mächtig, und ich bin Berufsanfängerin, ohne Macht und Einfluss, zumindest nicht in diesem Metier.
Ich kann es heute Nacht mit ihm tun, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Das hier ist kein Problem, und es ist schon so lange her, dass ich mit jemandem geschlafen habe. Und so einfach war es auch noch nie: völlig frei und ungezwungen. Morgen muss ich wieder zur Arbeit und habe keine Gelegenheit mehr zum Spielen. Morgen ist er nicht mehr da, was bedeutet, ich sollte besser alles, was ich mit ihm machen will, jetzt sofort tun. Deshalb entscheide ich mich dafür zu bleiben. Ich entscheide mich dafür, etwas für mich zu tun und ihm zu folgen.
Mit diesem Entschluss stoße ich mich von der Couch ab, nehme meine Tasche und gehe nach rechts, in die Richtung, in die er verschwunden ist. Sein Weg führt mich in einen Flur, wo ich plötzlich vor einer Treppe stehe – natürlich: Eine weitere Treppe ist genau das, was dieser Suite noch gefehlt hat. Dieses Hotelzimmer verfügt über allen möglichen Schnickschnack auf Tausenden von Quadratmetern, und das in einer Stadt, die dafür bekannt ist, alles in Wandschrankgröße zu bauen. Die Treppenstufen sind aus Stein, das Geländer aus Stahl und die Umrandung dazwischen aus Glas. Nobel. Teuer. Ich umfasse das Geländer und beginne, nach oben zu steigen, während mein Herzschlag donnernd in meinen Ohren nachhallt. Ich bin nervös, und sonst werde ich nie nervös. Das habe ich durchs Studium gelernt. Eigentlich durch viele Dinge. Das Schicksal hat nicht viel übrig für Nervosität und die Zögerlichkeit, die damit einhergeht.
Ich erreiche die zweite Etage der Suite, auf der es nur eine Tür gibt – und die steht offen. Tief atme ich durch, dann betrete ich den Raum und finde mich in einem riesigen Schlafzimmer wieder, das auf der linken Seite von einem wuchtigen Bett mit grauem Kopfteil dominiert wird. Dahinter gibt es einen Sitzbereich, bestehend aus einer blaugrünen Couch und zwei farblich passenden Stühlen. Cole hat auf der Couch Platz genommen, vor sich einen ovalen grauen Tisch, auf dem eine Flasche Wein und zwei Gläser stehen.
Ich verkneife es mir, noch einmal tief durchzuatmen, und bereite mich auch nicht in irgendeiner anderen Weise auf den nächsten Schritt vor. Stattdessen nutze ich den Moment, umrunde das Bett und bleibe vor dem Tisch stehen, wo ich meine Tasche auf dem Boden absetze. Cole ist bereits aufgestanden, noch bevor ich an meinem Ziel angekommen bin, und ragt nun mit seinen breiten Schultern vor mir auf. »Du bist geblieben«, stellt er fest.
»Dachtest du, ich würde gehen?«
»Ich habe die Möglichkeit in Betracht gezogen.«
»Für mich ist das hier kein Wettstreit«, sage ich. »Zumindest nicht in beruflicher Hinsicht.«
Seine vollen, sexy Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. »Aber sobald wir uns ausziehen, steht die Uhr wieder auf null?«
Ich muss lachen, während meine Wangen ganz heiß werden. »So was in der Art.« Fast wäre ich in alte Muster verfallen und hätte »schätze ich« hinzugefügt, halte mich jedoch gerade noch zurück. Seit dem Studium weiß ich es besser: Worte der Unschlüssigkeit nehmen einem die Kontrolle und Überlegenheit.
Coles Augen verdunkeln sich, während in ihren Tiefen ein Feuer glüht, so heiß, dass ich kaum atmen kann. »Wieso stehst du noch da drüben?«, fragt er herausfordernd. »Dort kannst du ›so was in der Art‹ jedenfalls nicht in die Tat umsetzen oder überhaupt irgendwas.«
Das stimmt nicht. Ich kann mich daran erfreuen, dass er groß, dunkelhaarig und gut aussehend ist, aber wieso sollte ich? Wieso stehe ich noch hier, während ich längst bei ihm sein könnte? »Du hast mich noch nicht auf deine Seite eingeladen«, entgegne ich schließlich.
»Ich wusste nicht, dass ich das tun muss.«
»Doch, das musst du«, sage ich in dem Versuch, meine Zögerlichkeit abzulegen und die Kontrolle zurückzugewinnen.
»Dann tue ich das.« Er streckt mir eine Hand entgegen. »Komm rüber.«
In Erwartung der Berührung, die er mir anbietet und die ich ihm erlauben werde, macht sich Anspannung in meinem Bauch bemerkbar, doch ich zögere nicht. Ich will ihn. Ich will das hier. Deshalb strecke ich ebenfalls die Hand aus und lege sie in seine. Wärme schießt meinen Arm hinauf und breitet sich erneut in meiner Brust aus, während sich meine Nippel zusammenziehen. Cole schließt beide Hände um meine, und einen Moment lang sehen wir uns nur an. Vielleicht will ich heute auch einfach nur eine Cinderella-Fantasie ausleben, aber es fühlt sich an, als würde gerade irgendetwas zwischen uns hin und her fließen; etwas, das auf unbeschreibliche Weise wie ein Beben durch mich hindurchzieht.
»Komm rüber«, weist er mich erneut mit sanfter Stimme an, und auch wenn ich es nicht mag, herumkommandiert zu werden, schwingt in seiner Stimme etwas Raues, Emotionales mit, das mir sehr gefällt.
Cole zieht mich um den Tisch herum, und als ich bei ihm bin, zwischen dem Tisch und der Couch, wird mir erneut bewusst, wie groß und gut er gebaut ist. Doch dieser Gedanke verflüchtigt sich sofort wieder, als er seine Hand unter mein Haar schiebt und sie in meinen Nacken legt. »Wir müssen das nicht tun«, sagt er. »Wir können auch einfach nur Wein trinken, und ich fahr dich nach Hause, oder du übernachtest hier, und wenn ich wiederkomme …«
»Nicht, wenn du wiederkommst«, sage ich. »Jetzt. Heute Nacht. Nur heute Nacht.«
»Das sagst du, aber ich spüre, dass …«
»Ich habe so was noch nie gemacht.« Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, lege ich die Hände an seine Brust. »Machst du das öfter?«
Er lacht. »Ich bin kein Frauenheld. Denk das nicht von mir.«
»Möchtest du, dass ich gehe?«, frage ich. »Du hast mich unten stehen lassen und gibst mir dauernd Möglichkeiten, es mir doch noch mal anders zu überlegen.«
»Und du hast dir volle fünf Minuten Zeit gelassen, bis du nach oben gekommen bist.«
»Willst du, dass ich gehe?«, hake ich nach.
Mit der Hand streichelt er meinen Nacken und senkt die Lippen, sodass ich seinen warmen Atem auf meinem Mund spüre. Einen kurzen Augenblick verharrt er in dieser Position, dann leckt er tief mit der Zunge in meinen Mund und küsst mich; ein tiefer, berauschender Kuss, der viel zu schnell vorbei ist, als er sagt: »Schmecke ich so, als wollte ich, dass du gehst?«
»Du schmeckst wie jemand, der einen in Schwierigkeiten bringen kann«, entgegne ich, und das pure Verlangen, das ich für ihn empfinde, nachdem ich mir dieses Gefühl so lange verboten habe, ist gefährlich – und gleichzeitig könnte ich süchtig danach werden.
»Das kann ich auch«, versichert er mir. »Aber das ist Teil meines Jobs. Du bist nicht mein Job. Du bist …«
»Ein One-Night-Stand«, vervollständige ich den Satz, bevor ich mich davon abhalten kann; bevor er etwas sagt und ich vergesse, dass dies hier mein Cinderella-Märchen ist – und Cinderella bleibt nur eine Nacht. Nur eine Nacht. Mein Prinz kommt später, falls überhaupt.
»Du bist Lori«, sagt Cole und streicht mit den Lippen über meine. Und damit reißt er die Schutzmauer ein, die ich zwischen ihm und mir aufgebaut habe. Mit diesen Worten hat er mir versichert, dass er weiß, wer ich bin, und es ihm nicht darum geht, was ich bin. Das erschüttert und erregt mich gleichzeitig, und als ich schon denke, ich drehe mich gleich um und gehe, weil ich erneut innerlich zu beben anfange, küsst er mich ein weiteres Mal. Gott, und wie er mich küsst: intensiv, betäubend; ein Kuss, den ich bis in die Zehenspitzen spüre und der mir den Atem raubt, bis Cole seine Lippen von meinem Mund löst und mich loslässt, um sich das Jackett auszuziehen.
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