Don`t let it get to you, Ben! Du musst dich nicht um sie kümmern - Doreen Gehrke - E-Book

Don`t let it get to you, Ben! Du musst dich nicht um sie kümmern E-Book

Doreen Gehrke

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Beschreibung

Im zweiten Band der Don`t let it get to you!-Reihe hat es Ben bis nach New York zu den Bühnen-Shows gebracht. Doch die Geschehnisse dort zwingen ihn immer mehr, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, was ihm aufgrund seines aggressiven Verhaltens offensichtlich zu schaffen macht. Hinzu kommt der Aufenthalt der psychisch kranken Mutter in einer Klinik in Memphis, weshalb sich das Jugendamt eingeschaltet hat. Aber Ben und seine jüngere Schwester Sam haben Glück. Er darf bei der Show weitermachen und Sam kann vorerst beim älteren Bruder Charly bleiben. Bis zu dem Abend als Charly überfallen und brutal zusammengeschlagen wird. Ben fliegt zurück nach Memphis, um nach seinem Bruder zu sehen und kann nicht verhindern, dass seine Schwester in ein Jugendheim gebracht wird. Er selbst darf bei der Musik-Show weitermachen, aber geht es ihm wirklich noch um die Show und seine Karriere, wenn er sieht, dass seine Familie auseinanderbricht? Oder haben sich seine Prioritäten, aufgrund der Probleme in seiner Familie und der Probleme, die er zunehmend auch mit sich selbst hat, schon längst geändert?

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Doreen Gehrke

Don`t let it get to you, Ben!

Du musst dich nicht um sie kümmern.

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Sämtliche Texte in diesem E-Book wurden ohne Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) geschrieben.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de/ abrufbar.

https://www.doreen-gehrke-verlag.de/

Alle Rechte: © Doreen Gehrke Verlag, 2014

2. Auflage, Doreen Gehrke Verlag, 2024

Abbildungen zu „Don`t let it get to you!“ Band 1 - 3: © Marie Sann

ISBN: 978-3-9820009-7-8

Erstes Kapitel – Don`t keep pretending!

Die Security brachte uns in einen Raum weit weg von dem Bereich hinter der Bühne. Wenn ich ohne Christopher hätte mitgehen müssen, dann hätte ich mir mit Sicherheit in die Hosen gemacht. Ich empfand die Situation als ziemlich unheimlich und war froh, nicht allein sein zu müssen. Jimmy fing irgendwann an zu heulen. Die Sicherheitsleute waren jedoch nett und versuchten, ihn zu beruhigen.

Christopher erzählte ihm, er solle sich keine Gedanken machen. Er sei sich sicher, dass es gar nicht erst zur Anzeige kommen würde, und wenn doch, dann nahm er an, würde Jack the 666 Sense diese, seiner Meinung nach, bestimmt wieder zurückziehen. Spätestens dann, wenn Christopher ihm aufzählen würde, was Jimmy alles erlebt hatte, obwohl Christopher zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen konnte, was Jimmy genau erlebt hatte. Aber das war wohl dem Instinkt und der Erfahrung eines hervorragenden Anwalts zuzurechnen. Nicht umsonst konnte sich Christopher den Palast leisten, in dem er mit seiner Frau lebte.

Hinzu kam die Beleidigung von Jack, der Christopher ein »Arschloch« genannt hatte. Christopher war sich sicher, dass es selbst im schlimmsten Fall nur auf einen Vergleich hinauslaufen würde, und unter Umständen sogar der alte Jack mit den Produzenten der Show Probleme bekäme.

Als dann zwei Polizisten auftauchten, hielten Jimmy und ich unsere Klappe, während Christopher ihnen schilderte, was passiert war. Die beiden nahmen den Vorfall auf, und Christopher bat sie, uns nicht mitzunehmen. Das sei unnötig, denn Jimmy und ich seien keine Kriminellen. Die Polizisten winkten auch sofort ab und nickten verständnisvoll.

Dann verabschiedeten sie sich von Christopher, so wie sie ihn begrüßt hatten, mit Handschlag. Da klingelte es endlich bei mir. Christopher schien nicht nur ein reicher, sondern auch ein bekannter und einflussreicher Anwalt zu sein. Ich war unglaublich erleichtert, jemanden wie ihn zu kennen. Zumal er, wie ich, aus Sleepy Water kam.

Die anderen Kandidaten waren schon längst im Hotel und Vicky mit Susi nach Hause gefahren. Deshalb besorgte uns Christopher ein Taxi, mit dem wir gemeinsam zum Hotel fuhren. Jimmy bedankte sich tausend Mal bei Christopher und hoffte, irgendwann auch etwas für ihn tun zu können. Christopher lachte. Ich selber musste auch grinsen. Was sollte Jimmy für Christopher schon tun können? Aber Jimmy wollte nur höflich sein und irgendetwas sagen. Wahrscheinlich hätte ich das Gleiche gesagt.

Als wir am Hotel ankamen, umarmte Jimmy Christopher sogar noch bevor er ausstieg. Jimmy war eben etwas weich. Christopher nahm es aber gelassen und sagte ihm, dass er am Montagnachmittag ins Hotel kommen würde. Wir müssten dann etwas unterzeichnen.

Dann riet er uns, erst einmal mit niemandem über diese Angelegenheit zu sprechen. Wenn wir danach gefragt würden, sollten wir sagen, dass unser Anwalt sich darum kümmern würde. Dann gab er uns seine Karte, falls wir vorher noch einmal mit ihm sprechen wollten. Dabei sagte er zu Jimmy, er bräuchte keine Angst vor Jack zu haben. Falls er Christopher genauer erzählen wolle, was alles vorgefallen sei, solle er das in jedem Fall tun. Nicht nur um seinetwillen, sondern auch um Tatsachen aufzudecken, die hinter den Kulissen des Musikgeschäfts wirklich mal geschehen und über die immer wieder gemunkelt wird. Jimmy solle nicht denken, dass er der Einzige sei, dem so etwas oder Ähnliches passierte. Jimmy nickte. Ich hoffte, er würde es tun. Ich bedankte mich auch noch einmal bei Christopher und versprach, Susi so bald wie möglich anzurufen.

Als Jimmy und ich ins Hotel gingen, trennten sich unsere Wege sofort. Es war seltsam. Ich hatte vorher nichts mit ihm zu tun gehabt und hatte auch nicht das Bedürfnis, das zu ändern. Ihm schien es genauso zu gehen. Sobald er seine Kumpels in der Lobby sitzen sah, rannte er zu ihnen.

Ich ging zum Fahrstuhl und wollte nur noch ins Bett. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, stand mir Charly mit einem breiten Grinsen gegenüber.

»Na, Kleiner. Wie war es im Knast?«

»Ich war nicht im Knast. Die Bullen haben uns nicht mitgenommen«, antwortete ich und marschierte in den Fahrstuhl.

Wir fuhren nach oben.

»Was machst du überhaupt hier im Fahrstuhl?«, wollte ich wissen.

»Irgendjemand musste doch Jimmys Kollegen ins Hotel bringen. Die ganze Zeit bin ich mit denen in der Lobby gewesen und musste mir Storys über Jimmy anhören, die ich niemals kennen wollte. Was habe ich gelitten! Das ist alles deine Schuld! Vor ein paar Minuten bin ich dann unter dem Vorwand geflüchtet, ich müsste mal dringend mit meinem Vater telefonieren.«

Ich grinste und dachte, dass er bestimmt bei Monique gewesen war.

»Was gibt es denn da zu grinsen? Erzähl mir lieber, was passiert ist. Ich will alles ganz genau wissen.«

»Na ja, so viel gibt es gar nicht zu erzählen. Gut, dass Christopher da war. Er hat alles geregelt. Wir mussten zuerst mit den Sicherheitsleuten mit. Das hast du ja noch mitbekommen. Und dann saßen wir in einem Raum und haben auf die Polizei gewartet. Diese ganze Warterei hat länger gedauert als die Zeit, die die Bullen brauchten, um unsere Aussagen aufzunehmen. Aber die waren nett. Und das Beste war, dass sie Christopher offensichtlich kannten. Zumindest hatte es den Anschein, weil sie ihm gleich so vertraulich die Flosse reichten. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn kenne.«

Charly nickte. »Das glaube ich. Ohne Kontakte ist man heutzutage am Arsch. Den solltest du dir für später warm halten«, riet er mir.

»Was? Wie meinst du denn das?«

»Genau so, wie ich es sage. Vielleicht brauchst du später noch einmal einen Anwalt. Und Christopher ist bestimmt ziemlich gut. Der verdient nicht umsonst so viel Geld, dass er sich dieses Luxusappartement leisten kann. Das sage ich dir.«

Ich nickte und sagte: »Daran habe ich auch gedacht. Aber ich möchte trotzdem nichts mehr mit der Polizei zu tun haben. Das war jetzt schon das zweite Mal innerhalb von zwei Monaten.«

»Was? Was war denn beim ersten Mal passiert?«

Wir waren oben angekommen, verließen den Fahrstuhl und gingen Richtung Zimmer.

Ich sagte: »Lass uns drinnen weiterreden.«

Im Zimmer angekommen, wollte ich gerade anfangen, ihm von Susis Vater zu erzählen, als das Telefon klingelte.

Charly ging sofort ran und sagte: »Das ist bestimmt wieder Troy. Als wir im Hotel ankamen, meinte die ach-so-freundliche Dame an der Rezeption, ich sollte ihn schnellstmöglich zurückrufen. Ich wusste erst gar nicht, wer Mr Jackson ist. Hallo Troy?«

»Ja, Charly. Ich schon wieder. Hast du schon was Neues gehört?«

»Ja, Ben ist gerade gekommen. Er kann dir selber erzählen, was passiert ist.«

Charly gab mir den Hörer.

»Hallo?«

»Also echt, Ben. Soll das jetzt jeden Samstag so sein? Cooler Auftritt, alles ist super und dann versaust du es wieder. Du musst auch mal an deine Karriere denken«, belehrte er mich, als ob er mein Manager wäre.

»Was denn für eine Karriere? Ich will keine Karriere machen, ich will Musik machen.«

Charly zeigte mir daraufhin einen Vogel und ging aufs Klo.

»Troy, du warst doch gar nicht dabei. Du hättest wahrscheinlich genau das Gleiche gemacht.«

»Was gemacht? Meinem Teamleiter eine verpassen?«, fragte er provozierend.

Ich meinte, mich rechtfertigen zu müssen und antwortete: »Ich habe ihm überhaupt keine verpasst. Ich dachte nur, Jack würde Jimmy eine verpassen, deshalb bin ich zu Jimmy gelaufen und stellte mich nur zwischen die beiden. Gemacht habe ich gar nichts.«

»Trotzdem. Manchmal ist es besser auch nicht ›gar nichts‹ zu machen.«

So ein Klugscheißer. Ich musste erst einmal tief Luft holen. Dann rief ich: »Das ist meine Sache! Meine Entscheidung! Mein Leben! Verstanden?!«

Ich legte auf.

Troys kluge Ratschläge konnte ich nicht mehr hören. Hätte ich nichts gemacht, wäre es auch nicht richtig gewesen, weil ich dann ein schlechtes Gewissen gehabt hätte, nichts gemacht zu haben.

Charly kam aus dem Badezimmer.

»Und? Wollte er dir wieder etwas beibringen?«

Ich gestikulierte wild und erklärte: »Ich kann es einfach nicht mehr hören. Er hat immer nur etwas zu meckern. Ich weiß noch, als er zu mir sagte, ich könnte ihn immer anrufen, wenn ich einen Rat bräuchte. Brauchte ich einen Rat, bekam ich nur Nullnummern. Und heute meinte er, er müsste mir einen Rat geben, wie ich mich am besten zu verhalten habe. Dabei wollte ich gar keinen seiner tollen Ratschläge. Ich will meine Ruhe haben. Nichts weiter!«

Charly nickte, legte sich auf sein Bett und sagte: »Troy denkt wahrscheinlich, er müsse für dich so eine Art Vaterersatz sein. Stell dir vor, du müsstest dir jeden Tag anhören, wie du dein Leben zu leben hast. Das ist vielleicht eine Scheiße.«

»Davon kannst du wohl ein Liedchen singen, nicht wahr?«

»Ja! Davon kann ich allerdings ein Liedchen singen. Das fängt mit ›Halt den Löffel ordentlich in der Hand, sonst bekleckerst du dein T-Shirt‹ an und hört mit ›Fahr nach Atlanta. Dort kriegst du vielleicht einen Plattenvertrag‹ auf.«

Ich musste lachen.

Mir vorzustellen, wie Charly als Hosenscheißer gesagt bekommen hatte, wie er sein Brei essen sollte, amüsierte mich. Vielleicht würde ich mich über gut gemeinte Ratschläge gar nicht so aufregen, wenn, wie bei Charly, jemand da gewesen wäre, der sich um mich gekümmert hätte. Dann wäre ich wahrscheinlich an solche Ratschläge gewöhnt.

Meine Mom war aber trotzdem eine gute Mom. Ich war ihr nicht böse, dass sie uns in einigen Dingen vernachlässigt hatte. Sie hatte eben nicht die Möglichkeit gehabt, sich um uns Kinder so zu kümmern, wie es wahrscheinlich das Beste gewesen wäre. Aus mir und meinen Geschwistern sind trotzdem gute Menschen geworden.

»Ben, ist alles in Ordnung?«, fragte Charly, als er bemerkte, wie ich in Gedanken versunken auf meinem Bett saß.

»Ja, klar. Also, eigentlich nicht. Ich habe gerade an meine Mom gedacht. Seit der Abreise in die Dominikanische Republik habe ich sie weder gesehen noch gesprochen. Charly sagt immer nur, dass es ihr gut geht, aber er kann sie ja auch besuchen.«

»Das mit Julia wird schon wieder. Das braucht nur Zeit. Ich mach jetzt das Licht aus. Okay?«

»Ja, ist gut.«

Ich saß noch eine Weile auf dem Bett und dachte nach. Dann legte ich mich hin und schlief so, wie ich war, mitsamt meinen Klamotten ein.

Am nächsten Morgen weckte mich der Geruch einer stinkenden Socke, die mir Charly unter die Nase hielt. So ein Idiot.

»Was soll das? Ist das Telefon kaputt?«, fragte ich schlaftrunken.

»Och, das Telefon funktioniert. Es müsste gleich klingeln. Vier, drei, zwei, eins. Und? Hörst du es?«

»Du hast doch eine Macke!«

»Ich wollte nur kontrollieren, ob meine Uhr richtig eingestellt ist. Willst du zuerst ins Bad?«

»Rate mal.«

»Na, dann gehe ich zuerst«, sagte er grinsend und marschierte ins Bad.

Der Junge schien definitiv nicht ausgelastet zu sein, so viel Energie wie der zu verbrauchen hatte. Mir hingegen taten alle Knochen weh. Ich drehte mich zur Seite, griff nach dem klingelnden Hörer, nahm ab und legte gleich wieder auf. Die zwanzig Minuten bis Charly wieder aus dem Bad gestürmt käme, wollte ich noch in Ruhe genießen. Da klingelte das scheiß Ding schon wieder.

Ich schielte aufs Display. Intern? Die Rezeption war es aber nicht. Ich nahm ab und fragte: »Hallo?«

»Ben? Ich bin‘s, Jimmy.«

»Jimmy. Hey, was geht?«

»Schläfst du noch? Du hörst dich so verschlafen an.«

»Nein. Das Telefon hat gerade zum zweiten Mal geklingelt, spätestens jetzt bin ich wach.«

»Bei euch klingelt der Weckruf zweimal? Also bei mir nur einmal.«

Eins stand fest, Freunde würden Jimmy und ich nie werden.

»Erzähl schon Jimmy. Was gibt‘s?«, fragte ich ungeduldig.

»Ich habe noch einmal darüber nachgedacht, was Mr Simpson mir gesagt hat. Also, dass ich doch besser erzählen solle, was zwischen mir und Jack passiert ist.«

»Und? Machst du es?«

»Ja. Aber nur wenn du dabei bist.«

Ich rollte mit den Augen.

»Warum soll ich dabei sein? Christopher ist cool. Mach dir keine Gedanken.«

»Ja, ich weiß. Ich möchte trotzdem, dass du dabei bist. Allein schaffe ich es nicht.«

Ich überlegte und fragte ihn dann leise: »Hat Jack was mit dir gemacht, Jimmy?«

»Nein, nein. So etwas ist nicht passiert. Als Jack hörte, dass du das Lied von Daniel Merriweather performen willst, ist er ziemlich ausgerastet. Ich glaube, er wollte zuerst zu dir gehen.«

Ich hob die Augenbrauen, denn diese Information war natürlich interessant.

»Okay. Verstehe. Rufst du Christopher an?«

»Ja, klar. Das mache ich allein. Weißt du schon, wie du heute Zeit hast?«

»Keine Ahnung. Ich konnte Charly noch nicht fragen. Vielleicht weiß der was. Kommst du zum Frühstück?«

»Ja. Vicky kommt ja auch. Außerdem wollte ich mich nicht wie James einfach aus dem Staub machen.«

»Gut. Dann bis später.«

Ich legte auf und versuchte, noch ein bisschen zu schlafen.

Nach ein paar Minuten klingelte es schon wieder. Ich tastete nach dem Hörer und murmelte, ohne vorher aufs Display geguckt zu haben: »Jimmy, ich hab dir doch gesagt, dass ich gleich komme.«

»Hier ist Sam.«

»Ach, Sam. Hey. Warum rufst du denn schon so früh an?«

»Na, wann soll ich denn sonst anrufen? Fünf Uhr morgens bei uns, das heißt sechs Uhr morgens bei euch in New York. Das ist die einzige Zeit, in der ich dich erreichen kann.«

Ich nickte und war erstaunt.

»Ja, das stimmt. Wie war es denn gestern im ›Troy`s kleines Kino‹?«

»War echt cool. Der Raum war total voll. So viele Menschen auf einen Haufen habe ich noch nie gesehen. Als du auf die Bühne gegangen bist, sind alle ausgerastet, haben geschrien und geklatscht. Und dann, als du angefangen hast, waren auf einmal alle ganz ruhig, weil keiner den Song kannte. Das war total merkwürdig. ›Was macht der denn?‹, haben einige gebrüllt, aber dann fanden sie es gut. Und es hat ja auch geklappt. Du bist weiter.«

Ich lachte und sagte: »Ja, das bin ich tatsächlich. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, fällt mir gerade ein. Troy hat gestern Nacht noch angerufen. Hat er dir und Charly schon erzählt, was passiert ist?«

»Ja, hat er. Das heißt, viel war es nicht, was er uns erzählen konnte. Ihr habt euch wohl gleich gestritten. Aber wenigstens bist du nicht im Knast gelandet.«

»Es gab auch keinen Grund mich zu verhaften«, beruhigte ich sie. »Und Christopher, Susis Onkel, hat alles geregelt. Also mach dir keine Sorgen. Erzähl mir lieber noch etwas von gestern Abend.«

»Charly, Mrs Hudson und ich waren bis drei Uhr morgens im Kino. Ist das nicht cool?«

»Ja, ziemlich. Solange durftest du noch nie aufbleiben, nicht wahr?«

»Zumindest nicht offiziell. Außerdem waren auch Kinder da, die sogar jünger sind als ich.«

Sie lachte, und ich freute mich für sie.

»Weißt du schon, was heute passiert? Hast du wieder Interviews und Fotoshootings?«

»Wahrscheinlich, aber genau weiß ich das nicht. Charly kommt gerade aus dem Badezimmer, der muss mich erst einmal briefen.«

Sam schrie durchs Telefon: »Hallo Charly. Ich fand deinen Auftritt gestern ganz toll. Du bist der Beste.«

Charly hörte es, grinste, nahm mir den Hörer aus der Hand und sagte: »Hallo Sam. Danke, dass du mich am besten findest. Das ist wirklich nett von dir. Ich hoffe nur, dein Bruder wird nicht allzu neidisch auf mich.«

Sam kicherte.

Ich riss Charly den Hörer aus der Hand und sagte: »Sam, wenn Charly der Beste ist, bin ich dann wenigstens der Zweitbeste?«

»Auf jeden Fall. Aber Kelly finde ich auch ziemlich gut.«

»Kelly?«, fragte ich.

Charly lachte und zuckte mit den Schultern.

Ich sagte zu Charly: »Sie findet Kelly auch toll.«

»Das habe ich mitbekommen.«

»Sam, du findest Kelly doch nur toll, weil sie eine Frau ist«, stellte ich klar, und sie bestätigte meine Vermutung mit: »Ja, und?«

Charly lachte.

»Hm, da kann ich wohl nicht viel machen«, sagte ich.

»Kannst du auch nicht, aber vielleicht hast du Glück und Kelly fliegt vor dir raus. Dann rückst du auf meiner Beliebtheitsskala wieder einen Platz vor.«

»Hast du das gehört Charly? Ich bin bei meiner Schwester weniger beliebt als Kelly.«

Charly lachte und latschte zurück ins Bad.

Sam gefiel es, sich über mich lustig zu machen. Sie sagte: »Gewinnen muss aber Charly. Er ist der Beste.«

»Was? Das würde aber bedeuten, dass ich höchstens Zweiter werden darf.«

»Ja, und? Das reicht doch. Die Zwei ist die Eins des kleinen Mannes.«

»Na, toll!«

Ich rief: »Charly, ich darf höchstens Zweiter werden.«

»Ist doch gut. Die Zwei ist die Eins des kleinen Mannes«, schallte es aus dem Badezimmer.

»Hast du das gehört, Sam? Charly fällt mir auch in den Rücken.«

Sam kicherte.

»Sag mal Sam. Bist du heute bei Troy oder ist Charly da?«

»Charly ist vom Kino aus gleich in die Bäckerei gefahren. Der musste um vier Uhr anfangen, zu arbeiten. Der hängt heute bestimmt durch.«

Sie kicherte wieder.

»Also holt Troy dich heute ab?«

»Ja, er wollte so gegen neun Uhr hier sein und dann frühstücken wir wieder mit Mrs Hudson im Garten. Das haben wir die letzten Tage auch schon so gemacht.«

»Hört sich gut an.«

»Ja, aber es könnte mal wieder jemand den Rasen mähen.«

Sie lachte.

»Tut mir leid, aber im Moment komme ich hier schlecht weg. Wenn ich wieder zu Hause bin, wird meine erste Amtshandlung sein, unseren und auch den Rasen von Mrs Hudson zu mähen. Okay?«

»Ja, gut. Ich sage Mrs Hudson Bescheid. Sie wird sich bestimmt freuen.«

»Okay, Sam. Ich wünsche dir einen schönen Tag. Und grüß Charly von mir.«

»Ja, mache ich. Ciao.«

Sie legte auf.

Ich hielt den Hörer noch auf meine Brust und stellte mir vor, wie Sam, Troy und Mrs Hudson gemeinsam in unserem Garten frühstückten. Aus Menschen, die noch vor zwei Monaten nichts miteinander zu tun gehabt hatten, schien sich eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet zu haben. Ich war zufrieden.

Charly kam aus dem Badezimmer, grinste immer noch und sagte: »Es ist gleich halb sieben. Wir müssen runter.«

»Was? Schon so spät? Dann müssen die anderen eben warten. Ich wollte noch duschen. Und außerdem muss ich mir ja auch noch etwas anziehen.«

»Wieso? Du hast doch praktischerweise deine Klamotten von gestern gleich angelassen«, sagte Charly und zeigte auf mich. »Jetzt komm schon.«

Ich stöhnte, legte den Hörer auf den Apparat, wühlte mich aus dem Bett, wechselte mein T-Shirt, schmiss mir ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht, formte meine Haare zurecht und verließ mit ihm das Zimmer.

Im Fahrstuhl fiel Charly wieder ein, dass ich ihm noch erzählen wollte, warum ich früher schon mit der Polizei zu tun gehabt hatte.

»Susis Vater hat mich verprügelt. Die Bullen haben ihn dann mitgenommen«, sagte ich trocken.

Charly guckte mich mit großen Augen an. Dann wollte er wieder alles bis ins kleinste Detail wissen, aber als die Fahrstuhltür aufging und uns zwei Kameras gegenüber standen, hielt ich erst einmal meinen Mund.

Wir gingen zum Frühstück. Dort kam uns Jimmy entgegen und meinte, er habe schon mit Christopher telefoniert und auch mit Toni gesprochen. Toni wolle sich kümmern, dass ich den Vormittag frei habe.

Zwei Stunden später sah ich mich dann mit Christopher und Jimmy in einem kleinen fensterlosen Tagungsraum des Hotels sitzen und traute, bei dem was Jimmy uns erzählte, meinen Ohren nicht. Jack the 666 Sense hatte Jimmy auf übelste Weise verarscht. So ein Tyrann.

Jimmy waren zuerst die tollsten Versprechungen gemacht worden. Ein erstes Album könnte nach dem Ende der Show sofort aufgenommen werden. Die Kumpels aus seiner Band wären auch mit dabei. Seine Mom könnte immer mitreisen. Er würde sofort ein Auto und ein Appartement bekommen. Alles kein Problem. Jimmy hatte das natürlich gefallen, zumal er nie mit so etwas gerechnet hatte.

Er hatte immer angenommen, dass Jack mir ein Angebot unterbreiten würde, weil er von meinen Auftritten immer so begeistert gewesen war. Aber Jack hätte gemeint, ich wäre ihm zu aufmüpfig und unberechenbar.

Unberechenbar. Spätestens an diesem Punkt hätte Jimmy stutzig werden sollen. Aber er war nicht der Typ für solche Überlegungen. Er hatte sich Honig ums Maul schmieren lassen und gar nicht gemerkt, was eigentlich los war.

Jack hatte ihm die Verträge in die Hand gedrückt, und Jimmy hatte sofort unterschrieben. Ohne den Vertrag genau zu lesen, ohne einen Anwalt gegenlesen zu lassen. Wie dämlich konnte man sein?!

Ich saß Jimmy gegenüber und starrte ihn mit offenem Mund an. Dass Jack ihm Versprechungen gemacht hatte, konnte ich mir schon vorstellen, aber dass Jimmy sogar unterschrieben hatte, erstaunte mich doch sehr. Ich schaute zu Christopher. Der nickte verständnisvoll und fragte: »Hast du denn wenigstens eine Kopie dieser Verträge?«

»Nein, habe ich nicht und deswegen kam es ja auch zum Streit. Das war dann der Zeitpunkt, na ja, ... wie soll ich sagen, ... als ich es kapierte. Zu spät, ich weiß.«

»Okay. Ich als dein Anwalt kriege die Papiere schon. Dass du keine Kopie bekommen hast, ist schon mal das erste Vergehen. Und überhaupt, wie das Ganze abgelaufen ist, so werden keine Verträge mehr gemacht, auch heutzutage nicht mehr. Wie alt bist du?«

»Siebzehn, wie Ben«, antwortete Jimmy und zeigte auf mich.

»Damit ist der Fall klar. Du bist ja noch minderjährig. Ein paar Anrufe und dann wird sich die Staatsanwaltschaft der Sache annehmen. Kannst du noch ein paar Tage hier in New York bleiben?«

»Ja. Meine Mom sitzt schon im Flieger. Sie kommt mich nachher abholen, und dann werden wir uns ein Hotel suchen.«

Ich schaltete mich ein und fragte: »Sag mal, Jimmy, wenn Jack mit dir ein Album aufnehmen und demnach mit dir Geld verdienen wollte, warum hat er dann eigentlich die Polizei rufen lassen?«

»Ich denke, weil ich ihm eine geknallt und dann noch das falsche Lied performt habe«, antwortete Jimmy.

Aber Christopher schüttelte den Kopf und erklärte: »Selbst wenn du das falsche Lied genommen und ihm eine geknallt hast, macht es für mich keinen Sinn, denjenigen verhaften zu lassen, den man vermarkten möchte. Das sehe ich wie Ben.«

Jimmy schaute verlegen zur Tür. Die ganze Angelegenheit war ihm sichtlich peinlich, und wahrscheinlich wollte er so schnell wie möglich abhauen, aber ich hatte noch ein paar Fragen.

»Jimmy, hat er denn dir gegenüber auch erwähnt, warum er nichts von Chris wollte?«

»Wie meinst du das?«

»Na ja, du hast doch gesagt, dass Jack sich nicht für mich entschied, weil ich ihm zu unberechenbar bin. Hat er in diesem Zusammenhang auch über Chris gesprochen?«

Jimmy hob die Augenbrauen und sagte: »Ach so, nein. Über Chris haben wir gar nicht gesprochen. Aber ich glaube, Jack hat sich nie so richtig für Chris interessiert. Ich erinnere mich, dass Chris Jack mal fragte, ob es denn sicher sei, dass der letzte eines Teams ein Album produziert bekäme. Das war kurz vorm zweiten Auftritt in der Dominikanischen Republik. Jack meinte daraufhin zu Chris, dass würde stimmen. Er würde allerdings nie mit ihm ein Album aufnehmen, selbst dann nicht, wenn er ins Finale käme, weil er ihm einfach zu alt sei.«

»Zu alt?«, fragte ich verwundert. »Wie alt ist Chris denn?«

»Vierundzwanzig.«

»Das ist doch nicht alt«, stellte ich klar und lachte spöttisch.

Jimmy zuckte mit den Schultern und wusste auch keine Erklärung.

Christopher hingegen sagte: »Chris passte wohl einfach nicht in die Zielgruppe, die Jack ansprechen wollte.«

»Beim Rock gibt es keine Altersklassen«, entgegnete ich.

Christopher lachte. »Es gibt in allen Bereichen Zielgruppen. In der Musik, in der Mode und sogar bei den Lebensmitteln. Einfach überall, Ben.«

Ich kniff die Augenlider zusammen und erwiderte: »Selbst wenn. Der Unterschied zwischen einem Siebzehnjährigen und einem Vierundzwanzigjährigen ist doch nun wirklich nicht so groß. Welche Zielgruppe wollte Jack denn ansprechen?«

Jimmy zuckte wieder mit den Schultern.

»Also, ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Zu Taylor Swift gehen doch bestimmt auch Erwachsene, oder nicht?«, entgegnete ich verärgert.

Niemand antwortete.

»Mr Simpson, kann ich jetzt gehen?«, flehte Jimmy mit weinerlicher Stimme.

»Ja, kannst du. Ich ruf dich morgen Nachmittag mal an und dann sehen wir weiter.«

Jimmy verabschiedete sich eilig.

Als er den Raum verlassen hatte, blieb ich noch mit Christopher sitzen und grübelte vor mich hin.

»Mach dir nicht so viele Gedanken, Ben. Das Problem mit diesem Jack wird schnell gelöst sein. Du kannst dich also wieder voll auf deine Musik konzentrieren«, sagte er ruhig und packte seine Unterlagen ein.

Ich war wütend, musste an Jack und Chris denken und sagte: »Ich weiß gar nicht, wie oft ich diesen Satz ›Mach dir nicht so viele Gedanken‹ schon gehört habe. Ihr habt ja keine Ahnung. Vielleicht ist Chris einfach nicht gut genug für Jack gewesen. Ich meine, du hast doch seinen Auftritt gestern selbst gesehen. Maroon 5 mit ›Moves like Jagger‹. Wie der Arsch auf der Bühne rumhampelte, war doch nur peinlich.«

Christopher lächelte und fragte: »Du hast anscheinend ein Problem mit diesem Chris?«

»Anscheinend? Wohl eher offensichtlich. Einmal hätte ich ihm beinahe eine verpasst, wenn Charly nicht dazwischen gegangen wäre. Aber das musste er ja unbedingt verhindern. Dieser Chris hat echt eine verdient, das sage ich dir.«

Ich wurde richtig aufbrausend, während Christopher die Ruhe in Person war, sich zurücklehnte und erklärte: »Früher, als ich noch Football spielte, gab es auch immer Typen, die andere provozieren mussten. Das ging mir manchmal extrem auf den Sack.«

»Und was hast du gemacht?«, fragte ich interessiert und hoffte auf einen umsetzbaren Tipp.

»Gar nichts. Hunde, die bellen, beißen nicht. Dieses Problem hat sich eigentlich ganz schnell immer von selbst gelöst. Entweder sind sie aus dem Team geflogen, weil sie zu schlecht waren oder sie saßen regelmäßig auf der Bank. Irgendwann störten mich solche Idioten nicht mehr. Und als ich dann als Anwalt angefangen habe, war es auch nicht anders. Konkurrenzkampf gibt es überall.«

Ich überlegte und erinnerte mich an Charlys Worte, der gemeint hatte, dass man immer wieder auf Leute wie Chris treffen würde.

Christopher stand auf. Ich wollte aber noch etwas loswerden, also sagte ich: »Ich habe oft Probleme, ruhig zu bleiben. Nicht nur bei Chris, sondern auch bei anderen Leuten. Ich bin immer so wütend.«

Christopher nickte verständnisvoll und sagte: »Du hast es ja auch nicht leicht, Ben. Menschen sind nicht, sie werden. Sie werden geformt durch die Einflüsse ihres Umfeldes, und wenn du in einem Appartement mit goldenen Wasserhähnen, die meine Frau unbedingt haben wollte, aufgewachsen wärst, dann wärst du jetzt ein anderer Mensch.«

»Na, dann hab ich ja noch mal Glück gehabt.«

Wir mussten beide lachen.

Natürlich wäre ich in einer anderen Umgebung anders aufgewachsen und hätte mich anders entwickelt. Das verstand ich und musste dabei an Susi denken. Sie hatte ein neues Umfeld und war dabei sich zu verändern.

»Wie geht es eigentlich Susi? Hat sie gestern noch nach mir gefragt? Sie hatte geweint. Ich habe es gesehen«, brach es plötzlich aus mir heraus.

»Ja, davon hat Vicky mir erzählt, aber ich habe mit Susi noch nicht gesprochen. Ruf sie doch einfach mal an. Sie freut sich bestimmt. Am Donnerstag schreibt sie wieder irgendeinen Test. Sie wird also jede Nacht fleißig lernen. Sie ist ziemlich gut in der Schule. Bis zum Winter hat sie bestimmt ihren Abschluss.«

Ich nickte und sagte leise: »Ja, das glaube ich gern. Bis Donnerstag habe ich sie bestimmt angerufen.«

Wir verließen den Raum, und ich begleitete Christopher noch bis zur Lobby.

Abends erzählte ich Charly von dem Gespräch mit Jimmy. Er amüsierte sich prächtig und sagte: »Das wundert mich überhaupt nicht. Der Typ war mir schon immer unheimlich. Ich weiß noch, wie du mir mal erzählt hast, dass er Mäuse gebacken haben soll. Mit solchen Leuten hätte ich nie im Leben Geschäfte gemacht.«

»Lil` Boss scheint aber auch ein ziemliches Arschloch zu sein. Er und seine falschen Zähne.«

»Ja, gut. Vom Typ her würde ich mit dem auch kein freundschaftliches Verhältnis haben wollen, aber ich glaube, Geschäfte kann man mit ihm machen.«

»Also, ich weiß nicht. Bevor ich irgendetwas unterschreibe, werde ich auf jeden Fall Christopher anrufen«, stellte ich klar und griff zu meiner Gitarre.

»Ja, das ist natürlich klar. Ohne Anwalt und ohne meinen Vater unterschreibe ich auch nichts.«

»Ach, dein Vater muss auch dabei sein? Was hat er eigentlich für einen Beruf? Anwalt oder sowas?«

»Nein, der ist Architekt.«

Ich lachte.

»Ich verstehe. Darum hast du auch extra eine Zeichnung vom Baumhaus Deluxe angefertigt. Das hat dir bestimmt dein Vater beigebracht.«

»Irgendwie musste er sich ja mit mir beschäftigen. Beim Fang-den-Ball-Spiel bin ich irgendwann nicht mehr wiedergekommen. Und er konnte mich ja nicht einfangen, er kam ja nicht hinterher. Das hat ihn immer ziemlich geärgert. Und dann musste ich mit in sein Büro. Pläne sortieren, Längen und Höhen nachmessen, Materialberechnungen und Statik überprüfen. Irgendwann nahm er mich mit zu seinen Baustellen. Das fand ich sogar ziemlich cool. Aber als er mir sagte, ich solle doch später Architektur studieren, um danach seine Firma zu übernehmen, hatten wir unseren ersten großen Streit.«

»Und dann hast du ihm gesagt, dass du Musik machen willst.«

»Das kam erst etwa zwei Jahre später.«

Ich stutzte, verspielte mich auch gleich und schlussfolgerte: »Dann hat er dir aber schon früh gesagt, als was er dich später gerne sehen möchte.«

»Ja, das stimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir selbst noch keine Gedanken über meine Zukunft gemacht. Ich wusste nur, dass ich auf keinen Fall Architekt werden wollte.«

Mir kam wieder Susi in den Sinn. Ob sie wohl Anwältin werden wollte? Vielleicht wollte sie auch Wirtschaft studieren? Sie war schon immer sehr zielstrebig gewesen. Das Zeug dazu hatte sie in jedem Fall.

»Wieso grinst du denn so, Ben? Traust du mir das nicht zu? Ich wäre bestimmt ein guter Architekt geworden«, stellte Charly klar.

»Ja, sicher. Ich habe nur gerade an Susi gedacht. Sie ist ziemlich klug und auch ehrgeizig. Ich erinnere mich noch genau, wie sie im dritten Jahr der Elementary School mal ein B bekommen hat. Da brach für sie eine Welt zusammen. Den ganzen Schulweg bis nach Hause hat sie geheult.«

Charly lachte.

»Ich erzähl dir etwas über mich, und du musst an deine ›Pseudofreundin‹ denken?«

»Was heißt denn hier ›Pseudofreundin‹?«, fragte ich verärgert und hörte auf zu spielen.

»Warum? Du meinst doch das Mädchen, von der du dir nicht sicher bist, ob sie im Club anschaffen war oder nicht? Du weißt schon, die mit der du dein erstes Mal hattest und die du seitdem weder gesehen noch gesprochen hast. Du meintest selbst, sie wahrscheinlich nicht mehr brauchen zu müssen. Deine ›Pseudofreundin‹.«

Ich nickte nachdenklich, begann wieder zu spielen und sagte: »Ja, ich verstehe. Du hast ja recht. Dass sie möglicherweise anschaffen war, setzt mir ziemlich zu. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Deswegen habe ich sie auch nicht mehr angerufen. Ich denke, dass ich, sobald ich ihre Stimme höre, also, ich dann, ... ach, ich weiß auch nicht. Als ich sie gestern im Studio gesehen habe, war es wieder wie früher. Ich freute mich, sie zu sehen und es tat mir weh, sie dann weinen zu sehen. Ich mag sie sehr. Aber ich kann einfach nicht mehr mit ihr reden.«

»Dann schreib es doch auf.«

»Was?«, fragte ich erstaunt und lachte.

»Schreib ihr doch einfach einen Brief. Schreib alles auf, was du ihr sagen willst und dass du wissen willst, ob sie im Club war oder nicht.«

Ich hörte wieder auf zu spielen und überlegte. Charly hatte es wieder einmal geschafft. Woraufhin ich verärgert sagte: »Ich muss zugeben, dass es mich manchmal ganz schön ankotzt, dass du immer recht hast.«

»Kannst mir später danken. Ich lass dich auch allein.«

Charly stand auf, zupfte seine Jeans und sein T-Shirt zurecht und verließ mit einem breiten Grinsen das Zimmer.

Ich rief noch: »Und wo kriege ich jetzt Stift und Papier her?«

Charly öffnete noch einmal die Zimmertür und antwortete: »Wenn du dir mal die Mühe machen würdest, die Schublade deines Nachttischchens zu öffnen, dann würdest du dort einen Bleistift und einen Notizblock finden, den du als Briefpapier benutzen kannst. Es sei denn, dich stören Schriftkopf und Logo des Hotels auf dem Papier.«

»Nein. Ist gut. Kannst gehen und dich mit deiner ›Pseudofreundin‹ Monique amüsieren.«

»Das werde ich auch.«

Daraufhin nahm ich Papier und Bleistift in die Hand und schrieb Susi einen Brief. Erstaunlicherweise sprudelten die Worte nur so aus mir heraus, und ich fühlte mich tatsächlich erleichtert, als ich ihn fertig hatte. Ich las ihn noch einmal durch, um sicher zu gehen, wirklich all meine Gedanken verfasst zu haben. Dann überlegte ich, wie ich an Umschlag, Briefmarke und vor allem an die Adresse kommen sollte. Es würde zu lange dauern, bis ich alles hatte und außerdem wollte ich den Brief geheim halten. Ich konnte deshalb die ach-so-nette Dame an der Rezeption kaum bitten, mir Umschlag und Briefmarke zu geben und dann noch mit mir die Adresse herauszufinden. Wobei ich die Adresse selbst übers Internet hätte herausfinden können. Aber das schien mir alles zu kompliziert. Also entschied ich, den Brief selbst zu Susi zu bringen und machte mich auf den Weg.

Ich hatte das Gefühl, neben mir zu stehen oder mich irgendwie selbst zu beobachten, wie ich vom Hotel zur U-Bahn-Station rannte, mit der U-Bahn fuhr und wenig später durch Susis Straße lief.

Es war bereits tiefste Nacht, als ich vor dem großen Appartementhaus, in dem sie mit den Simpsons lebte, ankam. Ich überlegte, wie ich so unauffällig wie möglich in das Haus gelangen könnte, aber das war unmöglich. Die Haus-Security hätte mich sofort erwischt und dann hätte ich das dritte Mal mit der Polizei zu tun gehabt. Also ging ich in die Lobby und bat, zu Mr Simpson durchgestellt zu werden. Er nahm auch gleich ab, wunderte sich zwar, dass ich noch so spät zu Susi wollte, ließ mich aber gleich nach oben kommen.

Oben wartete Susi vor der Tür. Das war mir ganz recht. Ich wollte nicht, dass Christopher oder im schlimmsten Fall auch noch seine Frau Vicky mitbekamen, was ich von Susi wollte.

Susi umarmte und küsste mich. Sie sagte: »Das ist aber eine Überraschung. Ein Anruf hätte auch genügt. Aber, dass du gleich herkommst, ist natürlich viel besser. Lass uns nach oben gehen.«

»Susi, nein. Ich bin nicht hergekommen, um zu bleiben. Ich will sofort wieder los.«

Sie sah mich verwundert an und fragte: »Du kommst mitten in der Nacht, um gleich wieder zu gehen?«

Ich nickte und stammelte: »Ja. Ich habe hier einen Brief für dich und bin nur hergekommen, um ihn dir zu geben.«

Ich drückte ihr die Zettel in die Hand und war schon dabei zu gehen, als sie mich festhielt, mir wütend in die Augen sah und mich fragte: »Du machst doch wohl nicht etwa auf diese Weise mit mir Schluss, oder was?!«

»Nein, ich mache nicht mit dir Schluss. Ich kann nur nicht mehr mit dir reden. Das ist das Problem. Und jetzt lass mich bitte gehen.«

Sie begann zu weinen, ließ mich aber gehen.

Zurück im Hotelzimmer musste ich mir von Charly eine Standpauke anhören, mit der Drohung, beim nächsten unangekündigten Verschwinden eine verpasst zu bekommen. Er war stinksauer, seinen Schönheitsschlaf meinetwegen auf ein Minimum reduzieren zu müssen und hatte schon ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, Toni zu informieren. Dann wäre die Kacke wieder am dampfen gewesen. Und das alles nur wegen einem Mädchen. Das regte ihn am meisten auf. Wenn ich wenigstens jemandem das Leben gerettet oder die globale Klimaveränderung gestoppt hätte. Aber nein, ich war bei meiner ›Pseudofreundin‹ gewesen.

Ich machte die restlichen Stunden bis zum Morgen kein Auge zu. Wie hatte Susi reagiert, als sie den Brief gelesen hatte? Was hielt sie davon? Was dachte sie jetzt über mich? Solche Fragen schwirrten in meinem Kopf umher und ließen mir keine Ruhe. Selbst eine heiße Dusche, die mir sonst immer geholfen hatte, einen klaren Kopf zu kriegen, brachte nichts.

Ich schleppte mich durch Interviews, Fotoshootings und Autogrammstunden. Sam und Charly speiste ich in Telefonaten mit Floskeln ab, wie »Macht euch keine Gedanken«, »Mir geht es gut« oder »Ich habe viel zu tun«. Meine Gedanken kreisten nur um Susi. Ich wollte unbedingt wissen, was sie von dem Brief hielt.

Am Mittwoch, sehr früh am Morgen, rief ich sie an, ließ mich von der Hausangestellten Tonja, nach mühsamer Überzeugungsarbeit durchstellen, und sagte: »Susi? Leg bitte nicht auf, ich muss mit dir reden.«

Ich hörte sie am anderen Ende atmen. Nach einer gefühlten Ewigkeit fragte ich sie nach dem Brief. Die Antwort kam prompt: »Ich weiß nicht, was ich von dem Brief halten soll. So etwas hätte ich nie von dir erwartet.«

»Entschuldige. Ich musste einfach sichergehen.«

»Sichergehen? Sichergehen, womit?«

Sie war auf hundertachtzig, was mich selber wütend machte.

»Was? Na, ob du im Club anschaffen warst oder nicht.«

Charly, der noch im Bett lag, hatte sich diesen Morgen bestimmt anders vorgestellt. Er rollte mit den Augen, stand auf und ging ins Badezimmer.

»Ach so, du willst wissen, ob ich eine Nutte bin oder nicht«, sagte Susi mit spöttischer Stimme.

Ich staunte, weil ich diese Seite an ihr gar nicht kannte und fragte leise, aber extremst verärgert: »Wieso bist du so?«

»Wie bin ich denn? Nuttig oder nicht nuttig?«

Ihr Spielchen brachte mich zum Kochen. Ich musste an mein erstes Mal mit ihr denken und brüllte: »Weißt du was Susi? So wie wir beide Sex hatten, denke ich schon, dass du eine Nutte bist. Wie solltest du auch sonst wie am Fließband ficken können!«

Ich knallte den Hörer auf den Apparat. Ich kam mir wie ein Idiot vor und rammte verzweifelt meinen Kopf auf den Nachttisch. Ich war nicht schlauer als zuvor, nur dass ich jetzt am liebsten im Erdboden versunken wäre.

Charly kam aus dem Bad und würdigte mich keines Blickes. Seit Sonntagnacht hatte er kaum ein Wort mit mir gesprochen. Er war immer noch wütend und warf mir vor, mich nicht an mein Motto »Don`t let it get to you!« zu halten. Ich würde in meinem Leben noch viele Frauen kennenlernen, und dass ich so sehr an Susi hing, stieß bei Charly auf völliges Unverständnis.

Die Stimmung besserte sich einfach nicht. Meinen Tiefpunkt hatte ich im Mittwochinterview, ausgerechnet mit Chris. Zusammen mit der stark parfümierten Trixi saßen wir in einem extrem klimatisierten, mit pinkfarbenen Dekorationsstücken ausstaffiertem Raum und warteten auf ihre Fragen.

Ich versuchte, wie bereits seit einiger Zeit, Chris nicht zu beachten, was mir aber ziemlich schwerfiel, weil meine Laune im Keller war und mir außerdem, geschuldet Trixis widerlichen Parfüms, die Augen brannten und ich Kopfschmerzen hatte.

Trixi: Hallo Jungs. Ich begrüße euch zum heutigen Mittwochinterview und hoffe, ihr habt gute Laune mitgebracht.

Ein Schelm wer Böses dachte. Die einzige Person, die gute Laune hatte, war sie selbst.

Trixi: Der letzte Samstag war ja wieder sehr aufregend, da immer zum Ende der Show etwas Unerwartetes passiert. Mir kommt es fast so vor, als ob diese Musik-Show Skandale anzieht wie Motten das Licht.

Toller Vergleich.

Trixi: Und jedes Mal bist du involviert, Ben. Wie erklärst du das?

Diese Frau war echt die Letzte, an die ich mich nach der Show erinnern wollte.

Ich: Ich hatte mich bereits in der letzten Woche zum ersten Vorfall geäußert. Dabei werde ich es auch belassen. Was letzten Samstag angeht, so hatte ich mich lediglich zwischen Jimmy und Jack gestellt, um Jimmy zu schützen, weil ich befürchtete, dass Jack Jimmy eine reinhaut. Jack war sehr beleidigend zu ihm gewesen. Daraufhin hat Jimmy, für mich völlig unerwartet, Jack eine verpasst. Dabei hatte ich selbst auch etwas abbekommen. Dass das Ganze so ablaufen würde, konnte ich nicht absehen und es war auch nicht meine Schuld. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.

Trixi nickte verständnisvoll, wenn auch gekünstelt, während Chris, der Spinner, nichts Besseres zu tun hatte, als sich darüber lustig zu machen.

Trixi: Chris, was ist denn deine Meinung zu diesem Vorfall?

Chris: Meine Meinung? Also, ich denke, dass sich Ben da besser rausgehalten hätte, weil ihm jetzt keiner mehr den braven Jungen von nebenan abkaufen wird. Einige Kandidaten wissen eben nicht, wie sie mit der Situation, im Rampenlicht zu stehen, umgehen müssen. Für einige Beteiligte scheint es einfach zu viel zu sein.

So ein Arschloch.

Chris: Und was Jimmy angeht. Wie ich gerade sagte, einige können mit der Situation nicht umgehen. Und Jimmy war einfach nie selbstbewusst genug.

Ich: Also, dazu möchte ich gerne was sagen.

Trixi: Ja, natürlich Ben. Nur zu.

Ich: Wenn jemand gegen das Drängen seines Teamleiters einen Song performt, den er vielleicht schon immer mal performen wollte und eben keine, was weiß ich, weichgespülte Soft-Rock-Schnulze, nur um besser anzukommen, und dann auch noch mit dem Hintergrund, dass wahrscheinlich niemand demjenigen zugetraut hätte »St. Anger« von Metallica zu spielen und derjenige das dann aber trotzdem macht, dann hat das für mich sehr wohl etwas mit Selbstbewusstsein zu tun. Und nur weil Jimmy sich nie in den Vordergrund gestellt hat, bedeutet das nicht, dass er kein Selbstvertrauen hat. Ich meine, am letzten Samstag haben wir alle gesehen, dass er genug Selbstvertrauen hat, vielleicht mehr als andere Kandidaten.

Chris war sauer. Und mit dem letzten Satz fühlte er sich wohl angesprochen.

Chris: Welche Kandidaten meinst du denn?

Ich: Na, sagen wir es mal so. Ich würde nie jemanden in den Arsch kriechen und um ein Album betteln.

Chris fühlte sich ertappt. Das merkte ich sofort, als er über meine Bemerkung abfällig lächelte. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass ich von Jimmy wusste, dass er Jack nach einem Album gefragt hatte.

Chris: Du kannst ja dann mit deiner Ersatzmami, Jackie, ein Album aufnehmen.

Ich: Ja, das wollte ich sowieso irgendwann. Ich bin mir sicher, dass Jackie und ich gut zusammenarbeiten können. Über ein Album mit ihr würde ich mich sehr freuen.

Das hatte gesessen. Damit hatte er nicht gerechnet. Er rutschte auf dem Sofa hin und her. Die Stimmung wurde angespannt und Trixi merkte das auch.

Trixi: Okay. Das Thema »Jack the 666 Sense« hat sich sowieso erledigt. Wie ich verkünden darf, wird am nächsten Samstag zusammen mit Lil` Boss jemand Neues in der Jury sitzen.

Und wahrscheinlich dachte diese Kuh, dass sie damit gerade im richtigen Moment herausplatzte.

Trixi: Wer Jack ersetzen wird, ist mir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Aber spätestens zur Show werden wir es ja sehen, nicht wahr?

Sie kicherte. Zum Lachen war das Ganze aber nicht.

Trixi: Kommen wir jetzt zur nächsten Frage. Partnerschaft.

Was?

Trixi: Ben, von dir wissen wir ja, dass du eine Freundin hast. Aber wie ist es mit dir, Chris?

Chris: Ich bin der geborene Single. Beziehungen sind nicht mein Fall. Ich flirte viel und, na ja, ... lasse nichts anbrennen.

So ein Quatsch. Ich versuchte, mein Lachen zu unterdrücken, konnte mir aber trotzdem ein Schmunzeln nicht verkneifen, das Trixi natürlich mitbekam.

Trixi: Ben, du schmunzelst so. Wärst du auch lieber Single?

Ich: Nein, ich bin eigentlich nicht der Singletyp, der Frauen wie Unterwäsche wechselt. Ich habe gerne eine feste Freundin.

Chris: Wann siehst du denn deine Freundin mal? Das ist doch keine Beziehung, was ihr da beide habt.

Ich: Also, es ist ja jedem selbst überlassen, was man unter einer Beziehung versteht. Klar, wir sehen uns nicht oft, aber man muss sich ja nicht jeden Tag sehen, um eine Beziehung zu haben.

Trixi: Aber ihr werdet doch sicherlich telefonieren?

Ich: Ja, natürlich.

Trixi: Wann hast du denn das letzte Mal mit ihr telefoniert?

Ich: Heute Morgen.

Chris: Was? Heute Morgen? Ach herrje, du bist bestimmt so ein Spinner, der seine Freundin jeden Tag anrufen muss, weil er so viel Sehnsucht nach ihr hat. Dabei geht es doch sowieso nur um Sex. Muss bestimmt schlimm für euch beide sein, eine so lange Durststrecke aushalten zu müssen.

Er wollte gerade anfangen loszulachen, da landete meine Faust schon in seinem Gesicht. Chris wehrte sich natürlich, und wir gerieten in eine Schlägerei. Ich kämpfte wie wild und schlug unaufhaltsam auf ihn ein. Das Ganze dauerte jedoch höchstens ein paar Sekunden, bis wir von zwei Sicherheitsleuten voneinander getrennt wurden.

Als ich von ihm weggezogen wurde, war ich es, der auf ihm saß und nicht anders herum, darum fühlte ich mich als Gewinner. Das war mir wichtig, obwohl es natürlich total bescheuert war.

Diese Prügelei hatte für uns beide nichts Gutes zu Folge. Uns wurde mit dem Rausschmiss aus der Show gedroht, wenn wir uns nicht zusammenreißen würden. Die kleinste Kleinigkeit würde ausreichen und wir wären draußen. Wir entschuldigten uns und versprachen, nicht noch einmal aneinander zu geraten.

Abends im Hotelzimmer wertete ich mit Charly das ganze Interview noch einmal aus. Er verstand, warum ich so ausgetickt war, meinte aber, ich hätte warten sollen, bis wir zurück im Hotel gewesen wären und hätte ihm dann eine reinhauen sollen. Dann wären wenigstens keine Kameras dabei gewesen. Aber dieses Durchhaltevermögen hatte ich nicht. Ich konnte nicht einfach erst einmal alles runterschlucken.

»Das wirst du auch nicht von heute auf morgen ändern können. So etwas braucht Zeit. Du musst lernen, ruhig zu bleiben, wenn so etwas passiert. Aber ich finde, dass du dich schon verbessert hast«, stellte Charly fest.

Ich nickte ihm zustimmend zu und sagte: »Ja, das finde ich auch. Dass er mich ›Spinner‹ nannte, störte mich überhaupt nicht. Aber als er dann Susi beleidigte und das mit der ›Durststrecke‹ sagte, konnte ich mich nicht mehr beherrschen.«

Charly runzelte die Stirn, legte sich auf sein Bett und sagte nachdenklich: »Ich bin gespannt, ob das alles am Samstag gezeigt wird.«

»Von mir aus können die alles rausschneiden. Das ist mir egal.«

»Das sollte es aber nicht. Überleg doch mal. Ich war zwar nicht dabei, aber so, wie du die Sache schilderst, hat doch Chris die ganze Zeit rumgestänkert. Das merken die Zuschauer natürlich und das könnte auf ihn zurückfallen. Meistens sind es Mädchen, die anrufen. Die finden es bestimmt toll, wie du dich für deine Freundin eingesetzt hast. Warum sollten sie dann noch für so einen Idioten anrufen?«, erklärte er und grinste dabei vielversprechend, so als ob er schon Jahre im Musikgeschäft tätig wäre und Ahnung hätte.

»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Wir werden es ja am Samstag sehen, und ...«

»Was und?«, wollte Charly verärgert wissen.

»Und, ... ach, ich weiß gar nicht, ob Susi überhaupt noch am Samstag einschalten und die Show gucken wird.«

Charly zuckte mit den Schultern. »Warum sollte sie das nicht?«

»Wegen heute Morgen. Du hast es doch mitbekommen. Wir haben uns gestritten.«

Er spitzte seine Lippen, zuckte wieder mit den Schultern, als ob der Streit nichts bedeutet hätte und erklärte: »Du wolltest Bescheid wissen und es kam falsch an. Na und? Wenn sie deine Freundin ist, dann wird sie sich auch Gedanken über deine Gefühle machen. Das wird schon wieder. Wenn Susi so klug ist, wie jeder sagt, dann wird sie dich auch verstehen.«

Der Tag war wieder anstrengend gewesen. Wenn das mit Chris so weitergegangen wäre, hätte ich vielleicht wirklich meine Sachen von selbst gepackt und wäre gegangen. Aber Chris verhielt sich ruhig, und ich ging ihm auch aus dem Weg.

Der Samstag rückte näher, und ich versuchte, mich nur noch auf den Auftritt zu konzentrieren. Von Susi hörte ich nichts. Aber jeden Morgen, wenn ich die Augen aufmachte, war sie wieder das Erste, an das ich dachte. Meine Gefühle für sie waren anscheinend doch unverändert. Ich liebte sie immer noch und vermisste sie.

Am Samstagmorgen gab es beim Gesangsunterricht noch einmal Knatsch. Ich ließ mich bequatschen, und wir übten »Drive By« von Train als zweiten Song ein.

Doch schon am Donnerstag, nach den ersten Proben auf der Bühne, war die Entscheidung für mich gefallen. Es sollte »The Pretender« von den Foo Fighters, meiner Lieblingsband, sein.

Eigentlich hatte ich schon am Mittwoch an einen Song der Foo Fighters gedacht, als Chris gemeint hatte, Jimmy hätte kein Selbstbewusstsein gehabt. Ich hingegen aber fand, dass Jimmy sehr wohl Selbstbewusstsein und auch Charakter gezeigt hatte, als er, ein Dreikäsehoch wie ich, einen Metallica-Song performt hatte. Ihm hatte die Songauswahl kein Glück gebracht, aber das musste nicht auch für mich gelten. Ich jedenfalls hatte echt Bock auf die Bühne und war Feuer und Flamme.

Als die ersten Zuschauer ins Studio kamen, stand ich schon eine Weile hinter der Bühne und lugte um die Ecke. Ich wollte wissen, ob Susi und die Simpsons wieder da waren, konnte sie aber nicht entdecken.

Charly tätschelte meine Schulter und meinte, sie würden es sich bestimmt im Fernsehen angucken. Er hatte recht, ich sollte weniger an Susi und mehr an meinen Auftritt denken, zumal ich dieses Mal als Erster auf die Bühne musste.

Die Show begann damit, Miss Love Shot, die Nachfolgerin von Jack the 666 Sense, vorzustellen. Miss Love Shot war Frontfrau einer britischen Punkband gewesen, die in den 80ern für Furore gesorgt hatte, aber in den USA kaum bekannt war. Erst in den 90ern hatte sie mit ihren vielen Tattoos und Nacktaufnahmen auch in den Staaten Aufsehen erregt. Ihre Sauf- und Drogenexzesse sorgten für Schlagzeilen. Sie hatte sich immer wieder auf Partys geprügelt und war deswegen schon mehrfach verhaftet worden. Wie sie in die Jury von »Entertain Us« gekommen war, konnte ich mir nicht erklären, war mir aber auch ziemlich egal. Sie hatte sowieso nichts zu entscheiden.

Noch bevor ich aufgerufen wurde, zeigte man die Aufnahmen des Interviews vom Mittwoch und es war nichts herausgeschnitten worden. Das musste man den Machern der Show lassen. Sie zeigten ihre Kandidaten so, wie sie waren. Die Zuschauer im Studio tobten, und zwar für mich, sie waren auf meiner Seite. Chris tat so, als ob ihn das nicht jucken würde, aber ich wusste, dass er wütend war. Wütend auf sich selbst, weil er sich das selbst zuzuschreiben hatte.

Dann war es soweit. Charly klopfte mir auf die Schulter, andere Kandidaten wünschten mir ebenfalls viel Glück. Auf der Bühne überreichte man mir eine E-Gitarre und anders als zuvor, war die eigens für die Show engagierte Band nicht an der Seite postiert, sondern stand hinter mir. Mit der Band im Rücken, der E-Gitarre in der Hand und der Gewissheit, dass die Zuschauer auf meiner Seite waren, kam ich mir nicht nur richtig cool vor, sondern hatte das Gefühl, ein ganzes Elektrizitätswerk zu sein. Der Energieschub war gigantisch.

Und weil ich so unter Strom stand, versaute ich die ersten Sekunden des Songs. Ich überschlug mich förmlich, fing mich dann aber und war am Ende mit meiner Performance total zufrieden. Den Zuschauern ging es ähnlich. Sie applaudierten und schrien ich sei klasse, fantastisch und solle so weitermachen. Ich stand vor der Jury und kam, wie beim letzten Mal, nicht aus dem Grinsen heraus.

Miss Love Shot war zwar mit ihrer Kritik gar nicht als Erstes dran, aber Lil` Boss schwieg und ließ sie quatschen.

»Ach Ben, das war wieder ein fantastischer Auftritt von dir. Ich weiß, ich war die letzten Male nicht dabei, habe aber deine Auftritte trotzdem gesehen, in irgendeiner Bar oder so, und ich muss sagen, dass ich sehr froh bin, ein Talent wie dich in so einer Show zu sehen. Du hast den Rock im Blut, Kleiner. Daran gibt es keinen Zweifel. Hinzu kommt, dass du uns jedes Mal etwas Neues zeigst. Du kannst einfühlsamen Rock spielen und hast, wie man zuletzt sehen konnte, ein sehr gutes Gefühl für Rhythmus. Heute hast du uns bewiesen, dass auch schnelle Nummern kein Problem für dich sind. Am Anfang warst du etwas zu schnell, aber das macht überhaupt nichts. Ben, ich bin sehr begeistert und hoffe, dass du weiterkommst.«

Wow, so eine gute Kritik hatte ich noch nie bekommen. Ich bedankte mich artig und wartete auf Lil` Boss` Kritik. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Er bemängelte, ich solle mich eher an gängige Rocksongs halten, die jeder kannte und hätte, wie von meinem Coach empfohlen, den Hit von Train nehmen sollen. Ich sagte nichts dazu, bedankte mich aber auch bei ihm und dachte mir meinen Teil.

»The Pretender« von den Foo Fighters war sehr wohl ein bekannter Song. Vielleicht nicht für Lil` Boss, aber ich traute den Zuschauern schon mehr zu, als nur »gängige« Rocksongs zu kennen. Ich grüßte wie immer meine Leute in Sleepy Water und ging dann zurück in die Lounge.

Dort gratulierte man mir zu meiner Performance und meinem Mut. Besonders Rachel war begeistert. Sie konnte nachvollziehen, wie ich mich fühlte und war froh, nicht die Einzige zu sein, die etwas riskierte. Wie meinte sie das denn? Ich sagte nichts dazu, sondern schaute verlegen zu Boden. Ich kannte Rachel eigentlich nicht, und ich wollte mich ihr gegenüber auch nicht öffnen. Selbst wenn jeder wusste, wie es mir ging und auch ahnte, was ich durchmachte, fand ich es irgendwie seltsam und befremdlich, wenn jemand es ansprach.

Ich fühlte mich durchschaut und dachte an meine Mom. Dabei fiel mir auf, dass ich nicht, wie bei allen Auftritten zuvor, an sie gedacht hatte, noch bevor ich zu spielen oder zu singen angefangen hatte. Dieses Mal war es anders gewesen. Ich bekam ein schlechtes Gewissen und fühlte mich mies. Hatte ich sie vergessen? Und wenn ja, lag es daran, dass wir uns schon so lange nicht mehr gesehen hatten? Aus den Augen, aus den Sinn? Mit meiner Mom schien zu funktionieren, was ich mit Susi nicht schaffte. Sie zu vergessen, weil sie für mich, genauso wie Susi, ein »Pretender« war. Und es machte mich wütend, zwei Menschen, die ich liebte, nicht zu kennen und immer das Gefühl zu haben, sie würden mir etwas vorspielen.

Ich versuchte, Rachels Auftritt zu verfolgen. Beim letzten Mal hatte sie alle mit einem Song von Missy Eliott überrascht. Die Leute waren außer sich gewesen, ganz besonders Charly. Doch dieses Mal war Charly der Einzige, der von Rachels Auftritt begeistert war. Ich konnte mich erinnern, diesen Song schon mal in Troys Laden gehört zu haben. Charly hatte eine Schallplatte von Salt n Pepa ans Tageslicht befördert und erklärt, dass diese Hip-Hop-Band früher einmal ganz angesagt gewesen sei und dann später mit En Vogue die ersten RnB-Songs gemacht habe.

Ja, das war ja alles schön und gut. Aber konnte man im Jahr 2013 von den Zuschauern wirklich erwarten, den Song »Push It« von Salt n Pepa zu kennen? Insider wie Charly kannten den Song natürlich. Aber der Song stammte aus dem Jahr 1987 oder so. Da waren einige Kandidaten von »Entertain Us« noch nicht einmal geboren. Hinzu kam, dass die meisten Anrufer auch nicht viel älter oder sogar jünger waren, als die Kandidaten selbst. Und so kam es, dass der Kreis der Anrufer zu klein war und Rachel uns verlassen musste.

Später berichteten die Medien von übermäßigem Selbstbewusstsein oder sogar Arroganz, die ihr dann letztendlich die Beine gebrochen hätten. Arrogant war Rachel ganz bestimmt nicht. Sie hatte sich vielmehr nach ihrem Erfolg mit dem Missy Eliott-Song dazu verleiten lassen, noch mehr zu riskieren und war übermütig geworden. Im Nachhinein war ich froh, dass ihr das passiert war und nicht mir. Wer wusste denn, ob ich nach »The Pretender« nicht genauso übermütig geworden wäre? Ihr Ausscheiden holte mich jedenfalls wieder runter und erinnerte mich, in einer Musik-Show zu sein, bei der man trotz eines Superauftritts ganz schnell weg sein konnte.

Der zweite Kandidat, der rausflog, war Chris. Ich ließ mir nichts anmerken, war aber froh, ihn endlich loszuwerden. Im Moment der Entscheidung musste ich auch an Christopher denken, der gesagt hatte, dass sich manche Probleme von selbst lösen.

Chris hatte sich mit dem Mittwochinterview selbst rausgeschossen. Das war ganz klar. Sein Auftritt wäre jedenfalls kein Grund gewesen, nicht für ihn anzurufen. Mit »It`s my life« von Bon Jovi hatte er allen gezeigt, dass er etwas konnte, und sein Auftritt war zugegeben im Vergleich zu meinem sogar besser gewesen. In meinem Team war er immer mein stärkster Konkurrent gewesen, und was das anging, war ich über sein Ausscheiden auch nicht unglücklich.

Insgesamt war ich für meinen Teil mit der dritten Bühnenshow sehr zufrieden. Neben einem guten Auftritt war ich, anders als an den zwei Samstagen zuvor, in keine Streitigkeiten verwickelt gewesen oder sonst irgendwie negativ aufgefallen.

Nur Charly brachte mich zur Weißglut und bereitete mir Herzflackern. Wahrscheinlich hatte ihm Rachels Auftritt in der Woche zuvor so gut gefallen, dass er glaubte, auch etwas aus dem Bereich Hip Hop bringen zu müssen. Das ging jedoch gewaltig in die Hose. Ich dachte, mir fällt alles aus dem Gesicht, als Charly begann, Sean Pauls »Get Busy Insane« zu performen.

Es war ja nicht so, dass er den Text nicht drauf gehabt hatte oder sich nicht zu dem Song bewegen konnte, soweit ich das mit meinen rudimentär ausgebildeten Hip-Hop-Kenntnissen beurteilen konnte. Es passte nur überhaupt nicht zu ihm, und das merkten die Zuschauer natürlich auch. Prompt verlor er das Battle haushoch gegen Kelly, die sich für meinen Geschmack etwas zu sehr darüber freute.

Mit versteinerter Miene stand Charly während der Entscheidung regungslos neben Kelly und nahm das Ergebnis zur Kenntnis. Ich wusste, er rechnete mit seinem Ausscheiden aus der Show, und wenn es das Interview mit mir und Chris nicht gegeben hätte, wäre das auch Wirklichkeit geworden.

Nachdem klar war, dass Rachel und Chris gehen müssten, kamen die anderen Kandidaten auf sie zu und bedauerten ihr Ausscheiden. Für solch eine Heuchelei hatte ich noch nie etwas übrig.

Ich blieb bei Charly, der noch eine Weile die eingeblendeten Prozente studierte. Er war nur ganz knapp an Chris‘ Ergebnis vorbeigeschrammt. Nur Rachel war noch schlechter gewesen.

Später überschlugen sich die Medien mit Schlagzeilen wie »Charly Mason - doch schlagbar« oder »Charly Mason - der Überflieger in Turbulenzen. Wird doch jemand anderes gewinnen?« oder »Hip-Hop bricht Kandidaten das Genick« oder, was mich am meisten ärgerte, »Kelly McGreen - ›Entertain Us‹ hat einen neuen Star«.

Zweites Kapitel – Hello? Hello!

Ich schaute Charly direkt in die Augen und wartete auf irgendeine Regung, eine Reaktion, vielleicht sogar ein »Lass uns von hier abhauen!«, aber sein Blick hing weiter an seiner Prozentzahl. Dieser Junge war nicht mehr cool, sondern nur noch wütend.

Ich wäre auch sauer gewesen. Aber anders als ich, war Charly Mason nicht der Typ, der sich wehmütig und voller Selbstzweifel in sein Schneckenhaus zurückzog. Nein. Charly Mason würde sich nicht unterkriegen lassen. Und während ich ihn immer noch anstarrte und mich fragte, was wohl in ihm vorging, drehte er sich schon wieder um und zog mich mit einem »Weitermachen« zu den wartenden Fans.

Wir kritzelten fleißig Autogramme, bedankten uns für die Glückwünsche, erhielten aufmunternde Worte und versprachen, weiterhin unser Bestes zu geben.

Einige Mädels hatten Angst, Charly zu verlieren, weil er sie bei diesem Auftritt nicht überzeugen konnte und weinten dicke Tränen. Charly, ganz Gentleman, tröstete seine Anhänger und versuchte, sie durch witzige Sprüche und Gesten aufzuheitern.

Ich fand es anstrengend, in diesem Moment nett zu bleiben und wollte nur noch zurück ins Hotel. Diese Mädels gingen mir auf die Nerven. Sie taten so, als ob sie selbst auf der Bühne gestanden hätten.

Außerdem regten mich die weniger netten Sprüche, wie »Mason, du Arsch! Du hättest rausfliegen sollen!«, die es ja auch gab, so sehr auf, dass ich am liebsten in die Menge gesprungen wäre und mir diese Sprücheklopfer vorgeknöpft hätte.

Wenn ich jedoch vor ihnen gestanden und mir dann mein Herz mit hundertprozentiger Sicherheit in die Hose gerutscht wäre, hätte Charly mich wieder retten müssen. Also blieb ich, wo ich war und ließ das Ganze zähneknirschend über mich ergehen.

Die Zeit war wie Gummi. Ich erinnerte mich, nach den beiden letzten Bühnenauftritten, hinausgetragen oder freundlich, aber bestimmt hinausbegleitet worden zu sein. Deshalb waren diese Samstagabende für mich auch immer so schnell vorbei gewesen. Dieser dritte Samstag jedoch schien endlos zu sein. Es war die reinste Qual.