Drei Krimis Spezialband 1103 - Thomas West - E-Book

Drei Krimis Spezialband 1103 E-Book

Thomas West

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen (Pete Hackett) Central Park Killer (Alfred Bekker) Vermittlung in den Tod (Thomas West) Zwei Menschen werden kurz hintereinander im New Yorker Central Park ermordet. Die Opfer scheinen zunächst nichts gemeinsam zu haben. Als es weitere Tote gibt, kommen die Ermittler schließlich einer krakenhaften Organisation auf die Spur, die von Amerikanern muslimischen Glaubens Schutzgelder erpresst, um damit den heiligen Krieg islamistischer Terror-Kommandos zu finanzieren... Rasanter Action-Krimi von Henry Rohmer (Alfred Bekker)! Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuch-Autors Alfred Bekker. Daneben schrieb Bekker an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mit.

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Pete Hackett, Alfred Bekker, Thomas West

Drei Krimis Spezialband 1103

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Dieses eBook wurde mit StreetLib Write ( https://writeapp.io) erstellt.
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Inhaltsverzeichnis

Drei Krimis Spezialband 1103

Copyright

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen: Action Krimi

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Central Park Killer

Vermittlung in den Tod

Drei Krimis Spezialband 1103

Pete Hackett, Alfred Bekker, Thomas West

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen (Pete Hackett)

Central Park Killer (Alfred Bekker)

Vermittlung in den Tod (Thomas West)

Zwei Menschen werden kurz hintereinander im New Yorker Central Park ermordet. Die Opfer scheinen zunächst nichts gemeinsam zu haben. Als es weitere Tote gibt, kommen die Ermittler schließlich einer krakenhaften Organisation auf die Spur, die von Amerikanern muslimischen Glaubens Schutzgelder erpresst, um damit den heiligen Krieg islamistischer Terror-Kommandos zu finanzieren...

Rasanter Action-Krimi von Henry Rohmer (Alfred Bekker)!

Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuch-Autors Alfred Bekker. Daneben schrieb Bekker an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mit.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Einfluss in Politik und Wirtschaft zu haben, bedeutet außer der Möglichkeit Reichtum zu erwerben auch unbegrenzte Macht. Mit Mord und Erpressung will sich das Syndikat diese Möglichkeiten sichern. Einziger Störfaktor ist dabei die Polizei und so tauchen plötzlich Ermittlungsbeamte auf, die Anschuldigen gegen die führenden Männer des FBI überprüfen wollen. Die beiden FBI-Agenten Trevellian und Tucker müssen ihr ganzes Können aufbieten, um die falschen Anklagen zu entkräften und nicht selbst in Verruf zu geraten.

Prolog

»Blacky ist nicht zum Dienst erschienen, Sir«, sagte Clive Caravaggio. »Hat er vielleicht angerufen und sich entschuldigt?«

Der Assistant Direktor warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor neun Uhr. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Clive, hat er nicht.« Mr. McKee zuckte mit den Schultern. »Nun, vielleicht hat er verschlafen. So etwas soll vorkommen. Oder er wurde auf dem Weg zur Arbeit aufgehalten – aus welchem Grund auch immer.«

»Ich habe bei ihm angerufen, Sir. Auf seinem Festnetzanschluss meldet er sich nicht. Sein Handy ist ausgeschaltet. Irgendwie kommt mir das komisch vor.« Clive atmete durch. »Blacky hat in all den Jahren nicht ein einziges Mal verschlafen. Außerdem müsste ihn das Telefon geweckt haben.«

»Jetzt machen Sie sich mal keine Sorgen, Clive«, sagte der AD. »Das alles hat sicher eine ganz profane Erklärung. Wahrscheinlich marschiert Blacky gleich zur Tür herein und erklärt uns, dass er nach all den Jahren zum ersten Mal verschlafen hat. Eine andere Frage, Blacky: Ist für den Besuch des Gouverneurs in New York alles vorbereitet? Ich meine, werden die beschlossenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt.«

»Natürlich, Sir. Es wird so sein, wie wir es besprochen haben. An strategisch wichtigen Stellen werden Agents oder Leute aus dem Police Departement postiert sein. Jesse und Milo werden im Auto hinter dem Gouverneur fahren. Im Wagen vor dem Gouverneur befinden sich Sicherheitskräfte. Der Flughafen wird abgesichert. Bei seiner Ankunft vor der City Hall wird der Gouverneur von mir und Blacky übernommen. Wir geleiten ihn zusammen mit seinen Leibwächtern in das Rathaus, wo der offizielle Empfang stattfinden wird. Es ist alles geregelt, Sir.«

»Beten wir, dass nichts schief geht«, murmelte der AD.

Clive Caravaggio verabschiedete sich von Mr. McKee, kehrte in sein Büro zurück und wählte noch einmal Blackfeathers Telefonnummer. Das Freizeichen ertönte. Der automatische Anrufbeantworter war nicht eingeschaltet. Nach dem fünften Klingelton legte Clive auf. Er nagte an seiner Unterlippe. Versonnen starrte er auf die Tischplatte. Schließlich nahm er sein Handy und drückte den Wahlwiederholungsknopf, dann hob er das Telefon vor sein Gesicht.

Nichts!

Blackfeather meldete sich nicht. Es war neun Uhr fünfzehn. Clive schnappte sich noch einmal den Hörer seines Diensttelefons und tippte eine Kurzwahl. Eine Stimme meldete sich: »Trevellian.«

»Blacky ist nicht zum Dienst erschienen und hat auch nicht angerufen«, erklärte Clive. »Ans Telefon geht er nicht. Er ist auch nicht per Handy erreichbar. Könnt ihr mal zu seiner Wohnung fahren und nachsehen?«

*

Ich legte den Daumen auf den Klingelknopf. Das Ding-dong der Glocke war durch die geschlossene Wohnungstür zu vernehmen. Ich legte mein Ohr an die Tür. In der Wohnung blieb es jedoch ruhig. Ich nahm mein Handy und holte Blackys Nummer aus dem elektronischen Telefonbuch auf das Display, dann stellte ich eine Verbindung her. Blacky hatte sein Handy ausgeschaltet. Milo und ich wechselten einen viel sagenden Blick. Milo sagte:

»Ich könnte aufsperren.«

»Ich weiß nicht, ob wir befugt sind, einfach in seine Wohnung einzudringen«, gab ich zu bedenken.

»Irgendetwas stimmt nicht«, bemerkte Milo knurrig.

»Ich rufe den Chef an.« Gleich darauf hatte ich Mr. McKee an der Strippe. »Wir stehen vor Blackys Wohnungstür, Sir. In der Wohnung rührt sich nichts. Telefonisch ist Blacky nicht erreichbar. Nun wissen wir nicht, ob wir in die Wohnung eindringen sollen.«

»Gehen Sie hinein, Jesse. Agent Blackfeather wird es verstehen.«

»Danke, Sir.«

Ich beendete das Gespräch und nickte Milo zu. Mein Partner holte das Etui mit den Spezialdietrichen aus der Innentasche seiner Jacke. Er brauchte nicht mal zwanzig Sekunden, um die Tür zu öffnen. Wir betraten die Wohnung.

Von Blacky keine Spur. Die Wohnung war aufgeräumt. Wir schauten in sämtliche Räume; Schlafzimmer, Küche, Badezimmer. Blacky schien die Erde verschluckt zu haben.

Ich rief erneut den AD an. »Blacky befindet sich nicht in seiner Wohnung.«

»Was denken Sie?«

»Ich habe keine Ahnung, Sir. Jedenfalls mutet es mich sehr seltsam an. Normalerweise müsste er sein Handy eingeschaltet haben. Tut mir leid, Sir, aber ich habe keine Erklärung.«

»Na schön. Verlassen Sie sie Wohnung wieder und kommen Sie ins Field Office zurück. Wir müssen abwarten.«

*

Blacky tauchte auch am nächsten und übernächsten Tag nicht auf. An diesem Tag war der Besuch des Gouverneurs in New York angesagt. Er sollte um die Mitte des Vormittags auf dem La Guardia Airport landen.

Wir machten uns Sorgen wegen des spurlosen Verschwindens von Blacky. War er entführt worden? Oder hatte er einen Blackout und sich einfach abgesetzt. So etwas sollte es geben. Nein! Blacky war einer der ruhenden Pole im Field Office New York. Ich glaubte nicht daran, dass er sich abgesetzt hatte.

Milo und ich kamen um neun Uhr auf dem Airport an. Ein Rudel Reporter von Funk, Fernsehen und Presse wartete bereits. Ich sah einen Übertragungswagen von New York One. Menschen, die die Ankunft des Gouverneurs live erleben wollten, hatten sich eingefunden. Sie befanden sich hinter einer Absperrung.

Der Wagen, der den Gouverneur abholen sollte, stand bereit. Es handelte sich um ein Mercedes-Cabriolet. Der Gouverneur wollte mit offenem Verdeck fahren. Es standen die Neuwahlen bevor und er wollte sich den Menschen New Yorks zeigen. Wir waren wenig begeistert von dieser Idee. Aber der Wunsch des Gouverneurs war uns Befehl.

Der Wagen stand inmitten eines ganzen Aufgebots an Fahrzeugen, in denen Sicherheitskräfte saßen, die für eine reibungslose Beförderung des Gouverneurs zur City Hall verantwortlich waren. Wir reihten uns hinter dem Wagen ein, in dem der Gouverneur chauffiert werden sollte. Alles war minutiös geplant. Wir standen per Funk mit Clive in Verbindung, der zusammen mit Leslie Morell und Jay Kronburg den Gouverneur nach der Ankunft an der City Hall übernehmen sollte. Nachdem Blacky nicht mehr aufgetaucht war, waren Leslie und Jay ins Spiel gekommen.

Der Gouverneur landete pünktlich. Wir wussten, dass ihn der Stellvertreter des Bürgermeisters empfing und zusammen mit einer Reihe von Sicherheitskräften zum Konvoi begleiten würde. Es war ein warmer Tag im Mai. Die Sonne schien und der Himmel war kaum bewölkt. Blackys Verschwinden war an diesem Tag in den Hintergrund gerückt. Wir waren voll und ganz auf die Ankunft des Gouverneurs fixiert. Schließlich kam er. Seine Frau begleitete ihn. Milo sagte in sein Funkgerät: »Er ist da, Clive. Wir werden in den nächsten Minuten losfahren. Ich halte dich auf dem Laufenden.«

Ein Bodyguard öffnete die Tür des Mercedes, in dem der Gouverneur befördert werden sollte. Ringsum standen Menschen; sie schrien und winkten. Der Gouverneur lachte und winkte zurück.

Jack Wallace war ein sympathischer Mann. Bei der letzten Wahl konnte er die überwiegende Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Jetzt war ihm Konkurrenz erwachsen. Emmy Bancroft von den Republikanern war bei der Bevölkerung beliebt und sie stellte eine ernsthafte Gefahr für Wallace bei der nächsten Wahl dar. Es gab noch einen weiteren Kandidaten: Ed Swanton von den Demokraten, aus den eigenen Reihen des Gouverneurs also. Swantons Chancen jedoch, Gouverneur zu werden, waren gleich null.

Ein Mädchen durchbrach die Absperrung und rannte mit einem Strauß roter Rosen auf den Gouverneur zu. Ein uniformierter Polizist folgte dem Kind, aber der Gouverneur winkte ab, nahm das Kind auf den Arm und winkte in die Runde. Beifall kam auf. Dann übergab er das Kind dem Cop, nahm den Strauß Rosen, und winkte erneut.

Der Gouverneur setzte sich auf den Rücksitz des Mercedes. Seine Frau nahm neben ihm Platz, der Bodyguard schloss die Tür und platzierte sich auf den Beifahrersitz. Der Vertreter des Bürgermeisters und der Stab, der ihn begleitete, verteilten sich auf die anderen Fahrzeuge, die für sie bereit standen.

Dann ging es los. Der Konvoi rollte an. Ich folgte dem Mercedes mit dem Gouverneur. Er hatte sich erhoben und winkte wieder den Menschen zu.

»Mir wäre es lieber, er hätte einen gepanzerten Wagen gewählt«, knurrte Milo. »Sicher hat er nicht nur Freunde.«

»Mal nur nicht den Teufel an die Wand«, erwiderte ich.

Die Fahrt ging zum Grand Central Parkway. Wenig später bogen wir auf den Brooklyn Queens Expressway East ein und gelangten auf den Highway 278. Durch den Queens Midtown Tunnel sollten wir nach Manhattan gelangen. Sobald wir den Tunnel verlassen haben würden, sollte sich der Konvoi nach Süden bewegen.

Solche Einsätze waren nicht nach meinem Geschmack. Viel zu viele Unbekannte konnten eine Rolle spielen. Vor allen Dingen, wenn man sich wie der Gouverneur ziemlich schutzlos präsentierte.

Er wollte ein Politiker zum Anfassen sein. Darauf legte Jack Wallace großen Wert.

Menschen säumten die Straßenränder und brachen in Jubel aus, wenn der Wagen mit dem Politiker an ihnen vorbeirollte. Sie winkten mit kleinen Fähnchen und Sprechchöre ertönten: »Wallace, Wallace, Wallace for Gouverneur!«

Der Konvoi bewegte sich im Schritttempo. Der Weg, den er zu nehmen hatte, war genau festgelegt. Es ging durch Wohngebiete. Aus den Fenstern der Wohnhäuser lehnten sich Menschen. Die Straßen waren für den öffentlichen Verkehr gesperrt.

»Wir sind jetzt auf dem Brooklyn Queens Expressway«, hörte ich Milo sagen. »Die Fahrt geht in Richtung Long Island Expressway.«

Ich verspürte Anspannung. In mir war Beklemmung. Warum das so war, vermochte ich selbst nicht zu sagen. Es entzog sich meinem Verstand. Nichts deutete darauf hin, dass dem Gouverneur Gefahr drohte. Es waren im Vorfeld weder Drohbriefe eingegangen noch irgendwelche Drohanrufe zu verzeichnen gewesen, die ursächlich für dieses unheilvolle Gefühl hätten sein können. Aber es war da und ließ sich nicht verdrängen.

Wir kamen nur langsam voran. Immer wieder brachen die Menschen zu beiden Seiten der Straße in Jubelrufe aus. Schließlich fuhren wir durch den New Calvary Cemetery. Auch hier säumten Menschen die Straße. Der Gouverneur hatte sich wieder einmal erhoben und präsentierte sich in seiner vollen Größe. Ich sah seinen Rücken und sah, wie er beide Arme erhob.

Und plötzlich bäumte er sich auf. Seine Arme sanken nach unten. Er fiel auf den Sitz zurück. Sofort kam der Mercedes zum Stehen. Ich bremste den Sportwagen und sprang ins Freie. Auf der anderen Seite des Wagens wuchs Milos Gestalt über das Dach hinaus. Ich rannte zu dem Mercedes. Die Gattin des Gouverneurs war über ihren Mann gebeugt. Der Bodyguard, der auf dem Beifahrersitz saß, hatte den Wagen verlassen und schaute sich um. Ich sah, dass er seine Pistole gezogen hatte …

*

Der Gouverneur starb im Krankenhaus. Trotz aller ärztlichen Bemühungen war es nicht gelungen, sein Leben zu retten. Das FBI wurde mit den Ermittlungen beauftragt. Milo und ich, Clive, Jay Kronburg, Leslie Morell und einige weitere Agents hatten sich im Besprechungsraum eingefunden. Mr. McKee ergriff das Wort. »Wir sind gefordert, Ladies and Gentlemen. In Washington erwartet man von uns eine lückenlose Aufklärung des Mordes. Wir stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit …«

Milo und ich fuhren im Anschluss an die Besprechung zur SRD. Auf dem Friedhof waren einige Spuren gesichert worden. Der Killer hatte aus dem Schutz eines großen Grabsteins geschossen. Er benötigte nur einen Schuss. Es musste sich um einen Profi handeln. Die Spuren, die gesichert worden waren, gaben jedoch nicht viel her. Die Bevölkerung war zur Mithilfe aufgerufen worden.

Der Mord hatte im ganzen Land Wellen geschlagen. Sogar der Präsident hatte sich eingeschaltet. Es gab Pressekonferenzen. Wir warteten darauf, dass sich irgendjemand zu dem Mord bekannte. Das Motiv für den Mord konnte unterschiedlicher Art sein. Wir tappten im Dunkeln. Presse, Funk und Fernsehen unterrichteten die Öffentlichkeit, dass das FBI mit den Ermittlungen betraut worden war.

Wie es Mr. McKee treffend ausgedrückt hatte: Wir waren gefordert!

Wir sprachen mit einem Beamten von der SRD. Der Mann sagte: »Wir wissen fast nichts. Die Kugel, die den Gouverneur tötete, ist vom Kaliber .308 Winchester. Die Patronenhülse wurde nicht gefunden. Am Grabstein wurden einige Fingerabdrücke festgestellt, ob der Abdruck des Mörders dabei ist, ist fraglich. Das gleiche gilt für die Fußspuren, die wir hinter dem Grab gefunden haben.«

Wir fuhren zum Friedhof. Der Beamte von der SRD begleitete uns. Er zeigte uns das Grabmal, aus dessen Schutz der Killer auf den Gouverneur geschossen hatte. Es handelte sich um einen großen Stein, auf dessen Krone ein Engel mit ausgebreiteten Armen stand. Der Beamte sagte: »Es gibt einige Augenzeugen. Nach dem Schuss sahen einige Menschen in der Nähe einen Mann davonlaufen. Er war schwarzhaarig und dunkelhäutig …«

»Ein Schwarzer?«, fragte Milo.

»Nein, eher ein Indianer. Vielleicht war er auch nur solariengebräunt.«

»Haben Sie die Namen und Adressen der Leute, die den Mann gesehen haben?«

»Natürlich.«

Einer der Augenzeugen hieß Brad Seymour. Er wohnte in Queens, Shiloh Avenue. Wir fuhren zu seiner Wohnung. Seine Frau sagte uns, dass er sich in der Arbeit befand. Es handelte sich um einen Baustoffhandel, in dem der Mann als Lagerist tätig war. Wir suchten ihn an seinem Arbeitsplatz auf.

»Wie sah der Mann aus, den Sie sahen?«, fragte ich, nachdem ich uns vorgestellt und unser Anliegen erklärt hatte.

Er beschrieb ihn uns.

Wir suchten weitere Augenzeugen auf. Sie beschrieben den Mann übereinstimmend. Danach handelte es sich um einen Mann mit indianischem Aussehen. Er hatte einen Koffer bei sich getragen, in dem sich wahrscheinlich das Gewehr befand, mit dem er den Gouverneur tötete. Er hatte die Zeit genutzt, als sich die Aufmerksamkeit aller auf den Gouverneur richtete. Ein Schuss war nicht zu hören gewesen. Der Mörder hatte einen Schalldämpfer benutzt.

Wir ließen ein Phantombild von dem Killer anfertigen.

Der Killer glich – Blacky.

»Das kann nicht sein«, murmelte Milo.

»Auch ich weigere mich, daran zu glauben«, sagte ich. »Aber die Aussagen sind übereinstimmend.«

Wir besorgten uns ein Bild von Blacky und fuhren damit zu den Zeugen. Und bald war klar, dass es Blackfeather gewesen war, den die Augenzeugen auf dem Friedhof gesehen hatten.

Im Field Office herrschte tiefe Betroffenheit. Aber es war so. Wir mussten die Fahndung nach Blacky veranlassen. Belohnungen wurden ausgesetzt. Zum Schluss waren es eins Komma fünf Millionen Dollar, die für die Ergreifung Blackfeathers geboten wurden.

Eins Komma fünf Millionen für Blacky.

Beim Gedanken daran drohte mein Verstand auszusetzen.

Wir befanden uns bei Mr. McKee. Jeder Zug seines Gesichts drückte aus, was in ihm vorging. Auch Clive Caravaggio war anwesend. Der AD sagte: »Ich bin überzeugt davon, dass der Mord an Wallace vor dem Hintergrund des Wahlkampfes geschah. Was sollte Blacky für ein Motiv gehabt haben? Mir kommt das alles recht spanisch vor. Es übersteigt ganz einfach mein Begriffsvermögen.«

»Blacky ist kein Mörder«, murmelte Clive. »Wen immer die Augenzeugen gesehen haben – es war nicht Blacky. Er war nicht kontra Wallace eingestellt.«

Wir standen vor einem Rätsel.

*

Bei James Callagher läutete das Telefon. Der Gesellschafter und Geschäftsführer von Meacham-Soft nahm den Hörer und meldete sich. Die Stimme seiner Sekretärin erklang: »Ich habe jemand am Apparat, Sir, der sich nicht abwimmeln lässt. Er will Sie sprechen und sagt, es geht um Leben und Tod.«

Callagher räusperte sich. »Dann stellen Sie mal durch, Susan. Wollen doch sehen, was der Mister so wichtiges zu sagen hat.«

»In Ordnung, Sir.«

Gleich darauf hatte Callagher den Anrufer an der Strippe. Eine männliche Stimme erklang: »Ich will mich in Ihr Unternehmen einkaufen.«

Zuerst glaubte Callagher, sich verhört zu haben. Dann lachte er fast amüsiert auf. »Was wollen Sie?« Seine Augen funkelten belustigt.

»Sie haben richtig gehört. Ich will mich in Ihr Unternehmen einkaufen. Und zwar will ich einundfünfzig Prozent des Gesellschaftsanteils übernehmen.«

»Das wäre die überwiegende Mehrheit.«

»Das ist richtig. Bezüglich der Modalitäten werden wir noch verhandeln müssen. Sprechen Sie mit den anderen Gesellschaftern, Callagher. Ich melde mich übermorgen wieder.«

»Wer sind Sie überhaupt?«

»Das tut im Moment noch nichts zur Sache. Nur soviel, Callagher: Sie sollten tun, was ich von Ihnen verlange. Sollten Sie sich weigern, werden Sie sterben. Wir werden Ihren Betrieb übernehmen. Sie werden als Geschäftsführer freigestellt. Ihre Anteile an der Gesellschaft werden entsprechend reduziert, gleiches gilt für die Anteile von Mallory und Dawson.«

Das Lachen in Callaghers Gesicht war zerronnen. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln. Der Andere hatte mit Nachdruck gesprochen. Callagher begriff, dass es sich um keinen Spaß handelte. »Aber …«

Der Anrufer hatte aufgelegt. Versonnen starrte Callagher auf einen unbestimmten Punkt an der Wand. Den Telefonhörer hielt er nach wie vor in die Höhe. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Die Worte klangen in ihm nach. Sollten Sie sich weigern, werden Sie sterben!

Callaghers Erstarrung legte sich. Er legte den Hörer auf den Apparat und strich sich mit fahriger Geste über die Augen. Unvermittelt erhob er sich und ging zu dem großen Panoramafenster, das ihm den Blick auf einen Park ermöglichte. Gedankenvoll blickte er hinaus. Er war sich nicht sicher. Hatte sich jemand mit ihm einen schlechten Scherz erlaubt – oder …

Er weigerte sich, den Gedanken zu Ende zu führen. Er, James Callagher, Lane Mallory und Richard Dawson besaßen die Firma zu gleichen Teilen. Jeder verfügte über ein Drittel der Anteile. Sie leiteten die Geschicke der Company und Beschlüsse konnten nur mit der überwiegenden Mehrheit der Stimmen gefasst werden. Wenn es nach dem Anrufer ging, sollten Ihnen künftig neunundvierzig Prozent der Anteile gehören. Für jeden von ihnen sechzehn ein Drittel Prozent.

Nein, das konnte nicht ernst gemeint sein. Unwillkürlich schüttelte Callagher den Kopf. Er nahm den Telefonhörer und tippte eine Kurzwahl. Seine Sekretärin meldete sich: »Verbinden Sie mich bitte mit Lane Mallory.«

Eine halbe Minute später hatte er Mallory in der Leitung. »Hallo, Lane.«

»Hi, James. Was gibt es?«

»Ich bekam soeben einen sonderbaren Anruf. Jemand kündigte mir an, sich mit einundfünfzig Prozent in die Gesellschaft einkaufen zu wollen. Er drohte mir mit dem Tod, wenn ich mich weigern sollte, den Deal mitzumachen.«

»Ein Witzbold«, sagte Mallory. »Wir setzen jedes Jahr zig Millionen um. Wenn sich jemand mit einundfünfzig Prozent bei uns einkaufen möchte, muss er einen dicken Geldbeutel haben.«

»Besonders witzig klang der Kerl nicht. Er sprach davon, den Betrieb zu übernehmen. Zum Teufel, der Anruf beunruhigt mich ungemein.«

»Hat der Bursche sonst noch was gesagt?«

»Dass unsere Anteile an der Gesellschaft entsprechend reduziert werden würden und dass man mich als Geschäftsführer freistellen werde. Er will sich übermorgen wieder melden.«

»Sollten wir vielleicht die Polizei einschalten?«

»Ich weiß nicht. Zunächst werde ich noch mit Rich sprechen. Mal hören, was er davon hält.«

»Ach was«, sagte Mallory. »Der Kerl hat sich einen Spaß mit dir erlaubt. Ich messe dem Anruf keine Bedeutung bei. Warten wir ab, ob er sich tatsächlich wieder meldet.«

»Dein Wort in Gottes Ohr, Lane.« Nach diesen Worten verabschiedete sich Callagher und rief bei Richard Dawson an. Er erzählte von dem Anruf, und auch Dawson war der Meinung, dass ihm keine Bedeutung beizumessen sei.

Hinterher gelang es Callagher nicht mehr, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Immer wieder kam ihm der Anruf in den Sinn. Auch er versuchte sich damit zu beruhigen, dass sich jemand mit ihm einen – wenn auch schlechten – Scherz erlaubt hatte. Doch tief in seinem Innersten spürte er Rastlosigkeit; sie zerrte an seinen Nerven und seine Laune sank bald auf einen Tiefpunkt.

*

Dreimal klingelte das Telefon, dann schnappte sich Derek Benton den Hörer, hob ihn vor sein Gesicht und nannte seinen Namen. Eine dunkle Stimme erklang: »Hallo, Mister Benton.«

»Wer spricht da?«

»Namen sind Schall und Rauch.« Der Anrufer lachte kehlig.

Unvermittelt verspürte Derek Benton Beklemmung. Kehlig fragte er: »Was wollen Sie?«

»Ich will mich in Ihr Unternehmen einkaufen.«

»Das soll wohl ein Witz sein?«

»Ganz und gar nicht.«

»Na schön, dann werde ich jetzt wieder auflegen. Guten Tag noch, Mister.«

»Warten Sie.«

Benton knallte den Hörer auf den Apparat.

Es dauerte keine halbe Minute, dann läutete das Telefon erneut. Benton starrte den Apparat an wie einen Feind. Seine Stirn hatte sich gefurcht. Er nahm den Hörer. »Benton.«

»Sie sollten mir zuhören, Benton.«

»Verrückten höre ich nicht zu.«

»Möchten Sie sterben, Benton?«

»Was? Jetzt drohen Sie mir auch noch!« Bentons Stimme sank herab. »Wenn das ein Spaß sein soll, so kann ich nicht darüber lachen.«

»Sie sollten den Anruf ernst nehmen. Hören Sie zu, Benton. Sie besitzen hundert Prozent an der Firma. Ich will mich mit einundfünfzig Prozent einkaufen. Wir machen einfach eine Company daraus. Sie werden von Ihren Verpflichtungen als Inhaber der Firma freigestellt und können den Rest Ihres Lebens irgendwo in der Karibik verbringen. Gefällt Ihnen das?«

»Jetzt ist es genug. Ich weiß nicht, welcher Teufel Sie reitet. Aber …«

»Ich melde mich übermorgen wieder, Benton. Denken Sie nach und entscheiden Sie sich richtig. Andernfalls werden wir Sie töten. Ihre Erben werden den Deal mit uns eingehen.«

»Wer ist wir?«

»Eine Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, in Amerika über große Unternehmen und auch über die Politik die Kontrolle zu erringen. Geld spielt für uns keine Rolle. Es kommt uns aber auch auf ein Menschenleben nicht an.«

Der Anrufer legte auf.

Benton zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. Seine Gedanken wirbelten. Er legte den Hörer auf den Apparat. Dann rief er seine Sekretärin an, und als sie abnahm, fragte er: »Der Anrufer eben – haben Sie ihn zu mir durchgestellt?«

»Ja, Sir. Er meinte, es wäre sehr wichtig. Er wollte Sie persönlich sprechen.«

»Sagte er sonst noch irgendetwas?«

»Er meinte, es ginge um Leben und Tod. Da dachte ich …«

»Schon gut, Esther. Danke. Geben Sie mir bitte ein Gespräch mit dem Police Departement.«

»Einen Moment, Sir.«

Ein Sergeant Danner meldete sich. Benton stellte sich vor, dann sagte er: »Ich bekam eben einen seltsamen Anruf …

*

»Haben Sie es sich überlegt, Callagher?«

»Nun, wir mussten nicht groß darüber nachdenken, Mister, und kamen zu dem einstimmigen Schluss, dass wir Ihr Angebot ablehnen. Und nun bitte ich Sie, mich in Ruhe zu lassen. Sie stehlen mir nur meine kostbare Zeit.«

»Es ist dumm von Ihnen, Callagher. Wenn das Ihr letztes Wort sein sollte, werden Sie es bereuen.«

»Es ist mein letztes Wort.«

»Dann fangen Sie zu beten an, Callagher. Ihre Stunden sind gezählt. Sagte ich Ihnen nicht, dass wir keinen Spaß verstehen.«

»Sagten Sie nicht.«

»Dann wissen Sie's jetzt. Sie haben es sich selber zuzuschreiben. Vielleicht ist Ihr Erbe gescheiter.«

»Sie sind impertinent.«

»Sie haben, scheint mir, den Ernst der Situation noch immer nicht verstanden.«

Der Anrufer legte auf.

Callagher schluckte würgend. Sein Herz schlug einen schnellen Rhythmus. Er wusste nicht, was er denken sollte. Dann wählte er die Nummer von Lane Mallory. Als sich Mallory meldete, sagte er: »Der Verrückte hat sich wieder gemeldet.«

»Und?«

»Er drohte mir.«

»Wenn wir nur wüssten, was wirklich dahintersteckt. Versucht uns jemand einzuschüchtern? Wenn ja, warum? Was hat er davon? He, ich hab's. Der Kerl will uns erpressen. Er will mit seinen Anrufen unsere Angst schüren und dann seine Forderungen anmelden. Das ist es. Wir müssen die Polizei verständigen.«

»Ich übernehme das«, versprach Callagher.

Wenig später hatte Callagher eine Verbindung mit dem Police Departement. Er äußerte sein Anliegen. Man verband ihn. Schließlich war er mit Sergeant Danner verbunden. Der Sergeant hörte sich an, was Callagher zu sagen hatte, dann gab er zu verstehen:

»Ich habe bereits drei Anzeigen dieser Art vorliegen. Noch wissen wir nicht, was wir davon halten sollen, wir haben auch keine Ahnung, ob der Bursche auch an Betriebe in anderen Bundesstaaten herangetreten ist. Jedenfalls nehmen wir den Tatbestand nicht auf die leichte Schulter. Sollte sich der Kerl noch einmal melden, bitte ich Sie, mich anzurufen.«

»Das werde ich«, versicherte Callagher.

Um 18 Uhr machte Callagher Feierabend. Sein Bentley stand im Hof der Meacham-Soft, der er als Geschäftsführer vorstand. Der Parkplatz war fast leer. Die meisten Angestellten hatten schon den Feierabend angetreten. Per Fernbedienung öffnete Callagher die Türen des dunkelblauen Wagens. Dann setzte er sich ans Steuer und startete den Motor. Callagher besaß ein Haus in Queens. Die Verwaltung der Meacham-Soft befand sich in Manhattan, 102nd Street. Callagher fuhr auf die Westseite und benutzte die Triborough Bridge, um den East River zu überqueren. Als er sich in Queens befand, befuhr er den Grand Central Parkway. Sein Haus lag am Rand des Cunningham Parks. Ein riesiges Grundstück umgab es. Das Tor ließ sich per Fernbedienung öffnen. Wie von Geisterhand gesteuert ging es auf. Callagher fuhr die Zufahrt entlang, die bei einer Doppelgarage endete. Auch das Garagentor wurde ferngesteuert geöffnet. Callagher stellte den Bentley in der Garage ab und stieg aus. Er reckte sich.

Wenig später betrat er das Haus. Seine Frau saß gefesselt und geknebelt in einem Sessel in der Wohnstube. Callagher erschrak. Aus schreckensgeweiteten Augen sah sie ihren Mann an – Augen, in denen sich pures Entsetzen ausdrückte. Sie wollte etwas sagen, aber der Knebel erstickte ihre Worte.

»Mein Gott, Kath!«, entfuhr es Callagher. Er dachte in diesen Augenblicken nicht an den Drohanruf. Die Situation hielt ihn gefangen und ließ keinen anderen Gedanken zu. Er ging zu seiner Frau hin. »Mmmh«, machte sie und rollte mit den Augen.

In dem Moment, als er sich über seine Frau beugte, gab es einen gewaltigen Knall. Callagher und seine Frau waren auf der Stelle tot. Flammen zuckten über den Fußboden und die Möbel. Staub und Rauch wolkten. Die Fensterscheiben waren vom Druck der Explosion nach draußen gedrückt worden. Die Vorhänge brannten …

*

Es war kurz nach 8 Uhr und wir hatten erst vor wenigen Minuten den Dienst angetreten, als mein Telefon läutete. Es war Mr. McKee, der sagte: »Guten Morgen, Jesse. Kommen Sie und Milo doch gleich einmal zu mir.«

Kurz darauf betraten wir Mandys Zimmer. Lächelnd erwiderte sie unseren Gruß, dann sagte Sie: »Geht nur hinein. Der Chef wartet schon. Der Kaffee läuft bereits.«

»Du bist ein Engel«, sagte Milo.

»Ich weiß.«

Wir lachten, dann klopfte ich an die Tür des AD. »Herein«, tönte es und ich öffnete. Mr. McKee stand hinter seinem Schreibtisch. Ich betrat das Büro, Milo folgte mir. Der AD begrüßte uns per Handschlag, dann forderte er uns auf, Platz zu nehmen. Er setzte sich zu uns.

»Neues in Sachen Blackfeather?«, fragte er.

»Nein«, erwiderte ich. »Die anderen Kandidaten für den Job des Gouverneurs wurden von den Kollegen in Albany und Buffalo vernommen, aber es ergaben sich keine neuen Erkenntnisse. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass man versucht, uns auf eine falsche Spur zu locken. Die Hintergründe sind uns ein Rätsel. Vielleicht wollte jemand dem FBI eins auswischen. Jedenfalls sind wir davon überzeugt, dass Blacky mit dem Mord nichts zu tun hat.«

»Wo ist Blacky?«, fragte der Chef.

Ich hob die Schultern. »Das wissen wir nicht, Sir, nehmen aber das Schlimmste an.«

»Haben Sie die Schlagzeile in der New York Times gesehen? FBI-Agent ermordet Gouverneur! Ein gefundenes Fressen für die Presse. Der Leiter der Field Operation Section East hat sich bereits eingeschaltet. Blacky gehört zu den zehn meistgesuchten Männern Amerikas.«

»Wir tappen im Dunkeln, Sir.«

»Sie wollen ein Team aus Washington – eine Sonderkommission – nach New York schicken«, erklärte der AD. »Aber um Ihnen das zu erzählen habe ich Sie nicht zu mir kommen lassen. Haben Sie schon mal von Meacham-Soft gehört?«

»Sicher«, sagte ich. »Einer der größten Softwarehersteller der USA. Was ist damit?«

»Der geschäftsführende Gesellschafter, James Callagher, wurde gestern Abend in seiner Wohnung ermordet. Jemand hat eine Bombe in seinem Haus deponiert. Ich möchte Sie bitten, sich des Falles anzunehmen.«

»Gibt es schon irgendwelche Erkenntnisse?«, fragte ich.

»Nehmen Sie mit Police Lieutenant Carter vom Police Departement Verbindung auf. Er hat die Ermittlungen vor Ort geleitet.«

Gesagt, getan.

Der Police Lieutenant sagte: »Es handelte sich um einen ferngezündeten Sprengsatz. Callagher und seine Frau müssen sofort tot gewesen sein. Die Spurensicherung gestaltete sich in dem völlig zerstörten Wohnzimmer nicht einfach, und entsprechend haben wir auch kaum verwertbare Spuren gefunden.«

»Was wissen Sie über Callagher?«

»Ihm gehörte ein Drittel der Gesellschaftsanteile an der Meacham-Soft Ltd. Die beiden anderen Gesellschafter heißen Lane Mallory und Richard Dawson. Wir haben mit beiden noch in der Nacht gesprochen. Callagher wurde bedroht.«

»Er wurde bedroht?«

»Ja, ein anonymer Anrufer. Callagher hat sich deswegen schon an uns gewandt. Die Meacham-Soft ist einer von vier Betrieben in New York, die identische Anrufe erhielten. Der Anrufer erklärte in jedem der Fälle, dass er sich mit einundfünfzig Prozent in den Betrieb einkaufen wolle. Er gab jeweils zwei Tage Bedenkzeit. Nachdem sich Callagher weigerte, auf das Angebot einzugehen, wurde er eliminiert.«

»Wer ermittelt wegen der Drohanrufe?«, wollte ich wissen.

»Sergeant Danner. Soll ich Sie mal mit ihm verbinden?«

»Ja, aber vorher habe ich noch eine Frage. Wer sind die anderen Betriebe, die identische Anrufe erhielten?«

»Benton Electronics, Dexter's Industries und die Lancaster Ltd.«

»Und in jedem Fall hat der Anrufer angeboten, einundfünfzig Prozent der Geschäftsanteile zu erwerben?«

»Ja, und immer hat er gedroht, dass der Betriebsinhaber oder Geschäftsführer sterben würde, wenn er nicht auf das Angebot eingeht. Wie ernst es dem Kerl mit seiner Drohung ist, zeigt der Mord an Callagher.«

»Geben Sie mir die Anschriften der Betriebe und nennen Sie mir die Namen der Leute, mit denen der Anrufer gesprochen hat.«

»Haben Sie was zum Schreiben bei der Hand, Trevellian?«

»Ja. Schießen Sie los.«

Kapitel 1

Wir saßen Lane Mallory in seinem Wohnzimmer gegenüber. Der Mann war ein Nervenbündel. Ununterbrochen knetete er seine Hände. Sein Blick war unstet und irrte ständig zur Seite ab. Der Tod seines Kompagnons war ihm scheinbar sehr an die Nieren gegangen.

»Callagher wurde bedroht«, begann ich.

Mallory hob die Hand und strich sich mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn. »Er erhielt einen anonymen Anruf«, sagte er. »Jemand machte ihm das Angebot, sich mit einundfünfzig Prozent in die Meacham-Soft einzukaufen. Er bedrohte James mit dem Tod. Aber diesen Anruf nahm doch zunächst niemand ernst.«

»Kennen Sie den Wortlaut des Gesprächs?«

»Nein. Ich kann nur wiederholen, was mir James sagte.«

»Und was sagte er?«

»Dass sich der anonyme Anrufer in die Meacham-Soft einkaufen und die Mehrheit der Anteile übernehmen will. Zwei Tage später rief er erneut an. James sagte mir Bescheid. Ich schlug vor, die Polizei einzuschalten, denn ich war der Meinung, dass diese Einschüchterungstaktik in einer Erpressung enden sollte.«

»Woher rührt der Name Meacham-Soft?«, fragte Milo.

»Gründer des Betriebes war Bill Meacham. James Callagher ist sein Schwiegersohn. Er wandelte die Personengesellschaft in eine Company um und nahm Richard Dawson und mich mit ins Boot. Dawson ist Marketing-Spezialist, ich habe mir vor meiner Zeit bei Meacham einen Namen als Programmierer gemacht. Zusammen brachten wir das Unternehmen an die Weltspitze. Der Name Meacham ist ein Begriff geworden.«

»Ja, man stellt ihn auf eine Stufe mit Microsoft«, sagte ich.

»Wurden Sie auch bedroht?«

»Nein.«

»Wer wird nach Callaghers Tod dessen Geschäftsanteile übernehmen?«, fragte Milo.

»James hat zwei erwachsene Söhne. Sie sind wohl seine Erben. Ob Sie Interesse daran haben, in die Firma einzusteigen, ist jedoch fraglich. Einer seiner Söhne hat Medizin studiert und arbeitet bei der Universitätsklinik, der andere ist Jurist und ist zweiter Mann in einer renommierten New Yorker Kanzlei.«

»Was ist, wenn die Söhne kein Interesse haben?«, erkundigte ich mich.

»Dann werden Sie sicher versuchen, ihre Anteile zu verkaufen. Ich habe schon mit Richard Dawson darüber gesprochen. Wir werden die Anteile dann wahrscheinlich erwerben, so dass am Ende jeder von uns fünfzig Prozent der Gesellschaft in Händen hat.«

»Gibt das denn keine Probleme?«

»Richard und ich kommen gut miteinander aus. Wir werden immer einen Mittelweg finden, sollte es einmal zu Differenzen kommen.«

»Hast du noch Fragen, Milo?«

»Im Moment fällt mir nichts ein.«

»Schön«, sagte ich, »dann wollen wir Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen, Mister Mallory.«

Wir verabschiedeten uns.

»Was hältst du von ihm?«, fragte Milo, als wir im Sportwagen saßen.

Ich zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. Ich glaube, er hat Angst. Aber das ist sicher nicht verwunderlich, nach allem, was geschehen ist.«

»Du hast recht. Was nun? Fahren wir zu Dawson?«

»Ja, und dann statten wir Derek Benton von Benton Electronics einen Besuch ab. Außerdem wurden Dexter's Industries und der Lancaster Ltd. anonyme Angebote unterbreitet.

Mein Handy in der Freisprechanlage läutete. Milo ging auf Empfang. Es war Mr. McKee, der anrief. Ich hörte ihn sagen: »Es gibt ein Problem, Jesse, Milo. Ein Mann, sein Name ist Milt Donovan, der kürzlich zu einer fünfzehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden ist, behauptet, mich bestochen zu haben. Washington hat einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.«

»Milt Donovan, der Gangsterboss, dem Clive und Blacky das Handwerk gelegt haben?«, platzte es aus Milo heraus.

»Genau der. Er hat ein Geständnis abgelegt. Danach habe ich von ihm Schmiergelder angenommen und ihm gewissermaßen freie Hand gelassen. Mir droht die Suspendierung. Ein Mann namens Robert Jackson wird die Untersuchungen gegen mich leiten.«

Ich war bestürzt. Ein Blick in Milos Gesicht sagte mir, dass er ebenso betroffen war. »Irgendwo beißt sich die Katze in den Schwanz, Sir«, knurrte Milo. »Das FBI hat Donovan aus dem Verkehr gezogen. Wir haben ihm Drogenhandel und Förderung der illegalen Prostitution nachgewiesen. Es kann doch nicht sein, dass auf die Behauptung eines solchen Kerls hin …«

»Es ist so, Milo. Natürlich habe ich besonderes Interesse daran, dass die Angelegenheit geklärt wird.«

»Was ist hier im Gange?«, fragte ich. »Zuerst verschwindet Blacky spurlos, jetzt diese haltlose Anschuldigung eines verurteilten Gangsters.«

»Nun, Sie wissen Bescheid. Das Team aus Washington trifft Morgen hier in New York ein. Man wird auch Sie vernehmen.«

»Es wird sich alles aufklären, Sir«, gab Milo zu verstehen.

»Sind Sie schon zu irgendwelchen Erkenntnissen gekommen?«, fragte der AD.

»Wir haben mit Mallory gesprochen. Die Vernehmung hat jedoch nichts ergeben. Aber das haben wir auch gar nicht erwartet. Im Gegensatz zu Callagher wurde Mallory nicht von dem anonymen Anrufer konfrontiert. Jetzt sind wir auf dem Weg zu Richard Dawson. Und anschließend werden wir Derek Benton einen Besuch abstatten.«

»Es ist gut. Was auch immer geschieht, Jesse, Milo, Sie machen Ihren Job weiter wie bisher. Falls ich suspendiert werde, wird man Clive als Leiter des Field Office einsetzen. Aber ich schätze, dass sich die Angelegenheit schnell aufklären wird.«

Nachdem die Leitung unterbrochen war, stieß Milo hervor: »Das ist ein Hammer! Wie kommt dieser Donovan dazu, eine derartige Behauptung aufzustellen?«

»Darauf muss ich dir die Antwort leider schuldig bleiben, Milo. Klar ist nur, dass Mr. McKee über jeden Verdacht erhaben ist.«

»Aber man hat einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, und wahrscheinlich wird man Mr. McKee suspendieren. Verdammt, das hat er nicht verdient.«

»In Washington können Sie Donovans Behauptung nicht einfach ignorieren«, versetzte ich. »Aber es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis man dahinter kommt, dass die Anschuldigungen haltlos sind. Und dann wird der Chef auferstehen wie Phönix aus der Asche.«

Obwohl ich mich optimistisch gab, ließ mich der Gedanke daran, dass jemand versuchte, den AD in ein schiefes Licht zu rücken, nicht mehr los. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich über unseren Köpfen etwas zusammenbraute, das zu beeinflussen nicht in unserer Macht lag.

Wir trafen Lane Mallory in seiner Wohnung an. Natürlich hatten wir uns telefonisch angemeldet und er erwartete uns. In dem luxuriös eingerichteten Wohnzimmer hielt sich eine Frau von etwa fünfundvierzig Jahren auf, eine attraktive, gepflegte Erscheinung, die uns Mallory als seine Gattin vorstellte. Dann bot er uns Sitzplätze an und wir ließen uns nieder.

»Ich ahne, was Sie zu mir führt«, sagte Mallory. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Eine tragische Sache. Niemand von uns nahm den Anruf ernst. Das war ein Fehler.«

»Wurden auch Sie angerufen?«

»Nein. Aber ich habe mit Lane und James über den Anruf gesprochen. James hat deutlich differenziert. Zuerst sprach der Anrufer davon, dass er einundfünfzig Prozent der Geschäftsanteile erwerben wolle. Er sprach in der Einzahl. Dann aber sagte er: Wir werden den Betrieb übernehmen. Er sprach also in der Mehrzahl.«

»Das lässt vermuten, dass es sich nicht um einen Einzeltäter handelt«, meinte Milo.

»So habe ich das auch aufgefasst«, erklärte Dawson.

Er konnte uns darüber hinaus nichts erzählen, was wir nicht schon gewusst hätten. Und schon nach einer Viertelstunde verabschiedeten wir uns von ihm, um zu Benton Electronics zu fahren. Derek Benton befand sich im Betrieb. Wir meldeten uns bei seiner Sekretärin an, sie bat uns, einen Moment zu warten, dann sagte sie: »Mister Benton erwartet Sie. Bitte, treten Sie näher.« Sie hielt uns die Tür auf.

Derek Benton saß hinter seinem Schreibtisch. Er war ungefähr Mitte fünfzig und grauhaarig. Benton verströmte ein hohes Maß an natürlicher Autorität. Das war unverkennbar. Er war der geborene Chef. Jetzt erhob er sich und kam um seinen Schreibtisch herum, reichte erst Milo und dann mir die Hand und wies auf einen Besuchertisch, um den einige Stühle gruppiert waren. »Setzen Sie sich, Gentlemen.«

Wir ließen uns nieder, Benton setzte sich zu uns. »Möchten Sie Kaffee oder etwas anderes?«

Wir lehnten dankend ab, dann eröffnete ich das Gespräch, indem ich sagte: »Jemand ist mit einem Angebot an Sie herangetreten – dem Angebot, einundfünfzig Prozent der Anteile an Ihrer Firma übernehmen zu wollen.«

»Das ist richtig. Ich habe Anzeige erstattet. Der Kerl brüstete sich damit, dass er einer Organisation angehöre, die es sich zur Aufgabe gemacht habe, große, den Markt beherrschende Unternehmen zu übernehmen und auch die Politik zu kontrollieren.«

»Er räumte Ihnen Bedenkzeit ein?«

»Ja, zwei Tage. Er hat aber nicht wieder angerufen.«

»Außer Ihnen wurden drei weitere Firmeninhaber und Geschäftsführer bedroht.«

»Das sagte mir der Polizist, bei dem ich Anzeige erstattete.«

»James Callagher von Meacham-Soft wurde ermordet, nachdem er sich weigerte, auf das Ansinnen des anonymen Anrufers einzugehen.«

Benton prallte geradezu zurück. Seine Züge entgleisten regelrecht. »Was sagen Sie da?«, brach es aus ihm heraus.

»Sie haben sich nicht verhört. Der – hm, Interessent gab Mister Callagher zwei Tage Zeit, über sein Angebot nachzudenken. Als Callagher nach Ablauf des Ultimatums ablehnte, wurde er ermordet.«

»Großer Gott«, würgte Benton hervor. Plötzlich kniff er die Augen zusammen: »Mir droht also Gefahr!«, konstatierte er.

»Möglicherweise«, gab ich zu. Es gab für mich keinen Grund, den Ernst der Lage herunterzuspielen. »Der Anrufer hat ein Exempel statuiert«, fuhr ich fort. »Mit dem Mord an Callagher sollten Sie und die anderen Probanden, die er ins Auge gefasst hat, eingeschüchtert werden.«

Benton griff sich an die Stirn. Er atmete stoßweise. »Ich – ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.«

»Sagen Sie uns Bescheid, sobald der Kerl wieder anruft«, bat ich.

»Darauf können Sie sich verlassen.

Wir sprachen an diesem Tag auch noch mit den Verantwortlichen bei Dexter's Industries und der Lancaster Ltd. Der Geschäftsführer bei Dexter's Industries hieß Dan Miller. Auch bei ihm hatte sich der anonyme Anrufer nicht mehr gemeldet. Die Lancaster Ltd. leitete Ken Lancaster. Lancaster sagte: »Ich weiß nicht, was ich tue, nachdem Callagher ermordet wurde. Vielleicht ist es das Klügste, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Ich werde abwarten und darüber nachdenken. Der Gedanke, den Rest meines Lebens als reicher Mann auf irgendeiner Südseeinsel zu verbringen, ist plötzlich sehr verlockend.«

Als wir auf dem Rückweg waren, zogen wir Resümee. Es war nichts, was wir in Händen hatten; vier Angebote, die mit Todesdrohungen verbunden waren, und einen ermordeten Gesellschafts-Geschäftsführer.

»Mit geht ununterbrochen die Aussage des Kerls Benton gegenüber durch den Kopf, dass man auch die Politik kontrollieren möchte«, sagte Milo, indes ich den Sportwagen in Richtung Federal Plaza steuerte.

»Du stellst eine Verbindung zur Ermordung des Gouverneurs her, nicht wahr?«, sagte ich und spürte, dass mich Milo von der Seite beobachtete.

»Ja. Liegt dieser Zusammenhang nicht nahe?«

»Es kann Zufall sein.«

»Zu viele der Zufälle«, erklärte Milo. »Jemand hat es auf marktführende Unternehmen abgesehen. Der Anrufer gehört einer Organisation an, deren Bestreben es ist, große, den Markt beherrschende Unternehmen zu übernehmen. Part eins. Daneben will man die Politik beeinflussen. Part zwei.«

»Danach wäre der Mörder des Gouverneurs in der Organisation zu suchen«, murmelte ich versonnen. »Aber wie passt Blacky in dieses Bild?«

»Das kann ich dir auch nicht sagen. Sicher ist, dass er eine Rolle in der Inszenierung spielt. Ob als Täter oder Opfer ist ungewiss.«

»Du zweifelst an Blacky?«, presste ich hervor.

»Nein. Aber Tatsache ist, dass er im Zusammenhang mit dem Mord gesucht wird.«

»Verdammt!« Ich schlug mit dem Handballen auf das Lenkrad. »Was braut sich zusammen? Steht etwa die Behauptung, dass der AD korrupt sei, auch in einem Zusammenhang mit diesem Spiel?«

»Ich schließe es mittlerweile nicht mehr aus.«

»Was steckt dahinter?«

»Jemand hat mit dem FBI New York eine Rechnung zu begleichen«, knurrte Milo.

»Jemand, der in Wirtschaft und Politik mitmischen möchte«, ergänzte ich.

Wir hatten in der Vergangenheit viel mit Organisationen zu tun gehabt, die sich dem Verbrechen verschrieben hatten. Einige von ihnen hatten sich für uns als harte Nuss erwiesen. Daran dachte ich jetzt. Die eine oder andere Organisation hatten wir zerschlagen. Das hieß natürlich nicht viel. Handelte es sich bei unserem neuen Gegner vielleicht um einen alten Bekannten?

Nach unserer Ankunft im Field Office statteten wir sofort Mr. McKee einen Besuch ab. Er sah krank aus; bleich, die Augen lagen in dunklen Höhlen, spitz stach die Nase aus dem schmalen, aristokratischen Gesicht.

»Ich habe eben mit dem Leiter der Field Operation Section East telefoniert«, erklärte der AD. »Milt Donovan bleibt bei seiner Aussage, mich bestochen zu haben. Man hegt in Washington zwar Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussage, dennoch wird man nicht umhin können, mich freizustellen, bis die Angelegenheit geklärt ist.«

»Aber das ist doch …«, wollte Milo aufbegehren, aber der AD fiel ihm ins Wort, indem er sagte:

»Das ist schon in Ordnung, Milo. Es trifft mich zwar, aber ich sehe dem Ausgang der Angelegenheit mit Gelassenheit entgegen. Es gibt nur die Behauptung des Gangsters. Einen entsprechenden Beweis kann er kaum antreten.«

Der Chef sah total unglücklich aus, wenn er sich auch optimistisch gab.

»Eine derartige Behauptung hinterlässt immer einen bitteren Beigeschmack«, knurrte ich.

»Sicher. Darum muss die Sache aus der Welt geschafft werden. Am Ende muss klar sein, dass ich nicht korrupt bin. Alles andere wäre Augenwischerei.«

»Vielleicht sollten wir uns mal mit Donovan befassen«, schlug Milo vor.

Mr. McKee schüttelte den Kopf. »In die laufenden Ermittlungen dürfen wir auf keinen Fall eingreifen. Nun lassen Sie sich mal keine grauen Haare wachsen, Gentlemen. Die Sache wird sich aufklären und es wird mir gelingen, meinen Namen reinzuwaschen. Machen Sie sich keine Sorgen.«

*

Derek Benton zuckte zusammen, als sein Telefon läutete. Seit er erfahren hatte, dass James Callagher ermordet worden war, konnte er sich nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren. Die Angst vor dem anonymen Anrufer geisterte durch seinen Kopf und ließ sich nicht verdrängen. Fast zögernd griff er zum Telefonhörer. Nachdem er seinen Namen genannt hatte, war es sekundenlang still, dann räusperte sich jemand und schließlich erklang es:

»Haben Sie es sich überlegt, Benton?«

Das Herz des Betriebsinhabers drohte in der Brust zu zerspringen. Schwindelgefühl ergriff ihn, als sein Blutdruck in die Höhe schnellte. Für einen Moment verschwamm alles vor seinen Augen. »Wer sind Sie?«, keuchte er schließlich.

Der Anrufer ignorierte die Frage. »Sie hatten genug Zeit, es sich zu überlegen, Benton. Nun erwarte ich Ihre Antwort.«

»Ich – ich …«

»Warum sind Sie so von der Rolle? Hat sie der Unfall, den Callagher erlitt, ein wenig aus der Ruhe gebracht. Nun, wir spaßen nicht. Was ist, Benton? Treten Sie die Anteile ab. Ja oder nein!«

»Die – die Polizei ist eingeschaltet.«

Ein verächtliches Lachen erklang. »Bei Mord ist immer die Polizei im Spiel. Das haben wir einkalkuliert.«

»Ich – ich habe nicht vor, zu verkaufen.«

»Eine schlechte Entscheidung, Benton.«

Benton atmete tief durch und fasste sich ein Herz. »Lassen Sie mich in Ruhe, verdammt!«

»Sie bleiben dabei?«

»Ja.«

»Gut. Dann müssen Sie auch die Konsequenzen tragen.«

Der Anrufer legte auf. Ein Laut, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen, entrang sich Derek Benton. Dann wählte er die Nummer des FBI, die er von der Visitenkarte ablas, die ihm Special Agent Trevellian überlassen hatte …

*

»Wir müssen Benton unter Polizeischutz stellen«, sagte ich. »Er macht um 17 Uhr 30 Feierabend und fährt auf direktem Weg nach Hause. Wir werden ihn abholen und nach Hause bringen. In der Nacht werden ihn zwei Beamte bewachen. Und morgen Früh holen wir ihn von zu Hause ab und chauffieren ihn zu seinem Betrieb.«

Mr. McKee war damit einverstanden. Er ordnete zwei Beamte ab, die die Nacht über das Haus von Benton bewachen sollten. Um 17 Uhr 30 betraten Milo und ich Bentons Büro. »Sind Sie bereit, Mr. Benton?«

Der Firmeninhaber erhob sich mit einem Ruck. »Ich habe eben noch mit meiner Frau telefoniert. Zu Hause ist alles in Ordnung.«

»Hoffen wir, dass es so bleibt«, sagte Milo.

Benton zog seine Jacke an, dann öffnete er die Verbindungstür zum Büro seiner Sekretärin und gab zu verstehen, dass er Feierabend machte. Danach verließen wir das Büro und fuhren mit dem Aufzug ins Erdgeschoss. Da der Sportwagen nicht genügend Platz bot, hatte ich mir aus dem Fuhrpark des FBI einen Buick ausgeliehen. Ich öffnete die hintere Tür und Benton stieg ein. Milo setzte sich neben ihn auf den Rücksitz. Ich klemmte mich hinter das Steuer.

Benton besaß ein Haus in Brooklyn, genauer gesagt in Bergen Beach, East 71st Street. Wir quälten uns durch die Rush Hour in Manhattan, überquerten den East River und befanden uns schließlich in Brooklyn. Hier war der Verkehr etwas ruhiger. Bei dem Haus handelte es sich um eine Villa, die zurückgesetzt in einem parkähnlichen Grundstück lag. Das schmiedeeiserne Tor öffnete sich, als Benton die Fernbedienung betätigte. Wir fuhren bis zur Doppelgarage. Ich hielt an und stieg aus. Milo und Benton blieben im Buick. Umfassend schaute ich in die Runde. Da war nichts, was mir Sorge hätte bereiten können. Wie ausgestorben lag der Garten vor meinem Blick.

Ich läutete an der Haustür. Eine junge Frau, die eine weiße Schürze umgebunden hatte, öffnete mir. Es war das Hausmädchen. »Special Agent Trevellian, FBI«, sagte ich. »Alles in Ordnung?«

Die junge Lady schaute mich ernst an und nickte.

Ich winkte in die Richtung des Buick. Benton und Milo stiegen aus. Benton kam schnell näher. »Hallo, Lucy.«

»Guten Tag, Sir.«

Ich sagte: »Gehen Sie hinein, Mister Benton. Mein Kollege und ich warten, bis die beiden Beamten eintreffen, die das Haus die Nacht über bewachen werden. Machen Sie keinen Schritt vor die Tür, ohne die beiden Kollegen in Kenntnis zu setzen.«

»Ich muss mich bei Ihnen bedanken, Mister Trevellian.«

Ich winkte ab, lächelte aber.

Benton ging ins Haus. Das Hausmädchen schaute mich fragend an, ich nickte. Es schloss die Tür. Ich hörte, dass es von innen den Schlüssel umdrehte.

Vor dem Haus befand sich ein Rondell, dessen Mitte ein rundes Rosenbeet einnahm. Ich setzte mich in den Buick und fuhr um das Rondell herum. So musste ich nicht wenden. Ich wandte mich dem Tor zu. Milo blieb beim Haus. Er zog sich zwischen die Büsche zurück. Auf der Straße parkte ich den Buick, dann wartete ich.

Mein Handy klingelte und ich ging auf Empfang. Nachdem ich mich gemeldet hatte, sagte ein Mann: »Wir sind da, Jesse. Du und Milo – ihr könnt eure Zelte abbrechen. Irgendwelche Vorkommnisse auf dem Weg nach Brooklyn?«

»Keine besonderen Vorkommnisse. Wir holen Benton morgen Früh um halb 8 Uhr ab. Ich melde mich bei dir. Hals und Beinbruch, Kollege.«

»Bis Morgen, Jesse.«

Ich rief Milo an. »Du kannst kommen. Unsere Leute sind da.«

*

Richard Dawson parkte seinen Wagen auf der Transverse Road Nummer 1. Er war mit einem Trainingsanzug bekleidet, an den Füßen hatte er leichte Laufschuhe. Er stieg aus dem Wagen und wandte sich auf dem East Drive nach Norden. Das war seine tägliche Laufstrecke. Den East Drive hinauf bis zur Transverse Road Nummer 2, dann nach Westen, auf dem West Drive in südliche Richtung und auf der Transverse Road Nummer eins zurück zu seinem Wagen. Darüber hinaus ging Dawson dreimal in der Woche ins Fitnessstudio.

Der Teilhaber an der Meacham-Soft war ausgesprochen körperbewusst. Er rauchte nicht und mied jede Art von Alkohol, war Vegetarier und schwor darauf, dass der Schlaf vor Mitternacht gesünder war als der Schlaf nach Mitternacht.

Er trabte nach Norden. Spaziergänger, Radfahrer und andere Jogger begegneten ihm. Die Sonne stand im Westen. Seine Gestalt warf einen langen Schatten. Sein Atem ging etwas schneller. Seine Gedanken arbeiteten. Sie bewegten sich um den Mord an James Callagher. Die beiden Söhne von Callagher hatten bereits signalisiert, dass sie kein Interesse daran hatten, in die Firma einzutreten. Lane Mallory und er hatten sich schon besprochen. Sie waren bereit, Callaghers Anteile aufzukaufen. Sie würden dann gleichberechtigte Partner sein. Keiner konnte ohne den anderen tätig werden, soweit es die Geschicke des Betriebes betraf. Es gab keine überwiegende Mehrheit mehr bei den Gesellschaftern. Wenn es galt, einen Beschluss zu fassen, ging das nur, wenn sie einer Meinung waren.

Dawson hatte Angst. Würde die ominöse Organisation nach dem Mord an Callagher die Finger von der Meacham-Soft lassen? Dawson sagte sich, dass es sich die Mörder nicht mehr leisten konnten, offen aufzutreten. Selbst wenn man sich bereit erklären würde, einundfünfzig Prozent der Geschäftsanteile abzutreten, würde sich der Erwerber eine Reihe unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.

Dieser Gedanke verschaffte Dawson ein wenig Beruhigung.

Die Sonne begann hinter den Wolkenkratzern zu versinken. Sie färbte mit ihrem Widerschein den Westhimmel glutrot. Die Schatten verblassten. Dawson versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen. Er erreichte die Transverse Road Nummer 2 und wandte sich nach Westen. Zwischen den Wolkenkratzern blitzten die letzten Strahlen der Sonne. Auch auf der Transverse Road herrschte ziemlicher Betrieb.

Nach einer dreiviertel Stunde kam er wieder bei seinem Wagen, einem schwarzen Oldsmobile, an. Sein Gesicht hatte sich gerötet. Er schwitzte leicht. Wie nach jedem Lauf fühlte er sich gut. Seine Wohnung lag in West 17th Street. Es handelte sich um ein Luxusapartment in der vierzehnten Etage mit Blick auf den Hudson. Nun, Dawson gehörte nicht zu den armen Bewohnern der Stadt. Er besaß Wohnungen und Häuser in den verschiedenen Stadtteilen und sogar eine Farm auf dem Lande.

Er fuhr in die Tiefgarage des Gebäudes, in dem er wohnte. Der Aufzug trug ihn in die vierzehnte Etage. Er betrat die Wohnung. Seine Frau empfing ihn mit den Worten: »Mallory hat angerufen. Du sollst ihn zurückrufen.«

»Erst muss ich unter die Dusche.«

Dawson ging ins Badezimmer. Wenig später brauste das warme Wasser auf ihn herunter. Er seifte sich ein, wusch sich ausgiebig, dann ließ er wieder das Wasser über seinen Körper laufen und stieg schließlich aus der Dusche. Mit einem großen, weichen Tuch frottierte er sich ab. Dann zog er sich einen Bademantel an und ging ins Wohnzimmer. Seine Frau hatte den Fernsehapparat eingeschaltet und saß in einem der schweren Ledersessel.

»Ich fühle mich wie neugeboren«, meinte Dawson.

»Du solltest Mallory anrufen. Er klang ziemlich aufgeregt.«

Düstere Ahnungen drangen auf Dawson ein. Seine Stimmung sank schlagartig auf den Nullpunkt. Was hinter seiner Stirn vorging, drückte sich in seinem Gesicht aus. Er nahm das Telefon, das auf dem Tisch lag, und tippte eine Nummer. Dreimal läutete das Freizeichen, dann erklang es: »Na endlich, Rich. Ich sitze schon auf glühenden Kohlen.«

»Du hast einen Anruf erhalten, nicht wahr?«, fragte Dawson und seine Stimme klang kehlig.

»Ja, verdammt.«

»Und?«

»Der Anrufer will, dass ich ihm meine Anteile verkaufe.«

»Hat er dir gedroht?«

»Ja.«

»Hast du das FBI verständigt?«

»Noch nicht. Ich wollte erst mit dir sprechen. Ich denke, du bekommst auch noch einen Anruf.«

»Was wollen die von uns?«, stieß Dawson hervor. »Es sind Mörder. Sie können nicht einfach einen Mann in die Firma setzen. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.«

»Ich habe mit Fred Callagher gesprochen. Man ist an ihn herangetreten. Mit Jud Callagher muss ich noch sprechen. Die beiden erben die Anteile ihres Vaters zu gleichen Teilen. Ihre Anteile und meiner zusammen betragen sechsundsechzig zwei Drittel. Weißt du, was das bedeutet?«

»Natürlich weiß ich das. Ich mit meinem Drittel könnte einpacken.«

»So ist es.«

»Was spricht Fred Callagher? Wird er verkaufen?«

»Noch hat er das Erbe nicht mal angetreten. Es ist noch nicht einmal ein Nachlassverwalter bestimmt. Fred hat sich dahingehend nicht geäußert.«

»Wie stellen sich die Kerle das vor?«, fragte Dawson versonnen. »Sie können nicht offen fungieren. Das FBI würde mit von der Partie sein.«

»Jedenfalls müssen sie einen Plan haben. Okay, Rich, du weißt Bescheid. Ich rufe jetzt beim FBI an.«

Dawson unterbrach die Verbindung. Wenn er vorhin noch Hunger verspürte, so war dieses Gefühl jetzt verschwunden. Er legte das Telefon auf den Tisch und ließ sich in einen Sessel fallen. Seine Frau musterte ihn kummervoll. Sie hatte aus dem, was er gesprochen hatte, die entsprechenden Schlüsse ziehen können.

Lydia Dawson schwieg. Als das Telefon läutete, zuckte sie zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Richard Dawson schreckte aus seinen Gedanken auf. Tief atmete er durch, dann griff er nach dem Telefon und ging auf Verbindung. »Dawson.«

»Hör zu, Dawson. Ich habe Callagher ein Angebot unterbreitet. Leider ging er nicht darauf ein und hat dafür die Quittung erhalten. Ich unterbreite jetzt auch dir ein Angebot. Callaghers Söhne und Mallory werden an uns verkaufen. Du bleibst im Geschäft, wirst aber mit deinem Minderanteil zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Allerdings wirst du die Geschäfte führen. Wir werden im Hintergrund bleiben.«

Dawson musste zweimal ansetzen, dann erst funktionierten seine Stimmbänder. Er stammelte: »Irgendjemand muss doch die Anteile namentlich übernehmen. Man wird ihm Fragen stellen. Wie – wie stellen Sie sich das vor? Sie haben einen Mord begangen.«

»Der Mann, der als Gesellschafter einsteigt, ist völlig unbedarft. Er hat mit alldem nichts zu tun. Er ist ein allseits geachteter und angesehener Bürger New Yorks, und er weiß noch gar nichts von seinem Glück. Man wird ihm nichts anhaben können. Und er wird auch nichts verraten können. Wir werden ihn manipulieren, er wird für uns arbeiten, doch wird er nicht wissen, für wen er tätig ist.«

»Was ist, wenn ich nicht mitmache?«

»Dann werden wir mit einem Angebot an dich herantreten, Dawson. Und wenn du nein sagst, ergeht es dir wie James Callagher.«

Danach war die Leitung tot. Dawsons Backenknochen mahlten. Dann presste er hervor: »Das war dieses Schwein. Zur Hölle mit ihm! Der Schuft will, dass ich in der Firma bleibe und sie führe. Allerdings werde ich nichts mehr zu sagen haben. Ich muss das FBI anrufen.«

Er holte die Visitenkarte, die ihm Trevellian überlassen hatte, aus seiner Brieftasche und tippte die Nummer des FBI in das Telefon. Gleich darauf hatte er jemand an der Strippe. »Ich will Trevellian sprechen.«

»Der befindet sich nicht mehr im Dienst. Ist es wichtig?«

»Ausgesprochen. Geben Sie mir seine Privatnummer.«

Wenig später hatte Dawson Trevellian an der Leitung …

*

Ich holte am Morgen Milo von der Ecke ab, an der er jeden Tag zustieg, damit wir gemeinsam zum Dienst fuhren. Heute war ich um einiges früher dran als sonst, denn wir mussten nach Brooklyn, um Benton abzuholen. Wir benutzten wieder den Buick. Kurz vor halb 8 Uhr hielten wir vor dem Haus an. Ich sagte telefonisch einem der Kollegen, die das Haus bewacht hatten, Bescheid, dass wir eingetroffen waren.

»Alles war ruhig«, erklärte der Beamte.

»Ihr könnt nach Hause fahren«, sagte ich.

Milo stieg aus und läutete an der Pforte. Sie ging auf und Milo trat ein. Ich kletterte ebenfalls aus dem Wagen und sicherte in die Runde. Mein Kollege marschierte auf dem gepflasterten Fußweg neben der Garagenzufahrt auf das Haus zu. Ich sah, wie er seinen Daumen auf den Klingelknopf legte.

Die Tür ging auf und Benton erschien. Er reichte Milo die Hand. Milo vollführte eine Handbewegung in Richtung Tor und Benton setzte sich in Bewegung. Plötzlich brach er zusammen. Milo riss die SIG heraus und stürmte los. Bei mir dauerte es nur einen Sekundenbruchteil, bis ich begriff. Auch ich zog die SIG und begann zu laufen.

Milo war im Garten verschwunden. Ich hörte den dumpfen Klang der SIG. Bei Benton ging ich auf das Knie nieder. Der Mann hatte die Kugel in die Brust bekommen. Er röchelte. Ich zog das Handy aus der Tasche und rief den Notdienst an. Man sicherte mir zu, unverzüglich eine Ambulanz zu schicken.

Wieder dröhnte die SIG. Schritte trampelten. Aus dem Haus kamen das Hausmädchen und eine Frau, von der ich annahm, dass es sich um Bentons Gattin handelte. Schreck prägte ihr Gesicht, in ihren Augen wühlte das Entsetzen. »Was – ist – mit – meinem – Mann?«, stammelte sie mit zuckenden Lippen.

»Er wurde niedergeschossen«, sagte ich. »Der Notarzt kommt gleich. Bleiben Sie bei Ihrem Mann, Mistress Benton.«

Ich rannte los, tiefer in den Garten hinein. Milo kam mir entgegen. In seinen Augen sah ich es flackern. Er sagte dumpf: »Der Kerl ist mir entkommen. Er ist über den Zaun geflüchtet und ich habe ihn aus den Augen verloren. Es – es war Blacky.«

Ich stand da wie vom Donner gerührt. Nur langsam sickerten die letzten Worte in meinen Verstand. »Du täuscht dich nicht?«, fragte ich schließlich, und meine eigene Stimme kam mir fremd vor.

»Er war es, Jesse. Ohne jeden Zweifel.«

»Ich kann und will es nicht glauben.« Ich sagte es, und dann rief ich Mr. McKee an. Als ich ihn in der Leitung hatte, berichtete ich. Als ich geendet hatte, sagte der AD:

»Damit dürfte eines klar sein: Der Mord an dem Gouverneur geht von denselben Leuten aus wie der Mord an Callagher und der Mordversuch an Benton. Alles spricht dafür, dass Blacky zum Killer der Organisation avanciert ist.«

»Es will mir einfach nicht in den Sinn, Sir.«

»Mir geht es nicht anders, Jesse. Sie werden einen Bericht verfassen müssen, den Sie mir …« Der Chef brach ab. Sogleich aber fuhr er fort, doch er sprach seinen Satz nicht zu Ende, sondern sagte: »Heute kommt Robert Jackson aus Washington nach New York. Es ist möglich, dass ich im Laufe des Tages suspendiert werde. Legen Sie dann Ihren Bericht Clive vor, der mich vertreten wird.«

Eine unsichtbare Faust schien mich zu würgen.

Schon eine Viertelstunde später kam der Notarzt. Benton wurde erstversorgt und in die Ambulanz verladen. Mit eingeschaltetem Blaulicht und heulender Sirene preschte der Wagen davon. Milo und ich warteten, bis ein Team von der Spurensicherung auftauchte, dann überließen wir den Kollegen das Feld und fuhren nach Manhattan.

Kapitel 2

»Ist Ihnen eine Veränderung bei Blacky aufgefallen, Clive?«, fragte Mr. McKee.

»Nein, Sir, nicht die Spur«, antwortete Clive Caravaggio. »Er war bis zum Tag vor seinem spurlosen Verschwinden wie immer.«

»Hat er sich irgendwann einmal unzufrieden über die Politik geäußert?«

»Nun, er war mit dem Golfkrieg nicht einverstanden und verurteilte die Politik des Präsidenten, der unsere Soldaten im Irak verheizt. Über Gouverneur Wallace hat er nie ein Wort verloren.«

»Vielleicht war der Mann, den die Augenzeugen anlässlich der Ermordung des Gouverneurs gesehen haben, gar nicht Blacky«, wandte ich ein. »Und vielleicht war auch der Kerl, den du gesehen hast, Milo, nicht unser Kollege.«

»Ein Irrtum ist ausgeschlossen«, versetzte Milo im Brustton der Überzeugung.«

»Sie denken an einen Doppelgänger«, so wandte sich der AD an mich.

»Ja, an jemand, dem man das Aussehen von Blacky verliehen hat.«

»Ist das nicht ein wenig weit hergeholt«, bemerkte Clive.