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In den aranischen Bergen lauert ein Fluch aus grauer Vorzeit. Von Elfenkraft in Stein gebannt, wartet ein uralter Echsenpriester, der Seelenwanderer, auf seine Auferstehung. Zwei Hexen übernehmen die schwere Aufgabe, ihn unschädlich zu machen. Doch im Kampf gegen böse Mächte geraten sie und ganz Aranien in den Bann des Verderbens.
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Seitenzahl: 349
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Barbara Büchner
Seelenwanderer
Ein Roman in der Welt von Das Schwarze Auge©
Originalausgabe
Impressum
Ulisses SpieleBand 37
Kartenentwurf: Ralf Hlawatsch E-Book-Gestaltung: Nadine Hoffmann
Copyright © 2014 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems.DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE,MYRANOR, RIESLAND, THARUN und UTHURIA sind eingetragene Marken der Significant GbR.
Titel und Inhalte dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt.
Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.
Print-ISBN 3-453-14932-7 (vergriffen) E-Book-ISBN 9783957524348
Je größer die Erstarrung eines Organismus, desto stärker ist sein Verlangen nach Auflösung, und je chaotischer die Auflösung, desto stärker das Verlangen nach der kristallinen Ordnung der Erstarrung. Die Struktur des Lebens jedoch ist weder Auflösung noch Erstarrung, sondern Wachstum und Wiederkehr. Daher ist alles, was erstarrt ist, und alles, was sich auflöst – so conträr die procedurae auch erscheinen mögen –, zerzal, alles jedoch, was wächst und wiederkehrt, ist nurdra.
Aus dem Beitrag ›Procedurae vitae‹ von Amyiel Sommerhauch in der ›Essentia obscura‹
SEIN Geist war wie ein gewaltiges Spielbrett, auf dem ER die Figuren seiner Pläne und Komplotte bewegte. Nun, nachdem ER eine Niederlage erlitten hatte, schob ER eine neue Figur aus den hinteren Linien vor, einen gewaltigen Turm diesmal, der bislang verborgen im Abseits gewartet hatte. Der Alte, der in den Steinen hauste, würde SEIN Werkzeug sein. Er würde in den Leib des aufsässigen Hexers Ofrim von Roswylde fahren und dessen Seele verdrängen, die ER als körperlosen Schatten hinausjagen würde ins Chaos. Und was den Inquisitor Kunrad von Marmelund anging – auch er würde das ihm gebührende Ende finden. ER hatte SEINE Rache nicht vergessen.
Das Ritual
Auf den windumtosten Kuppen der Yalaiad-Hügel, nahe der breiten Senke des Dairig Bhru-Passes, erhob sich ein altertümliches Bauwerk, aus grünlichen Quadern errichtet und blank wie ein Knochen: ein siebenstufiger Turm, den die Echsenvölker einst dort hingebaut hatten, um den Paß zu beschützen. Seit Jahrhunderten stand das Gebäude leer, und dennoch mieden es die Tiere des Gebirges. Selbst bei Schnee und Regen suchten sie keine Zuflucht unter seinem höhlenartigen Tor.
So war etwas Sonderbares daran, daß an einem Abend eine Bergziege die Stufen emporsprang, die zur höchsten Plattform führten. Ein unsichtbarer Schrecken jagte das Tier auf die schwindelerregende Zuflucht hinauf.
Schweratmend stand es auf der obersten Plattform, die einst dick vergoldet gewesen war. Die feuchten Augen glänzten im Mondlicht.
Da stieß aus der Höhe des Nachthimmels ein mißgebildeter großer Vogel herab, der mehr einer Flugechse als einem Gefiederten glich. Die Schwingen mannslang gespreizt, stürzte der gewaltige Jäger der Lüfte sich auf die Ziege, die sich eben in Sicherheit wähnte. Gewaltig schlugen seine Krallen zu, drangen nadelspitz in die zitternden Flanken des Opfers. Mit einem grellen, fast menschlichen Schrei brach die Ziege zusammen ... und rotes Blut floß über die uralten Steine.
Im Herzen des Turmes bebte es, als regte sich eine gewaltige Gegenwart. Etwas war erwacht. Aber noch mußte es gefangen bleiben.
Blut war geflossen, aber noch fehlte das Blut eines Menschen.
»Rastullah sei Dank, daß wir diese entsetzliche Nacht überlebt haben! Möge Er uns gnädig vor der nächsten Nacht bewahren!« Aytan ben Tuleyman, der würdige Älteste des Dörfchens Chag am Rande der Echsensümpfe, raffte seinen Kaftan zusammen und hob den altersschwachen, blinzelnden Blick zum Himmel, an dem die Praiosscheibe in silbrigen Nebeln gefangen hing wie eine Blüte in einem Spinnennetz.
Trotz der frühen Stunde war es hier, so nahe bei den Sümpfen, heiß und feucht. Wie jeden Morgen quoll Nebel aus den brackigen Gewässern und blieb in geisterhaften Fahnen an den weit ausladenden Ästen abgestorbener Bäume hängen. Die Feuchtigkeit der dampfenden, immergrünen Mangrovenwälder trieb den Schweiß aus allen Poren. Fremdartige, exotische Gerüche stiegen schwindelerregend in die Nase. Aus allen vier Windrichtungen waren das Summen von Insekten, das Quaken der Frösche und zuweilen das dumpfe Brüllen urweltlicher Echsen tief drinnen im Sumpf zu hören.
Als die Dorfbewohner sahen, daß ihr Häuptling wach war, strömten sie von allen Seiten zusammen. Es waren gedrungene, kräftige Menschen, Nachkommen tulamidischer Bauern, die sich an das Leben in dieser schwülen, abgeschiedenen Ecke Deres gewöhnt hatten – bis das Unheil begann.
Bis das todverkündende Tomm Tomm der Trommeln des Nachts durch den Sumpf rollte und die Vögel kreischend aus den Baumwipfeln stoben, wenn die Praiosscheibe in dampfenden roten Schleiern versank. Bis das ferne Winseln und Heulen wahnwitziger Litaneien die erschreckten Siedler aus den Betten trieb und sie die Nacht eng zusammengekauert und bewaffnet im Rundhaus in der Mitte des Dorfes verbrachten, geängstigt von den fürchterlichen Gesängen und dem rasenden Rollen der Trommeln.
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