Dschingis Khan - Rainer M. Schröder - E-Book
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Dschingis Khan E-Book

Rainer M. Schröder

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Beschreibung

Rainer M. Schröder erzählt die aufregende Geschichte des wohl berühmtesten mongolischen Herrschers. Eines Tages soll Temudschin die Nachfolge seiner Vaters antreten und über dessen Stammesgebiet herrschen. Bis dahin wächst er nach dem harten Gesetz der Steppe auf, lernt Bogenschießen, Reiten und Jagen. Doch der Traum von der Herrschaft scheint früh ausgeträumt zu sein: Der Junge ist gerade einmal dreizehn Jahre alt, als sein Vater von feindlichen Tantaren vergiftet wird. Aber Temudschin gibt nicht auf: Nach blutigen Stammesfehden und reichen Beutezügen schließen sich ihm von allen Seiten immer mehr Krieger an – bis er schließlich zum Khan aller Mongolen ernannt wird: zum Dschingis Khan.

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Rainer M. Schröder

Dschingis Khan

König der Steppe

Roman

1

Zehntausend mongolische Krieger griffen an. Vierzigtausend Pferdehufe trommelten über die Steppe, wirbelten den trockenen Staub zwischen den niedrigen Sträuchern auf und zogen einen gewaltigen Staubschleier hinter sich her. Krummschwerter und Lanzenspitzen funkelten im Licht der brennenden Sonne. Die Bogenschützen hielten ihre todbringenden Pfeile bereit. Die Erde dröhnte vom donnernden Schlag galoppierender Pferde. Wie ein schreckliches Gewittergrollen eilte es den heranjagenden Mongolen voraus.

»Tod den Tataren!«

Jesügei, der Häuptling der Qiyat aus dem Stamm der Bordjigin, ritt an der Spitze seiner Krieger. Er saß weit vornübergebeugt im Sattel, das Haar vom Wind zerzaust, das Schwert in der Hand. Der stämmige Reiter zu seiner Rechten trug das Feldzeichen des Qiyat-Klans, eine Stange mit mehreren weißen Yakschwänzen an der Spitze, in den Kampf. Ein fröhliches Lachen lag auf seinem Gesicht. Kämpfen – das war der Lebensinhalt der Mongolen.

Der Angriff von Jesügeis Truppen erfolgte mit der Wucht eines unaufhaltsamen Wintersturmes aus der Wüste Gobi. Ein dichter Pfeilhagel ging auf die Tataren nieder, lichtete ihre Reihen. Und dann flogen die Lanzen.

Die beiden verfeindeten Steppenvölker prallten zusammen. Die Luft war erfüllt vom hellen Geklirr der Waffen. In den Kampfeslärm mischten sich die Schreie der Verletzten und das Wiehern und Schnauben der Pferde.

Der Nahkampf wogte auf der Steppe stundenlang hin und her. Obwohl zahlenmäßig leicht in der Minderzahl, leisteten die kampferprobten Tataren unter ihrem Anführer Temudschin erbitterten Widerstand. Mit tollkühnen Ausfällen versuchten sie die tödliche Umklammerung durch die mongolischen Reiterhorden zu durchbrechen. Immer wieder drangen starke Reitertrupps bis tief in die Reihen der Mongolen vor und hinterließen mit ihren Schwertern und Lanzen eine Schneise des Todes.

Jesügei und seinen Kriegern gelang es jedoch jedes Mal, solche Durchbruchsversuche zu vereiteln. Sie schlugen die ihnen verhassten Tataren blutig zurück und schlossen den Ring um sie immer enger.

Das Gemetzel nahm seinen Lauf. In diesem Gefecht Mann gegen Mann wurde von keiner Seite Gnade erwartet – und auch nicht gewährt. Blut schoss aus klaffenden Wunden, rann über das schweißnasse Fell der Pferde und versickerte augenblicklich im aufgewühlten Sand des ausgedörrten Steppenbodens. Pfeile und Lanzen bohrten sich tief in die gegnerischen Körper, schleuderten die Krieger aus dem Sattel, unter die Hufe aufsteigender Pferde.

Langsam, aber stetig neigte sich die Waagschale des Kriegsglücks den Mongolen zu. Die Tataren wichen allmählich zurück, kämpften auf verlorenem Posten.

»Ich will Temudschin!«, schrie Jesügei, als seine Reiter die Tatarengruppe in kleine Grüppchen aufgesplittert hatten und der Sieg ihnen gewiss war. »Aber ich will ihn lebend!«

Während einige seiner Männer ihr Heil schon in der Flucht suchten, verteidigte sich Temudschin, ohne vom Fleck zu weichen. Mit wuchtigen Hieben seines Krummschwertes bahnte sich Jesügei einen Weg hinüber zum Anführer der Tataren, der mit der ausdauernden Kraft und dem Mut eines Raubtieres kämpfte, obgleich man ihn in die Enge getrieben hatte. Nur wenige Getreue standen ihm noch zur Seite.

Jesügei wollte sich unbedingt mit diesem tapferen Krieger messen. Temudschin war ein ebenbürtiger Gegner, der das Krummschwert ausgezeichnet zu führen verstand. Mit ihm zu kämpfen, bedeutete eine Herausforderung an all seine Kraft, Geschicklichkeit und Erfahrung.

Besiegte er ihn jedoch in einem Kampf Mann gegen Mann, würde das seinen Ruhm mehren und seine Stellung als Bagatur, als gewähltes Oberhaupt zahlreicher Stämme und Herrscher über mehr als vierzigtausend Zelte, festigen. Ein Bagatur musste stets aufs Neue beweisen, dass er in der Lage war, erfolgreiche Kriege und Beute bringende Raubzüge zu führen.

Eine Lanze verhinderte jedoch den direkten Kampf zwischen beiden Stammeshäuptlingen. Sie traf Temudschin mit großer Wucht seitlich am Kopf, fetzte die Haut auf und raubte ihm das Bewusstsein. Das Schwert entglitt seiner plötzlich kraftlosen Hand und er kippte nach hinten aus dem Sattel. Schwer schlug er auf dem Boden auf.

»Holt ihn und fesselt ihn!«, befahl Jesügei und ärgerte sich über die verpatzte Gelegenheit. Doch der dumpfe Grimm verrauchte schnell. Hatte er seine Männer nicht zum Sieg geführt?

Die Tataren wandten sich nun offen zur Flucht. Der Kampf war verloren. Sofort setzten die Mongolen ihnen nach. Sie streckten jeden nieder, der sich nicht schnell genug außer Reichweite von Schwert, Lanze und Pfeil begab. Denn der Flüchtende von heute war der Feind von morgen!

Jesügei verfolgte die Tataren mit seinen siegestrunkenen Kriegern bis zu ihrem Zeltlager, das er zur Plünderung freigab. Nach dem Gesetz der Steppe war es das Recht des Siegers, sich zu nehmen, was ihm gefiel. Die Männer durchsuchten die Zelte, rafften alles, was ihnen nur irgendwie »mitnehmenswert« erschien, an sich und suchten sich unter den Mädchen und Frauen die Schönsten aus, die sie als Gefangene mitnahmen.

Als Jesügei schließlich das Zeichen zum Aufbruch gab, existierte das Lager nicht mehr. Blut und Asche bedeckten den Boden.

2

Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte Ölün-eke, Jesügeis Lieblingsfrau, zum Lattengerüst der Jurte hoch. Ihr Blick schien sich an den kräftigen biegsamen Pappelstämmen festkrallen zu wollen. Ein lang gezogenes Stöhnen quälte sich aus ihrer Kehle, während sich ihr junger Körper aufbäumte. Die Wehen kamen jetzt in immer kürzeren Abständen.

»Es wird gleich vorbei sein«, versuchte eine Dienerin Ölün-eke zu trösten und wischte ihr die schweißnasse Stirn ab.

Ölün-eke hörte das unverständliche Gemurmel des Schamanen neben sich, der die Geister von Himmel und Erde anrief und den Himmelsgott Tängri anflehte, Ölün-eke eine schnelle Niederkunft und dem Bagatur Jesügei einen kräftigen Sohn zu schenken.

Ölün-eke starrte auf die mit weißem Knochenpulver bestäubten Zeltwände und wünschte, der Schamane würde mit seinen Beschwörungsformeln aufhören. Sein monotoner Singsang wirkte alles andere als beruhigend auf sie. Doch sie wagte nicht, ihm das zu sagen. Denn obwohl sie wenig Zutrauen zu seinen Prophezeiungen und Geisterbeschwörungen hatte, fürchtete sie ihn doch auch.

Plötzlich dachte sie an jenen Frühling zurück, als Jesügei sie zu seiner Lieblingsfrau gemacht hatte. Weder hatte er um sie geworben, noch hatte er sie gefragt. Er hatte sie einfach genommen. Mit Gewalt.

Ölün-eke war einem jungen Krieger vom Stamm der Merkiten versprochen gewesen. Tschiledü, so lautete sein Name, kam in jenem Frühling zum Stamm der Qongirat, um seine Frau abzuholen und ins Ordu, ins Zeltlager der Merkiten, zu bringen. Auf ihrem Weg dorthin kamen sie auch in das blühende Onon-Tal, die Heimat der Bordjigin.

Jesügei, der mit einem abgerichteten Falken zur Jagd ausgeritten war, bemerkte sehr bald den einzelnen Reiter und den kleinen Karren, der von einem zweihöckrigen Kamel gezogen wurde. Das wunderschöne Mädchen auf dem Karren gefiel ihm auf Anhieb. Und er brauchte nicht lange zu überlegen, um zu wissen, was er zu tun hatte.

Er preschte zum Lager und kehrte im Handumdrehen mit zweien seiner Brüder zurück. Als Tschiledü bemerkte, dass sie verfolgt wurden, erschrak er und erwies sich als wenig tapfer.

Olün-eke beschwor ihn, sein Leben zu retten. »Die Männer sehen verdächtig aus. Vermutlich trachten sie dir nach dem Leben.«

Zögernd und fieberhaft überlegend, was er nur zu ihrem und seinem Schutz unternehmen sollte, blickte er zurück. Die drei fremden Reiter kamen schnell näher. Und ihr wilder Galopp ließ nichts Gutes vermuten.

»Was soll ich nur tun?«

»Rette dein Leben, Tschiledü!«, drängte Ölün-eke ihn, nahm das seidene Tuch von ihren Schultern und warf es ihm mit den Worten zu: »Atme diesen meinen Duft und flieh!«

Tschiledü fing das Tuch auf, warf ihr einen letzten verzweifelten Blick zu und trieb sein Pferd an. Jesügei und seine beiden Brüder jagten hinter ihm her, den Onon-Fluss aufwärts. Sie verfolgten ihn noch über sieben Hügelrücken, dann rissen sie ihre Pferde herum und ritten zurück zum Kamelkarren.

Ohne ein Wort zu sagen, sprang Jesügei von seinem feurigen Hengst, band das Kamel vom Wagen und spannte sein Pferd an die Deichsel, während seine beiden Brüder rechts und links vom Brautkarren ritten.

Ölün-eke beklagte ihr unseliges Schicksal und weinte herzzerreißend. Sie jammerte auch, dass man ihr den Mann genommen hatte.

Einer von Jesügeis Brüdern brach schließlich das Schweigen und herrschte sie an: »Der, den du an dich pressen möchtest, hat schon viele Pässe überschritten. Der von dir beweint wird, hat schon viele Wasser durchritten. Wenn du seine Spur suchtest, würdest du seinen Weg nicht erspähen. Sei still!« Verachtung sprach aus seiner Stimme. Was war auch von einem Mann zu halten, der im Angesicht der Gefahr seine Braut verließ und die Flucht ergriff?

Obwohl seine Worte die Wahrheit trafen, vermochten sie Ölün-eke doch nicht zu trösten. Zu frisch war der Schmerz. Und sie weinte noch immer, als Jesügei mit seiner hübschen Beute im Ordu am Oberlauf des Onon eintraf.

Zwar war Jesügei kein mächtiger Khan, sondern nur ein Bagatur, was so viel wie Klanhäuptling bedeutete. Aber er herrschte über ein stattliches Lager von über vierzigtausend Zelten und über das Gebiet zwischen den Flüssen Onon und Kerulen. Er vermochte dem jungen Mädchen vom Stamm der Qongirat einiges zu bieten. Das konnte man schon erahnen, wenn man das Zeltlager von Weitem sah.

In der Mitte des Lagers stand das Zelt des Häuptlings. Es war ein Rundzelt von etwa fünf Metern Durchmesser. Ein meterhohes, hölzernes Gerüst aus Latten bildete den Unterbau. Biegsame Pappelstämme schlossen sich an das Lattengerüst an und formten das kegelförmige Dach. Weißer Filz bedeckte das Gestänge. Verlor der Filz im Lauf der Zeit die Farbe, bestäubte man ihn mit Knochenpulver.

Die feste Feuerstelle befand sich genau in der Mitte der Jurte, sodass der Rauch durch die Öffnung in der Spitze des Zeltes abziehen konnte. Von den Zeltstangen hingen alle möglichen Geräte herab, während kostbare Stoffe, Gold, Edelsteine und andere wertvolle Dinge in bemalten Truhen aufbewahrt wurden. Bunte Filzteppiche bedeckten den Boden, während man tagsüber das Bettzeug gebündelt längs der Wand zurechtlegte.

Um das Zelt des Häuptlings stellten die anderen Familien, Sippen und Stämme, die dem Bagatur Treue und Gefolgschaft geschworen hatten, ihre Zelte in Kreisen auf. Die zahlreichen Karren bildeten den äußeren Ring um das Lager, während die Viehherden die nahen Weiden abgrasten.

Jesügei brachte Ölün-eke sogleich in sein Zelt, dessen Eingang wie bei allen Mongolenzelten nach Süden gerichtet war, nach Chin, dem sagenreichen Land der Chinesen – letztlich das Ziel aller kriegerischen Steppenvölker.

»Du wirst es gut bei mir haben«, versicherte Jesügei und schickte Sklavinnen zu ihr, damit es ihr an nichts fehlte.

Ölün-eke hoffte anfangs immer noch darauf, dass der Stamm ihres Bräutigams versuchte sie aus der Gefangenschaft zu befreien. Doch die Merkiten ließen sich nicht blicken. Offensichtlich war sie ihnen keinen Kriegszug gegen die Bordjigin wert. Und allmählich fügte sich Ölün-eke in ihr Schicksal, das ihr von Tag zu Tag weniger grausam erschien.

Tschiledüs Bild verblasste allmählich. War er nicht wirklich feige gewesen, sie im Augenblick größter Gefahr einfach sich selbst zu überlassen? Wie anders dagegen war doch Jesügei. Ein tapferer Krieger, der die Gefahr nicht fürchtete und ihr zudem ein Leben bieten konnte, von dem sie unter Tschiledüs Dach noch nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

Jesügei besaß zwar bereits eine Frau, Sütschigil. Von ihr hatte er den Sohn Bekter. Doch er erkor Ölün-eke zu seiner Lieblings- und Hauptfrau und versprach ihr: »Deine Söhne sollen dereinst meine Nachfolge antreten!«

Und nun war es so weit. Jesügei befand sich auf einem Kriegszug gegen die Tataren und sie lag in den Wehen ihrer ersten Niederkunft. Was aber geschah, wenn sie ihm keinen Sohn gebar? Diese Vorstellung quälte sie eine Zeit lang noch stärker als die körperlichen Schmerzen.

Ihre Sorge erwies sich als unbegründet. Eine Stunde später schenkte sie einem gesunden, kräftigen Jungen das Leben. In seiner Faust hielt er einen dicken Klumpen geronnenen Blutes – dunkelrot wie ein Rubin.

Man schrieb das Jahr 1155. Im Kalender der Mongolen, die in himmlischen zwölfjährigen Perioden rechneten, war es das Jahr »Gach« – das Schweinsjahr. Dieser Knabe, in einer mongolischen Jurte am Onon-Fluss geboren, später Dschingis Khan genannt, sollte als der größte Eroberer aller Zeiten in die Weltgeschichte eingehen.

3

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte Jesügei mit seinen siegreichen Reitertruppen das heimatliche Zeltlager. Die Kunde von der Geburt seines Sohnes eilte ihm entgegen.

In freudiger Erregung ritt Jesügei zu seinem Zelt, wo ihn der Schamane empfing.

»Jesügei-Bagatur, dies ist ein großer Tag für dich und den Stamm der Bordjigin«, sagte der oberste Schamane feierlich. »Du hast nicht nur die Tataren in den Staub geworfen, sondern der Himmelsgott hat dir durch Ölün-eke, deine Lieblingsfrau, an diesem Tag auch noch einen Sohn geschenkt. Zur Stunde seiner Geburt kreiste ein Adler über dem Ordu – und in seiner Faust hielt der Knabe einen Klumpen geronnenen Blutes!«

»Und wie deutest du diese Zeichen?« Jesügei stellte die Frage nur aus Höflichkeit, denn man brauchte nicht Schamane zu sein, um diese Zeichen richtig deuten zu können.

»Der Adler und das Blut sind gute Omen, Jesügei-Bagatur. Dein Sohn wird einmal ein gewaltiger Krieger sein, das sagen uns die Zeichen.«

Jesügei lachte. »Ich hätte von meinen Söhnen auch nichts anderes erwartet.«

Der oberste Schamane wollte mit der Deutung der Omen noch fortfahren und setzte zu einer weitschweifigen Erläuterung an. Doch Jesügei hatte für langatmiges Gerede nie viel übrig gehabt. Er rammte seine Lanze neben das Zelt.

»Erzähl mir das später«, sagte er zu dem Schamanen und schlug das Fell vor dem Eingang zur Seite. Mit zärtlichem Blick trat er an das Bett von Ölün-eke. Und dann reichte ihm eine Dienerin den Jungen.

Stolz trat in seine Augen, als er das Kind in die Hände nahm und hochhob. Das Baby ballte sofort die Hände zur Faust und begann zu schreien.

Jesügei lachte. Sein Sohn hatte kräftige Lungen, und alles andere würde er als Sohn und Nachfolger des Bagaturs schnell lernen. Weiß Gott, aus ihm würde ein tapferer Mongolenkrieger werden. Und sicherlich würde seine Macht eines Tages weit über die Grenzen hinausreichen, in denen sein Wort, Jesügei-Bagaturs Wort, Gesetz war.

Und da es bei den Mongolen Brauch war, den Namen eines Menschen nach dem wichtigsten Ereignis bei seiner Geburt auszuwählen, gab Jesügei seinem Sohn den Namen Temudschin.

Temudschin bedeutete »Schmied« und das Handwerk des Schmiedes stand bei den kriegerischen Steppenvölkern in hohem Ansehen.

Jesügei gab zur Feier seines erstgeborenen Sohnes Temudschin ein rauschendes Fest in seinem Ordu. Die Gäste kamen von weit her und brachten Geschenke mit, die möglichst weiß waren und in irgendeiner Beziehung zu der Zahl neun standen. Die Mongolen verehrten die Neun als Glückszahl und Weiß als Glücksfarbe.

Und während das rauschende Fest seinen Gang nahm, versicherten die unter Jesügei-Bagatur vereinigten Klan- und Stammesführer immer wieder, dass Temudschin eines Tages bestimmt ein hervorragender Krieger und Häuptling sein würde, in jeder Hinsicht würdig, die Nachfolge des großen Jesügei-Bagatur anzutreten.

Doch diejenigen, die so redeten, sollten in der Stunde der Not die Ersten sein, die ihren Treueschwur vergaßen und Temudschin sogar nach dem Leben trachteten.

4

Noch ehe Temudschin richtig laufen konnte, saß er schon im Sattel. Und von der ersten Minute an fand er Gefallen am Reiten. Niemand brauchte ihn zu zwingen. Seine dunkelblauen Augen leuchteten, wenn sein Vater oder ein Freund ihn auf den Rücken eines Pferdes hob und er den warmen Wind fühlte, der sein rötlich blondes Haar wehen ließ.

Schon als kleines Kind besaß er einen kräftigen Körper und überragte seine Altersgenossen. Auch was Intelligenz, Lernvermögen und Durchsetzungskraft betraf, übertraf er alle anderen. Er war eine geborene Führernatur, und das war gut so. Ein Häuptlingssohn nämlich, der seinen Führungsanspruch bei den Spielkameraden nicht durchzusetzen vermochte, hatte keine Chance, später einmal die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Ein Stärkerer würde ihn rücksichtslos zur Seite drängen.

Jahre vergingen, in denen Temudschin täglich mehr lernte und allmählich auch Pflichten übernahm. Er ging mit auf die Weiden, um Pferde, Ziegen und Fettschwanzschafe zu hüten, sammelte Reisig in den nahen Wäldern oder holte Kameldung aus der Steppe. Er schleppte Wasser von kristallklaren Bergquellen oder armseligen Wüstenbrunnen ins Lager. Und im Winter füllte er die Kessel mit Schnee, der über flackernden Reisigfeuern zu Trinkwasser schmolz.

Die tagtäglichen Arbeiten im Lager waren vielfältig. Besonderen Spaß hatte Temudschin am Schlagen der Stutenmilch, einem Vorrecht der Männer. Auf diese Weise stellten sie nämlich den berauschenden Milchschnaps her, der aus gegorener Stutenmilch bestand, Kumyss genannt.

Aber es wartete nicht nur Arbeit auf den jungen Sohn des Bagaturs. Im Sommer durchstreifte er allein oder mit seinen Freunden die dichten Wälder am Onon, warf in den fischreichen Gewässern die Angel aus und lernte, wie man einem Murmeltier eine Falle stellte. Und im Winter glitt er auf glatten Brettern, die er sich unter die Füße band, die verschneiten Abhänge hinunter.

Oftmals beschäftigte sich Temudschin auch ganz allein. Er genoss es, völlig auf sich allein gestellt zu sein und seinen Gedanken ungestört nachgehen zu können.

Eines Tages, als Temudschin hinter dem väterlichen Zelt hockte und sein Jagdmesser sorgfältig schärfte, beobachtete ihn Targhutai, der Häuptling der Taigighut, die Jesügei den Treueschwur geleistet hatten.

Targhutai war ein Mann von eindrucksvoller Gestalt. Er war groß, breitschultrig und ungeschlacht. Ein rauer Krieger, der Jesügei im Zeltlager vertrat, wenn dieser nicht anwesend war.

Als er den Jungen nun am Boden sitzen sah, trat er auf ihn zu und hob ihn zu sich empor, so als würde er eine Feder vom Boden auflesen. Einen Augenblick musterte er das Gesicht Temudschins mit scharfen, durchdringenden Augen.

Dann glitt ein Lächeln über sein grobflächiges Gesicht und er rief: »Es ist Feuer in seinen Augen und Glanz auf seinem Antlitz!«

Von diesem Tag an hatte Temudschin einen kundigen Lehrmeister, der sich seiner annahm und für ihn sorgte, wenn seine Eltern nicht im Zeltlager weilten.

Es war Targhutai, der ihn mit den verschiedenen Waffen vertraut machte. Er zeigte ihm, wie man eine Lanze treffsicher führte und wie man den Ukriuk gebrauchte, die Lederschlinge, mit der man Pferde einfing. Er brachte ihm auch den Umgang mit Pfeil und Bogen bei. Ganz besondere Sorgfalt verwandte Targhutai darauf, dass Temudschin beim Führen des Krummschwertes – er ließ vom Schmied extra einen kleinen Säbel für ihn anfertigen – Ausdauer, Kraft und blitzschnelles Reaktionsvermögen erwarb.

Er führte ihn auch hinaus in die Steppe und zeigte ihm, wie man in dieser lebensfeindlichen Natur überlebte. Er machte ihn mit den Gefahren der Wüste vertraut und lehrte ihn, sich anhand der Gestirne bei Tag und Nacht zu orientieren.

Targhutai gab all sein Wissen an Jesügeis Sohn weiter. Doch er war kein sonderlich zimperlicher oder gar geduldiger Lehrmeister. Er gestand seinem Schüler stets nur einmal zu, dass er etwas falsch machte. Beim zweiten Mal jedoch musste es stimmen.

»Weder die Natur noch deine Feinde werden dir später Gelegenheit geben, einen Fehler wieder gutzumachen, Temudschin«, mahnte er ihn. »Der erste Fehler ist meist tödlich. Denke immer daran. Wenn du etwas tun willst, tue es richtig. Sonst lasse es gleich bleiben!«

Oft war es hart für Temudschin, doch von einem Häuptlingssohn wurde nichts anderes erwartet. Und er lernte rasch und nahm sich die Mahnungen seines Lehrmeisters zu Herzen. Dass sich die Härte, die Targhutai Temudschin anerzog, später auch gegen ihn wenden sollte, ahnte der Taigighut-Häuptling nicht.

5

In jener Zeit, als Temudschin noch mit einem kleinen Kindersäbel übte, ritten eines Tages hundert Krieger aus dem mächtigen Volk der Kereiten in Jesügeis Lager am Onon, der dreißigjährige Khan Toghril an ihrer Spitze.

Toghril kam, um Jesügei um Hilfe zu bitten. Sein Volk hatte ihn verjagt, weil seine Grausamkeit nicht länger zu tolerieren war. Um Khan der Kereiten zu werden, hatte Toghril nämlich alle seine Brüder, die ihm den Führungsanspruch möglicherweise hätten streitig machen können, umbringen lassen. Und das waren rund vierzig an der Zahl gewesen. Außer den hundert Gefolgsleuten war ihm von seiner Macht nun nichts mehr geblieben.

Jesügei war nicht sehr davon angetan, Toghril wieder zur Macht und Khan-Würde zu verhelfen. Er verabscheute die Grausamkeit dieses Mannes, hütete sich jedoch davor, seine Meinung kundzutun.

Es gab Dinge, die viel schwerer wogen. Die Kereiten lagen genauso wie die Bordjigin in ständigem Kampf mit den Tataren. Toghrils Großvater Markus, der von Missionaren zum nestorianischen Glaubensbekenntnis bekehrt worden war, es sich aber dennoch nicht hatte nehmen lassen, hundert Frauen sein Eigen zu nennen, hatte gleichfalls gegen die Tataren gekämpft. Dann jedoch war er in die Hände seiner Feinde gefallen, die ihn dem Goldenen Kaiser in Chin auslieferten. Dieser ließ ihn unverzüglich pfählen.

Jesügei überlegte sich seine Antwort auf Toghrils Bitte gut. Verhalf er ihm wieder zur Macht, bedeutete das einen mächtigen Bundesgenossen mehr. Toghril stand dann in seiner Schuld.

Zusammen mit seinen Unterführern erörterte Jesügei das Für und Wider eines solchen Eingreifens. Schließlich kamen die Männer zu dem Entschluss, Toghril Waffenhilfe zu gewähren.

Wenig später brach Jesügeis mächtiges Reiterheer auf und drang in das Gebiet der Kereiten ein, stellte die Truppen des neuen Khans und schlug sie vernichtend. Toghril wurde in seinem königlichen Zeltlager am Ufer des Flusses Tola im Schwarzen Wald wieder in Amt und Würden gesetzt.

Der alte und neue Khan gab zu Ehren seiner siegreichen Verbündeten ein rauschendes Fest. Und um seine ewige Dankbarkeit unter Beweis zu stellen, bot Toghril dem Bordjigin-Häuptling die Blutsbrüderschaft an.

Dem alten Ritus gemäß ließen Toghril und Jesügei Blutstropfen in eine mit Kumyss gefüllte Schale tropfen, von der dann jeder trank. Damit war der Bund ewiger Treue und Freundschaft besiegelt. Sie waren nun Anda – Blutsbrüder.

Temudschin war noch zu klein, um die ganze Bedeutung dieses Bundes zu begreifen. Doch in nicht allzu ferner Zukunft sollte er sich an die Hilfeleistung zugunsten Toghrils erinnern und seinen Nutzen daraus ziehen.

6

Temudschin war gerade neun, als sein Vater zu der Überzeugung gelangte, es sei nun an der Zeit, eine geeignete Braut für seinen Sohn zu finden. In den vergangenen Jahren hatte ihm Ölün-eke noch drei weitere Söhne und eine Tochter geschenkt: Qasar, er war jetzt sieben, Qatschiun fünf und Temüge gerade drei Jahre alt. Und das Mädchen Temülün war noch ein Baby. Zudem hatte Jesügei von seiner Nebenfrau Sütschigil die beiden Söhne Bekter und Belgütai. Bekter war um einiges älter als Temudschin und verständlicherweise auf ihn eifersüchtig, denn es war sein Halbbruder und nicht er, der ständig im Mittelpunkt stand.

Obwohl Bekter älter war, galt Temudschin als Erstgeborener und Nachfolger seines Vaters. Deshalb galt es, zuerst ihn mit der Tochter eines mächtigen Stammes zu verheiraten. Seine Erbfolge musste früh gesichert sein, denn der Tod konnte ihn schon im nächsten Gefecht ereilen. Deshalb besprach er sich mit Ölün-eke.

»An welche Verbindung hast du gedacht?«, fragte sie. Auch sie hatte sich schon Gedanken über die Wahl einer Braut für Temudschin gemacht. Mongolen pflegten früh zu heiraten, und so war es nicht übertrieben, schon jetzt für ihren Erstgeborenen auf Brautschau zu gehen.

»Ich habe eine Wahl getroffen, die dir gefallen wird«, sagte Jesügei schmunzelnd und strich über seinen Bart. »Ich möchte, dass seine Frau aus einem stolzen und mächtigen Stamm kommt.«

Ölün-eke hatte plötzlich eine Ahnung und ein belustigtes Lächeln trat auf ihr noch immer junges, reizendes Gesicht. »Willst du auf einen Überfall anspielen, den du vor neun Jahren auf die Braut eines feigen Kriegers vom Stamm der Merkiten unternommen hast?«

Jesügei lachte schallend. »Es war kein Überfall. Ich habe dich nur vor einem tristen Dasein bewahrt. Aber du hast meine Gedanken erraten. Dein Volk, die Qongirat, ist tapfer, mächtig und reich an Töchtern, die einem kampferprobten Krieger die Sinne verwirren können. Schon oft haben wir Mongolen uns Frauen unter den schönsten Mädchen der Qongirat ausgewählt. So war auch meine Großmutter, die Frau des ruhmreichen Kabul Khans, eine Qongirat.«

Ölün-eke nickte, hocherfreut über die Entscheidung ihres Mannes. Sie fühlte sich geschmeichelt und hoffte den Tag zu erleben, an dem die Zelte der Bordjigin und der Qon-girat sich zu einem Lager vereinigten. Wer würde dann noch in der Lage sein, sich der gewaltigen Streitmacht ihres Sohnes in den Weg zu stellen? Höchstens noch das mächtige Chin im Süden. Aber das waren vorerst Träume. Viel wichtiger war im Augenblick, dass Jesügei und Temudschin das Ziel ihrer Reise unbeschadet erreichten. Um ins Lager der Qongirat zu gelangen, mussten sie nämlich eine achthundert Kilometer lange Strecke bewältigen, die sie nicht nur durch das Land der ihnen immer noch feindlich gesonnenen Tataren führte, sondern auch über schroffe Gebirge und das gefürchtete »Trockene Meer« – die scheinbar endlose Wüste Gobi.

Tags darauf brachen Vater und Sohn zu ihrer langen und gefährlichen Reise auf. Die Diener hielten für Vater und Sohn zwei herrliche Hengste bereit, denen man während der letzten Monate Fettstückchen unter ihre Nahrung gemischt hatte. Das sollte sie ausdauernder und widerstandsfähiger gegen die zu erwartenden Strapazen machen. Mähne und Schweif waren gestutzt und das Fell war vorbildlich gestriegelt. Ein drittes Pferd von ebenfalls edler Abstammung wurde mit kostbaren Geschenken für den zukünftigen Brautvater sowie mit dem nötigen Proviant beladen – gedörrtes Fleisch, Wasserschläuche und Qurut, ein bitterer Quark, der aus Buttermilch hergestellt und in der Sonne getrocknet wurde, bis er steinhart war. Um ihn zu verzehren, löste man ihn in kochendem Wasser auf.

Bevor Jesügei und Temudschin aufsaßen, verabschiedeten sie sich von Ölün-eke und den Edlen des Stammes, die sich vor dem Zelt versammelt hatten und ihnen für ihren Ritt den Schutz der Götter wünschten. Dann verließen sie das Ordu. Das Handpferd führte Jesügei am Zügel hinter sich her und bald entschwand das gewaltige Zeltlager aus ihrer Sicht.

Sie folgten dem Onon-Fluss abwärts und schlugen vom ersten Tag an ein scharfes Tempo an. Im Galopp durchquerten sie die fruchtbaren Täler und Weiden des Stammesgebietes. Und immer wieder blickte Jesügei zu seinem Sohn hinüber und sah zu seiner Freude, dass Temudschin wie ein Mann im Sattel saß und keine Schwierigkeiten hatte, das schnelle Tempo zu halten.

Während der ersten beiden Tage stießen sie immer mal wieder auf kleine Zeltlager. Es waren kleine Klans, die sich unter den Schutz Jesügeis begeben hatten und ihm dafür pflichtgemäß den Zehnten entrichteten.

Wenn sie nicht im Ordu eines befreundeten Klanhäuptlings übernachteten, schlugen sie ihr Lager abends an einem See- oder Flussufer auf. Und Temudschin bewies dann, dass er ein guter Jäger war. Es gab stets reichlich Wild, das er mit Pfeil und Bogen erlegen konnte. In den Nächten deckten sie sich mit warmen Filzdecken zu. Und wenn die Temperaturen zu tief sanken – es war Frühling und der Sommer ließ sich erst erahnen –, rückten sie näher an die Pferde.

Bald jedoch wurden die saftigen grünen Grasflächen immer seltener, die Täler breiter und die Berge niedriger. Moos und trockene Sträucher bedeckten den kargen Boden. Und dann verschwanden auch diese und machten nacktem schwarzem Gestein Platz. Sie bahnten sich ihren Weg durch schmale Schluchten mit steil abfallenden Felswänden. Und in den zerklüfteten Gesteinsformen heulte der Wind, dass es wie das Geheul von zehntausend Wölfen klang, die dort irgendwo in der Schwärze der Felsspalten lauerten.

Sie hatten mittlerweile längst das Stammesgebiet der Bordjigin verlassen und nun hieß es auf der Hut sein. Immer wieder stieg Jesügei vom Pferd, legte sich flach auf den Boden, presste ein Ohr gegen die steinige Erde und horchte angestrengt. Auf diese Weise vermochte er Hufschlag über weite Entfernungen hin auszumachen, ja sogar menschliche Stimmen. Sie befanden sich im Land der Tataren, und da war erhöhte Vorsicht geboten. Näherte sich ihnen ein Reitertrupp, so wichen sie ihm aus und schlugen einen Bogen, bevor sie ihren Weg fortsetzten.

Immer weiter ging es nach Süden, wo jenseits der Wüste Gobi die Weiden der Qongirat lagen. Sie kamen zügig voran. An manchen Tagen legten sie über hundert Kilometer zurück. Das war gut, aber für Jesügei nicht außergewöhnlich. In Notfällen hatte er oftmals schon bis zu dreihundert Kilometer pro Tag zurückgelegt. Das bedeutete mindestens zwanzig Stunden im Sattel, ab und zu ein kleines Nickerchen über dem Hals des Pferdes – und vor allem ständig neue, ausgeruhte Pferde.

Sie waren knapp eine Woche geritten, als eines Mittags plötzlich ein Falke auf sie herabstieß. Er schien direkt aus dem Glutball der Sonne zu fallen. Im Sturzflug fiel er vom Himmel, ihnen direkt entgegen. Als hätte er vor, sie mit seinen Fängen von den Pferden zu reißen und hoch in die Lüfte zu tragen.

Dann aber brach er seinen Sturzflug auf einmal ab und kreiste majestätisch mit weit ausgebreiteten Schwingen über ihren Köpfen. Schließlich gewann er wieder an Höhe und flog nach Südosten davon.

»Hast du den Falken gesehen?«, fragte Jesügei seinen Sohn erregt. »Er kreiste genau über uns. Neunmal!«

»Das ist ein gutes Omen«, sagte Temudschin, der an die Prophezeiungen der Schamanen und die Zeichen, die der Himmelsgott sandte, fest glaubte. »Was mag das bedeuten?«

»Dass wir dem Falken folgen sollen. Nichts anderes hat das zu bedeuten, mein Sohn«, erklärte Jesügei überzeugt und sie wandten ihre Pferde nach Südosten. Weiter ging der Weg über kargen Wüstenboden. Die Sonne brannte vom Himmel und die schroffen Felsen, die vor ihnen aus der sandigen Ebene ragten, schienen in der Mittagshitze zu verschwimmen.

Die beiden Reiter jagten nach Südosten, der Richtung des Falken folgend. Das monotone Getrommel der Pferdehufe begleitete sie wie eine ewige Melodie.

Als die Schatten länger wurden und es an der Zeit war, nach einem geeigneten Lagerplatz für die Nacht Ausschau zu halten, erreichten sie ein lang gestrecktes Tal, in dessen Mitte ein kleiner See ruhte. Noch glitzerte Wasser, vom Licht der Abendsonne vergoldet, in der steinernen Mulde. Doch in wenigen Wochen, wenn der Sommer einzog und die feuerheißen Winde über die Wüste fegten, würde vom See nichts mehr zu sehen sein.

Auf halbem Weg zum See bemerkten Jesügei und Temudschin plötzlich den einzelnen Reiter, dessen Ziel gleichfalls das klare Wasser des kleinen Sees zu sein schien.