Easygoing - Jenny Jägerfeld - E-Book

Easygoing E-Book

Jenny Jägerfeld

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Beschreibung

Weil Joanna ADHS hat, sieht es in ihrem Kopf aus wie in einem Vergnügungspark – mit Rad fahrenden Zwergen, bärtigen Damen und rostigen Riesenrädern. Doch Joanna kommt damit klar und hat ihr Leben trotz der Krankheit im Griff. Das Ganze wird erst kompliziert, als sich Joanna ihre Tabletten nicht mehr leisten kann. Und deshalb abgelaufene Kondome vertickt und einen Drogendealer loswerden muss, den sie um sein Geld geprellt hat. Dass das übel enden muss, ist praktisch vorprogrammiert. Doch Joanna ist mutig, stark und absolut nicht angepasst: Sie nimmt die Sache selbst in die Hand. Ein Jugendroman über das Erwachsenwerden – wild, authentisch und voller Humor erzählt.

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Über das Buch

Weil Joanna ADHS hat, sieht es in ihrem Kopf aus wie in einem Vergnügungspark – mit Rad fahrenden Zwergen, bärtigen Damen und rostigen Riesenrädern. Doch Joanna kommt damit klar und hat ihr Leben im Griff. Eigentlich …

Wenn sie ihre Medizin nimmt, ist das Durcheinander in Joannas Kopf kein großes Problem. Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten ihrer Mutter, die vergeblich versucht, einen neuen Roman zu schreiben. Und denen ihres Vaters, der nur apathisch vor dem Fernseher sitzt – und damit Joanna echt fucking auf die Nerven geht. Das Ganze wird erst kompliziert, als sich Joanna ihre Tabletten nicht mehr leisten kann. Ob das Verticken abgelaufener Kondome ihr da weiterhilft? Joannas kreative Ideen zwecks Geldbeschaffung sind damit jedenfalls noch lange nicht erschöpft und Schwierigkeiten somit vorprogrammiert …

Hanser E-Book

Jenny Jägerfeld

Easygoing

Aus dem Schwedischenvon Birgitta Kicherer

Carl Hanser Verlag

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem TitelJag är ju så jävla easy going bei Gilla Böcker, Schweden.

Die Übersetzung dieses Buches wurde vomKulturrådet – Swedish Arts Council gefördert.

ISBN 978-3-446-25436-7

© Jenny Jägerfeld 2013 – published by arrangement

with Grand Agency

Alle Rechte der deutschen Ausgabe:

© Carl Hanser Verlag München 2016

Umschlag: Marion Blomeyer / Lowlypaper, München

© Dougal Waters/Getty Images

Satz im Verlag

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele andere Informationen finden Sie unter www.hanser-literaturverlage.de.

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Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, www.le-tex.de

Für Milla und Simone – meine Liebe für euch ist unendlich!

Ich stand vor dem offenen Spind und starrte hinein. Betrachtete wie in Trance das Durcheinander aus zerfledderten Büchern, leuchtend grünen Heften, schwarzen Ordnern, zerknüllten losen Blättern, schmutzigen Plastiktüten und abgebrochenen gelben Bleistiften. Konnte mich wieder mal nicht daran erinnern, welches Fach wir gleich hatten, wann genau die Stunde anfing oder welches Buch ich herausnehmen sollte.

Plötzlich packte mich jemand an den Schultern und riss mich nach hinten. Ich bekam einen Stoß in die Seite und fuhr herum.

Valle.

Valle mit dem kahl geschorenen Schädel, der gebrochenen Nase, den steinharten Händen.

Eisige Angst ließ meinen Körper erstarren, als wäre ich ein Hase im Scheinwerferlicht eines Autos.

Er hatte es erfahren. Irgendwie hatte er es erfahren.

Er presste mich gegen den Spind, ich hörte, wie mein T-Shirt zerriss, spürte, wie mein Herz mitten in einem Schlag stehen blieb. Valle schob das Kinn vor, und plötzlich war sein Gesicht so nah, dass mir sein Speichel an die Wange spritzte, als er zischte:

»Du gottverdammte Psychoschlampe!«

Ich dachte: Er bringt mich um. Ich sah in diese leblosen hellgrünen Augen und war überzeugt, er würde es tun. Er sagte:

»Kapierst du?! Kapierst du, was du gemacht hast!«

Eine Freakshow in meinem Kopf

Sie stieg in Gröndal zu und bemerkte mich nicht. Nahm genau vor mir Platz, und wenn sie den Kopf wandte, um aus dem Fenster zu schauen, drang ein Hauch von ihrem Parfüm zwischen den Sitzen nach hinten. Ich sah den Duft wie in einem Zeichentrickfilm erst die Form eines liegenden weißen S annehmen und sich danach als transparenten Nebel durch die Luft bewegen, von ihrem Hals und ihren Handgelenken direkt auf mich zu.

Es war ein schwerer, süßer Duft. Vanille, Moschus und überreife Äpfel, verblühte Rosen. Mein Herz klopfte so heftig, als wollte es sich durch die Rippen ins Freie kämpfen.

Ich verstand eigentlich nicht, warum.

Sie war nicht mal besonders nett. Nein. Hart und gefühllos, mit einem abweisenden Verhalten, das ihren bleichen weichen Körper wie eine stählerne Rüstung umschloss. Das Freundlichste, was sie je zu mir gesagt hatte, war: »Your mother!« Ich kapierte natürlich, dass es eine Beleidigung sein sollte, obwohl ich mir lange den Kopf darüber zerbrach, in welchem Sinne und warum.

Es hieß, sie würde gern zündeln. Seit August hatten in der Schule sieben Mal Papierkörbe gebrannt. Das sei nicht normal, sagte die Rektorin, und ich war ausnahmsweise geneigt, ihr recht zu geben, auch wenn sie sonst erschreckend voller Scheiße war.

Außerdem tötete sie kleine Tiere. Nicht die Rektorin, wobei mich das, ehrlich gesagt, auch nicht überrascht hätte. Die Rektorin blähte sich immer damit, wie viele beschissene Saiten sie aufziehen könne. Und Tierquälerei wäre von dem Sadismus light, den sie üblicherweise kultivierte, nicht weit entfernt gewesen.

Nein, ich meine die mit der stählernen Rüstung. Vor sehr langer Zeit, einem Jahrzehnt vielleicht, als wir beide noch ohne Weiteres als »Kind« durchgingen, wurde ich Zeuge, wie sie einem zerrupften grau-braunen Vogel mit einem spitzen Bleistift mitten in die Brust stach. Es war das erste Mal, dass ich weinen und mich gleichzeitig übergeben musste. Das erste, aber nicht das letzte Mal. Die Kombination aus Weinen und Kotzen hat mich seither begleitet. Meistens bleibt es bei dem Gefühl, dass es gleich losgeht, aber schlimmstenfalls passiert es auch. Es ist meine Reaktion auf eine Art gefühlsmäßigen Overload, zu dem ich bedauerlicherweise ein bisschen neige.

Schon möglich, dass er schon halb tot war, der räudige kleine Piepmatz, dass es also ein murder of mercy war, und klar, das wäre ein mildernder Umstand. Trotzdem zählte sie für mich von da an zu einer anderen Spezies.

Eine, die Leben auslöscht.

Eine, die Feuer legt.

Hier wäre vielleicht die passende Stelle für eine Floskel darüber, wie sie mein Herz in Brand gesetzt hat. Aber das hat sie gar nicht. Es war eher so, als hätte sie eine glühende Zigarettenkippe darauf ausgedrückt. Ein leichtes Zischen war die logische Folge.

Gerade wandte sie sich wieder zur Seite und schaute aus dem Fenster. Ich konnte sie in aller Ruhe betrachten.

Sie hatte ein gestörtes Sozialverhalten und war schön wie eine verdammte Gewitternacht. Jedenfalls in meinen Augen, sonst sah das wohl kaum jemand so. Sie hieß Audrey, was auf Altenglisch »noble strength« bedeutet. I looked that up. Und es passte so unglaublich gut! Ich weiß nicht, ob es ein Zufall war, aber sie sah haargenau so aus wie Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany, nur dass sie doppelt so groß war. Die schwarzen Haare. Die hohen Wangenknochen. Die perfekt sitzenden Kostüme, Blusen, Hosen, alles wie maßgeschneidert für genau diese Figur. Wo sie die Klamotten wohl herhatte? In der Galleria von Liljeholmen führte man sie jedenfalls nicht.

Und noch etwas war da. Etwas, das bewirkte, dass ich nicht aufhören konnte, an sie zu denken. Denn das konnte ich nicht. Es war, als gäbe es in meinem Kopf einen speziellen Sender, der nur für sie existierte. Parallel zu all den anderen Sendern, die bei mir ständig eingeschaltet waren.

Wenn Leute sich über einen Tinnitus beschwerten, konnte ich nur lachen. Ich lachte, dass die Spucke nur so sprühte, lachte, bis ich fast erstickte, lachte, bis mir die Tränen kamen.

Ein kleines Piepsen.

Ein kleines, wenn auch ständiges Piepsen.

Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln, bis ich Gefahr lief, mir ein Schleudertrauma einzufangen. Wie kamen die Leute auf die Idee, einen harmlosen Tinnitus für ein Problem zu halten?

Wo ich selbst einen überdrehten Vergnügungspark im Kopf hatte. Eine veritable Freakshow, komplett mit radfahrenden Zwergen, bärtigen Damen, rostigen Riesenrädern und einem experimentellen Jazz-Orchester, dessen Trompeten, Posaunen und Hörner, ja, dessen sämtliche Bläser ein wildes Crescendo hinlegten. Auch eine Menagerie mit verlausten alten Bären, unglücklichen Elefanten und laut heulenden inzüchtigen Wölfen war dabei und, nicht zu vergessen, eine U-Bahn-Station zur Rushhour mit gestressten Vorortmamis, schwarzen Jungs, die in ausgebeulten weiten Hosen einherschlurften, und stotternden Rollstuhlfahrern, die den Vorübereilenden Glückslose anpriesen. Hinzu kam das ganz normale analoge Getwitter aus Stimmen, Einfällen und Ideen, das hemmungslos laut auf mich einprasselte.

Das alles hatte ich auszuhalten.

Und da beklagten sich die Leute über ein Piepsen. Ein bescheuertes kleines Piepsen.

Man gestatte mir zu schmunzeln. Nein. Man gestatte mir, manisch loszuwiehern. Nein. Es sei mir gestattet, mir etwas Beruhigendes zu injizieren.

Ein Piepsen.

Wenn es nur das gewesen wäre – wie überaus angenehm.

Sie stand auf und stieg an der Haltestelle Blommensbergsvägen aus. Erst als ihr Duft meine Nasenlöcher verlassen hatte, ging mir auf, dass ich auch hätte aussteigen sollen. Ich wohnte schließlich hier. Auch wenn ich fast alles, was ich besaß, dafür gegeben hätte, um sagen zu können, das sei nicht der Fall.

Sich den Schädel blutig schlagen

Als ich nach dem Umweg über Örnsberg nach Hause kam, saß Mama am Küchentisch vor dem Laptop. Bei dem Anblick bekam ich, wie immer, maßlos miese Laune. Sie schrieb nicht mal. Saß nur da, das Kinn auf die Hand gestützt, und stierte vor sich hin. Als ich vorbeiging, hob sie den Kopf und versuchte sich an einem lahmen »Hallo, Joanna« und einem Lächeln.

Ich weiß nicht, aber ich finde, man sollte ein Lächeln lieber gar nicht erst versuchen, wenn man so eindeutig nicht dazu in der Lage ist. Wenn der Versuch nicht nur an den Augen scheitert, sondern auch am noch viel wichtigeren Mund. Mehr als eine hässliche Grimasse kommt dabei nämlich nicht heraus, und es ist nicht ganz leicht, sie nicht persönlich zu nehmen. Vor allem dann nicht, wenn sie von der eigenen Mutter kommt.

Schnell checkte ich das Wohnzimmer, und da saß er, Papa. Wie hypnotisiert, den Blick auf den Fernseher gerichtet. Er sah mich nicht mal. Ich ging weiter in mein Zimmer und schloss die Tür. Legte mich aufs Bett und starrte an die Decke, wo die Farbe rissig geworden war und abblätterte, ein Memento des allgemeinen Verfalls bei uns zu Hause.

Mamas Bücher waren im Laufe der letzten neun Jahre fünfmal abgelehnt worden. Fünf Mal! Das hieß, sie hatte fast zwei Jahre damit verbracht, ein Buch zu schreiben, hatte es an ihren Verlag geschickt, und der Verlag hatte geantwortet: Nein danke, wir wollen Ihr Buch nicht veröffentlichen. Worauf sie weitere zwei Jahre damit verbrachte, ein neues Buch zu schreiben, es wieder an den Verlag schickte und der Verlag wieder mit Nein danke antwortete. Worauf sie es noch mal machte. Und noch mal. Und noch mal! Immer mit dem gleichen Ergebnis, der gleichen Antwort: Es trägt nicht, taugt nichts, ist nichts für uns. Beim letzten Mal war sie nicht mal mehr zu einem Gespräch eingeladen worden, sondern hatte nur einen Brief erhalten des Inhalts: Don’t call us. We’ll call you. Oder so ähnlich. Jedenfalls hab ich ihn so verstanden, als ich ihn auf dem Flurtisch liegen sah und heimlich las.

Das Ganze war natürlich zutiefst tragisch, aber ich schaffte es weder, ihre immer neuen unrealistischen Hoffnungen zu teilen, noch, sie nach den immer neuen Niederlagen zu trösten. Ehrlich gesagt, war es mir schleierhaft, warum sie es überhaupt noch versuchte. Meiner Meinung nach hätte sie schon vor Jahren das krampfhafte Festhalten an ihrer Identität als Schriftstellerin aufgeben und die Realität so akzeptieren sollen, wie sie ist. Den Beobachterposten aufgeben und sich ins Leben stürzen.

Sie hat ein saugutes Buch geschrieben. Vor neun Jahren.

That´s it. Ein One-Hit-Wonder der Literatur.

Sie wurde in der Presse gefeiert, bekam feine Literaturpreise, ging auf Lesereisen und signierte mit ihrer schwungvoll unleserlichen Schrift Bücher. Ihr Buch wurde ins Dänische, Finnische, Norwegische und Deutsche übersetzt und brachte in den ersten Jahren tatsächlich Geld ein. Geld. Unglaublich! Inzwischen kann ich mich kaum noch daran erinnern, wie Geld aussieht.

Ich weiß noch, wie sie in regelmäßigen Abständen zufrieden auf ihr schwarz-weißes Foto in der Zeitung deutete. Schau mal! Ja, das da bin ich! Siehst du das! Man schreibt über mich!

Ich war so stolz auf sie. Sie war so smart, so scharfsinnig, so schnell. Und auf dem Bild war sie schön. In Wirklichkeit war sie wohl auch ganz hübsch, aber so schön wie auf dem Foto hatte ich sie bestimmt noch nie gesehen. Das Haar, das sich an den Schläfen lockte, der offene, intelligente Blick. Im Mundwinkel die Andeutung eines Lächelns.

Dort wollte sie wieder hin, das war mir klar, aber ihre brennende, verzweifelte Sehnsucht danach war nur noch peinlich. Trotzdem konnte ich sie verstehen. Wäre mir jemals etwas ähnliches Großartiges passiert, hätte ich mich auch danach zurückgesehnt.

Aber es war mir natürlich nicht passiert.

Die Einsicht, dass ich nicht mehr besonders stolz auf sie war, tat fast körperlich weh. Denn plötzlich sah ich sie nicht mehr als smart, scharfsinnig und schnell. Nein, eher als dumm, denkfaul und lahm. Und noch schmerzlicher war die Einsicht, dass ich mich, um ehrlich zu sein, ein bisschen für sie schämte. Ich schämte mich, weil sie es immer noch versuchte.

Neun Jahre. Ein veröffentlichtes Buch. Fünf abgelehnte.

War das nicht deutlich genug? War das Scheitern nicht so offensichtlich, dass man es geradezu mit Händen greifen konnte?

Aber es ist schwierig, der eigenen Mutter zu sagen, sie solle die Hoffnung endlich aufgeben, wenn der einzige Rat, den sie dir fürs Leben gibt, darauf hinausläuft, genau das unter gar keinen Umständen zu tun.

Nicht, dass ich je darauf gehört hätte, aber trotzdem.

Nicht aufzugeben hatte irgendwie mehr Würde als aufzugeben. Hieß es.

Trotzdem wäre es in manchen Fällen vielleicht besser. Aufzugeben, meine ich. Manchmal wäre es vielleicht einfach schlauer, sich den Kopf nicht länger an einer Betonwand blutig zu schlagen. So kam es mir jedenfalls vor. Schlauer und würdevoller.

Es war nicht ganz unkompliziert, die Dinge klarer zu sehen als die eigene Mutter.

Nach der letzten Ablehnung war sie in einen fast katatonischen Zustand geraten. Am Küchentisch sitzend und vor sich hin starrend, hatte sie an eine Wachspuppe erinnert. Eine stumme, regungslose Wachspuppe. Man konnte kaum mit ihr in Kontakt kommen, und das war ehrlich nicht sehr angenehm.

Danach war sie einen Tag lang total ausgerastet und hatte wie ein Berserker über ihren Verleger und seinen Verlag geflucht. Åke, das verfickte Arschloch und sein verhurter Scheißverlag, so in der Richtung. Auch an schwanzlutschender Fotzenficker und Oberflachwichser kann ich mich erinnern.

Das war auch nicht sehr angenehm, aber man wusste wenigstens, dass sie lebte. Danach hatte sie sich eine sogenannte Nachdenkzigarette auf dem Balkon genehmigt und ein neues Buch angefangen. Alles war wieder gut.

Oder was heißt schon gut.

Kommt darauf an, ob man mangelnde Einsichtsfähigkeit gut findet. Kommt darauf an, ob man Lebenslügen mag und für hilfreich hält.

Wenigstens wurde sie nicht depressiv. Gott sei Lob und Dank dafür! Ein Depressiver in der Familie war nämlich genug. Mein Vater. Er war zutiefst depressiv. Oder niedergeschlagen, wie er selbst es nannte, wenn er mit einer karierten Wolldecke über den Beinen auf dem Sofa hockte. Er war zu Hause, aber er spielte dort keine irgendwie erkennbare Rolle. Falls er das überhaupt jemals getan hatte.

Im Herbst war er krankgeschrieben worden. Seitdem war die Diagnose Depression amtlich, und man kann nicht behaupten, dass er es gut verkraftete. Was mir etwas seltsam vorkam, weil sein Zustand über ein halbes Jahr lang für alle, die Augen im Kopf und eine halbwegs intakte Aufnahmefähigkeit hatten, quälend deutlich gewesen war. Der Name eines Zustands, in dem er sich ohnehin schon befand, konnte doch wohl keinen großen Unterschied machen.

Offenbar aber doch. Es war, als machte ihn die Diagnose noch depressiver. Er hörte auf zu reden. Hörte sogar auf sich zu bewegen.

Was für eine Ironie!

Es hätte natürlich sein können, dass unsere Diagnosen uns einander näherbringen, meinen Vater und mich. Stattdessen waren wir wie Feuer und Wasser. Meine Diagnose bescheinigte mir eine Verfassung, die auf das genaue Gegenteil seiner Stummheit und Lethargie hinauslief. Ich konnte einfach nicht die Klappe halten. Schaffte es nicht still zu sitzen. Und dafür konnte ich nichts. Ich war schon immer so gewesen.

Irgendwo im tiefsten Innern tat er mir natürlich leid. Doch das schloss nicht aus, dass er mir echt fucking auf die Nerven ging.

Stilvoll vögeln

Ich schaute mich im Korridor um. Er war leer, aber ich hörte jemanden gegen einen Spind hämmern. Klassisch Faust gegen Metall. Ich sah auf die Uhr. Exakt 10.15 Uhr.

Nisse kam um die Ecke geschlendert, die Gitarre in der schwarzen Hülle in der Hand. Mit seiner über die Ohren hochgeklappten schwarzen Mütze sah er aus wie Jack Nicholson in Einer flog über das Kuckucksnest. So was wie mein männliches Schönheitsideal. Leider nahm Nisse sich selbst und seine Musik so übertrieben ernst, dass er immer mit dem Ausdruck chronischer Verstopfung durch die Gegend lief. Wegen meiner Mutter hatte ich eine Art Allergie gegen Menschen mit verstiegenen Ansprüchen entwickelt, obwohl ich auf Menschen total ohne Ansprüche – siehe mein Vater – auch allergisch reagierte. Vielleicht war ich generell gegen Menschen allergisch.

Nisse begrüßte mich mit Handschlag. Wohlerzogen, das musste man ihm lassen, auch wenn ich mir seinen feuchtkalten Handschweiß hinterher an der Hose abwischen musste.

Ich öffnete meinen Spind, holte ein Bündel flache Kondompackungen heraus, entfernte das Gummiband und blätterte sie durch, als wäre es ein Kartenspiel. Zeigte ihm rote Thin, blaue Profil, grüne Noppen, lila Naked, graue Grande und weiß-grüne Mamba.

»Welche Sorte?«

»Äh … weiß nicht, Mamba vielleicht?«

»Mamba ist gut, sitzt schön tight.«

»Die sind aber nicht zu klein, oder? He, ich hab keinen kleinen Schwanz!«

Nisse trat einen halben Meter zurück, nahm die Mütze ab und fuhr sich mit der Hand durchs dunkle, wachsglänzende Haar. Er setzte die Mütze wieder auf, und ich seufzte. Bei manchen half echt nur Aufklärungsarbeit.

»Die sind nicht klein«, erklärte ich. »Die sitzen nur tight, also fest. Der Unterschied ist vielleicht ein halber Millimeter – wenn überhaupt.«

»Vergiss es! Was ist mit Profil?«

Ich merkte, wie er es vermied, über die Sorte Grande zu reden. Vielleicht besaß er doch ein gewisses Maß an Selbsterkenntnis.

»Die sind gut, Standard eben. So eine Art … Volvo der Kondome. Ein bisschen spießig, aber gut. Sonst nimm die Naked. Die sind schön dünn, da spürt man irgendwie ein bisschen mehr. Fast wie ohne …«

Wen versuchte ich da eigentlich zu bluffen? Es war doch klar, dass man ein Kondom immer spürte.

»Ist okay, dann nehm ich die. Was kriegst du dafür?«

»Vierzig für den Zehnerpack.«

»Was? Vierzig Kronen? Ich dachte, du verkaufst sie billig.«

Ich schüttelte den Kopf, warf das Bündel zurück in den Spind und schloss die Tür. Er ging mir echt auf den Geist. Kauf oder kauf nicht, aber motz nicht am Preis herum!

»Du hast noch nie Kondome gekauft, stimmt’s? Vierzig ist die Hälfte vom normalen Scheißpreis.«

Noch während ich ihn anfauchte, bereute ich es, weil ich das Geld ja dringend brauchte. Zum Glück gab Nisse nicht auf.

»So hab ich’s nicht gemeint. Für mich ist das eben teuer.«

»Dann kauf sie doch für achtzig Kronen in der Apotheke.«

»Nein, ich nehm sie, jetzt komm wieder runter!«

»Okay.«

Er zog einen zerschlissenen Geldbeutel aus der Gesäßtasche. Ich trommelte rastlos gegen die weiße Spindtür.

»Kannst du dich bitte beeilen? Smithler wird sauer, wenn ich zu lange Pinkelpause mache.«

Nisse kramte im Geldbeutel und lächelte.

»Smithler. Wow.«

Langsam wie ein Rentner mit Parkinson fummelte er einen Zwanziger und zwei Zehner heraus und reichte sie mir. Ich öffnete den Schrank, griff mir eine Packung Naked und gab sie ihm.

»Danke«, sagte ich. »Und versuch, schön stilvoll zu vögeln.«

Er sah unter erhobenen Brauen zu mir auf, aber eine schlagfertige Antwort schien er nicht parat zu haben. Vielleicht sagte er deshalb fast herzzerreißend aufrichtig:

»Werd ich versuchen. Werd ich auf jeden Fall versuchen.«

Lass alles fallen

In der Verkstadsgatan musste ich einen Türcode eingeben, konnte mir aber nie merken, ob 7926 oder 2679, also drückte ich die Ziffern so lange in unterschiedlicher Reihenfolge, bis die kleine Diode grün aufleuchtete und ich ins Haus konnte. Ich nahm die paar Stufen ins Hochparterre, stieg in den Aufzug, schob das quietschende Türgitter zu und drückte auf die Drei. Mein Körper begann sich schon vorzubereiten, ich knöpfte die Jacke auf und sah die Bilder vor mir.

Seine Zunge in meinem Mund, seine Hände in meinen Haaren, sein Körper ganz nah, ganz dicht an meinem.

Auf dem Namensschild stand Matheus Oliveira Rocha – es klang schön, wie Poesie.

Während ich klingelte, musterte ich den Aufkleber, den er über seinem Briefkasten angebracht hatte.

Beware of the dog!

He is very sarcastic.

Es brachte mich jedes Mal zum Schmunzeln.

Ich läutete noch ein paarmal, aber er machte nicht auf, also hob ich die Klappe des Briefeinwurfs an und spähte in den Flur. Sah die verdreckten lila Converse neben der Lokalzeitung auf dem Flurteppich liegen. Dann tauchten plötzlich seine nackten Füße auf. Ich ließ die Klappe fallen, und er öffnete. Schwarze, total zerzauste Haare, grau melierte Trainingshose, T-Shirt – ich liebte es, wenn er so nachlässig gekleidet war. Man konnte ihn dann leichter ausziehen.

Er lächelte.

»Hallo«, sagte er verschlafen. »Du bist das?«

»Ja«, sagte ich atemlos. »Lust auf ’ne kleine Nummer?«

Er lachte, als hätte ich ihn überrumpelt.

»Bin gerade erst aufgewacht, aber ja, klar. Mit dir doch immer.«

Ich schob ihm die Zunge in den Mund und drückte ihn gegen die Toilettentür. Spürte durch den weichen Stoff seinen Schwanz an meinem Hüftknochen. Er schloss die Augen, aber ich nicht. Ich wollte alles sehen. Spürte direkt unter der Haut Millionen Kohlensäurebläschen tanzen.

»Auf die Art geweckt zu werden hat was«, murmelte er mir feucht und warm in die Halsgrube.

Ich zog Jacke, Mütze und dann auch alles andere aus.

Die innig Geliebten, die ewig Unvergessenen

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit las ich Todesanzeigen. Wir hatten schon seit Jahren keine Tageszeitung mehr abonniert, aber kaum sah ich eine in der U-Bahn liegen oder war in einer Bibliothek, schlug ich die letzten Seiten auf. Ich weiß nicht recht, warum. Vielleicht, um etwas zu fühlen. Oder wegen der immer wiederkehrenden Worte, in denen so viel Zerbrechlichkeit zu spüren war, so viel Erschütterung, Liebe, Schmerz und Trauer.

Unsere liebe

Unser geliebter

Mein Lebensgefährte

Mein geliebter Lebensgefährte

Unsere innig geliebte

Manchmal waren die Verstorbenen still und friedlich eingeschlafen. Darin lag natürlich etwas Beruhigendes. Oder wenigstens klang es nach so etwas wie Harmonie. Anders als Zeilen, die wie dünne Kupfernägel der Verzweiflung mitten ins Herz trafen.

Unsere geliebte Amanda lässt uns in unendlicher Trauer zurück.

Schlimm, wenn es ein junger Mensch war, ein Kind oder eine junge Mutter. Oft standen die Namen der Trauernden in Versalien.

VENDELA LOUIS MARIANNE MALTE SUNIT

Die Namen ihrer Kinder klein geschrieben daneben.

Signe Vidar Sonja Hiromi Björn

Die Tränen brannten mir in den Augen.

Ich versuchte immer zu verstehen, was wohl genau geschehen war.

Anstelle von Blumen erbitten wir eine Spende an

die Seenotrettung,

den Herz- und Lungenfonds,

den Krebsforschungsfonds, Krebsforschungsfonds, Krebsforschungsfonds.

Das waren die Fälle, wo die Todesursache anklang. Ich dachte auch über die nach, wo das nicht der Fall war. Dachte an all die Menschen, deren Todesursache nicht erwähnt werden durfte. Selbstmord, Sucht, AIDS.

Manchmal stand da auch nur Unser oder Unsere. Unser Vater. Unsere Mutter.

Dann überlegte ich, ob die Hinterbliebenen so von Trauer gelähmt waren, dass sie ganz vergessen hatten, irgendein schmückendes Adjektiv wie geliebte(r) oder liebe(r) hinzuzufügen, oder ob der oder die Verstorbene ganz einfach nicht geliebt worden war. Waren sie böse, sadistische Väter oder Mütter gewesen? Auch das wäre traurig gewesen, aber auf andere Weise als bei bei den innig Geliebten, den ewig Unvergessenen.

Manche Todesanzeigen konnten mich für Stunden aus dem Gleichgewicht bringen. Die Tränen steckten mir dann wie ein unförmiges Bleigewicht im Hals, meine Haut fühlte sich dünn wie Seidenpapier an und mein Herz wie ein leberfarbener Fleischklops.

Hypersensibel für alle Sinneseindrücke.

Ungeschützt. Total ungeschützt.

Unsere innigst geliebte

Mia Ray

*14. 7. 1982

hat uns heute verlassen.

In unbeschreiblichem Schmerz

MARTIN und Sigge

MAMA und PAPA

TOVE und MARCUS

OMA und OPA

GROSSVATER

Die Welt wird nie wieder so sein, wie sie einmal war.

Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.

Statt Blumen denken Sie bitte an den Krebsforschungsfonds.

Ich dachte an den Krebsforschungsfonds, klar tat ich das, aber vor allem dachte ich an MARTIN und Sigge. Daran, dass die Welt ohne Martins innigst geliebte Gattin, ohne Sigges innigst geliebte Mutter nie wieder so werden würde, wie sie einmal gewesen war. Übelkeit kitzelte meine Kehle, und eine Träne tropfte auf die Zeitungsseite. Tropfte und traf genau auf den Namen. Ray.

Was wohl in meiner Todesanzeige stehen würde? Und in Mamas? Oder Papas?

Bei lebendigem Leibe von Satan verspeist zu werden

Audrey und ich hatten beide Deutsch als Wahlfach. Normalerweise fielen mir Sprachen echt leicht, aber mit Deutsch war es irgendwie hoffnungslos. Ich kapierte so gut wie nichts. Vielleicht lag es daran, dass ich in den ersten beiden Wochen krank gewesen war. Oder es gab da einen unbewussten psychologischen Widerstand. Wahrscheinlich war Hitler daran schuld. Jedenfalls kam ich nie über das Niveau eines zweijährigen deutschen Kindes hinaus und hatte nur die eindeutig schlechtere Aussprache. Vor allem die Artikel bereiteten mir unverhältnismäßig große Schwierigkeiten.

Dagegen schien Audrey ein Naturtalent zu sein. Ihre Aussprache war genauso perfekt wie ihre Grammatik, und ihr Vorrat an Wörtern war gigantisch. Zumindest soweit ich es beurteilen konnte – was zugegebenermaßen nicht sehr viel hieß.

Es war Mittwoch, morgens um halb neun, und im Klassenzimmer war es ruhig. Draußen lag der Schnee in einer dünnen funkelnden Schicht auf dem Asphalt, und die tief stehende Sonne schien knallgelb zu den Fenstern herein. Irgendjemand gähnte. Jemand anderes scharrte mit dem Stuhl. Davon abgesehen, waren wir recht konzentriert bei der Sache, sogar ich, obwohl ich Atteste vorlegen konnte, die mir bescheinigten, die Konzentrationsfähigkeit zähle zu meinen Schwächen. Meine um ein Vielfaches größere Schwäche war allerdings Audrey.

Und Audrey glänzte wie immer durch Abwesenheit. Was niemanden wunderte. Während der zwei Jahre, die wir Deutsch hatten, war es ihr vielleicht zehnmal gelungen, pünktlich zum Unterricht zu erscheinen. Wobei gelungen das falsche Wort ist, weil es voraussetzt, sie hätte es überhaupt versucht.

Die Lehrerin mit dem übertrieben deutsch klingenden Namen Ursula Weber gestattete Audrey interessanterweise hereinzuspazieren, wann immer es ihr passte. Vermutlich deshalb, weil Audrey die Beste der Klasse war, und zwar ganz eindeutig. Niemand von uns protestierte – weder gegen Audreys Verspätungen noch gegen Ursulas unerklärliche Nachsicht. Es mag etwas weit hergeholt klingen, aber ich hegte den Verdacht, das Pyromanengerücht könnte einen gewissen Anteil an Ursulas Haltung gegenüber Audrey haben.

Wer wollte schon seinen Spind, sein Fahrrad oder seine Bude brennen sehen? Ich selbst hätte es mir höchstens bei meinem Fahrrad vorstellen können. Wenn das in Flammen aufgegangen wäre, hätte ich vielleicht etwas von der Versicherung bekommen und mein wackliges altes Klappergestell durch etwas in Rubinrot-Metallic ersetzen können. Das heißt, wenn Mama nicht auch die Hausratversicherung gekündigt hatte, was gut möglich war.

Einen schlechten Ruf zu haben brachte gewisse Vorteile mit sich, genau aus dem Grund ging es vermutlich auch der Mafia so gut.

Mein eigener Ruf war zwar nicht unbedingt der beste, denn ich galt wohl allgemein als ätzende Nervensäge, aber Vorteile brachte mir das keine. Weil es keinem Menschen Angst machte, darum. Stattdessen schien meine bloße Gegenwart andere zu ermüden. Und obwohl ich ihre matten Seufzer und Blicke, ihre abgewandten Köpfe durchaus zur Kenntnis nahm, war es mir nicht möglich, etwas daran zu ändern.

Heute teilte Ursula uns in Zweierteams ein. Wir sollten so tun, als wären wir zu einem abendlichen Beisammensein eingeladen, und uns angeregt unterhalten. Auf Deutsch. But sure. Wo ich schon auf Schwedisch keine angeregte Unterhaltung zustande brachte. Ich würde zu viel reden, hieß es immer. Assoziierte angeblich zu heftig.

Die halbe Klasse sollte auf ihren Plätzen sitzen bleiben und die andere Hälfte herumlaufen und Konversation machen. Fünf Minuten an jedem Tisch. Ein bisschen so wie Speed-Dating, nur verdammt viel langweiliger. Außerdem musste ich wie immer mit meiner Banknachbarin Hedvig anfangen, die so schwermütig, humorlos und gemeinderatsmäßig korrekt war, dass mein Gefühl, die Zeit bewege sich während unseres Gesprächs rückwärts, vielleicht gar nicht so verkehrt war.

Hedvigs Art der Konversation ließ mich zu großer Form auflaufen.

»Und welchen Beruf üben Sie aus, wenn ich fragen darf?«

»Ich arbeite als Prostituierte.«

Sie rümpfte irritiert die Nase.

»Hör mal, das kannst du doch nicht sagen?«

»Wieso nicht? Wer sagt das?«

»Aber … aber das ist doch kein richtiger Beruf!«

»Es ist angeblich der älteste Beruf der Welt, obwohl ich das bezweifle. Jäger muss es ja noch länger geben, oder? Und vielleicht auch … Knechte. Oder Schamanen.«

»Kannst du nicht einfach was Normales sagen?«, fauchte Hedvig genervt.

»Wie normal? Prostitution ist normal! Ich find’s nicht toll, aber es ist trotzdem so, das ist ja das Problem. Nimm nur mal Hamburg, die Reeperbahn, da gibt’s Prostitution bis zum Abwinken.«

Hedvig seufzte und hielt gequält nach Ursula Ausschau, als hoffte sie, von ihr erlöst zu werden. Ich stupste sie in die Seite.

»Da, ich hab sogar eine kleine Bauchtasche für die Einnahmen …«

Ich klopfte mir auf den Bauch, wo es sichtlich keine Tasche gab, und Hedvig verzog das Gesicht. So machten wir noch eine Weile weiter. Hedvig fand alles, was ich sagte, idiotisch, und das war es wohl auch. Ich sah nur nicht ein, was diese Übung für einen Sinn haben sollte, genau wie der ganze Deutschunterricht, die ganze Schule oder, ja, das ganze Leben. Aber für Hedvig war das alles blutiger Ernst, und zwar wortwörtlich, denn plötzlich bekam sie Nasenbluten. Das Blut strömte so heftig aus beiden Nasenlöchern, dass sie zur Schulschwester musste, die ihr Watte in die Nase stopfte.

Das mit dem Nasenbluten passierte ihr in regelmäßigen Abständen und schockierend oft ausgerechnet dann, wenn wir beide irgendeine Übung zusammen machen mussten. Ich hatte trotzdem beschlossen, es nicht persönlich zu nehmen.

Und ups, da waren fünf Minuten um, Ursulas Küchentimer klingelte, und wir mussten rotieren.

Genau da kam Audrey ins Klassenzimmer. Und wie immer, wenn sie so unerwartet auftauchte, machte mein Herz ein paar steinharte Extraschläge, während sich mein Körper weich und angespannt zugleich anfühlte.

Durch ihr plötzliches Erscheinen war Audrey die Nächste, mit der ich eine angeregte Unterhaltung führen sollte. Ich setzte mich zu ihr und sagte mit gespielter Lässigkeit:

»Falls du’s nicht gecheckt hast, es geht um gepflegte Konversation bei einem abendlichen Zusammensein. Ich heiße Joanna. Und du?«

Sie starrte mich einfach nur an. Gleich würde ich zittern. Es war, als hätten sich ein paar vom Herzen kommende Nervenenden durch die Haut über meiner Brust gebohrt. Sie sprühten vor Elekrizität und fühlten sich an wie dünne Fühler, die sich unter meiner halb durchsichtigen Bluse bewegten. Okay, Quatsch, natürlich übertreibe ich, ich übertreibe immer. Aber mein Körper reagierte auch immer unverhältnismäßig stark, wenn Audrey in der Nähe war.

Ihre großen, fast kornblumenblauen Augen sahen mich an. Wahnsinnig viel Eyeliner, und um ihre kunstvoll aufgetürmten Haare hatte sie ein weiß gepunktetes rotes Tuch gewunden. In ihrem blauen Hemd erinnerte sie an dieses amerikanische Propagandaplakat aus dem Zweiten Weltkrieg. Das mit der schönen starken Frau, die ihre Muskeln anspannt und sagt: »We can do it!«

Und ich signalisierte ein lautloses: You can do me.

Aber Audrey war offenbar nicht der Meinung. Sie sagte:

»Ich würde nie so idiotisch daherreden, und wenn man mir droht, mich in Dantes neuntem Kreis der Hölle dem Satan zum Fraß vorzuwerfen.«

Ich sah sie an, aber sie gab mir keine Erklärung.

»Entschuldigung … aber denkst du, ich hätte verstanden, was du sagst?«

»Ich würde nie so idiotisch daherreden, und wenn man mir droht, mich in Dantes neuntem Kreis der Hölle dem Satan zum Fraß vorzuwerfen, hab ich gesagt.«

Ich lachte. »Okay, das wollen wir lieber nicht riskieren!«

»Übrigens«, sagte sie und tippte mir mit der Fingerspitze auf die Wange. »Die Leberflecken da, weißt du, woran die erinnern?«

»Das sind bloß ein paar … zufällige Punkte.«

Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg.

»Nein, Phönix.«

»Phönix?«

»Yes. Das Sternbild Phönix. Es sieht genauso aus. Jedenfalls die vier Hauptsterne.«

»Echt jetzt?«

Sie nickte und tippte noch mal auf jeden Fleck einzeln. Mein Körper reagierte so heftig, als hätte sie meine Brust gestreichelt.

»Ich hab gar nicht gewusst, dass es ein Sternbild mit dem Namen gibt. Ich kenn wahrscheinlich nur … den Großen Wagen und den Orion.«

»Klar. Der Phönix ist hier nicht so bekannt, weil man ihn von Schweden aus auch gar nicht sieht. Aber du weißt schon, woher der Name kommt? So heißt der mythologische Vogel, der erst zu Asche verbrennt und dann wieder daraus auffliegt. Ein Sinnbild für die Wiedergeburt sozusagen.«

Sie musterte weiterhin meine Wange.

»Äh … interessierst du dich für Sterne?«, fragte ich idiotischerweise.

Audrey nahm ihren Finger weg, als hätte sie sich selbst bei etwas Verbotenem ertappt.

»Gibt’s jemanden, der riesige Feuerbälle, die durchs Weltall kreisen, nicht spannend findet?«

Sie lächelte. Und als sie lächelte, wurde es in meinem Magen ganz warm und ruhig. Als hätte ihn jemand mit Watte gefüllt und würde mich dazu noch in den Armen wiegen.

Eine braune Aura

Wenn ich morgens wegging, saß er da, wenn ich nachmittags nach Hause kam, saß er da, wenn ich abends ins Bett ging, saß er da.

Saß da in diesem weinroten Trainingsanzug, ungekämmt, die Fernbedienung wie eine Rettungsleine in der Hand. Es war, als wäre er von einem Kraftfeld umgeben, das alle Energie aufsog, ohne jemals etwas zurückzugeben. Wie ein schwarzes Loch. Hätte er eine Aura gehabt, dann wäre sie braun gewesen.

Und dann die verfluchte Wolldecke. Diese bescheuerte Wolldecke mit dem Schottenkaro, die er wie ein Schmusetier auf dem Schoß hielt. Am liebsten hätte ich sie zu einem dunklen Moorsee befördert, um einen Stein gewickelt und wie ein unerwünschtes Kätzchen ersäuft. Sie in den Wald gebracht und mit einer Bazooka erschossen, dass mich der Rückstoß meterweit ins Moos schleuderte. Sie in einen Geröllhaufen eingegraben und mit so viel Dynamit und Plastiksprengstoff in die Luft gejagt, dass es kilometerweit zu hören und zu spüren war. Es war, als würde er sich darunter verstecken. Sich vor Mama, mir und der ganzen Welt verstecken.

Und dann sein Schweigen. Dieses vibrierende, unheilvolle Schweigen.

Die meisten behaupteten, dass ich nie die Klappe halten könne, gehe ihnen schrecklich auf den Geist. Schon immer. Als Kleinkind konnte ich sehr früh kriechen und laufen, ich fing auch sehr früh an zu sprechen, und nachdem ich einmal angefangen hatte, hörte ich nie mehr auf. So ging der offizielle Familienscherz für alle Gelegenheiten, bei denen sie das Gefühl hatten, ich beanspruchte wieder mal zu viel Aufmerksamkeit. Aber es war liebevoll und keineswegs böse gemeint, weshalb es auch nur ein ganz kleines bisschen wehtat, wie eine Schürfwunde, die nicht durch die äußerste Hautschicht drang.

Papa dagegen bewegte sich kaum noch vom Fleck, und das Sprechen hatte er mehr oder weniger ganz eingestellt. Wenn es etwas gab, das einem auf den Geist gehen konnte, dann das, sein Schweigen, der Tiefdruck, den die vielen eingesperrten Worte erzeugten, die Worte, die in der Luft hingen, aber nie ausgesprochen wurden. Und wenn er endlich etwas sagte, waren die Worte so energielos und schwer, dass sie wie Pflastersteine unmittelbar vor ihm auf den Boden fielen.

Das Einzige, was ihn gelegentlich dazu brachte, sich zu äußern, waren Quizsendungen im Fernsehen. Es war traurig, dass er auf so was reagierte und nicht auf Mama oder mich, trotzdem war es besser als nichts.

Manchmal, wenn ich ihn mehr vermisste als hasste, ging ich ins Wohnzimmer und setzte mich neben ihn aufs dunkelgrüne Sofa. Dann schaute er auf und blinzelte so angestrengt, als wäre er gerade aus einem Traum erwacht, nur um sich schnell wieder dem Fernseher zuzuwenden. Ich sagte dann meistens etwas wie:

»Hallo, Papa, was geht? Du hängst ein bisschen ab, was?«

Aber er antwortete nie, konnte es nicht, nehme ich an, und brummte nur irgendetwas Unverständliches in seine Bartstoppeln. Ich laberte dann drauflos, um sein Schweigen zu übertönen, es weniger peinigend, weniger erstickend zu machen. Laberte über jeden beliebigen Scheiß, der mir gerade einfiel, über Mama, über die Schule, über mich selbst, über Sachen, die er meiner Meinung nach wissen sollte, die ihn hätten interessieren müssen, es aber offensichtlich nicht mehr taten.

Wenn er irgendwann auf die Frage, was Deutschlands zweitgrößte Stadt sei, »Leipzig« murmelte oder auf die Frage, wie tief es der Mensch (in einem Unterwasserfahrzeug) unter den Meeresspiegel geschafft habe, »zweitausend Meter«, dann beruhigte mich das schon fast, und ich war für den Augenblick zufrieden.

Obwohl die Antworten sich natürlich als falsch herausstellten.

Früher hatte ich es geliebt, so dazusitzen, ganz dicht neben ihm, ich in der Jogginghose und er in Jeans. Da hatten wir unsere Antworten noch gemeinsam in den knubbeligen alten Fernseher gebrüllt.

Wahrscheinlich hatte ich schon damals gemerkt, dass er nicht unbedingt der King of Allgemeinbildung war, aber es ging ja eigentlich gar nicht darum, recht zu haben, auch wenn das jetzt wie eine üble Floskel klingt. Nein, es ging darum, die Antwort rauszuschreien und zu lachen, wenn man sich geirrt hatte. Wenn einer von uns richtig geraten hatte, jubelten wir und klatschten uns ab. Was selten vorkam. Mama, die im Schlafzimmer saß und an irgendeinem Roman schrieb, machte das wahnsinnig, und sie kam in regelmäßigen Abständen an und brüllte, wir würden zu laut brüllen.

Das einzige Gebiet, auf dem Papa sich richtig gut auskannte, war Psychologie. Mit Radfahren, Bergsteigen und Paddeln kannte er sich auch ganz ordentlich aus, aber danach wurde nie gefragt. Die Psychologiefragen waren schwierig, und natürlich wusste ich die Antworten nicht. Ich verstand ja kaum die Fragen. Aber Papa konnte mir alles so gut erklären. Ruhig und pädagogisch. Nicht wie Mama, die gehetzt und viel zu schnell redete und nach jedem zweiten Satz fragte, ob man es jetzt kapiert habe. Wenn jemand sich lang und breit über etwas ausließ, konnte ich mir so gut wie gar nichts merken. Aber bei Papa schon. Aus irgendeinem Grund waren es vor allem Papas Erklärungen, die ich abspeicherte.

Ganz besonders interessierte er sich für Gefühle. Für echte Gefühle. Warum man sie hat, was sie auslöst, was im Körper geschieht, wenn man sie hat – all so was. Das war auch das Thema, das er in einem Aufsatz behandeln wollte, der nie fertig wurde. Den er hätte einreichen müssen, um Psychologe zu werden. Der Aufsatz lag in meinem Zimmer unterm Bett. Vielmehr das, was Papa bisher geschrieben hatte. Manchmal las ich heimlich darin.

Offenbar gibt es eine Reihe von Grundgefühlen wie Freude, Wut, Trauer, Scham, Ekel und so weiter. Papas Plan war, über sie alle zu schreiben, aber er war nur bis zur Freude gekommen. Tja. The irony. Again.

In dem Aufsatz gab es einen Abschnitt über den Ausdruck echter Freude.

Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte der französische Neurologe und Wissenschaftler Guillaume Duchenne, dass es beim Lächeln anatomische Unterschiede gibt. Er identifizierte zwei Typen. Beim ersten Typus werden die Mundwinkel nach oben gezogen und gleichzeitig die Muskeln rings um das Auge aktiviert, unter anderem so, dass die Wangen nach oben wandern und Lachfalten entstehen. Dieses Lächeln wird als Duchenne-Lächeln bezeichnet, das echte Lächeln. Beim zweiten Typus sind nur die Muskelgruppen rings um den Mund aktiv. Forschungsergebnisse belegen, dass das Duchenne-Lächeln mit echter Erfahrung von Freude und Wohlbefinden verbunden ist, da der Mensch die Muskeln rings um das Auge nicht steuern kann.

Papa hatte bestimmt seit mehreren Monaten kein echtes Duchenne-Lächeln gelächelt. Wahrscheinlich hatte er seit Monaten überhaupt nicht mehr gelächelt. Ich lächelte jeden Tag. Aber wenn ich vor dem zahnpastagesprenkelten Spiegel in unserer winzigen Toilette stand und meine Mundwinkel zu einem starren Wolfsgrinsen hob, fragte ich mich manchmal, wie oft mein tägliches Lächeln eigentlich echt war.

Ein Freifahrtschein für mieses Verhalten

Ich würde nicht behaupten, dass ich mich durch meine Behinderung definierte. Die meisten Menschen mit ADHS, die ich kannte, schienen ihre Diagnose vor allem als Vorwand für echt mieses Verhalten zu benutzen. Mit der Diagnose erhielten sie sozusagen einen Freifahrtschein, sich wie die letzten Schweine zu benehmen.

Okay, ich rede nicht von der gesamten ADHS-Gemeinde, falls es die überhaupt gibt. Im Grunde genommen geht es um genau zwei Fälle, nämlich die beiden einzigen, die ich kannte. Kevin und Nino. Sie waren von der Siebten bis zur Neunten an meiner Schule.

Die Schule war ihnen scheißegal, weil sie sich ja nicht konzen­trieren konnten, sie laberten den unmöglichsten Schwachsinn, weil sie ja keine Impulskontrolle besaßen, und sie rasten wie spastische Clowns durch die Gegend, weil sie ja nicht still sitzen konnten.

Nicht, dass ich ihr Benehmen an sich schlimm gefunden hätte. Ich fand es nur schlimm, dass sie sich nicht mal zu einem Versuch aufraffen mochten, es besser hinzukriegen.

Andererseits. Wenn ich ehrlich sein soll: Was wusste ich schon über andere und darüber, was sie konnten und was nicht und wie sehr sie es versuchten? Wahrscheinlich glaubte in meiner Umgebung auch kein Mensch, dass ich mir Mühe gab, obwohl ich mich zeitweise so heftig ins Zeug legte, dass ich vor lauter Mühe, still zu sitzen, den Mund zu halten und das zu tun, was von mir verlangt wurde, wie gelähmt war und kaum noch atmen konnte.

Manchen schien das alles so leicht zu fallen. Fast so, als müssten sie sich überhaupt nicht anstrengen, weil es sich für sie ganz natürlich so ergab. Für Julia, Bella, Petter. Meine poor little rich kids. Bei ihnen überraschte es niemanden. Alle Welt hielt es für selbstverständlich, dass sie in der Schule Erfolg hatten – die Lehrer, die Eltern, sie selbst –, auch wenn sie ab und zu damit kokettierten, wie wenig sie gelernt hätten oder wie schlecht irgendetwas gelaufen sei.

Bei anderen überraschte es umso mehr.

Wie bei Valle.

Valle, auf den nichts zutraf, was man über asoziale, halbkriminelle Jugendliche wusste, der brav zur Schule ging, aufs Gymnasium sogar, und noch dazu den naturwissenschaftlichen Zug gewählt hatte. Er schwänzte nie und hatte schockierend gute Noten. Viel bessere als ich – auch wenn das keine besondere Leistung war. Es hieß, er sei wahnsinnig intelligent.

Ich weiß nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass er irgendwann echt gefährlich werden könnte. Einer dieser sadistischen, bösartigen Chefs eines multinationalen Unternehmens, das systematisch die Natur ausbeutet, Wälder und Meere vergiftet und konsequent Kinderarbeit zulässt.

Valles Mutter war gestorben, als er acht war. Es gab ein Gerücht, sie hätte sich nicht nur das Leben genommen, sondern das auch noch auf eine ziemlich brutale Art bewerkstelligt. Da waren viele Geschichten im Umlauf. Manche Leute sagten, sie hätte sich mit dem Schlauch der Dusche erhängt, andere behaupteten, sie hätte sich mit dem Jagdgewehr ihres Vaters erschossen, wieder andere, sie hätte sich vor den Regionalzug geworfen.

Ich weiß nicht, was davon stimmt. Jedenfalls ist sie tot. Meine Mutter hatte die Todesanzeige jahrelang an den Kühlschrank geheftet. Und offensichtlich war die Sache mit der Mutter der Grund, weshalb er so total abgefuckt war. Ich weiß nicht mehr, was in der Todesanzeige stand. Ob sie innigst geliebt oder vermisst wurde oder ob die Welt nie mehr so sein würde wie zuvor. Nur an ihren Namen erinnere ich mich: Sanja Nikić. Darunter der von Valles Vater in Großbuchstaben. Valle daneben. Obwohl da Valentin stand. So heißt er eigentlich. Aber seit unserer Zeit in der Vorschule hat ihn niemand so genannt.

Ich hatte ihn sozusagen durchs Leben begleitet, allerdings unfreiwillig. Es war, als wären unsere Schicksale irgendwie miteinander verflochten. Erst waren wir in derselben Vorschule. Mit sechs ging er in die Schule in Aspudden, und im Jahr darauf tat ich das auch. Acht Jahre lang sah ich ihn fast täglich. Nach der Neunten sah ich ihn dann für ein Jahr nur sporadisch im Zentrum von Aspudden. Aber als ich selbst vor anderthalb Jahren aufs Gymnasium wechselte, entdeckte ich, dass er auf derselben Schule war.

Wir verbrachten unsere Schulzeit zusammen, und immer war da die Tragödie mit seiner Mutter, der dunkle Hintergrund, aus dem er keinen Hehl machte, weil er ihm das gewünschte Image des vom Leben gestählten harten Hundes eintrug – aber vor allem gab er ihm das Recht, sich wie ein Mistkerl aufzuführen. Das Recht zu stehlen, zu drohen und andere zu misshandeln, ohne dass jemand ernsthaft dagegen protestierte. Der Tod seiner Mutter erlaubte es ihm, sich schon als Kind und Heranwachsender wie ein selbstverliebter, lebensgefährlicher Oberschweinehund zu benehmen. Das Einzige, was für ihn zählte, war er selbst. Und möglicherweise, aber wirklich nur möglicherweise, seine Freundin Aisha.

Auch wenn ich die Devise »Nicht die äußeren Umstände sind wichtig, sondern was du daraus machst!« von ganzem Herzen hasste, weil es in meinen Augen a rich man’s point of view war, fand ich Leute, die alles auf ihre Lebensumstände schoben, erbärmlich. Wer alles damit erklärte, drückte sich nur vor der Verantwortung für das, was er tat, und damit vor seiner Schuld.

Es war nur gleichzeitig so verdammt verlockend.

Ich hatte echt darüber nachgedacht, hatte es mit allem Ernst und intensiv erwogen. Und mich trotz allem dafür entschieden, stilvoll durchs Leben zu gehen.

Nur ist stilvoll durchs Leben zu gehen nicht gerade einfach, wenn man kein Geld hat. Wenn man keinen einzigen beschissenen Penny besitzt.

Bring Me the Fucking Riot… Man