Ein Anwalt zum Dessert - Kim Fielding - E-Book

Ein Anwalt zum Dessert E-Book

Kim Fielding

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Tullys Job als aufstrebender Junganwalt bringt ihm zwar jede Menge nette Annehmlichkeiten ein, sein Sozialleben leidet unter seinen regelmäßigen Überstunden allerdings sehr. Aber wer braucht schon einen Partner, wenn man mehr als gut für seine harte Arbeit bezahlt wird? Als eine Kollegin ihn bittet, ihren Cousin Sage für ein Jahr bei sich wohnen zu lassen, stimmt Tully nur widerwillig zu. Zu seiner Überraschung ist Sage jedoch attraktiv und faszinierend und seine Kochkünste sind zum Niederknien. Bald stellt Tully fest, dass er der gegenseitigen Anziehung nicht widerstehen kann, doch Sages Verpflichtungen zwingen ihn allzu bald, nach Hause zurückzukehren, und Tully bekommt ein verlockendes Angebot von einem hartnäckigen und sehr wohlhabenden Ex. Hat Sages und Tullys Liebe dagegen überhaupt eine Chance? Band 48 der "BELOVED"-Romantikreihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 280

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Deutsche Erstausgabe (ePub) April 2021

Für die Originalausgabe:

© 2018 by Kim Fielding

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»A Full Plate«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2021 by Cursed Verlag, Inh. Julia Schwenk

beloved ist ein Imprint des Cursed Verlags

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

Lektorat: Martina Stopp

ISBN-13: 978-3-95823-877-0

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Michaela Jansson

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Tullys Job als aufstrebender Junganwalt bringt ihm zwar jede Menge nette Annehmlichkeiten ein, sein Sozialleben leidet unter seinen regelmäßigen Überstunden allerdings sehr. Aber wer braucht schon einen Partner, wenn man mehr als gut für seine harte Arbeit bezahlt wird? Als eine Kollegin ihn bittet, ihren Cousin Sage für ein Jahr bei sich wohnen zu lassen, stimmt Tully nur widerwillig zu. Zu seiner Überraschung ist Sage jedoch attraktiv und faszinierend und seine Kochkünste sind zum Niederknien. Bald stellt Tully fest, dass er der gegenseitigen Anziehung nicht widerstehen kann, doch Sages Verpflichtungen zwingen ihn allzu bald, nach Hause zurückzukehren, und Tully bekommt ein verlockendes Angebot von einem hartnäckigen und sehr wohlhabenden Ex. Hat Sages und Tullys Liebe dagegen überhaupt eine Chance?

Kapitel 1

Sobald Carrie den Mund öffnete, wusste Bradford Tolliver, dass etwas nicht stimmte.

Carrie besaß eine Stimme, die durch die imposantesten Gerichtssäle hallte, und ihr autoritärer Ton konnte selbst die härtesten Richter auf ihre Seite ziehen. Daher sollte es für sie eigentlich kein Problem sein, sich in einer Bar Gehör zu verschaffen, auch wenn diese am Freitagabend vollgepackt war mit Bürohengsten und Schreibtischtätern, die endlich aus den Käfigen ihrer Bürogebäude entlassen wurden, um in das Wochenende zu starten.

Aber als Carrie zu sprechen begann, verstand er keines ihrer Worte. Außerdem vermied sie es, ihm direkt in die Augen zu sehen. Ein weiteres schlechtes Zeichen. Carrie ließ sich von niemandem ins Bockshorn jagen. Und doch saß sie jetzt direkt neben ihm und starrte fasziniert in ihren Moscow Mule, als hätte der Cocktail die Antwort auf ihre Fragen.

Tully blickte sie fragend an. Zwar war er im Starren nicht so gut wie sie, aber er hatte dazugelernt. Er praktizierte inzwischen über zehn Jahren als Anwalt und hatte nicht nur gelernt, gute Verträge für seine Mandanten auszuhandeln, sondern sein eiserner Blick ließ den stärksten Männern vor Nervosität die Knie weich werden. Carrie war normalerweise immun gegen seine Blicke, aber jetzt starrte sie demonstrativ in ihr Glas und ignorierte ihn.

»Carrie? Was ist los?«

Sie riskierte einen Blick in seine Richtung und lächelte zögernd. »Kannst du mir einen Gefallen tun?«

»Ich werde definitiv nicht am Harrington Fall arbeiten. Egal, wie sehr du bettelst oder was du mir als Wiedergutmachung versprichst.«

»Ich brauche keine Hilfe bei einem Fall. Es ist eher etwas Persönliches. Außerdem ist Harrington gar nicht so schlimm. Vielleicht ein bisschen zu selbstbewusst und aufdringlich, aber da hatte ich definitiv schon schlimmere Mandanten.« Sie musterte ihn von der Seite. »Du willst den Fall doch nur nicht, weil du mit ihm geschlafen hast.«

»Einmal. Ich hab einmal mit ihm geschlafen und das ist schon zwei Jahre her, aber das ist nicht der Punkt. Er ist einfach ein arroganter, selbstverliebter, manipulativer Idiot, sowohl im Bett als auch sonst.«

»Aber süß ist er schon«, erwiderte sie mit einem frechen Grinsen.

»Ach komm, der ist doch gar nicht dein Typ. Meiner übrigens auch nicht.« Tully war sich nicht sicher, was überhaupt sein Typ war. Aber definitiv kein millionenschwerer Technik-Guru, der sein Date am Wochenende mit zum Windsurfen nahm.

Er kippte den Rest seines Drinks herunter, ein Cocktail gemischt aus Tequila und Cilantro mit einem niedlichen Namen, den er schon wieder vergessen hatte. Jetzt brauchte er etwas Stärkeres und Klareres, um sich gegen Carries Bitte zu wappnen, was auch immer diese sein sollte. »Willst du auch noch was?«, fragte er Carrie und gestikulierte in Richtung der Bar, die sich in der Mitte des Raums befand.

»Ja. Bring mir noch mal diese Wasabi-Mandeln mit.«

Trotz Tullys breiten Schultern und langen Beinen musste er sich ganz schön anstrengen, um durch die Menschenmenge zur Bar zu gelangen. Er musste um zahlreiche Umhängetaschen und teure Rucksäcke herummanövrieren, was seine Mission nicht einfacher machte. Aber ein bisschen konnte er die Leute verstehen. Der Freitagabend war die einzige Möglichkeit, noch einmal ausgelassen zu feiern, bevor sie sich das ganze Wochenende über, so wie er selbst auch, an ihre Laptops ketteten, bis sie am Montag wieder im Büro erscheinen würden. Trotzdem wünschte er, sie würden den Gang zur Bar nicht in einen Hindernisparcours verwandeln.

Als er endlich die Holztheke erreicht hatte, wedelte er kräftig mit den Armen, um die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu ziehen. Der mächtige Bart des Barkeepers würde ZZ Top vor Neid erblassen lassen und seine hochgerollten Ärmel stellten zahlreiche Tattoos zur Schau. »Einen doppelten Whisky, bitte. Den besten, den Sie haben.«

Während Tully auf seinen Whisky wartete, wanderten seine Gedanken zurück zu Carrie und dem Gefallen, um den sie ihn gebeten hatte. Es konnte nichts mit Geld zu tun haben. Auch wenn er selbst finanziell gut aufgestellt war, hatte Carrie doch wesentlich mehr als er. Ihr Gehalt war nicht nur höher als sein eigenes, sondern ihre Ehefrau Leah kam zudem aus einem reichen Elternhaus und arbeitete als Kardiologin. Sie hatten ein schickes Haus im besten Viertel der Stadt, ein Wochenendhäuschen an der Küste, und jede fuhr einen Benz. Sie hatten wirklich keine finanziellen Probleme.

Aber wenn es nicht um Geld ging, worum dann?

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Carrie wollte ein Baby! Sie wollte, dass er Samen spendete, sodass sie oder Leah schwanger werden konnten. Das ergab Sinn. Sie waren beide um die 40 und ihre biologischen Uhren tickten unermüdlich. Tully wäre ein guter Spender. Er war gesund, sah relativ gut aus und war zudem noch intelligent. Schließlich hatte er sein Jura-Studium als einer der besten abgeschlossen und noch vor seinem 30. Geburtstag eine Juniorpartnerschaft an einer der angesehensten Kanzleien ergattern können.

Tully hatte sich noch nie viele Gedanken darüber gemacht, eines Tages Vater zu werden. Er war immer zu beschäftigt gewesen, um eine ernste Beziehung führen zu können. An Kinder war dann natürlich nicht zu denken. Aber vielleicht war das seine einzige Chance? Er müsste sein Sperma ja einfach nur in einen Becher abfüllen, oder? Seinen Junior großzuziehen, das würden ja dann die beiden liebenden Mütter übernehmen. Tully könnte ab und zu etwas mit dem Kleinen unternehmen, wenn Carrie und Leah das wollten. In den Zoo gehen oder so. Ihm coole Geschenke kaufen, vielleicht eine Drohne oder eine neue PlayStation.

Das wäre… eigentlich ziemlich cool.

Der Barkeeper kam zurück mit einer kleinen Schüssel voller grüner Mandeln und einem Whiskyglas, in dem ein Elixier schwamm, dass eindeutig in einer goldenen Wanne in einem verwunschenen Schloss in den Highlands gebraut worden war. Tully gab ihm ein ordentliches Trinkgeld – er würde wahrscheinlich bald um Nachschub bitten.

Der Weg zurück zu ihrem Tisch, ohne einige der Mandeln zu verlieren oder etwas von seinem Getränk zu verschütten, entpuppte sich als ein wahrer Balanceakt. Als Tully diesen erfolgreich gemeistert hatte, ließ er sich erschöpft auf seinen Sitz plumpsen. Carrie schnappte sich die Mandeln und Tully nahm einen großen Schluck von seinem Getränk. Der seidenweiche Whisky brannte in seiner Kehle und gab ihm die Kraft für das anstehende Gespräch. Oder vielleicht löste er, wenn man die Umstände betrachtete, auch einfach nur seine Zunge.

»Du kannst meine Samen haben«, eröffnete er.

Carrie starrte ihn mit offenem Mund an. »Wie bitte?«

»Ich fände es toll, für euch zu spenden. Ähm, wer von euch will, du weißt schon, die leibliche Mutter werden?« Nicht, dass es irgendeinen Unterschied machte. Tully glaubte, er könnte mit beiden eine interessante Kombination abgeben.

»Oh. Mein. Gott. Bietest du mir gerade deine Schwimmerchen an?«

»Ja, klar. Wir können auf jeden Fall noch mal im Detail darüber reden, wie genau ihr mich in sein oder ihr Leben einbinden wollt. Ich glaube, es wäre am besten, wenn nicht ich den Vertrag aufsetze, aber wir können gerne Ramirez fragen. Sie kann das fast genauso gut wie ich. Und wir können –«

»Ich will deinen Liebessaft nicht, Tully.«

»Oh.« Er schnappte sich sein Glas und nahm einen großen Schluck.

Seltsamerweise war er enttäuscht, was scheinbar ziemlich offensichtlich war. Carrie berührte kurz seinen Arm. »Das ist echt ein megaliebes und großzügiges Angebot von dir. Wenn wir Nachwuchs haben wollten, wärst du ein unglaublicher Spender. Aber wir haben beide jetzt nicht wirklich einen großen Mutterinstinkt, wenn du verstehst, was ich meine?«

Er nickte. »Was brauchst du dann?«

Nun war Carrie an der Reihe, sich etwas Mut anzutrinken. Sie verzog das Gesicht und schlürfte an ihrem Strohhalm, bevor sie erneut das Wort ergriff. »Mein Cousin Sage wohnt seit ein paar Wochen bei uns, aber er und –«

»Sage? So wie englisch Salbei?«

Sie verdrehte die Augen. »Ja, so heißt er, okay? Und er –«

»Halt, halt, halt. Hat er den gleichen Nachnamen wie du?«

»Ja. Sein Vater war der jüngere Bruder meines Vaters.«

Tully verschluckte sich fast an einer Mandel. Dann musste er so lachen, dass ihm fast die Sprache wegblieb. »Sage Filling? Echt jetzt? Ist das nicht was, womit man den Truthahn an Thanksgiving befüllt?«

»Meine Güte! Wie alt bist du? Zwölf? Und du brauchst gerade reden, Bradford! Wenigstens ist er nicht nach einer Firma benannt, die Gedenkteller herstellt.«

»Okay, hast ja recht. Dein Cousin Truthahn-Füllung ist also zu Besuch da und…?«

»Nicht zu Besuch. Er bleibt für ein Jahr oder so – will ein bisschen Geld verdienen, um seine Familie zu Hause zu unterstützen.«

»Und zu Hause ist wo genau?«

»Da, wo auch mein Zuhause ist. Das großartige Hair Shaker in Oregon.« Sie zog eine Grimasse und schob sich eine Handvoll Mandeln in den Mund.

Tully hatte von Carrie einiges über ihre Heimat gehört, aber er hatte noch nicht das Vergnügen gehabt, Hair Shaker selbst zu besuchen. Es befand sich in einem ziemlich weitläufigen Gebiet östlich der Kaskadenkette und produzierte definitiv mehr Schafe als Menschen, was auch einige der seltsamen Städtenamen erklärte. Sofort nach dem Schulabschluss war sie von dort abgehauen und nie wieder zurückgekehrt.

Scheinbar hatte ihr Cousin nicht so viel Glück gehabt.

»Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in Hair Shaker scheint nicht sonderlich groß zu sein?«, fragte Tully nach.

»Nicht wirklich. Deswegen ist er ja hergezogen. Seitdem versucht er alles, um ein bisschen Geld zu sparen und wir verlangen auch keine Miete.«

»Nett von euch.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Wir haben ein paar Gästezimmer, deswegen ist es auch kein großes Ding. Außerdem spielt er sozusagen den Hausmeister für uns – hauptsächlich in Sachen Hausputz. Oh, und beim Kochen. Das ist auch sein Job, er arbeitet in einem Restaurant.«

»Klingt doch nach einer Win-win-Situation.« Oder vielleicht auch nicht. Tully hatte Carrie und Leah schon ein paar Mal besucht, und wenn das Putzpersonal nicht kürzlich erst da gewesen war, sah das Haus meistens so aus, als hätte es gerade einem Erdbeben standhalten müssen. Vor ein paar Jahren arbeiteten er und Carrie bei ihr zu Hause an einem Fall. Das Chaos im Wohnzimmer war ihm so sehr auf die Nerven gegangen, dass er irgendwann aufgestanden war und angefangen hatte, schmutziges Geschirr und herumliegende Papierstapel aufzuräumen. Carrie war darüber nicht sehr begeistert gewesen. Seitdem trafen sie sich in seiner kleinen Wohnung, wenn sie Überstunden machen mussten.

»Ja«, antwortete Carrie, »wir dachten auch, dass es ein guter Plan ist. Aber es funktioniert hinten und vorne nicht. Sage muss immer bis spät abends arbeiten und er gibt sich auch wirklich Mühe, leise zu sein, wenn er dann nach Hause kommt. Aber Leah hat nun mal einen leichten Schlaf und reagiert superempfindlich auf Geräusche. Du weißt ja, sie muss immer früh raus. Dann streiten die zwei auch noch ständig, wenn sie sich sehen. Sagen wir mal so, Sage hat nicht vor, in naher Zukunft nur noch vegan zu kochen.«

Tully schnaubte. Leah gehörte zu den Leuten, die nicht nur auf eine bestimmte Ernährungsweise schworen, sondern auch jeden, egal, ob er es hören wollte oder nicht, darüber aufklärten, warum sie die einzig richtige sei. Vielleicht war Veganismus wirklich ausgesprochen gesund – als Kardiologin musste sie es ja schließlich wissen –, aber es schmeckte einfach wie Katzenfutter. Sogar Carrie schmuggelte ab und zu einen Cheeseburger zum Mittagessen mit ins Büro.

Tully hatte noch nichts zu Abend gegessen und verlor sich in den Gedanken an einen saftigen Burger, sodass er dem Ziel ihres Gesprächs kurzzeitig nicht mehr folgen konnte. Carries nächste Frage schlug daher wie ein Blitz ein.

»Also? Kann er bei dir einziehen?«

»Äh, was?«

»Du hast doch auch ein paar Gästezimmer. Noch dazu bist du ohnehin fast nie zu Hause und schläfst wie ein Toter. Und du bist bekennender Fleischesser.«

»Aber –«

»Es wäre nur für ein Jahr. Sogar nur elf Monate, um genau zu sein. Er hat es schon vier Wochen bei uns ausgehalten. Und er will sowieso so schnell wie möglich zurück nach Hair Shaker, also sobald er seine Schulden abbezahlt hat.« Sie schüttelte den Kopf. Offenbar war es ihr unbegreiflich, wie jemand freiwillig an diesen Ort zurückkehren wollte. Dann grinste sie. »Außerdem ist er ein echt guter Koch. Wäre doch super, wenn jemand endlich mal deine schicke Küche benutzen würde, oder?«

Als Kind hatte Tully nie das Kochen gelernt und als er erwachsen wurde, hatte ihm dafür immer die Zeit gefehlt. Wenn es sein musste, konnte er sich etwas aus der Tiefkühltruhe warm machen oder ein Fertiggericht in die Mikrowelle schieben. An einem guten Tag schaffte er es sogar, Eier zu kochen. Aber die meiste Zeit vertraute er auf die Küchenchefs in Restaurants und aß entweder dort oder bestellte etwas zu sich nach Hause. Er kippte den Rest seines Whiskys hinunter und verschränkte die Arme vor der Brust. »Mit Mitbewohnern komme ich nicht gut zurecht.«

»Klar. Du bist ein einsamer Wolf, der ständig sein Territorium kontrollieren muss und jedem die Kehle aufreißt, der es auch nur wagt, sich dir zu nähern.«

»Ha. Ich hätte eigentlich eher an eine Raubkatze gedacht, um ehrlich zu sein. Geschmeidig und elegant beobachte ich dann meine Beute vom Gipfel eines Baums aus.«

»Komm runter, Baghira.« Sie lehnte sich vor und blickte ihn unter ihren langen Wimpern bittend an. »Pass auf, er ist ein echt netter Typ und seine Familie hat es gerade nicht leicht. Sein Vater – mein verstorbener Onkel Doug – hat mir damals geholfen, mein Studium zu finanzieren, das heißt, ich bin ihm echt was schuldig. Wenn du mir hilfst, schulde ich dir stattdessen etwas. Versuche es wenigstens für ein paar Wochen. Wenn es nicht klappen sollte, überlegen wir uns etwas anderes. Bitte?«

Eigentlich genoss Tully sein einsames Katzenleben. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen und mochte diesen Umstand. Auf der anderen Seite war Carrie eine gute Freundin, die ihn noch nie um etwas gebeten hatte.

Er kniff die Augen zusammen. »Die Probezeit beträgt zwei Wochen. Ich habe das Recht, diesen Vertrag zu jedem Zeitpunkt und ohne jegliche Vorlaufzeit zu widerrufen. Falls sich Cousin Sage als ein Arschloch entpuppen sollte, ist dieser Vertrag mit sofortiger Wirkung ungültig.«

Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen streckte sie ihm ihre mit Wasabi bestäubte Hand entgegen. »Sie sind ein harter Verhandlungspartner, Herr Berater.«

Sie schüttelten sich die Hände, ihr Händedruck genauso fest wie seiner. Dann deutete er zur Bar hinüber. »Die nächste Runde geht auf dich.«

Kapitel 2

Falls er am Samstag Zeit zum Nachdenken gehabt hätte, hätte Tully bestimmt bereut, dass er sich so leicht von Carrie hatte um den Finger wickeln lassen. Aber er stand schon zum Morgengrauen mit einem leichten Kater vom Vorabend auf und ging nach unten in das Fitnessstudio seines Gebäudes. Er hatte das Studio ganz für sich allein, stellte sich ein Ausdauerprogramm auf dem Laufband ein, während er durch die Fenster den Willamette River betrachtete und über die Arbeit, die er über das Wochenende erledigen musste, nachdachte. Nach seinem Training kehrte er wieder in seine Wohnung zurück, sprang unter die Dusche und setzte sich anschließend mit seinem Laptop, einer Tasse Kaffee und einem Energieriegel auf die Couch.

Die wenigen Möbel in seinem Wohnzimmer waren zwar teuer, aber gemütlich. Er hatte nur ein paar ausgewählte größere und kleinere Stücke. Die minimalistische Deko lenkte den Fokus auf die riesigen, deckenhohen Fenster direkt vor der Couch. Als er von seinem Laptop aufblickte, sah er ein paar riesige Wohnhäuser und einige Brücken, die über den Gray River führten.

Doch für den Rest dieses Samstagmorgens konnte Tully nur selten den Blick von seinem Laptop loseisen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Feinheiten der COBRA-Anforderungen, da diese für einen seiner Fälle von großer Bedeutung waren. Einer seiner Klienten, eine große Technikfirma, hatte sich dafür entschieden, einen Großteil ihrer Mitarbeiter in den USA zu entlassen und stattdessen die Produktion nach Indien zu verlegen. Im Großen und Ganzen war dies zwar kostengünstiger, allerdings musste die Firma hohe Abfindungssummen zahlen, da sie den Vertrag mit ihren Angestellten nicht eingehalten hatte.

War das hier wirklich das, wovon er träumte, als er sich begeistert für das Jurastudium beworben hatte? Nein. Damals hatte er sich vorgestellt, heldenhaft für Gerechtigkeit zu kämpfen – ein Superheld mit Anzug und Aktentasche anstelle von Stiefeln und einem Cape. Aber er hatte schnell lernen müssen, dass für die Gerechtigkeit zu kämpfen nicht seine Rechnungen bezahlte. Er verdiente damals gerade einmal genug, um seine Studiendarlehen zurückzuzahlen, um die er sich unerwartet kümmern musste. Das große Geld steckte im Unternehmensrecht und so endete er schließlich in dieser Branche. Die Arbeit dort war wichtig. Wenn er einen Fehler machte, konnte der Kunde Millionen verlieren. Und mit diesem Job – zusätzlich zu einer überraschenden Erbschaft – konnte er sich diesen teuren Ausblick leisten.

Er war mit der Stellungnahme beinahe zur Hälfte fertig, als sein Handy vibrierte. Es zeigte eine Nachricht von Su-ji an, die am Wochenende als Portiersfrau arbeitete. Mr. Filling ist hier, um Sie zu sehen.

Tully starrte für ein paar Sekunden auf die Nachricht und fragte sich, was Carrie von ihm wollte und seit wann Su-ji Nachrichten mit Tippfehlern verschickte. Dann erinnerte er sich an das gestrige Gespräch in der Bar.

Verdammt.

Schicken Sie ihn bitte nach oben.

Um ehrlich zu sein, hätte Tully am liebsten geantwortet, dass Su-ji ihn wieder wegschicken sollte. Andererseits war er niemand, der sich einfach so aus der Verantwortung zog, auch wenn es nur eine mündliche Vereinbarung mit Handschlag war. Und er war auch definitiv niemand, der seine Versprechen einfach brach.

Allerdings musste er ja auch nicht übertrieben glücklich über die Situation sein. Als es kurze Zeit später an seiner Wohnungstür klingelte, öffnete Tully mit gerunzelter Stirn.

Sage musste so Anfang bis Mitte dreißig sein, ungefähr im selben Alter wie Tully. Auch in der Größe waren sie sich sehr ähnlich, wobei Sage fester wirkte. Er war weder dick noch übertrieben muskulös, sondern einfach… breit gebaut. Sein aschblondes Haar war an den Spitzen zitronengelb gefärbt und in einem ordentlichen Haarschnitt zurückgekämmt. Ein leichter Dreitagebart zeichnete sich auf seinem Kiefer und der Oberlippe ab, während seine Augen in einem warmen Haselnussbraun strahlten. Er trug Jeans und ein verwaschenes T-Shirt mit einem ausgeblichenen Coors-Logo. Ein in die Jahre gekommener Koffer und eine dunkelgrüne Reisetasche standen neben ihm auf dem Boden. Verdammt. Tully hatte nicht damit gerechnet, dass Sage so gut aussah.

»Ist es gerade schlecht?«

Tully realisierte, dass er Sage wie ein Vollidiot angestarrt hatte und schüttelte schnell den Kopf. »Nein. Sorry.« Er streckte die Hand aus. »Ich bin Bradford Tolliver. Tully.«

Sage hatte große Hände, die sich durch die viele Hornhaut rau anfühlten. »Sage Filling. Aber das dachtest du dir bestimmt schon.« Er lächelte unsicher und sobald sie sich die Hände geschüttelt hatten, rieb er sich unsicher den Nacken. »Ich werd einfach –«

»Komm doch rein.« Tully nahm den Koffer und wartete, dass Sage ihm mit der Reisetasche folgte, bevor er die Tür schloss.

Sage blieb in dem kleinen Eingangsbereich stehen. »Ist das wirklich in Ordnung für dich? Carrie kann ganz schön dominant sein. Ist echt schwer, Nein zu sagen, wenn sie einen um etwas bittet.«

»Habe ich gemerkt. War das schon immer so oder haben wir das dem Jurastudium zu verdanken?«

Sage hatte dieses schiefe, jungenhafte Grinsen, bei dem Tully jedes Mal die Knie weich wurden. Einmal hatte Tully vor dem Spiegel geübt, so zu lächeln. Bei ihm sah es allerdings entweder so aus, als wäre er nicht ganz richtig im Kopf, oder als wollte er dem Joker Konkurrenz machen. Also hatte er aufgegeben. Aber bei Sage sah dieses Grinsen richtig natürlich aus.

»Carrie hat schon immer gern rumkommandiert«, erklärte Sage. »Als wir klein waren, mussten am Kindertisch immer alle nach ihrer Pfeife tanzen. Sie war auch jedes Jahr Klassensprecherin. Ich bin zwar fünf Jahre jünger, aber meine Lehrer haben immer noch über sie gesprochen, als ich sie dann im Unterricht hatte.«

»Überrascht mich jetzt nicht.«

»Jepp. Also, wenn sie dir das hier jetzt irgendwie aufgeschwatzt hat, dann sag's ruhig. Ich find schon was anderes.«

Was willst du denn anderes finden? Die Frage brannte Tully auf der Zunge. Die Miete in dieser Gegend von Portland wäre so hoch, dass Sage kein Geld nach Hair Shaker schicken könnte. Tully wollte es nicht verantworten, das Leben dieses Typen zu ruinieren.

»Alles gut. Echt. Ist überhaupt kein Problem. Meine Wohnung ist wirklich groß genug.« Plötzlich stellte er fest, dass es nicht sehr einladend war, diese Konversation im Flur zu führen. Er ging in das Wohnzimmer, wohin Sage ihm folgte und wedelte mit seiner freien Hand. »Siehst du? Das ist echt zu viel Platz für eine Person.«

Mit der Reisetasche über der Schulter schlenderte Sage zu den Fenstern und pfiff leise durch die Zähne. »Verdammt. Was für eine geile Aussicht.«

»Carrie und Leah haben auch einen guten Ausblick.« Carries und Leahs Haus thronte auf einigen Stelzen, was Tully immer Bauchschmerzen bereitete. Man hörte immer wieder, dass sich irgendwann ein großes Erdbeben im Pazifischen Nordwesten ereignen würde. Natürlich hatte er keine Ahnung, ob sein eigenes Haus diesem standhalten würde, aber wenigstens sah der Hochbau stabiler aus.

Sage starrte weiterhin aus dem Fenster. »Klar, aber deine Wohnung ist näher an der Stadt. Oben bei Carrie und Leah hab ich oft vergessen, dass ich überhaupt in der Stadt bin. Da ist die Aussicht eher wie ein Gemälde, verstehst du, was ich meine? Fühlt sich hier irgendwie echter an. Ich könnte dir die Marke von jedem der Autos sagen, die über eine der Brücken da drüben fahren.«

»Ist das jetzt etwas Gutes?«

»Weiß nicht.« Sage blickte über seine Schulter und musterte Tully, bevor er sich wieder zum Fenster drehte. »Deine Wohnung liegt näher bei meiner Arbeit. Von hier aus kann ich sogar laufen. Da spar ich mir Benzingeld. Oh, ähm, Carrie meinte, ich sollte wegen Parkmöglichkeiten fragen.«

»Wo hast du denn jetzt geparkt?«

»Die Straße runter bei einer Parkuhr.«

»Okay, dann zeige ich dir schnell den Rest und wir räumen deine Sachen ein, bevor du noch einen Strafzettel kriegst. Du kannst dann unten auf meinem Platz parken.«

»Aber was machst du dann?«

Seine Wohnung bestand aus zwei kleineren Abteilen. Jemand hatte die Wand durchbrochen und die zwei kleineren Wohnungen zu einer großen umfunktioniert. Das bedeutete, dass Tully nicht nur doppelt so viel Platz wie andere Bewohner hatte, sondern auch zwei Parkplätze und zwei Kellerabteile. »Nein, alles gut. Ich hab einen Parkplatz übrig.«

Da war wieder das Grinsen. »Danke, Mann.«

Die Wohnung hatte drei Schlafzimmer. Tully schlief im größten. Das zweite wurde, zumindest offiziell, als Arbeitszimmer genutzt, wobei Tully eigentlich lieber auf der Couch im Wohnzimmer arbeitete. Im Arbeitszimmer befanden sich ein großer, teurer Schreibtisch und einige Bücherregale, aber es gab kein Bett. Dadurch blieb nur noch das dritte Schlafzimmer übrig. Tully nannte es das Gästezimmer, obwohl noch nie ein Gast darin übernachtet hatte. Außerdem war es am weitesten von seinem eigenen Schlafzimmer entfernt, sodass sie beide ihre Privatsphäre hatten.

»Du hast ein eigenes Badezimmer«, erklärte Tully und stellte den Koffer an das Fußende des Bettes. »Allerdings nicht viele Möbel.«

Sage betrachtete das Zimmer und zuckte mit den Schultern. »Ich brauch nur ein Bett und Platz für meine Klamotten. Passt doch alles.«

»Okay, gut. Willst du noch den Rest der Wohnung sehen?«

Sie stießen fast zusammen, als sie die Tür erreichten, was zu einem ulkigen Tanz führte. Schließlich beendete Sage die unfreiwillige Tanzeinlage, als er seine Hand auf Tullys Arm legte und zur Tür deutete. »Nach dir«, sagte er lächelnd.

»Ich bin schwul.«

Sie rissen beide überrascht die Augen nach Tullys abrupter – und vollkommen ungewollter – Eröffnung auf. Dann verzog Tully das Gesicht und brach das Schweigen. »Hat Carrie das erwähnt? Das ist kein Problem für dich, oder?«

»Ich hab ja auch kein Problem damit, dass Carrie mit Leah verheiratet ist.«

»Ja, aber die beiden sind Frauen. Das, ähm, bin ich nicht.«

Mit einem nüchternen Gesichtsausdruck schüttelte Sage den Kopf. »Wir haben in Hair Shaker schon von homosexuellen Männern gehört. Vielleicht gab es dort sogar welche. Ich glaub, das ist jetzt kein Skandal, der mich komplett aus der Bahn wirft.«

Na toll. Jetzt dachte Sage sicher, dass Tully ihn als einfältigen Hinterwäldler abgestempelt hatte, der für solche Dinge nicht offen war. Tully fühlte sich wie ein riesiges Arschloch. Aber trotzdem konnte er nicht den Mund halten. »Ich bringe vielleicht mal Männer mit nach Hause. Um Sex mit ihnen zu haben.«

Das war ein bisschen übertrieben. Er hatte nicht oft One-Night-Stands und selbst wenn das mal der Fall war, brachte er seine Dates nicht mit nach Hause. Außerdem war das so ziemlich die dümmste Aussage, die er jemals getroffen hatte.

Sages Mundwinkel zuckten. »Wenn du vorhast, irgendwas Versautes im Wohnzimmer zu machen, häng wenigstens eine Socke an die Türklinke, dann verschwinde ich für ein paar Stunden, okay?«

»Ich steh nicht wirklich auf versaut«, murmelte Tully.

»Na gut«. Sage seufzte. »Pass auf. Es ist deine Wohnung und du tust mir echt einen großen Gefallen. Dein Sexleben geht mich wirklich nichts an. Außerdem arbeite ich nachts, also bin ich wahrscheinlich sowieso nicht da, wenn du… beschäftigt bist.«

Tully nickte und führte Sage aus dem Schlafzimmer in den Flur zurück. Er zeigte ihm das Arbeitszimmer, sein eigenes Schlafzimmer, die Toilette neben dem Wohnzimmer und die Waschküche. Schließlich betraten sie die Küche und Sage pfiff erneut durch die Zähne. »Du könntest hier ein kleines Restaurant aufmachen.« Liebevoll strich er mit der Hand über Arbeitsflächen aus Granit, so wie ein anderer Mann einen schicken Sportwagen berühren würde. »Und du hast auch noch Geräte von Gaggenau. Echt cool.«

»Kann schon sein.«

»Kann schon sein?«

»Die waren bereits in der Wohnung, als ich eingezogen bin. Ich benutze sie selten.«

Sage musterte ihn für einen kurzen Moment, bevor er den Ofen weiter inspizierte. »Carrie hat mir erzählt, dass du nicht viel kochst.«

»Ich koche eigentlich nie.«

Sage warf einen kurzen Blick in Tullys Richtung, als wollte er für etwas um Erlaubnis bitten. Dann öffnete er den Kühlschrank.

»Mann, der Kühlschrank kostet um die 8.000 Dollar und ist komplett leer.«

»Der ist nicht leer. Da ist Bier drin«, verteidigte sich Tully. »Und Gewürze.«

»Wenn man eine Tube Senf als Gewürz bezeichnen will, dann ja.« Sage schloss den Kühlschrank und lehnte sich gegen die Küchentheke. »Vielleicht sollten wir kurz über die Regeln sprechen. Was kann ich machen oder was passt dir nicht?«

Geschäftsbedingungen. Das war Tullys Spezialgebiet. »Sollen wir das aufschreiben? Im Immobilienrecht wird üblicherweise nicht von mündlichen Vereinbarungen Gebrauch gemacht. Aber wir könnten auch –«

»Sag mir einfach, was du möchtest.«

»Okay. Also, ähm, Schlafzimmer und Bad gehören ganz dir. Fühl dich im Rest der Wohnung auch einfach wie zu Hause, außer in meinem Schlafzimmer. Ich werde dir einen Schlüssel besorgen und den Portiers Bescheid geben, dass du jetzt hier wohnst. Um die Parksituation kümmern wir uns noch. Oh, und es gibt ein Passwort für das Fitnessstudio und den Poolbereich. Das muss ich dir dann noch geben.«

»Pool?«, fragte Sage ungläubig.

»Ja, direkt neben dem Fitnessstudio. Ich finde, im Wasser ist ein bisschen viel Chlor, aber mit einer Schwimmbrille kann man es darin echt gut aushalten.«

»Ich schwimme nicht gern. Aber was möchtest du, das ich tue?« Sages Stimme klang etwas misstrauisch, so als ob er erwartete, dass Tully ihn um irgendetwas Verrücktes bat.

»Keine Ahnung. Oh, versuch bitte, nachts leise zu sein. Vielleicht sagst du mir kurz Bescheid, wenn deine Freundin über Nacht bleiben möchte.«

Sage schnaubte. »Keine Sorge. Ich bin Single.«

Tully zuckte mit den Schultern. »Vielleicht aber nicht mehr lange. Du siehst doch gut aus.« Ups. Das hatte er nicht sagen wollen. Er zwang sich zu einem Grinsen, so als ob er einen Witz gemacht hatte, aber Sage fiel nicht darauf rein. Er blickte Tully lange aus seinen haselnussbraunen Augen an und schaute dann demonstrativ zur Seite.

»Wie soll ich meinen Teil zur Miete beitragen?«, fragte Sage.

»Hmm, sorg einfach dafür, dass es hier sauber aussieht. Ich habe zwar Putzpersonal, aber das kommt nur einmal in der Woche.«

»Okay. Sieht aber eh schon ziemlich sauber aus hier.«

Jetzt musste Tully wirklich lachen. »Ja, ich bin da etwas ordentlicher als Carrie und Leah. Aber ich habe trotzdem einige Staubfänger in der Wohnung.«

»Alles klar, dann bin ich dein Hausmeister. Soll ich auch kochen? Das hab ich bei Carrie und Leah immer gemacht.«

»Würde dir das etwas ausmachen? Ich meine, du kochst ja schon auf der Arbeit –«

»Macht mir nichts aus. Das ist meine große Leidenschaft. Um ehrlich zu sein, hab ich echt Bock, was in deiner Küche zu machen. Mal schauen, was die Süßen hier so drauf haben.« Liebevoll tätschelte er die Arbeitsplatte.

»Tob dich ruhig aus.«

Sage grinste zufrieden. »Perfekt. Ich bin wahrscheinlich beim Arbeiten, wenn du Abendessen willst, also werd ich einfach vorkochen und dir dann sagen, wie du das Essen wieder aufwärmst. Ist dann zwar nicht so gut wie frisch gekocht, aber auf jeden Fall besser als Senf und Bier.« Er legte den Kopf schief. »Du weißt doch, wie man den Ofen und die Mikrowelle bedient, oder?«

»Das krieg ich schon hin.« Die Vorstellung, dass ihn ab jetzt ein selbst gekochtes Abendessen zu Hause erwartete, ließ Tully das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Wie sollen wir das mit dem Einkaufen machen?«

Sage lachte auf. »Ich glaub, da kümmere besser ich mich drum. Wir können die Kosten ja teilen?«

»Passt. Aber, ähm, ich hab jetzt nicht viele Küchenutensilien.«

Sage hob fragend die Augenbrauen und öffnete die Küchenschränke. Seinem Stöhnen nach zu urteilen, war er über den Anblick darin nicht sehr erfreut. Dort herrschte nämlich gähnende Leere. »Damit werd ich nicht weit kommen«, stellte er fest und begutachtete die kleine Pfanne in seiner Hand.

»Gib mir einfach eine Liste mit den Sachen, die du brauchst, und ich bestell sie dann«, schlug Tully vor. »Ich bezahl sie auch«, fügte er mit einem Blick auf Sages zögerlichen Gesichtsausdruck hinzu.

»Was ist mein Budget?«

»Was immer du brauchst. Pass auf, ich spare mir wahrscheinlich ein Vermögen, wenn du kochst. Da kann ich das Geld, das ich sonst in Restaurants oder beim Bestellen ausgegeben hätte, auch in dich investieren. Also…« er zuckte mit den Schultern. Um ehrlich zu sein, hatte er sich seit dem Tod seines Vaters nie mehr wirklich Gedanken um Geld gemacht. Wenn er etwas wollte, dann kaufte er es sich einfach.

Sage nickte, stellte die Pfanne zurück und schloss den Schrank. »Ich mach dir eine Liste und dann fang ich an zu kochen.« Er runzelte die Stirn. »Fleisch isst du schon, oder?«

Plötzlich erinnerte sich Tully an das Gespräch über Sex, das sie vorhin geführt hatten. Er fühlte, wie er rot wurde. Vielleicht fiel Sage das auf oder er erinnerte sich ebenfalls an das Gespräch. Er lachte. »Du weißt, was ich meine.«

»Ich esse alles außer Mohnsamen. Gegen die bin ich allergisch.« Das hatte er eines Morgens beim Frühstück auf die harte Tour lernen müssen – inklusive eines schlimmen Ausschlags und einem Besuch von Sanitätern, die ihn vor einem anaphylaktischen Schock bewahrten. Tully hatte danach nicht mehr den Mut gehabt, noch mal zu dem Frühstückscafé zu gehen.

»Mit der Einschränkung kann ich arbeiten«, antwortete Sage.

Die darauffolgende Stille war unangenehm – zwei Fremde, die sich in einer Küche gegenüberstanden, um sie herum nur Granit und Edelstahl und das einzige Geräusch das leise Surren des Kühlschranks. Tully räusperte sich. »Wir kümmern uns besser schnell um deine Sachen, bevor du noch einen Strafzettel bekommst.«

Zum Glück dauerte es nicht lange, sich um die formalen Dinge zu kümmern. Su-ji gab Tully ein Formular mit, damit Sage offiziell als Bewohner des Wohnhauses registriert war. Dann zeigte ihm Tully das Fitnessstudio und den Pool, die Sage nicht wirklich zu interessieren schienen. Die Garage allerdings weckte sein Interesse.

»Die alte Bessie wird ja richtig verwöhnt«, stellte er fest.

»Wer?«

Sage wurde rot. »Mein Truck. Der Name ist ein alter Witz, aber er ist hängen geblieben. Sie stand ihr ganzes Leben lang draußen.«