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Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100
Vollständige Ausgabe 03/2007Copyright © 2005 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Str. 28, 81673 MünchenCoverillustration: © Kat Menschik, BerlinISBN: 978-3-641-02636-3V002
www.heyne.dewww.penguinrandomhouse.de
Inhaltsverzeichnis
Lob
PROLOG
ERSTER TAG
ZWEITER TAG
DRITTER TAG
VIERTER TAG
Zwischenspiel
Zwischenspiel
FÜNFTER TAG
Zwischenspiel
Zwischenspiel
SECHSTER TAG
Zwischenspiel
Zwischenspiel
Zwischenspiel
SIEBTER TAG
Zwischenspiel
ACHTER TAG
NEUNTER TAG
Copyright
Das Buch
Karl Müller ist ein unauffälliger Mensch, einer, den andere schnell wieder vergessen. Aber hinter der unscheinbaren Fassade ist er der beste Mann des BND. Mit Hilfe von Verbindungsleuten überwacht er die Vorgänge in der arabischen Welt. Daheim führt er ein scheinbar perfektes bürgerliches Leben mit Reihenhaus und Frau und Kind, doch die Idylle droht zu zerbrechen: Die Ehe ist tot, und Müller fürchtet, dass seine Frau ihm das Kind wegnimmt. Außerdem liegt sein Vater im Sterben.
Ausgerechnet in dieser Krisensituation passiert die berufliche Katastrophe. Sein syrischer Kontaktmann Achmed, eigentlich ein Freund Müllers, läuft aus dem Ruder: Kurz nach einem Treffen in Damaskus taucht er urplötzlich in Berlin auf. Gleich darauf bringt eine Terroristengruppe radioaktives Material in ihre Gewalt. Alles deutet darauf hin, dass eine schmutzige Bombe gezündet werden soll. Doch sonst tappt der BND im Dunkeln, Achmed bleibt die einzige Fährte. Müller muss ihn schnellstmöglich finden, koste es, was es wolle.
»Zwar plaudert der Wahl-Eifeler keine Geheimnisse aus, aber man spürt die intimen Kenntnisse... Und gerade das macht den Reiz des Buches aus.«
Handelsblatt
»Ein spannender Roman mit beinahe unheimlicher Authentizität und Aktualität.«
Sonntagszeitung
Der Autor
Jacques Berndorf – Pseudonym des Journalisten Michael Preute – wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt seit 1984 in der Eifel. Er arbeitete viele Jahre als Journalist, u.a. für den »Spiegel« und den »Stern«, bevor er sich ganz dem Krimischreiben widmete. Seine zwölf »Eifel«-Krimis mit dem Ermittler Siggi Baumeister haben Kultstatus erlangt und standen ebenso wie »Die Raffkes« (2003) auf den Bestsellerlisten. 1996 wurde Jacques Berndorf für den »Friedrich-Glauser-Preis« nominiert, 2003 erhielt er den »Ehrenglauser« für seine Verdienste um die deutschsprachige Kriminalliteratur.
… natürlich für meine Frau Geli,für Hans Gatzke, der seine Friedel verlor,für Roma und Helmut Schwickerath,
Heinz Onnertz und Heinz-Peter Hoffmann
Wahrlich, keiner ist weise, Der nicht das Dunkel kennt, Das unentrinnbar und leise Von allen ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern! Leben ist Einsamsein, Kein Mensch kennt den andern, Jeder ist allein.
Hermann Hesse
PROLOG
Basie Blossom nahm die breite Straße, die parallel zum Strand verlief. Er ließ den nachtschwarzen Cadillac ganz langsam rollen, weil er Zeit hatte. Das mit der Frau drängte nicht.
Überall waren große und kleine Gruppen von Spaziergängern zu sehen, Touristen, die die Getränkestände umlagerten oder mit ihren breiten Fernsehärschen im Sand saßen und Bier saufend zusahen, wie die kleinen Wellen träge den Strand hinaufliefen. Basie nannte sie voller Verachtung Sixpack-Pack. In ein paar Tagen würden sie den Nachbarn zu Hause wichtigtuerisch erklären: »Also, wir waren ja jetzt kurz auf den Bermudas, ewiger Sonnenschein und so. Muss man ja auch mal gesehen haben …«
Basie hasste diese Sorte Touristen, weil die meisten von ihnen es nicht geschafft hatten und es auch nie schaffen würden. Und weil er bei vielen von ihnen die Zeichen entdeckte, die er an sich selbst vor Jahren so gehasst hatte: dieses ewige Auf-der-Stelle-Treten, dieses lebenslängliche Abstottern von Kleinkrediten, diese biergefüllten Bäuche und diese fetten, wabbelnden Ärsche, bei denen man nie wusste, wo sie anfingen und wo sie aufhörten. Er nannte sie immer Kniekehlenärsche.
Basie hatte nicht damit gerechnet, dass der Chef ausgerechnet jetzt Lust auf eine Bestrafung Evas haben würde. Die Geschäfte liefen überall auf der Welt ganz ruhig, und es gab keinen Stress, nirgendwo. Im Gegenteil: Plötzlich war die Nachricht gekommen, dass die Regierung im Sudan die Waffen trotzdem haben wollte, wenn möglich schon gestern. Und der Chef hatte sanft ins Telefon gegrinst und gesagt: »Na, dann schicke ich sie euch rüber …«
Aber anschließend hatte der Chef mit dem Kardinal telefoniert und sich furchtbar aufgeregt. Wahrscheinlich klappte es wieder mal nicht mit der deutschen Politik, wahrscheinlich quasselten sie nur, statt irgendetwas zu entscheiden. Jedenfalls hatte er danach Basie gerufen und angeordnet: »Wir wollen heute Abend eine Eva sehen, eine schmutzige, kleine Eva …« Und gleichzeitig hatte er bestimmt, dass Pater Anselm den Abend irgendetwas außerhalb des Hauses unternahm, einen Besuch im Kloster der Minoriten vielleicht. Es war gut, Pater Anselm wegzuschicken, wenn eine Eva kam.
Basie steuerte den Wagen nach links in das Gebiet des alten Hafens hinein, wo die meisten Kneipen und Destillen der Einheimischen lagen und die meisten billigen Nutten zu haben waren. Hier trieben sich noch mehr Touristen herum. Die fanden das alles sicher sehr romantisch und wahrscheinlich hofften sie, gleich käme Kapitän Hook mit federbesetztem Dreispitz um die Ecke und würde drohend seinen Hakenarm schwingen. Wie sagte der Chef immer? Dieses Amerika kann nur von Walt Disney erschaffen worden sein.
Basie fuhr den Cadillac auf den Parkplatz vom Coque d’Or, wo der alte Billy von morgens bis abends angeblich auf die Autos aufpasste und dafür manchmal einen Dollar kassierte. Mittags schickte Scooter aus der Bar dem Billy ein Essen auf den Platz, weil er ein paar schmutzige französische Lieder singen konnte, von Belle zum Beispiel, die niemals eine Hose unterm Rock trug. Dann stand Billy mit seiner zerkratzten Gitarre breitbeinig vor einer entzückten Touristengruppe und sang seinen Text, und die Touristen johlten und fotografierten ihn und spendierten ihm ein paar Münzen.
»He, Billy«, sagte Basie freundlich und reichte dem Alten fünf Dollar. »Ich suche ein Auto, möglichst alt und vergammelt. Hast du da was?«
»Du könntest den Toyota von Tragger nehmen. Der fällt bald auseinander. Tragger fährt sowieso nicht mehr, weil er meistens besoffen ist. Soll ich ihn fragen, wie viel er haben will?«
»Tu das«, nickte Basie. Es war wichtig, dass keine Spur zum Chef führte.
Er ging in die alten Gassen hinein und genoss das Gewimmel der vielen Menschen. Es gab ihm ein Gefühl der Sicherheit, und hätte er die Wahl gehabt, hätte er sich genau hier eine Wohnung besorgt. Eines Tages würde er das wirklich tun.
Er steuerte die Royal Canadian Bank an und fragte sich zum hundertsten Mal, wieso es die hier gab. Musste was mit Geldanlagen zu tun haben, mit der Art Geschäfte, die der Chef machte. Das war aber eigentlich auch ganz egal, für Basie zählte nur das Konto, das er seit sechs Jahren dort hatte. Und das war hübsch fett und sah verdammt gut aus.
Irgendwer musste schließlich das Geld, das an den Rändern ihres Lebens reichlich heruntertropfte, aufsammeln und einsacken. Da war die Sache mit den siebentausend US-Dollar für frisch nach Beirut eingeflogene Austern. Die waren nicht gekommen, und der Chef hatte sie auch nicht vermisst, und dieser blöde Scheich sowieso nicht. Na ja, solche Dinge eben. Basie hatte in Harper’s Bazaar gelesen, dass internationale Kreise den Chef für einen der reichsten Männer der Welt hielten, mit einem Dutzend Milliarden sicherlich oder mehr.
Hinter dem Schalter saß wieder dieser Milchbubi, dem Basie privat nicht einmal einen Hundertdollarschein anvertraut hätte. Seine makellos weißen Hände hatten wahrscheinlich noch nie einen Hammer berührt.
»Ich möchte etwas einzahlen«, sagte Basie.
»Selbstverständlich, Mister Blossom. Wie viel soll es sein?«
»Siebentausend«, sagte Basie und legte dem Milchbubi einen Umschlag hin.
»Darf ich Sie bei der Gelegenheit über ein paar gute Anlagen informieren, Sir?«
»Nein«, sagte Basie. Das versuchte der Junge nun seit Jahren, und es klang jedes Mal gleichermaßen nichts sagend. »Wie viel habe ich jetzt?«
»Äh, wie bitte?«
Basie hatte den Jungen beim Zählen gestört.
»Also, Sie haben, Sir … Sie haben jetzt auf diesem Konto dreihundertdreißigtausendvierhundertvierzig Dollar.«
»Das ist schön«, sagte Basie und nahm die Quittung entgegen.
Das Schönste dabei ist aber, dachte er, dass du nicht weißt, dass ich weder Basie heiße noch Blossom, dafür aber erstklassige Papiere auf diesen Namen habe, weil mein Chef nur erstklassige Papiere wollte. Basie Blossom, so etwas Irres konnte nur dem Chef einfallen.
Er schlenderte aus der Bank, ließ sich treiben, bog am Ende der Straße nach links ab und ging auf die großen Schuppen zu. Auf diesen paar hundert Metern standen die meisten Nutten, und je weiter er vorankam, desto billiger wurden sie.
Als sie ihn kommen sahen, machten sie ein paar Schritte nach vorn und hoben das Röckchen, falls sie eines trugen. Sie boten ihm alles an, und ihre Stimmen waren rau vom billigen Ganja und dem vielen Fusel.
»He, Sweeties!«, rief Basie und sah sehr genau in ihre gierigen Gesichter.
»Willst du mich, oder willst du uns alle?«, fragte eine von ihnen, die keine Zähne mehr hatte und uralt aussah.
»Alle!«, sagte Basie scheinbar verblüfft.
Dann lachten sie zusammen.
Die Alte kam nicht infrage, weil der Chef Frauen ohne Zähne auf den Tod nicht ausstehen konnte.
Es waren alles in allem vielleicht sechzig bis siebzig Frauen, und sie standen beiderseits der Fahrbahn, schrien derbe Anzüglichkeiten und rissen sich nicht die Spur zusammen, weil Basie ein Mann war, von dem sie sicher wussten, dass er niemals eine von ihnen kaufen würde.
Ein Nigger, der so wohlgenährt war und so gut in teures graues Tuch gekleidet wie Basie, ging hier nur durch, weil er mal frische Luft schnappen wollte. Und zu Hause hatte ein so feiner Mann selbstverständlich eine Zuckerpuppe, die sich den ganzen Tag einölen und lange blutrote Nägel feilen konnte, die niemals abbrachen. Die Stunde der billigen Frauen auf dieser stillen Straße würde später kommen, wenn die Touristen in den Kneipen betrunken und geil waren.
Basie drehte sich gemächlich um und ging auf der anderen Straßenseite zurück. Dann sah er eine, von der er annahm, dass sie dem Chef liegen würde. Sie stand einen Schritt zurück im Schatten eines Vorbaus. Sie hatte ihr langes Haar grell mit Henna gefärbt, und ihr Gesicht war schmal, fast mager. Sie sah ein bisschen krank aus, und sie war sicher nicht älter als dreißig, na ja, fünfunddreißig vielleicht. Sie war schlank und hatte unendlich lange Beine. Und weil sie das wusste, trug sie nichts als ein knappes Höschen und ein weit offen stehendes weißes Männerhemd. Irgendwie war sie schön, mit Augen, die steinhart wirkten und sehr viel gesehen hatten.
»He«, sagte Basie. »Stehst du oft hier?«
Sie war misstrauisch, und sie zeigte es. »Bis ich die Miete zusammen habe«, antwortete sie.
»Da könnte ich helfen«, sagte Basie. »Ich hab da einen Freund, der auf so jemand wie dich steht. Wie sieht’s aus? In einer Stunde?«
Sie verzog ihren Mund. »Will der mich etwa hier vögeln, oder wie?«
»Nicht doch«, sagte Basie. »Ich komme vorbei, lade dich ein.«
»Was bringt das?«, fragte sie schnell.
»Ich lass dir jetzt einen Hunderter da, dafür verlange ich, dass du in einer Stunde fertig hier stehst. Ich fahr dich auch hierher zurück. Insgesamt bringt das zwei Hunderter. Und vielleicht legt mein Freund noch was drauf. Okay?«
Basie hielt ihr einen Hunderter hin und war sicher, dass das mehr als das Vierfache ihrer Monatsmiete war. Sie hauste sicher in einer versifften Bruchbude, durch deren Wände der Regen drang und die über einer billigen Kneipe lag. Und sie schleppte garantiert irgendeinen unrasierten und versoffenen Typen durchs Leben.
»Hast du eine Uhr?«, fragte er noch.
»Na, sicher«, sagte sie noch immer misstrauisch. Dann nahm sie den Geldschein. »In einer Stunde hier.«
»Das ist schön«, sagte Basie und ging weiter.
Er wurde nicht schneller, im Gegenteil, er verfiel in eine geradezu träge Gangart und wirkte wie jemand, der auf einen zufällig herumstehenden Stuhl wartet.
Nach zwanzig Minuten war er wieder beim alten Billy, der sich einen großen Plastikbecher voller Fusel besorgt hatte und laut schlürfte, wenn er davon trank.
»Was sagt dieser Tragger?«
»Tragger gibt dir den Toyota. Er sagt, zwei Hunderter wären gut.«
»Hundert kann er haben«, erwiderte Basie. »Die Kiste wird doch sowieso nur vom Rost zusammengehalten.«
»Ich frage ihn«, murmelte der Alte und verschwand. Nach einigen Minuten kam er zurück und ließ einen Schlüssel an einem Ledermäppchen um den Zeigefinger kreisen. »Tragger sagt, das geht in Ordnung. Und du sollst die Kiste auf ewig verschwinden lassen.«
»Und das Geld gebe ich dir?«
»Das Geld kriege ich.« Billy nickte. »Wir sind alte Kumpel, Tragger und ich.«
»Na, denn«, sagte Basie. »Mach’s gut.«
Er streifte sich dünne, schwarze Lederhandschuhe über. Im Innenraum des Autos stank es, das ganze Auto stank widerlich, und Basie warf erst einmal zwei dreckige kleine Kissen hinaus. Jemand hatte eine Marienfigur aus Plastik auf das Armaturenbrett geklebt, und Basie sagte spöttisch: »Hi, Maria!« Er brach die Plastikfigur ab und warf sie ebenfalls auf die Straße. Als er den Motor startete, hörte er, dass er einen Diesel gekauft hatte. Und der ratterte unregelmäßig und stank ebenfalls enorm. Aber er lief. Basie schaltete den Motor wieder aus und trabte zu einem Restaurant. Er setzte sich an einen kleinen Tisch in einer schmalen, kopfsteingepflasterten Gasse und ließ sich ein halbes Dutzend Austern bringen. Das war sündhaft teuer, aber er wusste, dass der Chef alle Spesen wortlos genehmigte, wenn es um eine Eva ging. Dann aß er noch eine kleine Portion Spaghetti aglio e olio, ehe er zahlte und zum Auto zurückging.
Er steuerte wieder die Straße der Nutten an. Da stand sie schon, und sie hatte sich etwas verändert, was vermutlich auf den Hundertdollarschein zurückzuführen war. Sie trug neue Jeans und ein neues weißes Hemd. Und sie war schrecklich geschminkt und roch aufdringlich nach einem billigen Parfüm.
Als sie sich neben ihn setzte, fragte sie aggressiv: »Also, wohin geht es, Onkelchen?«
»In das Haus meines Freundes«, antwortete Basie. »Wie heißt du eigentlich?«
»Selma. Und der Freund hat Kohle, he?«
»Das kann man so sagen.«
»Und du? Hast du auch Kohle?«
»Es reicht ganz gut zum Leben.«
»Und wieso fährst du so eine alte Karre?«
»Sie läuft, und das reicht.«
»Und wieso … und wieso trägst du Handschuhe? Also, das ist ja irre.« Ihre Stimme war plötzlich grell vor Misstrauen.
»Es ist das Auto von einem Hausdiener«, sagte er entschuldigend. »Von meinem Freund war gerade keines frei. Und Handschuhe trage ich oft. Wegen der Hygiene.«
»Wie viele Karren stehen denn da, wenn alle frei sind?« Es schien ihr Spaß zu machen, ihn auszufragen.
»Na ja, vier oder fünf, nein, sechs.«
»Oh Mann, reich müsste man sein.«
»Das stimmt.« Basie nickte ohne einen weiteren Kommentar.
Dann schwieg sie, zündete sich eine Zigarette an, drückte sie sofort im überfüllten Aschenbecher aus, zog ein Spray aus der kleinen, bunten Handtasche und machte ihren Atem frisch.
Als Basie in die schmale Zufahrt einbog und das niedrige, schneeweiße Haus sichtbar wurde, war sie etwas nervös und fragte: »Wie ist er denn so, dein Freund?«
»Er braucht es hart.«
Sie sah ihn mit einem schnellen Seitenblick an. »Dann wird Mami ihn bestrafen«, stellte sie fest. Darin kannte sie sich aus.
Basie fuhr vor die Garagen, und sie stiegen aus.
»Das ist ja ein Märchenschloss«, rief sie. »Wie bei Elvis in Memphis.«
»Warst du mal in Memphis?«, fragte Basie.
»Ja klar, ich war damals mit einem aus Vegas zusammen. Der war ein Elvis-Fan, und manchmal dudelte er von morgens bis abends ›In the Ghetto‹ … War ganz furchtbar, der Kerl. Und außerdem ein Schwein, wenn du verstehst, was ich meine.« Sie stakste auf hohen schwarzen Stilettos neben ihm her.
»Und mit wem bist du jetzt zusammen?«
»Donovan heißt der. Ist einer von Palomas Leuten. Ganz netter Typ, bloß faul. Und außerdem wird er langsam dick. Und er duscht zu selten. Sag mal, habt ihr was zu essen im Haus?«
»Na, sicher doch.« Er lächelte.
Sie stiegen die Freitreppe hoch, Selma rief bewundernd »Huch!« und verstummte dann.
Basie schloss die Tür auf und sagte: »Nach rechts, bitte.« Er ging vor ihr her zu den Gästeapartments und öffnete das erste.
»Das ist dein Reich«, sagte er. »Das Bad ist da hinten. Du duschst und machst dich frisch. Aber kein Parfüm und keine Lotion oder Ähnliches. Mein Freund mag nur Natur. Ich hole dich dann in einer halben Stunde ab. Ein Bademantel hängt im Bad, mehr brauchst du nicht.«
»Ja, aber … ich meine, liebt er denn Ketten oder so? Peitschen vielleicht oder irgendetwas in der Art?«
»Dazu kommst du später«, sagte er. »Das ergibt sich ganz von selbst.« Basie nickte Selma lächelnd zu und ging dann zurück in die Empfangshalle.
Er rief den Chef an und sagte knapp: »Es ist alles bereit. Möchten Sie einen Imbiss?«
»Nein. Ich rufe dich dann.«
»In Ordnung, Sir.«
Basie ging in die Küche, machte ein paar Scheiben Toast und schnitt etwas vom geräucherten Lachs ab. Dazu gab er einen Klecks Meerrettich und brachte das Ganze auf einem Holzteller ins Gästeapartment. Er sagte laut: »Hier ist was zu essen.«
»Danke«, rief Selma aus dem Bad. »Du bist ein Schatz!«
»Wenn du wüsstest«, murmelte Basie leise. Dann ging er zurück in die Küche. Amanda war schon gegangen, das war gut so. Und Pater Anselm betete wohl seinen Seelenfrieden bei den Minoriten herbei.
Basie setzte sich auf einen Hocker und begann, Silber zu putzen. Er putzte gern Silber, dabei konnte er gut vor sich hinträumen. Er war beim dreizehnten Kaffeelöffel, als der Chef anrief und befahl: »Bring sie mir.«
»Ja, Sir.«
Er holte Selma ab. Sie sah verdammt gut aus, und sie roch endlich auch gut. Ihr Lächeln wirkte zwar etwas nervös, aber das war nicht weiter verwunderlich bei all dem Luxus, der sie plötzlich umgab.
Basie ging vor ihr her in den großen Salon.
Sie raunte: »Wow!«, als sie die Pracht sah. Dann sah sie den Chef, der in einem dunkelroten Brokatmantel hinter dem großen Tisch saß – wahrlich wie ein König.
»Bis später!«, sagte Basie.
Dann verließ er den Salon, ging durch den Küchengang zu einer zweiten, schmalen Zugangstür, öffnete sie leise und lehnte sich daneben an die Wand. Bald würde sein nächster Einsatz kommen.
Er hörte, wie der Chef dröhnend begann: »Wie heißt du?«
»Selma«, kam die brave Antwort. Wahrscheinlich kannte sie derartige Spielchen, und wahrscheinlich hoffte sie, dass es schnell vorbeiging.
»Heute Abend bist du Eva«, sagte der Chef.
»Wie Sie meinen, Sir.«
»Du lebst in Sünde.«
»Das ist richtig«, antwortete sie und fuhr mit etwas unsicherer Stimme fort: »Schließlich bin ich deswegen hier.«
Sie hatte keine Ahnung, worauf der Chef hinauswollte.
»Sag mir deine Sünden.« Die Stimme des Chefs war gefährlich sanft.
»Na ja, ich ficke mit jedem gegen Bezahlung. Ich mache es auf alle Arten, du bestimmst. Und du willst es hart, hat dein Freund gesagt.«
»Das stimmt. Ich bin ein harter Mann. Seit wann lebst du in Sünde?«
»Schon immer«, antwortete sie. »Sag mal, was soll das Theater hier?«
»Es ist das große Welttheater. Das verstehst du nicht, das kannst du auch gar nicht. Jetzt kommt mein Butler und gibt dir eine kleine Spritze. Keine Angst, sie ist nicht tödlich, sie macht dich nur ein bisschen lahm, und nach einer halben Stunde ist es schon vorbei. Und ich zahle dir dafür einen angemessenen Preis.«
»Was für eine Spritze? Und was heißt angemessen?«
»Fünfhundert«, sagte der Chef ganz freundlich.
»Ich weiß nicht, ob ich das will. Von fünfhundert hat dein Kumpel nichts gesagt. Und schon gar nichts von einer Spritze. Was ist denn da drin?«
»Ein Barbiturat, ein Mittel, das dich schläfrig macht und entspannt.«
»Und wenn ich nicht will?«
»Dann fährt mein Butler dich wieder dahin, wo du hergekommen bist. Und eine andere Frau verdient das Geld.«
»Und was muss ich tun?«
»Du musst deine Sünden bekennen.«
»Und dir den Schwanz lutschen?«
»Nein, oh nein.«
»Na ja, irgendetwas muss ich aber doch tun, oder?«
»Du musst mir nur zuhören«, sagte der Chef, und er hatte ein hartes Gesicht.
»Nur zuhören? Für fünfhundert?«
»Sonst nichts.«
»Ihr seid vielleicht ein komischer Haufen hier. Na ja, dann soll die Spritze mal kommen.«
»Basie, bitte«, sagte der Chef genüsslich.
»Selbstverständlich, Sir«, sagte Basie und trat wieder in den Raum. Er setzte die Spritze in Selmas rechten Oberarm und sagte: »Keine Sorge, Mädchen.«
»Na ja«, murmelte sie.
Basie ging zurück auf seinen Platz und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
»Huch«, sagte Selma mit piepsiger Stimme. »Das ist ein komisches Gefühl. Und wieso ist hier überall Plastikfolie auf dem Boden?«
Dann herrschte kurz vollkommene Stille.
»Im Namen des Herrn«, begann der Chef. »Knie nieder, Eva, und bekenne deine Sünden.«
»Das ist doch Quatsch!«, sagte Selma verwundert, und ihre Stimme lallte etwas.
Knie schon nieder, dachte Basie. Mach schon, sonst dauert es nur noch länger.
»Das hier ist die Peitsche der himmlischen Vergeltung!«, erklärte der Chef laut. Er schob seinen hohen Stuhl mit den Kniekehlen zurück. Es quietschte leicht.
Basie dachte: Ich muss Filz unter die Beine kleben.
Dann kamen die ersten Peitschenhiebe, und Selma begann augenblicklich sehr hoch und sehr anhaltend zu schreien. Ihre nackten Füße machten auf den Plastikbahnen taptaptap.
»Bleib stehen, Sünderin!«, rief der Chef erregt.
»Ich will nach Hause«, nuschelte Selma.
Die nächsten Peitschenhiebe kamen in sehr schneller Folge, und anfangs schrie Selma noch, aber Basie wusste, dass ihr bald die Luft fehlen würde. Er drückte die Tür zu und schloss sie ab.
Nach ein paar Minuten würde sie nur noch wimmern, und wenn der Chef erst die Peitsche mit den Bleikugeln einsetzte, kaum mehr Luft kriegen.
Basie hörte den Chef laut brüllen: »Dein sündiger Leib soll bluten! Du gehörst dem Höllenfeuer.«
Basie ging in die Küche, weil er diese Schreierei nicht mochte. Später, in einer halben Stunde etwa, würde der Chef Champagner bestellen, und Basie könnte sich ans Aufräumen machen. Das war auch in Kanada so gelaufen. Und in Beirut vor zwei Jahren auch.
Basie wartete.
Irgendwann schellte das Haustelefon, und der Chef sagte: »Ich brauche eine kleine Flasche eiskalten Champagner. Und wenn Pater Anselm nach Hause kommt, möchte ich ihn sprechen. Und du kannst aufräumen.«
»Natürlich, Sir«, sagte Basie. Er stellte das Glas und das Fläschchen auf ein Tablett und schickte es mit dem Aufzug in das Schlafzimmer des Chefs. Dann nahm er einen Zettel und schrieb: Lieber Anselm, der Chef will dich sprechen! Sofort!
Er legte den Zettel auf die Anrichte.
Es war klar, dass der Chef beichten wollte, und Anselm würde gerührt zuhören.
Der Chef würde beginnen: »Ich habe schwer gesündigt in Gedanken, Worten und Werken …«
Anselm würde zuhören, er würde hören, wie der Chef erklärte: »Ich habe eine Eva bestraft, weil sie vom Baum der Erkenntnis aß.«
Anselm würde vertrauensvoll lächelnd antworten: »Gut, mein Sohn. Ich nehme deine Worte sehr ernst!«
Wenig später würde er zu Basie kommen und gerührt erklären: »Der Chef hat gebeichtet, dass er irgendeine Eva bestraft hat. Und ich weiß nicht recht, was ich darauf antworten soll. Wahrscheinlich hat er mal wieder schlecht geträumt.«
Selbstverständlich würde Basie erwidern: »Na ja, der Mann hat aber auch viel um die Ohren.«
Basie seufzte leicht, zog einen blauen Arbeitskittel über und machte sich auf den Weg in den großen Salon.
Als er Selma regungslos auf den Plastikbahnen liegen sah, wusste er sofort, dass irgendetwas schief gelaufen war. Sie lag merkwürdig verkrümmt da. Basie hastete zu ihr und zischte erregt: »He, mach keinen Scheiß!«
Er kniete sich neben sie, starrte sie prüfend an, beugte sich direkt über ihr Gesicht. Sie atmete nicht mehr. Sie war tot, jede Hilfe würde zu spät kommen. Was sollte er nur tun? Der Chef hatte sicher gar nicht gemerkt, dass er sie totgeschlagen hatte, schließlich war schon öfters eine Eva während der Bestrafung ohnmächtig geworden.
Eine Welle aus Angst ließ Basie zittern, einige Sekunden lang bekam er keine Luft. Das war noch nie passiert. So weit war der Chef nie gegangen.
Ich muss aufräumen!, befahl sich Basie.
Er fand einen großen schwarzen Plastiksack, in den er die Leiche packte. Dann trug er ihn hinaus und verstaute ihn im Kofferraum des alten Toyota. Die Plastikbahnen im großen Salon rollte er ebenfalls sorgfältig zusammen und lud sie in den Kofferraum. Er gratulierte sich selbst für seine Vorsichtsmaßnahme, den Boden vor einer Bestrafung immer gut abzudecken, weil es immer eine Sauerei gab. Tatsächlich fand sich im ganzen Salon kein Blutspritzer mehr.
Draußen am Auto zog er die Handschuhe und den Kittel aus und warf alles über Selma. Wenn er nach Hause kam, würde er das Gästeapartment säubern und seine wie ihre Kleidung verbrennen. Die Bullen hatten heutzutage ekelhaft gute Mittel, irgendetwas nachzuweisen.
Er fuhr in normalem Tempo, weil er auf keinen Fall auffallen durfte und weil er die ganze Nacht Zeit hatte.
Er steuerte den riesigen Schrottplatz hinter dem Industriehafen an, auf dem ein großer Magnetkran mit extrem hellen Scheinwerfern arbeitete. Direkt am Kran parkte er, stieg aus und wedelte mit beiden Armen zum Kranführer hoch.
Der stoppte seine Maschine, kam heraus auf den Umgang und schrie: »Was willst du, Mann?«
»Mach den hier platt!«, rief Basie zurück. »Ist sowieso nur Schrott.«
»Das kostet aber«, brüllte der Mann und grinste breit.
»Hundert?«, schrie Basie.
»Wunderbar!«, schrie der Mann zurück. Dann kam er sehr schnell heruntergeklettert und sagte atemlos: »Kann ich gut gebrauchen, Mann. Ich will nach Miami.« Dann grinste er wieder: »Was hattest du da drin, Mann? Eine Tonne Shit? Eine Leiche von der Konkurrenz?«
»Such es dir aus«, erwiderte Basie grinsend.
Der Mann lachte: »Dann machen wir ihn platt.« Er kletterte wieder zum Leitstand hoch.
Basie sah sehr aufmerksam zu, wie sich die riesigen Backen der stählernen Presse neben, über und unter dem Toyota gegeneinander schoben.
Er winkte dem Kranführer zu und ging davon.
Er hatte in der Financial Times gelesen, dass China den gesamten Stahl auf dem Erdball aufkaufte, und murmelte: »Auf diese Weise, Selma, kommst du weit rum!« Er war sehr stolz auf sich.
Langsam wanderte er zum alten Hafen. Er war jetzt wieder ganz ruhig, er wusste, er hatte seine Aufgabe gut gelöst. Er dachte über die Selmas dieser Welt nach und über das Privileg, der perfekte Diener eines dermaßen stinkreichen Meisters zu sein. Und wie so häufig betete er sicherheitshalber zu einem Gott, zu dem er nie eine besondere Nähe gespürt hatte, dass dieser himmlische Zustand möglichst lange halten möge.
Er stieg vor dem Coque d’Or in den Cadillac und rollte heim. Leise trat er ein, sah, dass der Zettel an Pater Anselm verschwunden war, ging hinauf in sein Apartment, zog sich aus, schlüpfte in einen Bademantel und brachte dann seine Kleidung in den Keller. Er stopfte sie in den Heizkessel und wartete sicherheitshalber ein paar Minuten. Anschließend ging er wieder in das Gästeapartment und beseitigte die letzten Spuren von Selma auf dieser Erde.
Er stellte den Wecker auf sieben Uhr, denn es war sonnenklar, dass der Chef beschließen würde, die Insel sofort zu verlassen. Das war jedes Mal so, wenn er irgendwo auf der Welt eine Eva bestraft hatte.
ERSTER TAG
Krause kam herein und sagte gut gelaunt: »Es gibt Arbeit, mein Lieber. Achmed ist am Telefon.«
»Und, was will er?«, fragte Müller.
»Das weiß ich nicht, das ist Ihr Bier. Er ist am Hamburger Telefon und scheint gut drauf zu sein. Vielleicht will er Ihnen ja nur Guten Tag sagen.«
»Verarschen Sie mich nicht«, sagte Müller mit einem milden Grinsen. »Was hat die Kantine zu bieten?«
»Würstchen mit Kartoffelsalat und Backfisch. Bis später.« Krause spazierte wieder hinaus.
Müller ging ans Telefon und hörte Achmed zu, wie er seelenruhig über die dreitausend Kilometer Entfernung zwischen Damaskus und Hamburg einen der vereinbarten Codes verwendete, den er bisher noch nie eingesetzt hatte.
Achmed sagte auf Arabisch: »Mein Freund, ich brauche dringend den besten Vorschlaghammer, den du auftreiben kannst. Und zwar am besten gleich zwanzigmal.«
Müller brauchte nicht nachzusehen, er kannte den Code im Traum. Er bedeutete: Komm schnellstmöglich her. Müller dachte an Melanie und an Anna-Maria, und dass er ihnen versprochen hatte, in den kleinen Zirkus zu gehen, der auf der großen Wiese hinter ihrer Siedlung gastierte. Anna-Maria hatte zwei Elefanten gesehen und sprach seitdem über nichts anderes mehr.
Müller sagte: »Scheiße!« Dann stand er auf, ging hinüber in Krauses Büro. »Wir haben ein verdammtes Dringend von Achmed. Ich soll schnell kommen.«
»Die Beurteilung?«, fragte Krause.
»Den Code hat er in den vier Jahren noch nie verwendet. Gut, wir wissen, dass er ein Luftikus ist, aber er hat nie eine Abmachung missbraucht oder eine Meldung aufgeblasen. Auf den ersten Blick würde ich sagen: Ich sollte sofort losfliegen.«
»Was könnte es sein?«
»Möglich, dass die Amis es aufgeben, in der syrischen Wüste nach Öl zu bohren. Oder dass sie im Gegenteil noch weitere Ölsuchtrupps anfordern. Könnte alles Mögliche sein. Könnte sogar sein, dass Achmeds Onkel mit irgendwas auf die Schnauze gefallen ist und das Projekt nicht mehr steuert. Was sagen Sie?« Müller grinste. »Schließlich habe ich von Ihnen gelernt, nicht allzu viel Fantasie zu verbraten. Es bringt nichts, haben Sie gesagt.«
»Auf jeden Fall handelt es sich um etwas, was er Ihnen am Telefon nicht verraten kann. Und ich hasse diese gottverdammten Konjunktive. Rufen Sie ihn an, und sagen Sie ihm, Sie kommen. Was ist mit Geld? Erwartet er welches?«
»Keine Automatik bei Achmed. Aber ich sollte in Damaskus welches aufnehmen, bevor ich ihn sehe.« Müller dachte leicht erheitert, dass Krause für einen abgebrochenen Theologen erstaunlich oft das Wort »gottverdammt« verwendete.
»Wie viel?«
»Fünftausend US-Dollar. Das übliche Verfahren, der ganz normale Treff.«
»Gut. Ich gebe der Reisestelle und der Residentur in Damaskus Bescheid, damit die das Nötige veranlassen. Rufen Sie Achmed an.«
Müller trabte in sein Büro zurück und dachte mit leichtem Widerwillen, welchen Wust an Bürokratie er gerade auslöste. Sie diskutierten es immer wieder, stritten sich wie die Kesselflicker um Vereinfachungen und kamen auf der endlosen Leiter der Zuständigkeiten nicht eine Stufe weiter. Krause musste jetzt seine wichtige Zeit dem Geschäftszimmerbereich opfern. Dort würde der Abschlag auf die Reisekosten und Treffkosten festgelegt. Krause müsste an Müllers Stelle unterschreiben. Dann wurde jemand losgeschickt, der die Genehmigung und das Geld abholte. Anschließend musste jemand die Buchung des Fluges erledigen.
Dazu kam die Bürokratie in Damaskus: Der BND-Resident würde nachschauen, ob sein Bestand an US-Dollar ausreichte, und spätestens nach dem Treffen die Zentrale bitten, seine Dollarkasse wieder aufzufüllen. Und er würde prüfen, ob sein Gehilfe für die Geldübergabe bereitstand, die Müller immer den »Tanz mit dem bartlosen Unterprimaner« nannte.
Müller nahm das Handy Nummer vier und wählte die lange Nummer von Achmed in Damaskus.
Achmed meldete sich augenblicklich, und Müller sagte: »Hi, Kumpel.«
»Oh, mein deutscher Lieferant. Wie geht es dir, alter Gauner?«
»Na ja, wie es einem so geht, wenn Arabien auf der Matte steht. Hör zu, die Vorschlaghämmer kannst du kriegen. Sofort.«
»Das ist gut«, sagte Achmed mit einem kleinen fröhlichen Glucksen in der Stimme. Dann unterbrach er die Leitung.
Müller ging auf die offizielle Leitung und rief zu Hause an.
Als Melanie sich meldete, sagte er hastig: »Bitte sei nicht sauer, Schatz, aber ich muss auf eine Dienstreise. Nur zwei, drei Tage oder so. Dann bin ich wieder da. Ich komme gleich und pack meine Sachen.«
»Sie hat sich so gefreut«, sagte Melanie seufzend.
»Ich weiß.« Müller fühlte sich unbehaglich. »Bis gleich also.«
Der interne Apparat klingelte, der Chef sagte: »Wir haben Sie auf einer Lufthansa nach Athen in drei Stunden. Dann sofort weiter nach Damaskus. Die Residentur geht klar. Gehen Sie zur Operativen Sicherheit, die Treffs absprechen.«
»Geht klar.«
Müller ging über mehrere Flure und die Treppe hinunter zu Willi Sowinski von der Operativen Sicherheit und erklärte gleich: »Ich habe zwei Treffs in Damaskus, beide nach der alten, bewährten Regel. Erster Treff Botschaft wegen der Gelder. Vor dem Café in der Straße der Düfte. Aneinander vorbeigehen, zweimal. Dann hinsetzen. Aktenkoffer Nummer drei, kleines Format. Wird nur gewechselt, steht unter dem Tisch. Er geht vorbei, nimmt meine Tasche auf, ich nehme seine und gehe weiter. Treff Achmed wie immer. Schräg gegenüber von seinem Stand ist ein Obstladen. Ist alles in Ordnung, geht er rein, nimmt eine Orange auf, zahlt sie und geht wieder. Ist es nicht in Ordnung, nimmt er drei Orangen. Ausweichtreff dieselbe Stelle genau eine Stunde später, gleiches Verfahren.«
»Sie haben es gut drauf«, sagte Sowinski. »Gibt es eine Ausweiche beim Geld?«
»Gibt es. Exakt eine Stunde später an einem Shawurma-Stand zwei Gassen weiter. Dasselbe Verfahren.«
»Irgendwelche Unklarheiten?«
»Nein. Mit Ausnahme der Tatsache, dass wir nicht wissen, was Achmed uns sagen wird.« Müller grinste.
Sowinski nickte nur und lächelte ihm zu, was in etwa hieß, er solle seine Sache gut machen – wie gehabt. Dann aber konnte er sich nicht verkneifen, wie beiläufig hinzuzufügen: »Und die Treffberichte bitte binnen vierundzwanzig Stunden nach Ihrer Rückkehr, so präzise wie möglich.«
Müller wusste genau, dass Sowinski mit einigen Verbindungsführern ständig wegen nicht geschriebener Treffberichte im Clinch lag, und er wusste auch, dass im letzten Jahr zwei oder drei Treffs mit wichtigen Leuten irgendwo auf der Welt schief gegangen waren, weil Berichte anderer Agenten über vorhergehende Treffen entweder gefehlt hatten oder unvollständig waren.
»Das geht alles klar. Passen Sie auf das Haus auf.«
Kurz darauf fuhr er mit dem Lift in die Tiefgarage, stieg in seinen alten Golf und steuerte die Rampe hoch. Das Licht draußen war grell und traf ihn wie ein Schlag. Die Sonne stand fast senkrecht, und es mussten um die dreißig Grad sein. Müller fuhr konzentriert.
Er dachte, dass ihm die Reise eigentlich gut in den Kram passte. So kam er wenigstens mal wieder für ein paar Tage von zu Hause fort. Er hatte nämlich keine Ahnung mehr, worüber er mit Melanie noch sprechen sollte, außer über die ganz alltäglichen Banalitäten. Er bekam einen harten Rücken, wenn er in sein eigenes Haus kam. Ich bin in dieser Ehe stumm geworden, dachte er, ich bin, verdammt noch mal, ein Taubstummer in meinem eigenen Haus. Wieso mache ich nicht den Mund auf? Wahrscheinlich tue ich das nicht, weil sie mich gar nicht verstehen würde. Sie wäre nur maßlos erschreckt, und sie würde garantiert sagen: Das kriegen wir wieder hin. Sie sagt immer, dass man alles hinkriegen kann.
Lieber Himmel, schoss es Müller durch den Kopf, ich bin ja schon glücklich, wenn ich in mein Haus stolpern und nach der Fernbedienung greifen kann, um mich berieseln zu lassen.
Er kaufte unterwegs einen bunten Blumenstrauß aus den Eimern eines Selbstbedienungsladens.
Kurz darauf erreichte er die Siedlung, die endlosen Reihenhäuser – eines wie das andere, mit einem Haufen junger Paare drin, die ein Kind nach dem anderen bekamen, als nähmen sie an einem Wettbewerb teil.
Ich hasse das alles, dachte Müller.
Draußen vor seinem Haus, der Nummer zweihundertvierzehn, saß auf dem winzigen Rasenfleck Anna-Maria und sprach ganz konzentriert mit ihrem zerrupften Hasen, der Oskar hieß.
»Hallo, meine Prinzessin!«, sagte Müller laut.
Sie hob den hübschen Kopf, der von leicht rötlich blondem, langem Haar umrahmt war.
Dann schrie sie: »Papa!«, legte den Hasen achtlos beiseite und kam durch das kleine Tor im Einheitsjägerzaun herangelaufen.
»Wir gehen in den Zirkus.«
»Nicht heute«, sagte Müller und nahm sie hoch. »Papa hat keine Zeit. Wir gehen in ein paar Tagen hin.«
Sie brach augenblicklich in Tränen aus. »Aber du hast es versprochen.«
»Das stimmt, und ich halte es auch. Aber nicht heute. Komm, du kannst mir helfen, meinen Koffer zu packen.« Er trug sie auf dem Arm ins Haus.
Melanie sah durch die Küchentür und sagte: »Hallo! Brauchst du irgendwas Besonderes?«
»Nein, nur ein paar Klamotten für zwei, drei Tage.«
»Und, wohin geht es?«
»Nach München«, antwortete er.
Er gab sehr häufig München als Ziel an, wohl wissend, dass es sie ohnehin nicht interessierte.
Er hatte ihr schon früh in ihrer Beziehung gesagt, dass er beim Bundesnachrichtendienst arbeitete und dass er über Einzelheiten nicht sprechen dürfe – was letztlich auch zu ihrem Schutz sei. Sie hatte einfach genickt, und dabei war es geblieben, und sie hatte gar nicht erst die Angewohnheit entwickelt, irgendetwas herausfinden zu wollen. Sie beschwerte sich nie.
»Fliegst du gleich?«
»Ja, ich muss sofort wieder raus nach Tegel.«
Er setzte Anna-Maria ab und lief die Treppe hinauf. Er holte den Schalenkoffer vom Kleiderschrank und packte ein, was er für drei Tage brauchen würde. Vor allem die Boxershorts aus beigefarbenem Leinen, die weißen Tennissocken, die dunkelbraunen Sandalen und das bunte Hemd mit dem Ethno-Muster.
Krause hatte einmal bei einer Konferenz unter allgemeinem Gelächter erklärt, niemand könne den perfekten tumb-deutschen Touristen so gut darstellen wie Karl Müller mit seinen schneeweißen Beinen in Shorts, mit Tennissocken und Sandalen.
Im Badezimmer entschied er sich für zwei blaue Augen und setzte sich eine blaue Haftschale auf das linke Auge, das fast gelb war – Echsenauge hatte das mal jemand genannt. Dann packte er den Toilettenbeutel mit den notwendigen Utensilien und warf ihn in den Koffer.
»Ich muss jetzt los«, sagte er zu Anna-Maria, die ihm die ganze Zeit hinterhergelaufen war und zugesehen hatte.
»Und wenn du wiederkommst, gehen wir in den Zirkus.«
»Ganz genau«, nickte er.
Auf der Treppe veranstalteten sie ein Riesengepolter, weil das Holz nicht abgefedert war und wie eine Trommel dröhnte.
»Schatz, ich bin weg!«, sagte er und drückte Melanie einen Kuss auf die Wange. »Ich melde mich, wenn es länger dauert.«
»Ja, guten Flug«, sagte sie ohne jede Betonung. »Schätzchen, komm, bleib hier, du kriegst einen Saft.«
Müller wollte gerade starten, da verharrte er plötzlich. Er fingerte sein privates Handy heraus und rief die Intensivstation an. Er verlangte seine Mutter.
Sie meldete sich sofort, und er hörte, dass sie geweint hatte.
»Wie geht es Papa?«
»Sie sagen, es geht langsam besser. Aber ich glaube, sie wollen mich schonen und sagen mir nicht die Wahrheit. Kannst du nicht ins Krankenhaus kommen, Junge?«
»Kann er denn wieder sprechen?«
»Nein, kann er nicht. Aber es heißt, dass das nach einem Hirnschlag sehr lange dauern kann. Das muss Vati dann trainieren. Oh Gott, Junge, komm doch her, ich bin so verzweifelt.«
»Geht nicht, Mama, ich bin auf einer Dienstreise. Aber ich komme so schnell wie möglich zurück.« Er wusste genau, dass sie alle Stunden sein Handy anwählen würde, aber das ließ er schön abgeschaltet. Er spürte ein sehr starkes, hohles Gefühl von Abwehr im Bauch. »Ich kann die Reise nicht aufschieben«, sagte er heiser. »Es geht einfach nicht. Ich rufe dich wieder an.«
»Das tust du doch nie«, meinte seine Mutter bitter.
»Ich verspreche es. Ich rufe dich an.«
Er stieg wieder aus und lief ins Haus.
Melanie sah ihn kommen und öffnete die Tür. »Ist irgendetwas?«
»Ja. Du musst dich um meine Mutter kümmern, bitte. Sie braucht da auf der Intensivstation Unterstützung. Fahr bitte zu ihr.«
»Und Anna-Maria?«
»Bring sie einfach zu deinen Eltern. Oder zu den Nachbarinnen.«
»Das … das …« Melanie sah ihn nicht an, sie sah auf ihre Schuhe hinunter.
»Ich weiß, Intensivstationen sind nicht dein Ding. Aber ich bitte dich inständig darum.« Müller drehte sich um und lief zum Wagen zurück. Dabei ging ihm die Szene durch den Kopf, wie sie ihm seine Mutter haltlos schluchzend geschildert hatte.
»Weißt du, er sitzt vor dem Schreibtisch und liest, und alles ist wie immer. Und plötzlich fällt sein Kopf zur Seite, und der Stuhl rollt zurück. Und dann fällt er runter, einfach so. Und ich schreie …« Er dachte wütend und unkontrolliert: Scheiße! Er fuhr zurück ins Amt und entdeckte beim Aussteigen in der Tiefgarage, dass der Blumenstrauß, den er für Melanie gekauft hatte, noch im Wagen lag. Er nahm ihn und versenkte ihn in einer Abfalltonne.
Im Büro packte er zusätzlich einen leichten Leinenanzug in den Koffer, von dem Melanie nicht einmal wusste, dass es ihn gab. Dazu ein paar einfache Leinenslipper. Zu solchen Kleidungsstücken hatte man ihm geraten, als er sich auf den Nahen Osten konzentrierte. Dazu kamen zwei Koffer voller Hämmer, Nägel und Bohreinsätze. Denn offiziell war Müller stets als Eisenwarenvertreter unterwegs.
Anschließend ging er zu Krauses Büro, klopfte an und sagte: »Ich bin dann weg.«
»Alles klar?«
»Alles in Ordnung.«
»Das ist gelogen, mein Junge. Ihr Vater liegt im Sterben, Ihre Ehe ist seit langer Zeit tiefgekühlt. Es kommt bald der Punkt, an dem wir reden müssen.«
Das war typisch für Krause: sanft zu sprechen und zu lächeln, wenn er echte Probleme zur Sprache brachte. Und es konnte sein, dass er dabei nicht einmal den Kopf hob. Er war, weiß Gott, ein sehr gütiger und unerbittlicher Vater.
Müller wollte augenblicklich wütend werden, wollte zischen: Was geht Sie meine Ehe an? Aber Krause hatte Recht, in seinem Beruf musste man den Kopf frei haben, und also antwortete er nach ein paar Sekunden: »Ja.«
Er hatte im Transitbereich in Athen ganze dreißig Minuten Zeit, die er dazu nutzte, ein Wasser zu trinken und seine Mutter in Berlin anzurufen. Sie war mittlerweile nach Hause gefahren.
»Hallo, Mama. Ich hocke hier auf dem Flughafen und warte auf einen Anschlussflug. Wie geht es Papa?«
»Na ja, wie es nach einem Schlaganfall eben geht. Sie sagen mal, es wird alles gut, und mal, das wird nie mehr was. Stell dir vor, eine junge Krankenschwester hat gemeint: Sie müssen jetzt sehr viel Kraft haben. Stell dir das vor.« Unvermittelt begann sie zu weinen. »Er fehlt mir so.«
»Ja, Mama.«
»Wann bist du wieder in Berlin?«
»Das weiß ich nicht genau, Mama. Ich beeile mich, ich verspreche es.«
»Und stell dir vor: Ich habe nicht einmal Ahnung, wie wir finanziell stehen und wo eigentlich sein Geld ist.«
»Wie bitte?«, fragte er verblüfft.
»Na ja, so ist das eben. Ich habe wirklich keine Ahnung.«
»Hast du nicht … ich meine, hast du keine Bankvollmacht?«
»Nein, er hat doch alles gemacht, also das Finanzielle. Und er war ja immer da. Ach, Junge …«
»Ich ruf dich wieder an, Mama, der Flug wird aufgerufen.« Dann hockte er in einer dunkelblauen Plastikschale auf großformatigen, weinroten Fliesen und starrte durch eine riesige Glasscheibe auf das Vorfeld, auf dem sich zahllose kleine Autos hektisch tummelten. Wie bei jedem Einsatz konzentrierte er sich auf die vor ihm liegenden Stunden und auf die Menschen, denen er begegnen würde. Da war der Geldbote des BND aus der Botschaft, der ungeheuer farblos und ebenso jung war, und den er den bartlosen Unterprimaner nannte, obwohl vieles dafür sprach, dass er weit über dreißig war. Er machte seine Sache mittelmäßig bis gut, nervte Müller aber dadurch, dass er bei allem, was er tat, dümmlich lächelte. Außerdem sah es, wenn er ging, von hinten immer so aus, als halte er seine Eier schützend mit der rechten Hand bedeckt. Eines war aber ganz sicher: Der Unterprimaner war auf seine Weise ein großartiger Spion, da niemand ihm zutrauen würde, sich auch nur eine Telefonnummer zu merken, geschweige denn, einmal schnell zu reagieren.
In dem Koffer aus der Botschaft würden die fünftausend US-Dollar sein, verpackt in eine braune Papiertüte. Müller würde sie entnehmen und den Plastikkoffer irgendwo zum Müll werfen. Die Geldübergabe würde er sofort erledigen und alles andere dem morgigen Tag überlassen.
Dann das Treffen mit Achmed, dem Sonnyboy, auch Laptop-Achmed genannt. Müller freute sich jedes Mal, ihn zu treffen, weil Achmed so fantastisch lachend durch das Leben zu gehen schien. Nichts, offensichtlich gar nichts konnte ihn umwerfen. In seinem weitläufigen Laden nahe dem Basar herrschte er über Hammer, Zangen, Nägel, Schrauben. Achmed war der geborene Eisenwarenhändler, denn kein Schraubenzieher wanderte über die Theke ohne ein intensives, zwanzigminütiges Gespräch.
Schon das Aahhh!, das Achmed intonierte, wenn Müller kam, schon dieses begeisterte Ausbreiten der Arme, schon dieses ungeheuerlich breite und strahlend weiße Gebiss unter den dunklen Augen! Achmed war Leben, mit ihm zu arbeiten bereitete Vergnügen.
Er erinnerte sich oft an den Tag, an dem er die Klaransprache gehalten hatte.
»Hör zu, Achmed, ich muss dir etwas sagen. Im Ernst, Junge.«
»Schieß los.«
»Ich bin kein Eisenwarenhändler.«
»Oh, oh. Jetzt kommt todsicher ein Witz.« Und er lachte schallend.
»Nein. Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Ich bin ein Spion.«
»Ja, ja. James Bond oder irgend so ein Scheiß! Und wo ist deine heiße Blondine?«
»Hör mir zu, Achmed …«
Dann die wenigen Sekunden fast tödlichen Ernstes, in denen sich zeigte, dass Achmed als Spion hervorragend geeignet war: dieses sanfte, nachdenkliche Schütteln des Kopfes, dieses Ich-kann-es-nicht-fassen, das er nie aussprach. Das traurige Begreifen des Verlustes der Unschuld, wiederum Sekunden nur, aber schrecklich endgültig. Die vertraulichen Gespräche, die freundschaftlichen Abende mit Wein in Achmeds Familie, alles war anscheinend nur Mittel zum Zweck gewesen. Und schon auf dem Weg zum Begreifen dieser schräge Blick, dieses achselzuckende: »Na, ja, wenn das so ist.«
Und dann, zu guter Letzt, dieses leicht melancholisch Hingetupfte: »Also, wenn das so ist, kannst du mich auch bezahlen …«
Müllers Flug wurde aufgerufen.
Er bewegte sich träge und sah mit der einfachen, schwarzen Umhängetasche aus Leinen aus wie ein Mensch, den man zwei Sekunden später vergessen würde.
Er war ein sehr unauffälliger Mann, etwa einen Meter achtzig groß, zur Fülle neigend. Sein Teint war blass, seine Nase spitz, sein Kopf rundlich, bedeckt von dünnem, aschblondem Haar mit weiten Geheimratsecken. Er hielt den Kopf immer ein wenig vorgestreckt, was ihm das Aussehen eines freundlichen, neugierigen Vogels gab. Er trug ein blaues Sporthemd mit schmalen gelben Karostreifen unter einem leichten beigefarbenen Pullover. Dazu beigefarbene Leinenhosen mit vielen Taschen und mittelbraune, bequeme Schuhe. Er war der Mann, der alles sein konnte. Vielleicht besuchte er einen Freund, vielleicht war er ein Netzwerktechniker, vielleicht ein harmlos neugieriger Tourist, vielleicht ein Arzneimittelvertreter.
Zum ständigen Entzücken seines Chefs Peter Krause war dieser Müller alles und zugleich nichts. Selbst sein Alter – er war siebenunddreißig – verschwamm bei seinem Anblick. Es gab Menschen, die ihn zehn Jahre älter schätzten, und sehr viele schätzten ihn zehn Jahre jünger, vor allem dann, wenn sie ihn beim Sport sahen, wie er sich bewegte, wie er dahinglitt und mühelos bedauernswerte Sparringspartner auf den Boden warf. Nur sehr wenige, zumeist Kollegen mit geschärftem Blick, kamen auf sein wirkliches Alter.
»Das Bestechendste an ihm ist«, hatte Krause einmal geäußert, »dass er kein Held ist, weil er absolut keiner sein will.«
Die Maschine war nicht sehr voll. Müller suchte sich einen Fensterplatz auf der linken Seite, weil man von dort beim Einschweben über Damaskus sehen konnte, wie die Stadt ihre Lichter anzündete.
Dann stand plötzlich eine sehr europäisch aussehende alte Dame an seiner Reihe und fragte in akzentfreiem Englisch: »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Aber ja«, antwortete Müller freundlich. »Wollen Sie hier ans Fenster?«
»Oh nein, bitte nicht ans Fenster, aber gleich neben Sie. Ich habe nämlich Flugangst, wissen Sie, und manchmal brauche ich jemanden, an dem ich mich festkrallen kann, wenn der Pilot so wahnsinnige Kurven macht.«
Müller grinste breit und sagte gutmütig: »Dann krallen Sie mal.« Er war nicht undankbar für die Ablenkung. In seiner Rolle als Handelsvertreter konnte er ganz entspannt sein.
Er musterte seine Nachbarin unauffällig. Sie war klein und rundlich und hatte ihr Haar mit einem lichten Blauschimmer versehen lassen. Ihre Kleidung war grau und zurückhaltend, aber teuer.
Sie murmelte auf Deutsch: »Was tut man nicht alles für die Kinder!«
»Da sagen Sie was«, nickte Müller, jetzt ebenfalls auf Deutsch. »Besuchen Sie Ihre Kinder?«
»Eine Tochter«, sagte sie. »Eine von vieren. Aber sie war immer schon die schwierigste, um die Wahrheit zu sagen.«
»Was ist eine schwierige Tochter?«, fragte Müller. »Ich habe nämlich auch eine.«
»Eine schwierige Tochter ist eine Tochter, die erst einen Mann aus Ghana anschleppt, dann einen jungen Arzt aus Singapur, dann einen Mathematikstudenten aus St. Petersburg und schlussendlich einen Teppichhändler aus Damaskus. Aber den tauschte sie dann doch noch gegen einen Studierten. Sie wollte natürlich alle heiraten, und ich habe gezittert, sage ich Ihnen, dass sie ein Kind kriegt, egal von wem. Das, junger Mann, ist eine schwierige Tochter. Wobei ich Ihnen die sechs oder acht Kerle, die zwischendrin in meinem Haus auftauchten, verschwiegen habe.«
»Und den Studierten aus Damaskus hat sie geheiratet?« Ein Lehrer hatte einmal formuliert: Probieren Sie vor der Ankunft Ihre Maske aus. Sie muss nahtlos passen.
»Oh nein, so einfach geht es bei ihr nicht. Sie sagt, sie will ihm nur nahe sein für den Fall, dass er heiraten will. Aber ich habe einen ganz anderen Verdacht.« Sie sah ihn von der Seite an und entschied: »Na ja, Sie sind alt genug, damit umzugehen. Ich denke, dass er sie sich als Geliebte hält – bis irgendein dummes Ding auftaucht, das er heiraten muss, weil seine Sippe das beschlossen hat. Ich habe gehört, die Syrer sind in diesen Dingen schrecklich unkultiviert.«
»Das könnte stimmen«, kommentierte Müller trocken. »Was hat der Kerl für einen Beruf?«
»Denken Sie nur«, sagte sie mit runden, naiv schimmernden Augen, »der Kerl ist tatsächlich ein Agrarwissenschaftler, ein leibhaftiger Doktor. Und er arbeitet sogar für den Staat, wird aber natürlich lausig bezahlt.«
»Na, so was!«, erwiderte Müller.
Dann rollte die Maschine an, und er hielt der Dame seine rechte Hand hin. Sie legte ihre Linke hinein und strahlte. »Das ist sehr nett!«
»Sie sollten autogenes Training versuchen«, riet er. »Atmen Sie ganz flach, und konzentrieren Sie sich auf die linke Schulter. Können Sie das?«
»Na sicher!«, antwortete sie entrüstet, als sei sie beleidigt.
»Spüren Sie Ihre Schulter?«
»Ja.«
»Schließen Sie die Augen. Dann gehen Sie in diese Schulter hinein und spüren, wie sie warm wird. Wohlig warm. Lassen Sie sich Zeit, und wenn Sie die Wärme spüren, dann sagen Sie es mir. Ganz locker, und kein Gedanke mehr an die schwierige Tochter.«
»Ja.«
Die Piloten gaben Vollgas, der Vogel begann schnell zu werden und stieg endlich steil auf.
»Sie sind ein Trickser!«, stellte sie nervös fest.
»Das auch«, grinste er. »Sie können sich, wenn Sie das üben, in Stresssituationen mühelos ruhiger stellen. Üben Sie es, und Sie werden irgendwann keine Flugangst mehr haben.«
»Sind Sie Psychologe?«
»Nein«, sagte Müller. »Handelsvertreter. Nägel, Zangen, Hämmer, Schrauben, Schlagbohrer, Excenterschleifer, Kreissägen, Beschläge aller Art. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben.«
»Entzückend!«, hauchte sie nervös.
Am Flughafen von Damaskus angekommen, nahm Müller ein Taxi und ließ sich ins Hotel fahren. Er packte seinen Koffer aus und ging dann in die Halle hinunter. Er benutzte selten den Lift, sondern betrachtete jedes Treppenhaus als eine Möglichkeit, seine Kondition zu stärken.
Unten nahm er ein Taxi zum großen Basar und schlenderte dann scheinbar ziellos durch die engen Gassen.
Das zweimalige Aneinandervorbeilaufen klappte reibungslos, kein Zeichen, dass irgendetwas falsch lief. Müller setzte sich an ein kleines Tischchen. Der schäbige Plastikkoffer wirkte unter dem Plastiktischchen wie das abstoßende Abbild einer im Untergang befindlichen Kultur.
Dann kam der Unterprimaner mit seinem schlackernden, zögerlichen Gang und setzte sein Köfferchen neben das von Müller.
Es folgten ein paar alberne Schritte zum gegenüberliegenden Gewürzkrämer. Kurzer Blick in die Körbe mit all den wohlriechenden Pulvern und Körnern, die scheinbar schwerwiegende Überlegung: Was koche ich heute Abend? Jetzt drehte er sich, kam heran, nahm ohne Blickkontakt Müllers Koffer und verschwand.
Müller blieb noch eine Weile sitzen, holte sich einen Mokka, hatte Zeit, denn nichts trieb ihn. Dann öffnete er den Plastikbehälter und nahm die braune Papiertüte heraus. Als er ging, ließ er den kleinen Koffer einfach in eine große Abfalltonne fallen und klemmte sich die Papiertüte unter den rechten Arm. Dann ließ er sich von einem Taxi in das Hotel fahren und brachte das Geld in einem seiner Musterkoffer unter.
Er rief erneut seine Mutter an, fragte sich aber vorher, ob er das dürfe. Die Antwort lautete: Ich bin der Eisenwarenvertreter Karl Müller aus Hamburg, ich besuche Kunden in Damaskus. Mein Privatleben findet weiter statt, also darf ich mit meiner Mutter sprechen.
»Wie geht es dir jetzt?«
»Ich würde am liebsten im Krankenhaus bei ihm bleiben«, sagte sie kläglich.
»Aber du weißt doch, dass das nicht geht. Und er ist ständig unter Beobachtung. Du könntest doch ohnehin nichts für ihn tun.«
»Aber er würde bestimmt merken, dass ich neben seinem Bett sitze.«
»Ja, du hast Recht. Aber es geht einfach nicht.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Wo bist du denn eigentlich?«
»Im Ausland«, sagte er.
»Und wann kommst du heim?«
»Übermorgen oder so«, antwortete er. »War Melanie da?«
»Nein. Sie hat mich angerufen und mir gesagt, sie könne nicht kommen, weil sie niemanden für Anna-Maria hätte.« Und dann, ganz sanft: »Junge, ist da irgendetwas los?«
Es war nicht das erste Mal, dass sie das fragte, und er betrachtete das als eine nicht statthafte Einmischung. Sein Vater hätte jetzt gemurmelt: Sie riecht so etwas.
»Nicht das Geringste«, antwortete er bestimmt. »Ich melde mich morgen wieder. Und wenn Vater dich versteht, sag ihm einen schönen Gruß von mir.«
»Aber, Junge, wir müssen reden.«
Einen Moment lang war er verwirrt. »Über was?«
»Über ihn, und wie er … wie er war.«
»Er lebt, Mama.«
»Na ja«, antworte sie leise, dann war die Verbindung unterbrochen.
Er machte den Kontrollanruf bei Achmed, streng nach Absprache.
Er sagte: »Dein Hammer- und Nägelmann ist in der Stadt.«
Achmed reagierte enthusiastisch: »Hi, Karl!«, brüllte er. »Und wann kommst du ins Geschäft?«
»Ich denke, gegen neun«, sagte Müller.
»Warum kommst du nicht jetzt auf einen Wein?«
Hätte er statt Wein Kaffee gesagt, wäre ein Treffen nicht möglich gewesen. Wein bedeutete freie Bahn.
Achmeds Englisch wurde immer besser. Er hatte Müller gebeten, nur noch auf Englisch mit ihm zu sprechen. »Ich muss üben«, hatte er ernsthaft erklärt und dann grinsend hinzugefügt: »Dein Arabisch wird in diesem Leben sowieso nicht mehr brauchbar.«
»Kein Wein. Ich muss schlafen, mein Lieber. Bis morgen früh.«
Wenig später lief Müller das Treppenhaus hinunter und setzte sich ins Restaurant. Er aß langsam und mit Genuss und las dazu die Financial Times.
Vom Restaurant wechselte er in die Bar und trank einen Whisky, um dem Pianisten zuzuhören, der Glenn Miller spielte und sehr schmalzig dazu sang. Der Pianist, das hatte er bei früheren Aufenthalten erfahren, stammte aus einer jüdischen Familie in Zürich und arbeitete gelegentlich für den Mossad. Sein Klavierspiel war exzellent.
Gegen elf Uhr lief er hinauf in sein Zimmer, duschte und legte sich in blauen Boxershorts auf das Bett. Er machte sich einen Plan. Er würde um neun Uhr Achmed treffen. Dann, nach etwa zwei Stunden, mit einem Taxi vier weitere Eisenwarenhandlungen aufsuchen, die er um der besseren Tarnung willen in sein Programm aufgenommen hatte. Er konnte dort stets ohne Terminabsprachen aufkreuzen.
Er seufzte leicht, als er daran dachte, dass seine Tarnfirma Iron GmbH, Hamburg, seit vier Jahren schwarze Zahlen schrieb, sich sogar eine Vollzeitsekretärin leistete, die keine Ahnung hatte, was er wirklich trieb.
Er lächelte. In Konferenzrunden pflegte er zu betonen: »Müller, selbstständig«, und erntete regelmäßig ein Grinsen. Er war nicht im Geringsten verkrampft, als er vor Mitternacht einschlief.
ZWEITER TAG
Er wurde durch ein Geräusch geweckt, das er nicht sofort bestimmen konnte, und wie üblich war er ohne Übergang hellwach. Es war 2.15 Uhr. Er richtete sich auf. Das Geräusch wiederholte sich. Es war der sehr hohe Angstschrei einer Frau, nur wenig gedämpft, es musste aus einem Zimmer nahe dem seinen kommen.
Er ging zur Tür, öffnete sie und starrte in beide Richtungen auf den Flur. Ein drittes Mal kam der Schrei. Müller war jetzt sicher, dass er aus dem nächsten Zimmer links von ihm kam.
Dann wurde die Tür heftig aufgerissen, es gab einen Knall. Eine gelbe Lichtbahn fiel in den Flur. Kleider, Frauenkleider, ziemlich grell in Rot und Pink, flogen aus dem Zimmer. Dann schoss eine nackte Figur wie eine Kanonenkugel hinterher, und ein Mann schrie wutentbrannt: »Du miese Nutte!«
Die Frau knallte geräuschvoll an die Tür gegenüber, sackte zusammen und kauerte sich auf den Boden.
Es war plötzlich sehr still.
Müller ging zu der offenen Tür und starrte in das Zimmer.
Ein Mann stand breitbeinig etwa einen Meter von der Tür entfernt und starrte blass vor Wut aus schmalen, dunklen Augen. Er war fast eins neunzig groß.
»He«, sagte Müller auf Englisch. »Nun vertragt euch doch wieder.«
In diesem Moment begann sich die Frau hinter ihm zu bewegen, sie kroch auf allen vieren auf dem Boden herum und raffte ihre Kleider zusammen.
»Mir fehlt meine Uhr«, erklärte sie.
Sie blutete heftig aus der Nase und aus dem linken Ohr.
»Du elende Sau!«, schrie der Mann vor Müller und duckte sich ab, um unter ihm durchzutauchen und erneut auf die Frau im Flur loszugehen.
»Nicht doch!«, sagte Müller und stellte sich in den Weg.
Er zog übergangslos das rechte Knie mit aller Gewalt hoch in den Schritt des Mannes. Der versuchte zu schreien, öffnete grotesk lautlos den Mund, weil er keine Luft mehr hatte.
Dann fasste Müller ihn unter beiden Achseln, hob ihn an und schleuderte ihn mit aller Gewalt links an sich vorbei gegen die Schmalseite des Türblattes. Der Mann gab einen dumpfen Ton von sich und war augenblicklich bewusstlos.
»Holen Sie sich die Uhr«, sagte Müller ganz ruhig. »Und dann raus hier.«
Irgendwo hinter ihnen näherten sich Menschen auf dem Flur, die laut sprachen, irgendetwas riefen.
Die Frau lief an Müller vorbei in den Raum, nahm etwas vom Tisch, drehte sich um und kam zurück.
»Ins Zimmer nebenan«, sagte Müller. »Schnell.«
Er schob die Frau in sein Zimmer und schloss hinter ihnen beiden ab. Er bedeutete ihr, leise zu sein, und ging mit ihr ins Bad. Auch diese Tür schloss er.
Draußen auf dem Flur sprachen Männer miteinander, abgehackt und aufgeregt laut. Sie sprachen arabisch, und Müller konnte nicht genug verstehen. Jemand rief aufgeregt: »Doktor!« und dann: »Ambulanz!«
Es klopfte an seine Tür.
Er wartete ein paar Sekunden, ehe er öffnete.
Der Mann war etwa vierzig, trug einen grauen Anzug, ein weißes Hemd, eine dunkelrote Krawatte. Auf dem Anzugsrevers prangte ein Schild »Security«.
»Es tut mir Leid, Sir. Wir haben einen Notfall im Nebenzimmer. Da liegt ein Bewusstloser. Haben Sie irgendetwas bemerkt?«
»Jemand hat geschrien«, nickte Müller. »Es hörte sich an wie eine Frau. Aber gesehen habe ich sie nicht.«
»Dann ist sie weggerannt«, stellte der Wachmann verwundert fest. »Also muss die Frau ihn zusammengeschlagen haben. So was!«
Müller zuckte die Achseln. »Kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein?«
»Oh nein, nein, danke. Das geht schon in Ordnung. Aber der Mann muss dringend ins Krankenhaus. Das wird leider wieder etwas Lärm geben.«
»Das stört mich nicht«, sagte Müller. »Falls ich helfen kann, klopfen Sie einfach.«
»Danke für Ihr Verständnis, Sir«, antwortete der Mann und wandte sich ab.
Müller fragte sich leicht irritiert, was Krause wohl zu all dem sagen würde, aber immerhin konnte es zu Müller-Eisenwaren passen, eine Edelnutte zu beschützen. Und es hatte entschieden gut getan, etwas Dampf abzulassen.
Er schloss die Tür seines Zimmers und drehte den Riegel zu.
Die Frau kam aus dem Bad. Sie hatte sich angezogen und das Blut abgewaschen. In voller Kriegsbemalung strahlte sie ihn an. Sie sagte bewundernd: »Ich habe noch nie jemanden erlebt, der so schnell und brutal ist wie Sie.« Ihr Englisch war nahezu perfekt.
Dann beugte sie sich vor, entdeckte die Risse in ihrer Strumpfhose und begann, laut und unflätig auf Französisch zu fluchen.
»Hey«, sagte Müller ganz leise, weil er wusste, dass laute Leute nur durch leise Töne erreichbar sind. Sicherheitshalber sprach auch er jetzt französisch. »Seien Sie leise. Wir dürfen keinen Lärm machen. Gleich marschiert hier ein Trupp Sanitäter durchs Gelände, und ich bin ein ehrbarer, allein reisender Familienvater.« Dann sah er sie an und fragte flüsternd: »Was kosten Sie eigentlich, Schwester?«
»Das ist Verhandlungssache.« Sie grinste. »Ich heiße Lulu.« Vielleicht war sie fünfundzwanzig, vielleicht dreißig, und ihre Augen sagten, dass nichts auf der Welt ihr fremd war.
»Schöner Künstlername. Wer ist der Mann nebenan?«
»Irgendein reicher Trottel. Hat mich gebucht.«
»Und wieso gab es Krach?«
»Weil er was wollte, was ich niemals liefere. Das Dreckschwein. Und dann wollte er mich um mein Geld bescheißen, fing an zu schreien und schlug mich. Dann rief er beim Empfang an und sagte: Entfernen Sie diese Nutte!«
»Kommt so etwas oft vor?«
»Oh nein. Das ist ein gutes Haus hier, ich stehe im Adressbuch vom Portier. Das ist eine verdammt gute Position. Und wie komme ich jetzt hier raus?«
»Wir warten, bis sie den Mann abgeholt haben. Dann bringe ich Sie runter.«
»Wir können aber nicht durch die Halle«, sagte sie angstvoll.
»Ein Hotel ist immer offen«, bemerkte er. »Ich bin ein Spezialist für Hotelausgänge.«
»Na ja, wenn das so ist. Ist in der Minibar ein Schnaps?«
»Schauen Sie nach, und nehmen Sie sich einen. Aber nur einen.«
»Was glaubst du, wie viel ich schlucken kann, ohne dass du es merkst?«
»Ich sagte: einen. Und nicht mehr. Und wenn jemand an der Tür klopft, gehst du ins Bad, klar?«