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Mitterers "Jedermann" stellt durch sein zeitgemäßes Konzept eine Alternative zu Hugo von Hofmannsthals bekanntem "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" dar. Jedermann ist kein anachronistischer Playboy und Müßiggänger mehr, sondern der hart arbeitende Generaldirektor eines Stahl- und Waffenkonzerns, der nicht nur über das Wohl und Wehe seiner vieltausendköpfigen Firmenbelegschaft bestimmt, sondern mittels seiner wirtschaftlichen Macht auch Einfluss auf die Politik gewinnt. Mit seinen Waffen verkauft er den Tod in alle Welt. Am letzten Tag seines Lebens schickt Gott ihm harte Prüfungen, an denen er sich bewähren mag, wenn er seine Seele retten will.
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Seitenzahl: 167
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Felix Mitterer: Ein Jedermann
HAYMON
Felix Mitterer
Ein Jedermann
aus: STÜCKE 2
Die Herausgabe der Werksammlung wurde vom Land Tirol, dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst und von der Gemeinde Telfs gefördert.
© 1992
HAYMON verlag
Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Aufführungsrechte für alle Stücke beim Österreichischen
Bühnenverlag Kaiser & Co., Am Gestade 5111, A-1010 Wien
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
ISBN 978-3-7099-7111-6
Umschlaggestaltung:
hœretzeder grafische gestaltung, Scheffau/Tirol
Dieses Stück wurde dem Sammelband »Stücke 2«, erschienen 1992 im Haymon Verlag, entnommen. Den Sammelband »Stücke 2« erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.
Ein Jedermann
Lebenslauf
Als mich Otto Schenk im Herbst 1987 fragte, ob ich für ihn – das Wiener Theater in der Josefstadt – die alte geistliche Moralität »Everyman« neu und im heutigen Gewande schreiben würde (letzter Bearbeiter 1911 Hugo von Hofmannsthal mit seinem »Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes«), stimmte ich sofort begeistert zu, tat es aber erst zwei Jahre später. Die Begeisterung rührte daher, daß ich so ein Unternehmen sehr spannend fand, das nachfolgende ständige Hinausschieben hatte seinen Grund darin, daß ich mich bei näherer Befassung zu fürchten begann. Wie denn heute einen Aufruf zur Umkehr verfassen, ein »moralisierendes« Stück schreiben, ohne den Zuschauern auf die Nerven zu gehen? Zu Recht lieben wir nicht mehr die Belehrung, den Zeigefinger; schon gar nicht den katholischen. (Obwohl wir doch eine Umkehr bitter notwendig haben.) So nahe wie möglich am alten Stoff wollte ich bleiben, mich nicht davor drücken. Aber wie heutzutage »Gott« auftreten lassen? Was tun mit Tod und Teufel, mit Mammon, Werke, Glaube?
Als ich endlich begann (ständige Anrufe von der Josefstadt – »Wo bleibt es denn, das Stück?«), nahm ich mir vor, genau am Hofmannsthalschen Jedermann entlangzuschreiben, einschließlich sämtlicher seiner Figuren (ausgenommen Gott, vor dem hatte ich einen Spundus) und ebenfalls in Reimen. Glücklos war der Beginn, sogleich wurd’s eine Parodie; ich schmiß es weg, so einfach konnte ich es mir nicht machen.
Der Neubeginn fand mit Menschen statt, nicht mit Allegorien, denn Allegorien berühren uns nicht mehr. (Auch nicht in Salzburg; der volle Domplatz hat andere Gründe.) Im alten Jedermann sind selbst die Menschen Allegorien, bei mir sind auch die Allegorien Menschen. Und so konnte ich mich schließlich auch an »Gott« wagen, an Jesus (ohnehin Mensch) und an den »Geist«. (Auch die griechischen Götter durften sich höchst menschlich verhalten.) Gott als Vater, der seinen Generationskonflikt mit dem Sohn auszufechten hat. Der Geist, dem der Körper – die Nabelschnur – fehlt und der darum kein Verständnis für die Menschen hat. Überhaupt – die »Dreifaltigkeit« als Trennungsgeschichte. Gott Vater die Seele (das »Über-Ich«), Gott Sohn der Körper (»Bauch«), Gott Heiliger Geist der Geist (»Vernunft«?). Daß wir trennen, was eins war, hat uns übelgetan.
Und schließlich Jedermann, der wie im alten Spiel ein »Reicher« ist (weil einer, der Macht hat, mehr Verantwortung trägt), und dennoch natürlich jedermann. Mein allererster Vorsatz war, ihn zur Hölle zu schicken, nicht wie im alten Spiel davonkommen zu lassen, wo ein bißl Bereuen schnurstracks in den Himmel, ins Paradies führt, wo das Kamel derart leicht durchs Nadelöhr geht. Aber wie’s halt immer ist, das Stück beginnt sich mit einem Male selbst zu schreiben, aus Figuren werden wirkliche Menschen, die Eigenleben gewinnen. Auch mein Jedermann kommt schließlich zur »Einsicht« an diesem langen Tag, dem letzten seines Lebens, und weil in diesem Falle ich selbst, ich der Autor, Gott und Richter bin, habe auch ich den Jedermann nicht endgültig verdammt, denn wie käme ich dazu, dann müßte ich alle Menschen verdammen, einschließlich meiner selbst.
So ist dieses Stück wieder wie alle Stücke von mir und handelt davon, was die Menschen einander antun, der Natur und sich selbst antun und wie es besser ginge, wenn es die Liebe gäbe (aus welchem Glauben auch immer), die uns dorthin führen würde, wo unser Ziel liegt, nämlich ganz einfach (und furchtbar schwer) in der Humanität.
Gott Vater
Gott Sohn
Gott Heiliger Geist
Teufel (traditionell und als Trouble-Shooter)
Tod (traditionell und als Bürodiener)
Jedermann (Generaldirektor)
Jedermanns Mutter
Jedermanns Frau
Jedermanns Guter Gesell (Bundeskanzler)
Armer Nachbar (Unternehmer)
Schuldknecht (Unternehmer)
Buhlschaft (Jedermanns Sekretärin)
Dicker Vetter (Kardinal)
Dünner Vetter (Primarius)
Mammon (Bankier)
Werke (Gewerkschaftspräsident)
Hungerndes Kind (afrikanisch)
Amputiertes Kind (orientalisch)
Hustendes Kind (europäisch)
1. Leibwächter
2. Leibwächter
Stimme von Mammons Sekretärin
Arbeiter, Vorstandsmitglieder mit Gattinnen, Mitarbeiter, Freunde, Männer des Sicherheitsdienstes, Servierpersonal
Chefbüro in Hochhaus (Schreibtisch, Sitzgruppe, Konferenztisch, Bar, Monitore, Lifttüren, Vorzimmertür)
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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