Ein Kätzchen im Käfig - Laura Paroli - E-Book

Ein Kätzchen im Käfig E-Book

Laura Paroli

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Beschreibung

Es war ein simpler Auftrag: Mädchen aufspüren, entführen, Provision einstreichen. Dumm nur, wenn man im Dunkel der Nacht das falsche Mädchen erwischt. Jetzt habe ich Olivia am Hals: jung, hübsch und ziemlich kaputt. Ich sollte sie loswerden. Oder wenigstens zu Geld machen. Doch mit jedem Schrei, der ihre schönen Lippen verlässt, und jedem Tropfen auf ihrer samtenen Haut, steigt in mir das Bedürfnis, sie dauerhaft in meinen Keller zu sperren … oder in mein Schlafzimmer. *** In sich abgeschlossen aber Teil eines Duetts mit wiederkehrenden Figuren —> Kätzchen & Killer ***

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EIN KÄTZCHEN IM KÄFIG

LAURA PAROLI

Originalausgabe 09/2022

Copyright © 2022 by Laura Paroli

Alle Rechte vorbehalten.

Alle in diesem Buch beschriebenen Personen sind fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist nicht beabsichtigt und rein zufällig.

www.lauraparoli.com

1

LEANDRO

Ich starre noch einmal auf das Foto, bevor wir den Hausflur betreten. Präge mir das Gesicht unseres Zielobjekts gut ein. Sie heißt Sofía, ist ungefähr zwanzig Jahre alt, zierliche 1,60. Eine Sekunde lang frage ich mich, was sie getan hat, dass sie den ganzen Aufwand hier wert ist. Klar, sie ist ganz hübsch, mit ihren großen Puppenaugen, den langen Wimpern und den dunklen Locken. Aber es gibt viele Mädchen wie sie. Warum also zahlt mir Johnny El Diablo horrende Summen, damit ich mit meinen Männern quer durchs Land fahre und ihm genau die hier bringe?

Ich deute meinen Männern, leise zu sein, als es losgeht. Die Bikes haben wir sicherheitshalber am anderen Ende des Wohnblocks stehen lassen, wir wollen nicht riskieren, dass uns die Geräusche verraten. Es geht vier Stockwerke nach oben über die Treppe. Lift ist in diesem alten Gebäude keiner zu finden. Hinter einer der Türen sind Geräusche zu hören, hinter einer anderen bellt ein Hund. Er nimmt uns wahr, doch die Besitzer kümmert das nicht. Sie ahnen wohl, dass hier keiner zu ihnen will, und die Besuche der Nachbarn sind ihnen egal. Vermutlich dauert es Tage, wenn nicht gar Wochen, bis hier jemand das Verschwinden des Mädchens bemerkt.

»Top 46«.

Wir gehen noch eine weitere Treppe nach oben, ich deute auf die Tür am Ende des Ganges. Antonio und Xavi eilen lautlos voran. Nur Héctor, Antonios ungeschicktem Sohn, rutscht zwei Schritte vor der Wohnung das Werkzeug aus der Hand. Ich bereue in der Sekunde, dass ich zugestimmt habe, ihn mitzunehmen. Eigentlich wären drei Männer für den Auftrag schon zu viel gewesen. Da hat ein schwachsinniger Vierter gerade noch gefehlt.

»Tschuldigung«, murmelt Héctor leise und Antonio gibt ihm eine nicht minder geräuschlose Kopfnuss. »Pass gefälligst auf, du Idiot!«

Wir starten, ohne eine Sekunde länger zu zögern. Das Mädchen hat die Tür mit einer Kette versperrt. Doch hier ist alles so alt, dass wir sowieso leichtes Spiel haben. Einmal drüber streicheln, schon steht der Eingang offen. Jetzt müssen wir unser Zielobjekt bloß noch einpacken, zu El Diablo bringen, und die Kohle einsacken. Kinderspiel!

Ich betrete die Wohnung als Erster, Antonio und Héctor folgen mit wenig Abstand. Die schäbige Absteige hat bloß eine Wohnküche mit integrierter Dusche und ein weiteres Zimmer als Schlafraum, wo sich der Vorhang am offenen Fenster bewegt.

»Da drüben!« Ich laufe hinüber, doch die Kleine ist längst aus dem Fenster verschwunden. Als ich mich raus beuge, sehe ich sie die Feuerleiter nach unten klettern. Mehr noch, sie hat das Eisen an der obersten Stufe ausgehängt, sodass es ihre eigene Wohnung nicht mehr mit der Fluchtleiter verbindet. Gerissen ist sie, das muss man ihr lassen. Aber aufhalten kann sie mich damit nicht.

Ich klettere aus dem Fenster und springe auf die Plattform darunter. Der Aufprall lässt die Kleine kurz hochblicken, dann beeilt sie sich, weiterzukommen. Sie rutscht jetzt beinahe die Leiter nach unten. Und ich hinterher. Über mir sehe ich Antonio, die anderen beiden haben vermutlich umgedreht und den Weg durchs Stiegenhaus genommen. Hoffentlich sind sie rechtzeitig da, um ihr den Weg abzuschneiden.

Das Mädchen springt die letzte Etappe der Leiter nach unten, prallt auf und einen Atemzug lang denke ich schon, sie hätte sich dabei verletzt. Doch da kommt sie schon wieder hoch, wirft mir einen gehetzten Blick zu und rennt los. Das dünne Kleidchen, das sie unter der Lederjacke anhat, flattert im Wind, ihre Tasche hält sie fest in der Hand. Sie trägt derbe Stiefel dazu. Das sieht sexy aus und vermutlich denkt sie, sie könne damit schnell genug laufen. Aber Baby, ich muss dich enttäuschen. Du entkommst mir nicht.

Die dunklen engen Gassen, bieten viel Platz zum Verstecken, deshalb teilen wir uns auf. Ich deute Héctor und Xavi, auf der linken Seite zu suchen. Antonio und ich biegen nach rechts. Ich höre Geräusche am Ende einer kleinen Gasse und beeile mich dorthin. Doch das entpuppt sich als Fehler. Statt dem Mädchen mauzt mich bloß eine schwarze Katze aus der Dunkelheit an, die hinter einer überfüllten Mülltonne nach Fischresten sucht.

Als ich zurück zur Straße komme, sind Xavi und Héctor schon da. »Nichts, Boss.«

»Dort hinten ist sie auch nicht«, schüttelt Antonio den Kopf.

»Schnappt euch die Bikes. Weit kann sie nicht sein!«

2

OLIVIA

»Du gehst nicht auf dieses Schiff, Olivia! Wir brauchen dich hier!«

Cecilia verschränkt die Arme und strafft ihre Schultern. Sie ist sechs Jahre älter als ich und fünf Zentimeter größer. Grund genug für meine Schwester, auf mich herabzublicken und mich zu bevormunden.

»Es ist ja kein Ausflug zu meinem Vergnügen«, argumentiere ich, »sondern Arbeit! Ein gut bezahlter Job auf einer Yacht, der mir Türen für später öffnet!«

»Du brauchst keine Türen für später. Weil du hier bleibst. Hier im Bed & Breakfast, das unsere Eltern aufgebaut haben und das wir gemeinsam weiterführen werden. Ende der Diskussion!«

Cecilia dreht sich um und will mich stehen lassen, aber ich laufe ihr hinterher.

»Und wenn ich das nicht will? Wenn ich nicht mein ganzes Leben in diesem verfluchten Loch verbringen will, um zwölf Stunden täglich zu schuften und mich von deinem Arschloch-Verlobten begrapschen zu lassen?«

»Du undankbare Ziege! Rede nicht so über Mariano! Nur weil du zu faul bist, einen kleinen Beitrag zu leisten!«

»Einen kleinen Beitrag?« Ich schnappte nach Luft. »Ich mache seit vier Jahren die ganze Arbeit hier! Putzen, Kochen, Wäschewaschen… Und was machst du? Du sitzt den ganzen Tag faul hinter der Rezeption und tippst ein bisschen auf dem Computer herum. Und die restliche Zeit himmelst du diesen Dreckskerl an, weil du zu blöd bist, die Wahrheit zu sehen.«

Ich höre den Knall, noch bevor ich den Schmerz in meinem Gesicht fühle. Zeitgleich mit dem Brennen fährt mir der Schreck durch die Glieder und lässt mich entsetzt zurückweichen. Doch als ich die Augen wieder aufmache, sehe ich, dass es gar nicht Cecilia ist, die mich geohrfeigt hat, sondern Mariano.

»So sprichst du nicht mit deiner Schwester, du Schlampe!«

Dass er mich gerade geschlagen hat, schockiert mich so, dass ich nicht einmal etwas entgegne. Ein paar Sekunden stehe ich einfach nur da und starre ihn an, dann meine Schwester. Sie sagt nichts, schlimmer noch, in ihrem Blick kann ich sehen, dass sie den Schlag ihres Mannes für gerechtfertigt hält. Und das wiederum schmerzt noch viel mehr als die Wange. Ich ertrage es keine Sekunde länger, die beiden zu sehen. Also laufe ich zur dunklen Holztreppe und weiter hinauf Richtung Zimmer. Noch bevor ich dort ankomme, bohren sich Cecilias Worte wie giftige kleine Pfeile in meinen Rücken:

»Wenn du es wagst, zu diesem Schiff zu gehen, brauchst du gar nicht mehr zurückkommen. Nie wieder! Verstanden?!«

Ich ignoriere mein Handy, das schon zum dritten Mal klingelt und halte mir die Ohren zu, weil es einfach nicht aufhören will. Dann kauere ich mich auf dem Bett zusammen und schlinge die Arme um meine Knie wie ein kleines Mädchen. Mein Zimmer sieht noch genau wie früher aus, als die Welt noch in Ordnung war. Als die Pension gut lief, meine Eltern fleißig die Gäste bedienten und Cecilia und ich ab und zu mithalfen, wenn wir gerade nichts für die Schule zu tun hatten. Damals liebte ich die Arbeit hier im Betrieb.

Manchmal durfte ich mit Papa zum Markt fahren, um frischen Fisch einzukaufen, den er dann abends nach Familienrezept zubereitete und stets viel Lob von den Gästen erhielt. Oder ich begleitete Mama in den Blumengarten, um ein paar hübsche Gestecke als Dekoration für die Tische vorzubereiten.

Ach wie sehr hat sich alles verändert, seit meine Schwester das Hostal geerbt hat! Schöne Tischdekoration gibt es hier schon lange nicht mehr, und selbst wenn ich mein Bestes gebe, können meine Speisen nicht annähernd mit dem mithalten, das mein Vater früher bereitgestellt hat. Das wäre mit dem wenigen Budget auch gar nicht möglich, das mir Mariano für die Lebensmitteleinkäufe einräumt. »Kauf halt billigere Sachen«, ist stets die Antwort, wenn ich mich über die Kürzungen beschwere. »Die Gäste merken das nicht!«

Doch das tun die Gäste sehr wohl. Manche sagen es nicht, aber kommen nie wieder. Andere hinterlassen schlechte Bewertungen im Internet und merken an, dass das Essen langweilig ist und das Haus längst renoviert werden müsste. Damit haben sie Recht.

Ein tiefes Seufzen entkommt mir, wie jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, was hier alles schief läuft. Aufzugeben ist in den letzten Jahren nie eine Option gewesen. Je mieser es aussah, umso mehr strengte ich mich an. Je gemeiner Mariano und Cecilia mich behandelten, desto mehr versuchte ich, es ihnen Recht zu machen. Ich wollte nicht weg. Ich wollte die Pension unserer Eltern nicht im Stich lassen. Aber in den letzten paar Monaten war die Situation immer unerträglicher geworden. Und dann war da dieser Vorfall in der Putzkammer, der mir endgültig die Augen geöffnet hatte.

Ich brauchte dringend Abstand, deshalb war ich Feuer und Flamme gewesen, als mir eine Freundin von der Agentur erzählte, die Stewardessen auf teure Yachten vermittelt. Meine Ausbildung in einer Tourismusschule und meine Erfahrung im Service qualifizierten mich für den Job. Natürlich waren meine Schwester und ihr Verlobter nicht begeistert gewesen, aber anfangs dachten sie, ich hätte sowieso keine Chance. Doch jetzt, wo ich tatsächlich auf der Yacht eines Millionärs arbeiten und ihn und seine Gäste auf einer Reise begleiten soll, ist der Streit eskaliert.

Ich ziehe die Arme noch fester um meine Knie und spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen. Die letzten drei Anrufe meiner künftigen Kollegin am Schiff habe ich ignoriert, denn ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll. Die Crew hat sich inzwischen längst an der Anlegestelle getroffen und wenn ich jemals wieder in der Branche arbeiten will, sollte ich besser an Bord sein, wenn die King George morgen in See sticht. Aber wenn ich gehe, bin ich im Hostal nicht länger willkommen, das hat mir meine Schwester deutlich gemacht. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, nicht mehr herkommen zu können, fühlt sich an, als würde ich meine Familie noch einmal verlieren.

Es ist drei Uhr morgens, als ich zu einer Entscheidung komme, und es herrscht längst Stille im Haus. Leise packe ich die wichtigsten Sachen zusammen, ziehe mir meine schwarze Lederjacke übers Kleid und schlüpfe in bequeme Boots. Zuletzt ziehe ich Moby Dick aus dem Regal – das Buch, in dem sich mein Geheimversteck befindet. Ich zähle noch einmal die Scheine, zupfe mir ein paar für unvorhersehbare Notfälle aus dem Bündel, und stecke den Rest zurück ins Kuvert. »Damit ihr die Reparaturen abschließen könnt«, schreibe ich darauf, bevor ich das Kuvert mit dem Geld unter Cecilias Tür durchschiebe. Dann schleiche ich die Treppe hinunter und hinaus in die Dunkelheit.

Mein Herz klopft immer lauter, je weiter ich mich vom Hostal, und damit von meiner Heimat, entferne. Die Partyhotspots lasse ich bald hinter mir und biege stattdessen in die kleinen Gassen der Altstadt, die mich Richtung Hafen führen. Tagsüber gibt es hier viele kleine Geschäfte, die zum Bummeln einladen, jetzt sind höchstens noch ein paar Obdachlose, verirrte Betrunkene oder Prostituierte anzutreffen, obwohl die sich normalerweise näher an den Hauptstraßen sammeln.

»Wo willst du hin, Süße?«, lallt ein sichtlich besoffener Tourist auf Englisch. »Du kannst mich ins Hotel begleiten. Wie wärs?«

Ich sehe ihn nicht an, sondern beeile mich, weiterzukommen. Doch der Kerl gibt nicht auf.

»Warte, Baby! Ich kann zahlen!«

Ich gehe schneller, aber er tut es auch.

»Wieso ignorierst du mich? Bin ich dir nicht gut genug?«

Ich renne los, ohne mich noch einmal umzudrehen, aber sein Schnaufen ist deutlich zu hören. Also renne ich schneller. Ich hetze die dunklen Gassen hinunter, eine links, eine rechts, um die Ecke, dann noch einmal gerade. So lange, bis ich außer Puste bin, und erschöpft gegen eine Hausmauer sinke. Ein schneller Blick bestätigt mir, dass ich den Kerl abgehängt habe. Aus der anderen Richtung kommend, hetzt ein Mädchen an mir vorbei, das mindestens genauso gestresst aussieht, wie ich mich fühle. Sie hat lange, dunkle Locken, genau wie ich, und trägt eine ähnliche Jacke. Sie sieht mich nicht an, dazu ist sie viel zu sehr in Eile. Ob sie auch gerade blöd angemacht wurde? Etwas weiter entfernt höre ich Motorräder aufheulen, in der Sekunde nimmt die Fremde auch schon die Beine in die Hand. Kurz darauf ist nichts mehr von ihr zu sehen. Schulterzuckend werfe ich einen Blick auf die Uhr. Kurz nach vier. Es wird Zeit, endlich zum Hafen zu kommen.

Die Geräusche der Motorräder werden lauter, als ich meinen Weg fortsetze, aber eigentlich interessiert mich das nicht. Es gibt genug Idioten, die hier herumfahren, auch wenn das eigentlich gar nicht erlaubt ist. An der nächsten Abzweigung ist ein kleiner Platz und dort bekomm ich sie auch schon zu sehen. Zwei von ihnen fahren direkt auf mich zu. Zwei weitere kommen in einigem Abstand hinterher. Irritiert bleibe ich stehen, weil ich nicht riskieren will, von ein paar betrunkenen Spinnern angefahren zu werden, doch die Biker ziehen nicht ab. Sie fahren um mich herum. Direkt im Kreis.

»Hab dich!«, schreit einer.

Ein Zweiter lässt sein Motorrad aufheulen und schneidet Grimassen.

Der Dritte lacht wie verrückt.

Die Kerle machen mir Angst. Im ersten Moment bleibe ich wie gefesselt in der Mitte des Platzes stehen und starre entsetzt auf die Typen, die mich umkreisen. Dann besinne ich mich, und versuche den Kreislauf zu brechen. Ich visiere die nächstgelegene Gasse an und renne drauf los. Doch bevor ich sie erreiche, schneidet mir einer der Kerle den Weg ab. Kurzentschlossen laufe ich zurück, versuche, zur anderen Seite des Platzes zu kommen. Aber auch dieses Mal sind die Motorräder schneller. Und mit jedem Mal kommen sie näher. Ein Kerl streift mich um ein Haar.

»Hört auf! Hört verdammt noch mal auf!«

Tatsächlich stoppen die Motorräder für eine Sekunde. Doch noch bevor ich durchatmen kann, sind sie wieder neben mir, und dann geht alles ganz schnell.

»Schnappt sie!«

Etwas berührt mich, ich spüre einen Stoß und werde zur Seite gerissen. Hände packen mich, heben mich auf eines der Bikes. Jemand zieht mir unsanft etwas über den Kopf, das sich wie ein Motorradhelm anfühlt. Doch da ist kein Glas, durch das ich durchsehen könnte. Alles, was ich sehe, ist schwarz. Falls ich tatsächlich einen Helm trage, dann hat jemand das Visier mit dunkler Farbe beschmiert. Dafür höre ich die Geräusche jetzt umso deutlicher und spüre das Vibrieren, als sich die Motorräder in Bewegung setzen. Und ich sitze auf einem davon und muss mit.

»Halt dich gut fest«, sagt der Kerl vor mir mit tiefer, rauchiger Stimme und klingt viel zu fürsorglich für den Umstand, dass er mich gerade entführt. Vor lauter Trotz, würde ich am liebsten das Gegenteil tun, aber als das Bike knatternd los rollt, schlinge ich zu meiner eigenen Sicherheit doch die Arme um ihn. Ich spüre seine kräftigen Muskeln, dazu das glatte Leder, das sie umspannt. Durch den Schlitz meines Helmes atme ich frische Meeresluft ein, dazu einen Hauch seines männlich-herben Aromas. Unter anderen Umständen hätte ich die Reise vermutlich genossen. Motorradfahren stand auf der langen Liste der Dinge, die ich unbedingt einmal erlebt haben wollte, gleich nach heißem Sex mit einem Fremden. Bedroht und verschleppt zu werden, stand allerdings nicht mit am Plan.

3

LEANDRO

Sie zappelt wie verrückt, als ich sie vom Motorrad hebe und über die Schulter werfe, aber das belustigt mich eher, als dass es mich stört. Dass ich meine Hand auf ihren Arsch legen muss, um sie einigermaßen stabil zuhalten, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Sie ist so nahe an meinem Gesicht, dass mir unwillkürlich ihr Duft in die Nase steigt. So intensiv und weiblich, dass ich mit den Fingern prüfen muss, ob sie überhaupt ein Höschen trägt. Als ich zarten Stoff zwischen ihren Schenkeln ertaste, bin ich fast ein wenig enttäuscht, aber die Tatsache, dass dieser Stoff etwas feucht ist, entschädigt mich wieder.

Im Keller meines Strandhauses werfe ich sie direkt auf das vorbereitete Bett und befreie sie vom farbverschmierten Helm, der ihr die Sicht raubt.

---ENDE DER LESEPROBE---