Ein Koffer voller Stoff - Paulina Tsvetanova - E-Book

Ein Koffer voller Stoff E-Book

Paulina Tsvetanova

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Beschreibung

Ich habe die Vision eines ohne Halt reisenden Koffers. Durch ferne Länder und Kontinente, durch Menschenmassen oder komplett allein, irgendwo verlassen, vernachlässigt, abgestoßen, nicht gewollt. Wieder gefunden, bemalt, repariert, deponiert. Kann ein Koffer Gefühle haben? Kann er sprechen? Der Koffer erzählt Geschichten von nah und fern, Geschichten von guten und schlechten Menschen und Stoffen. Zauberstoffe und Zauberkleider, die im Koffer um die Welt reisen und keinen Halt machen. Es gibt einen einzigen Koffer und viele bunte Stoffe. Viele Träume. Viele Heimaten. Ja, der Koffer ist meine Heimat. Und die Decke aus den bunten Stoffen, die ist auch meine Heimat. Dieses Buch ist eine Art Dankbarkeitstagebuch. Ein Erinnerungsbuch. Das Buch der Wünsche.

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Seitenzahl: 63

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Inhaltsverzeichnis

Paulinas Blumen

Karma is a bitch

Ich möchte am liebsten adoptiert werden

Keiner schuldet dir was

Man sagt, die Zeit heile alle Wunden

Return to sender

Glaube ist Magie

Ein nostalgischer Abschiedsbrief, eigentlich ein Liebesbrief, der nie verschickt wurde

Meine Freundin, die Patchworkdecke

China, Japan und Engel überall

Exerzitien I

Woran ich glaube

Zwei Flaschen Wein

Wir möchten ein Leben lang unbefieckt leben

Liebe

Verfiossene Liebe

Exerzitien II

Paulinas Blumen

Ich werde heute ein Blumenkleid nähen

und mich im Stoff verstecken.

Sommerwunder,

vom Wind zugeknöpft,

mit einer Tasche voller Meer.

Ich werde es mit Muscheln füllen,

ich werde wieder ein Kind sein.

Ich werde reicher sein

in meinem Blumenkleid

und ich werde die Erde sein,

der Regen,

die Sonne, der Mond,

farbiges Licht,

das mich berührt.

Wer mein Kleid mit Händen berührt,

wird alle Farben zerstreuen

und vom Meer geküsst.

Alles ist blau,

Fische und Wellen,

Gedichte und Reime,

Ich werde heute ein Blumenkleid nähen,

und morgen den Kosmos in einem Regenbogen verpacken.

Sag mir, wo die Blumen sind. Zeig mir die Blumen. Ich sehne mich nach einer allumfassenden Liebe, die frei macht, die beflügelt und dauerhaft ist. Die bleibt. Die garantiert ist. Die ich dauerhaft spüren kann. Ohne Angst, Unsicherheit und Verletzung. Mir wird plötzlich klar, dass die Liebe, die ich suche, nur bei Gott gefunden werden kann. Wenn du einen Funken dieser Liebe in allem findest, das dir begegnet – in einer Blume, in der Natur, bei einer Wanderung, im Lächeln eines Kindes, in den Farben, in Stoffen und Muster, der Sonne, bei Begegnungen mit einem Freund, in einem inspirierenden Buch – dann fühlt sich die Leere nicht mehr so leer an.

Karma is a bitch

Eine magische Zufallsbegegnung war das Treffen mit Fritz. Er kam mit seinem Freund Mark zufällig in den Zufallsladen rein. Er fühlte sich sehr hineingezogen, vordergründig von meinem Babyhund Luna. Es entwickelte sich eine Freundschaft. Sie luden uns zu ihrer Hochzeit ein. Wundervolle Menschen. Große Liebe. Sie bekamen zwei der Weinflaschen aus meiner Heimat, das Blut des Lebens in zwei mundgeblasene Unikatflaschen gegossen.

Luna war eine Zeit lang bei den beiden gerettet, sie haben auf sie aufgepasst, damit sie nicht im Tierheim landet. Mein Partner und ich waren zu dem Zeitpunkt weit weg als der erfahrene Hundesitter, dem wir Luna überlassen hatten, plötzlich entschieden hatte, sie ins Tierheim zu bringen, weil sie sich nicht benehmen konnte. Ich war unendlich dankbar, obwohl ich mich im Nachhinein so schmerzvoll von ihr trennen musste. Sie war schließlich mein Ersatzbaby.

Mark schlug vor, dass wir uns den Hund teilen, bevor ich sie aufgebe. Das kam für mich überhaupt nicht in Frage. Ich wollte autonom bleiben. Und wenn gescheitert, dann lieber eigenständig. Ich gebe sie doch lieber einer lieben Familie ab, die sich richtig um sie kümmern kann, wo sie glücklicher als bei mir ist.

Danach wurde ich die Geschäftspartnerin von Fritz. Ich teilte mit ihm mein zweites Baby, meinen Laden. Er war der Einzige, der sich auf meine Ausschreibung gemeldet hatte. Er hatte mir zugesichert, dass er an meiner Seite bleibt, sonst hätte ich tatsächlich die Galerie schon das Jahr zuvor aufgegeben. Der Hintergrund, warum ich den Laden teilen wollte, war der, dass ich nach einem Kompromiss gesucht hatte. Ich wollte das, was ich mich bisher aufgebaut hatte, behalten, und gleichzeitig meinen Kindheitstraum, Modedesignerin zu werden (und zu schreiben), ausleben.

Ich hatte mehrmals zu Mark spaßeshalber gesagt, dass ich Fritz genommen hätte, wenn er auf Frauen stehen würde.Einmal bemerkte er nur so beiläufig am Rande: „Sag so was nicht. Du bewegst Dich da auf ganz dünnem Eis.“

Nun, schon bei der Neueröffnung des Ladens (den wir im Wechselmodel nutzen wollten) spürte ich Konkurrenz und Missgunst von Fritz. Der Laden war nicht mehr mein Baby. Fritz wollte ihn nicht wirklich teilen und ließ sich nicht in die Karten blicken. Zwei Monate vergingen, er bezahlte einigermaßen pünktlich. Unsere Freundschaft kühlte ab.

Im April hatte Fritz angekündigt, dass er eine existenzielle Krise hätte. Die Miete für meinen Laden bekam ich fast vier Wochen zu spät. Wir hatten die erste Auseinandersetzung. Schon da hatte ich das Gefühl, dass er nicht sein Versprechen halten und seine Monate nicht übernehmen würde. Dass er nicht in der Lage war, Verantwortung zu tragen.

Das Bild mit Ganesha kam hoch. Als er eingezogen ist, wusste er sofort, wofür diese Skulptur steht, die mir jemand als Segen für den Laden schenkte: Wohlstand und Erfolg. Ich wollte den auch mit ihm teilen oder ihm sogar den Ganesha schenken. Fritz meinte nur „Du weißt ja, wie wichtig er ist, wofür er steht. Lass ihn uns hier für uns beide behalten, er soll uns Glück bringen“. Der Rüssel ging schon bei seiner ersten Veranstaltung kaputt, in meiner Abwesenheit. Ich versuchte, ihn zu kleben. Es hielt nicht. Als der Streit ausbrach, holte ich ihn zu mir nach Hause, ich verkleidete ihn neu. Streichelte ihm den Bauch und hoffte auf Erlösung. Der Anlass des Streits war, dass ich das Schloss wechselte. Er durfte rein, konnte aber nicht zusperren, da er den richtigen Schlüssel nicht bekam. Als er wieder den Zugang zur Galerie bekam, drehte er den Spieß um, und fühlte sich bestätigt, warum er raus wollte. Wir landeten vor Gericht. Ich gewann. Trotz Titel und mehreren Inkasso-Büros weigerte er sich zu bezahlen. Irgendwann fing ich an Krümel zu bekommen, kleine Abschlagzahlungen. Sein Gehalt war angeblich schon gepfändet. Inzwischen hat er es geschafft, eine weitere mir bekannte Frau, deren Firma er angeblich kaufte, mit horrenden Summen über den Tisch zu ziehen. Ich hatte sie vorgewarnt, vorsichtig mit ihm zu sein. Sie glaubte es nicht und nahm ihn in Schutz. Jetzt bezahlt sie ihre Rechnung. Manchmal ist es sinnvoll, auf gut gemeinte Ratschläge zu hören.

Das war nicht die Erlösung von Fritz, zumindest nicht in der Form, die ich mir ersehnt hatte. Oder doch: Das Karma mit Fritz baute sich langsam ab. Waren wir damals Geliebte? Habe ich ihn mit einem Mann teilen müssen, der immer auf mich eifersüchtig war, der Fritz nur für sich haben wollte, der ihm einredete, homosexuell zu sein? Habe ich ein Kind mit ihm gezeugt, das er nicht wahrhaben wollte? Habe ich dieses Kind frühzeitig abgetrieben, trotz meines Wunsches, es zusammen großzuziehen? Werde ich dafür in diesem Leben mit der Kinderlosigkeit oder mit der Angst vor Gebärmutterhalskrebs bestraft? Oder habe ich das Kind doch bekommen – ich hatte neun Monate lang intensiv mit Fritz zu tun, eine ganze Schwangerschaft – aber ihm den Kontakt verboten. Und schließlich das Schmerzensgeld dafür zahlen müssen? Luna und der Laden, die zwei unechten Kinder, die Totgeburten waren?

Ich möchte am liebsten adoptiert werden

Ich denke mit einem leichten Schmunzeln an meine Schnapsidee aus der Vergangenheit: Ich wollte von meinem Partner adoptiert werden. Damit wäre der Druck raus gewesen. Letztendlich wollte ich immer einen Mann, der für mich lebenslang sorgt, der mich vor allem emotional versorgt. Ankommen. Einen neuen Papa finden, der sich zu mir lebenslang bekennt, der mich beschützt, der sich für mich einsetzt, stark ist und die Verantwortung übernimmt.