Ein Physiker, die Liebe und ein verlorener Verstand - T. M. Wulf - kostenlos E-Book

Ein Physiker, die Liebe und ein verlorener Verstand E-Book

T. M. Wulf

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Beschreibung

Theresa Winter schreibt sich nach einer dreizehnjährigen Zwangspause ihres Studiums an der Universität von Berlin ein. Dort trifft sie auf den schottischen Gastdozenten Peter Calder. Sie belegt bei dem zwar genialen, aber absolut beziehungsunfähigen Professor einen Kurs in dem Bereich der Quantenphysik. Zwei außergewöhnliche Menschen treffen aufeinander, die wie füreinander geschaffen zu sein scheinen. Wenn da nicht der große Altersunterschied von fünfundzwanzig Jahren wäre. Die Bedenken des nicht mehr ganz jungen Mannes wischt die einunddreißigjährige Theresa aber mit der Bemerkung "Bullshit" einfach beiseite. Aber ist es tatsächlich so einfach, wie die junge Frau es sich vorstellt? Schon bald glaubt der rational denkende Physiker, den Verstand zu verlieren. So sehr bringt die junge hübsche Frau, die alles andere als rational ist, ihren Professor aus seiner ruhigen Bahn.

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T. M. Wulf

Ein Physiker, die Liebe und ein verlorener Verstand

Eine Geschichte aus T. M. Wulfs Welt der Thriller um Peter Calder und Theresa Winter

Für PeterBookRix GmbH & Co. KG80331 München

1. September 2004 Theresa Winter

Als Theresa Winter an diesem Morgen aufwachte, ging es ihr nicht besonders gut. Sechs Monate war der tödliche Autounfall ihrer Eltern nun her. Seitdem war kein Morgen vergangen, an dem sie nicht mit Tränen in den Augen aufgestanden war.

Die Tränen kamen immer in dem kurzen Moment nach dem Aufwachen, wenn die Nacht der Träume, die ihr eine heile Welt vorgaukelt hatte, vorüber war und ihr wieder schmerzlich bewusstwurde, dass niemand unten auf sie wartete. Niemand war mehr da, der das Frühstück bereits für die drei Schwestern zubereitet hatte. Gerade diese Zeit des Tages war früher immer so wichtig für sie alle gewesen.

In Ruhe hatten sämtliche der fünf Familienmitglieder gemütlich beisammen gesessen und hatten sich die Ereignisse des Vortages erzählt. Dafür waren sie extra früher aufgestanden, und nach dem Gerangel, wer als erstes die beiden Bäder benutzen durfte, war Ruhe eingekehrt. Ihre Zeit war der Morgen, denn am Abend war es nie sicher gewesen, ob sie es alle zum Abendessen zusammen geschafft hätten.

Jetzt war Theresa es, die das Frühstück für Sabrina und Nathalie schon fertig hatte, wenn die beiden sich an den Tisch setzten. Die elfjährigen Zwillinge kamen über den Verlust der Eltern genau so wenig hinweg, wie sie selbst es einfach nicht schaffte. Sie aßen jeden Morgen lustlos ihre Cornflakes, wo es einstmals Pfannkuchen gab. Ohne es auszusprechen, waren Theresa und ihre Schwestern zu der Übereinkunft gekommen, dass die ältere von ihnen nicht versuchen sollte, die Eltern zu ersetzen. Das wäre sowieso nicht möglich gewesen. Also gab es dröge Cornflakes mit Milch und eine Tasse Kakao dazu. Die Pausenbrote schmierten sie sich selbst.

»Wir sind schließlich alt genug«, so waren ihre Worte gewesen.

Zu schmerzlich waren die Erinnerungen an die liebevoll hergerichteten Pausensnacks der Mutter, die immer eine kleine Überraschung enthalten hatten. Mal war es eine lustig geschnittene Karotte oder auch ein lachendes Gesicht in einen Apfel geschnitzt, gewesen. Oft hatten sie in der Pause laut darüber gelacht, so dass die anderen Schüler sie fragend angeschaut hatten.

Nun war das Lachen im Hause der Winters sehr spärlich geworden. Wo früher lebhaftes Geschnatter der vier Winter-Frauen geherrscht hatte, über das der einzige Herr im Hause ein ums andere Mal das Gesicht verzogen hatte, herrschte jetzt nur noch betrübte Stille. Worte des Trostes, die ihre Funktion niemals hatten erfüllen können, waren mehr als genug gesprochen worden. Jetzt konnte nur noch die Zeit helfen. Vielleicht würde es ihnen irgendwann leichter fallen, die Gewissheit zu ertragen, dass die geliebten Eltern nie mehr mit ihnen an diesem Tisch sitzen werden. Theresa konnte es nur hoffen.

Wie an jedem Morgen versuchte sie ein Gespräch zu beginnen: »Kommt ihr nach der Schule nach Hause oder habt ihr irgendetwas anderes vor?«

Und wie jeden Morgen fiel die Antwort gleich kurz aus: »Wir werden in die Bücherei gehen und dort ein wenig lernen.«

Hatten sie sich in den ersten Monaten noch zuhause vergraben, waren sie in letzter Zeit nur noch selten dort anzutreffen. Ihre große Schwester machte sich Sorgen, denn sie war sich nicht sicher, ob die Zwillinge wirklich brav in der Bücherei lernten. Aber sie wollte ihnen die Zeit geben, sich zu fangen, und den Tod der Eltern auf ihre Weise zu verarbeiten.

»Ich werde heute zur Uni fahren und mich mal umsehen. Ich weiß noch nicht, wann ich zuhause sein werde.«

Die Zwillinge zuckten gleichgültig mit den Schultern. »Ist okay für uns, wir machen uns dann am Abend eine Kleinigkeit zu Essen.«

Sie packten ihre Pausenbrote ein und waren auch schon im Bad verschwunden, um sich die Zähne zu putzen und danach das Haus zu verlassen.

Betrübt sah Theresa ihnen hinterher. Als die Haustür ins Schloss gefallen war, ließ sie sich auf einen Stuhl fallen und legte den Kopf auf ihre ausgestreckten Arme. Es war alles zu viel. Mit ihren gerade mal achtzehn Jahren hatte sie vor ein paar Monaten das Sorgerecht für die beiden beantragt. Für die junge Frau kam es nicht in Frage, sie in ein Heim zugeben. Waren sie doch die einzige Familie, die sie noch hatte. Die Lebensversicherung ihrer Eltern war für die Abzahlung des Hauses fast draufgegangen. So hatten sie es nicht verlassen müssen, um irgendwo zur Miete unterzukommen. Außerdem hatte der Rest des Geldes sie die ersten Monate über Wasser gehalten. Aber jetzt war es knapp geworden, die junge Frau war verzweifelt.

Nach ein paar Minuten hob sie den Kopf, wischte sich die Tränen ab und straffte ihren Körper. Es hatte keinen Sinn, sich so gehen zu lassen. Sie freute sich auf die Uni und war froh, endlich wieder etwas anderes zu sehen.

Trotz der misslichen Lage wollte sie nicht auf ihr weiteres Studium verzichten. Irgendwie würde sie schon alles meistern. Das Stipendium, um das sie sich bemüht hatte, war ihr bewilligt worden, und auch das Sorgerecht hatte man ihr übertragen. Ihr war klar, dass das Geld aus dem Stipendium und die Waisenrente niemals für sie und ihre beiden Schwestern reichen würde. Vielleicht sollten sie das große Haus doch verkaufen. Aber der Gedanke daran sich von so vielen Erinnerungen zu trennen, war noch zu schmerzhaft. Darüber wollte sie sich Gedanken machen, wenn es soweit war. Jetzt musste sie sich erst einmal beeilen, denn der Bus machte sich gleich auf den Weg Richtung Uni. 

 

Theresa stieg aus dem Bus an der Universitäts-Haltestelle und atmete erst einmal tief ein. Wie hatte sie den Campus vermisst. Sie betrat die Eingangshalle der Uni. Ohne nach rechts oder links zu schauen, ging sie in Richtung Sekretariat. Dort lagen Prospekte aus, die ihr die Auswahl der Kurse zeigen sollten.

Den blonden, jungen Mann bemerkte sie erst, als dieser sie von ihrem Weg abbrachte. Er packte einfach ihre Hand und zog sie mit sich auf die Damentoilette, an der sie gerade vorbeigehen wollte. Er zog ihr das Gummiband aus den strohigen Haaren, dann riss er ihr förmlich die Brille von der Nase. Alles ging so schnell, dass sie sich nicht wehren konnte. Ohne ein Wort zu sagen, zückte er auch noch eine Bürste und machte Anstalten, ihr die Haare zu bürsten. Nachdem sie sich endlich gefangen hatte, wehrte sie ihn ab und flüchtete in eine Toilettenkabine.

»Zum Teufel, wer bist du denn? Und was willst du von mir? Bist du so ein Fetischist, der auf Haare steht?« Theresas Stimme klang ganz und gar nicht amüsiert.

»Zum Teufel, wer bist du? Warum tust du dir das an? Wer versteckt so ein Aussehen?« Der Fremde klang sehr wütend, so als ob sie etwas Unverzeihliches tat.

Sich keiner Schuld bewusst, antwortete sie erbost: »Hast du keine Augen im Kopf? Du siehst doch, wie ich aussehe. Ich bin sicherlich keine Schönheit, und das wirst du ganz bestimmt nicht ändern.«

»Da mache ich aber jede Wette mit dir. Du versteckst dich hinter dieser grottenhässlichen Brille… und was du mit deinen Haaren machst, ist ein Verbrechen. Dafür gehörst du eingesperrt.«

»Bist du die Fashion-Polizei oder was? Lass mich zufrieden!«

»Sorry, aber das kann ich nicht tun.« Zögerlich und kleinlaut setzte er hinzu: »Ich brauche dich.«

Langsam öffnete sich die Tür, vorsichtig schaute sie hinaus. »Was soll das denn bitte bedeuten? Wozu solltest du mich brauchen?«

Er hob besänftigend beide Hände, so als hätte er Angst, sie würde sofort wieder in der Kabine verschwinden. Beruhigend redete er auf sie ein: »Okay, ich erkläre es dir: mein Boss und ich haben da eine Wette am Laufen. Okay, er ist noch nicht mein Boss, aber mein zukünftiger, wie ich hoffe. Wenn ich diese Wette gewinne, dann will er mich fest anstellen. Es steht also nur ein Job auf dem Spiel, nämlich meiner.«

Sie unterbrach ihn: »Uuuund? Warum sollte mich das interessieren?« Ihre Stimme wurde ungeduldig.

»Ich will es dir ja erklären, lass mich ausreden. Ich bin Praktikant in einer Model-Agentur, und ich möchte, dass mich der Boss der Agentur fest einstellt. Und da habe ich ihm in meinem jugendlichen Leichtsinn gesagt, dass ich aus jedem Mädchen ein Model machen könnte. Er hat gefragt: >Egal wie es aussieht?< Und ich dann mit meiner großen Klappe: >Jedes Mädchen, egal wie es aussieht.< Da hat er mich in sein Auto gepackt und mich hier hingefahren, direkt zur Uni. Selbstbewusst bin ich aus dem Wagen gestiegen, aber innerlich habe ich qualvoll geheult.«

Mitleidsuchend, voller Pathos schaute er sie an. Als er keinerlei Verständnis in ihren Augen sah, fuhr er fort: »Ausgerechnet in die Uni. Wie soll man hier hübsche Mädchen finden? Ich meine, wirklich hübsche Mädchen? Entweder es laufen solche Vogelscheuchen wie du rum.« Er sah an ihr hinab, verzog fast angewidert den Mund und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.

»Wie kannst du dich nur so gehen lassen?« Wieder schüttelte er den Kopf, dann fuhr er schnell fort: »Oder sie sind aufgedonnert und bis zum geht nicht mehr geschminkt. Zum Glück habe ich dich gesehen. Und ich habe mich sofort für dich entschieden.«

Mit theatralischer Geste zeigte er mit ausgebreiteten Armen auf die junge Frau. Und als handelte es sich um eine große Auszeichnung, strahlte er sie an.

»Oh wie schön für mich. Da kann ich mich ja echt glücklich schätzen.« Ironisch verzog sie ihre ungeschminkten Lippen.