Eine Jagd, die alles verändert - Seleni Black - E-Book

Eine Jagd, die alles verändert E-Book

Seleni Black

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Beschreibung

Die Welt hat sich verändert. Menschen stehen nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette. Vampire existieren und beanspruchen die Nächte für sich. So entsteht eine Koexistenz beider Arten. Doch der Frieden wackelt. Für Ordnung sorgt der Orden! Ausgebildete Jäger, die nur eines wollen, beschützen. Schnell und leise bewegen sie sich durch die Schatten und ziehen jeden zur Verantwortung, der gegen die Regeln verstößt. Blaise, geboren aus dem Schrecken einer Nacht. Sie ist nicht wie andere Vampire. Aber genau das macht sie zu einer der besten Kämpferinnen des Ordens. Vincent hat viele Fehler. Einer davon ist, dass er schnell mal die Beherrschung verliert. Doch genau das, bringt ihn am Ende in Schwierigkeiten. Oder doch nicht? ------------------------------------------------- Dies ist der erste Teil der Shadow Slayer Reihe. Es entspricht 352 Taschenbuchseiten. -------------------------------------------------- Dieses Buch enthält explizierte Erotikszenen und sollte nicht von Minderjährigen gelesen werden.

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Seleni Black

 

 

 

 

 

Impressum:

 

Copyright © 2024

Seleni Black

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

 

Covergestaltung: Copyright © 2024

Seleni Black

Coverbilder: Adobe Stock

Korrektur:

Stefanie Brandt 2022

Katharina H. 2023

Beth .B.H. 2024

 

Stand: August 2024

 

Erste Deutsche Auflage

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

 

Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten, Markennamen oder Organisationen sind rein zufällig. Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Eigentümern.

 

 

 

Meine Geschichte beginnt mit einer Katastrophe und das im wortwörtlichen Sinne.

Vor etwa dreihundert Jahren fing alles an. Die Menschheit glaubte lange, sie wäre die Spitze der Nahrungskette, doch das war falsch. Es waren erst einzelnen Fällen, dann tauchten sie immer häufiger auf.

Vampire!

Wie eine Seuche hatten sie sich anfangs in den großen Städten verbreitet, danach traf es auch die kleineren Randgebiete. Am Ende stand die Menschheit kurz davor, auszusterben.

Zu lange hatten sie im Untergrund leben müssen, was den Hass schürte und zu der Eskalation führte.

Erst als eine Einigung der älteren und kontrollierteren Vampire, mit den Anführern der Menschheit, getroffen wurde, kam langsam wieder Ruhe über die Städte. Dieser Waffenstillstand herrschte noch immer. Doch er wackelte!

Über die Jahre hinweg, hatten die Vampire sich immer weiterentwickelt. In ihrer Forschung erfanden sie ein synthetisches Blut, um der Menschheit die Möglichkeit zu geben, sich vollständig zu erholen. Es wurden auch Gesetze erlassen, um den Frieden weiterhin zu wahren.

So wurde festgelegt, dass ein Vampir sich von keinem Menschen ernähren durfte, ohne dessen absoluten und vor allem freiwilligen Einverständnis. Wenn beide Seiten sich öfter treffen wollten, musste ein Vertrag aufgesetzt werden, der die menschliche Seite schützte und den Vampir für jeglichen Schaden am Menschen verantwortlich machte.

Trotz der Gesetze und des neuen Blutes, weigerten sich viele Vampire, die Einschränkungen einfach so hinzunehmen. Sie wollten Menschenblut und das ohne Auflagen. Was oft zu Konflikten führte.

Doch dafür gab es den Orden!

In ihrer Gier nach Blut verwandelten die Gesetzesübertreter oft ihre Opfer, indem sie unkontrolliert ihr Gift einsetzten, das jeder Vampir produzierte. Es diente im Normalfall und in geringer Dosis dazu, die Opfer oder Spender gefügig und entspannt zu machen. Viele fanden es sogar ekstatisch. Doch in hoher Dosierung war es schmerzhaft und löste die Verwandlung aus. In der absoluten Extreme führte es zum Tod. Doch dies kam so gut wie nie vor, denn wenn ein Mensch starb, wurde sein Blut ungenießbar, was viele Vampire aufhören ließ.

Wenn die Verwandlung einsetzte, waren die frisch Erschaffenen völlig außer Kontrolle. Die Erfahrung durch den Schmerz und der Veränderung ihres Körpers, ließ sie die Beherrschung verlieren. Sie brauchten die Führung und konsequente Anleitung, um über die erste wilde Zeit hinwegzukommen.

Jedoch ließen viele Vampire ihre Opfer nach einem Angriff allein zurück, da sie entweder die Strafe fürchteten oder es ihnen schlicht egal war. So unkontrolliert waren sie, wie Raubtiere, die man aus ihren Käfigen ließ. Sie danach wieder an ihre menschliche Seite zu erinnern, war nur in den seltensten Fällen noch möglich.

 

***

 

Ich wurde in diese Zeit geboren und das auf sehr dramatische Weise.

Ein frisch verwandelter Vampir hatte meine Mutter angegriffen, als sie hochschwanger mit mir war. Man hatte sie schwer verletzt und wäre nicht ein Spaziergänger an der Gasse vorbeigekommen und hätte sie entdeckt, gäbe es mich bestimmt heute nicht.

Mit einer Not-OP wurde ich geholt und meine Mutter an einen Ort gebracht, an dem sie lernte, mit dem Vampirismus, der sie nun beherrschte, umzugehen.

Mich hatte man zu einer Pflegefamilie gegeben, da erste Tests nach meiner Geburt ergaben, dass der Vampirismus nicht auf mich übergegangen war. Doch mit acht Jahren war ich weggelaufen und hatte etwa zwei Monate auf der Straße gelebt. Bis mich ein reicher Geschäftsmann fand und bei sich aufnahm. Ich hatte ihn bestehlen wollen und wäre auch beinahe damit durchgekommen, wenn nicht einer seiner Wachen mich bemerkt hätte.

Er war einer von den bessergestellten Vampiren, hatte es weit gebracht und schwamm geradezu im Geld. Seine Art war gewöhnungsbedürftig, er konnte nett sein, wenn man tat, was er wollte oder er ausnahmsweise einmal gute Laune hatte. Tat man es aber nicht, ging man besser in Deckung.

Warum ich nicht auch von ihm weggelaufen war? Das war eine sehr gute Frage. Es war so ein Gefühl, das mich davon abhielt. Es könnte aber vielleicht auch daran gelegen haben, dass er mir versprochen hatte, mich so stark zu machen, dass mir niemand jemals etwas antun konnte.

Dass ich dafür aber meine Seele verkaufen musste, wurde mir erst sehr viel später bewusst.

Junges Mädchen,

große Aufgabe

 

 

»Wann hast du das letzte Mal etwas getrunken?«

Ich ließ mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch meines Ziehvaters fallen und seufzte. »Mir geht es gut. Was steht heute an?« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah mich durchdringend an. Wir lieferten uns ungefähr zwei Minuten ein Blickduell, bevor ich nachgab und ihm doch eine Antwort gab. »Vor zwei Tagen.«

Kopfschüttelnd griff er zum Hörer. »Bringen Sie eine Ration nach oben«, mehr sagte er nicht.

»Warum? Mir geht es gut. Ich hatte heute Mittag in der Schule etwas zu essen.« Mit einer einfachen Handbewegung wischte er meine Bemerkung weg.

»Du bist dreizehn und hast noch keine Ahnung davon, was du brauchst. Also halt deinen Mund und nimm den Beutel.«

Mit den Zähnen knirschend schwieg ich, dachte mir aber meinen Teil. Ich war jung, was erwartete er von mir?

»Wie war die Schule?«, wollte er nun von mir wissen.

»Ganz okay. Wir haben mal wieder eine neue Lehrerin und so, wie es aussieht, hört diese sich gerne reden.« So eine Art von Schmunzeln war in seinem Mundwinkel zu erkennen. Da hatte er doch glatt einen Anflug von guter Laune.

»Hatte sie wenigstens etwas Sinnvolles zu sagen?«

»Nein, ich denke nicht. Es war zumindest nichts dabei, das ich nicht schon gehört oder gelesen habe.« Ich liebte es, mich weiterzubilden. Schon jetzt war ich meinem Schulstoff weit voraus, was aber auch zur Folge hatte, dass ich mich im Unterricht schnell langweilte.

Nachdenklich rieb sich mein Gegenüber das Kinn. »Wie würde es dir gefallen auf eine andere Schule zu gehen?«

Jetzt wurde ich hellhörig. »Und was für eine Schule soll das sein?«, hakte ich nach.

»Eine besondere Schule. Es gibt sie in dieser Region erst seit ein paar Jahren, aber man lernt dort deutlich mehr als in der, die du momentan besuchst.«

Meine Neugier war geweckt. »Und wo soll sie sein?« Es kam mir zwar schon etwas komisch vor, dass eine Schule anfing, überall neue Stellen zu errichten, aber so ungewöhnlich war es dann auch wieder nicht, um mein volles Misstrauen zu wecken.

»In den Bergen. Wenn mich nicht alles täuscht, acht Stunden von hier.«

Ein ungutes Gefühl beschlich mich bei dieser Aussage. »Was genau ist das für eine Schule?« Den Ausdruck, den er mir nun entgegenwarf, kannte ich. Er sagte so viel wie - finde es doch selber heraus. Das tat er gerne, auch wenn es mich schon in äußerst schwierige Lagen gebracht hatte.

Einmal wollte ich wissen, wie es in den nicht so vornehmen Teilen der Stadt aussah. Seine Erwiderung war damals wie heute dieselbe. Das Ende vom Lied war, ich wäre beinahe überfallen worden und draufgegangen. Zum Glück waren die Bodyguards meines Vaters nicht weit. Was mir aber trotzdem die Belehrung nicht ersparte und die ständigen Sticheleien, dass ich noch so jung und unerfahren sei.

Hallo, ich war damals neun! Nicht unbedingt ein Alter, wo man schon erwarten konnte, dass man sich gegen einen ausgewachsenen Kriminellen wehren könnte. Es gab noch mehr solcher Vorfälle, aber ich war nun mal neugierig und konnte es nicht lassen.

»Du bist schlau genug, um selbst klarzukommen. Schließlich hast du einige Zeit auf der Straße überlebt«, erklärte er immer, und wirkte sehr zufrieden mit sich selbst bei dieser Aussage.

Einer seiner Bediensteten kam herein und reichte mir eine Flasche. Nickend nahm ich sie entgegen und öffnete diese. »Wie nur A negativ? Seit wann werde ich auf Diät gesetzt?«, versuchte ich die Stimmung aufzuhellen.

»Von nun an wirst du schon arbeiten müssen für deine Ernährung«, wurde ich zurechtgewiesen.

»Wie gut, dass ich auch von was Anderem leben kann«, brummte ich vor mich hin.

»Mag sein, aber das wäre nur überleben. Du bist, was du bist. Ob es dir nun gefällt oder nicht, finde dich damit ab. Geh jetzt nach Hause, zu dieser Zeit will ich dich nicht mehr auf den Straßen wissen.«

Es war mitten in der Nacht und ja, zu dieser Zeit passierten wirklich schlimme Dinge. Es gab allerdings eine Einrichtung, die für Ordnung sorgte. Niemand wusste so genau, wo diese war oder wer alles für sie arbeitete, doch ich hatte mir vorgenommen, so lange zu suchen, bis ich sie gefunden hatte. Allerdings würde ich diese neue Schule erst schaffen müssen, denn vorher konnte ich gar nichts machen. Aber ich hatte ja Zeit, sehr viel Zeit. Als Halbvampir, hatte man mir gesagt, würde ich genauso lange leben wie ein vollwertiger, hatte aber gleichzeitig die Vorteile eines Menschen, nämlich im Licht leben zu können. Ich war ein Dhampir und die waren extrem selten.

Mein Vater wollte nicht, dass es irgendjemand erfuhr, deswegen verschwieg er es vor der Welt. Nur seine engsten Vertrauten wussten davon. Er verschwieg es sogar vor den ganz Hohen, was ich gleichzeitig beunruhigend, aber auch beruhigend fand. Schwer zu sagen, was überwog. Nachts musste ich also meine vampirische Seite zeigen und tagsüber, wenn ich zur Schule ging, meine menschliche. Das hieß, rote Augen und Fangzähne bei Nacht. Braun/grüne Augen und eingefahrene Fangzähne am Tag. Es klappte gut, da kein Vampir tagsüber unterwegs war und mein Vater strikt darauf achtete, dass nichts in dieser Zeit auf ihn zurückführte.

Ich trank meine Flasche leer und stellte diese anschließend auf den fein säuberlich polierten Schreibtisch meines Ziehvaters. »Zufrieden?«, stichelte ich mit voller Absicht.

Er zog nur eine Augenbraue hoch und betrachtete mich. »Was das angeht, nicht unzufrieden. Aber an deiner Art, wie du mit Höhergestellten redest, solltest du noch arbeiten. Geh jetzt, ich bin beschäftigt.«

Und damit war ich entlassen. »Wann willst du mich zu der neuen Schule schicken?«, fragte ich noch von der Tür aus.

»Ich werde mich darum kümmern, geh du solange weiterhin normal zu deiner jetzigen Schule. Man wird dir Bescheid geben.«

Welch kryptische Antwort. Theatralisch machte ich eine Verbeugung vor ihm.

»Blaise!«

Ich sah auf und etwas hatte sich in seinen Augen verändert. Es sah fast aus wie … Zuneigung. Nun legte ich meinen Kopf schief und wusste nicht, was ich sagen sollte.

»Denk immer dran, du bist eine Akaya.«

Blinzelnd versuchte ich dahinter zu kommen, was er mir mit dieser Aussage zu verstehen geben wollte. »Ich werde es nicht vergessen, Vater.« Ich drehte mich um und verließ sein Büro. Die Stimmung war blitzschnell umgeschlagen und ich hatte keine Ahnung, warum er dieses Mal so ernst wurde.

 

Unten vor dem Gebäude blieb ich einen Moment stehen und sah hoch zum Himmel. Nacht, eine Tageszeit, die für mich völlig normal war. Schlafen musste ich weniger als normale Menschen, was es mir deutlich vereinfachte, mich durch die beiden Welten zu bewegen.

»Miss Akaya, wir müssen los«, rief mich einer der Wachmänner, der am Wagen stand und die hintere Tür aufhielt. Er war einer von denen, die immer um mich herumschlichen, wenn es dunkel war. Tagsüber übernahmen das extra eingestellte Menschen.

»Nur noch eine Minute«, teilte ich dem Mann mit und schloss meine Augen. Einen Moment der Ruhe, ich wollte nur diesen einen Moment.

»Miss, Vorsicht!«, rief da auf einmal der Wachmann.

Ich riss meine Augen auf und sah im letzten Moment, wie ein Geure auf mich zustürmte. Instinktiv ließ ich meine Tasche fallen, duckte mich leicht und hob meinen Arm, als mein Gegner mich angriff.

Das Nächste, das ich wahrnahm, war, dass der Geure auf dem Boden lag und nun von mehreren Männern dort gehalten wurde. Ein anderer Bodyguard beugte sich über den am Boden liegenden und rammte ihm einen Silberpflock ins Herz. Dieser bäumte sich auf, die Männer, die ihn gehalten hatten, sprangen zurück und kurz darauf ging er in Flammen auf. Ich sah mir das Ganze an, als wäre ich gar nicht wirklich da. Doch so war es und der Geure war nur noch ein Häufchen Asche, den der Wind davontrug.

Als ich hochsah, um nachzusehen, ob uns jemand beobachtet hatte, bemerkte ich eine Gestalt, die sich im Schatten einer Gasse verbarg. Ich war mir sicher, dass dieser jemand mich ansah, denn ich konnte deutlich das Kribbeln auf meiner Haut spüren. Doch bevor ich das näher ergründen konnte, verschwand die Gestalt und ich wurde zum Wagen gebracht.

 

***

 

»Was ist da passiert?«, verlangte mein Vater zu wissen, kaum, dass er zur Tür hereinkam. Es waren Stunden vergangen seit dem Angriff und die Sonne war kurz davor, aufzugehen.

Mehrere Männer kamen zu ihm, und mit einer simplen Kopfbewegung gab er ihnen zu verstehen, dass sie in sein Büro gehen sollten. Ich saß oben auf der Treppe und beobachtete das ganze Spiel. Es war nicht das erste Mal, doch zum allerersten Mal verstand ich, worum es dabei ging.

Selbst nach den vergangenen Stunden wusste ich noch nicht, was genau nach dem Moment passiert war, als ich meine Hände gehoben hatte. Auch das Nachfragen bei den Wachen hatte mir nichts gebracht. Wahrscheinlich war einer meiner Beschützer schnell zur Stelle, anders konnte ich es mir nicht erklären.

Der Blick meines Vaters traf den meinen und es lag etwas Unergründliches in ihnen.

Nachdem er im Büro verschwunden war, ging ich auf mein Zimmer und versuchte, noch etwas Schlaf zu finden. Die Jalousien vor den Fenstern schlossen sich, kurz bevor die Sonne aufging, und verriegelten so das Haus. Ich hatte nur noch ein paar Stunden und die wollte ich nutzen, auch wenn ich nicht wirklich daran glaubte, schlafen zu können.

 

***

 

Eine Woche später war wieder Ruhe eingekehrt und ich ging ganz normal zur Schule. Gut, sie war nach wie vor langweilig, aber Dad bestand nun mal darauf, dass ich sie weiter besuchte.

Was allerdings neu war, dass er mich jeden Tag sehen wollte, um zu erfahren, ob irgendetwas Interessantes passiert war. Normalerweise sah ich ihn vielleicht drei bis vier Mal die Woche, wenn überhaupt. Durch seine ständigen Reisen oder Geschäftstermine glänzte er oft durch Abwesenheit.

Doch nun saß er die ganze Zeit in seinem Büro und schien es nicht eilig zu haben, irgendwo hinzukommen. Am kommenden Wochenende hatte er sogar beschlossen, einen Ausflug zu machen. Nicht, dass ich deswegen groß gefragt wurde, so war es nämlich nie, aber beschweren würde ich mich auch nicht.

Was andere unter Camping verstanden, war klar. Ein Zelt, Schlafsack, Lagerfeuer, Musik und was weiß ich noch für einen Quatsch. Was mein Ziehvater darunter verstand, war weit weg von dem Üblichen. Seine Devise lautete: Wenn du in die Natur gehst, dann lerne auch in ihr zu leben. Das hieß so viel wie: Hast du Hunger, such dir etwas und wenn du dafür töten musst. Hast du Durst, such Wasser oder Blut an den unterschiedlichsten Orten. Willst du schlafen, bau dir ein Lager. Schlicht und einfach. Überlebenstraining war ihm wichtig, schließlich konnte man ja nie wissen. Etwas paranoid, meiner Meinung nach, aber durchaus interessant, was man alles lernen konnte. Seit drei Jahren unternahmen wir nun schon solche Ausflüge und das zwei bis drei Mal im Jahr. Anfangs war es noch hart, doch nun freute ich mich regelrecht darauf.

Noch zwei Tage Schule, danach ging es los. Dachte ich zumindest.

 

Ende der vierten Stunde, ich machte mich gerade auf den Weg, um zu frühstücken, als ich gepackt, mir der Mund zugeklebt und ein Sack über den Kopf gezogen wurde.

Ich wehrte mich so gut es ging, doch wer auch immer mich festhielt, war deutlich stärker als ich. Trotzdem verpasste ich meinem Gegner ein paar ordentliche Tritte sowie Kratzer. Es brachte zwar nicht viel, aber es gab mir wenigstens das Gefühl, etwas unternommen zu haben. Ein Schlag auf meinen Kopf beendete allerdings meine Gegenwehr und ich verlor das Bewusstsein.

 

***

 

Das Nächste, was ich wahrnahm, war, dass ich in eine Art Kiste oder so etwas Ähnliches gesperrt wurde. So genau konnte ich das nicht sagen, da mir immer noch der Kopf dröhnte.

Wirklich bewegen konnte ich mich nicht, da es viel zu eng war. Trotzdem versuchte ich, mir wenigstens diesen Sack vom Kopf zu ziehen. Das würde auf jeden Fall Nackenschmerzen geben. Kaum hatte ich das geschafft, fluchte ich unter dem Klebeband, denn sehen konnte ich rein gar nichts. Mit einem Ruck zog ich mir das Klebeband ab und hätte gerne geschrien, weil es so wehtat. Doch ich unterdrückte den Schmerz und versuchte herauszufinden, worin ich mich befand. Vorsichtig tastete ich mit den Händen meine Umgebung ab. Holz! Das war gut, Holz konnte brechen. Ich stemmte meine Füße gegen das Fußende, so gut es ging, und hörte zufrieden, wie es zu knacken begann.

Ein kräftiger Ruck ging durch die Kiste und ich wurde kurz durchgeschüttelt. Ich wartete, ob noch etwas kam, doch das tat es nicht, also machte ich weiter. Wieder ging ein Ruck durch die Kiste und da wurde mir klar, dass man verhindern wollte, dass ich ausbrach. Ich war ein Teenie, die taten selten das, was man ihnen sagte oder gut für sie war. Mit aller Kraft trat ich gegen das Holz und es knackte immer stärker.

Plötzlich hielt der Wagen, in dem ich mich zu befinden schien, Türen wurden geöffnet und wieder zugeschlagen. Als Nächstes wurde die Kiste bewegt und meiner Meinung nach ziemlich unsanft abgestellt. Danach nahm ich wahr, wie wieder die Wagentüren geöffnet und zugeschlagen wurden und kurz darauf, wie sich das Motorengeräusch entfernte.

Stille umgab mich, für einen Moment wartete ich noch, ob etwas passieren würde, doch es blieb still. Da ich nicht länger warten wollte, machte ich weiter und stemmte die Beine gegen das Holz. Immer und immer wieder drückte ich, bis das erste Brett herausbrach. Die frische Luft tat gut, doch lange Zeit zum Ausruhen hatte ich nicht, denn wenn ich das richtig sah, war die Sonne dabei unterzugehen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich aus der Kiste befreit hatte, doch irgendwann schaffte ich es und sah mich suchend um. Wald wohin man sah. Gar nicht gut! In einer Zeit wie dieser alleine draußen zu sein, bedeutete Gefahr. Ja, mein Vater und ich gingen wandern, aber nur in gesicherten Gebieten. Hier war ich irgendwo im Nirgendwo und so ungern ich das auch zugab, aber ich war bei Weitem nicht stark genug, um mich gegen Angreifer zu behaupten. Suchend sah ich mich um, versuchte herauszufinden, wo genau ich mich befand.

Nichts. Nicht der kleinste Anhaltspunkt.

Da ich nicht ohne alles losziehen wollte, bückte ich mich nach der Kiste und brach ein paar Bretter heraus. Ein etwas längeres und zwei kleinere. Zur Sicherheit sah ich auch in die Kiste, wo ich aber nur den Sack fand, den man mir über den Kopf gezogen hatte. Besser als nichts, so konnte ich wenigstens Dinge darin verstauen, die ich vielleicht noch gebrauchen konnte.

Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, sah ich mich um, versuchte, mich daran zu erinnern, was mein Vater mir beigebracht hatte. Schwach konnte ich im Gras eine Spur des Wagens erkennen, blieb nur die Frage, in welche Richtung ich gehen sollte.

Ich sah mir die Spur genauer an, wohin sich das Gras geneigt hatte. Als mir klar wurde, wohin der Wagen gefahren war, folgte ich ihm und behielt dabei die Umgebung, sowie die Spur vor mir im Auge.

Da es immer dunkler wurde, hatte ich langsam Probleme, dieser zu folgen. Nachts sehen konnte ich, doch in diesem Zwielicht fiel es mir deutlich schwerer, da meine Augen sich nicht so recht entscheiden konnten, wie sie sich einstellen sollten. Ich war noch nicht alt und erfahren genug, um die Lichteinfälle besser auszugleichen. Was mich ziemlich ankotzte.

Die Dunkelheit kam schnell und mein erster Impuls war, ein Feuer zu machen, doch das wäre ein fataler Fehler. Die Wärme in der Nacht, so wie das Licht, würde die Geure nur umso schneller anlocken, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob es hier welche gab. Sicher war sicher.

Nun musste ich mich beeilen. Ich rupfte Gras und Blätter, begann, mich damit einzureiben und sah mich weiter um. Ein Baum hatte ein paar tief liegende Äste, an denen ich gut hochklettern konnte. Da ich mir aber nicht sicher sein konnte, dass die Geure nicht auch auf die Idee kamen, sah ich mich weiter um. Einer der anderen Bäume stand nah genug, dass ich es rüber schaffen konnte. Riskant, aber wenn ich schlafen beziehungsweise sicher sein wollte, musste ich ein Risiko eingehen.

Vorsichtig und bedacht kletterte ich nach oben. An einer Stelle, an der ich gut stehen und mich an einem anderen Ast festhalten konnte, hangelte ich mich bis zur Spitze nach vorne. Mit einem Satz sprang ich auf die andere Seite, doch ich hatte die Entfernung falsch eingeschätzt.

Ich bekam zwar den anvisierten Ast zu greifen, rutschte aber ab und landete auf dem darunter liegenden. Im letzten Moment griff ich danach und verhinderte so, dass ich die fünf Meter nach unten fiel. Ich wollte fluchen, verkniff es mir jedoch, da ich jedes unnötige Geräusch vermeiden musste.

Nachdem ich sicher auf dem Ast saß, atmete ich ein paar Mal tief durch und sah mich nach einer Möglichkeit um, damit ich mich die Nacht gut ausruhen konnte. Müde war ich nicht wirklich, doch es wäre Selbstmord, wenn ich auch nur einen weiteren Schritt machte. Glücklicherweise hatte ich noch Blut zu mir genommen, bevor ich zur Schule gegangen war. Dort hatte ich gefrühstückt, was bedeutete, dass ich locker zwei Tage auskommen würde, bevor ich zu schwach wurde.

Ich fand ein paar kleinere Äste, die ich abbrach und so über Astgabeln drapierte, dass ein kleines Lager daraus entstand. Von unten würde man mich nicht mehr sehen können, doch ich würde durch die Zweige beobachten können, was unter mir vorging. Es würde mir zwar nur ein geringes Maß an Schutz bieten, aber besser als nichts.

Um mich zu fixieren, zog ich meine Strickjacke aus und band sie um den Stamm und um mich. Es reichte gerade so, aber es würde mich daran hindern, herunterzufallen. Meine Bretter klemmte ich unter mir ein, sodass ich leicht drankam, sie mir aber zusätzlichen Halt gaben. Jetzt musste ich nur die Nacht überstehen und danach zusehen, dass ich den Tag gut nutzte. Geure waren nur nachts unterwegs, da sie wie jeder andere Vampir das Tageslicht scheuten. Doch selbst am Tag musste ich aufpassen, denn es gab Fallen und wilde Tiere, die einem das Leben deutlich schwer machten.

Eigentlich sollte ich mich entspannen, die Ruhe auskosten, doch das Gegenteil war der Fall. Ich hörte auf jedes Geräusch, achtete auf alles, was unter mir vorbeizog. Von Ruhe war ich sehr weit entfernt. Je mehr Zeit verging, umso angespannter wurde ich.

Da!

Nicht weit von mir hörte ich ein Geräusch, das nicht in diesen Wald zu gehören schien. Vorsichtig schaute ich zwischen den Ästen durch und schlug mir die Hand vor den Mund, um ja kein Geräusch von mir zu geben. Ich hatte Geure nur in Videos gesehen, doch nun, wenige Meter über einem live zu liegen, war etwas ganz anderes. Diese wildgewordenen Vampire hatten alles Menschliche verloren, sie waren nur noch auf fressen und töten aus.

Mein Herz raste, das Blut rauschte mir in den Ohren. Ganz dringend musste ich mich beruhigen, sonst verriet ich mich und das wollte ich auf gar keinen Fall. Vorsichtig nahm ich die Hand etwas von meinem Mund, holte durch die Nase tief Luft und stieß sie durch den Mund wieder aus. Nur sehr langsam beruhigte sich mein Herz, was mit Sicherheit daran lag, dass der Geure immer noch unter mir herumschlich. Ganz klar suchte er etwas und ich war mir sicher, dass ich das war. Nun war ich mehr als froh, dass mein Vater mir beigebracht hatte, wie man seinen Geruch verbarg.

Nach einigen Minuten zog der Geure weiter und ich entspannte mich etwas. Das war mehr als knapp. Doch das sollte nicht die einzige Begegnung mit einem dieser Art bleiben.

Im Laufe der Nacht kamen noch vier weitere unter meinem Baum vorbei. Ich war fix und fertig.

 

***

 

Als die Sonne endlich aufging, ließ die Anspannung nach. Nun hatte ich das Problem, dass ich mit der Müdigkeit kämpfte und auch der Hunger meldete sich früher, als ich dachte.

Ich wartete, bis die Sonne hoch genug stand, um auch die letzten Schatten der Nacht zu vertreiben. Danach löste ich meine Strickjacke vom Baum, packte meine Bretter in den Sack und befestigte alles an mir. Als Nächstes kletterte ich nach unten. Für einen Moment sah ich mich noch einmal um und ließ mich erst dann vom Baum fallen. Runter ging es leicht, rauf war das Problem.

Unten sah ich mich noch ein paar Mal um, erst danach ging ich zu der Stelle zurück, an der ich letzte Nacht die Spuren zuletzt gesehen hatte. Blöd nur, dass das Gras sich über Nacht wieder aufgestellt hatte. Was nun?

Einem Impuls folgend, legte ich mich auf den Boden und da, schwach, aber noch erkennbar, sah ich zwei Spuren, die auf einen Berg zusteuerten. Ich sah mir genau an, welche Richtung sie nahmen, suchte mir einen Richtungspunkt und stand wieder auf. Es würde wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass ich die Spuren sehen konnte. Bis zum Mittag ging ich davon aus, wären auch diese letzten Anhaltspunkte verschwunden.

Zügig machte ich mich auf den Weg, achtete allerdings sehr genau darauf, wohin ich trat oder lief. Gleich zu Anfang entdeckte ich eine Falle und sah die Überreste eines Geure. Es musste einer von letzter Nacht sein, denn die Reste waren durch die Sonne noch nicht vollständig verbrannt.

Mir war schlecht, dieses Bild würde mich noch eine Weile verfolgen. Ich musste weiter, schnell weiter.

Ungezähmt

 

 

»Es interessiert mich nicht, was vorgeschrieben ist. Die Situation hat es erfordert, den Geure zu vernichten, da blieb keine Zeit, lange nachzudenken.« Immer diese Regeln. Schon so oft hatte ich bewiesen, dass ich einer der Besten war, ob ich nun die Regeln befolgte oder nicht.

»Der Oberst möchte Sie sprechen.«

Nicht zum ersten Mal, doch solange ich nicht zum Spitter musste, war alles gut. Die Spitter waren die, bei denen wir Jäger richtig Ärger bekommen konnten. Doch auch damit konnte man irgendwie umgehen. Wenn man allerdings zum Marschall musste, war die Scheiße richtig am Dampfen. Wenn man den Großmeister vor sich hatte, war es besser, sich gleich eine Kugel zu verpassen.

»Er wird nicht ewig warten«, wurde ich erinnert.

Ohne zu antworten, ging ich los und steuerte das Büro des Oberst an. Nach einem kurzen Anklopfen trat ich ein.

»Sie brauchen sich gar nicht zu setzen«, wurde mir mitgeteilt.

Man hielt mir eine Akte hin, die ich nahm und aufschlug. In großen Buchstaben stand die Überschrift, ›zweite Verwarnung‹. Ganz toll!

»Sie wissen, was das bedeutet. Ich rate Ihnen, sich in Beherrschung zu üben. Beim nächsten Mal könnte es Sie Ihren Rang kosten.«

Diese Drohung war klar. Ich war Vollstrecker im Kreis der Jäger. Eine hoch angesehene Position, denn ich erledigte die Arbeit, die andere nicht gerne taten, auch wenn es unsere Aufgabe als Jäger war.

Doch auch unter uns gab es die einen, die lieber anführten, aufklärten, aufspürten oder eben vollstreckten. Ausbilder für die Novizen zu sein, war so ziemlich der niederste Rang, den es unter uns gab und daher wurde es oft als Bestrafung für uns vorgesehen. Zu meinem Leidwesen stand mir genau das bevor, sollte ich noch eine Verwarnung bekommen.

Sauer ging ich zu meiner Hütte zurück und warf dort die Akte auf den Tisch. Ich verstand einfach nicht, warum sie sich so aufregten? Der Geure hatte einen Menschen angegriffen und ich hatte ihn dafür niedergestreckt. Es war nicht meine Schuld, dass die Flammen des verbrennenden Geure den Menschen so schwer verletzt hatten, dass dieser daran gestorben war. Gut, ich hätte den Geure von dem Verletzten wegzerren und dieser hätte dadurch vielleicht auch überleben können, aber dann hätte ich ein noch höheres Risiko eingehen müssen. Es erschien mir eben die schnellere Lösung zu sein, ihn einfach und schnell zu töten.

Frustriert schmiss ich einen der Stühle quer durchs Zimmer und sah zufrieden zu, wie er an der nächsten Wand zerbrach. Es half etwas kaputtzumachen, wenn ich sauer war, zumindest in den meisten Fällen.

Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es kurz vor Sonnenaufgang war und ich mich langsam zurückziehen sollte. Mein Schlafzimmer lag im hinteren Teil der Hütte und besaß keine Fenster, die einzige Lichtquelle waren die Lampen dort. Ein Klopfen an der Haustür hielt mich allerdings zurück. Wer das zu so später Stunde wohl war?

Neugierig ging ich zur Tür, öffnete sie und sah mich Juliette gegenüber. Sie war eine der wenigen Menschen, die der Orden duldete, da sie sich freiwillig anbot, Blutspender zu spielen. Ich wusste, dass sie ein Vampir werden wollte, doch dafür war sie geistig nicht klar genug, was ihr aber bis jetzt noch keiner mitgeteilt hatte, da man die Quelle noch nicht verlieren wollte.

Ja, es gab synthetisches Blut, doch die meiste Kraft bekamen wir eben doch noch aus dem Blut der Menschen. Daher gab es bestimmte Verträge für diejenigen, die sich freiwillig anboten. Von diesen Menschen gab es mehr als genug, sodass diese Quelle nicht so schnell versiegen würde. Die Anführer duldeten es, unter der Voraussetzung, dass die Verträge eingehalten wurden und kein Mensch zu Schaden kam.

»Guten Abend, Vincent. Ich wollte fragen, ob du gerne etwas Gesellschaft hättest?«

Kurz dachte ich darüber nach, kontrollierte mit den Augen ihren Hals und die Arme. Man durfte nicht zu oft von einem Menschen trinken, Vertragsbedingung, damit der Körper sich erholen konnte.

»Wann war dein letztes Mal?«, wollte ich wissen.

»Letzte Woche, mir geht es gut. Darf ich reinkommen?«

Eine Woche? Sehr ungewöhnlich für sie. Sonst stand sie spätestens nach drei Tagen bei einem von uns, wieder auf der Matte.

Ich kniff die Augen zusammen. »Wie lange ist es wirklich her?«

Sie druckste etwas rum. »Vier Tage, mir geht es aber wirklich gut.«

Eine vertretbare Zeit, drei Tage war die Mindestanzahl. »Wie lange läuft dein Vertrag noch?«, wollte ich als Nächstes wissen. Sie zog einen Zettel aus ihrer Tasche und reichte ihn mir. Ich überflog ihn kurz und gab ihn wieder zurück. »Na schön, komm rein.« Ich hatte Hunger und war noch nicht zur Blutbank gekommen, daher war mein Kühlschrank leer.

Lächelnd trat Juliette ein und legte ihr kurzes Jäckchen ab. »Wo möchtest du mich haben?«, wollte sie wissen.

»Schlafzimmer«, gab ich ihr die knappe Anweisung. Es war schon eine Weile her, dass ich eine Frau hatte. Warum also nicht Vergnügen mit meinem Abendessen vereinbaren.

Lächelnd ging sie voraus und ich folgte ihr. Dabei spürte ich, wie meine Fangzähne noch länger wurden. Im Schlafzimmer angekommen, schloss ich die Tür, machte mir dabei aber nicht die Mühe, dass Licht anzumachen. Ich hörte, wie das Herz von Juliette schneller schlug, sie hatte Angst. Verständlich, wenn man bedachte, dass sie in einem Raum stand, der keinerlei Lichtquelle bot und ein Raubtier darauf aus war, sie zu beißen.

»Wäre es möglich, ein kleines Licht anzumachen?«, flüsterte sie in die Dunkelheit hinein.

»Warum?«

»Ich würde dich gerne sehen«, erwiderte sie.

Ich wusste, dass es nur die halbe Wahrheit war, ihr Herz verriet es mir. Da ich nicht wollte, dass ihr Blut voller Adrenalin war, schaltete ich eine kleine Lampe ein. Ein zu angereichertes Blut hätte denselben Effekt wie Energy Drinks und Kaffee bei Menschen. Es würde mich den ganzen Tag wachhalten.

»Besser?«, wollte ich wissen, obwohl es mich im Grunde nicht interessierte.

»Ja, danke.«

Nickend deutete ich zum Bett. »Zieh dich aus und knie dich aufs Bett«, wies ich sie an. Da sie nicht besonders viel anhatte, dauerte es auch nicht lange, bis sie meiner Aufforderung nachkam. Ich selbst entledigte mich ebenfalls meiner Sachen und stieg hinter ihr aufs Bett, griff um sie herum und zog ihren Körper an meine Brust. Sie war wärmer als ich, was ich sehr genoss. Mit meiner anderen Hand prüfte ich kurz, ob sie bereit war, was ich mir eigentlich hätte sparen können. Nicht einmal seitdem ich sie kannte, hatte ich groß etwas tun müssen, um es mir zu erleichtern.

Also brachte ich mich in Position und drang von hinten in sie ein. Ihr kurzer Aufschrei war Musik in meinen Ohren. Ich mochte Frauen, die etwas lauter wurden beim Sex, solange es ehrlich blieb. Mit schnellen und tiefen Stößen trieb ich mich immer wieder in sie, hielt ihren Oberkörper dabei eng an meinen. Während ich sie Stoß um Stoß nahm, fixierte ich ihren Hals, trieb mich dabei selbst der Lust immer weiter entgegen, denn ein Biss bedeutete nicht nur Nahrung, es konnte auch die höchste Erfüllung bereiten.

Je länger ich mein Spiel trieb, umso mehr Spannung baute sich auf, bis ich es selbst nicht mehr aushielt. Ich strich ihr Haar zur Seite und beugte mich nach unten. Mit einem schnellen Biss trieb ich meine Zähne in die zarte Haut und stöhnte genüsslich, als die ersten Tropfen meine Zunge benetzten. Je mehr Blut kam, desto schneller bewegte ich meine Hüfte, rammte mich geradezu in den Körper vor mir. Ich bekam einfach nicht genug, wollte die Lust bis auf den höchsten Punkt treiben. Da schrie Juliette auf einmal los und ich spürte, wie sich ihre Muskeln um mich herum zusammenzogen.

Verdammt!

Ich nahm noch ein paar Züge ihres Blutes, leckte anschließend über die zwei Wunden, um sie zu verschließen, und ließ ihren Oberkörper nach vorne fallen, packte ihre Hüften und sah zu, dass ich kam. Es war nicht das, was ich gesucht hatte. Ich war weit davon entfernt, den absoluten Höhepunkt zu erleben, was mich nur noch mehr frustrierte, doch musste ich mich mit dem zufriedengeben, was ich gerade bekommen hatte.

Nach ein paar Stößen ließ ich los und kam.

Entgegen der allgemeinen Meinung der Menschen, waren wir Vampire durchaus in der Lage zu ejakulieren. Kinder konnten wir ebenfalls bekommen, doch dafür war etwas mehr als nur Sex nötig. Wenn ein Paar sich dazu entschloss, tauchten sie meist in den Untergrund ab. Unsere Kinder waren so selten, dass viele Angst hatten und sie verborgen hielten, bis sie alt genug waren, als verwandelter Vampir durchzugehen.

Wie es möglich war, Kinder zu zeugen? Unsere Herzen schlugen noch, nur eben anders als das der Menschen. Auch konnten wir es anhalten, wenn wir das wollten, wobei das meist nur die Älteren vermochten. Die Jungen verloren ihre Kraft und Kontrolle über den Körper, wenn sie es versuchten.

Als auch meine letzten Zuckungen vorbei waren, löste ich mich von Juliette und stand auf. »Du kannst dich im Bad frisch machen. Danach geh«, wies ich sie an. Schweigend stand sie auf und ging auf wackligen Beinen zu der Tür, die in mein Bad führte.

»Kann ich dich etwas fragen?«, wollte sie noch wissen.

»Was denn?« Ich war genervt, da ich noch immer ziemlich unbefriedigt war.

»Warum sind deine Augen anders als die der anderen?«

Ich drehte mich zu ihr und zog spöttisch einen Mundwinkel nach oben. »Weil ich älter bin.«

»Bedeutet das, je älter ihr werdet, desto heller werden eure Augen?«

»Richtig. Die Jungen unter uns, haben rote Augen, die Älteren, eisblaue. Geh dich jetzt fertig machen, ich will schlafen.« Ohne ein weiteres Wort verschwand sie und ich zündete mir eine Zigarette an und setzte mich in meinen Sessel. Was ich ihr nicht gesagt hatte, war, dass die Uralten unter uns, fast weiße Augen hatten, aber das brauchte sie nicht zu wissen.

Rauchen war im Grunde sinnlos für uns Vampire, aber ich mochte den Geschmack und es half mir irgendwie beim Nachdenken.

Fünf Minuten später kam sie heraus, zog sich an und sah mich erst danach wieder an.

»Es war schön, dich wieder zu sehen. Kann ich dich bald wieder besuchen?«

Ich stieß den Rauch aus und betrachtete sie mir noch einmal genauer. »Mal sehen, ich melde mich bei dir.« Was ich nicht tun würde, dafür hatte mir die Nummer eben nicht gut genug gefallen. Sie langweilte mich bereits nach so kurzer Zeit schon.

»Bis bald«, verabschiedete sie sich und verschwand.

Als sie die Tür öffnete, fiel bereits Tageslicht ins Zimmer, doch ich zuckte nicht, denn es war weit genug von mir entfernt. Als die Tür geschlossen war, lauschte ich auf die Haustür und entspannte mich erst, als auch diese ins Schloss fiel. An einem Bedienfeld in der Wand verriegelte ich diese und ließ auch die Jalousien herunter, machte quasi mein Haus dicht. Nun konnte ich mich auch dort frei bewegen, wenn ich das wollte. Müde stand ich auf, drückte meine Zigarette aus und ging ins Bad.

Ich duschte und zog mir anschließend eine Trainingshose über. Die Nacht war lang und ich sehnte mich nach etwas Stille. Nur zu dieser Tageszeit ließ man mich lange genug in Ruhe, damit ich abschalten konnte.

Noch ein langer Weg

 

 

Ich brauchte bis zum Nachmittag, um meinen Zielpunkt zu erreichen. Immer wieder hatte ich nachgesehen, ob nicht doch noch eine Spur zu erkennen war, doch der Boden gab nichts mehr her. Daher war ich umgeschwenkt und versuchte, durch abgebrochene Äste oder etwas anderes zu achten, dass nicht ins Bild der Natur passte.

Nun erreichte ich eine Lichtung und blieb verwundert stehen. Ein Transporter stand dort, was mir allerdings komisch vorkam, war, dass sämtliche Türen geschlossen und die Fenster zugeklebt waren. Ganz klar wurde er hier abgestellt, nur aus welchem Zweck?

Vorsichtig schlich ich näher, da wackelte auf einmal der Wagen und ein Fauchen war zu hören. Ich erkannte es, im Inneren befand sich ein Geure. Ich wollte schon verschwinden, als ich am vorderen Teil des Wagens vorbeikam und durch ein Stück gelöster Folie einen Rucksack entdeckte. Ich trat noch näher an die Tür, hob die Nase und versuchte zu erkennen, ob sich etwas Interessantes im Inneren verbarg.

Neben den fauligen Geruch des Geure konnte ich eine winzige Spur von frischem Blut aufnehmen. Verdammt, da drin befand sich etwas zu essen. Nur konnte ich nicht sicher sein, wie weit der Geure frei war und ob er nicht versuchen würde, die Wagenwand in seiner Gier zu durchschlagen. Vielleicht, wenn ich …? Sollte ich es wagen?

Kurzerhand entschloss ich mich, dass ich keine große Wahl hatte, wenn ich bei Kräften bleiben wollte. Zur Sicherheit überprüfte ich, ob die Türen wirklich verschlossen waren. Aber natürlich waren sie es. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn ich es einfach bekommen hätte.

Ich kletterte auf den Wagen und zog eine Holzlatte aus meinem Beutel. Sie war lang genug, dass ich den Griff der hinteren Wagentür erreichen konnte. Mir schlug das Herz bis zum Hals, noch dazu, weil ich genau wusste, was sich in diesem Moment unter mir befand. Nur eine falsche Bewegung und ich würde fallen und genau in die Angriffslinie des Ungeheuers stürzen.

Nach ein paar Atemzügen beugte ich mich vor und hakte die Latte in den Griff ein. Ich hatte Angst, doch wenn ich etwas zu Essen wollte, musste ich das durchziehen. Noch einmal überprüfte ich den Stand der Sonne, sie war tief genug, sodass sie genau ins Wageninnere scheinen würde und so den Geure verbrennen konnte.

Mit einem klickenden Geräusch öffnete sich die eine Tür und fast sofort stürmte der Geure ins Freie. Zu spät schien er zu bemerken, dass die Sonne noch am Himmel stand, und schrie augenblicklich los.

Mein Problem allerdings war, dass er nicht sofort zu Asche zerfiel. Böser Fehler, den ich da gemacht hatte. Er brannte zwar, doch bewegte er sich noch ziemlich schnell und seine Instinkte sagten ihm jetzt ganz klar, dass er fressen musste, um zu überleben. Nun, die einzige Futterquelle weit und breit war ich, und genau mich nahm er jetzt ins Visier.

Sofort sprang ich auf die Füße und zog eine andere Latte aus meinem Beutel, sie war zwar kürzer, aber vielleicht würde ich ihn lange genug auf Abstand halten können, bis er verbrannt war.

Fauchend und knurrend kam er den Wagen nach oben geklettert und genau auf mich zu. Er bewegte sich auf allen Vieren, wie ein Tier und geiferte vor sich hin. Mir wurde schlecht bei dem Anblick. Die Geure waren eine Mischung aus Vampir und Leiche, also mega eklig. Und je länger die Viecher lebten, umso hässlicher wurden sie.

Als er nah genug war, holte ich aus und war überrascht, als der Geure vom Wagen fiel. Verwundert betrachtete ich erst den am Boden liegenden und dann mein Brett. Leider blieb er nicht liegen, sondern rappelte sich wieder hoch. Dieses Mal sprang er auf den Wagen und fauchte mich an, dabei bildeten sich Sabberfäden, die von den Flammen sofort verbrannt wurden.

»Verdammt noch mal, wie lange brauchst du denn, bis du durch bist?«, rief ich ihm entgegen. Ich bekam keine Antwort, hatte ich auch nicht erwartet, stattdessen machte er einen Satz nach vorne und ich konnte nur im letzten Moment ausweichen.

---ENDE DER LESEPROBE---