Eingeschneit im hohen Norden - Jona Dreyer - E-Book

Eingeschneit im hohen Norden E-Book

Jona Dreyer

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wenn die Nächte länger werden, liegt ein besonderer Zauber in der Luft. In einer gemütlichen Wohnung in Schweden, in der wilden Landschaft Lapplands, in einem eingeschneiten Flughafen an der Ostküste und zwischen den rauen Fjorden Norwegens, finden sich einsame Männerherzen, um dem Fest der Liebe seine wahre Bedeutung zurückzugeben. Hinter dem 3. Türchen Gerade will Magnus Feierabend machen, als er feststellen muss, dass die Tür des Hauses, in dem er sein Büro hat, abgeschlossen ist – und ausgerechnet heute hat er seinen eigenen Schlüssel vergessen! Zu allem Überfluss ist auch noch Heiligabend und niemand, der ihm öffnen könnte, ist zu erreichen. Unerwartet eilt jedoch der etwas verschrobene Hausbewohner Erik zur Hilfe, der seltsamerweise ebenfalls keinen Schlüssel besitzt, aber Magnus in seine Wohnung einlädt. Haben sie am Ende etwa mehr Gemeinsamkeiten, als Magnus für möglich gehalten hätte? Rentierzauber Der junge, samische Rentierhirte Irján sehnt sich nach einem Seelengefährten. Am Tag der Wintersonnenwende bricht plötzlich sein liebstes Rentier aus der Herde aus und verschwindet. Als es am Abend wieder auftaucht, folgt Irján unter dem Schimmer der Polarlichter seiner Spur, die ihn zu einem Zelt führt, in dem ein schöner, geheimnisvoller Mann auf ihn wartet … Fröhliche Geweihnachten Mit einem formschönen Plastikgeweih auf dem Kopf begibt sich Lee an Heiligabend zum Flughafen, um seinen Ehemann abzuholen. Dumm nur, dass die beiden sich vor dessen Abreise heftig gestritten und seit fünf Tagen nicht mehr miteinander kommuniziert haben. Als Richard dann auch nicht wie erhofft aus dem Flieger steigt, sieht es so aus, als müsste Lee dieses Weihnachten allein verbringen. Oder findet sich doch noch Gesellschaft? (Achtung: Diese Geschichte ist vormals in der seit 2019 nicht mehr erhältlichen Anthologie »Schneestürmchen & Glühweinwürmchen« erschienen!) Stürmische Fjorde Gerade als Sverre zu seinem traditionellen Weihnachtsangeln in den Fjord hinausfahren will, bittet ihn ein ziemlich verloren wirkender Tourist um Hilfe. Widerwillig nimmt Sverre ihn mit auf sein Fischerboot, um ihn ein paar Ortschaften weiter am Hafen abzusetzen, doch das Wetter macht ihnen einen Strich durch die Rechnung und Sverre bleibt nichts anderes übrig, als umzukehren und den fremden Kerl mit zu sich nach Hause zu nehmen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Eingeschneit im hohen Norden

Gay Romance

© Urheberrecht 2021 Jona Dreyer

 

Impressum:

Tschök & Tschök GbR

Alexander-Lincke-Straße 2c

08412 Werdau

 

Text: Jona Dreyer

Coverdesign: Jona Dreyer

Coverbild: depositphotos.com

Lektorat/Korrektorat:   Kelly Krause

 

Kurzbeschreibung:

Wenn die Nächte länger werden, liegt ein besonderer Zauber in der Luft.

In einer gemütlichen Wohnung in Schweden, in der wilden Landschaft Lapplands, in einem eingeschneiten Flughafen an der Ostküste und zwischen den rauen Fjorden Norwegens, finden sich einsame Männerherzen, um dem Fest der Liebe seine wahre Bedeutung zurückzugeben.

»Eingeschneit im hohen Norden« ist eine Sammlung von vier winterlich-romantischen Kurzgeschichten.

Hinter dem 3. Türchen:Gerade will Magnus Feierabend machen, als er feststellen muss, dass die Tür des Hauses, in dem er sein Büro hat, abgeschlossen ist – und ausgerechnet heute hat er seinen eigenen Schlüssel vergessen! Zu allem Überfluss ist auch noch Heiligabend und niemand, der ihm öffnen könnte, ist zu erreichen. Unerwartet eilt jedoch der etwas verschrobene Hausbewohner Erik zur Hilfe, der seltsamerweise ebenfalls keinen Schlüssel besitzt, aber Magnus in seine Wohnung einlädt. Haben sie am Ende etwa mehr Gemeinsamkeiten, als Magnus für möglich gehalten hätte?

Rentierzauber:Der junge, samische Rentierhirte Irján sehnt sich nach einem Seelengefährten. Am Tag der Wintersonnenwende bricht plötzlich sein liebstes Rentier aus der Herde aus und verschwindet. Als es am Abend wieder auftaucht, folgt Irján unter dem Schimmer der Polarlichter seiner Spur, die ihn zu einem Zelt führt, in dem ein schöner, geheimnisvoller Mann auf ihn wartet …

Fröhliche Geweihnachten:Mit einem formschönen Plastikgeweih auf dem Kopf begibt sich Lee an Heiligabend zum Flughafen, um seinen Ehemann abzuholen. Dumm nur, dass die beiden sich vor dessen Abreise heftig gestritten und seit fünf Tagen nicht mehr miteinander kommuniziert haben. Als Richard dann auch nicht wie erhofft aus dem Flieger steigt, sieht es so aus, als müsste Lee dieses Weihnachten allein verbringen. Oder findet sich doch noch Gesellschaft?

Stürmische Fjorde:Gerade als Sverre zu seinem traditionellen Weihnachtsangeln in den Fjord hinausfahren will, bittet ihn ein ziemlich verloren wirkender Tourist um Hilfe. Widerwillig nimmt Sverre ihn mit auf sein Fischerboot, um ihn ein paar Ortschaften weiter am Hafen abzusetzen, doch das Wetter macht ihnen einen Strich durch die Rechnung und Sverre bleibt nichts anderes übrig, als umzukehren und den fremden Kerl mit zu sich nach Hause zu nehmen ...

Über die Autorin

»Fantasie ist wie ein Buffet. Man muss sich nicht entscheiden – man kann von allem nehmen, was einem schmeckt.«

Getreu diesem Motto ist Jona Dreyer in vielen Bereichen von Drama über Fantasy bis Humor zu Hause. Alle ihre Geschichten haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hauptfiguren sind schwul, bi, pan oder trans. Das macht sie zu einer der vielseitigsten Autorinnen des queeren Genres.

Vorwort

Vielleicht ist das hier das spontanste Buch, das ich je geschrieben habe. Eigentlich hatte ich für Weihnachten etwas anderes geplant, aber mit dem Projekt war ich nicht zufrieden und außerdem hat es mich gedanklich mal wieder ganz arg in den hohen Norden gezogen.

Gesagt, getan!

In dieser kleinen, feinen Anthologie habe ich euch vier romantische Weihnachts-Wintergeschichten geschrieben, ohne schlimmes Drama, einfach fürs Herz, zum Seufzen, Einkuscheln und Verlieben. Denn schließlich ist Weihnachten ja das Fest der Liebe! Wer mich an dieser Stelle korrigieren und auf den religiösen Ursprung um entweder Jesu Geburt oder die heidnische Wintersonnenwende aufmerksam machen will: Ich weiß das alles, sehe Weihnachten aber gern etwas universaler als ein Fest der Stille, Liebe und Gemeinsamkeit.

Eine der Geschichten, »Fröhliche Geweihnachten« ist schon einmal in der Anthologie »Schneestürmchen & Glühweinwürmchen« erschienen, die seit knapp 3 Jahren nicht mehr erhältlich ist. Nur, damit es nicht heißt, ich hätte nichts verraten!

 

Und nun wünsche ich euch viel Freude bei der Lektüre.

Hinter dem dritten Türchen

Müde fasste sich Magnus an die Schläfen. Es war zwar erst 16 Uhr am Nachmittag, aber es war längst dunkel und die Arbeit war nicht wirklich spannend genug, um ihn wachzuhalten. Zeit also, sie beiseitezulegen und sich auf den Nachhauseweg zu machen. Die meisten Menschen hatten sich heute ohnehin freigenommen, denn es war Heiligabend. Aber Magnus hatte diesen einen Auftrag unbedingt noch abarbeiten wollen, ehe er sich zu Hause bei einem Glas Wein zurücklehnte ... und mehr oder weniger wartete, dass die Feiertage vorübergingen und er wieder in seinen Alltag zurückkehren konnte.

Das Einzige, worauf er sich in den nächsten Tagen wirklich freute, war der Schlaf. Er war ausgelaugt und übermüdet, weil er in den letzten Wochen viele Überstunden gemacht hatte, und es würde ihm guttun, einmal ohne Wecker aufzuwachen und so lange im Bett zu liegen, wie er wollte.

Sorgfältig räumte er seinen Schreibtisch auf und schaltete das Licht aus, ehe er sein Büro im Erdgeschoss eines Wohnhauses verließ. Er leitete einen Zweimann-Betrieb und beriet Kunden, meist kleine Unternehmen, zum Thema Werbung und Markenbildung. Seine Angestellte hatte sich heute freigenommen, weil sie eine Familie mit Kindern hatte und es viel vorzubereiten hab. Magnus selbst wohnte nicht hier in der Stadt, sondern etwa eine halbe Fahrstunde weiter auf dem Land, was ihm zumindest ein bisschen half, Arbeit und die wenige Freizeit voneinander zu trennen.

Er warf noch einen Blick zum Fenster hinaus, ehe er die Bürotür schloss und den Schlüsselbund in die Hosentasche steckte. Es schneite. Schon Ende Oktober war der erste Schnee gefallen und mit kurzen Unterbrechungen hielt er sich hartnäckig. Schnee war etwas Schönes, nur wenn man mit dem Auto zur Arbeit und wieder nach Hause fahren musste, konnte er ziemlich lästig werden. Magnus seufzte. Es nützte ja nichts. Er musste seinen Wagen freischaufeln und sich auf den Weg machen. Hoffentlich waren die Straßen gut geräumt. Leise ein Weihnachtslied pfeifend, begab er sich zur Haupttür des Hauses. Eigentlich mochte er Weihnachten nicht, aber die Aussicht auf das leckere Menü, das er sich gekauft hatte und nur noch aufwärmen musste, stimmte ihn versöhnlich.

Noch immer pfeifend, drückte er die Klinke herunter. Die Tür öffnete sich nicht. Verwundert versuchte er es noch einmal, aber sie blieb verschlossen.

»Verdammt«, murmelte er und kramte nach seinem Schlüsselbund. Offenbar hatte einer der Hausbewohner in Feierabendstimmung schon abgeschlossen. Normalerweise wurde das erst am Abend gemacht. Endlich bekam er den Schlüsselbund zu fassen, zog ihn aus seiner Hosentasche – und stutzte. Wo war der Haustürschlüssel? Der Büroschlüssel war da, mit dem hatte er ja gerade seine Räumlichkeiten abgeschlossen, aber der andere?

Siedend heiß fiel es ihm ein: Eva, seine Angestellte hatte den Schlüssel. Sie hatte sich ihn gestern geborgt, weil sie ihren eigenen vergessen hatte und eine Stunde länger im Büro geblieben war als er, um noch in Ruhe und ungesehen die letzten Geschenke für ihre Kinder einzupacken. Den Schlüssel hatte sie danach in den Briefkasten des Büros werfen wollen. Aber heute Morgen war Magnus problemlos ins Büro gelangt, weil der Vater der Familie aus dem zweiten Stock gerade vor ihm die Tür geöffnet hatte. Darüber hatte der den Briefkasten vergessen. Bis gerade eben. Und die Briefkästen waren draußen vor der Tür. Wie dumm!

Es half nichts. Er musste einen der drei Hausbewohner bei ihren Heiligabendvorbereitungen stören und ihn oder sie bitten, ihn hinauszulassen. Magnus ging die Treppe zum ersten Geschoss hinauf und war schon drauf und dran, an der nächstbesten Tür zu klingeln, als er innehielt. E. Lundqvist stand auf dem Klingelschild. Das war der einzige der Bewohner, den er nicht kannte, den er all die Jahre nie zu Gesicht bekommen hatte. Die anderen Leute traf er immer mal wieder im Treppenhaus oder bei den Briefkästen. Einmal hatte er sogar nachgefragt, ob dieser Lundqvist überhaupt noch im Haus wohnte und man hatte ihm zur Auskunft gegeben, dass Herr Lundqvist sehr wohl noch hier lebte, nur ein wenig scheu und eigenartig sei.

Deshalb entschied sich Magnus, nicht bei Herrn Lundqvist zu klingeln, sondern bei seiner Nachbarin Karin Fredriksson. Die kannte er ganz gut, sie war eine freundliche, ältere Dame. Und offenbar nicht zu Hause, denn sie öffnete nicht die Tür. Seufzend drehte sich Magnus um und stieg die Treppe hinauf ins zweite Stockwerk, wo Familie Öberg wohnte. Aber auch hier öffnete niemand. Was war nur los? Waren heute alle zu ihren Verwandten gefahren, anstatt sie zu sich einzuladen?

Ihm blieb keine andere Wahl, als doch wieder eine Treppe hinunterzugehen und bei Herrn Lundqvist zu klingeln. Immerhin konnte er so seine Neugier befriedigen, wer sich wohl hinter dieser Wohnungstür verbarg. Aber auch hier: Niemand öffnete. Da sich Magnus sicher war, aus dem Inneren der Wohnung Weihnachtsmusik zu vernehmen, klingelte er noch einmal. Aber dieser Lundqvist schien nicht das geringste Interesse zu haben, nachzusehen, wer da etwas von ihm wollte.

»Verflucht!«, rief Magnus und ging wieder zur Tür hinunter, versuchte noch einmal, sie zu öffnen, obwohl er wusste, dass es sinnlos war. »Ich will doch nicht Weihnachten im Büro schlafen!«

Stöhnend fasste er sich an die Stirn. Wenn er Pech hatte, waren die Leute über die gesamten Weihnachtsfeiertage fort und erst in drei Tagen öffnete wieder jemand die Tür. Er hatte gar nicht genug Essen und Trinken, um so lange im Büro auszuharren. Wenn dieser verdammte Lundqvist ihn nur nicht ignorieren würde!

»Hast du gerade bei mir geklingelt?«

Erschrocken fuhr Magnus herum. Ein dünner Mann Ende zwanzig mit zerzaustem, dunkelblondem Haar und einem dicken, grauweißen Strickpulli stand am Treppenabsatz. Er wirkte, als sei er gerade erst aufgewacht. Das musste Lundqvist sein. Erleichtert atmete Magnus auf.

»Ja, entschuldige die Störung. Ich bin Magnus Bergström vom Büro hier unten. Ich habe meinen Haustürschlüssel vergessen und komme nun nicht raus. Könntest du mir freundlicherweise aufschließen?

»Ich würde ja«, gab der junge Mann zur Antwort, »aber ich hab auch keinen Schlüssel.«

»Wie – du hast keinen?«, erwiderte Magnus verwirrt. »Du wohnst hier, du musst doch einen Schlüssel haben?«

»Theoretisch schon, aber ich hab ihn vor einer Ewigkeit verloren.«

»Und wie kommst du dann rein und raus?«

»Gar nicht.« Lundqvist zuckte mit den Schultern. Wollte der Kerl ihn auf den Arm nehmen? Er erschien Magnus ziemlich seltsam. Wahrscheinlich war es besser, dieses Gespräch nicht fortzuführen, denn Magnus wurde unwohl.

»Nun ja ... danke trotzdem. Ich werde dann jetzt wohl oder übel meine Angestellte anrufen und sie bei ihren Heiligabendvorbereitungen stören müssen, damit sie mich rauslässt. Im Haus ist außer dir leider niemand da.«

Wenn Magnus geglaubt hatte, dass Lundqvist auf diesen Wink mit dem Zaunpfahl erklärte, dass er nur einen dummen Scherz gemacht und selbstverständlich einen Schlüssel hatte, dann hatte er sich getäuscht.

»Tut mir leid«, sagte der Mann nur und wandte sich ab. Aber er schien oben zu warten, denn Magnus hörte keine Tür und spürte noch immer seine Gegenwart.

Vielleicht war der Kerl nicht ganz richtig im Kopf. Umso schneller musste er hier weg. Er zückte sein Handy und wählte Evas Nummer. Es war ihm wirklich unangenehm, sie zu stören, aber ihm fiel keine andere Option mehr ein. Sonst hatte niemand die Möglichkeit, ihn aus dem Haus zu lassen. Aber Eva ging nicht ans Telefon. Es war wie verhext! Nervös schickte er ihr eine Nachricht:

Bitte ruf mich schnellstmöglich zurück. Habe vergessen, den Schlüssel aus dem Briefkasten zu holen und bin nun im Haus eingesperrt. Niemand ist da. Brauche deine Hilfe!

Er erschrak beinahe zu Tode, als er sich umdrehte und Lundqvist wieder am Treppenabsatz stand. »Geht die Angestellte nicht ran?«, fragte der.

»Nein«, gab Magnus resigniert zurück. »Und hier ist wirklich keiner außer dir zu Hause, oder?«

»Nein«, bestätigte Lundqvist. »Karin ist schon gestern zu ihrem Sohn gefahren und die Öbergs sind heute Nachmittag fort. Wahrscheinlich haben sie zugeschlossen.«

»Und dass du keinen Schlüssel hast, ist wirklich kein Scherz?«

Stumm schüttelte Lundqvist den Kopf.

»Aber was machst du dann, wenn du mal einkaufen musst?«

»Ich lasse mir alles liefern.«

»Und wenn du zum Arzt musst?«

Abermals schüttelte Lundqvist den Kopf. »War ich schon Jahre nicht. Und mittlerweile gibt es ja auch Apps, wo einen Ärzte aus der Ferne beraten und Rezepte ausstellen.«

Magnus schüttelte den Kopf. »Dieses Haus braucht dringend eine moderne Schließanlage. Hätten wir Gegensprechanlagen, könntest du einfach den Knopf drücken und die Tür für mich entriegeln. Aber so ...«

»Ja. Es nervt ganz schön, immer runter an die Tür zu müssen. Tagsüber geht sie ja von innen auf, wenn keiner sie abgeschlossen hat, aber wenn es so ist wie jetzt ...«

Unbehaglich kratzte sich Magnus im Nacken. Obwohl es im Treppenhaus relativ kühl war, begann er in seinem Wintermantel langsam zu schwitzen. »Warum leihst du dir nicht einfach einen Schlüssel von einem Nachbarn und lässt dir einen nachmachen?«, hakte er nach.

»Das geht nicht online.«

»Verstehe.« Eigentlich verstand er gar nichts. »Du verlässt also tatsächlich nie das Haus?«

»Nein.«

»Darf ich fragen, wieso?«

»Wenn ich dich auf einen Glögg einladen darf.«

Magnus zögerte. So ganz traute er dem Frieden nicht. War es wirklich eine gute Idee, zu diesem seltsamen Kerl in die Wohnung zu gehen? Sicher war es dort chaotisch, vielleicht sogar messiehaft mit herumliegenden Kartons und leeren Dosen. Aber irgendwie tat er ihm auch leid. Er wirkte so verloren, eingesperrt in diesem Haus, wenn auch scheinbar freiwillig. Und vielleicht war ein wenig Gesellschaft wirklich besser, als alleine im Büro zu hocken, bis Eva sich meldete.

»Na gut«, sagte er schließlich. »Danke für dein Angebot, ich nehme es gern an.«

Ein Lächeln erhellte Lundqvists seltsam trauriges Gesicht. »Ich bin übrigens Erik.«

»Hej Erik.« Magnus hielt ihm die Hand hin und nach einem kurzen Zögern ergriff Erik sie und drückte sie kurz.

Sie gingen hinauf, Erik öffnete die Tür zu seiner Wohnung und bat Magnus mit einer kleinen Geste, einzutreten. Der Flur wirkte wider erwarten sehr aufgeräumt und einladend. Magnus zog Schuhe, Jacke und Mütze aus und legte sie in der Garderobe ab. Erik bat ihn, ihm ins Wohnzimmer zu folgen.

Hier erwartete ihn die eigentliche Überraschung: Anstatt voller Müll und alter Kartons zu stehen, war es liebevoll weihnachtlich dekoriert. In jeder Ecke ließen sich kleine Details erblicken: geschnitzte Rentierfiguren, Stroh- und Papiersterne, Kränze, Kerzen und Laternen – und auf der Fensterbank ein Leuchter mit einem aus Holz geschnitzten Lucia-Chor.

»Der ist ja schön«, bemerkte Magnus und zeigte darauf.

»Nicht wahr? Den hab ich mir voriges Jahr bestellt. Hast du vorletzte Woche den richtigen Lucia-Chor gesehen, der hier vorbeigekommen ist? Ich habe ihn vom Fenster aus beobachtet. Die Lucia war diesmal die Enkelin von Karin.«

»Leider nicht. Ich habe sie kommen hören, aber ich war gerade so in mein Projekt vertieft, dass ich keine Zeit hatte, rauszugehen und zu schauen. Ich ...« Magnus kam ins Stocken.

»Schade«, sagte Erik, »der Umzug war wirklich besonders schön dieses Jahr. Die Kostüme der Pfefferkuchenmännchen waren so süß! Und sie haben alle wirklich schön gesungen.«

Magnus lächelte. Als Kind war er selbst manchmal als Pepparkaksgubb bei einem Lucia-Umzug mitgelaufen. Das war lange her. Auf einmal fühlte er sich ziemlich selbstgerecht, Erik dafür zu verurteilen, dass er nie das Haus verließ. Er tingelte ja letztendlich auch nur zwischen Heim und Büro hin und her. Und dass er ihm gedanklich unterstellt hatte, ein Messie zu sein, setzte seinen Gewissensbissen noch die Krone auf. In Wahrheit war diese Wohnung so herrlich gemütlich, dass er fast schon verstehen konnte, dass Erik keinen Grund sah, sie zu verlassen.

»Nimm doch Platz«, bat Erik. »Ich mache uns einen Glögg.«

»Danke«, erwiderte Magnus und ließ sich auf dem hellen, mit vielen Fellen und Kissen verzierten Sofa nieder. Für einen Moment, während Erik in die Küche ging, schloss er die Augen.

Etwas von seinem Alltagsstress fiel von ihm ab. Ein geradezu ungewohntes Gefühl von Wärme und Geborgenheit umgab ihn. Eines, das er so nicht einmal zu Hause auf seiner eigenen Couch mit einem Glas Wein empfand. Woran mochte das liegen? An der schönen Dekoration, an der leisen Weihnachtsmusik im Hintergrund oder einfach an der Tatsache, dass ein wildfremder Mensch so gastfreundlich zu ihm war?

Er öffnete die Augen wieder und blickte zum Fenster hinaus. Das Schneetreiben draußen war dichter geworden. Wenn Eva noch herkommen und ihn aus dem Haus lassen wollte, würde sie jetzt kommen müssen oder sie lief Gefahr, mit dem Auto irgendwo stecken zu bleiben. Magnus holte erneut sein Handy hervor und öffnete den Messenger. Eva hatte die Nachricht noch nicht einmal gelesen. Nervös wählte er erneut ihre Nummer. Und wieder meldete sich nach ewigem Klingeln nur die Mailbox. Mit einem leisen Fluchen steckte er das Telefon wieder weg. Was sollte er tun? Erik würde ihn ja wohl kaum den ganzen Abend hier sitzen lassen. Vielleicht einen Schlüsseldienst anrufen? Die würden ihn am Heiligabend schön zur Kasse bitten ... Aber andererseits geschah es ihm recht, wenn Eva ihn ignorierte. Er hatte sie dieses Jahr aus Zeitmangel nicht einmal zum Julbord eingeladen, zum weihnachtlichen Buffet-Essen, mit dem ein guter Chef in der Adventszeit seine Angestellten beglückte.

»So.« Erik kehrte ins Wohnzimmer zurück und balancierte zwei Tassen mit dampfendem, herrlich würzig riechenden Glögg. »Hast du deine Angestellte erreichen können?«

»Leider nicht.« Magnus ließ die Schultern hängen.

»O je.« Erik stellte die Tassen auf dem Wohnzimmertisch ab und ließ sich neben ihm nieder. Er schien nachzudenken. Dann straffte er seine Haltung und atmete tief durch. »Wenn alle Stricke reißen, bleibst du eben bis morgen hier.«

»Aber ich bin doch ein Fremder«, gab Magnus verdutzt zu bedenken.

---ENDE DER LESEPROBE---