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Eine winterliche Romanze im verschneiten Lappland! Eher widerwillig tritt der erklärte Workaholic Roman einen Weihnachtsurlaub in Lappland an. Sein Vorgesetzter hat ihn dazu überredet, dessen guter Freund Leevi dort eine Schlittenhundefarm betreibt. Als er seinem Gastgeber das erste Mal gegenübersteht, beginnt für ihn eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn der freundliche und äußerst bemühte Naturbursche Leevi weckt Träume und Sehnsüchte in ihm, die sein ganzes bisheriges Leben in Frage stellen. Und dann passieren, sobald es dunkel wird, auch noch ziemlich eigenartige Dinge auf der Huskyfarm, hinter denen einer von Leevis Konkurrenten zu stecken scheint …
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Gay Romance
© Urheberrecht 2016 Jona Dreyer
Impressum:
Tschök & Tschök GbR
Alexander-Lincke-Straße 2c
08412 Werdau
Text: Jona Dreyer
Coverdesign: Jona Dreyer
Coverbild: Pixabay
Lektorat/Korrektorat: Johanna Temme & Doris Lösel
Kurzbeschreibung:
Eine winterliche Romanze im verschneiten Lappland!
Eher widerwillig tritt der erklärte Workaholic Roman einen Weihnachtsurlaub in Lappland an. Sein Vorgesetzter hat ihn dazu überredet, dessen guter Freund Leevi dort eine Schlittenhundefarm betreibt. Als er seinem Gastgeber das erste Mal gegenübersteht, beginnt für ihn eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn der freundliche und äußerst bemühte Naturbursche Leevi weckt Träume und Sehnsüchte in ihm, die sein ganzes bisheriges Leben in Frage stellen. Und dann passieren, sobald es dunkel wird, auch noch ziemlich eigenartige Dinge auf der Huskyfarm, hinter denen einer von Leevis Konkurrenten zu stecken scheint …
Über die Autorin
»Fantasie ist wie ein Buffet. Man muss sich nicht entscheiden – man kann von allem nehmen, was einem schmeckt.«
Getreu diesem Motto ist Jona Dreyer in vielen Bereichen von Drama über Fantasy bis Humor zu Hause. Alle ihre Geschichten haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hauptfiguren sind schwul, bi, pan oder trans. Das macht sie zu einer der vielseitigsten Autorinnen des queeren Genres.
»Willkommen an Bord von Finnair. Unsere Flugzeit von Berlin nach Helsinki wird etwa eine Stunde und fünfzig Minuten betragen.«
Müde ließ sich Roman in seinen Sitz zurücksinken und zog den Sicherheitsgurt noch etwas fester. Er saß in der letzten Reihe, was er auf einem Flug möglichst immer versuchte, denn der Weg zur Toilette war kürzer und man hatte meist keine ungebetenen Sitznachbarn, die einem auf die Pelle rücken konnten. Roman wollte vor allem eines: seine Ruhe. Die würde er dort oben, einen gefühlten Steinwurf von der Arktis entfernt, sicherlich auch bekommen, allerdings war er eher skeptisch, was das Ziel seiner Reise anging. Lappland. Wie zum Geier hatte er sich nur darauf einlassen können?
Ihm selbst war ja eher etwas in sonnigeren Gefilden vorgeschwebt. Karibik, Weihnachten unter Palmen, irgendetwas in der Art. Aber Michael, sein Vorgesetzter, hatte ihm, einem erklärten Workaholic, quasi Zwangsurlaub verordnet. Und ihm so lange eingeredet, dass er nach Lappland zur Schlittenhundefarm seines finnischen Freundes Leevi müsse, bis Roman notgedrungen eingewilligt hatte, um seine Ruhe zu haben.
Während das Flugzeug vom Boden abhob, fragte er sich, ob Michael ihn vielleicht einfach an den Nordpol abschieben wollte, weil er ihm mit seinem Perfektionismus so auf den Wecker fiel. Hundeschlitten. Er würde einen Teufel tun, sich in so ein Ding zu setzen. Er hoffte inständig, dass man ihn, wenn er sich schon dazu hatte breitschlagen lassen, diesen Urlaub anzutreten, wenigstens auch in Frieden ließ.
Er hatte sich ein Buch mit auf seinen Sitz genommen, aber anstatt zu lesen, sah er lieber aus dem Fenster. Der Himmel unter ihm war wolkenverhangen, er konnte nicht bis hinunter auf die Erde sehen. Das Lämpchen, das die Fluggäste dazu anhielt, ihren Gurt geschlossen zu halten, ging endlich aus. Roman schnallte sich ab und streckte sich verstohlen. Die Sitzreihen waren sehr eng, selbst für einen durchschnittlich großen Mann wie ihn, und seine Knie stießen beinahe an den Sitz seines Vordermannes.
»Darf ich Ihnen ein Getränk anbieten?«, schreckte die freundliche Stimme einer Stewardess ihn aus seinen Gedanken. »Kaffee, Tee, Blaubeersaft?«
»Blaubeersaft?«, fragte Roman verwirrt, was die Stewardess als Bestellung missinterpretierte und ihm einen Becher eingoss. Zähneknirschend nahm er ihn entgegen, darauf bedacht, nichts von der dunkelvioletten Flüssigkeit auf seinen hellen Pullover zu verschütten. »Dankeschön.« Ein wenig misstrauisch beäugte er den Inhalt des Bechers und nahm schließlich einen kleinen Schluck. Schmeckte gar nicht übel, angenehm herb-fruchtig mit einer leichten Süße. »Blaubeersaft ...«, murmelte er noch einmal vor sich hin, zuckte mit den Schultern und nahm noch ein paar Schlucke. Das hatte er in einem Flugzeug in der Tat noch nie angeboten bekommen, er kannte nur den allgegenwärtigen Tomatensaft, aus dem sich hier niemand etwas zu machen schien. Im Norden war wohl alles ein wenig anders.
Roman stellte seine Lehne so weit zurück, wie das in der letzten Reihe möglich war und schloss die Augen. Ließ sich die Sonne, der hier oben in kilometerweiter Höhe keine Wolken mehr im Weg waren, ins Gesicht scheinen, während er ein wenig döste und versuchte, alle Gedanken an die Arbeit auszusperren. Das war gar nicht so leicht. Da gab es Projekte, die im neuen Jahr zügig fertig werden mussten. Arbeit, die immer noch unbeendet auf seinem Schreibtisch lag. Neue Sachen, deren Planung bald in Angriff genommen werden sollte. Eigentlich konnte er sich zeitlich gesehen überhaupt keinen Urlaub leisten, nicht einmal über Weihnachten. Aber Michael war da anderer Meinung gewesen. Na, der musste dann ja auch nicht die doppelte Arbeit leisten, wenn er wieder da war …
Irgendwann nickte er ein und wurde erst wieder wach, als knirschend die Durchsage in den Lautsprechern erklang, dass sie sich nun im Landeanflug auf Helsinki befanden. Roman rieb sich müde die Augen, stellte seinen Sitz wieder in eine aufrechte Position und schloss den Gurt. Bald durchbrachen sie die Wolkendecke und der Blick auf die verschneite Hauptstadt Finnlands wurde freigegeben. Mein Gott, Schnee, dachte Roman und wünschte sich lieber an einen Sandstrand. Aber Schnee war besser als der ekelhafte Nieselregen bei 10°C, der in den letzten Tagen zu Hause gefallen war.
Bei der Landung fragte er sich für einen flüchtigen Moment, wie viele Unfälle wohl mit Flugzeugen und Eisglätte passierten, aber sie setzten sicher auf und rollten ohne Zwischenfälle von der Landebahn. Roman blickte auf die Uhr. Er hatte nur fünfzehn Minuten Zeit, um in das nächste Flugzeug umzusteigen, das ihn an sein endgültiges Ziel nach Rovaniemi im Norden des Landes bringen würde. Entsprechend beeilte er sich und hastete von einem Gate zum anderen, damit seine Koffer sich nicht etwa ohne ihn auf die Weiterreise machten.
Die Inlandsmaschine war deutlich kleiner als die, die ihn in die Hauptstadt gebracht hatte. Ihm wurde ein wenig mulmig, als er sie bestieg. Die vielen Asiaten, die im Flugzeug von Berlin nach Helsinki gesessen hatten, waren fort. Stattdessen umgaben ihn nun hauptsächlich Einheimische, aber er saß wieder allein in der letzten Reihe. Diesmal bestellte er ganz bewusst einen Blaubeersaft und achtete auch gar nicht mehr so sehr darauf, ihn nicht zu verschütten. Als ob es irgendein Rentier dort oben interessiert, ob ich Flecken auf dem Pulli habe, dachte er bei sich und blätterte mit wenig Aufmerksamkeit im Bordkatalog, bevor er diesen wieder weglegte. Er fragte sich, ob die Kleidung, die er eingepackt hatte, wohl warm genug war. Was er in diesen zehn Tagen im Schnee mit sich anfangen sollte. Und wie dieser Leevi wohl war. Er stellte sich einen weißblonden Mann um die fünfzig vor, mit wettergegerbtem Gesicht und rauem Händedruck. Er wusste nicht, ob dieser Mann Familie hatte und wie genau er lebte. Michael hatte einfach behauptet, es sei wie im Märchen und er solle sich überraschen lassen. Roman fragte sich, welches Märchen sein Vorgesetzter dabei wohl im Sinn gehabt hatte. Väterchen Frost? Wer wusste das schon. Am Ende war alles besser, als zu Hause am Familientisch zu sitzen und den anderen beim Streiten zuzuhören. Seine Schwester, die sich mit seinem Schwager ankeifte, seine Mutter, die sich fortwährend die Haare raufte und sein Bruder, der schon vor sechzehn Uhr betrunken war. Nein, das musste er sich nicht antun.
Beim Landeanflug auf Rovaniemi warf er einen weiteren Blick aus dem Fenster und stellte fest, dass hier noch sehr viel mehr Schnee lag als in Helsinki. »Scheiße, ich bin nach Sibirien geflogen«, murmelte er und schüttelte sachte den Kopf. Es ging ein ziemlicher Wind, der das Flugzeug erfasste und durchschüttelte, während sie landeten. Roman verspürte eine leise Übelkeit und hielt sich verstohlen an seiner Armlehne fest. Er konnte sich ein erleichtertes Aufatmen nicht verkneifen, als die Räder des Flugzeugs auf dem Boden aufsetzten und sie langsam von der Landebahn rollten. Es begann zu schneien und war bereits dunkel, als er aus der Maschine ausstieg. Kalter Wind wehte ihm um die Ohren und er kramte eilig seine Mütze aus der Tasche und setzte sie auf. Ihn fröstelte. Er sehnte sich einmal mehr nach der Karibik.
Als er endlich das Flughafengebäude betrat, fragte er sich, ob er je zuvor auf einem so kleinen Flughafen gewesen war. Alles war äußerst übersichtlich. Aber das hatte auch große Vorteile: Er musste kaum auf sein Gepäck warten. Es vergingen keine zwei Minuten, ehe die ersten Koffer auf dem Fließband landeten. Mit einem Seufzen zog er den seinen herunter und machte sich auf den Weg in den Empfangsbereich. Dieser Leevi wollte ihn abholen, so hatten sie es per Email vereinbart, und Roman hoffte, dass der Mann sich nicht verspäten würde. Der Rücken und die Knie schmerzten ihm von den unkomfortablen Flugzeugsitzen und er war müde. Er sehnte sich nur noch nach etwas zu essen, einer Dusche und einem gemütlichen Bett. Alle anderen Pläne würde er dann schmieden, wenn er einigermaßen erholt und ausgeschlafen war.
Suchend sah er sich um. Es war ziemlich blöd, dass er nicht wusste, wie Leevi aussah, aber dieser hatte versprochen, ein Schild mit Romans Namen hochzuhalten. Die anderen Menschen, die mit ihm im Flugzeug gesessen hatten, verließen eilig das Gebäude. Nur wenige wurden in der Wartehalle von anderen empfangen. Roman befürchtete schon, bald allein hier zu sein, als er schließlich doch noch das Schild mit seinem Namen entdeckte: Roman Brandstädter. Der Mann, der es in den kräftigen, langfingrigen Händen hielt, war allerdings weder blond, noch um die fünfzig. Sein Haar, ein wenig plattgedrückt von der Mütze, die er vermutlich noch bis vor wenigen Minuten getragen hatte, war hellbraun und er war höchstens fünfunddreißig. Er trug dicke, warme Winterkleidung, die dennoch nicht verbarg, wie schlank und hochgewachsen er war. Roman war überrascht.
»Roman?«, fragte der Mann, als er ihn bemerkte.
»Kyllä«, antwortete er, eines der wenigen finnischen Wörter, die er sich gemerkt hatte.
Der andere schenkte ihm ein freundliches Lächeln, bei dem er schöne, gerade Zähne offenbarte. »Puhutteko suomea?«, fragte er neugierig.
Peinlich berührt kratzte sich Roman am Kopf. »Tut mir leid, ich ...«
»Schon gut«, erwiderte sein Gegenüber grinsend.
»Aber Sie sprechen Deutsch?«, erkundigte sich Roman erstaunt.
»Nur ein bisschen«, erklärte der andere ein wenig holprig und mit einem starken Akzent. »Ich habe es in der Schule gelernt. Mein Name ist Leevi Koskinen.«
Es war also tatsächlich Leevi, Michaels finnischer Freund. Kein Neffe oder Sohn oder irgendjemand, den der Gastgeber in Vertretung geschickt hatte, um ihn abzuholen. »Sehr angenehm. Ich bin Roman.« Er streckte ihm die Hand hin und der andere ergriff sie. Wenigstens diese Sache war in Romans Vorstellung korrekt gewesen: Leevis Händedruck war rau.
»Dann fahren wir mal nach Hause, was?«, verkündete er. Diesmal auf Englisch, einer Sprache, in der sie beide wohl am besten miteinander kommunizieren konnten.
»Gern«, entgegnete Roman und war ein wenig irritiert, als Leevi ihm den Koffer und das Handgepäck abnahm und sie nach draußen trug, während er ein wenig nutzlos hinterherdackelte. Sie gingen zu einem robusten Geländewagen und Leevi verstaute das Gepäck im Kofferraum, während Roman auf der Beifahrerseite einstieg.
»Los geht’s«, verkündete sein Gastgeber mit einem strahlenden Lächeln, während er den Motor anließ. »Wir fahren ungefähr eine halbe Stunde.«
Roman verkniff sich die Frage, ob ihr Ziel noch weiter im Niemandsland lag, als die kleine Stadt Rovaniemi und schwieg, während er auf Leevis inzwischen wieder behandschuhte Finger am Lenkrad starrte. Er versuchte, sich daran zu erinnern, wie sie ohne die Handschuhe ausgesehen hatten und fragte sich im gleichen Moment, was das sollte. Welchen Grund gab es, einem wildfremden Mann auf die Hände zu glotzen?
»Weißt du schon, was du alles machen möchtest?«, wollte Leevi unvermittelt wissen. »Eine Tour mit dem Hundeschlitten? Eisangeln? Eine Schneewanderung? Polarlichter anschauen?«
»Polarlichter auf jeden Fall«, erklärte Roman, »alles andere überlege ich mir noch.« Eisangeln? Schneewanderung? Um Gottes willen, bloß nicht!, fügte er in Gedanken hinzu. Irgendwie würde er diesem Leevi vermitteln müssen, dass er kein Entertainment-Programm wollte, sondern nur seine Ruhe.
Sie fuhren durch einsame Straßen, auf denen ihnen, seit sie die Stadt verlassen hatten, kein einziges anderes Fahrzeug mehr begegnete. Dicke Schneeflocken reflektierten im Scheinwerferlicht und trotz, dass Leevi die Heizung im Auto aufgedreht hatte, zog Roman seinen Schal ein wenig höher ins Gesicht, weil ihm kalt war.
Endlich kam so etwas wie ein kleines Dorf in Sicht, nicht mehr als eine Ansiedlung ein paar weniger Häuser.
»Hattest du einen guten Flug?«, erkundigte sich Leevi unvermittelt und bog in eine kleine Seitenstraße ab, die wieder aus dem Dorf hinauszuführen schien.
»Ja«, gab Roman ein wenig gedankenverloren zurück, »nur die Landung in Rovaniemi war ein wenig holprig.«
»Ich bin froh, dass du gut angekommen bist. Ich hoffe, deine Unterkunft wird dir gefallen.«
Roman nickte und ein paar Gewissensbisse überkamen ihn, weil Leevi die ganze Zeit so freundlich war, während er selbst sich heimlich in die Karibik wünschte. Sein Gastgeber lenkte den Wagen auf ein weiträumiges Grundstück mit mehreren Gebäuden und einem sehr großen Hundezwinger mit Hundehütten und deren Bewohnern, die wie Wölfe heulten, sobald Leevi und Roman aus dem Auto stiegen.
»Sie begrüßen dich«, verkündete Leevi mit einem Augenzwinkern.
»Wie viele sind das?«, fragte Roman, der es ein wenig mit der Angst zu tun bekam. »Und können die über den Zaun springen?«
»Es sind zwölf.«
»Du hast zwölf Hunde?«
Leevi nickte. »Acht Rüden und vier Hündinnen. Und nein, sie können nicht über den Zaun springen. Du musst keine Angst haben. Sie sind gerade laut, aber sehr friedlich und sozial.«
Roman wurde beim Anblick der umherspringenden Huskys dennoch ein wenig eng in der Kehle, aber er sagte nichts mehr, sondern lief Leevi hinterher, der auf ein kleineres Gebäude zusteuerte, das ein wenig abseits vom Wohnhaus, dem Zwinger und der Scheune stand. Ein kleines, niedliches Holzhäuschen. Der Gastgeber schloss die Tür auf, schaltete das Licht an und bat Roman herein.
»Willkommen in deinem Domizil für die nächsten zehn Tage«, verkündete er. »Ich hoffe, es gefällt dir. Ich habe den Kamin heute Nachmittag schon angeheizt, damit du es schön warm hast.« Er griff prüfend an die Ziegel und sein zufriedenes Lächeln schien zu bedeuten, dass der Ofen noch warm war. »Ich führe dich mal herum, ja? Also das hier ist, wie du siehst, das Wohnzimmer. Und gleich hier hinten«, er machte ein paar Schritte nach vorn, »ist die offene Küche. Es gibt einen Kühlschrank und einen Gasherd. Ich habe einige Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Kartoffeln, Brot, Salz und so weiter schon für dich bereitgestellt. Kannst du einen Gasherd bedienen oder soll ich es dir zeigen?«
»Nein«, erklärte Roman ein wenig verunsichert. »Ich kann überhaupt nicht kochen. Mich würde vielmehr interessieren, wo ich hier ein Restaurant oder einen Imbiss finden kann.«
Leevi schien ein wenig aus dem Konzept gekommen und kratzte sich irritiert am Kopf. »Restaurants gibt es in Rovaniemi, aber hier nicht.«
»In Rovaniemi?«, fragte Roman entsetzt. »Soll das heißen, ich muss jeden Tag nach Rovaniemi fahren, um etwas zu essen?«
»Nein, ich – ich dachte, du … ich dachte, wir gehen einkaufen und dann ...« Hektische, rote Flecken erschienen auf Leevis Wangen. Die Situation schien ihm sehr unangenehm zu sein. Aber Roman fühlte sich nicht minder unbehaglich.
»Ich sagte ja schon, ich kann nicht kochen. Du hättest mir das vielleicht vorher sagen sollen, dass ich mich hier selbst versorgen muss.«
Leevi biss sich auf die Unterlippe und senkte seinen Blick. »Ja, das hätte ich wohl tun sollen. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass du das weißt. Es ist hier so üblich … wir sind hier nicht gerade dicht besiedelt, da gibt es nicht viele Restaurants. Verzeih mir. Wir werden eine Lösung finden, in Ordnung?«
Roman nickte, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, wie diese Lösung aussehen sollte. Leevi zeigte ihm noch das kleine, gemütlich aussehende Schlafzimmer und verabschiedete sich dann vorläufig.
»Ich lasse dich erst mal in Ruhe auspacken. Ich komme nachher noch einmal und schaue nach dem Rechten, ist das in Ordnung?«
»Ja, natürlich.«
Nachdem sein Gastgeber das Haus verlassen hatte, zog Roman seine Jacke aus und setzte sich seufzend auf die Couch. Das konnte ja etwas werden. Kein Restaurant, er konnte nicht kochen, wie man einen Kamin anheizte, wusste er auch nicht und die Toilette glich eher einem Plumpsklo. Manche mochten das urig-gemütlich finden, aber Roman bevorzugte eher Hotel-Standards. Was hatte Michael sich nur dabei gedacht, ihn hierher zu schicken? Er kannte ihn schließlich und musste doch wissen, dass so etwas wie hier ihm nicht zusagte. Er stöhnte auf und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. Sein Magen knurrte und er war müde. Träge stand er auf und schlurfte hinüber in die Küche. Zumindest ein Butterbrot konnte er sich schmieren. Das war schon mal besser als nichts.
»Voi paska! Nuija!«, fluchte Leevi vor sich hin, während er durch das immer dichter werdende Schneegestöber zu seinem Haus hinüberstapfte. Das war kein guter Einstand. Es war aber auch seine eigene Schuld! Wie konnte er nur ein so schlechter Gastgeber sein? Es war Abend, sein Gast hatte Hunger und er war einfach davon ausgegangen, dass dieser kochen konnte. So würde er gewiss keinen guten Eindruck auf Roman machen. Er musste das schnellstmöglich wieder ausbügeln.
Im Haus zog er hastig Stiefel und Jacke aus und warf sie achtlos in eine Ecke. Taneli, sein ältester Hund, der seinen Lebensabend bei ihm im Haus verbringen durfte, kam ihm entgegen getrottet. »Hei, alter Knabe«, begrüßte er den Vierbeiner. »Ich habe leider gar keine Zeit, um dich hinter den Ohren zu kraulen, denn ich muss ein Abendessen für meinen Gast richten, sonst reist er bestimmt gleich morgen wieder ab. Und das will ich nicht. Er ist nämlich sehr hübsch.« Er schenkte sich selbst ein gequältes Grinsen, machte sich an die Arbeit und heizte den Ofen vor. Für ein großes Menü blieb keine Zeit, aber er wollte, dass Roman für heute Abend zumindest satt und zufrieden war.
Roman. Leevi murmelte den Namen vor sich hin. Es war ein schöner Name. Aber sein Gast, der Bekannte seines deutschen Freundes Michael, von dem dieser ihm bei seinem letzten Besuch vorgeschwärmt hatte, schien sich hier nicht wohlzufühlen. Oder lag es vielleicht gar nicht an der Umgebung, sondern an ihm? Hatte Michael Roman kein Foto von ihm gezeigt, oder wurde er dem Foto nicht gerecht? Er sollte aufhören, sich so viele Hoffnungen zu machen. Es wäre ohnehin schwierig genug – Roman in Deutschland, er hier oben in Lappland. Aber es war nicht so einfach, eigentlich nahezu unmöglich, als schwuler Mann am Ende der Welt, wo kaum Leute lebten, einen Partner zu finden. Deshalb hatte er sich auf Michaels Verkupplungsversuch mit Roman, der ebenfalls schwul und partnerlos war, eingelassen. Aber wenn er sich so anstellte, dann brauchte er sich wirklich keinerlei Chancen auszurechnen.
Er fragte sich, ob sein gekochtes Abendessen wohl reichen würde, um den schlechten ersten Eindruck wieder wettzumachen, während er Würstchen in der Pfanne briet, Kartoffelpüree bereitete und im Ofen einen Leipäjuusto, einen speziellen finnischen Käse, buk. Als alles fertig war, lud er es auf ein Tablett und deckte es gut ab, damit es auf dem Weg zum Gästehaus nicht sofort kalt wurde. Er zog sich wieder an und machte sich auf den Weg. Vor der Tür der kleinen Blockhütte klopfte er mit dem Fuß an die Tür, weil er keine Hand frei hatte. »Roman?«
Es dauerte eine Weile, bis sein Gast zur Tür kam und ihm öffnete. »Oh, hallo.«
»Ich bringe Abendessen mit«, verkündete Leevi feierlich und hoffte, Roman damit zu beeindrucken.
Dessen Augen wurden groß. »Oh? Ich habe gerade mit mäßigem Erfolg versucht, mir ein Spiegelei zu braten. Es ist unten schwarz und oben roh. Hätte ich gewusst, dass du kochst, hätte ich mir das erspart.«
»Ich muss mich bei dir entschuldigen«, bekannte Leevi und wünschte, sein aufgeregter Herzschlag würde sich nicht so sehr im Klang seiner Stimme zeigen. »Ich war wirklich schlecht vorbereitet.