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Eine romantische Reise in das winterliche Lappland! Vor einem Jahr hat der einstige Workaholic Roman sein Leben in Berlin hinter sich gelassen, um zu seiner großen Liebe, dem Musher Leevi, nach Lappland zu ziehen. Gemeinsam führen sie ihre Schlittenhundefarm, aber Roman überkommen Zweifel, ob er dem harten Leben im hohen Norden wirklich gewachsen ist. Und dann taucht kurz vor Weihnachten auch noch Leevis Ex auf, der wie der unglaubliche Hulk aussieht, nur ohne die grüne Farbe. Roman will sich unbedingt beweisen – und trifft eine fatale Entscheidung ...
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Gay Romance
© Urheberrecht 2017 Jona Dreyer
Impressum:
Tschök & Tschök GbR
Alexander-Lincke-Straße 2c
08412 Werdau
Text: Jona Dreyer
Coverdesign: Jona Dreyer
Coverbild: depositphotos.com
Lektorat/Korrektorat: Johanna Temme & Doris Lösel
Kurzbeschreibung:
Eine romantische Reise in das winterliche Lappland!
Vor einem Jahr hat der einstige Workaholic Roman sein Leben in Berlin hinter sich gelassen, um zu seiner großen Liebe, dem Musher Leevi, nach Lappland zu ziehen.
Gemeinsam führen sie ihre Schlittenhundefarm, aber Roman überkommen Zweifel, ob er dem harten Leben im hohen Norden wirklich gewachsen ist. Und dann taucht kurz vor Weihnachten auch noch Leevis Ex auf, der wie der unglaubliche Hulk aussieht, nur ohne die grüne Farbe.
Roman will sich unbedingt beweisen – und trifft eine fatale Entscheidung ...
Über die Autorin
»Fantasie ist wie ein Buffet. Man muss sich nicht entscheiden – man kann von allem nehmen, was einem schmeckt.«
Getreu diesem Motto ist Jona Dreyer in vielen Bereichen von Drama über Fantasy bis Humor zu Hause. Alle ihre Geschichten haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hauptfiguren sind schwul, bi, pan oder trans. Das macht sie zu einer der vielseitigsten Autorinnen des queeren Genres.
Wer gerne wissen möchte, wie Roman und Leevi sich ein Jahr vor dieser Geschichte kennengelernt haben, dem empfehle ich, zunächst »Polarnächte« zu lesen. Ansonsten habe ich mich bemüht, die Geschichte so zu gestalten, dass sie durchaus auch für sich alleine funktioniert.
Ich wünsche euch viel Spaß im verschneiten Lappland mit Roman, Leevi und ihren Huskys. Diabetesprophylaxe empfohlen.
»Heippa!«, rief Roman seinen Leidensgenossen aus dem Finnischkurs zu, bevor er den Klassenraum verließ und den langen Gang zur Ausgangstür hinunterlief.
Er fühlte sich wie damals als Kind, wenn die Schule endlich aus war, und so ähnlich war das heute auch. Finnisch war eine der schwierigsten Sprachen der Welt und Roman bezweifelte, dass er sie jemals richtig lernen würde. Es gab fünfzehn Fälle. Die Wörter erschienen ihm oft wie eine willkürliche Aneinanderreihung von Umlauten. Es würde noch lange dauern, bis er eine einfache Unterhaltung würde führen können, aber es eilte nicht. Er hatte Zeit. Im Grunde bis ans Ende seines Lebens.
Seit knapp einem Jahr lebte Roman in Lappland und er gedachte nicht, jemals wieder in seine deutsche Heimat zurückzukehren. Wozu auch? Dort wartete nichts und niemand auf ihn. Hier hingegen, nördlich der Stadt Rovaniemi, wo sein Finnischkurs stattfand, hatte er alles. Der wichtigste Teil dieses Alles hieß Leevi Koskinen, war Besitzer einer Schlittenhundefarm und der Mann, für den Roman sein altes Leben aufgegeben hatte, um zu ihm an den Polarkreis zu ziehen. Bislang hatte er diese Entscheidung keine Sekunde bereut, auch wenn ihn zu Hause in Deutschland so einige Kollegen und sogenannte Freunde als verrückt im Kopf bezeichneten. Es war ihm egal. Diese Leute hatten kein Glück in sein Leben gebracht, weshalb es ihm nicht allzu schwer gefallen war, seine Wohnung zu kündigen, den größten Teil seiner Möbel zu verkaufen und den Rest in einem Container nach Lappland zu verschiffen.
Seine Arbeit im Projektmanagement einer IT-Firma hatte er behalten. Zumindest zum Teil. Halbtags unterstützte er seine Abteilung vom Laptop aus – mit dem ohnehin der größte Teil der Arbeit erledigt wurde – aber in der restlichen Zeit half er Leevi mit den Huskys. Roman liebte die Hunde, obwohl er sich anfänglich ein wenig vor ihnen gefürchtet und den Gedanken an Schlittenfahrten nicht sonderlich einladend gefunden hatte. Leevi und seine drolligen Vierbeiner, die ihn sofort in ihr Rudel aufgenommen hatten, konnten ihn jedoch sehr schnell vom Gegenteil überzeugen. Wenn sie morgens in die weitläufige, umzäunte Anlage gingen, um die Hunde zu füttern, hatte Roman das Gefühl, etwas viel Wichtigeres zu tun, als wenn er nur am Laptop saß.
Während er gedankenversunken aus der Tür des Schulgebäudes trat, stieß er beinahe mit einer älteren Dame zusammen. Gerade so schaffte er es noch, ihr auszuweichen. »Sorry!«, rief er und korrigierte sich gleich darauf: »Anteeksi.«
Die Miene der Dame erhellte sich und sie plapperte auf Finnisch auf ihn ein.
Roman zog eine peinliche Grimasse, weil er kein Wort verstand, und kramte in seinem Gedächtnis nach dem wichtigsten Satz überhaupt, den er in der Sprache seiner neuen Heimat gelernt hatte: »En puhu suomea.« Ich spreche kein Finnisch.
Verwirrt kratzte sich die Dame an ihrem graumelierten Kopf, nur um einfach weiter auf ihn einzuschwatzen.
Siedend heiß suchte er nach einer Möglichkeit, aus dieser Situation herauszukommen, ohne wie ein unfreundlicher Rüpel zu erscheinen. Wenn er nur wüsste, was die Dame da plapperte! Vielleicht sollte er es einfach mit Smalltalk versuchen. »Hauska tavata. Saanko laskun.« Nett, Sie kennenzulernen. Schönes Wetter heute.
Die Frau hielt in ihrem Redeschwall inne und blickte ihn entgeistert an. Roman brach der Schweiß aus. Hatte er etwas Falsches gesagt? »Anteeksi«, brachte er noch einmal hervor und suchte auf ein missbilligendes Schnauben der rüstigen Dame hin das Weite.
Im Auto angekommen kramte er sein Handy heraus und tippte das, was er gerade gesagt hatte, zur Sicherheit in die Übersetzungs-App ein. Er konnte sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen, was die Dame an einem simplen Kommentar zum Wetter so aus der Fassung gebracht hatte. Hauska tavata. Nett, Sie kennenzulernen. Das stimmte schon mal. Und dann: Saanko laskun. Das hieß … Kann ich bitte bezahlen? Roman heulte auf. Himmel, er hatte gedacht, über das Wetter zu plaudern, stattdessen dachte die alte Dame nun wahrscheinlich, dass er sie für eine Prostituierte gehalten hatte.
Da liegt noch ein langer, langer Weg vor mir, dachte er, als er den röhrenden Motor von Leevis altem Lada anließ, um nach Hause zu fahren. Wie immer, wenn er mit diesem Auto fuhr, hatte er den leisen Verdacht, dass man es in Deutschland schon längst stillgelegt hätte, aber hier nahm man es wohl nicht so genau. Das Auto war verbeult und im Sommer meistens ziemlich dreckig, weil Leevi damit so rücksichtslos über die Waldwege bretterte, dass sich Roman heimlich dafür schämte. Andererseits nahm ihm die Tatsache, dass der Wagen ohnehin schon völlig ramponiert aussah, die Angst davor, bei Schnee und Eis irgendwo abzukommen und es zu ramponieren. Hier oben war das Leben einfach anders und Dinge wie ein makelloses Auto völlig nebensächlich. Und das war schön so.
Aufregung kribbelte in seinem Magen, als er die Heizung voll aufdrehte und die Straße in Richtung Norden einschlug, die ihn in etwa einer halben Stunde bis nach Hause führte. Er fühlte sich so wohl in diesem kleinen Dörfchen. Nach anfänglichem Misstrauen begegneten ihm die Leute freundlich und hatten ihn in der Gemeinde willkommen geheißen. Niemand schien sich darum zu scheren, dass hier zwei Männer zusammenlebten.
»Wir haben hier wichtigere Dinge, um die wir uns sorgen müssen«, hatte eine der Bewohnerinnen abgewunken, als Roman das Thema bei seiner Willkommensfeier vorsichtig anschnitt, die Leevi heimlich mit einigen anderen Ortsbewohnern vorbereitet hatte. Im Laufe der Feier hatte er begriffen, wie beliebt Leevi bei den Dorfbewohnern war und dass alle ihm sein Glück gönnten, ganz gleich, ob er es nun mit einem Mann oder einer Frau fand.
So hatten sie einen herrlichen Sommer mit schier endlos langen Tagen verlebt. Waren im See geschwommen, angeln gegangen, hatten die Mitternachtssonne beobachtet und Millionen von Mücken umgebracht. Aber die Tage in der Mökki, der kleinen Holzhütte am Wasser, waren nun gezählt, denn der Winter war zurückgekehrt. Und der Winter bedeutete für ihn und vor allem für Leevi eine Menge Arbeit. Die Hunde mussten täglich trainiert werden und Touristen meldeten sich zum Urlaub im Ferienhaus an. So, wie er selbst vor beinahe einem Jahr. Nur, dass er im Gegensatz zu diesen Leuten nicht wieder nach Hause zurückgekehrt war. Hier war er endlich frei. Fort von seiner stickigen Wohnung in der Stadt, fort von einem sinnlosen, einsamen Leben. Ein Liedchen summend bog er auf das Grundstück ein und parkte das Auto vor der Garage. Es war früher Nachmittag und die Dämmerung brach bereits an. Aber Roman machte das nichts aus. Er freute sich auf gemütliche Stunden im Haus. Er hatte so viel vor in diesem Winter. Dinge, von denen Leevi noch gar nichts ahnte.
»Hei Nalle!«, rief sein Liebling und kam lächelnd um die Ecke, als er das Haus betrat.
»Hei Polarbär«, erwiderte Roman und grinste. Sie nannten sich Nalle, das finnische Wort für Teddy, und Polarbär. Was ziemlich albern für zwei Männer in den Dreißigern war, aber es hörte ja keiner hin. Außerdem war Leevi mit seinem hohen Wuchs und seinem immer etwas wilden, hellbraunen Dreitagebart schon so ein Polarbär, auch wenn er nicht dick war wie einer.
Leevi zog ihn in seine Arme und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Auch nach einem Jahr wurden Roman dabei immer noch die Knie weich. Leevis Griff war so fest, als wolle er ihm damit zeigen, dass er ihn nie wieder loslassen würde. Und er roch so gut, dass Roman nicht umhinkam, verstohlen seine Nase in die Kuhle an seinem Hals zu drücken, der so verführerisch aus dem trotz der eisigen Temperaturen halboffenen Hemdkragen herausschaute.
»Ist dir nicht kalt?«, murmelte er und drückte die Lippen auf die überraschend warme Haut.
»Nein. Du weißt doch, wir Lappen gehen bei minus zwanzig Grad noch ins Freibad.«
Roman grinste und fragte sich, ob sein Dasein als Frostbeule sich nach ein paar Jahren in Lappland wohl endlich erübrigt hätte. Er hoffte es, denn gefühlte tausend Schichten Kleidung schränkten die Beweglichkeit doch ein wenig ein.
»Hei, hei!«, rief jemand hinter ihnen und sie stoben auseinander.
»Nurmi!«, brachte Leevi erschrocken hervor und drehte sich zu dem alten Mann um, der grinsend aus der Wohnzimmertür lugte. Mit einem zerknirschten Ausdruck wandte er sich wieder zu Roman. »Tut mir leid, ich hatte ganz vergessen, dir zu sagen, dass er hier ist. Ich bringe ihn nachher ins Heim zurück. Verdammt, ich hatte ihm gesagt, er soll am Tisch sitzenbleiben und warten.«
»Ist doch nicht schlimm«, entgegnete Roman und winkte ab. Der verwirrte Greis störte ihn nicht. Es rührte ihn, dass Leevi sich um ihn kümmerte, als sei Nurmi sein Großvater. Der Mann hatte allein im Dorf gelebt, bis er sich im tiefsten Winter in seiner Verwirrung im Wald verirrt und Zuflucht in einer verlassenen Mökki gefunden hatte. Es war nur einem glücklichen Umstand zu verdanken gewesen, dass Leevi und Roman ihn rechtzeitig aufgegriffen und vor dem Erfrierungstod gerettet hatten – ausgerechnet an Heiligabend. Danach hatte sich Leevi darum gekümmert, dass Nurmi in einem betreuten Wohnheim in Rovaniemi untergebracht wurde, aber er besuchte ihn oft und holte ihn wenigstens einen Nachmittag im Monat zu ihnen nach Hause, weil der alte Mann ihre Gesellschaft liebte.
Roman nahm ihn sehr vorsichtig am Arm und führte ihn zurück ins Wohnzimmer, wo ein gedeckter Kaffeetisch auf sie wartete. Behutsam half er Nurmi, sich zu setzen, und als der es sich bequem gemacht hatte, warf er ihm ein freundliches Grinsen zu. »Hei saksan.« Hallo Deutscher.
Leevi sagte etwas auf Finnisch zu ihm und dem Tonfall der Worte konnte man entnehmen, dass er ihn tadelte. Sie hatten schon oft versucht, dem alten Zausel beizubringen, dass er ihn Roman und nicht einfach Deutscher nennen sollte, aber den Nurmi interessierte das nicht. Er nickte, lächelte und nannte ihn dann doch wieder saksan. Dann sollte es eben so sein.
»Lass ihn in Ruhe«, bat Roman und wandte sich zu Nurmi. »Hei ystävä.« Hallo Freund.
Nurmi schob ihm ein Stück Pullava-Kuchen hin und plapperte munter auf Finnisch auf ihn ein, während Roman den Kuchen aß und seinen Kaffee trank.
»Was sagt er?«, fragte er Leevi zwischendurch leise.
»Was er sagt, ergibt auch für einen Finnen nicht viel Sinn«, gab Leevi augenzwinkernd zurück, »aber im Wesentlichen freut er sich, dass du da bist und dass wir geheiratet haben.«
Roman verschluckte sich beinahe an seinem Kaffee. »Wir haben doch gar nicht geheiratet!«
Leevi zuckte mit den Schultern. »Das begreift er genauso wenig, wie dass er dich nicht saksan nennen soll.«
Roman erholte sich von seinem Hustenanfall und starrte konzentriert in seine Kaffeetasse. Da gab es so eine klitzekleine Sache, die er um Weihnachten herum vorhatte. Eine, die etwas mit einem Ring und einem Kniefall zu tun hatte. Irgendwann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war und er genug Mut fand. Was leichter gesagt als getan war, denn fehlender Mut hatte sich schon bei ihrem Kennenlernen als wesentliches Problem herausgestellt. Das und mangelnde Kommunikation hätten beinahe dazu geführt, dass sie nie ein Paar geworden wären, weil keiner sich getraut hatte, dem anderen zu sagen, wie es um seine Gefühle stand. Zum Glück hatten sie das Ruder am Weihnachtsabend doch noch herumreißen und Klartext miteinander reden können. Als Roman kurz vor der Jahreswende hatte abreisen sollen, hatte er es sich noch am Flughafen anders überlegt und seine Koffer wieder aus dem Flugzeug holen lassen. Im neuen Jahr war er dann gemeinsam mit Leevi nach Deutschland gereist, um seine Wohnung aufzulösen und seinen Umzug nach Lappland vorzubereiten. Ja, es war verrückt gewesen, zumal sie zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht gewusst hatten, wie sie im Alltag miteinander klarkommen würden. Aber Roman hatte zu seiner Entscheidung gestanden und Leevi hatte ihn mit seinem Optimismus angesteckt.
Natürlich stritten auch sie ab und an, manchmal über kleinliche Dinge wie Zahnpastaspritzer am Badezimmerspiegel – Roman konnte das nicht ausstehen – aber insgesamt kamen sie allen Unkenrufen zum Trotze wunderbar miteinander zurecht. So gut, dass Roman den Wunsch verspürte, einen Schritt weiter zu gehen.
»Wir bekommen nächste Woche einen Urlauber«, verkündete Leevi beiläufig.
»Oh, gut. Woher kommt der? Und wie lange wird er bleiben?«
»Es ist ein Landsmann«, erklärte Leevi, »und er bleibt eine Woche.«
Roman nickte. »Ich werde das Ferienhaus am Wochenende auf Vordermann bringen.«
Leevi beugte sich nach vorn und drückte ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. »Danke, dass du mir hilfst, Nalle. Ich bringe den Nurmi jetzt zurück ins Heim. Ich bin in ungefähr anderthalb Stunden wieder hier. Danach gehen wir ins Badebecken.« Er senkte die Stimme und seine blaugrauen Augen funkelten verheißungsvoll. »Nackt.«
Roman hatte das Badebecken ein wenig zu stark angeheizt, sodass er befürchtete, als gekochter Hummer zu enden, wenn es nicht schnell wieder abkühlte. Er rührte mit einem Holzpaddel im Wasser herum, um den Prozess zu beschleunigen, aber bei zweistelligen Minusgraden sollte es nicht allzu lange dauern. Als die richtige Temperatur endlich erreicht war, legte er Holz nach, um sie zu halten, und zog sich eilig aus.
Mit einem wohligen Seufzen ließ er sich in das Becken sinken, legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in den Himmel. Ein leiser Wind raschelte durch die beschneiten Nadelbäume um das Grundstück, und ein klarer Sternenhimmel zog sich wie ein glitzerndes Zelt über den Horizont. Wie schön es hier ist, dachte er und seine Erinnerung flog für einen Moment zu seiner Stadtwohnung in Berlin zurück.
Das Erste, was ihm dabei in den Sinn kam, war die Farbe Grau. Grau wie Beton. Stickige Luft, Anonymität, Einsamkeit. Einsam war es in gewisser Weise auch hier draußen auf ihrer etwas abgelegenen Huskyfarm, aber unten im Dorf war es gesellig und hier hatte er die Tiere und seinen wunderbaren Mann. Der Gedanke, nie wieder einsam sein zu müssen, brachte ihn zum Lächeln. Er hoffte, dass auch Leevi so dachte und nach diesem knappen Jahr nicht schon bereute, Roman dazu eingeladen zu haben, bei ihm zu leben.
Sein Blick flog hinüber zu ihrem rot gestrichenen Haus, in dem sie sich ein Nest für ihr gemeinsames Leben geschaffen hatten. Nebenan stand eine viel kleinere Variante dieses Hauses, das der Unterbringung ihrer Urlauber diente. Auch Roman war damals in diesem Haus untergekommen, als er für – ursprünglich geplant – zehn Tage nach Lappland gekommen war, um dort die Weihnachtsfeiertage zu verbringen und den Kopf freizubekommen. Dann war alles anders gekommen. Nun würde dort nächste Woche wieder jemand einziehen, aber diesmal würde Roman der Gastgeber sein, zusammen mit Leevi.
Apropos Leevi: Der röhrende Motor des Lada kündete von dessen Rückkehr. Er parkte vor der Garage, weil er genau wie Roman zu faul war, das Auto hineinzufahren, und stieg aus.
»Ich bin hier drüben!«, rief Roman ihm zu. »Ich teste schon mal das Wasser.«
Das wohlbekannte Kribbeln breitete sich in seiner Magengegend aus, als Leevis große, breitschultrige Gestalt auf ihn zukam. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das besagtes Kribbeln noch verstärkte. Noch im Gehen begann er sich auszuziehen und warf seine Kleidung über den hölzernen Stuhl neben dem Badebecken, wo auch Romans Kleider lagen. »Da deine Zähne nicht klappern, gehe ich davon aus, dass ich gleich in kochendes Wasser steigen werde«, mutmaßte Leevi grinsend, streifte sich Schuhe und Socken von den Füßen und zog Hose und Boxershorts in einem Rutsch aus.
»Richtig.«
»O Mann«, stöhnte er, als er zu Roman ins Wasser stieg. »Frostbeule.«
»Kalt wird’s von alleine«, murmelte Roman, dessen Körper sofort auf die Anwesenheit seines nackten Liebsten reagierte.
»Das bezweifle ich«, versetzte Leevi. »Ich denke, es wird gleich noch viel heißer.«
Zur Antwort stieß sich Roman vom Rand des kreisrunden Beckens ab und kniete sich über Leevis Schoß. »Aha?«
Einen Moment starrte Leevi ihn an, die blaugrauen Augen eine Schattierung dunkler, der Mund leicht geöffnet. Dann packte er ihn im Nacken, zog ihn mit einer spürbar mühsam unterdrückten Heftigkeit zu sich heran und presste ihm den Mund auf die Lippen. Roman gab ein Stöhnen von sich und öffnete sich willig, als eine forschende Zunge zwischen sie drängte. Leevis Hand löste sich aus seinem Nacken, glitt mit tänzelnden Fingern seine Wirbelsäule hinab und legte sich schließlich sanft kneifend um eine Pobacke. Roman drängte ihm seine Hüften entgegen, spürte die harte Männlichkeit an seiner eigenen.