Episoden aus Griechenland - Karl Miziolek - E-Book

Episoden aus Griechenland E-Book

Karl Miziolek

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Beschreibung

In diesem Buch stellt der Autor erlebte und erdachte Episoden aus Griechenland vor.

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Seitenzahl: 49

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Episoden

Ein ganz besonderer Stuhl

Zakynthos

Versprochen ist versprochen

Nichts wie weg

Ein ganz besonderer Stuhl

„Endlich in Pension!“, dachte Peter und nahm sich vor, sie gleich richtig zu genießen. Seine Arbeitskollegen hatten gesammelt und ihm bei einer kleinen Feier zu seiner Pensionierung ein Flugticket nach Griechenland geschenkt. Peter war ein ausgesprochener Griechenland-Fan. Seit über fünfzehn Jahren hatte er sein Lieblingsland immer wieder mit Wohnmobil, Wohnwagen oder Mietwagen bereist.

Am 5. September flog Peter nach Athen, übernahm dort einen Mietwagen und machte sich auf den Weg nach Chrani, einem kleinen Ort in der Nähe von Petalidi auf der Halbinsel Peloponnes.

Aufgehalten durch den dichten Verkehr in Athen, kam er erst nach Mitternacht in Chrani an. Die Fahrt hatte fast vier Stunden gedauert. Die Dunkelheit war kein Problem für ihn, er kannte die Strecke wie seine Westentasche, war sie schon oft genug gefahren. Sein Quartier war ein Bungalow, nur ein paar Stufen oberhalb vom Strand in einer einsam gelegenen Bucht. Einige Jahre war es schon sein bevorzugtes Domizil.

Der Vermieter hatte wie immer den Schlüssel stecken lassen. Auf dem Tisch standen eine Schüssel Obst und eine Flasche Ouzo zur Begrüßung. Peter öffnete die Tür zur Terrasse, Ihm bot sich ihm der vertraute Anblick des Meeres im hellen Mondschein. Er setzte sich auf die Terrasse. Tief sog er die würzige Meeresluft ein. Dann begab er sich müde, aber glücklich zu Bett.

Peter war schon immer ein Frühaufsteher gewesen, aber am nächsten Morgen trieb es ihn förmlich aus dem Bett. Die aufgehende Sonne färbte alles in hellem Rot. Er trat hinaus auf die Terrasse und betrachtete das Meer. Glatt und einladend wirkte es, und so beschloss er, eine Runde zu schwimmen, noch bevor es ans Frühstück ging. Er lief die wenigen Stufen zum Strand hinab und musste über seine Eile lächeln.

„Langsam, mein Freund“, sagte er zu sich, „du bist in Pension.“

Gemächlich schritt er den Strand entlang und suchte nach Muscheln und ungewöhnlichen Steinen, die in der Nacht angeschwemmt worden waren. Er staunte nicht schlecht, lag doch ein ganzer Stuhl am Strand. Der dürfte von irgendeiner Taverne stammen, dachte er. Er stellte ihn auf und setzte sich. Wie hatte er sich nach so einem Augenblick gesehnt!

Sind wir nicht alle Strandgut, irgendwo angespült von den Wellen des Lebens an die Ufer des Daseins? Manche bleiben unbeachtet liegen, andere werden mitgenommen und wieder andere werden zurückgeworfen ins Meer und weitergetragen an einen anderen Ort, und das Spiel beginnt von neuem.

„Kalimera!“, hörte er plötzlich hinter sich. Was für eine Stimme, dachte er. Wie elektrisiert drehte er sich um.

„Kalimera!“ – Guten Morgen! – stotterte er mehr, als dass er es sagte. Im Bruchteil einer Sekunde erfasste er sein Gegenüber: Eine zarte Frauengestalt, vielleicht 25, 30 Jahre alt, mit pechschwarzem, schulterlangem Haar und dunklen Augen. Der knappe schwarze Badeanzug betonte ihre elegante Figur. Sie bemerkte, wie er sie anstarrte, lächelte und lief weiter den Strand entlang, um schließlich am Ende der Bucht ins Meer zu steigen und hinter einem Felsen zu verschwinden.

Auch Peter ging zurück zu seinem Bungalow, um sich Frühstück zu machen. Doch immer wieder kehrte das Bild zurück, das er eben gesehen hatte. Wer war diese Frau? Hier stand nur sein Bungalow direkt am Strand. Der Strand war rund 200 Meter lang und an seinen Enden mit Felsen auf natürliche Weise abgeschlossen. Nur über steile Pfade konnte man hinauf zu einigen Häusern, die weiter oberhalb standen. Eines von ihnen sah man direkt vom Strand aus weiß in der Sonne glänzen. Und auf diesen Strand kam nur ganz selten jemand.

Der Tag war ausgefüllt mit Besuchen bei Freunden, die Peter hier im Laufe der Jahre kennengelernt hatte. Die Einladungen, das gute Essen und der vorzügliche Wein machten ihn ganz schön müde. So verging der Tag. Abends setzte er sich auf die Terrasse seines Bungalows und genoss bei einem Glas Rotwein den Ausblick auf das Meer. Die Melodie der Wellen fügte sich zur griechischen Musik, die aus dem Radio kam. „Wie schön ist das Leben!“, dachte er, drehte das Licht ab und lauschte vom Bett aus noch den Wellen, die ihm ein Schlaflied spielten.

Am nächsten Morgen ging er gleich in aller Frühe an den Strand. Würde sie wieder an den Strand kommen, die unbekannte Schöne?

Kaum hatte er auf seinem Stuhl Platz genommen und die Augen geschlossen, hörte er wieder diese Stimme: „Kalimera!“ Heute schon etwas gefasster, erwiderte er gleich den Gruß: „Kalimera!“ Schon wollte er weiter sprechen, doch sie kam ihm zuvor. „Ti kanete?“, fragte sie. „Wie geht es Ihnen?“ – „Kala! – Gut! Hier kann es einem ja nur gut gehen“, antwortete er und lachte. „Und Ihnen?“ – „Danke, auch sehr gut!“, sagte sie und fragte, „Darf ich mich ein wenig zu Ihnen setzen?“, mit ihrer dunklen Stimme, und schon hockte sie neben ihm im Sand.

Für einige Sekunden, die Peter wie Minuten vorkamen, war Stille. Er dachte, wenn das jemand sähe, was würde man denken? Ein alter Mann auf einem wackeligen Stuhl und neben ihm eine junge, hübsche Frau im Sand.

Aber sie riss ihn wieder aus seinen Gedanken: „Sie wohnen dort in dem Bungalow?“, fragte sie. „Ja. Und Sie?“ „Dort oben.“ Sie deutete nach oben auf das Haus, das man vom Strand aus sehen konnte.

„Ich heiße Elena, und wie heißen Sie?“ „Petros“, antwortete er.

Immer wieder trafen sich ihre Blicke. Er konnte es nicht glauben, dass Augen so faszinieren konnten. Sie lächelte. Dann sagte sie: „Ich muss wieder“, und mit einem „Sto kalo!“ – alles Gute! – ging sie ins Meer und schwamm bis ans Ende der Bucht, um wieder hinter dem Felsen zu verschwinden.