Menschen sind eben auch nur Menschen - Karl Miziolek - E-Book

Menschen sind eben auch nur Menschen E-Book

Karl Miziolek

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Beschreibung

Menschen sind eben auch nur Menschen... Ein Mann verheimlicht seiner Geliebten, dass er verheiratet ist, einer Frau wird zum Geburtstag ihre Kindheit geschenkt, eine andere umgarnt einen Freund mit List. Zwistigkeiten zwischen Eheleuten, ein Mann voller Geheimnisse, ein anderer leicht zu durchschauen. Auf Lebenserfahrung und genauer Beobachtung baut der Autor seine vielseitigen Geschichten. n.

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Seitenzahl: 66

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Inhalt

Am Hafen

Eine glatte 12

Die Ex

Das Meer

Amors Pfeil

Das Negligé

Der Loser

Die Puppen

Das Drama

Der Kotzbrocken

Der Job

Kurzurlaub

Am Hafen

Die Sonne überflutete den kleinen Hafen, und glitzernde, goldene Funken tanzten auf der Oberfläche des Meeres.

Henry betrachtete die kleinen Fischerboote, die am Kai festgebunden im Rhythmus der Wellen schaukelten. Susanne neben ihm drehte sich um und betrachtete die bunten Häuser, die sich dicht gedrängt an den Hügel schmiegten.

„Dieser Anblick hat mir so gefehlt“, sagte sie zu Henry.

Der reagierte nicht. Er war anscheinend mit seinen Gedanken woanders. Susanne war vor sieben Jahren hierher gekommen, um für ihre Firma ein Büro aufzubauen. „Wir müssen den kommenden Fremdenverkehr nutzen“, sagte damals ihr Chef.

Fünf Jahre lang hatte sie hier in der Nähe gewohnt, an einer kleinen Bucht in einem Bungalow, der direkt am Meer lag. Die Hoffnungen des Chefs erfüllten sich nicht, das Büro wurde geschlossen, weil es nicht rentabel war, und sie musste wieder in die Großstadt zurück.

Sie runzelte die Stirn. Genau da, wo sie jetzt standen, hatte sie damals einen Mann kennengelernt. Sollte sie Henry von ihm erzählen? Dieser Mann hatte nur aus Lügen bestanden, sie nach Strich und Faden ausgenützt und schließlich mit einem Berg Schulden sitzen gelassen.

Ihre Liebe zu diesem Ort hatte das allerdings nicht getrübt. Hier war alles so bunt und von Licht durchflutet und lebendig. Die Stadt hingegen grau, voller Beton, der Smog und der Lärm unerträglich. Sie war glücklich, wieder hier zu sein.

Susanne schwankte. Sie wollte auch ihre Vergangenheit mit Henry teilen, aber zugleich konnte sie sich schon vorstellen, wie er reagieren würde: stirnrunzelnd und wortlos, aber seine Blicke würden Bände sprechen.

Seit drei Monaten kannten sich jetzt. Es war irgendwie Liebe auf den ersten Blick gewesen, bei beiden, als Susanne auf dem Parkplatz des Baumarkts ein wenig gegen Henrys Wagen geschrammt war. Nicht, dass sie zu dieser Zeit auf der Suche nach einem Mann gewesen wäre. Eher im Gegenteil, denn diese so katastrophal gescheiterte Beziehung hatte ihr Interesse an Männern mehr als nur beeinträchtigt. Doch Henry ließ nicht locker, immer wieder rief er an und bat um ein Treffen. Schließlich hatte sie eingewilligt. Mindestens dreimal pro Woche trafen sie sich dann. Ob Kino- oder Konzertbesuche, ein Abendessen in den feinsten Restaurants der Stadt, immer hatte er eine Überraschung für sie und verwöhnte sie nach allen Regeln der Kunst. So auch gestern.

„Schatz, wir fliegen morgen früh übers Wochenende dorthin, wo du doch immer wieder hinwolltest“, hatte er so nebenbei gesagt, als ginge es darum, zwei Stationen mit dem Bus zu fahren, und lachend mit den Tickets herumgewedelt.

Susanne war im siebenten Himmel. Sollte sie endlich das große Los gezogen haben mit diesem Mann? Single, kinderlos, gut situiert, liebevoll und aufmerksam ...

Nun stand sie da, wo sie sich so lange schon gewünscht hatte wieder zu sein. Ihre negativen Erinnerungen verblassten. Warum sollte sie diese wieder aufleben lassen, indem sie Henry damit belastete? Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, sagte er: „Ich habe gelernt, dass es besser ist, nicht alles von sich preiszugeben.“

„Wie meinst du das?“ Sie fragte sich erstaunt, ob er Gedanken lesen konnte.

„Na ja, du wirst doch hier einiges erlebt haben“, meinte er, und sie glaubte einen leisen Ton von Eifersucht herauszuhören. Susanne wollte schon antworten, da legte er seinen Arm um sie: „Ich habe Appetit auf Gambas, du auch?“

„Ja, lass uns gehen“, antwortete sie, froh, nicht weiter auf das Thema eingehen zu müssen. Eng umschlungen schlenderten sie den Hafen entlang zu einem Fischrestaurant am Ende der Straße, von dem Susanne wusste, dass es besonders gut war.

„Hier gibt es die besten Gambas weit und breit“, erklärte sie ihm. „Na, dann …“, lachte er. Sie nahmen an einem der Tische direkt am Wasser Platz. Henry saß ihr gegenüber, Susanne hatte die Hafenstraße im Blickfeld.

Während sie auf das Essen warteten, ergriff Susanne seine Hand: „Du hast mir eine große Freude bereitet mit der kleinen Reise hierher“, sagte sie, „Danke!“ Sie beugte sich über den Tisch und küsste ihn. Dabei fiel ihr Blick auf etwas, das sie zum Lachen brachte. Auf der Straße näherte sich eine junge Frau mit zwei kleinen Mädchen, die ständig Räder schlugen.

„Schau einmal, sind die beiden nicht süß?“ Henry drehte sich um. Als er Susanne wieder anblickte, sah er aus, als hätte ihm jemand Puder ins Gesicht geschüttet.

„Ist dir nicht gut?“, fragte Susanne. Sein bleiches Starren erschreckte sie.

„Komm, lass uns gehen“, sagte er atemlos und stand so hastig auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte.

„Aber …“ – weiter kam Susanne nicht. „Papa, Papa!“, riefen die Mädchen und stürmten auf Henry zu.

Eine glatte 12

Es war Montag, Punkt neun Uhr morgens, und Sebastian stand auf der Autobahn irgendwo zwischen Wr. Neustadt und Wien im Stau. Statt im Büro seinen Computer anzuwerfen, warf er alle zwei Minuten mit einem ungeduldigen Tritt aufs Gaspedal den Motor an, um wieder eine Wagenlänge vorwärts zu kommen. Er starrte aus dem Fenster und ihn schauderte. Die beklagenswerten Menschen, die es sich täglich antun mussten, Teil dieser Blechschlange zu sein! Er schaute nach links und rechts und studierte die Gesichter der Wartenden. Sie kamen ihm ausdruckslos, einige sogar stupide vor. Wie vollkommen wurscht die mir eigentlich sind, dachte er. Grauenvoll. Eigentlich hatte er sich am Freitag nur noch verkriechen wollen. Aber die Weinverkostung mit Freunden war schon ausgemacht gewesen, und er versprach sich vom geografischen Abstand und der netten Gesellschaft etwas Erleichterung für sein Gemüt, das ihm wie unter einer Lawine begraben schien. Das Probieren des köstlichen Rotweins, längst exakt geplant für Samstag und Sonntag in verschiedenen Vinotheken der Südsteiermark, war allerdings bald zu einem verzweifelten Besäufnis ausgeartet, sodass er nicht mehr wie beabsichtigt noch am Sonntag hatte zurückfahren können.

Endlich spürte er, wie die drei Aspirintabletten, die er in der Früh eingenommen hatte, langsam im Gehirn zu wirken begannen. Zumindest musste er nicht mehr mit diesem bohrenden Kopfschmerz fertig werden. Er dachte wieder an den Grund seiner, na, sagen wir, Unpässlichkeit: Gaby. Sie war eigentlich die perfekte Frau. Eine glatte 10! So hatte er sie immer bezeichnet, das war seine bisher höchste Bewertung gewesen.

Sebastian war Statistiker und Kopfrechen-Künstler, er konnte seine Vorliebe für Zahlen nicht verleugnen.

Gaby konnte ihn zu Dingen bewegen, die er vorher nur verachtet hatte, sogar dazu, den Abend auf der Couch vor dem Fernseher zu verbringen. Und ein nicht unwesentlicher Grund für ihre perfekte Bewertung war ihre Kochkunst gewesen. Auch für ihn galt die alte Weisheit, dass Liebe durch den Magen geht. Gemeinsam schnippelten sie in der Küche am Gemüse herum, und Sebastian hatte immer mehr Gefallen daran gefunden, nicht nur Fast Food und Mikrowellengerichte zu konsumieren. Aus seiner spartanischen Höhle für den allein lebenden Mann wurde langsam ein Zuhause. Auch was den Humor betraf, schwammen sie auf einer Welle. Eine 10, keine Frage.

Bis sie ihn vorige Woche mit seinem Freund Roman beschissen hatte.

So recht und schlecht brachte Sebastian an diesem Montag die Büroarbeit hinter sich. Die Kopfwehtabletten hatten im Lauf des Vormittags ihre Wirkung entfaltet und die Folgen des Kummer-Rotweinkonsums zur Gänze beseitigt. Er schaltete gerade den Computer aus, als sich sein Smartphone bemerkbar machte. „Heute Abend bei Norbert“, das war eine Erinnerung.

Norbert, einer seiner ältesten Freunde, hatte eine Wohnung in der Innenstadt mit einem wunderschönen Dachgarten. Sebastian war natürlich zur Party eingeladen. Das Wetter würde mitspielen, sie konnten im Freien feiern. Sebastian war einer der ersten Gäste. Er schenkte sich gerade ein Glas Mineralwasser ein, mit dem Alkohol wollte er, leicht beschädigt vom Vortag, noch etwas warten, da kam Simon mit zwei Mädels am Arm hereingerauscht.

Augenblicklich zerriss der graue Schleier, der sich über Sebastians Seele gelegt hatte. Sein Interesse war geweckt, er fühlte sich ganz wiederhergestellt. Der Brünetten gebe ich eine 9, der Blonden aber, die sprengt meine Skala, eine unglaubliche 12, taxierte er die beiden, noch bevor Simon auf ihn zukam und sie ihm vorstellte.

„Das ist Rosi“, Simon deutete auf die Brünette, „Und das ist Annatina aus der Schweiz“, sagte er und zeigte auf die 12.

„Gott hat ein Einsehen mit mir“, frohlockte Sebastian. Er liebte Blondinen.

Die Dürrezeit schien vorbei zu sein. Aus Angst, gleich völligen Blödsinn zu reden, nickte er nur kurz und küsste den beiden theatralisch, in dieser Situation etwas zu übertrieben, die Hand. Annatina kicherte. „Aus welcher Zeitmaschine bist denn du daher gekommen“, fragte sie augenzwinkernd mit einem deutlichen Schweizer Akzent.

„Aus der Tanzschule“, antwortete Sebastian und lachte, auch deswegen, weil er seine Schlagfertigkeit wiedergefunden hatte. „Seit wann bist du in Wien?“, fragte er. „Seit dem Samstag. Tolle Stadt. Simon hat mich ein klein wenig herumgeführt.“ Zeit, seine Angel auszuwerfen. „Und warst du schon im Bermudadreieck? Könnte dir da ein paar Geheimtipps zeigen“, lächelte er vielsagend. „Die berühmte Partymeile, ja klar“, grinste Annatina übers ganze Gesicht, „Da waren wir gleich Samstag Abend, gell, Simon?“ Simon bestätigte das, ebenfalls mit einem Grinsen, das vom Terrassenfenster bis zum Horizont reichte. Sebastian sah schon seine Felle davonschwimmen, als Annatina fragte: „Und was machst du in Wien?“

„Sebastian arbeitet in der Filmbranche“, sagte Simon.

„Echt! Cool, kennst du schon viele Promis?“, fragte Annatina. Sie war sichtlich beeindruckt. Jetzt war der Moment gekommen. Sebastian musste seinen ersten Schuss auf die 12 abgeben, sollte seine Jagd erfolgreich sein. Er war zwar nur Produktionsassistent, aber das spielte jetzt keine Rolle.

„Wir haben die österreichischen Szenen von ‚Mission Impossible’ mitproduziert“, sagte er stolz.

„Was, dann kennst du ...?“

Annatinas Augen wurden groß, fast wie bei einer Manga-Figur. Sebastian lachte in sich hinein. „Naja, könnte man fast sagen“, gab er sich geheimnisvoll.

„Und was treibst du?“, fragte er und war froh, das Thema wieder rechtzeitig abgewürgt zu haben.

„Ich studiere Neurowissenschaft an der Uni Bern“, antwortete sie, als wäre das gar nichts Besonderes. Sebastian musste erst einmal schlucken, damit hatte er nicht gerechnet. Genau wusste er nicht, worum es da ging, aber es hatte wohl mit Gehirn zu tun. Ich kann nur hoffen, dass sie nicht die Gedanken lesen kann, die gerade durch mein Hirn wandern, sagte er zu sich.

Die 12 sah aus wie eine hundertprozentige Garantie für reine Ektase. Vor seinem geistigen Auge tauchten die Bilder der Pornostars aus den Heften auf, die seine Pubertät beherrscht hatten. Und jetzt entpuppte sie sich auch noch als Intelligenzbestie. „Neurowissenschaft, warum?“, fragte er, um sich von seinen ausschweifenden Gedanken loszureißen.

„Na ja, irgendetwas musste ich ja anfangen“, lachte sie. Cool ist sie, aber hoffentlich nicht kühl, wenn ich sie dann zur Strecke gebracht habe, ertappte sich Sebastian dabei, an die Jagd und an den Blattschuss zu denken. Plötzlich stand Nobert da, der natürlich Annatina auch kennenlernen wollte, und verwickelte sie in ein belangloses Gespräch. Alle Gäste wollten das, sie wurde herumgereicht, auch, als ein paar Partyspiele begannen und getanzt wurde. Rosi hingegen fand wenig Anschluss und blieb immer in Simons Nähe. Gerade, als Sebastian Annatina wieder eingefangen hatte, sie tanzten mit wilden Bewegungen umeinander herum, unterbrach Simon die beiden. „Sebastian? Rosi und Annatina machen morgen früh eine Tour nach Bratislava, und es ist schon spät. Ich bringe Rosi nachhause, magst du Annatina in ihr Hotel bringen?“

„Ja, selbstverständlich“, sagte Sebastian. Wenn sie die Zimmernummer 12 hat, flippe ich aus, dachte er.

„Wo ist denn dein Hotel?“, fragte Sebastian. Statt einer Antwort kam die Frage: „Wo ist deine Wohnung?“

Das war das Signal für Sebastian, dass die Jagd erfolgreich verlief. Er war sich nur nicht mehr sicher, wer das Wild war.

Schon im Aufzug begannen einander die beiden zu befummeln. Wenn ich mich nicht beherrsche, ist die Jagd schon hier zu Ende, musste sich Sebastian ermahnen. Gleichzeitig kam die Angst. Diese Frau konnte jeden haben und hatte sicher jede Menge Vergleichsmöglichkeiten. Was, wenn er versagte? Bei so einem One-Night-Stand gab es keine Chance auf Wiedergutmachung am nächsten Tag. Schmach, vorbei, Ende.

Auf dem Weg vom Lift zur Wohnung rissen sie einander schon die Kleider vom Leib, stolperten halbnackt in die Wohnung und fielen im Schlafzimmer hemmungslos übereinander her. Plötzlich hielt sie inne.

„Hast du eine Zigarette?“, fragte sie. Sebastian, schon die Flinte im Anschlag, war so irritiert, dass er aus dem Bett fiel. Eine Zigarette? Jetzt? Das ist doch pervers, dachte er.