Im Hinterzimmer des Lebens - Karl Miziolek - E-Book

Im Hinterzimmer des Lebens E-Book

Karl Miziolek

0,0
3,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Im -Hinterzimmer des Lebens- treffen die unterschiedlichsten Wesenszüge und Gemütszustände aufeinander und mischen sich zu Geschichten, die erstaunliche Einblicke in die menschliche Psyche geben. Hass, Eifersucht, Intrige, Rachsucht, verpasste Gelegenheiten, aber auch Chancen, aus alten Fehlern zu lernen- wieder leitet uns der Autor mit erfahrener Hand auf gut gebahnten Wegen über gefährliches Terrain.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 71

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Auf ein Neues

Das verflixte 7. Jahr

Der Koffer

Das erste Mal

Das Geburtstagsgeschenk

Das Gewissen

Mieser Job

Mutprobe

Der Plan

Auf dem See

Der Absturz

Auf ein Neues

Langsam, aber unaufhaltsam machte sich mein sexueller Notstand bemerkbar. Ich war reizbar und unwirsch, selbst zu meinen besten Freunden. Zwei Versuche, zwei Abfuhren in den letzten drei Wochen hatten deutliche Spuren hinterlassen.

Ich war überzeugt, dass auch das beste Produkt ohne Werbung ein Ladenhüter bleiben musste und dass dies besonders für Menschen galt. Es würde sicher klappen, wenn ich meine Masche mit dem Humor weiter ausbaute, mehr in die freche Richtung.

Natürlich spielte die Umgebung eine Rolle, sie musste zum Angebot passen. Fitnessstudio und Shopping Mall waren eine Pleite gewesen.

Nächster Versuch: der Frisör. Natürlich durfte es nicht so ein Vorstadt-Billigladen sein. Also doch eher ein Friseur, der sich der französischen Noblesse seiner Berufsbezeichnung bewusst war, besser noch ein Coiffeursalon, oder am allerbesten: ein Hairstyle-Studio. Wenn schon, denn schon.

Meine verpaarten Freunde meinten zwar immer, ich dürfe die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Sie selbst waren mehr oder weniger über ihre Partner gestolpert und glaubten daraus für mich den Spruch „Wer nicht sucht, der findet“ als Motto ableiten zu dürfen. Aber worüber ich bisher gestolpert war, das waren nur Steine. Ganz im Gegenteil, ich erschien mir als Single buchstäblich dazu verdammt, genau und gezielt zu suchen. — „Also, auf zum Friseur!“, machte ich mir Mut. Ich parkte mein Auto genau vor dem angeblich zurzeit angesagtesten Haarkünstler der Stadt.

Auf der Straße empfing mich schon geschmeidige, schwerelose Lounge-Musik. Sie sollte vermutlich den Passanten deutlich machen: Hier bekommst du mehr als nur eine neue Frisur, hier bekommst du ein neues Lebensgefühl. Das war genau, was ich brauchte.

Am Empfang erwartete mich ein schwarzer Lockenkopf. Das fängt ja vielversprechend an, dachte ich, während mein Blick in Sekundenschnelle an ihrem wohlgeformten Körper hinunterglitt.

„Hi, na, was können wir für dich tun?“

Klar, in solchen Schickimicki-Salons wurde nicht gesiezt.

„Meine Haare schneiden“, sagte ich und grinste frech, getreu meinem neuen Motto. „Na, das werden wir sicher hinbekommen“, lachte sie. Endlich eine, die lachte und nicht gleich den Mund verzog, wenn ich so erfrischend geistreiche Antworten gab.

Sie fragte mich, ob ich zu jemand Bestimmtem wollte.

„Am liebsten zu jemandem, der das Handwerk gelernt hat“, sagte ich und zwinkerte ihr zu.

„Sollte hier zu finden sein. Setz dich in die Lounge, meine Kollegin kommt dann gleich zu dir. Möchtest du etwas trinken?“

„Ja, einen Kaffee, Milch und Zucker, bitte.“ Sie ging zum Kaffee-Vollautomaten, der hinter ihr in einer Ecke stand, und ich ließ mich in die weichen Polster des schwarzen Ledersofas fallen, das den größten Teil der Lounge beanspruchte. Diese Dinger sahen aus, als würden sie extra für Arztpraxen mit Privatpatienten-Klientel und für Haarstudios der oberen Preisklasse gebaut, riesig, hässlich wie die Nacht, aber einschläfernd bequem.

„Bitte sehr, dein Kaffee“, sagte der Lockenkopf und reichte mir die Porzellantasse. Hier gab es natürlich keine Pappbecher. Da sah ich den Ring an ihrem Finger. Ein Ehering?

„Jenny bedient gerade einen Kunden – ist dann aber gleich bei dir“, flötete sie.

Warum musste ich bei dieser Wortwahl an ein Puff denken? „Susi bedient gerade einen Kunden, ist dann aber gleich für dich frei ....“ Ich wartete nicht lange.

„Hi, ich bin Jenny, wollen wir?“

„Zu dir oder zu mir?“, sagte ich frech. Den Lockenkopf, wahrscheinlich liiert oder verheiratet, hatte ich schon abgehakt.

„Ein Scherzbold, ich seh‘ schon, mit dir wird es lustig“, grinste sie. Jenny trug ein gelbes T-Shirt, selbstverständlich und deutlich erkennbar keinen BH, was meiner Fantasie gleich wieder Flügel verlieh, sowie eine enge schwarze Hose.

Alles war knapp bemessen, nur das Makeup nicht. Ihr Gesicht sah aus, als wäre sie Stammkundin mehrerer Drogeriemärkte und nutzte regelmäßig deren Sonderangebote „Kauf eins, nimm drei“.

Ich nahm auf dem Stuhl Platz und ließ die übliche Prozedur mit Umhang usw. über mich ergehen, dann produzierte sie ihr fröhlichstes Lächeln und fragte mein Spiegelbild: „Wie soll’s denn werden?“

Ich ließ mich nicht lange bitten.

„Na, kürzer.“ Sie stieß einen kurzen Lacher aus. „Was, keine Extension?“, kicherte sie. Dann wurde sie ernst. „Lass bloß die blöden Witze, während ich schneide“, ermahnte sie mich, „Sonst garantiere ich für nichts. Ich bin impulsiv.“

Sie schnitt zuerst die Seiten, dann ging es zum Waschen. Ich war völlig entspannt, Kopf- und Fußmassagen waren für mich einfach das Größte.

„Ist das Wasser so okay?“

„Ich kenne den pH-Wert nicht, aber etwas zu heiß ist es schon.“

„Oh, sorry.“ Sie verringerte die Temperatur.

„Besser so?“ – „Perfekt!“, flüsterte ich mit geschlossenen Augen.

Immer, wenn ich total entspannt war, verschwand auch meine Angst zu versagen, was nicht immer so günstig für mich war, wie es klang.

„Sag einmal, wann machst du hier Schluss?“, fragte ich ein bisschen von oben herab. Sie sollte das Gefühl haben, dass ich ihr einen Gefallen tat.

„Mein Freund holt mich um sechs ab. Warum?“

„Ach, nur so.“ Korb Nummer drei. Kurz, aber nicht schmerzlos.

Jenny musste aus Versehen den Wasserhahn verstellt haben, ein Schwall heißes Wasser verbrannte mir fast den Schädel. Der Verdacht lag nahe, dass es Absicht war. Unterbrochen wurde die folgende Stille, nachdem ich meinen Körper und den dampfenden Schädel zurück auf den Frisierstuhl verfrachtet hatte, nur durch ein paar professionelle Bemerkungen. Jenny nahm ein Bündel Haare zwischen ihre Finger und zeigte mir mit der Schere, wo sie zu schneiden beabsichtigte: „So viel?“

Ich machte kurz die Augen auf.

„Wird schon passen“, murmelte ich. Mein Humor und meine Frechheit, die ich mir umgeschnallt hatte, waren irgendwie weggebrannt.

Wenige Minuten später war ich wieder frei. „Nein, bloß das nicht!“, rief ich auf die obligatorische Frage, ob ich Gel in die Haare wollte. Der Spuk war vorbei.

Um 30 Euro ärmer stand ich, mit feinen Härchen im Hemdkragen, wieder auf der Straße und hörte diese fürchterliche Musik. Versuch Nummer drei konnte ich ebenfalls abhaken.

Das verflixte 7. Jahr

Elise kam müde vom Büro nachhause, warf ihre Tasche und die Autoschlüssel auf den Tisch im Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen.

Aus der Küche kam Vince, ihr Mann, mit der Gießkanne in der Hand.

„Hallo Schatz“, rief sie. „Was für ein Tag! Schrecklich! Es scheinen nur mehr Idioten auf der Welt herumzulaufen.“

Dann sah sie auf die Uhr. „Wieso bist du eigentlich schon da?“

„Ich konnte eine frühere Maschine nehmen.“ Er goss die paar Blumen, die am Fenster standen.

„Und, wie war‘s?“, fragte sie.

„Liebling, tröste dich, auch nicht besser als bei dir, eigentlich war Antwerpen völlig umsonst, die Besprechung, die wurde zweimal verschoben und dann abgesagt, ich konnte lediglich einen Kunden besuchen.“ Vince war für eine Handelsagentur tätig.

„Möchtest du etwas trinken?“, fragte er.

„Ja gerne, mach mir bitte ein Soda-Zitrone.“

Vince ging in die Küche und mixte das Getränk. Elise beobachtete ihn, als er mit gebeugtem Rücken die Zutaten zusammensuchte. Manchmal sah er viel älter aus als er war. Wie sehe ich wohl für ihn aus, dachte sie. Sie waren bald sieben Jahre verheiratet und hatten erst einmal Urlaub gemacht. Beruf, eine größere Wohnung, dann dieses Haus. Sie waren Arbeitstiere, beide. Aber irgendwann musste man zu leben beginnen, am besten noch, bevor man tot umfiel.

Vince brachte ihr den Drink, öffnete sich ein Bier und setzte sich zu Elise auf das Sofa. Sie sah ihn an und lächelte geheimnisvoll. „Ich habe eine Überraschung für dich“, sagte sie. Er runzelte die Stirn.

„Bist du schwanger?“

„Aber nein.“ Sie nahm sich vor, seine Reaktion nicht besonders ernst zu nehmen. Er lächelte.

„Ich hab auch eine Überraschung.“

„Ok, aber ich zuerst!“, rief sie eifrig wie ein Schulkind. „Schatz, wir hatten uns doch schon lange vorgenommen, dieses Mal unseren Hochzeitstag besonders zu feiern, quasi die Hochzeitsreise nachzuholen, Außerdem ist die Sieben deine Glückszahl.“ „Das wollte ich auch gerade sagen —“ Er wollte gleich weiterreden, aber sie ließ sich nicht beirren und fuhr fort: „Weißt du noch, die Gasparis, die in Venedig die schöne Wohnung haben?“

„Was ist mit ihnen?“

„Sie würden uns die Wohnung am Wochenende, wenn wir Hochzeitstag haben, überlassen“, verkündete Elise feierlich, „Sie sind ohnehin nicht da. Ist das nicht großartig? Ich wollte immer schon nach Venedig, du doch auch? Was hältst du davon?“ Sie hatte erwartet, dass sein Gesicht zumindest ein wenig aufleuchten würde, denn er hatte immer eingestimmt, wenn sie von Venedig geschwärmt hatte. Stattdessen seufzte er.

„Die Idee ist ganz toll“, fand er, „Aber das Timing nicht. Wollen wir Venedig nicht noch ein wenig verschieben, sagen wir, auf