Meine Kindheit im Paradies - Karl Miziolek - E-Book

Meine Kindheit im Paradies E-Book

Karl Miziolek

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Beschreibung

Der Autor schildert hier seine Kindheit vor und während der Kriegszeit von 1938 bis 1951.

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Inhalt

Über dieses Buch

Meine Kindheit im Paradies

Schulzeit im Waldviertel

Die Welt der Erwachsenen

Fliegerangriff

Rückkehr nach Wien

Der Alltag

Verpasste Karrieren

Bei den Engländern

Fußball

Endlich wieder Ferien

Heimkehr des Vaters

Am Nebelstein

Fallgrube

Theaterprojekt

Gewitter

Ein neuer Lebensabschnitt

Über dieses Buch

Es ist immer schwierig, Erinnerungen an weit zurückliegende Ereignisse in die richtigen Worte zu fassen.

Auch mir erging es nicht anders, als ich damit begann, etwas aus meiner Kindheit niederzuschreiben.

Wenn man im fortgeschrittenen Alter wieder an jene Orte zurückkommt, wo man einen Großteil seiner Kindheit verbrachte, wird vieles, das vergessen schien, wach und man erzählt gerne darüber.

Doch oft spielen uns dabei die Gedanken einen Streich, Ort und Zeit bleiben unbestimmt wie schemenhafte Gestalten im Nebel. Erinnert man sich heute an die kindlichen Erlebnisse, so wird manches, was damals dramatisch war, zur verklärten Nostalgie.

Wenn man im Geiste die alten Wege geht, sieht man andererseits plötzlich Dinge am Wegesrand, die man damals nicht gesehen oder nicht beachtet hat. Früher hatten sie keine besondere Bedeutung, aus heutiger Sicht sind es interessante Meilensteine des beginnenden Lebensweges.

Nun lade ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, ein, sich mit mir gemeinsam auf den Flügeln meiner Erinnerung auf die Reise ins

„Paradies der Kindheit“

zu begeben. Erzählen und lauschen wir gleichzeitig.

Karl Miziolek, 2019

Meine Kindheit im Paradies

Wer kann schon von sich behaupten, seine Kindheit im Paradies verbracht zu haben?

Doch ich wage es, denn das Waldviertel, der nordwestliche Teil von Niederösterreich, in dem ich den Großteil meiner Kindheit verlebt habe, empfand ich damals, wie auch heute noch, als paradiesisch. Die Eltern meiner Mutter lebten dort als Landarbeiter auf einem Gutshof eines deutschen Fürstenhauses.

Ich wurde 1937 in Wien geboren. Mein Vater Karl, dessen Namen ich trage, war Handelsangestellter, meine Mutter Barbara arbeitete als Dienstmädchen.

Meine Eltern wohnten seit ihrer Hochzeit im Jahre 1935 in einem Gemeindebau im 10. Wiener Bezirk. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich drei Jahre später erhielt mein Vater die Einberufung zum Militärdienst. Anfangs war mein Vater ganz in der Nähe von Wien stationiert. Zu unserer Freude durften wir ihn öfter besuchen. Ich hatte das Gefühl, er wäre nur für längere Zeit verreist.

Besuch in der Kaserne

Vom Krieg und seinen Tod bringenden Geschäften hatte ich in meinem kindlichen Alter keinerlei Ahnung. Ich erinnere mich, dass mein Vater viel mit mir gespielt hat, wenn wir ihn in der Kaserne besuchten.

In dieser Kaserne war eine Reitereinheit untergebracht. Er zeigte mir die Pferde, die sich wie Riesen vor mir aufstellten und mich mit ihren klugen Augen eindringlich betrachteten. Die großen Tiere wurden bald zu meinen liebsten Freunden. Obwohl sie mich um ein Vielfaches überragten, verlor ich bald jegliche Angst vor ihnen und freute mich immer, wenn ich sie sehen durfte. Da ich auch gerne auf ihnen geritten wäre, das aber in meinem damaligen Alter nicht durfte, bot sich mein Papa einmal als Pferd an und „galoppierte“ mit mir über die Wiese. Ich hatte einen Heidenspaß und nutzte jede erneute Gelegenheit dazu.

Doch die Zerstörungen des Krieges machten vor der schönen Stadt Wien nicht Halt. Meine Mutter beschloss, mit mir zu meinen Großeltern Theresia und Peter ins Waldviertel zu ziehen.

Meine Oma und mein Opa waren zwei herzensgute Menschen, die ich über alles liebte und bei denen ich mich auch sehr wohl fühlte. Besonders wenn Mama weg war, genoss ich die ganze Liebe der Oma, die trotz ihrer kargen Freizeit immer für mich da war. Mein Opa war ein stattlicher Mann mit einem schwarzen Schnurrbart, den ich immer frisieren durfte, was mir riesige Freude bereitete. Trotz seiner schwieligen Hände konnte er mir auch zärtlich übers Haar streichen, wenn er mich trösten wollte. Vieles, was ich heute über den Wald, die Holzgewinnung und über Tiere und Pflanzen weiß, habe ich von ihm gelernt. Immer und immer wieder erklärte er mir, wie das alles zusammenhing, und wurde nicht müde, meine nicht endenden Fragen zu beantworten.

Dort, bei meinen Großeltern, ging es wesentlich ruhiger zu und es schien auch viel weniger gefährlich zu sein als in Wien. Die Arbeit auf den Feldern war damals für meine Großmutter schon recht anstrengend, sodass meine Mutter ihr bei der Feldarbeit und im Haushalt zur Hand ging. Doch manchmal fuhr meine Mutter für einige Zeit nach Wien. Mein Vater durfte nämlich noch öfter zu einem Kurzurlaub heimfahren, bis er verlegt wurde und an die Front kam.

Ich vermisste meine Mutter schrecklich, aber bei meinen Großeltern fehlte es mir an nichts, und ich wusste ja, sie würde wiederkommen. Und ich verstand auch, dass sie meinem Vater gern sehen wollte. Das wollte ich zwar auch, aber ich sah es ein, als sie mir erklärte, in Wien sei es für einen kleinen Buben wie mich schon viel zu gefährlich.

Als meine Mutter im Sommer 1943 aus Wien zurückkam, war sie ungewöhnlich lange ausgeblieben. Opa holte sie wie immer vom Bahnhof ab. Da dieser etwa 3 km vom Gutshof entfernt war, benutzte er einen kleinen Leiterwagen für das Gepäck, den er hinter sich herzog. Zu meinem ungläubigen Erstaunen und zur Freude aller brachte sie mir ein Brüderlein mit. “Schau einmal, das ist dein Bruder Helmut“, sagte sie. Er war jetzt der Mittelpunkt, alle kümmerten sich um ihn. Ich jedoch hatte ganz andere Sorgen.

Ein neuer Lebensabschnitt lag vor mir, meine Einschulung. Die Schule war weit entfernt vom einsam gelegenen Hof, auf dem wir lebten. Ich sollte jeden Tag einen Schulweg von etwa zwei Kilometern über Wiesen und durch einen kleinen Wald bewältigen, und das zwei Mal am Tag. Ich fühlte mich plötzlich ein bisschen erwachsen, umso mehr, als ich ja jetzt einen kleinen Bruder hatte. Von Tag zu Tag freute ich mich mehr über die Tatsache, dass ich jetzt nicht mehr allein war – obwohl ich zugeben muss, dass es manchmal meine Freude sehr dämpfte, wenn die Aufmerksamkeit meiner lieben Familie mehr dem Kleinen als mir galt.

Mein Schulweg im Waldviertel

Schulzeit im Waldviertel

Ich besuchte eine Volksschule mit nur einem Klassenzimmer, in dem alle Schulstufen vereint waren.