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"Der beste Freund des Menschen" - so werden Hunde immer wieder bezeichnet. Sie begleiten oft ein Leben lang. Das Vorlesebuch für Menschen mit Demenz erzählt humorvoll und mit Wärme Geschichten von Hunden: Da wird ein Hund neu in die Familie aufgenommen, ein anderer besucht kleine PatientInnen im Krankenhaus oder sorgt für Wirbel beim Fußballspiel. Die Geschichten sollen Vorlesenden und Zuhörenden ein Lächeln ins Gesicht zaubern und sie ins Gespräch bringen: Weckt eine Geschichte Erinnerungen? Wo wird eine persönliche Sehnsucht angestoßen? Jede Geschichte enthält eine Aktivierungsidee, z. B. das Ertasten von Hundezubehör, und einen Gesprächsimpuls, z. B. "Was tut Ihnen und auch Ihrem Hund gut?". Die vielfältigen Themen sind eine Fundgrube für Gruppenstunden oder die Lesezeit mit Angehörigen.
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Seitenzahl: 79
Uli Zeller, Krankenpfleger und Theologe, arbeitet in einem Altenheim in Singen und schult Betreuende und Angehörige von Menschen mit Demenz.
Gewidemt der besten Schwiegermutter von allen – und ihrer Schäferhündin Ruby.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-497-03219-8 (Print)
ISBN 978-3-497-61812-5 (PDF-E-Book)
ISBN 978-3-497-61813-2 (EPUB)
© 2023 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München
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Printed in EU
Covermotiv: © istock.com / Lighthaunter (Agenturfoto.Mit Model gestellt)
Satz: FELSBERG Satz & Layout, Göttingen
Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München
Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]
Inhalt
Vorwort: Hunde tun einfach gut
Mut zur Hunde-Runde
Besser den Magen verrenken, als dem Herrchen was schenken
Bloß kein Grünzeug
Weihnachtsgebäck für Pudel Paul
Freundschaft geht durch den Magen
Gruß vom Metzger
Kleiner Hund mit großem Hunger (Redensarten-Geschichte)
Viel Glück auf vier Pfoten
Ein Wischmopp auf Reisen
Wenn der Hund hupt
Ein Hundeleben
Schwester Sandy, die Bernhardinerin
Was lange währt, wird endlich gut
Ein treuer Gefährte für das ganze Leben
Ein Dalmatiner für Laura
Laika kennt den Weg
Zottlis großes Abenteuer
Bobby ist tot
Und Papa war dagegen
Das neue Familienmitglied
Der beste Freund des Menschen
Casa, der Zuhause-Hund
Ein Fall für Kommissar Knörzer
Das Hundehäufchen im Vorgarten
Lisas neuer Freund
Müssen Hunde draußen bleiben?
Frau Huber, ich vermisse dich
Kurze Geschichten rund um den Hund
Der beste Tormann
Sein Name ist Platsch
Eine Hundeleine erzählt
So ein Flohzirkus
Das letzte Kind ist ein Hund
Ein Knochen für Cindy
Schabernack mit Bello & Strolchi
Vorwort: Hunde tun einfach gut
Frau Martin (92) lebt schon einige Monate im Pflegeheim. Sie hat sich bereits ein wenig eingelebt. Aber abends – wenn es draußen dämmert – wird Frau Martin oft unruhig. Dann eilt sie im Gang hin und her. Ist sie im Flur, dann möchte sie in ihr Zimmer und wenn sie im Zimmer ist, will sie wieder in den Gang. Beruhigungsmittel helfen nicht viel. Kaum ist es draußen dunkel geworden, ist Frau Martin wieder ruhig.
Eines Tages hat Schwester Simone ihren kleinen Hund dabei, den Malteser Matze. Sein Fell leuchtet weiß. Er sitzt auf einer Decke in einer Ecke und beobachtet sein Umfeld. Langsam freundet sich Frau Martin mit Matze an – der Malteser legt den Kopf schief, Frau Martin tut es ebenso. Der Hund kommt zur Bewohnerin und diese streckt ihm die Hand hin. Malteser Matze springt schließlich auf den Schoß von Frau Martin und lässt sich von ihr streicheln. Und auf einmal ist es 19 Uhr. Draußen ist es schon längst dunkel. Und gar niemand hat bemerkt, dass Frau Martins Unruhe ausgeblieben war.
Wissenschaftler der State University of New York konnten zeigen: Die Liebe zu einem Tier macht stressresistenter. 15 Minuten mit einem Hund spielen schüttet die Glückshormone Dopamin und Serotonin aus und reduziert den Cortisolspiegel. In Gesellschaft eines Hundes ging es den Teilnehmern sogar etwas besser als in Gegenwart eines anderen Menschen.
Hunde beruhigen. Sie wecken Erinnerungen und machen Menschen zugänglich, von denen man es nicht geglaubt hätte. Ein Hund kann auch eine Verbindung zwischen zwei Menschen schaffen, die ohne Hund nicht miteinander in Kontakt gekommen wären. Für Menschen mit Demenz können die Vierbeiner zu einem richtigen Gegenüber werden – sei es in Form von Erinnerungen an früher, als regelmäßiger Besuch eines Therapiehundes im Pflegeheim oder als das altvertraute Haustier zuhause.
Mut zur Hunde-Runde
Auch mit Hundegeschichten habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Denn nicht immer kann ein Mensch, der von einer Demenz betroffen ist, zuhause noch einen Hund halten. In vielen Heimen ist dies auch nicht möglich.
Damit die Geschichten möglichst den gewünschten Erfolg zeigen, kann man beim Vorlesen förderliche Rahmenbedingungen schaffen. Zunächst hilft eine geeignete Gruppengröße, falls man die Geschichten mehreren Zuhörern vorlesen möchte. Ich tue mir schwer damit, eine ideale Größe zu nennen, zumal es stark davon abhängt, wie stark die Demenz der Zuhörer fortgeschritten ist und wie viel Aufmerksamkeit und Begleitung die einzelnen Zuhörer benötigen. Es kann schon sinnvoll sein, eine Kleinstgruppe mit nur zwei Zuhörern zu starten. Wenn der Augenkontakt zu allen möglich ist und es in der Gruppe nicht zu turblent und unruhig wird, kann auch eine Größe von vielleicht sieben oder acht Personen noch sinnvoll sein. Störende Elemente auszuschalten bringt zusätzliche Ruhe: Also Fernsehapparat und Radio aus – und das geöffnete Fenster zur lauten Straße schließen.
Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, einen Gegenstand mitzubringen, der mit der Geschichte oder dem Thema zu tun hat. Hier könnte dies ein Plüschhund sein, ein Foto oder ein Gemälde von einem Hund. Gegenstände wie ein Napf, eine Hundeleine oder ein Halsband können ebenso hilfreich sein. Eines oder mehrere dieser Bilder oder Gegenstände in die Mitte gelegt, führt zum Thema hin – und hilft auch beim Abschweifen wieder zum Thema zurückzugelangen. Manchmal fangen solche Gegenstände auch wie von selbst an zu „sprechen“, wenn Sie diese einem Menschen mit Demenz in die Hand geben. So kann es sein, dass eine alte Dame plötzlich ganz andächtig wird, wenn sie eine Hundeleine in der Hand hält. Um Zuhörer abzuholen ist es hilfreich, wenn Sie deren Biographie kennen. Wissen Sie beispielsweise, dass eine Dame früher einen Schäferhund hatte, dann scheuen Sie sich nicht, einfach mal aus dem Labrador in einer Geschichte einen Schäferhund zu machen. Hand aufs Herz: Verschiedene Rassen haben unterschiedliche Charaktereigenschaften – ein Schäferhund wird sich anders verhalten als ein Labrador. Dadurch kann so eine Geschichte mit einer angepassten Rasse nicht mehr ganz stimmig sein. Möglicherweise fällt es aber Ihrem Zuhörer nicht auf. Und wenn es doch auffällt? Na, dann ergibt das ein gutes Gesprächsthema. Vielleicht wird dann der Leser zum Zuhörer und das demente Gegenüber zum Hundeerklärer.
Die Geschichten in diesem Buch sind alle eher kurz. Tendenziell finden Sie die längeren Geschichten eher vorne – und die kürzeren eher hinten im Buch. Manche Zuhörer könnten durchaus auch noch längeren Geschichten folgen. Hier habe ich aber bessere Erfahrungen gemacht, keine sehr langen Geschichten zu verwenden, sondern eher bei kurzen Geschichten zu bleiben – und wenn die Zuhörer dann noch aufmerksam sind, lieber noch eine zweite Geschichte nachzulegen. In einer kleineren Runde kann danach sogar noch eine dritte oder vierte Geschichte vorgelesen werden. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Schmökern in diesem Buch und beim Vorlesen.
Besser den Magen verrenken, als dem Herrchen was schenken
Bloß kein Grünzeug
Bringen Sie einen Teller und etwas „Grünzeug“ mit, das Sie im Anschluss an die Geschichte auch gemeinsam essen können. Stellen Sie den Teller in die Mitte. Dann wirkt die Geschichte wie ein Rätsel.
Es ist ein Ritual, das sich jeden Abend wiederholt: „Komm, wir richten dem Papa noch einen Teller zum Abendessen.“ Sabine schiebt ihre Töchter an den Schultern in die Küche. Denn Papa Martin kommt meist erst spät von der Arbeit nach Hause. Da hat die Familie dann immer schon gegessen. Die Kinder schlafen dann schon und Mama manchmal auch.
Also dekorieren sie immer voller Liebe einen Teller: Ein belegtes Brötchen oder ein Schnitzel kommt auf den Teller. Bratwurst, Käse oder Pizza. Und dann wird der Teller noch hübsch dekoriert: „Hier noch eine Scheibe Gurke“, sagt Mama. Töchterlein Emma legt noch einen Bündel Petersilie an den Rand. Und Tochter Helene ein Radieschen. Dann stellen sie den Teller auf den Tisch.„Schön bunt, der Papa wird sich freuen“, finden sie und machen sich auf den Weg ins Bett.
Ein anderes Ritual wiederholt sich ebenfalls jeden Abend. Alle kuscheln sich ins Bett: Helene, Emma und die Mama. Und der Labrador Golda folgt ihnen. Er legt sich ans Fußende des Bettes. Kaum ist das Licht ausgegangen, steht der Vierbeiner nochmal auf. Mama rollt sich dann immer mit einem guten Gefühl auf die Seite: „Der Wachhund dreht noch einmal eine Runde. Dann weiß ich, dass in der Wohnung alles in Ordnung ist und kann ruhig schlafen.“ Und wenn die Mama dann nach ein paar Minuten am Einschlafen war, kommt Golda zurück. Sie leckt sich die Lippen, schlüpft unter Mamas Bettdecke und kuschelt sich an ihre Füße.
Ein drittes Ritual wiederholt sich jeden Abend. Irgendwann kommt der Vater von der Arbeit heim. Martin legt sich ins Bett. Seine Frau Sabine hört im Halbschlaf, wie der Magen ihres Mannes knurrt. Und jeden Abend denkt sie: Ich muss ihn mal fragen, ob er denn nicht satt wird – aber dann schläft sie immer ein.
Meist ist der Vater morgens dann schon wieder bei der Arbeit, wenn Sabine aufsteht. Aber eines Morgens ist es anders. Sabine und Martin treffen sich in der Küche, jeder hält eine Tasse Kaffee in der Hand. Auf dem Tisch steht wie immer der Teller, den Sabine am Abend vorher für ihren Mann gerichtet hat. Das Wurstbrot ist bis auf den letzten Krümel aufgegessen. Aber Radieschen und Gurkenscheibe liegen noch am Rand. Sabine fragt: „Du, warum isst du eigentlich nie das Gemüse?“
Darauf Martin: „Von so einem bisschen Gemüse wird man doch nicht satt. Entweder esse ich mich richtig satt – oder überhaupt nicht. Aber ich ärgere meinen Magen doch nicht mit einer Scheibe Gurke und einem Radieschen.“